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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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<strong>Die</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Ein frühneuzeitliches Bildmotiv und seine Rezeptionsgeschichte<br />

Dissertation<br />

zur Erlangung des philosophischen Doktorgrades<br />

an der Philosophischen Fakultät<br />

der <strong>Georg</strong>-<strong>August</strong>-Universität Göttingen<br />

vorgelegt von<br />

Renate Schrodi-Grimm<br />

aus Ehingen/Donau<br />

Göttingen 2009


1. Gutachter: Prof. Dr. Werner Schnell<br />

2. Gutachter: Prof. Dr. Carsten-Peter Warncke<br />

3. Gutachter: Prof. Dr. Fidel Rädle<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 20. Januar 2009


Bene mori est libenter mori<br />

Seneca<br />

Meditare mortem: qui hoc dicit, meditari libertatem<br />

iubet.<br />

Lipsius<br />

Sed virtus pulchreque necis generosa cupido<br />

Vicit vitae ignominiam, insidiasque tiranni,<br />

Libertas nam parta nece est, nec vincula sensi,<br />

Umbraque tartareas descendi libera ad undas,<br />

Castiglione<br />

[...] una bella e glorïosa morte<br />

illustra tutta la passata vita<br />

Trissino<br />

[...] Nichts / <strong>als</strong> der Tod nur kann<br />

Der Freyheits-Ancker sein<br />

Lohenstein<br />

Morte bramata in ogni etade è cara.<br />

Vivaldi<br />

Wie mutig hat ihr Geist gerungen,<br />

Da sie des Todes Arm bezwungen,<br />

Noch ehe ihre Brust besiegt.<br />

Gottsched


Inhaltsübersicht<br />

Vorwort 7<br />

I ›Schönes Sterben‹ 12<br />

1 Ein ›lebendes Bild‹ im Fin de siècle 12<br />

2 ›<strong>Die</strong> schöne Tote‹ – ein Motiv des 19. Jahrhunderts 14<br />

3 Der Tod des Helden 18<br />

4 ›Mourir en philosophe‹ 20<br />

5 ›Starke Frauen‹ 23<br />

6 ›Exemplum virtutis‹ 25<br />

II Sterbebildtypen und Todesdarstellung bis zur Frühen Neuzeit 29<br />

1 <strong>Die</strong> klassizistische Engführung 29<br />

2 Thanatos und Hypnos: Sterben in der antiken Kunst 31<br />

3 Der personifizierte Tod in Spätantike und Mittelalter 33<br />

4 Mittelalterliche Kontingenzerfahrung: Totentanz 34<br />

5 artes moriendi 35<br />

6 Der Marientod <strong>als</strong> Modell des guten Sterbens 36<br />

7 Monumentale Grabmäler 37<br />

8 Der Kreuzestod: Vom Triumph zur compassio 39<br />

9 Märtyrer 41<br />

10 Erweiterung der Bildthemen im Humanismus und in der Frühen<br />

Neuzeit<br />

42<br />

III Bildthemen exemplarischen Sterbens 45<br />

1 Exemplarisches Sterben in der frühneuzeitlichen Historienmalerei 45<br />

2 Der Verwandlungstod der Metamorphose 46<br />

3 Das nachtridentinische Märtyrerbild 47<br />

4 Sterbende Helden 49<br />

5 Der Tod des Philosophen 50<br />

6 <strong>Die</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> 52<br />

7 Gegenstand der Untersuchung 54<br />

IV Sophonisbe: Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung 57<br />

Antike Quellen 59<br />

Spätmittelalterliche Rezeption 63<br />

Von der Novelle zur Tragödie 68<br />

Ikonographische Entwicklung in der Frühen Neuzeit 78<br />

Ikonographie der Historienmalerei 85<br />

V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit 103<br />

1 Dido: Herrscherin und Liebende 103<br />

Antike Quellen 103<br />

Literarische Rezeption 104<br />

Ikonographie der Historienmalerei 108<br />

2 Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz 118<br />

Antike Quellen 118<br />

Literarische Rezeption 119<br />

Ikonographie der Historienmalerei 123<br />

4


Inhaltsübersicht<br />

3 Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale 139<br />

Antike Quellen 139<br />

Literarische Rezeption 139<br />

Ikonographie der Historienmalerei 145<br />

4 Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin 166<br />

Antike Quellen 166<br />

Literarische Rezeption 167<br />

Ikonographie der Historienmalerei 169<br />

VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit 177<br />

1 Heroische Tugend und Neustoizismus 177<br />

Exkurs: <strong>Die</strong> moralphilosophische Wendung des frühneuzeitlichen<br />

Humanismus<br />

179<br />

Exkurs: <strong>Die</strong> Leitfigur des Neustoizismus: Justus Lipsius 181<br />

2 <strong>Die</strong> meditatio mortis im neustoischen Denken 184<br />

3 gloire und vertu auf der Bühne 193<br />

4 Neustoisches Meditationsbild und nachtridentinisches Andachtsbild<br />

198<br />

VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden 204<br />

1 Kirchliche Andachts- und profane Meditationsbilder 204<br />

2 Rubens: Christliche compassio und stoische consolatio 212<br />

3 Reni: ›Sehnsuchtshalbfiguren‹ <strong>als</strong> Meditationsbilder 216<br />

4 Tiepolo: Bene mori est libenter mori 222<br />

5 Posttridentinische Andachtsbilder und neustoische Ikonen 227<br />

VIII Tema con variazioni – Bildprogramme 232<br />

1 Bilder im Bild 232<br />

2 Bildprogramme 233<br />

3 Bildfolgen und Galerien 236<br />

4 ›La gallerie des femmes fortes‹ 254<br />

5 Pendants 259<br />

IX Von der vertu zum Affekt 272<br />

Oper und Kantate 272<br />

1 Affektmodellierung und moralischer Diskurs 272<br />

Exkurs: <strong>Die</strong> Anfänge der Oper 273<br />

2 <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Oper 274<br />

3 Didone abbandonata 276<br />

Exkurs: Kammerkantate 284<br />

Monodrama und Attitüde 288<br />

4 <strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> im Monodrama 288<br />

5 Attitüden: die neuen Ausdruckskünste 294<br />

Exkurs: Illuminationen, ›lebende Bilder‹ und Attitüden 295<br />

6 Das Ende eines Motivs 300<br />

X Exempla virtutis 302<br />

Literaturverzeichnis 317<br />

5


Inhaltsübersicht<br />

Ausstellungskataloge 317<br />

Bestandskataloge 325<br />

Quellentexte 330<br />

Forschungsliteratur 337<br />

Bildkatalog 370<br />

Index 435<br />

Künstlerverzeichnis 435<br />

Personen 441<br />

Forschung 458<br />

6


Vorwort<br />

Vorwort<br />

Am Ausgangspunkt dieser Untersuchung 1 stand das › s c h ö n e S t e r b e n ‹ weibli-<br />

cher Protagonisten, das <strong>als</strong> Thema in der Kunst und Literatur des 19. Jahrhunderts<br />

in den letzten Jahren unter Perspektiven, die von der Gender-Forschung bis zur<br />

Kulturpsychologie reichen, hinreichend Beachtung gefunden hat. Im ersten Kapitel<br />

werden mit dem niederländischen Romancier Couperus und der Kleopatra Makarts<br />

typische Beispiele für das Fin de siècle angeführt. <strong>Die</strong> Verbindung von weiblicher<br />

Tugend, Selbstmord und ›schönem Sterben‹ erwies sich <strong>als</strong> so attraktiv, dass sich<br />

die gründliche Untersuchung dieses ikonographischen Musters lohnte, die im Fol-<br />

genden vorgelegt wird.<br />

<strong>Die</strong> ästhetisierende und erotisch aufgeladene Darstellung weiblicher Selbstmörde-<br />

rinnen im dekadenten Roman und in der Endphase der Historienmalerei, deren<br />

literarische oder historische Vorlagen nur noch anzitiert werden, hat eine faszinie-<br />

rende ikonographische Vorgeschichte. <strong>Die</strong> ästhetische Entschärfung und morali-<br />

sche Überhöhung des schockierenden weiblichen Selbstmords verweist – so mei-<br />

ne These – auf einen neustoischen Hintergrund, der im Lauf der Jahrhunderte im-<br />

mer mehr verblasste und in den ›Attitüden‹ des 19. Jahrhunderts gänzlich depo-<br />

tenziert ist.<br />

Dabei trat zunächst die Gruppe ›starker Frauen‹ in den Gesichtskreis, die<br />

über die bekannten Graphikserien des 17. Jahrhunderts einigen der hier unter-<br />

suchten Bildthemen, die noch in der späten Historienmalerei des 19. Jahrhunderts<br />

aufgegriffen wurden, weite Verbreitung verschafft hatte. Über diese ikonographisch<br />

recht geschlossene Gruppe biblischer und römischer T u g e n d h e l d i n nen führte<br />

der Weg zum frühneuzeitlichen Bildmotiv der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> zu-<br />

rück, das seit dem 16. Jahrhundert in einem überraschend stabilen ikonographi-<br />

schen Muster fünf ›starke Frauen‹ umfasste: Sophonisbe, Dido, Lukretia, Kleopatra<br />

und Porzia. 2<br />

1 Belege für die Motti: S e n e c a , Ep. mor. 61,2; L i p s i u s , Manuductio ad stoicam philosophiam II,2; Cast<br />

i g l i o n e , Cleopatra; T r i s s i n o , Sofonisba vv. 338f.; L o h e n s t e i n , Sophonisbe, v. 400; V i v a l d i , Tito<br />

Manlio (Libretto von Matteo Noris), RV 738-A; G o t t s c h e d , Libretto für die Trauerode BWV 198<br />

2 Zur Schreibweise vgl. Fussnote 27 auf S. 52.<br />

7


Vorwort<br />

Bereits die ersten Überlegungen führten in den B i l d b e r e i c h e x e m p l a-<br />

r i s c h e n S t e r b e n s , der sich in der Frühen Neuzeit entwickelt hatte und neben<br />

dem uneigentlichen Verwandlungstod der Metamorphose die sterbenden Helden<br />

der Historienmalerei ebenso wie das nachtridentinische Märtyrerbild umfasst. Der<br />

Philosophentod und die <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> bilden in diesem Zu-<br />

sammenhang eine gesonderte Gruppe exemplarischen Sterbens, die dadurch auf-<br />

fällt, dass sie den selbstgewählten Tod zum Vorbild erhebt, und dabei gewisser-<br />

maßen eine profane Variante des Märtyrerbilds gestaltet, die sich allerdings da-<br />

durch abhebt, dass sie eine frühe Form individueller Selbstermächtigung darstellt.<br />

In neueren Untersuchungen wird auf den Zusammenhang des Bildmotivs<br />

der ›starken Frauen‹ mit der Rolle der Regentinnen im entstehenden frühneuzeitli-<br />

chen Staat hingewiesen; dieser Zusammenhang mag die Auswahl antiker Herr-<br />

scherinnen und römisch-republikanischer Aristokratinnen <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen<br />

plausibel machen, erklärt allerdings nicht den Umstand, dass es sich bei den ge-<br />

nannten Bildvorwürfen um <strong>Selbstmörderin</strong>nen handelt, deren selbstgewählter Tod<br />

sie mit dem B i l d m o t i v d e s P h i l o s o p h e n t o d s verbindet, für den sich eine<br />

vergleichbar stabile Bildgruppe antiker Philosophen gefunden hatte.<br />

Hinter dem erotisch-dekadenten Motiv der schön inszenierten und attraktiv<br />

dargebotenen weiblichen Körper des 19. Jahrhunderts zeichnete sich so eine iko-<br />

nographische Semantik ab, die den freiwilligen Tod ganz im Sinn der neustoischen<br />

Lehre <strong>als</strong> äußerste Selbstbestätigung des Individuums gegenüber politischem oder<br />

moralischem Zwang verstand. Ohne die n e u s t o i s c h e H i n t e r g r u n d s p h i l o-<br />

s o p h i e , die für die frühneuzeitliche Historienmalerei und ihr Tugendkonzept oh-<br />

nehin konstitutiv ist, war die positive Darstellung des Selbstmords <strong>als</strong> Tugendtod<br />

schwer erklärbar, zumal er in evidentem Gegensatz zur negativen Wertung des<br />

Selbstmords im Zeitalter der entstehenden Konfessionen stand. Das in der Frühen<br />

Neuzeit entstandene Bildmotiv der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> setzt einen<br />

unter den Prämissen des Konfessionszeitalters so eklatanten Widerspruch in Sze-<br />

ne, dass es sich lohnt, dem semantischen Hintergrundssinn nachzugehen, der es<br />

Kardinälen erlaubte, das Bildmotiv profaner <strong>Selbstmörderin</strong>nen neben Märtyrerin-<br />

nen in ihre Bildersammlungen aufzunehmen.<br />

Neben Parallelen zum Bildmotiv des Philosophentods drängte sich der Zu-<br />

sammenhang mit den Todesdarstellungen der nachtridentinischen Märtyrerbilder<br />

auf. Es war zweifellos kein Zufall, dass neustoische M e d i t a t i o n s b i l d e r wie<br />

8


Vorwort<br />

nachtridentinische A n d a c h t s b i l d e r tugendhaftes Sterben in den Mittelpunkt<br />

stellten und in der Ausgestaltung oft zu den gleichen ikonographischen Mitteln grif-<br />

fen. Daraus ergab sich eine Ausgangshypothese, die sich nur teilweise bestätigen<br />

ließ und die den Selbstmörder <strong>als</strong> Tugendhelden in bewusster Konkurrenz zum<br />

nachtridentinischen Märtyrerbild sah. Gleichwohl rekurrierten die nachtridentini-<br />

schen ikonographischen Muster auf die gleichen anthropologischen Versatzstücke<br />

des Neustoizismus, die auch von der profanen Historienmalerei übernommen und<br />

variiert werden konnten.<br />

<strong>Die</strong> nähere Untersuchung des Bildmateri<strong>als</strong> verdeutlichte den engen Zu-<br />

sammenhang des Bildtyps der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> mit der frühneu-<br />

zeitlichen B ü h n e . In allen Fällen ging die dramatische Gestaltung der Entwicklung<br />

des Bildmotivs voraus. <strong>Die</strong>s erklärt auch, warum die hier untersuchte Gruppe einen<br />

solch epochalen Erfolg in der Historienmalerei hatte: an ihr ließ sich in bilddramati-<br />

scher Zuspitzung der Konflikt zwischen Politik und Liebe darstellen, der auf der<br />

neuzeitlichen Theater- und Opernbühne in unterschiedlichen Besetzungen die<br />

konkurrierende Herausbildung politischer und individueller Normen gestaltete. <strong>Die</strong><br />

weitere Entwicklung des Bildmotivs folgte der Entwicklung auf der Bühne. Vor al-<br />

lem die Oper griff das Thema auf und verschob allmählich das Interesse des iko-<br />

nographischen Motivs vom moralischen Hintergrundssinn auf den dargestellten<br />

A f f e k t , eine Umbesetzung, die sich auch in der Entwicklung der Historienmalerei<br />

nachvollziehen lässt. In der A t t i t ü d e des ausgehenden 18. Jahrhunderts fallen<br />

ebenso wie in den ›lebenden Bildern‹ des 19. Jahrhunderts bildkünstlerische und<br />

dramatische Entwicklungen geradezu zusammen. Dass zu solchen Inszenierungen<br />

bereits ein Erklärungsapparat nötig war, verdeutlicht, warum das ikonographische<br />

Muster mit der Inszenierung schöner weiblicher Toter im Fin de siècle zu Ende<br />

ging. Es ist auf eine zumindest minimale historische Referenz angewiesen.<br />

Aus der Entstehungsgeschichte der Dissertation ergibt es sich, dass mehrere G e-<br />

d a n k e n g ä n g e parallel verfolgt werden und bewusst nicht eine einzige stringen-<br />

te Konstruktion durchgehalten wird. <strong>Die</strong> mögliche Entscheidung, die Untersuchung<br />

auf eine einzige Heroine, etwa Kleopatra oder Dido, zu konzentrieren, habe ich<br />

verworfen, weil sich dann das umfassendere Thema der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tu-<br />

gendheldin nicht hätte darstellen lassen. <strong>Die</strong>s hatte zur Folge, dass eine – ohnehin<br />

9


Vorwort<br />

nicht erreichbare – Vollständigkeit des Bildmateri<strong>als</strong> nicht angestrebt wurde, dafür<br />

aber möglichst viele Facetten des Bildbereichs aufgegriffen wurden. Einzelne Wie-<br />

derholungen ließen sich dabei nicht vermeiden, zumal sich historisch angelegte<br />

Kapitel mit thematischen Exkursen abwechseln.<br />

Zu diesen E x k u r s e n im weitesten Sinne gehört das Kapitel über »Sterbe-<br />

bildtypen und Todesdarstellungen bis zur Frühen Neuzeit«, das den historischen<br />

Hintergrund zusammenfasst, der erst die Erweiterung der Bildthemen exemplari-<br />

schen Sterbens im Humanismus verdeutlichen kann. Der Winckelmannsche Klas-<br />

sizismus hat im 18. Jahrhundert nicht nur den Zugang zur mittelalterlichen, son-<br />

dern auch zu frühneuzeitlichen Todesdarstellungen abgeschnitten. Ebenso ist hier<br />

der Abschnitt über den Neustoizismus <strong>als</strong> »Leitphilosophie der Frühen Neuzeit« zu<br />

erwähnen. Ohne diesen ausführlichen Exkurs war der Vergleich posttridentinischer<br />

Märtyrer und stoischer Tugendhelden nicht durchzuführen. Hier wie anderswo bin<br />

ich gelegentlich auch in den Bildprogrammen über die im Mittelpunkt stehende<br />

Gruppe weiblicher <strong>Tugendheldin</strong>nen hinausgegangen. Dass das behandelte Bild-<br />

thema nicht ohne ständige Beziehung zur literarischen und dramatischen Entwick-<br />

lung dargestellt werden kann, zeigt sich im Abschnitt »Von der vertu zum Affekt«,<br />

der der allmählichen Umbesetzung des Motivs vom moralischen Diskurs zur Af-<br />

fektmodellierung in Oper, Kantate und Attitüde nachgeht.<br />

<strong>Die</strong> B i l d t h e m e n selbst werden für die fünf <strong>Tugendheldin</strong>nen in gleicher<br />

Weise zusammengestellt: ich gehe stets zunächst auf die antiken Quellen und die<br />

literarische Rezeption ein, bevor ich die Ikonographie der Historienmalerei exemp-<br />

larisch darstelle. Dabei erhielt das Bildmotiv der Sophonisbe besondere Beach-<br />

tung, weil es dem gegenwärtigen kulturellen Horizont am weitesten entrückt ist,<br />

aber auf eine beachtliche ikonographische und dramatische Karriere zurückblicken<br />

kann. Neben diesen motivkonzentrierten Darstellungen wird das Bildmaterial im<br />

Abschnitt »Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden« ebenso wie im<br />

Abschnitt »Tema con variazioni – Bildprogramme« exponiert. In beiden Kapiteln<br />

geht es um das zeitgenössische Verständnis der profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen und<br />

<strong>Selbstmörderin</strong>nen: der Vergleich christlicher compassio und stoischer consolatio<br />

ebenso wie die Einbindung des Themas in komplexe Bildprogramme kann die<br />

Funktion der Bildmotive in der höfischen Welt des europäischen Barock verdeutli-<br />

chen. Das Schlusskapitel über »Exempla virtutis« steht zwischen einem Exkurs<br />

und einer Zusammenfassung; die in der Kunstgeschichte beliebte Funktionsbe-<br />

10


Vorwort<br />

schreibung eines Bildtyps <strong>als</strong> exemplum virtutis bezeichnet nur das rhetorische<br />

Verfahren und kann <strong>als</strong>o allenfalls der Ausgangspunkt einer historisch differenzier-<br />

ten Bildinterpretation sein. 3<br />

3 <strong>Die</strong> Übersetzungen sind, wenn nicht anders angegeben, von R. Schrodi-Grimm. Bei Übersetzungen klassischer,<br />

mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Originaltexte wurde ein freier, aber die Sache präziser treffender<br />

Übersetzungsstil gewählt.<br />

11


1 Ein ›lebendes Bild‹ im Fin de siècle<br />

I ›Schönes Sterben‹<br />

I ›Schönes Sterben‹<br />

In Den Haag wurde im Jahre 1889 ein bis dahin wenig beachteter Schriftsteller,<br />

Louis Couperus (1863-1923), mit seinem in täglichen Fortsetzungsfolgen veröffent-<br />

lichten Erstlingsroman schlagartig bekannt. Er hatte mit der Schilderung der groß-<br />

bürgerlichen Gesellschaft des Fin de siècle, vor allem aber mit der einfühlsamen<br />

Beschreibung des Schicks<strong>als</strong> der Hauptperson Eline Vere, die dem Roman auch<br />

den Titel gab, den Nerv der Zeit getroffen und ihr gleichzeitig einen Spiegel vorge-<br />

halten. Couperus, der seine Jugend in Batavia verbracht hatte und deshalb nach<br />

der Rückkehr aus den Kolonien die Haager Gesellschaft mit geschärftem Auge<br />

beobachtete, ließ die hypersensible und wankelmütige Eline an einer Gesellschaft<br />

scheitern, die unbedingte Anpassung des Einzelnen an die Banalitäten des tägli-<br />

chen Umgangs verlangte.<br />

Louis Couperus lässt sein Werk Eline Vere, den ersten psychologischen<br />

Roman der niederländischen Literatur, mit der Schilderung einer großbürgerlichen<br />

Geburtstagsgesellschaft beginnen. Vor einem Champagnersouper werden zum<br />

Amüsement der Gäste drei ›lebende Bilder‹ inszeniert. Einige der jungen Leute<br />

aus der Großfamilie sind damit beschäftigt, sich hinter dem Vorhang ›in Szene‹ zu<br />

setzen, während Cousin Paul die Regie führt. <strong>Die</strong> Protagonistin des ›tableau vi-<br />

vant‹ ist bereits auf Kissen drapiert und mit Blumen und Schmuck dekoriert, <strong>als</strong> die<br />

beiden anderen Darstellerinnen herbeigerufen werden:<br />

Nu Marie, Lili hier!<br />

Lili wierp zich op den grond, Marie vlijde zich tegen de bank, met het hoofd aan<br />

Frédérique's voeten. Vlug drapeerde Paul beide meisjes in kleurige châles, sluiers,<br />

strengelde snoeren om haar armen, in heur haren.<br />

– Marie en Lili, wanhopig kijken! Meer wringen je armen, Lili! In wanhoop, meer in<br />

wanhoop! Freddy, jij meer smachten, je oogen omhoog, in je mond iets treurigs. 1<br />

Der sich drängenden Geburtstagsgesellschaft bietet sich ein erstes Bild:<br />

In den witten gloed van het licht scheen het oude Egypte herschapen te zijn. Tusschen<br />

weelderige draperieën zag men iets <strong>als</strong> eene oaze doorschemeren, een<br />

blauwe lucht, een paar pyramiden, een palmengroep. Op haar, door sfinxen ge-<br />

1 Couperus, Louis: Eline Vere, Amsterdam / Antwerpen 7 1991, S. 9. (›Nun Marie, Lili, hierher! Lili warf sich auf<br />

den Boden, Marie schmiegte sich an die Bank, mit dem Kopf an Frédériques Füße. Rasch drapierte Paul die<br />

beiden Mädchen in bunte Shawls und Schleier, flocht Schnüre um ihre Arme, in ihre Haare.<br />

– Marie und Lili, verzweifelt schauen! Mehr die Arme winden, Lili! In Verzweiflung, mehr in Verzweiflung! Freddy,<br />

du, sehnsüchtiger schauen, deine Augen in die Höhe, in deinem Mund etwas Trauriges!‹)<br />

12


I ›Schönes Sterben‹<br />

torste, rustbak lag Kleopatra, overgolfd door een vloed van lokken, den dood reeds<br />

nabij, terwijl zich een adder om heur arm kronkelde. Twee slavinnen wrongen zich<br />

in wanhoop aan haar voeten. De bonte droom eener oriëntalische pracht van enkele<br />

seconden, de poëzie der oudheid voor korte wijlen herlevend, onder de blikken<br />

eener moderne soirée. 2<br />

Mit bengalischer Beleuchtung in Grün und Rot wird das Bild noch ein zweites und<br />

drittes Mal kurz wiederholt. Der Leser denkt bereits an Makarts 3 Gemälde <strong>als</strong> Vor-<br />

gabe des ›lebenden Bildes‹ und wird in dieser Vermutung bestätigt:<br />

›La mort de Cléopâtre‹! las Betsy Van Raat aan mevrouw Van Erlevoort voor, die<br />

haar het programma had gereikt. 4<br />

Besonders die Wiederholungen des inszenierten ›Traums‹ 5 in farblich variierenden<br />

Illuminationen animieren die Gesellschaft dazu, die Darstellerinnen zu identifizieren<br />

und zu kommentieren, aber auch die Vorlage für das nachgestellte Bild zu erraten:<br />

Was ligt die Freddy stil! En alles zoo rijk en toch niet overladen! Iets <strong>als</strong> een schilderij<br />

van Makart! sprak Betsy, haar veêren waaier ontplooiend. 6<br />

Der Schriftsteller zeigt, mit welchen Mitteln ein ›tableau vivant‹ gestaltet wird. 7 Zu-<br />

nächst sind zahlreiche und luxuriöse Requisiten nötig, die in diesem Fall durch die<br />

Vorgaben in Makarts Ölgemälde 8 farblich und stofflich genau definiert sind. In der<br />

Kulisse scheint das Arrangement aber weit über die Vorgaben des Malers hinaus-<br />

zugehen, spricht Couperus doch von Pyramiden und einer Oase. Der Bildvorlage<br />

entsprechend werden den Akteurinnen Positionen abverlangt, die oft unbequem<br />

und unnatürlich sind. Das Wichtigste aber ist der Ausdruck der Darstellenden; ihrer<br />

Gestik, ihrem Gesichtsausdruck, ihrem Augenaufschlag wird vom Arrangeur größte<br />

Bedeutung zugemessen.<br />

2<br />

Eline Vere, S. 10. (›In der weißen Glut des Feuers schien das alte Ägypten aufs Neue erstanden zu sein.<br />

Zwischen üppigen Draperien sah man etwas wie eine Oase durchschimmern, blauen Himmel, ein paar Pyramiden,<br />

eine Palmengruppe. Auf ihrem von Sphingen getragenen Ruhebett lag Kleopatra, von Locken überflutet,<br />

dem Tode schon ganz nahe, während sich eine Viper um ihren Arm schlängelte. Zu ihren Füßen zeigten<br />

zwei Sklavinnen ihre Verzweiflung. Der bunte Traum einer orientalischen Pracht, einige Sekunden andauernd,<br />

die Poesie der Antike, unter den Blicken einer modernen Abendgesellschaft für einen kurzen Moment wieder<br />

auflebend.‹)<br />

3<br />

Dass Couperus tatsächlich Makarts 1874/75 entstandenen ›Tod der Kleopatra‹ zum Vorwurf genommen hat,<br />

bestätigt sein Biograph: »Graag ook hield hij [= Couperus] zich bezig met het regisseren van tableaux vivants.<br />

›La Mort de Cléopatre‹ in het begin van Eline Vere, gearrangeerd naar Makarts schilderij met het zelfde onderwerp,<br />

vormt een goede illustratie van ›Paul’s‹ optreden bij dergeleike gelegenheden. Indien dit tableau<br />

vivant werkelijk eens zo is geensceneerd, zou het niet onmogelijk zijn dat Couperus’ gedicht Kleopatra er door<br />

hem bij is gereciteerd. Het werd in januari 1884 geschreven.« (Bastet, Frédéric: Louis Couperus, Amsterdam<br />

1989, S. 94)<br />

4<br />

›Der Tod der Kleopatra! las Betsy Van Raat Frau Van Erlevoort vor, die ihr das Programm gereicht hatte.‹<br />

(Eline Vere, S. 10)<br />

5<br />

»Tweemalen herhaalde zich de droom, eerst in zeegroenen glans, daarna in vuurrooden gloed.« (›Zweimal<br />

wiederholte sich der Traum, zuerst in seegrünem Glanz, dann in feuerroter Glut.‹) (Eline Vere, S. 10)<br />

6<br />

›“Was liegt diese Freddy still! Und alles so prächtig und doch nicht überladen! Wie ein Gemälde von Makart!“<br />

sagte Betsy und klappte ihren Federfächer auf.‹ (Eline Vere, S. 11)<br />

7<br />

Grundsätzliches unten, S. 295ff.<br />

8<br />

Heute in Kassel (Kassel, Staatliche Museen, Neue Galerie). Abb. in: Heinz, Marianne (Hrsg.): Bestandskatalog<br />

der Gemälde des 19. Jahrhunderts, Kassel 1991, S. 127.<br />

13


I ›Schönes Sterben‹<br />

Lili und Marie werden im ›tableau vivant‹ <strong>als</strong> <strong>Die</strong>nerinnen Kleopatras einge-<br />

setzt, deren eine ihrer Herrin schon im Tod vorangegangen ist, deren andere noch<br />

in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit die Hände ringt. Mit der Aufforderung an<br />

die Hauptdarstellerin, mehr zu schmachten, die Augen nach oben zu drehen und<br />

den Mund von Trauer umspielen zu lassen, fasst der Regisseur die Mittel zusam-<br />

men, die im 19. Jahrhundert im Theater, in der Oper und im Gemälde eingesetzt<br />

wurden, um die Affekte der Trauer und Verzweiflung darzustellen. Couperus lässt<br />

seine Leser an der Produktion eines ›lebenden Bildes‹ teilnehmen und benennt die<br />

dabei eingesetzten ästhetischen Mittel.<br />

Auch die Wirkungen dieses für unseren Geschmack einer Geburtstagsfeier<br />

wenig angemessenen Sujets kommen in den Blick: Das Publikum ergeht sich in<br />

Ausrufen wie »prachtig« oder »magnifique« 9 und versucht, die Darstellerinnen zu<br />

identifizieren. In den Kostümen werden zur Verfügung gestellte Stoffe und Roben<br />

wiedererkannt und die Schwierigkeiten der Posen diskutiert: ›Der Tod der Kleopat-<br />

ra‹ ist zum gesellschaftlichen Spiel geworden, dem historischen Vorwurf selbst<br />

widmet die Geburtstagsgesellschaft kein Wort.<br />

Eine reiche, gesättigte, nach immer neuen Reizen suchende Gesellschaft<br />

lässt sich durch ein nachgestelltes Gemälde Makarts, des Malers der römischen<br />

Dekadenz par exellence, unterhalten und delektiert sich an den nicht ausgespro-<br />

chenen, aber deutlich evozierten sexuellen Konnotationen des Themas. Das<br />

›schöne Sterben‹ der Kleopatra interessiert dieses Publikum nicht <strong>als</strong> historische<br />

Szene, sondern <strong>als</strong> Gelegenheit, einerseits Prunk und Pracht, andererseits Affekte<br />

und Emotionen überzogen und im Letzten unernst zu inszenieren.<br />

2 ›<strong>Die</strong> schöne Tote‹ – ein Motiv des 19. Jahrhunderts<br />

Künstlerische Verfahren, Weiblichkeit und Tod ästhetisch zu verbinden, sind in den<br />

letzten Jahren besonders kritisch hinterfragt worden. <strong>Die</strong> sogenannte Geschlech-<br />

terforschung 10 hat die hinter solcher Ästhetisierung stehenden Ängste und Be-<br />

mächtigungsstrategien herausgearbeitet, die in Poes Satz gipfeln, der Tod einer<br />

schönen Frau sei ohne Zweifel das poetischste Thema der Welt 11 , und so einen<br />

9 Eline Vere, S. 10.<br />

10 Bronfen, Elisabeth: Nur über ihre Leiche, Tod, Weiblichkeit und Ästhetik, München 1996<br />

11 »›Welche Vorstellung wird von der Menschheit im allgemeinen <strong>als</strong> die trauervollste empfunden?‹ – ›<strong>Die</strong> des<br />

Todes‹, war die sichere Antwort. ›Und wann‹, forschte ich weiter, ›ist diese trauervollste Vorstellung zugleich<br />

am poetischsten?‹ [...] ›Dann, wenn sie sich am innigsten mit der Schönheit verbindet. Der Tod einer schönen<br />

Frau ist <strong>als</strong>o der poetischste Vorwurf, der überhaupt zu denken ist, und ebenso unzweifelhaft ist der seines<br />

14


I ›Schönes Sterben‹<br />

Schlüssel zum Verständnis der Kunst des 19. Jahrhunderts gefunden. John Eve-<br />

rett Millais (1829-1896) schuf mit seiner Ophelia 12 gewissermaßen ein Emblembild<br />

für die schockierende Verbindung von Tod und Schönheit. Ophelia schwebt im<br />

Wasser, wobei Haare und Kleidung schon kaum mehr von den sie umgebenden<br />

vegetabilen Formen zu unterscheiden sind. <strong>Die</strong> schöne Tote wird so wieder ein<br />

Teil der Natur und verliert ihre angstmachende Sinnlichkeit. 13 Für unseren Zusam-<br />

menhang soll <strong>als</strong> Beispiel der Tod der Kleopatra [Abb. 1] 14 von Hans Makart (1840-<br />

1884) dienen, das dem niederländischen Autor Couperus die Folie zur<br />

Eingangsszene seines ersten großen Ro-<br />

mans gab. »Nichts <strong>als</strong> der sinnlichen Pracht<br />

der Farbe zuliebe erfundene, von keinerlei<br />

gedanklichem Inhalt beschwerte Festdeko-<br />

rationen« nannte Hans Vollmer die Histo-<br />

rienmalerei Makarts 15 . Das vernichtende<br />

Urteil, zudem an maßgeblicher Stelle, prägte<br />

über viele Jahrzehnte Ansehen und Einord-<br />

Abb. 1<br />

nung des Historienmalers Makart. Inzwischen ist die historische Distanz zum 19.<br />

Jahrhundert gewachsen und ein anderer, leidenschaftsloserer Blick auf Makarts<br />

Produktion möglich, der das Spezifische und Zeittypische nüchterner analysiert.<br />

Der zeitgenössischen Begeisterung für orientalische Sujets entsprach Ma-<br />

kart schon, bevor er zusammen mit seinem Freund Leopold Carl Müller, dem so-<br />

genannten ›Orientmüller‹, in den Jahren 1875/76 eine Ägyptenreise unternahm. In<br />

der Schaffensperiode vor der Abreise nach Kairo (1874) wurden seine Kleopatra-<br />

Bilder 16 entworfen und ausgeführt, zu denen neben einigen vorbereitenden Ölskiz-<br />

zen <strong>Die</strong> Nilfahrt der Kleopatra 17 und zwei sehr unterschiedliche Fassungen des<br />

köstlichsten Schatzes beraubte Liebende der beste Mittler, uns über diesen zu reden.‹« (Poe, Edgar Allan: The<br />

Philosophy of Composition, in: Essays and Reviews, New York 1984, S. 19; Übersetzung nach: Schumacher,<br />

Fritz: Das bauliche Gestalten, Basel 1991, S. 84-94)<br />

12 Das 1852 entstandene Gemälde befindet sich heute in der Tate Gallery in London.<br />

13 Dazu Kindler, Simone: Ophelia. Der Wandel von Frauenbild und Bildmotiv, Berlin 2004. Kindlers kunst-,<br />

literatur- und kulturgeschichtliche Aspekte verbindende Untersuchung zeichnet die »Entstehungsgeschichte<br />

eines der populärsten Bildmotive der Kunstgeschichte« (S. 213) der besonders im 19. Jahrhundert populären<br />

Projektionsfigur nach.<br />

14 Vgl. Katalog 223. Hier und im Folgenden verweise ich auf meinen Bildkatalog, S. 370ff.<br />

15 Thieme, U. / Becker, F.: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart,<br />

München/Leipzig 1992 (ND Leipzig 1929/1930), Bd. 23, S. 583<br />

16 Dazu Frodl, Gerbert: Hans Makart, Monographie und Werkverzeichnis, Salzburg 1974, Zeittafel S. 65ff.<br />

17 Vgl. Katalog 225. Das Gemälde war ursprünglich <strong>als</strong> Dekoration eines Festsaales geplant, wurde dann abbestellt<br />

und hängt heute in der Staatsgalerie in Stuttgart.<br />

15


I ›Schönes Sterben‹<br />

Todes der Kleopatra 18 gehören. Sowohl auf der kleinformatigen Todesdarstellung,<br />

die wie ein Ausschnitt aus einer bereits 1865 entstandenen Kleopatra 19 wirkt, <strong>als</strong><br />

auch auf dem monumentalen Kasseler Gemälde lieh die Burg-Schauspielerin<br />

Charlotte Wolter der Protagonistin ihre Gesichtszüge, um die gar nicht ›orienta-<br />

lisch‹ oder ›ägyptisch‹ wirkende Königin vorzustellen. Daran wird deutlich, dass der<br />

Orientalismus <strong>als</strong> gesellschaftliches Rollenspiel nicht auf historische ›Korrektheit‹,<br />

sondern auf überzeugende Wirkungsstrategien angelegt war. <strong>Die</strong> Mode des Orien-<br />

talismus hatte mit dem Ägyptenfeldzug Napoleons (1798-1801) begonnen und<br />

kulminierte mit der Eröffnung des Suezkan<strong>als</strong> im Jahre 1869. Erst der Beginn des<br />

19. Jahrhunderts hatte eine Region in greifbare Nähe gerückt, die in der Literatur<br />

schon seit der Antike <strong>als</strong> Bereich des Wunderbaren und Geheimnisvollen darge-<br />

stellt worden war 20 . In der Romantik wurde der Orient für Literaten, Künstler und<br />

Intellektuelle vom imaginären zum realen Reiseziel – es genügt, an die literarisier-<br />

ten Reiseberichte von Chateaubriand, Pückler-Muskau, Lamartine, Flaubert oder<br />

Nerval zu erinnern. 21 Obwohl den Zeitgenossen neben den literarischen Spiege-<br />

lungen, in denen die europäischen Bildungsreisenden ihre Reiseerfahrungen zu<br />

Fiktionen umarbeiteten, auch Reisebeschreibungen von Orientalisten und Gra-<br />

bungsberichte von Archäologen zur Verfügung standen, wurde das im 19. Jahr-<br />

hundert vorherrschende Orientbild überwiegend durch literarische Projektionen<br />

geprägt. So entstanden bizarre, oft sogar morbide Vorstellungen eines Orients, der<br />

ein Höchstmaß an Erotik und Exotik, an Wollust und Exzentrizität repräsentierte. 22<br />

<strong>Die</strong> heute mit dem Sammelbegriff ›Orientalisten‹ bezeichneten Künstler, zu<br />

denen unter anderen Delacroix und Ingres gehören, setzten die mehr fiktiven <strong>als</strong><br />

realen Vorstellungen vom Morgenland in Bilder um. Vor allem was die Reisenden<br />

auf ihrer Orientreise nicht zu sehen bekamen, wurde in Bildern vorgestellt: Harem,<br />

Frauenbad und Privatgemächer der Frauen. Dem männlichen Voyeurismus konnte<br />

so viel nacktes Fleisch und träge Sinnlichkeit in Kombination mit reichen Stoffen<br />

und seltsamen Geräten wie Wasserpfeifen gezeigt werden. Insofern stand Makart<br />

18 Vgl. Katalog 224 und 223.<br />

19 Vgl. Frodl, a.a.O., S. 292, (Nr. 55). Besitzer und Aufenthaltsort des Gemäldes sind heute unbekannt.<br />

20 Lemaire, Gerard-<strong>Georg</strong>e: Orientalismus, das Bild des Morgenlandes in der Malerei, Paris / Köln 2000. Vgl.<br />

zum Beispiel Syndram, Karl Ulrich: »Der erfundene Orient in der europäischen Literatur vom 18. bis zum Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts«, in: Sievernich, G. / Budde, H. (Hrsg.): AK Europa und der Orient, 800 Ŕ 1900,<br />

Berlin 1989, S. 324-341. Ebenso Kohl, Karl-Heinz: »Cherchez la femme d'orient«, ebd., S. 356-367.<br />

21 Vgl. z.B. Wolfzettel, Friedrich: ›Ce désir de vagabondage cosmopolite‹, Wege und Entwicklung des französischen<br />

Reiseberichts im 19. Jahrhundert, Tübingen 1986.<br />

22 Mayr-Oehring, Erika / Doppler, Elke (Hrsg.): AK Orientalische Reise, Malerei und Exotik im späten 19. Jahr-<br />

hundert, Wien 2003<br />

16


I ›Schönes Sterben‹<br />

mit seinen Kleopatra-Bildern in einer eindeutigen Tradition. Er stellte jedoch nicht<br />

einen zeitgenössischen, sondern einen bereits historisch gewordenen Orient dar<br />

und beanspruchte mit seinen Kleopatra-Darstellungen durchaus Authentizität. Der<br />

Betrachter sollte glauben, dass es so gewesen sein, dass es sich historisch so<br />

könnte verhalten haben. <strong>Die</strong> Orientalisten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

imaginierten hingegen, ohne Zweifel bewusst, eine zeitlose Präsenz des Morgen-<br />

landes. 23<br />

Bei Makart ruht Kleopatra von üppiger Stoffdekoration hinterfangen und halb auf-<br />

gerichtet auf einem schräg in den Raum gestellten, mit Kissen und Tüchern über-<br />

ladenen Bett. <strong>Die</strong> Königin ist unbekleidet bis zu den Hüften, die unter einem breiten<br />

Goldgürtel und leichtem Stoff verborgen bleiben. Das aufwendige Goldgeschmeide<br />

des H<strong>als</strong>es wird durch große Ohrgehänge und eine ägyptische Krone ergänzt, die<br />

mit den herabhängenden Fittichen der Muttergöttin Mut das bleiche Gesicht der<br />

himmelwärts blickenden Herrscherin umrahmen. In ihrer Linken hält sie die<br />

Schlange, die sich um ihren Arm ringelt und bereits an ihrer linken Brust züngelt.<br />

Mit ihrer Rechten greift die Königin in die Kissen des Lagers. <strong>Die</strong> marmorne Kör-<br />

perlichkeit Kleopatras wird durch zwei <strong>Die</strong>nerinnen kontrastiert, deren eine vor dem<br />

Lager der Königin hingestreckt liegt, während die andere rechts hinter der Liege<br />

ihrer Herrin kauert und das Gesicht in den Händen verbirgt. Inkarnat und Kleidung<br />

der <strong>Die</strong>nerinnen sind in dunklen Beige- und Rottönen gehalten. Am Übergang vom<br />

verschatteten Vordergrund zum ausgeleuchteten Zentrum, dem Sterbelager Kleo-<br />

patras, steht am linken Bildrand ein hoher Leuchter, dessen unruhige Flamme die<br />

psychisch aufgewühlte Situation symbolisch illuminiert.<br />

Mit dem kalkulierten Gegeneinandersetzen von Licht und Schatten, von por-<br />

zellanfarbener Körperlichkeit und dunkler Räumlichkeit schafft Makart Bedeu-<br />

tungsebenen, die im Betrachter zunächst das Klischee der unschuldig Sterbenden<br />

evozieren. Der den Blicken preisgegebene Körper erfüllt sexuelle Wünsche, wäh-<br />

rend der Augenaufschlag der Protagonistin ihre Entrückung aus der Welt und den<br />

baldigen Tod ausdrückt und damit die mit der femme fatale konnotierte Angst ab-<br />

schwächt. Der Betrachter hat die Gewissheit, dass der von Oktavian und Kleopatra<br />

dargestellte Kampf der Geschlechter, der auch <strong>als</strong> Auseinandersetzung von Okzi-<br />

dent und Orient gelesen werden konnte, zugunsten des Mannes (und damit des<br />

23 Dazu Günther, Erika: <strong>Die</strong> Faszination des Fremden, Der malerische Orientalismus in Deutschland, Münster<br />

1990.<br />

17


I ›Schönes Sterben‹<br />

Okzidents) ausgeht. So darf die strahlende Schönheit Kleopatras gefahrlos be-<br />

trachtet werden, da sie am Ende Opfer wird und keine Gefahr mehr von ihr aus-<br />

geht.<br />

Das historische Vorwissen der Betrachter erlaubte die Inszenierung der<br />

ägyptischen Königin <strong>als</strong> Opfer, ihre ›Victimisierung‹, um einen Modebegriff der<br />

Genderforschung aufzugreifen. Nur so war ihre sexuelle Attraktivität, deren Reiz<br />

durch eine gewisse morbidezza noch erhöht wird, für den Betrachter der Epoche<br />

Makarts erträglich. Da die Opferrolle Kleopatras immer gleich mitgedacht wird, darf<br />

er ihren Körper betrachten, von dem keine sexuelle Gefahr mehr ausgeht. Schön-<br />

heit und Attraktivität der Königin lassen den Rezipienten zögern, ob das, was er<br />

sieht, überhaupt noch geschaut werden darf, während die Gewissheit, dass Kleo-<br />

patra im nächsten Moment der erfundenen Bildwirklichkeit tot sein wird, ihm diese<br />

ungewöhnliche Lizenz erteilt. Der sich in der Viper bereits ankündigende Tod<br />

macht den Tabubruch erträglich und stellt den ›patriarchalischen‹ Weltentwurf wie-<br />

der her. So materialisiert der Künstler unbewusst und stellvertretend für seine zeit-<br />

genössischen europäischen Geschlechtsgenossen 24 im Tod der Kleopatra Ängste<br />

und männliche Obsessionen seines Jahrhunderts. Makart bietet – in Abwandlung<br />

des eingangs zitierten Urteils von Vollmer – nichts <strong>als</strong> der Sinnlichkeit (der Be-<br />

trachter) zuliebe erfundene Dekorationen.<br />

3 Der Tod des Helden<br />

Reflektierte der Tod der Kleopatra im ausgehenden 19. Jahrhundert wohl nur noch<br />

die Sinnlichkeit des Sujets, geriet in Vergessenheit, dass das Bildmotiv in der Frü-<br />

hen Neuzeit und im Barock durchaus anders akzentuiert war und die ›Tugend‹ der<br />

ägyptischen Königin unbeschadet ihrer erotischen Attraktivität betonte. Vor diesem<br />

Hintergrund zeigen die Beobachtungen an Makarts Version des Todes der Kleo-<br />

patra, dass mit der Verbindung von Todesnähe und Sexualität ein charakteristi-<br />

sches Klischee des 19. Jahrhunderts bedient wurde. <strong>Die</strong> Umbesetzung des Bild-<br />

motivs der sterbenden <strong>Tugendheldin</strong> in der Spätphase der Historienmalerei macht<br />

gerade deshalb auf eine Vorgeschichte des ›schönen Sterbens‹ aufmerksam, in<br />

der sich erotische Attraktivität und Tugend <strong>als</strong> Ausdruck der moralischen Selbstbe-<br />

hauptung noch ergänzten.<br />

24 »Manet analysierte die Geschlechterbeziehung im Milieu seiner Zeit, Feuerbach greift auf die Mythologie<br />

zurück, Makart bezieht den Standpunkt der im wahrsten Sinne des Wortes durchsichtigen historischen Verkleidung.«<br />

(Hofmann, Werner: »Hans Makart – Malerei <strong>als</strong> Inszenierung«, in: Art 7 [1981], S. 40-49, hier S. 41)<br />

18


I ›Schönes Sterben‹<br />

<strong>Die</strong> ›sterbende <strong>Tugendheldin</strong>‹ ist allerdings nur ein Sonderfall des exemplum<br />

virtutis in der Historienmalerei, wie eine 1987 im Kölner Wallraf-Richartz-Museum<br />

präsentierte große Ausstellung mit dem Titel »Triumph und Tod des Helden« 25<br />

zeigte. Sie betonte die führende Stellung Frankreichs im 17. Jahrhundert, was die<br />

Invention möglicher Bildthemen und die theoretische Durchdringung dieser Thema-<br />

tik der Historienmalerei betrifft. 26 <strong>Die</strong> gemeinsame Präsentation von Historienge-<br />

mälden aus nahezu allen Ländern Europas zeigte, wie im 17. und 18. Jahrhundert<br />

die Verbindung von Triumph und Tod des Helden <strong>als</strong> Tugendexempel diente und<br />

dass dafür zahlreiche Schlüsselfiguren aus der mythologischen, biblischen und<br />

historischen Überlieferung ›mobilisiert‹ wurden. Dass Wertungen ebenso wie ak-<br />

tuelle Bezüge dabei starken Wandlungen unterworfen waren, versteht sich von<br />

selbst. 27 <strong>Die</strong> Ästhetik des Historiengemäldes brachte es mit sich, dass sterbende<br />

oder tote Helden und Heldinnen stets ›schön‹ dargestellt werden. Es gab in Kölner<br />

Ausstellung viele Beispiele dafür, dass männliche Helden ihren wahren Triumph<br />

erst im Tod feiern und darin eine ganz eigene Vollkommenheit offenbaren.<br />

Frauen blieben in der Ausstellung eigenartig unterrepräsentiert. 28 Wenn un-<br />

ter den Köln ausgestellten Werken nur wenige Frauen <strong>als</strong> Protagonisten zeigten,<br />

spiegelt dies die historisch gewachsenen Geschlechterrollen wider. Dass aber von<br />

den wenigen Exponaten weiblicher Helden mehr <strong>als</strong> die Hälfte sterbende Frauen<br />

zeigten, bedarf weiterer Überlegungen. Heldenhaftes Sterben gehört in der tradi-<br />

tionellen Unterscheidung der Geschlechterrollen zum kämpferischen und militäri-<br />

schen, <strong>als</strong>o ›männlichen‹ Bereich, dem Selbstopfer von Frauen stand offensichtlich<br />

ein anderer Bedeutungsbereich offen, dem im Folgenden nachgegangen werden<br />

soll.<br />

Möglicherweise deutet sich hier ein wichtiger Problemkomplex an, in dem<br />

das Motiv des ›schönen Sterbens‹ über die Darstellung des (männlichen) Helden-<br />

todes hinaus in andere semantische Bereiche führt, die sich – so meine Aus-<br />

gangshypothese – an sterbenden weiblichen Helden sinnfälliger ins Bild setzen<br />

25 Anschließend war die Ausstellung noch in Zürich und Lyon zu sehen. (Mai, Ekkehard / Repp-Eckert, Anke<br />

[Hrsg.]: AK Triumph und Tod des Helden, Europäische Historienmalerei von Rubens bis Manet, Köln 1987)<br />

Der Ausstellungskatalog dokumentiert Aufbau und Intentionen des Projektes.<br />

26 <strong>Die</strong> Entwicklung des Historienbildes in den Niederlanden, Italien, Deutschland, England und Amerika folgte<br />

dem französischen Vorbild, wie andere Ausstellungsteile zeigten.<br />

27 Vgl. Mai, Ekkehard / Repp-Eckert, Anke (Hrsg.): Historienmalerei in Europa, Paradigmen in Form, Funktion<br />

und Ideologie, Mainz 1990. Das Kolloquium zur Ausstellung reflektiert in unterschiedlichen Beiträgen Entwicklung,<br />

Ideologie und Krise des Historienbildes.<br />

28 <strong>Die</strong> Geschlechterproblematik wird auch im Aufsatzband nicht einziges Mal thematisiert. Von 105 ausgestellten<br />

Werken stellten nur 15 weiblichen Protagonisten dar, davon acht sterbende Frauen.<br />

19


I ›Schönes Sterben‹<br />

ließen. Ihr ›schönes Sterben‹ verunsicherte das gewohnte Sehen und veranlasste<br />

die Betrachter, hinter der ästhetischen eine weitere philosophische oder religiöse<br />

Dimension vorauszusetzen. <strong>Die</strong>se Vermutung wird dadurch verstärkt, dass es in<br />

der Historienmalerei eine weitere Gruppe sterbender männlicher Helden gibt, de-<br />

ren Semantik ebensowenig von militärischen Tugenden bestimmt war: sterbende<br />

Philosophen.<br />

4 ›Mourir en philosophe‹<br />

Der sterbende Philosoph war ein erfolgreicher Bildtypus der gesamten aufkläreri-<br />

schen Epoche. Für die Darstellung von Philosophen wie Sokrates, Seneca und<br />

Archimedes, aber auch von Politikern wie Cicero oder Cato dem Jüngeren konnte<br />

die Historienmalerei auf eine lange Tradition in Literatur, Historiographie, Rhetorik<br />

und Philosophie zurückgreifen. Neuere Untersuchungen beschreiben die sich all-<br />

mählich verändernden semantischen Besetzungen exemplarischen philosophi-<br />

schen Sterbens. 29<br />

Seit dem Altertum waren diese Figuren Vorbild, Maßstab und Orientierung<br />

dafür, dass ›Intellektuelle‹ für ihre Vorstellungen einzustehen und sich zu opfern<br />

bereit waren. Spätestens seit Plinius dem Jüngeren 30 wurde der exemplarische<br />

exitus illustrium virorum vergleichend erörtert. Vor allem der Tod des Sokrates war<br />

schon in der Antike zum Archetyp philosophischen Sterbens gestaltet worden; sei-<br />

ne letzten Worte und seine Haltung angesichts des Todes galten <strong>als</strong> überzeitlich<br />

exemplarisches Verhalten. In den spätantiken Rhetorenschulen wurde der literari-<br />

sche Topos des exitus illustrium virorum häufig zu Ausbildungszwecken traktiert<br />

und in zahlreiche Exempla-Sammlungen aufgenommen. Christliche Märtyrerakten<br />

übernahmen in Aufbau und Gestaltung die topischen Elemente des exitus illust-<br />

rium virorum; in der neuen Textgattung wurden Richterrede und Widerrede des<br />

Angeklagten aus der platonischen Apologie des Sokrates auf die Befragung un-<br />

schuldiger Christen durch uneinsichtige heidnische Herrscher übertragen.<br />

<strong>Die</strong> Historienmalerei der Neuzeit griff die ›philosophische‹ wie die ›christli-<br />

che‹ Tradition des exitus illustrium virorum auf und transformierte sie in das durch-<br />

29 Oberreuter-Kronabel, Gabriele: Der Tod des Philosophen, Zum Sinngehalt eines Sterbebildtypus der französischen<br />

Malerei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, München 1986; Oberreuter-Kronabel, Gabriele:<br />

»Der Philosoph und sein Tod, Beobachtungen zu einem Thema für die Malerei des 18. Jahrhunderts in Frankreich«,<br />

in: Historienmalerei in Europa, a.a.O., S. 95-105.<br />

30 Vgl. Ronconi, A.: Exitus illustrium virorum, in: Reallexikon für Antike und Christentum, hrsg. von Ernst<br />

Dassmann u.a., Bd. 6, Stuttgart 1966, Sp. 1258-1268.<br />

20


I ›Schönes Sterben‹<br />

aus neue Konzept ›paganer Märtyrer‹. Ohne Todesfurcht, frei von Ängsten, nur<br />

von der ratio geleitet, wurde der sterbende Philosoph zum idealen Bildtypus der<br />

Aufklärung. Im Sterben konnten die Theoretiker und Vertreter des praxisfernen phi-<br />

losophischen Gesprächs courage und pratique 31 zeigen, wenn es darum ging, für<br />

ihre Ideen einzustehen. Bei Seneca und Cato dem Jüngeren kam noch das will-<br />

kommene Skandalon des Selbstmords hinzu, der, zu einer Art profaner Selbster-<br />

mächtigung sublimiert, gegen die kirchliche Moral eingesetzt werden konnte.<br />

Gerade die nachtridentinische Frömmigkeitspraxis hatte der gottgefälligen<br />

Inszenierung der Sterbestunde neues Gewicht und geradezu Heilsbedeutung ver-<br />

liehen. Barocke Leichenpredigten versetzten mit übertreibenden Bildern die Gläu-<br />

bigen in Angst und Schrecken, um sie zu einem gottgefälligen Leben anzuleiten.<br />

So ist es nicht erstaunlich, wenn die Sterbestunde auch in der profanen Aufklärung<br />

eine neue Bedeutung erhielt. Entfielen die Tröstungen der positiven Religion, wur-<br />

de die Todesstunde zum Prüfstein für das gelebte Leben, das es in den letzten<br />

Augenblicken noch einmal in den Blick zu nehmen und zu bewähren galt. Hierin<br />

kamen sich die Intentionen der Gegenreformation und der Aufklärung erstaunlich<br />

nah. Während jedoch die seelsorgerische Praxis der Kirche dem Gläubigen in sei-<br />

ner letzten Stunde durch die Sterbesakramente Hilfe bot, war die Aufklärung zwar<br />

mit der Kirche auffällig in der Gewichtung des letzten Augenblicks einig, überließ<br />

die Bewältigung aber jedem Einzelnen. Was den Philosophen Sokrates, Seneca<br />

und Cato in ihrem vorbildlichen Sterben gelungen war, die moralische Identität bis<br />

zum letzten Augenblick zu bewähren, wurde für das aufgeklärte Publikum ein pro-<br />

fanes Exempel der Selbstbehauptung.<br />

So wurde der Philosophentod im 18. Jahrhundert zum Vorwurf von Dramen<br />

und Opernlibretti, aber auch zu einem beliebten Sujet der Historienmalerei. Gra-<br />

phische Blätter illustrierten den Text historiographischer Werke. 32 Das Sterben des<br />

Sokrates, der die von seinen Schülern vorbereitete Flucht ausschlägt, um sich<br />

selbst treu zu bleiben, avancierte geradezu zum Emblem des siècle philosophique.<br />

Mit seiner Mort de Socrate 33 (1787) fand Jacques-Louis David (1748-1825) wohl<br />

31 In der Encyclopédie wurde so der Tod des Sokrates charakterisiert. Vgl. Diderot, Denis / d’Alembert, Jean le<br />

Rond: Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, par une société de gens<br />

de lettres, Paris 1780, Bd. 15, S. 261.<br />

32 So zum Beispiel Gravelots ›Sterbestunde des Sokrates‹ in Rollins Histoire Ancienne (Oberreuter-Kronabel,<br />

Der Tod des Philosophen, a.a.O., Abb. 1). Das historische Werk von Charles Rollin erfreute sich im 18. Jahrhundert<br />

größter Beliebtheit. Seine zwischen 1738 und 1776 erschienene Geschichte der Antike gehörte zu den<br />

geläufigen Informationsmöglichkeiten der Historienmaler.<br />

33 Katalog 90. Das Gemälde befindet sich heute in New York (Metropolitan Museum).<br />

21


I ›Schönes Sterben‹<br />

die erfolgreichste Bildidee [Abb. 2] in einer schon langen ikonographischen Traditi-<br />

onskette, die sofort durch Reproduktionsstiche Massards 34<br />

verbreitet wurde. Obwohl insgesamt dreizehn Personen in<br />

der Kerkerszene zu sehen sind, zieht der wie beiläufig mit<br />

seiner Rechten nach dem Schierlingsbecher greifende Phi-<br />

losoph alle Blicke auf sich: Mit der rhetorischen Geste des<br />

Abb. 2<br />

linken nach oben weisenden Armes setzt Davids Sokrates seine philosophischen<br />

Überzeugungen ins Bild und verkörpert mit den Tugenden der Besonnenheit, Ge-<br />

rechtigkeit, Tapferkeit, Großzügigkeit und Wahrheit die im platonischen Phaidon 35<br />

beschriebene schöne Seele. 36 Für diese philosophischen Tugenden greift er zum<br />

Gift, zu dem ihn ein uneinsichtiges Gericht verurteilt hatte,<br />

das seine aufklärerischen Unterhaltungen, die vor allem jun-<br />

ge Menschen zum Gebrauch des eigenen Verstandes anhiel-<br />

ten, für subversiv hielt.<br />

Am Beispiel des erzwungenen Selbstmords Senecas<br />

wurde in der Libretto- und Dramenliteratur die Frage erörtert,<br />

ob sich die Rolle des Philosophen mit der des Politikers und<br />

Fürstenerziehers vereinbaren ließ. Noch die Entscheidung<br />

zum Selbstmord war durch den Befehl des Tyrannen moti-<br />

Abb. 3<br />

viert. In der Ikonographie konzentrierte sich die Darstellung auf den letzten Mo-<br />

ment, für den Rubens 37 die geläufige Bildformel [Abb. 3] gefunden hat: Seneca er-<br />

wartet aufrecht, mit constantia, der stoischen Haupttugend, ausgerüstet, das Wir-<br />

ken des Giftes. Der Selbstmord des jüngeren Cato ist durch den Hinweis auf die<br />

vorangehende Lektüre des platonischen Phaidon gleichsam ›intertextuell‹ mit So-<br />

krates und der von dieser Gestalt ausgehenden Aretalogie verbunden. Anderer-<br />

seits wurde mit Cato Patriotismus und Freiheitsliebe eines Politikers assoziiert, der<br />

Rom nicht Cäsar ausgeliefert sehen wollte. Der Selbstmord des Republikaners<br />

eröffnete hinreichend aktuelle Bezüge: Cato wurde zur Identifikationsfigur der fran-<br />

zösischen Republik. <strong>Die</strong> Akademie machte La mort de Caton d'Utique zum offiziel-<br />

len Thema ihres Concours von 1797. 38 Der Themenkreis des ins Bild gesetzten<br />

34<br />

Dazu Oberreuter-Kronabel: Der Tod des Philosophen, a.a.O., S. 67.<br />

35<br />

Platon, Phaidon, 114 e<br />

36<br />

τὴν ψυχὴν οὐκ ἀλλοτρίῳ ἀλλὰ τῳ αὐτῆς κόσμῳ (›die Seele, nicht mit fremdem, sondern mit dem ihr eigenen<br />

Schmuck geschmückt‹)<br />

37<br />

Katalog 354. Das Gemälde befindet sich heute in München (Alte Pinakothek).<br />

38<br />

Grunchec, Philippe (Hrsg.): Les concours des Prix de Rome, 1797-1863, 2 Bde, Paris 1986<br />

22


I ›Schönes Sterben‹<br />

mourir en philosophe transportierte – durchaus in Konkurrenz zum nachtridentini-<br />

schen Märtyrerbild 39 – nicht nur unverbindliche exempla virtutis, sondern zentrale<br />

moralische und politische Normen der Aufklärungsepoche. <strong>Die</strong> Vermutung liegt<br />

nicht fern, dass dies bereits für die ›Galeries des femmes fortes‹ des 16. Jahrhun-<br />

derts galt, die das weibliche Gegenstück zu den männlichen exempla virtutis bilden<br />

könnten.<br />

5›Starke Frauen‹<br />

Schon in der Frühen Neuzeit war in der Tat das Motiv des ›exemplarischen Ster-<br />

bens‹ nicht auf die Darstellung von militärischen und philosophischen, <strong>als</strong>o ›männ-<br />

lichen‹ Tugenden beschränkt, sondern erscheint, allerdings eher beiläufig, auch in<br />

einem völlig anderen Zusammenhang: in den ›Galerien starker Frauen‹ nämlich,<br />

auf die eine Ausstellung im Kunstmuseum Düsseldorf 1995 wieder aufmerksam<br />

gemacht hat. 40<br />

Der ›feministisch‹ ausgerichtete Ansatz der Düsseldorfer Ausstellung stellte<br />

vielleicht den historischen Anlass zu sehr in den Vordergrund, der dem Motiv der<br />

›starken Frauen‹ in der Kunst der Frühen Neuzeit politische Relevanz gab. Zufällig<br />

aufeinander folgende weibliche Regentschaften von Caterina de’ Medici (1560),<br />

Maria de' Medici (1610) und Anne d’Autriche (1643) führten in Frankreich zu elabo-<br />

rierten Legitimationsstrategien, auch in der bildenden Kunst. 41 <strong>Die</strong> Regentinnen<br />

versuchten, sich nicht nur juristisch, sondern auch historisch zu legitimieren: Bezü-<br />

ge auf antike Mythologie und Historiographie, aber auch auf Frauengestalten des<br />

Alten Testaments dienten diesem Ziel. 42 So ließ sich Caterina de’ Medici <strong>als</strong> zweite<br />

Artemisia darstellen; Rubens führte für Maria de' Medici den bekannten Gemälde-<br />

zyklus für den Palais du Luxembourg [Abb. 4] aus, in dem Minerva und die Allegorie<br />

der Prudentia die Machtübernahme durch eine Frau veranschaulichten. Auch Anne<br />

d’Autriche, die Mutter Ludwigs XIV., ließ sich nach dem Tod ihres Mannes (1643)<br />

von Vouet in der nunmehr bereits bewährten Ikonographie einer zweiten Artemisia<br />

[Abb. 5] darstellen. <strong>Die</strong> Fortführung der Politik des verstorbenen Herrschers und<br />

39<br />

Vgl. ausführlich unten S. 41ff. und S. 204ff.<br />

40<br />

Baumgärtel, B. / Neysters, S. (Hrsg.): AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, Düsseldorf 1995<br />

41<br />

Dazu Gaehtgens, Barbara: »Macht-Wechsel oder die Übergabe der Regentschaft«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der<br />

Starken Frauen, a.a.O., S. 64-78.<br />

42<br />

Garrard, Mary D.: Artemisia Gentileschi, the image of the female hero in Italian Baroque art, Princeton 1989<br />

hat das zweite Kapitel ihrer Monographie (›Historical feminism and female iconography‹), S. 141-179, ganz<br />

diesem Themenkomplex und seiner historischen Entwicklung gewidmet.<br />

23


I ›Schönes Sterben‹<br />

verantwortungsvolle Erziehung des unmündigen Sohnes wurden <strong>als</strong> wichtige Tu-<br />

genden weiblicher Regenten in den Vordergrund gestellt. 43<br />

Abb. 4 Abb. 5<br />

Für dieses propagandistische Ziel konnten auch die ›Galeries des femmes<br />

fortes‹ auf eine lange literarische Tradition zurückgreifen, wie dies wohl schon<br />

Giotto tat, der 1333 im neapolitanischen Castel Nuovo eine der ersten Serien von<br />

uomini famosi malte und den Anstoß zu weiteren Serien gab. 44 <strong>Die</strong> Facta et dicta<br />

memorabilia des Valerius Maximus hatten männliche und weibliche Beispiele her-<br />

ausragender ›Tugenden‹ vereint. <strong>Die</strong>sem Vorbild folgten häufig aufgegriffene, um-<br />

geschriebene und ergänzte Sammlungen ›berühmter Männer‹, etwa Boccaccios<br />

De casibus virorum illustrium und Petrarcas De viris illustribus, denen zuerst Bo-<br />

logna-Prozessccaccio auch eine Sammlung literarischer ›Gegen-Bilder‹ mit weibli-<br />

chen Protagonisten, De claris mulieribus, entgegensetzte. Ganz in dieser Tradition<br />

entwickelte der eng mit dem französischen Hof verbundene Franziskaner Jacques<br />

du Bosc in seiner Schrift La Femme Heroïque (1645) einen Katalog männlicher<br />

und weiblicher Helden, der zum Beispiel Debora und Josua, aber auch Lukretia<br />

und Cato einander gegenüberstellte. Eine Vielzahl ikonographischer Varianten und<br />

Kombinationsmöglichkeiten trug den Legitimationszwängen der Regentinnen<br />

Rechnung. 45 <strong>Die</strong> folgenreichste Zusammenstellung war wohl die Galerie des fem-<br />

mes fortes (1647) des Jesuiten Pierre Le Moyne.<br />

43 Katalog 359 (Rubens); Katalog 432 (Vouet).<br />

44 Dazu Baumgärtel, Bettina: »<strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> Symbol kirchlicher und staatlicher Macht, Über die Galerie<br />

der Starken Frauen in Ausstattungsprogrammen und <strong>als</strong> Buchillustrationen«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken<br />

Frauen, a.a.O., S. 140-204.<br />

45 Weiterführend zum Beispiel der Aufsatz von Schlumbohm, Christa: »Der Typus der Amazone und das Frauenideal<br />

im 17. Jahrhundert, Zur Selbstdarstellung der Grande Mademoiselle«, in: Romanistisches Jahrbuch 29<br />

(1978), S. 77-99.<br />

24


I ›Schönes Sterben‹<br />

Der Gattungsbegriff der ›Galerie‹ 46 lässt zunächst an eine Bildersammlung<br />

denken: Mit einer Serie, die Judith, Esther, Bathseba, Semiramis, Dido, Tomyris,<br />

Artemisia, Kleopatra, Sophonisbe und die Frau des Hasdrubal umfasste, ließ in der<br />

Tat Anne d’Autriche ihre Räume im Schloss Richelieu ausschmücken. 47 Verbreitet<br />

wurde das Reihungsprinzip der Galerie aber vor allem über Kupferstiche, die die<br />

moralistischen Exempelkataloge eines Du Bosc oder Le Moyne illustrierten. Clau-<br />

de Vignons Illustrationen zu Le Moynes Schrift isolieren einzelne femmes fortes<br />

und lassen sie monumental und statuarisch in den Vordergrund treten [Abb.<br />

6]. 48 Neben einer erläuternden subscriptio wird die Heldin mit<br />

einem charakteristischen Attribut (einem Dolch bei Lukretia<br />

oder Hammer und Pflock bei Jaël) präsentiert; im Hintergrund<br />

wird die historia wiedergegeben, in der sich die exemplarische<br />

Tugend der Vorgestellten bewährte.<br />

<strong>Die</strong> Galerien ›starker Frauen‹ sind auf Typisierung an-<br />

gelegt und nehmen neben weiblichen Helden, die durch ›star-<br />

kes Handeln‹ auffielen (Cloelia, Judith oder Jaël), auch<br />

Abb. 6<br />

Figuren auf, die sich dadurch nobilitierten, dass sie durch einen selbst gewählten<br />

Tod den Folgen ihrer verletzten Ehre (Lukretia), ihres politischen Scheiterns (So-<br />

phonisbe) oder ihrer enttäuschten Liebe (Dido) entgingen. <strong>Die</strong>se zweite Gruppe ist<br />

deshalb besonders interessant, weil sie – offensichtlich allen christlichen Vorbehal-<br />

ten gegenüber dem Selbstmord zum Trotz – den Tugendkatalog auf Selbstmörde-<br />

rinnen erweitert. <strong>Die</strong> Motivgeschichte der sterbenden Frau <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>, der in<br />

dieser Untersuchung nachgegangen wird, hat hier einen ihrer Ursprünge.<br />

6 ›Exemplum virtutis‹<br />

Das inszenierte Sterben einer mythischen oder historischen Gestalt wird in der<br />

Kunstgeschichtsschreibung nicht selten kurzerhand <strong>als</strong> exemplum virtutis ein-<br />

geordnet, um so eine vordergründig hinreichende Sinndeutung zu finden 49 , die al-<br />

46 Giovanni Battista Marino hat in die etwa fünfhundert Gedichte seiner Galeria (1619/1620) mit Ausnahme von<br />

Sophonisbe alle hier behandelten <strong>Tugendheldin</strong>nen aufgenommen. In der Gruppe Belle Caste e Magnanime<br />

werden Porzia, Lukretia mehrfach (in fünf Gedichten) und Paulina in Madrigalen geschildert. Unter den Belle<br />

Impudiche e Scelerate erhalten Dido zwei Madrigale und Kleopatra eine Stanza. (Marino, Giovanni Battista: La<br />

Galeria, hrsg. von Marzio Pieri, Padua 1979, 2 Bde, S. 221-235)<br />

47 Dazu Baumgärtel, Bettina: »<strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> Symbol kirchlicher und staatlicher Macht, Über die Galerie<br />

der Starken Frauen in Ausstattungsprogrammen und <strong>als</strong> Buchillustrationen«, a.a.O., S. 152.<br />

48 Vgl. Katalog 42.<br />

49 Subsumierungen dieser Art sind in der kunsthistorischen Literatur Legion; ich zitiere nur eine einzige (aus<br />

Wolfgang Prohaskas Beschreibung eines Gemäldes von Massimo Stanzione in: Ebert-Schifferer, S. / Emiliani,<br />

25


I ›Schönes Sterben‹<br />

lerdings gerade davon absieht, der konkreten historischen Funktion des exemplum<br />

nachzugehen.<br />

Das ursprünglich in der Rhetorik entwickelte<br />

exemplum war bereits im Altertum auch in Skulptur und<br />

Malerei übernommen worden. Manche historischen und<br />

mythologischen Ereignisse waren in ihrer moralischen<br />

Semantisierung schon so zum Allgemeingut geworden,<br />

dass sie immer neue ›Umbesetzungen‹ zuließen. 50<br />

Eine Herakles-Statue etwa konnte zum bildhaften<br />

Emblem für Ausdauer und Stärke werden und in immer<br />

neuen Kontexten erscheinen. 51 Wenn sich Karl VI. <strong>als</strong><br />

Herakles abbilden ließ, stellte sich der barocke Herr-<br />

scher in eine mit <strong>August</strong>us einsetzende Tradition, die<br />

über Trajan, Konstantin und Maximilian I. wichtige Herr-<br />

schertugenden ›darstellte‹. 52<br />

Abb. 7<br />

Als Gerard de Lairesse 1688 für den Ratssaal des Stadhouders in Den Haag<br />

das Gemälde Horatius Cocles verteidigt allein den Pons Sublicius [Abb. 7] konzi-<br />

pierte, griff er ein exemplum aus der römischen Frühzeit auf. 53 <strong>Die</strong> Episode, in der<br />

Horatius Cocles allein am vorderen Brückenende gegen die anstürmenden Etrus-<br />

ker so lange Stand hält, bis hinter ihm die Brücke abgerissen ist, war längst zum<br />

geläufigen Modell von Operbereitschaft und Einsatz für das Gemeinwesen gewor-<br />

den. 54 Gleichzeitig hat dieses Historiengemälde <strong>als</strong> exemplum virtutis aber die<br />

konkrete Funktion, die dort versammelten Amtsträger von Holland, Zeeland und<br />

West-Vriesland an ihre Verantwortung für den Staat zu erinnern.<br />

A. / Schleier, E. (Hrsg.), AK Guido Reni und Europa, Frankfurt/Main 1988, S. 656.): »Das auf Livius (1,57,6-<br />

1,60,4) zurückgehende, grausam-heroische Geschehen: Lucretia, von Sextus Tarquinius vergewaltigt, gibt<br />

sich den Tod, nachdem sie ihren Gatten und ihren Vater hatte Rache schwören lassen, ist besonders im Barock<br />

<strong>als</strong> »exemplum virtutis« unzählige Male dargestellt worden.«<br />

50<br />

Dazu Fuhrmann, Manfred: »Das Exemplum in der antiken Rhetorik«, in: Koselleck, R. / Stempel, W. (Hrsg.):<br />

Geschichte Ŕ Ereignis und Erzählung, München 1973 (Poetik und Hermeneutik 5), S. 449-452.<br />

51<br />

Moos, Peter von: Geschichte <strong>als</strong> Topik, Das rhetorische Exemplum von der Antike zur Neuzeit und die historiae<br />

im ›Policraticus‹ Johanns von Salisbury, Hildesheim / Zürich / New York 1988, S. XI<br />

52<br />

Zu dieser Tradition die ausführliche Habilitationsschrift von Matsche, Franz: <strong>Die</strong> Kunst im <strong>Die</strong>nst der Staatsidee<br />

Kaiser Karls VI., 2 Bde, Berlin 1981.<br />

53<br />

Abbildung bei Roy, Alain: Gérard de Lairesse, 1640-1711, Paris 1992, S. 349 (Nr. P 201). <strong>Die</strong> Maße des<br />

Ölgemäldes sind unbekannt; <strong>als</strong> Abbildung ist hier der Reproduktionsstich (bei Roy, S. 349, Nr. P 201a) wiedergegeben.<br />

54<br />

Valerius Maximus: Facta et dicta memorabilia III, 2, hrsg. und übers. von Ursula Blank-Sangmeister, Stutt-<br />

gart 1991, S. 74-77.<br />

26


I ›Schönes Sterben‹<br />

Der undifferenzierte Gebrauch des Begriffs exemplum virtutis bekommt den<br />

konkreten historischen Horizont ikonographischer Innovationen nicht in den Blick.<br />

Gewiss sind der Tod der Lukretia oder der Kleopatra in vergleichbarer Weise<br />

exempla virtutis. Gleichwohl sind die durch Selbstmord wiederhergestellte morali-<br />

sche Integrität der vergewaltigten Lukretia und der resignative Freitod der betroge-<br />

nen ägyptischen Königin durchaus verschiedene Sachverhalte, deren moral-<br />

philosophische Semantisierung ganz gegensätzlich ausfallen<br />

konnte und von unterschiedlicher Reichweite war. Dass Luk-<br />

retia zum Modell weiblicher Keuschheit wurde, ist trotz der<br />

politischen Hintergründe der Episode nicht weiter über-<br />

raschend. Hingegen ist es durchaus bemerkenswert, dass<br />

auch der Selbstmord der Kleopatra <strong>als</strong> exemplum virtutis die-<br />

nen und eine Bildinszenierung 55 <strong>als</strong> profane Märtyrerin<br />

Abb. 8<br />

[Abb. 8] erhalten konnte, obwohl die Königin bereits in der Antike <strong>als</strong> lasziv und<br />

schamlos galt und so auch in der Ikonographie der Frühen Neuzeit des Historien-<br />

gemäldes tatsächlich auftrat.<br />

Der moralphilosophische Sinn eines exemplum unterliegt im Übrigen histori-<br />

schen Umdeutungen und Umbewertungen. So kritisierte <strong>August</strong>inus 56 im 5. nach-<br />

christlichen Jahrhundert Lukretia, obwohl sie in der römischen Geschichtsschrei-<br />

bung und Rhetorik bis dahin <strong>als</strong> unbestrittener Inbegriff weiblicher Keuschheit und<br />

<strong>als</strong> Vorbild für verheiratete Frauen galt. Der Hintergrund dieser Umwertung war<br />

natürlich die radikale Änderung, die das Christentum in der Bewertung des<br />

Selbstmords brachte, den in der Antike besonders die Philosophenschule der Stoa<br />

<strong>als</strong> ehrenhafte Strategie der Selbstbehauptung des Individuums propagiert hatte.<br />

Wird Lukretia weiterhin <strong>als</strong> exemplum virtutis verwendet, ist von einer Umbeset-<br />

zung des moralphilosophischen Hintergrundsinns auszugehen. Politische Konnota-<br />

tionen, wie ihre Rolle in der Entstehung der römischen Republik, lösen den Aspekt<br />

der persönlichen Selbstbehauptung ab. Der Selbstmord der Lukretia 57 wird deshalb<br />

in der Historienmalerei der Frühen Neuzeit entweder politisch gedeutet oder auf<br />

den Aspekt der weiblichen Keuschheit reduziert. Vergleichbare Umbesetzungen<br />

des Rezeptionshorizontes finden sich in der Darstellung des Freitods der Kleopat-<br />

55 Ich wähle <strong>als</strong> Beispiel (Katalog 72) die Kleopatra von Francesco Cozza (1605-1682).<br />

56 De civitate Dei 1,19<br />

57 Vgl. ausführlich unten S. 123ff.<br />

27


I ›Schönes Sterben‹<br />

ra. 58 Es ist zu vermuten, dass die Darstellung von <strong>Selbstmörderin</strong>nen <strong>als</strong> Tugend-<br />

heldinnen (exempla virtutis) in der barocken Historienmalerei komplexe moralphi-<br />

losophische Voraussetzungen 59 hatte, die die christliche Wertung des Selbstmords<br />

<strong>als</strong> Todsünde in den Hintergrund treten ließen.<br />

Soll die Anwendung des Begriffs exemplum virtutis aussagekräftig und trag-<br />

fähig sein, muss auch der den Wechsel des Rezeptionshorizonts bestimmende<br />

Wertekanon rekonstruiert werden. 60 Schon die Rhetorik, wie sie Quintilian und Ci-<br />

cero formulierten, erkannte, dass die Wirkung eines exemplum 61 die teilweise oder<br />

gänzliche Vergleichbarkeit des Vorbilds mit einem Konflikt oder einer Situation der<br />

Gegenwart voraussetzte. Vom Künstler und vom Betrachter werden beachtliche<br />

hermeneutische Anstrengungen verlangt.<br />

Dergleichen ist im Falle der von Couperus geschilderten Haager Geburts-<br />

tagsgesellschaft, der Kleopatras Tod <strong>als</strong> ›lebendes Bild‹ vorgeführt wurde, nicht<br />

mehr zu erwarten. Der Freitod der antiken Heldin dient ihr, ohne große hermeneu-<br />

tische Anstrengungen, nur noch <strong>als</strong> historistische Folie eines bürgerlichen Roman-<br />

tizismus. Dass das Motiv des ›schönen Sterbens‹, des bewusst gewählten Selbst-<br />

mords, nicht immer so oberflächlich rezipiert wurde wie am Ende des 19. Jahrhun-<br />

derts und eine lange ikonographische Geschichte voraussetzt, soll im Folgenden<br />

Gegenstand der Untersuchung sein. Dabei wird die Historienmalerei 62 zwar die<br />

meisten und aussagekräftigsten Beispiele beisteuern, gelegentliche Blicke auf<br />

Theater 63 und Oper 64 zeigen aber, dass der Bildtypus und die Motivgeschichte der<br />

<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> eine für die frühe Neuzeit nicht unwichtige moral-<br />

philosophische Dimension hatte.<br />

58 Vgl. ausführlich unten S. 139ff.<br />

59 Vgl. ausführlich unten S. 177ff.<br />

60 »Wie Reinhard Koselleck in seiner Studie über den Wandel der Geschichtsauffassungen nachweisen kann,<br />

löst das sich erst im 18. Jahrhundert etablierende Interesse an der historischen Zeit den alten Topos auf: das<br />

Modell ›historia magistra vitae‹ setzt die Wiederholbarkeit historischer Handlungen voraus, oder noch deutlicher,<br />

vermittelt das Bild eines geschichtlichen Wandels, der sich gesetzmäßig vollzieht. <strong>Die</strong> Aufklärung realisierte<br />

die von Koselleck beschriebene Umwertung in der Erkenntnis der Einmaligkeit einer historischen Situation.«<br />

(Schneemann, Peter Johannes: Geschichte <strong>als</strong> Vorbild, <strong>Die</strong> Modelle der französischen Historienmalerei<br />

1747-1789, Berlin 1994, S. 41)<br />

61 Dazu Daxelmüller, Christoph: Exemplum, in: Enzyklopädie des Märchens, begr. von Kurt Ranke, hrsg. von<br />

Rolf Wilhelm Brednich, Bd. 4, Berlin 1987, Sp. 627-649.<br />

62 Vgl. ausführlich unten, S. 45ff.<br />

63 Vgl. ausführlich unten, S.193ff.<br />

64 Vgl. ausführlich unten, S. 274ff.<br />

28


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung bis zur Frühen Neuzeit<br />

1 <strong>Die</strong> klassizistische Engführung<br />

<strong>Die</strong> zum ersten Mal 1436 von Leon Battista Alberti 1 <strong>als</strong> eigene Gattung beschrie-<br />

bene frühneuzeitliche Historienmalerei entwickelte ein umfangreiches Repertoire<br />

mythologischer, religiöser und historischer Themen, zu dem auch der ›Tod des<br />

Helden‹ gehörte.<br />

In diesem Umkreis entstand das Bildmotiv der ›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tugend-<br />

heldin‹, das im Folgenden näher untersucht werden soll. Es lässt sich seit dem 15.<br />

Jahrhundert <strong>als</strong> kontinuierliche ikonographische Tradition in wechselnden Beset-<br />

zungen und Funktionen verfolgen. Sie kommt allerdings erst dann angemessen in<br />

den Blick, wenn sie vor dem Hintergrund der Todesdarstellung in der Kunst gese-<br />

hen wird, auf die ich zunächst kurz eingehe, um die vom europäischen Klassizis-<br />

mus des 18. Jahrhunderts verstellte Sonderstellung der Frühen Neuzeit und des<br />

Barock in den Blick zu rücken.<br />

Für Todesdarstellungen wurden in der Antike, im Mittelalter und in der Frü-<br />

hen Neuzeit Motive und Verfahren entwickelt, die sich in großen Zügen kurz be-<br />

schreiben lassen. Antike Skulpturen und Vasen überliefern einen bedeutenden<br />

Themenkomplex sterbender Halbgötter und Menschen, die sich göttlichem Rat-<br />

schluss widersetzt hatten oder im Kampf unterlagen. Demgegenüber finden sich im<br />

Mittelalter völlig andere, christlich geprägte Todesdarstellungen, die ihrerseits in<br />

der Frühen Neuzeit umformuliert wurden. Vor allem entstanden seit dem 15. Jahr-<br />

hundert profane Todesdarstellungen, die weniger auf die künstlerischen Vorlagen<br />

der Antike <strong>als</strong> auf die moralistisch gedeutete historische Überlieferung des Alter-<br />

tums zurückgriffen.<br />

<strong>Die</strong> klassizistische Ästhetik des 18. Jahrhunderts, die sich sehr intensiv mit<br />

künstlerischen Darstellungen des Todes und Sterbens beschäftigte, hat nicht nur<br />

das Mittelalter, sondern auch diese innovativen Aspekte der frühneuzeitlichen<br />

1 Alberti, Leon Battista: Drei Bücher über die Malerei, in: Alberti, Leon Battista: Kleinere kunsttheoretische<br />

Schriften, hrsg. von Hubert Janitschek, Osnabrück 1970 (ND der Ausgabe Wien 1877, Quellenschriften für<br />

Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, Bd. 11). Vgl. weiterführende Literatur<br />

zur Problematik in: Gaehtgens, Thomas / Fleckner, Uwe (Hrsg.): Historienmalerei, Berlin 1996, S. 83.<br />

29


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

Historienmalerei ausgeblendet. Sie berücksichtigte weder die Bildtraditionen des<br />

Mittelalters, die sehr konkret und oft hässlich die Endlichkeit menschlichen Seins<br />

betonen, noch bezog sie die variantenreiche Historienmalerei des Barock ein, die<br />

dem Thema des Sterbens eine neue Bildwürdigkeit gab.<br />

Ernst Bloch hat darauf aufmerksam gemacht, dass Lessing einen Zeitge-<br />

schmack formulierte, der Traditionslinien von eineinhalb Jahrtausenden bewusst<br />

ignoriert:<br />

Am einflussreichsten wirkte hier Lessings Untersuchung von 1769: ›Wie die Alten<br />

den Tod gebildet‹; man kann sie zugleich eine der wärmsten antikischen Kampfschriften<br />

gegen das Mittelalter nennen. Sie vollzieht den Trost mit einem hintergründigen<br />

Austausch von Emblemen, mit der Verabschiedung von Stundenglas<br />

und Hippe zugunsten eines schönen Freundesbildes: des Genius mit gesenkter<br />

Fackel. Lessing erneuert <strong>als</strong>o damit nicht nur die Gleichung Tod-Schlaf, die poetisch<br />

bis auf Homer zurückgeht und die philosophisch in der Leibnizschen ›Einfaltung‹<br />

ihm vorlag, er trieb die letzten Reflexe der Gotik aus dem Todesbild aus. Er<br />

setzte ein verständig-schönes, ein klassizistisches an seine Stelle, ein eminent<br />

ästhetisches, worin die gelöschte Fackel so immanent wirkt wie das Fallen des<br />

Vorhangs nach beendetem Schauspiel. 2<br />

Mit dem Rückgriff auf die Antike in der bekannten Abhandlung 3 Lessings wird der<br />

Tod im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts »zur mildesten Form des Lebens« 4 ge-<br />

schönt, wobei die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den mittelalterlichen und<br />

neuzeitlichen Darstellungsverfahren nicht verschwiegen werden. Vor der Folie der<br />

nachantik-christlichen Darstellungstraditionen lässt Lessing den Genius Tod, der<br />

mit Flügeln versehen eher einer Amorette ähnelt, <strong>als</strong> sympathische, beinahe be-<br />

zaubernde Personifikation des Lebensendes wiedererstehen. Gemmen, Sarko-<br />

phage und Vasen werden <strong>als</strong> Zeugen für die antike Traditionslinie aufgeboten und<br />

gewinnen die Leser der Abhandlung für sich. Auch Goethe bewunderte in Dichtung<br />

und Wahrheit die milde und gütige Vorstellung des Todes 5 <strong>als</strong> Bruder des Schlafs:<br />

Am meisten entzückte uns die Schönheit jenes Gedankens, daß die Alten den Tod<br />

<strong>als</strong> den Bruder des Schlafs anerkannt und beide, wie es Menächmen geziemt, zum<br />

Verwechseln gleich gebildet. Hier konnten wir nun erst den Triumph des Schönen<br />

höchlich feiern und das Häßliche jeder Art, da es doch einmal aus der Welt nicht zu<br />

2<br />

Bloch, Ernst: Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt/Main 1959, S. 1345.<br />

3<br />

Lessing, Gotthold Ephraim: Werke, hrsg. von Herbert G. Göpfert u.a., Bd. 6 (Kunsttheoretische und kunsthistorische<br />

Schriften), Darmstadt 1996, S. 405-462.<br />

4<br />

Bloch, a.a.O., S. 1346.<br />

5<br />

Johann Sebastian Bach hat interessanterweise in seiner 1726 geschriebenen »Kreuzstabs-Kantate« (BWV<br />

56) im abschließenden Choral das antike Bild des Todes <strong>als</strong> des Schlafes Bruder aufgegriffen: »Komm, o Tod,<br />

du Schlafes Bruder, / Komm und führe mich nun fort; / Löse meines Schiffleins Ruder, / Bringe mich an sichern<br />

Port! / Es mag, wer da will, dich scheuen, / Du kannst mich vielmehr erfreuen; / Denn durch dich komm ich<br />

herein / Zu dem schönsten Jesulein.« Der Verfasser des Kantatentextes zum 19. Sonntag nach Trinitatis ist<br />

unbekannt. Zur theologischen Einordnung des Chor<strong>als</strong> vgl. Petzold, Martin: Bach-Kommentar, Theologischmusikwissenschaftliche<br />

Kommentierung der geistlichen Volkalwerke Johann Sebastian Bachs, Bd. 1, Stuttgart<br />

2004, S. 558f.<br />

30


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

vertreiben ist, im Reiche der Kunst nur in den niedrigen Kreis des Lächerlichen vertreiben.<br />

6<br />

Der Protagonist in Goethes Novelle »Der Sammler und die Seinigen« fasst beim<br />

Betrachten von Kupferstichen die sich von den nachantiken, mittelalterlichen und<br />

barocken Todesdarstellungen distanzierende Sicht zusammen:<br />

Ich finde keine Spur vom wütenden Schrecken des Todes, vielmehr in den Statuen<br />

die höchste Subordination der tragischen Situation, unter die höchsten Ideen von<br />

Würde, Hoheit, Schönheit, gemäßigtem Betragen. Ich sehe hier überall den Kunstzweck<br />

die Glieder zierlich und anmutig erscheinen zu lassen. Der Charakter erscheint<br />

nur noch in den allgemeinsten Linien, welche durch die Werke, gleichsam<br />

wie ein geistiger Knochenbau, durchzogen sind. 7<br />

Antike, Mittelalter und frühe Neuzeit haben sehr verschiedene Todesdarstellungen<br />

entwickelt und heterogene Interpretationen des Todes visualisiert. Erst die einseitig<br />

klassizistische Rezeption der Antike hat diese Traditionsstränge ausgeblendet.<br />

2 Thanatos und Hypnos: Sterben in der antiken Kunst<br />

<strong>Die</strong> Darstellung des Todes auf antiken Objekten unterschiedlichster Provenienz<br />

betont Harmonie und Wohlgestalt des Sterbenden, wie sich an einigen Beispielen<br />

zeigen lässt: Auf einer griechischen Vase des 6. vorchristlichen Jahrhunderts 8 , die<br />

sich heute im Metropolitan Museum in New York [Abb. 1] befindet, wird der ver-<br />

wundete und sterbende Sarpedon von den Brüdern Thanatos und Hypnos, gleich-<br />

wertige Personifikationen des Todes und des Schlafs, niedergelegt; von drei klei-<br />

nen, allerdings blutenden Wunden abgesehen erscheint der muskulöse Körper des<br />

Helden unversehrt; das Sterben gleicht eher dem Einschlafen. <strong>Die</strong> sterbenden<br />

Krieger des Aphaiatempels auf<br />

Aigina 9 [Abb. 2], die um 500 v.<br />

Chr. auf den Giebelseiten in<br />

Marmor skulptiert wurden, be-<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

kräftigen den Eindruck, dass die griechische Kunst Sterbende und Tote in körperli-<br />

cher Unversehrtheit abbildete.<br />

6 Goethe, Johann Wolfgang: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens, Münchner Ausgabe, hrsg. von<br />

Richter, Karl, Bd. 16, S. 341-342 (im weiteren Verlauf <strong>als</strong> MA zitiert).<br />

7 MA, Bd. 6.2, S. 102.<br />

8 <strong>Die</strong> in diesem Kapitel angeführten Beispiele habe ich nicht in den Bildkatalog aufgenommen, da es sich um<br />

sehr bekannte Objekte handelt, die meist im Netz abrufbar sind. <strong>Die</strong> hier angeführte Vase befindet sich heute<br />

in New York (Metropolitan Museum) und wurde ca. 550-500 v. Chr. hergestellt.<br />

9 Heute in München (Glyptothek).<br />

31


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

Ob man sich nun das berühmte Orpheus-Relief [Abb. 3], auf dem Eurydike<br />

vom Psychopompos Hermes an der Hand zu ihrem Ehemann zurückgeführt wird 10 ,<br />

die große Skulptur des Laokoon mit seinen Söhnen 11 [Abb. 4] oder die Gruppe der<br />

Niobiden 12 [Abb. 5] vor Augen führt, immer handelt es sich um die Veranschauli-<br />

chung von zu frühem Tod oder von vorzeitigem, durch Götter veranlasstem Ster-<br />

Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5<br />

ben. <strong>Die</strong> uns erhaltenen griechischen und römischen Kunstwerke stellen einen<br />

gewaltsamen Tod, nie das Sterben durch Alter oder Krankheit dar. So schmücken<br />

die zahlreich erhaltenen Sarkophage 13 [Abb. 6 und 7] stets Todesdarstellungen, in<br />

denen durch den Ratschluss der unerbittlichen Götter ein Menschenleben zu früh<br />

Abb. 6 Abb. 7<br />

und vorzeitig beendet und gleichzeitig die durch menschliche Hybris verletzte gött-<br />

liche Ordnung wiederhergestellt wird. Solche Darstellungsweisen bilden den men-<br />

schlichen Körper sehr genau ab, deuten aber körperlichen Schmerz, Verletzungen<br />

und Verfall allenfalls an. <strong>Die</strong> Kunst vermittelt das ›Schreckliche‹ nur in der darge-<br />

stellten Nachdrücklichkeit der Affekte, weiß den Menschen in eine große Ordnung<br />

gestellt und interpretiert das Sterben <strong>als</strong> Wiederherstellung der kosmischen Har-<br />

monie von Göttern und Menschen.<br />

10 Heute in Neapel (Archäologisches Nationalmuseum).<br />

11 Heute in Rom (Vatikanische Museen).<br />

12 Heute in Florenz (Uffizien).<br />

13 Als Beispiele seien hier nur der Niobiden-Sarkophag (Abb. 6) und Amazonen-Sarkophag (Abb. 7) (beide in<br />

den Vatikanischen Museen) genannt.<br />

32


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

3 Der personifizierte Tod in Spätantike und Mittelalter<br />

In der Spätantike bricht die ikonographische Tradition ab, Sterbende wiederzuge-<br />

ben und den Tod <strong>als</strong> sanftmütigen Jüngling zu personifizieren. Skelettdarstellun-<br />

gen auf Trinkgefäßen 14 und Mosaiken 15 [Abb.8] erinnern im täglichen Gebrauch an<br />

den Tod. <strong>Die</strong>se Betonung der Endlichkeit des Menschen konnte ebenso hedoni-<br />

stisch-epikureisch wie stoisch-christlich gedeutet werden.<br />

Im Hochmittelalter herrscht die Ikonographie<br />

des Todes <strong>als</strong> eines den Menschen bedrohenden<br />

Feindes vor. Er wird <strong>als</strong> Töter, <strong>als</strong> Reiter, Schnitter,<br />

Jäger, Totengräber, Spielmann oder Chronos dar-<br />

gestellt. Solche anthropomorphen Gestaltungen<br />

werden erstaunlich spät entwickelt, obwohl schon<br />

Abb. 8<br />

Paulus den von Christus besiegten Tod personifizierte. 16 Valentino Pace hat ge-<br />

zeigt, dass es die christliche Ikonographie der Spätantike und des frühen Mittelal-<br />

ters aus guten theologischen Gründen vermied, dem Tod Gestalt zu geben. 17 Erst<br />

um das Jahr 1000 finden sich in der Buchmalerei Personifikationen des Todes. <strong>Die</strong><br />

wohl berühmteste aus dem Uta-Codex [Abb. 9] zeigt den besiegten Tod. Er trägt in<br />

der einen Hand eine Sichel, in der anderen einen zerbrochenen Speer, dessen<br />

Spitze ihm die Schläfe durchbohrt 18 . Unter dem Kreuz Christi steht der Tod der<br />

Personifikation des Lebens gegenüber.<br />

Ein aus dem 13. Jahrhundert stammendes Fresko 19 im Dom der Abruzzen-<br />

stadt Atri zeigt die bekannte Legende 20 der Begegnung der drei Lebenden mit den<br />

14 Vgl. Rosenfeld, Hellmut: Der mittelalterliche Totentanz, Entstehung Ŕ Entwicklung Ŕ Bedeutung, Münster /<br />

Köln 1954, S. 2. Außerdem Neumann, Wolfgang (Hrsg.): AK Tanz der Toten Ŕ Todestanz: der monumentale<br />

Totentanz im deutschsprachigen Raum, Dettelbach 1998, S. 16.<br />

15 So beispielsweise das heute im Thermenmuseum in Rom befindliche Mosaik, das aus dem zweiten oder<br />

dritten nachchristlichen Jahrhundert stammt und ein auf die Schrift γνώτι σαστὸν weisendes Skelett zeigt.<br />

16 »Wenn aber dieses Verwesliche angezogen hat Unverweslichkeit und dieses Sterbliche angezogen hat<br />

Unsterblichkeit, dann wird eintreffen das Wort, das geschrieben steht: ›Der Tod ist verschlungen in Sieg. Tod,<br />

wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?‹ Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde<br />

aber ist das Gesetz.« (1 Cor. 15,54-56)<br />

17 Pace, Valentino: »›Dalla morte assente alla morte presente‹: Zur bildlichen Vergegenwärtigung des Todes<br />

im Mittelalter«, in: Borst, A. / von Graevenitz, G. / Patschovsky, A. / Stierle, K. (Hrsg.): Tod im Mittelalter, Konstanz<br />

1993, S. 335-376.<br />

18 Pace, a.a.O., Abb. 14; heute München, Staatsbibliothek, Clm 13601, 3 v . Im gleichen Aufsatz von Pace auch<br />

eine Abbildung der allegorischen Darstellung der Mors <strong>als</strong> Todesfurie aus dem Psalter Cotton Tiberius C. VI<br />

aus der Mitte des 11. Jahrhunderts.<br />

19 Abb. bei Pace, a.a.O., Abb.15 a und 15 b.<br />

20 Heyse, E. / Briesemeister, D.: »Drei Lebende und drei Tote«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, Sp. 1390-<br />

1392. Hier in Kürze die Rezeptionsgeschichte der wohl aus dem Orientalischen stammenden Erzählung, die<br />

spätestens seit Alkuin belegt ist und sich in allen volkssprachlichen Literaturen und in der Ikonographie wiederfindet.<br />

33


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

drei Toten [Abb. 10]. <strong>Die</strong> wohl aus dem arabischen Bereich stammende Erzählung<br />

schildert das Zusammentreffen vornehmer Jäger mit drei Toten in unterschiedli-<br />

chen Stadien der Verwesung, die den Lebenden warnend zuru-<br />

fen: Quod sumus, hoc eritis. <strong>Die</strong> Darstellung der Legende, die<br />

auch volkstümliche Ängste vor ›Wiedergängern‹ 21 aufgreift, bot<br />

eine für Jahrhunderte richtungweisende Visualisierungsmöglich-<br />

keit: Der Tod wird <strong>als</strong> meist schon zum Skelett zerfallener Toter<br />

dargestellt, oft auch <strong>als</strong> mumifiziertes Hautskelett, dem die Ein-<br />

geweide aus der Bauchhöhle entnommen wurden. 22 Im 14.<br />

Abb. 9<br />

Jahrhundert wird die mumifizierte Gestalt des Todes dann meist von Würmern und<br />

Schlangen zerfressen, die in Ekel erre-<br />

gender Weise aus dem Leib quellen. Im<br />

15. Jahrhundert bürgerte sich in ganz<br />

Europa die Darstellung <strong>als</strong> Skelett oder<br />

Knochenmann ein. Der Tod hat das<br />

Abb. 10<br />

Aussehen seiner Opfer am Ende des Sterbe- und Verwesungsprozesses ange-<br />

nommen.<br />

4 Mittelalterliche Kontingenzerfahrung: Totentanz<br />

Richtete sich in der Antike das Interesse der Künstler auf die exemplarische Dar-<br />

stellung vorzeitig Sterbender, entwickelte das Mittelalter zahlrei-<br />

che Personifikationen des Todes. Es bedurfte nicht erst der Er-<br />

fahrungen der Pest, die in einer ersten Welle zwischen 1347<br />

und 1352 Europa heimsuchte, um den Tod übermächtig, über<br />

die Lebenden triumphierend, stets auf der Jagd und Hatz nach<br />

Opfern darzustellen.<br />

Abb. 11<br />

Im Pisaner Campo Santo wurde er bereits 1350 <strong>als</strong> Schnitter dargestellt. In<br />

Kirchen oder an Friedhofsmauern, in kleinen Elfenbeinskulpturen ebenso wie in<br />

der Monumentalplastik tritt er <strong>als</strong> dominanter Knochenmann auf, der keine Stan-<br />

desrücksichten nimmt [Abb. 11] 23 .<br />

21 Dinzelbacher, P.: »Tod, Sozial- und Mentalitätsgeschichte«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 8, Sp. 829-831.<br />

22 Über entsprechende Mumifizierungsbräuche vgl. Rosenfeld, a.a.O., S. 26.<br />

23 Hier Holbein der Jüngere (1538).<br />

34


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

<strong>Die</strong> Kontingenzerfahrung eines unerwartet eintretenden Lebensendes findet<br />

häufig im ›Totentanz‹ ihren Ausdruck. In Abfolgen, die meist von Kaiser und Papst,<br />

Kardinal und König, Bischof, Herzog, Abt, Bürgermeister, Edelmann bis hin zum<br />

Bauern und Kind reichen, wurden Lebensalter, Stände und Berufe verbunden und<br />

so die Gleichheit aller Menschen im Hinblick auf ihr Ende hervorgehoben [Abb.<br />

12]. 24 Eine theologische oder auch nur moralische Reflexion ist allenfalls indirekt<br />

damit verbunden, auch<br />

wenn in der Forschung<br />

auf die gleichzeitige<br />

Verbreitung der Bettel-<br />

und Predigerorden und<br />

der Totentänze auf<br />

öffentlichen Plätzen<br />

aufmerksam gemacht<br />

wurde. 25 In dieser Pha-<br />

se der Beschäftigung<br />

mit Todes- und Sterbe-<br />

vorstellungen tritt die<br />

Abb. 12<br />

meist <strong>als</strong> Skelett den Reigen der Menschen anführende Personifikation des Todes<br />

den Menschen gegenüber, die vom unvermuteten plötzlichen Ende bedroht sind,<br />

auch wenn sie noch ganz gesund und vital auftreten. Der Gegensatz zwischen den<br />

sich ihres Lebens noch erfreuenden Erdenbürgern und der allegorischen Präsenz<br />

des Todes wird zur ständigen Mahnung, der in den artes moriendi und im ›Marien-<br />

tod‹ exemplarische Formen der Todesvorbereitung entsprechen.<br />

5 artes moriendi<br />

Zunächst <strong>als</strong> lateinische Handreichungen für den Klerus entstanden, leiten die ar-<br />

tes moriendi des Spätmittelalters zu angemessenem Verhalten in der Sterbestunde<br />

an. Sie fanden rasch Eingang in die volkssprachlichen Literaturen und spiegeln in<br />

ihren Varianten Bedürfnisse und Frömmigkeitsformen frommer Laien.<br />

Bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden den kleinformati-<br />

gen Drucken der Paränese und Erbauung dienende Holzschnitte hinzugefügt, um<br />

24 Hier der Baseler Totentanz von 1440/45.<br />

25 So zum Beispiel Schuster, Eva: AK Das Bild vom Tod, Graphiksammlung der Heinrich-Heine-Universität<br />

Düsseldorf, Recklinghausen 1992, S. 14.<br />

35


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

die Vorbereitung auf das Sterben und einen guten Tod auch den nicht des Lesens<br />

Kundigen augenfällig zu machen. 26 Der Sterbende wird von dämonischen Teufeln,<br />

deren lateinische Spruchbänder Laster benennen und Hoffnungslosigkeit einflüs-<br />

tern, und von Engeln bedrängt, die den Teufeln widerstehen: an der Schwelle zum<br />

Tod wird über das Weiterleben nach dem Tod entschieden. <strong>Die</strong> Teufel verzweifeln<br />

über ihrem Verlust, die Engel nehmen das kleine nackte Menschlein auf, das <strong>als</strong><br />

Symbol der Seele dem Mund des Verstorbenen entflieht<br />

[Abb. 13]. 27 <strong>Die</strong> Bildkonzeption stellt vorbereitetes und gutes<br />

Sterben vor: Der Alte oder Kranke hat Zeit, sich auf seinen<br />

Tod vorzubereiten und ist sich des geistlichen Beistands<br />

gewiss, der ihm mit Beichte, letzter Ölung und Kommunion<br />

<strong>als</strong> viaticum hilft, den letzten Kampf zu bestehen. Äußerli-<br />

ches Zeichen für diese Konzeption ›guten Sterbens‹ ist die<br />

Abb. 13<br />

Kerze in der Hand des Sterbenden. Der Blickwinkel der künstlerischen Bearbeitung<br />

hat sich nun ganz auf das christliche Sterben verengt.<br />

6 Der Marientod <strong>als</strong> Modell des guten Sterbens<br />

Am nachhaltigsten hat wohl der Marientod auf die Ikonographie des ›guten Ster-<br />

bens‹ gewirkt: die legendäre Ausgestaltung 28 des Todes der Gottesmutter beginnt<br />

mit einem apokryphen Bericht des 5. Jahrhunderts 29 . Zwar blieb die Koimesis in<br />

der christologisch orientierten Theologie ohne große Bedeutung, sie gewann aber<br />

immer beträchtlicheren Einfluss in der Frömmigkeitspraxis. Der Tod der Gottesmut-<br />

ter, die in der Volksfrömmigkeit <strong>als</strong> Mittlerin bei ihrem Sohn galt, wurde in Wort und<br />

Bild zum exemplarischen Tod ausgestaltet. Für diesen gilt, dass die Todesstunde<br />

rechtzeitig erkannt wird und so genügend Zeit zu Buße und meditatio mortis bleibt,<br />

wie sie die artes moriendi verlangten. Eng war damit der Wunsch verbunden, in<br />

Begleitung nahestehender Menschen zu sterben, die vorlesend und singend dem<br />

Sterbenden die Intimität der Glaubensgemeinschaft vermitteln. So stirbt Maria in<br />

26<br />

Abbildungen der Holzschnitte einer Ars moriendi aus dem 15. Jahrhundert in Ariès, Philippe: Bilder zur Geschichte<br />

des Todes, München 1984, S. 158-159.<br />

27<br />

Holzschnitt eines unbekannten deutschen Meisters um 1470.<br />

28<br />

Dazu besonders Schulz, H.-J. / Restle, M.: »Koimesis«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 1249-1250<br />

und der Aufsatz von Schreiner, Klaus: »Der Tod Marias <strong>als</strong> Inbegriff christlichen Sterbens, Sterbekunst im<br />

Spiegel mittelalterlicher Legendenbildung«, in: Borst, A. (Hrsg.): Tod im Mittelalter, a.a.O., S. 261-312.<br />

29<br />

›De transitu beatae Mariae virginis‹ in: Apocalypses apocryphae, hrsg. von Konstantin von Tischendorf,<br />

Hildesheim 1966 (ND der Ausgabe Leipzig 1866), S. 113-123.<br />

36


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

der Darstellung des Albrechtsmeisters 30 [Abb. 14] umgeben von allen Aposteln, die<br />

nach der Legende, durch Engel vom bevorstehenden Tod Mariens in Kenntnis ge-<br />

setzt, aus allen Teilen der Welt zusammenkommen. Sie umstehen das Bett,<br />

Petrus reicht der Sterbenden eine Kerze und besprengt sie mit<br />

Weihwasser. Allein oder in Gruppen singen und lesen die an-<br />

deren Apostel im Psalter. Mehrere brennende Kerzen deuten<br />

an, dass dämonische Kräfte von der Sterbenden ferngehalten<br />

werden. Für die Imagination der Gläubigen ist das Ziel solch<br />

christlichen Sterbens über der eigentlichen Sterbeszene ins<br />

Abb. 14<br />

Bild gesetzt: Christus nimmt den Verklärungsleib Mariens <strong>als</strong> weißgekleidete kleine<br />

Figur im Himmel auf. <strong>Die</strong> Koimesis, deren Fest am 15. <strong>August</strong> im römischen und<br />

besonders ausgeprägt im byzantinischen Ritus gefeiert wird, wurde zur exemplari-<br />

schen Inszenierung christlichen Sterbens, das viele Gläubige am Lebensende zum<br />

Vorbild wählten, wie wir aus zahlreichen Zeugnissen wissen. 31<br />

7 Monumentale Grabmäler<br />

Monumentale Grabmäler bekamen eine individualisierende Ausgestaltung, <strong>als</strong><br />

reich ausgestattete Memorialgräber für die Vornehmen in den<br />

Kirchen Mode wurden, in denen durch ihren Rang ausge-<br />

zeichnete Tote <strong>als</strong> gisants dargestellt wurden [Abb. 15]. 32<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung dieses Grabmaltyps ist bis in seine<br />

Abb. 15<br />

Sonderformen <strong>als</strong> Gelehrtengrab oder ›Doppeldeckergrab‹ untersucht worden. 33<br />

Einige wichtigen Merkmale sind allen Variationen der pompösen Inszenierung ge-<br />

meinsam: <strong>Die</strong> Verstorbenen werden in individueller Kleidung vollplastisch <strong>als</strong> Ru-<br />

hende mit allen Zeichen ihres Rangs in einer representacion au vif inszeniert. Da-<br />

bei zeigt der Faltenwurf der Kleidung, dass die Dargestellten, obwohl meist ein<br />

Kopfkissen das Haupt stützt, <strong>als</strong> Stehende in der Blüte ihrer Jahre, meist mit geöff-<br />

neten Augen konzipiert sind. <strong>Die</strong> Haltung der Hände variiert stark nach Moden und<br />

Konventionen: die gisants können sie zum Gebet falten, ein Gebetbuch halten oder<br />

30 Aus der Zeit zwischen 1438 und 1440.<br />

31 Dazu vor allem der Aufsatz von Borst, Arno: »Ein exemplarischer Tod«, in: Tod im Mittelalter, a.a.O., S. 25-<br />

58. Borst vergleicht den gut dokumentierten Tod Hermanns des Lahmen mit dem Sterben des Abbo von Fleury<br />

und des Anselm von Canterbury.<br />

32 Hier das Grab des Richard Coeur de Lion in der Kathedrale von Rouen.<br />

33 Es sei hier nur auf die zahlreichen Literaturhinweise der Standardwerke von Panofsky Erwin: Grabplastik,<br />

Vom alten Ägypten bis Bernini, Köln 1964, und Ariès, Philippe: Bilder zur Geschichte des Todes, München<br />

1984, verwiesen.<br />

37


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

Insignien ihres Rangs führen. 34 <strong>Die</strong> Verstorbenen werden in einem mittleren Ideal-<br />

alter portraitiert und in ihrer Gestalt genau wiedergegeben. Dabei wird auf die er-<br />

reichten Würden, Ämter und Funktionen, aber auch auf die in Szene gesetzte<br />

Frömmigkeit Wert gelegt.<br />

›Doppeldeckergräber‹ [Abb. 16] sind gleichsam Stein gewordenes Memento<br />

mori. Im unteren Bereich der Sepulkralarchitektur wird der Verstorbene <strong>als</strong> Skelett<br />

oder Mumie vorgestellt. Darüber werden die Dargestellten <strong>als</strong><br />

ideale gisants modelliert. Da diese Mode einen großen architek-<br />

tonischen Aufwand erforderte, konnten sich solche Sepulkralar-<br />

rangements nur selten durchsetzen. Eine Weiterentwicklung des<br />

Abb. 16<br />

gisant sind Grabmäler mit einem priant: Der Verstorbene kniet betend auf seiner<br />

Tumba. Charakteristisch für solch pompöse Grabplastik ist, unabhängig davon ob<br />

sie mit einem gisant, einem priant oder einem im Verwesungsprozess befindlichen<br />

transi ausgeführt wird, die idealisierte Gestalt der Dargestellten, die alle Attribute<br />

der erlangten Ehren und Würden in die andere Welt mitnehmen.<br />

In der beginnenden Renaissance verselbständigte sich die<br />

idealisierende Abbildung des Gestorbenen; weltliche Würden<br />

wurden ins Monumentale überhöht und die Grabplastik zum<br />

programmatisch durchdachten Ehrenmal für den diesseitigen<br />

Ruhm gestaltet. In diesem Sinn entwarf Michelangelo in Rom<br />

Abb. 17<br />

das Grabmal für Julius II. und in Florenz die Grabkapelle der Medici [Abb. 17]. In<br />

der Grabplastik sind die Toten selbst und nicht mehr die Sterbenden Gegenstand,<br />

wobei das tremendum des Todes und die Vergänglichkeit des Menschen in bizar-<br />

ren und grotesken Formen, etwa den transis, in unerhörter Drastik dargestellt wur-<br />

de, obwohl bald erneut eine Idealisierung der Gestorbenen einsetzte. <strong>Die</strong>s ist um-<br />

so bemerkenswerter, <strong>als</strong> für die Darstellung Kreuzestods Jesu, dem für die spät-<br />

mittelalterliche Frömmigkeit wichtigsten und jeden Tag wieder neu memorierten<br />

Sterben, sich geradezu ›realistische‹ Verfahren durchsetzt hatten.<br />

34 Reiches Bildmaterial bei Panofsky, a.a.O., Abb. 197-416.<br />

38


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

8 Der Kreuzestod: Vom Triumph zur compassio<br />

Obwohl der Kreuzestod Jesu <strong>als</strong> Erfüllung prophetischer Voraussagen und Beweis<br />

der Menschwerdung des Erlösers im Zentrum der christlichen Religion steht, wird<br />

die Erwartung, diese zentrale Aussage des Christentums müsse auch zu einem<br />

wichtigen Thema der christlichen Ikonographie geworden sein, zunächst ent-<br />

täuscht, denn in den ersten Jahrhunderten wurde der Kreuzestod Christi durchaus<br />

nicht veranschaulicht. Erste, noch ganz hieratische Zeugnisse 35 finden sich im 5.<br />

Jahrhundert: Christus ist mit offenen Augen, erhobenen Hauptes, ohne Ausdruck<br />

von Schmerzen ans Kreuz genagelt, wie dies etwa auf der Holztür der römischen<br />

Kirche Santa Sabina zu sehen ist [Abb. 18]. Solche Darstellungen betonen die Gött-<br />

lichkeit des Erlösers, auch wenn gelegentlich der Schä-<br />

cher, Maria und Johannes hinzutreten. Wenn man von<br />

der durch ikonoklastische Phasen gestörten byzantini-<br />

schen Entwicklung absieht, wird der Kreuzestod im frü-<br />

hen Mittelalter stets <strong>als</strong> triumphaler Opfertod ausge-<br />

legt.<br />

Abb. 18<br />

Das Gero-Kruzifix 36 , das den Gekreuzigten <strong>als</strong> bereits verstorben, mit ge-<br />

schlossenen Augen und in sich zusammengesunken präsentiert [Abb. 19], und das<br />

Lotharkreuz 37 aus dem Domschatz in Aachen sind hingegen erste Belege für theo-<br />

logische und lehramtliche Kontroversen, die zunehmend das<br />

Menschsein Christi und die compassio der Gläubigen in den Vor-<br />

dergrund rückten. <strong>Die</strong>se Entwicklung, die eine ganz eigene Chri-<br />

stusfrömmigkeit ausbildete und den Gekreuzigten ins Zentrum stell-<br />

te, ist in den Predigten Bernhards von Clairvaux und in den Texten<br />

Abb. 19<br />

des Franciscus von Assisi theologisch ausformuliert. Der duldende, leidende oder<br />

gestorbene Christus wird so seit 1300 bevorzugter Gegenstand der Mystik; An-<br />

dachtsbilder und Mystikerkruzifixe verhelfen dem Gläubigen in Meditation und Kon-<br />

templation durch die Darstellung naturalistisch gesteigerten Leidens zum emotio-<br />

nalen Dialog und zur betrachtenden Anteilnahme am Leiden Christi. Ein expressi-<br />

ves Exempel, das die Funktionalisierung für diese besondere Form religiösen Erle-<br />

35 Abbildung des Elfenbeinkästchens (um 420 n. Chr.), das die Kreuzigung Christi und den Selbstmord des<br />

Judas zeigt (British Museum, London), ist zu finden im Aufsatz Paces, a.a.O., S. 337, <strong>als</strong> Abb. 1.<br />

36 Um 970 n. Chr.<br />

37 Ebenfalls 10. Jahrhundert, Abb. im Aufsatz Paces, a.a.O., S. 342.<br />

39


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

bens verdeutlicht, ist in den ersten Jahren des 14. Jahrhunderts der Kruzifixus aus<br />

der Kölner Kirche St. Maria im Kapitol [Abb. 20]. Der Körper hängt mit steil empor-<br />

gereckten und verdrehten Armen an einem Astkreuz in Gabelform. Der Unterleib<br />

ist eingesunken, der Brustkorb mager und gewölbt, die Rippen erkennbar. <strong>Die</strong> Sei-<br />

tenwunde des durch Geißelhiebe nachhaltig verunstalteten Körpers blutet stark.<br />

Der nach rechts gesunkene Kopf lässt das faltige, ausgetrockne-<br />

te und fast schon mumifizierte Gesicht nur erkennen, wenn der<br />

Gläubige unter dem Kreuz aufblickt. Das in den Tod übergehen-<br />

de Leiden ist so erbarmungslos dargestellt, dass allzu voreilig<br />

vermutet wurde, der Künstler habe wohl Studien an Gehängten<br />

gemacht, um diese Steigerung des Ausdrucks zu erreichen. 38<br />

Abb. 20<br />

Da in der spätmittelalterlichen Frömmigkeit neben das Gemeinschaftserleb-<br />

nis der Liturgie individuelle Meditations- und Andachtsformen der compassio tra-<br />

ten, entwickelten sich neben den crucifixi dolorosi neue Andachtsbildtypen. In<br />

Skulptur, Malerei und Graphik wurden einzelne Phasen der Passion Christi isoliert<br />

zu Andachtsangeboten ausgebildet: Der Bildtypus des Ecce Homo fokussiert die<br />

Leiden des gegeißelten, dornengekrönten und verspotteten Herrn, dem Bildtypus<br />

›Christus in der Rast‹ vergleichbar, der typologisch mit Hiob verknüpft die Verlas-<br />

senheit Jesu auf dem Weg zum Kreuz beklagt und Erschöpfung und körperlichen<br />

Verfall drastisch wiedergibt. Das ›Vesperbild‹, heute oft mit dem Bildtypus der Pie-<br />

tà gleichgesetzt, hat keinen biblischen Textbezug, sondern ent-<br />

stand im 14. Jahrhundert aus mystischen Vorstellungen und wur-<br />

de rasch so volkstümlich, dass es bereits im Spätmittelalter [Abb.<br />

21] 39 zur verbreiteten Kirchenausstattung gehörte. Aspekte der<br />

Totenklage und der Gottesmutterschaft überlagern sich in diesem<br />

Abb. 21<br />

besonderen Typus und lassen deswegen die Darstellung des toten Körpers meist<br />

zurücktreten. Im Andachtsbildtypus des ›Schmerzenmannes‹ allerdings, der sich<br />

wohl bereits im 12. Jahrhundert aus byzantinischen Ikonen entwickelte [Abb. 22],<br />

werden die Wunden der Passion und der Kreuzigung deutlich betont, obwohl die<br />

geöffneten Augen eine gewissermaßen visionäre Aussage andeuten. 40<br />

38 Vgl. Feulner, A. / Müller, Th.: Geschichte der deutschen Plastik, München 1953, S. 164.<br />

39 Pietà Roettgen (Bonn, Rheinisches Landesmuseum).<br />

40 Schmerzensmann aus der Dreifaltigkeitskirche in Görlitz.<br />

40


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

Für private Andacht und Meditation bestimmte Kunstwerke<br />

zeichnen sich im Spätmittelalter und am Übergang zur Frühen Neu-<br />

zeit durch großen Realismus aus; körperliche Qualen, seelische Ver-<br />

lassenheit, Sterben und Tod durften in der devotio moderna nachge-<br />

zeichnet und sogar überzeichnet werden, um die Gedanken und Ge-<br />

fühle zur imitatio Christi zu führen. Intention und Adressatengruppen<br />

beeinflussten hier und in den Märtyrerbildern unübersehbar die kün-<br />

sterischen Verfahren.<br />

9 Nachfolge oder Triumph: Märtyrer<br />

Abb. 22<br />

Pace hat an einigen Beispielen gezeigt, dass die Ikonographie der Märtyrer sich<br />

parallel zur Ikonographie des Kreuzestodes entwickelte. 41 Da im Verständnis der<br />

Alten Kirche der Todestag eines Märtyrers sein Geburtstag (dies natalis) zum ewi-<br />

gen Leben war, wurde im frühen Christentum das Martyrium zunächst gar nicht<br />

und später ohne Betonung der Schmerzen<br />

und des Leidens dargestellt. <strong>Die</strong>s gilt für den<br />

im 8. Jahrhundert entstandenen Freskenzyk-<br />

lus der heiligen Quiricus und Julitta [Abb. 23] in<br />

der römischen Kirche St. Maria Antiqua. Wer<br />

»die Bilderfolge betrachtet, ohne auf den Text<br />

der Heiligenlegende zurückzugreifen, könnte<br />

Abb. 23<br />

sogar zweifeln, daß die Märtyrer infolge von Folterungen zu Tode kamen: Ihre Au-<br />

gen bleiben auch dann noch geöffnet, <strong>als</strong> sie in sartagine missi sunt, d. h. in einer<br />

Art Pfanne zum Schmoren gebracht werden.« 42<br />

In einer späteren Phase stehen vor allem Blutzeugen der römischen Kaiser-<br />

zeit im Mittelpunkt der Ikonographie. Obwohl die Verehrung der Begräbnisstätten<br />

oft unmittelbar nach dem Märtyrertod einsetzte, schon bald Martyrien <strong>als</strong> Gedächt-<br />

niskirchen errichtet wurden und Reliquien stets begehrt waren, entwickelte sich<br />

eine Ikonographie der Märtyrer erst lange nach der literarischen Legendenbildung.<br />

Zur folgenreichsten Sammlung von Märtyrer-Viten wurde im Spätmittelalter die Le-<br />

genda aurea 43 des Jacobus de Voragine (um 1270), die in zahlreiche Volksspra-<br />

chen übersetzt im 14. Jahrhundert viele gemalte oder freskierte Märtyrer-Zyklen<br />

41 Pace, a.a.O., S. 357-359.<br />

42 Pace, a.a.O., S. 358.<br />

43 Barone, G.: »Legenda aurea«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 1796-1797.<br />

41


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

hervorrief. Nun beginnt, der Entwicklung verschiedener Andachtsbild-Typen mit<br />

christologischen Themen entsprechend, ein breiter Strom von Illustrationen, der<br />

den Märtyrertod naturalistisch und realistisch [Abb. 24 und 25] 44 wiedergibt.<br />

Im Spätmittelalter verfügten die Kün-<br />

stler über zwei Darstellungsmuster zur Wie-<br />

dergabe von Sterben und Tod, die je nach<br />

Wirkungsabsicht eingesetzt wurden. Wirk-<br />

lichkeitsnahe, naturalistische und ins Ex-<br />

pressive gesteigerte Darstellungsweisen<br />

wurden gewählt, wenn das Kunstwerk zu<br />

Einfühlung und Identifikation in der Nachfol-<br />

Abb. 24 Abb. 25<br />

ge Christi anleiten sollte. Stand nicht die compassio des Betrachters, sondern der<br />

Triumph der Kirche im Vordergrund, wird die Realität des Todes nurmehr durch<br />

›Beigaben‹ wie die Dornenkrone oder die Seitenwunde Jesu, den Rost des Lau-<br />

rentius oder das Rad der Katharina angedeutet.<br />

10 Erweiterungen der Bildthemen im Humanismus und in der Frühen Neuzeit<br />

Erst der Humanismus erweiterte den Kanon bildwürdiger Themen entscheidend.<br />

Dabei fällt auf, dass in aller Regel neue Bildthemen im Sinnbereich des Sterbens<br />

zunächst literarisch entwickelt und erst dann von den darstellenden Künsten auf-<br />

gegriffen wurden.<br />

In der ersten Phase des Humanismus wurden durch die Editionen klassi-<br />

scher Texte mythologische und historische Themen wieder bekannt gemacht. Sie<br />

ist durch die philologische Arbeit der Herausgeber gekennzeichnet, die nach<br />

Handschriften fahndeten und diese in Erstdrucken einer gebildeten Leserschaft zur<br />

Verfügung stellten. 45 In einer zweiten, häufig unmittelbar nach und mit der Edition<br />

beginnenden Phase begann die produktive Rezeption: Den moralischen Allegore-<br />

sen der ›Metamorphosen‹ Ovids oder den von Boccaccio zusammengestellten<br />

Exempelsammlungen berühmter Männer und Frauen wurden Holzschnitte beige-<br />

geben. Dabei verlangte die Illustrierung römischer Historiographie und Mythologie<br />

von den Künstlern eine neue Auseinandersetzung mit dem Themenbereich des<br />

Todes.<br />

44 Hier der Sebastian (1475) von Antonio Pollaiuolo (1432-1498) (heute in London, National Gallery) und eine<br />

Katharina des Meisters H. G. von 1514 (heute in der Staatsgalerie Stuttgart).<br />

45 Vgl. unten S. 177ff.<br />

42


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

Illustrationen zum Selbstmord Sophonisbes oder Lukretias in Boccaccios<br />

Sammlung 46 zeigen ebenso wie der ›Verwandlungstod‹ Daphnes oder Thisbes in<br />

illuminierten Handschriften 47 oder mit Holzschnitten versehenen Ausgaben 48 die<br />

künstlerischen Möglichkeiten, mit denen Künstler der beginnenden Renaissance<br />

Sterben und Tod ins Bild setzten. Es fällt auf, dass die künstlerischen Interpretatio-<br />

nen bei mythologischen Themen (Metamorphosen) und historischen Exempeln<br />

durchgängig Formen verfrühten oder freiwilligen Todes darstellten: <strong>Die</strong> Sterbenden<br />

sind nie von Schmerz und Leid gezeichnet, sondern stets in der Integrität ihres<br />

blühenden Lebens abgebildet. <strong>Die</strong> Renaissancekünstler griffen auf Verfahren zu-<br />

rück, die sich beim ›zurückhaltenden‹ Typus der Märtyrerbilder 49 bewährt hatten,<br />

und bildeten den physischen Schmerz nicht ab. Stärke und Überlegenheit der<br />

›Helden‹ bewähren sich bis zum letzten Moment; Leid und Schmerzen werden in<br />

Analogie zu der christlichen Heilsgewissheit der Märtyrer ›stoisch‹ verachtet.<br />

Allmählich trat der Bildbereich des Profanen gleichberechtigt neben den Be-<br />

reich des Sakralen: die Palette der bildwürdigen Todesdarstellungen erweiterte<br />

und diversifizierte sich dadurch entscheidend. Dazu kam, dass sich die Darstel-<br />

lungsweisen kirchlicher, höfischer und städtischer Auftragsarbeiten immer mehr<br />

annäherten: Ein heiliger Sebastian unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum<br />

von einem Narcissus; in beiden Fällen setzten die Künstler in ihren Körperstudien<br />

genaue anatomische Beobachtungen um. Erst Details wie Pfeile oder ein das<br />

Spiegelbild reflektierender See vereindeutigten die vorgestellte Person für den Be-<br />

trachter. Für die Künstler stand, unabhängig von den religiösen, mythologischen,<br />

historischen oder allegorischen Inhalten 50 , die beabsichtigte Wirkung im Vorder-<br />

grund.<br />

Besonders augenfällig ist dies in der nachtridentinischen Kunst, deren ge-<br />

genreformatorische Intention eine neue Blüte der Märtyrerbilder mit sich brachte.<br />

Ihre Wirkungsästhetik setzte auf die minutiöse Schilderung des Leidens und Ster-<br />

46<br />

Hoepfl, Simon (Hrsg.): Boccacios Buch der berühmten Frauen, mit 79 Holzschnitten der Ausgabe von Joh.<br />

Zainer, Ulm, München 1924.<br />

47<br />

Zum Beispiel Handschrift aus dem 14. Jahrhundert in Paris, Bibliothèque de l'Arsenal, 5069.<br />

48<br />

Zum Beispiel Ausgabe Brügge von 1484 mit Holzschnitten von Mansion.<br />

49<br />

Vgl. S. 41f.<br />

50<br />

So schreibt 1584 Giovanni Paolo Lomazzo in seinem Trattato dell'arte delle pittura, scoltura et architettura:<br />

»Avendo il pittore a rappresentare le istorie di tutte le parti del mondo e di tutte le età, chi non vede ch'egli ha<br />

da procedere con infinito riguardo, per rappresentarle decentemente, con le circonstanze che gli si convengono<br />

rispetto alle maniere e costumi di quel paese e di quel età, in cui successe l'istoria che rappresenta?« (Zitiert<br />

nach Gaehtgens, Th. W. / Fleckner, U. [Hrsg.]: Historienmalerei, Berlin 1996, S. 133)<br />

43


II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

bens der Heiligen, um mit ihrem Vorbild den nachtridentinischen Frömmigkeitsstil<br />

zu propagieren und gegen den Protestantismus agitatorisch abzusetzen. 51<br />

Dagegen setzte die Historienmalerei die im Humanismus gefundenen Dar-<br />

stellungsmöglichkeiten mit profanen Inhalten fort: dem Kampfestod des Helden,<br />

dem ›Verwandlungstod‹ der Metamorphosen, dem Freitod des Philosophen oder<br />

der ›starken Frau‹. Stets wird an das in der Antike geprägte Darstellungsmuster 52<br />

angeknüpft: Schmerzen und Verwundungen werden allenfalls angedeutet, der<br />

Sterbende idealisiert und geschönt dargestellt. Gerade das Sterben ›feiert‹ den<br />

Wert des Individuums und seiner selbstbestimmten Tat; es soll nicht <strong>als</strong> ›erlitten‹,<br />

sondern <strong>als</strong> ›gewollt‹ erscheinen. Im Historiengemälde wurde die Freiheit des Sub-<br />

jekts, die philosophische Entwicklung durchaus antizipierend, zur zentralen Aussa-<br />

ge.<br />

Insofern entwickelte sich der von Bloch so scharfsichtig bei Winckelmann<br />

diagnostizierte Klassizismus bereits in vielen Todesdarstellungen der frühneuzeitli-<br />

chen Historienmalerei, deren Ikonographie im Rückgriff auf die Themen der <strong>als</strong><br />

mustergültig erscheinenden Antike formuliert wurde 53 , auch wenn die eingesetzten<br />

formalen Mittel durchaus ›modern‹ waren. Wurde in der mittelalterlichen Kunst der<br />

Tod <strong>als</strong> bedrohliche Macht dargestellt, rückte in der profanen, aber auch in der<br />

kirchlichen Historienmalerei das Sterben <strong>als</strong> Inszenierung in den Vordergrund: die<br />

Ikonographie stellte das ›schöne Sterben‹ des Helden, des Märtyrers, des Philoso-<br />

phen oder der ›starken Frau‹ <strong>als</strong> ideale und zugleich bewusst gewählte Inszenie-<br />

rung vor. Dass in diesem Zusammenhang das Thema der freiwillig sterbenden<br />

Frau <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> Beachtung fand, verdient eine genauere Untersuchung, die<br />

im Folgenden geleistet werden soll.<br />

51 Vgl. unten S. 204ff.<br />

52 Vgl. oben S. 31ff.<br />

53 Ich widerspreche hier Garrard, Mary D.: Artemisia Gentileschi, the image of the female hero in Italian Baroque<br />

art, Princeton 1989, besonders S. 214. Garrard geht davon aus, dass die Maler der Renaissance und des<br />

Barock bei der Darstellung sich selbst durch den Tod opfernder Frauen auf misogyne und sado-erotische Betrachter<br />

abzielten, und postuliert zwischen den spätmittelalterlich-humanistischen Darstellungen historischer<br />

<strong>Selbstmörderin</strong>nen (beispielsweise den Boccaccio-Illustrationen) einerseits, der frühneuzeitlichen Malerei<br />

andererseits einen Bruch. Bezeichnenderweise bindet Garrad die sich <strong>als</strong> Illustration von Boccaccios De claris<br />

mulieribus selbst den Tod gebende Lukretia an die mittelalterlichen ›nine worthies‹ (vgl. unten, S. 123ff.) zurück.<br />

Zwar konnte Lukretia auch <strong>als</strong> Emblem für Keuschheit interpretiert werden, doch ist das Neue des Holzstichs,<br />

dass sie individuell und historisch verstanden wird. <strong>Die</strong> Lukretia der Boccaccio-Illustration gehört deshalb<br />

in einen Zusammenhang, der mit den humanistischen Illustrationen neu emendierter historischer Texte<br />

beginnt und in die Frühe Neuzeit weiterführt.<br />

44


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

1 Exemplarisches Sterben im Kanon der frühneuzeitlichen Historienmalerei<br />

Seit der Renaissance setzten sich Historienbild, Porträt, Genre, Landschaft und<br />

Stilleben <strong>als</strong> klar getrennte Bildgattungen durch, die eine Spezialisierung der Kün-<br />

stler auf einen oder zwei Bereiche zur Folge hatte. Dabei nahm die Historienmale-<br />

rei in der Hierarchie der Bildgattungen stets einen hervorgehobenen Platz ein und<br />

wurde von Künstlern und Theoretikern <strong>als</strong> Krönung künstlerischer Tätigkeit ange-<br />

sehen. Dass sich diese Gattungshierarchie bis ins 19. Jahrhundert gehalten hat, ist<br />

vor allem einer beeindruckenden Reihe von Kunsttheoretikern zu verdanken, die<br />

mit Leon Battista Alberti beginnend über Lodovico Dolce, Giorgio Vasari, Karel van<br />

Mander, André Félibien, Anthony Ashley Cooper Earl of Shaftesbury, Johann Joa-<br />

chim Winckelmann, Denis Diderot, Johann <strong>Georg</strong> Sulzer bis zu <strong>Georg</strong> Wilhelm<br />

Friedrich Hegel reicht. 1 Der pictor doctus wurde zum Ideal der Kunsttheoretiker,<br />

setzte die Historienmalerei doch umfassendes Wissen voraus.<br />

Zu den Bildgegenständen der Historienmalerei gehörten nicht nur geschicht-<br />

liche Ereignisse im engeren Sinn, sondern auch mythologische und biblische The-<br />

men. <strong>Die</strong>se breite Palette historischer und fiktionaler Stoffe stellte für lange Zeit<br />

den verbindlichen Themenkanon der Historienmalerei dar. Dabei ist es in unserem<br />

Zusammenhang besonders wichtig, dass sich Darstellungen ›exemplarischen<br />

Sterbens‹ zu einem ikonographischen Sonderbereich der kirchlichen wie der pro-<br />

fanen Historienmalerei entwickelten. <strong>Die</strong>ser umfasste in der Frühen Neuzeit ein<br />

weit breiteres Spektrum <strong>als</strong> in den vorangehenden Jahrhunderten und reichte vom<br />

›schönen Sterben‹ des Helden, des Märtyrers und des Philosophen bis zur<br />

<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>. 2 Mit dem ›Tod des Helden‹ 3 ist der Themenbe-<br />

reich nur unzureichend beschrieben.<br />

1 Alberti, Leon Battista: Della Pictura, 1436; Dolce, Ludovico: Dialogo della pittura, intitolato l’Aretino, 1557;<br />

Vasari, Giorgio: Vite de’ più eccellenti pittori, scultori e architettori, 1568; van Mander, Karel: Den Grondt der<br />

Edel vry Schilder-const, 1604; Félibien, André: Conférences de l’ Académie Royale de Peinture et de Sculpture,<br />

1668; Cooper Earl of Shaftesbury, Anthony Ashley: A Notion of the Historical Draught or Tablature of the<br />

Judgement of Hercules, 1712; Winckelmann, Johann Joachim: Gedanken über die Nachahmung der Griechischen<br />

Werke in der Malerey und Bildhauerkunst, 1755; Diderot, Denis: Essai sur la peinture, 1765; Sulzer,<br />

Johann <strong>Georg</strong>: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, 1771-1774; Hegel, <strong>Georg</strong> Wilhelm Friedrich: Vorlesungen<br />

über die Ästhetik, 1820-1829.<br />

2 Vgl. S. 42ff.<br />

45


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

Zunächst sei deshalb kurz der gesamte Umfang der Bildthemen exemplari-<br />

schen Sterbens umrissen, um danach das von mir zu untersuchende Bildkorpus<br />

näher eingrenzen zu können. <strong>Die</strong> ›Freiwilligkeit‹ und damit ›Tugendhaftigkeit‹ ihres<br />

Todes verbindet in der Tat so verschiedene Themenbereiche wie das christliche<br />

Sterben der Märtyrer, den Verwandlungstod der Metamorphosen, den Heldentod,<br />

aber auch den ›Tod des Philosophen‹ und den Selbstmord ›starker Frauen‹.<br />

2 Der Verwandlungstod der Metamorphose<br />

Am Rande des so umrissenen ikonographischen Sonderbereichs exemplarischen<br />

Sterbens steht der Verwandlungstod der Metamorphosen. Der heilsgeschichtlichen<br />

Gerichtetheit steht die Kreisform des Mythos gegenüber, der eine eigenartig<br />

›schwache‹ Form der Todesdarstellung hervorgebracht hat.<br />

Allerdings handelt es sich beim mythologischen Sterben durchgängig um<br />

Metamorphosen: Wird Daphne in einen Lorbeerstrauch oder Narcissus in eine<br />

Frühlingsblume verwandelt, geht es um einen <strong>als</strong> Verwandlung aufgefassten Tod.<br />

Ovids Metamorphosensammlung, das wichtigste Reservoir der mythologischen<br />

Ikonographie, beschreibt Sterben <strong>als</strong> eine sich in Stufen vollziehende Verwand-<br />

lung, die Wesen und Charakter des Sich-Verwandelnden nicht aufhebt, sondern<br />

vielmehr erst zum eindeutigen Ausdruck bringt. In der Metamorphose tritt somit das<br />

fortdauernde Wesen der verwandelten Person in Erscheinung, unabhängig davon,<br />

ob Metamorphosen (wie bei Narcissus) Folgen eines Vergehens oder (wie bei<br />

Daphne) Errettung aus höchster Bedrohung sind. <strong>August</strong>inus hat die der Metamor-<br />

phose zugrunde liegende mythische Denkfigur am prägnantesten umschrieben:<br />

figura praeterit, non natura 4 . Metamorphosen unterscheiden die wandelbare Ge-<br />

stalt von der unzerstörbaren Natur, die <strong>als</strong> unwandelbares Substrat erhalten bleibt.<br />

<strong>Die</strong> scheinbar sterbende Person verwandelt sich in eine andere, ihre Eigenart noch<br />

schärfer konturierende Gestalt. Metamorphosen setzen eine Veränderung ins Bild,<br />

die mit künstlerischen Mitteln wesentlichen Charakterzügen einer Person zur<br />

Dauer verhilft. 5<br />

3 Vgl. S. 18ff.<br />

4 De civitate Dei 20, 14.<br />

5 Hegel definiert in seinen Vorlesungen zur Ästhetik im Kapitel »<strong>Die</strong> bewusste Symbolik der vergleichenden<br />

Kunstform«, zu der neben der Metamorphose die Fabel, die Parabel, der Apolog und das Sprichwort gezählt<br />

werden, die Metamorphosen über die vom Rezipienten verlangte Verstandesleistung: »Wir können in dieser<br />

Beziehung zwei Hauptstufen unterscheiden. A. In der ersten macht die konkrete Erscheinung, sei sie aus der<br />

Natur oder aus menschlichen Begebnissen, Vorfällen und Handlungen hergenommen, einerseits einen Ausgangspunkt,<br />

andererseits das für die Darstellung Wichtige und Wesentliche aus. Sie wird zwar nur der allgemeineren<br />

Bedeutung wegen, die sie enthält und andeutet, ausgeführt und nur insoweit entfaltet, <strong>als</strong> es der<br />

46


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

Seit Beginn der Frühen Neuzeit spielt im weiten Bereich mythologischer<br />

Darstellungen der Verwandlungstod eine der religiösen Ikonographie durchaus<br />

vergleichbare Rolle. Da das uneigentliche Sterben, die Verwandlung einer Person<br />

nicht das wirkliche Ende bedeutet, zeigten die Maler bei derartigen Sterbeszenen<br />

meist beide Gestalten. Dabei fällt auf, dass die sich verwandelnde Person meist in<br />

ihrer ursprünglichen Gestalt wiedergegeben und die gerade einsetzende Umfor-<br />

mung sich nur an einem Körperteil wie zum Beispiel den schon zu Ästen werden-<br />

den Gliedern Daphnes andeutet: <strong>Die</strong> Metamorphose kann nur <strong>als</strong> noch andauern-<br />

der Formwechsel in eine Voll-Endung in Szene gesetzt werden, die von ewiger<br />

Dauer sein wird.<br />

Während christlich motiviertes Sterben auf ein transzendentes und mit<br />

ästhetischen Mitteln nicht darstellbares Telos ausgerichtet bleibt, ist der Verwand-<br />

lungstod der Metamorphose ein Prozess, der einen Wesenszug der verwandelten<br />

Person zur Prägnanz bringt. Der Übergang von einer Gestalt in die andere hebt<br />

den wesentlichen Zug ästhetisch hervor; die Verwandlung bringt das Substrat zu<br />

dauerhafter Erscheinung. So markiert der ›Verwandlungstod‹ in der Metamorphose<br />

nicht das Ende, sondern die Dauer, die Unvergänglichkeit eines herausragenden<br />

Wesenzuges. »<strong>Die</strong> Metamorphosen vergegenwärtigen das fortdauernde Ende<br />

ästhetisch« 6 und verweisen damit auf ihre immanente mythische Denkstruktur,<br />

während christlich motiviertes Sterben über sich selbst hinausweist. Insofern zeigt<br />

sich in der Darstellung christlichen Sterbens das dahinter stehende lineare und-<br />

zielgerichtete Denken, das dem mythischen und mithin kreisförmigen Denken der<br />

Metamorphose diametral zuwiderläuft.<br />

3 Das nachtridentinische Märtyrerbild<br />

Mit der tridentinischen Reform entwickelte sich eine ausdifferenzierte Ikonographie<br />

des Märtyrerbilds, deren Bildsprache sich deutlich von profanen Sterbedarstellun-<br />

gen der Historienmalerei abhebt, obwohl die wechselseitige Beeinflussung der iko-<br />

Zweck, diese Bedeutung in einem damit verwandten einzelnen Zustande oder Vorfall zu veranschaulichen,<br />

erfordert; das Vergleichen aber der allgemeinen Bedeutung und des einzelnen Falls <strong>als</strong> subjektive Tätigkeit ist<br />

noch nicht ausdrücklich herausgestellt und die ganze Darstellung will nicht ein bloßer Zierat an einem auch<br />

ohne diesen Schmuck selbständigen Werke sein, sondern tritt noch mit der Prätension auf, für sich schon ein<br />

Ganzes abzugeben. <strong>Die</strong> Arten, die hieher gehören, sind die Fabel, die Parabel, der Apolog, das Sprichwort<br />

und die Verwandlungen.« (Hegel, <strong>Georg</strong> Wilhelm Friedrich: Ästhetik, hrsg. von F. Bassenge, Frankfurt / Main<br />

1955, S. 379). Jacob Burckhardt hingegen bindet in seiner Griechischen Kulturgeschichte (München 2 1987<br />

[ 1 Basel 1956-1957], Bd. 2, S. 7-19) das Phänomen Metamorphose religionsgeschichtlich und philosophisch an<br />

noch ältere religiöse Vorstellungen, denen Vorstellungen der Seelenwanderung zugrunde liegen, wie sie unter<br />

anderen Pythagoras formuliert hat.<br />

6 Herzog, Reinhart: »Vom Aufhören«, in: Stierle, Karlheinz / Warning, Rainer (Hrsg.): Das Ende, Figuren einer<br />

Denkform, München 1996 (Poetik und Hermeneutik 16), S. 283-329, hier S. 315.<br />

47


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

nographischen Verfahren nicht zu bestreiten ist. Nunmehr traten das Martyrium<br />

selbst und die zu erwartende Belohnung der Blutzeugenschaft in den Mittelpunkt.<br />

Das Ziel solch heroischer Tugend wurde in die Darstellung integriert; in der Bild-<br />

sprache der Gemälde haben sich Siegeskranz und Palmenzweig 7 <strong>als</strong> Märtyrerattri-<br />

bute durchgesetzt. Waren die Künstler in vielen Märtyrerdarstellungen der Renais-<br />

sance noch ohne vereindeutigende Beigaben ausgekommen, verband die nachtri-<br />

dentinische Ikonographie das Selbstopfer der Märtyrer 8 mit der Aufnahme in den<br />

Himmel und betonte damit die Differenz zum Sterben ›profaner‹ Helden, deren Tod<br />

<strong>als</strong> solcher exemplarisch ist.<br />

Der Märtyrertod steigert die ›Leistung‹ des Glaubenshelden ins Heroische<br />

und Unüberbietbare: Insofern wurde die Veranschaulichung eines qualvollen und<br />

daher nicht schönen Märtyrertodes durchaus angestrebt; drückten die minutiös<br />

nachgezeichneten Torturen doch aus, zu welch heroischen Tugenden die Heils-<br />

gewissheit führen kann. Das Martyrium ist insofern kein Akt moralischer Selbstbe-<br />

hauptung, <strong>als</strong> die Finalisierung des Glaubens die Geringschätzung und Preisgabe<br />

der irdischen Existenz geradezu einschließt. 9 Der Akzent liegt gerade nicht auf der<br />

Individualität des Heiligen, sondern auf der kollektiven Heilsvergewisserung.<br />

Nachtridentinische Märtyrerdarstellungen gehen zwar von den eingeübten<br />

Bildstrategien profaner Sterbeszenen aus, fügen aber oft Hinweise auf die <strong>als</strong> sol-<br />

che nicht darstellbare Transzendenz hinzu und geben dem Sterbenden einen über-<br />

individuellen Gesichtsausdruck, den man heute oft <strong>als</strong> ›schwärmerisch‹ oder ›ent-<br />

rückt‹ bezeichnet. 10 Auf diesem Umwege gelingt <strong>als</strong> Kontrapunkt zur abstoßenden<br />

Konkretheit des Sterbens in der Physiognomie des Sterbenden, die die Vision des<br />

Jenseits zum Ausdruck bringt, doch noch ein ›schönes Sterben‹.<br />

<strong>Die</strong> heilsgeschichtliche Finalität wird exemplarisch dargestellt, ohne dass<br />

das gewählte ›Exempel‹ eigenes Gewicht erhielte. Der Märtyrer bleibt <strong>als</strong> hero-<br />

ischer Sonderfall eingebunden in den beim Betrachter vorausgesetzten Zusam-<br />

menhang von Bekenntnis und Erlösung.<br />

7 Vgl. Flemming, J.: »Palme«, in: Kirschbaum, Engelbert (Begr.) / Braunfels, Wolfgang (Hrsg.), Lexikon der<br />

christlichen Ikonographie, Rom / Freiburg im Brsg. 1968-1976, Bd. 3, Sp. 364-365.<br />

8 Von Marquard recht ungeschickt <strong>als</strong> sacrificium praesentiae bezeichnet (Marquard, Odo: »Finalisierung und<br />

Mortalität«, in: Stierle, K. / Warning, R (Hrsg.): Das Ende, Figuren einer Denkform, München 1996 (Poetik und<br />

Hermeneutik 16), S. 467-475, hier S. 472).<br />

9 Marquard, a.a.O., S. 472-473.<br />

10 Vgl. dazu Henning, A. / Weber, G. (Hrsg.): ›Der himmelnde Blick‹, Zur Geschichte eines Bildmotivs von<br />

Raffael bis Rotari, Dresden 1998.<br />

48


4 Sterbende Helden<br />

III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

Exemplarische Helden aus Mythos und Geschichte bilden den größten Themen-<br />

vorrat der frühneuzeitlichen Künste. Wir sind heute gewohnt, historisches gegen<br />

mythisches Denken abzugrenzen und die spezifische Fiktionalität des Mythos 11 zu<br />

betonen. In der produktiven Rezeption der Frühen Neuzeit zogen Künstler und Auf-<br />

traggeber allerdings zwischen Mythos und Geschichte keine oder nur unscharfe<br />

Grenzen; für das kulturelle Gedächtnis gilt dies ohnehin: »Der Unterschied zwi-<br />

schen Mythos und Geschichte wird hier hinfällig. Für das kulturelle Gedächtnis<br />

zählt nicht die faktische, sondern nur erinnerte Geschichte. Man könnte auch sa-<br />

gen, daß im kulturellen Gedächtnis faktische Geschichte in erinnerte und damit in<br />

Mythos transformierte wird.« 12<br />

Sterbende Helden, die in das kulturelle Gedächtnis Eingang gefunden hat-<br />

ten, lassen sich im griechisch-trojanischen Epenkreis 13 ebenso finden wie in der<br />

legendären Vorgeschichte Roms. Wenn dabei in der frühneuzeitlichen Ikonogra-<br />

phie vor allem römische Helden im Vordergrund standen, geht dies gewiss zu-<br />

nächst auf ihre Präsenz ad usum delphini im Lateinunterricht der gebildeten<br />

Oberschichten zurück. Allerdings machte sich wohl auch der Umstand geltend,<br />

dass die römische Geschichte sehr unterschiedliche politische und gesellschaftli-<br />

che Modelle anbot, die einen weiten Spielraum für Adaptierungen und Umdeutun-<br />

gen ließen. Der auffällige Sachverhalt, dass der europäische Klassizismus seine<br />

politischen Referenzen vorzugsweise im römischen Bereich suchte, bedürfte<br />

gleichwohl einer eingehenden Untersuchung, für die es allenfalls Vorarbeiten<br />

gibt. 14 Wenn Salvatore Settis die These vertritt, die griechische Klassik habe sich<br />

schon früh selbst zum Kanon stilisiert und das Polis-Modell mit der gestuften Betei-<br />

ligung aller Gesellschaftsgruppen zum Ideal erhoben, kann dies nur teilweise be-<br />

friedigen. So lässt sich vielleicht das geringe Interesse der frühneuzeitlichen Kün-<br />

ste an Figuren der griechischen Geschichte erklären, nicht aber die bis zum Klas-<br />

sizismus marginale Rolle ›homerischer‹ Gestalten begründen. <strong>Die</strong> Wiederentde-<br />

11 2<br />

Vgl. dazu Blumenberg, Hans: Arbeit am Mythos, Frankfurt 1981; Bailey, C. / Hamilton, C. A. (Hrsg.): AK Les<br />

Amours des <strong>Die</strong>ux, La peinture mythologique de Watteau a David, Paris 1991.<br />

12<br />

Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen,<br />

München 2 1997, S. 52.<br />

13<br />

Beispielsweise der Kampf von Achill und Hektor oder der Tod des Laokoon mit seinen Söhnen.<br />

14<br />

Dazu in jüngster Zeit die konzeptionellen und einleitenden Aufsätze in Zimmer, F. (Hrsg.): AK <strong>Die</strong> griechische<br />

Klassik, Idee oder Wirklichkeit, Berlin 2002, insbesondere der Aufsatz von Salvatore Settis: »Der Klassizismus<br />

und das Klassische«, S. 26-53.<br />

49


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

ckung der griechischen Antike im Humanismus weckte in der Historienmalerei vor<br />

allem das Interesse für Philosophen, nicht aber für die politischen Figuren.<br />

Jedenfalls haben sich Theater, Musik und Malerei der Frühen Neuzeit 15 ihre<br />

Sujets mit besonderer Vorliebe in der römischen Geschichte gesucht. Zur dramati-<br />

schen Rezeption 16 eigneten sich offensichtlich Figuren der frühen Republik, mit<br />

denen exemplarisch Kampfbereitschaft und Opfermut illustriert werden konnte.<br />

Vergleichbares gilt für die bildenden Künste: Das Sujet des die Tiberbrücke allein<br />

gegen die herandrängenden Etrusker verteidigenden Horatius Cocles 17 wurde<br />

nicht zufällig von Strozzi und Lairesse 18 aufgegriffen, ließ sich doch auf diese Wei-<br />

se außergewöhnliche militärische und politische Unerschrockenheit 19 vorführen.<br />

Der Opfertod des Helden wird vor dem Hintergrund bewundernder und erschütter-<br />

ter Mitkämpfer und über den historischen Vorwurf hinaus <strong>als</strong> vorbildlicher Einsatz<br />

für die Gemeinschaft inszeniert.<br />

5 Der Tod des Philosophen<br />

In auffälliger Weise tritt in der Historienmalerei neben die politischen und militäri-<br />

schen Helden eine weitere Reihe historischer exempla, die den ›Tod des Philoso-<br />

phen‹ aufgreifen. Gabriele Oberreuter-Kronabel hat in einer Monographie 20 die<br />

Darstellung des Philosophentodes in der Malerei des französischen Klassizismus<br />

am Beispiel von Sokrates, Seneca und Cato näher untersucht und darauf hinge-<br />

wiesen, dass Sterben und Tod in der Epoche der Aufklärung eine neue Bewertung<br />

erfuhren. Sie konnte zeigen, dass Sterbebilder in Reaktion auf die gegenreformato-<br />

rische Betonung der Sterbestunde für das Seelenheil des Einzelnen nunmehr zu<br />

15<br />

Zu den Themen der Historienmalerei der Frühen Neuzeit vgl. besonders die einleitenden Aufsätze in Mai,<br />

Ekkehard / Repp-Eckert, Anke (Hrsg.): AK Triumph und Tod des Helden, a.a.O., S. 12-164.<br />

16<br />

Vgl. unten S. 193ff.<br />

17<br />

Livius, Ab urbe condita 2,10,2-11<br />

18<br />

Strozzis Orazio Coclite sul ponte Sublicio gehört in der Villa Centurione-Carpaneto (in Genova-<br />

Sampierdarena) neben einem Fresko mit Marcus Curtius und einem weiteren mit Aeneas und Dido zur Ausstattung<br />

des großen salone, der sich der Verherrlichung der römischen Frühgeschichte und ihrer Tugendhelden<br />

widmet (Abb. in Gavazza, E. / Sciré, G. / Terminello, G. [Hrsg.]: AK Bernardo Strozzi, Genova 1581/82-<br />

Venezia 1644, Milano 1995, S. 160). Lairesse hat seinen Horatius (Abb. in Roy, Alain: Gérard Lairesse, 1640-<br />

1711, Paris 1992, S. 349) im heute ›Lairessezaal‹ genannten Raum des Haager Binnenhofes, wo sich die<br />

Raadkamer van den Hove van Justitie van Holland, Zeeland en West-Vriesland versammelte, noch deutlicher<br />

in einen kollektiven Anspruch eingebunden, da die anderen Gemälde den seinen Vater aus Troja tragenden<br />

Aeneas, die Allegorie der Justitia, die continentia des Scipio, die Vaterlandsliebe des Pompejus und die virtus<br />

der Römer beim Heranrücken des Hannibal zeigen. Traditionsbewusstsein, Gerechtigkeit, Besonnenheit, aber<br />

auch Tapferkeit werden so <strong>als</strong> wichtige Säulen eines funktionierenden Gemeinwesens vorgestellt.<br />

19<br />

So zum Beispiel auch Manlius Torquatus, der seinen Sohn enthaupten lässt, oder Marcus Curtius, der sich<br />

mit seinem Pferd auf dem Forum Romanum in die Erdspalte stürzt, um dem Orakelspruch zu genügen.<br />

20<br />

Oberreuter-Kronabel, Gabriele: Der Tod des Philosophen, Zum Sinngehalt eines Sterbebildtypus der französischen<br />

Malerei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, München 1986.<br />

50


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

»Tugendbildern« 21 umgedeutet wurden. Der ›Philosophentod‹ rückt die Autonomie<br />

des seinen Tod frei wählenden Sterbenden in den Mittelpunkt und entwirft den Pro-<br />

totyp eines aufgeklärten, angstfreien, nur sich und seiner Vernunft verpflichteten<br />

Menschen.<br />

<strong>Die</strong>s mag in Abwehr der von kirchlichen Kreisen wach gehaltenen Angst vor<br />

dem eigenen Sterben in der französischen Aufklärung plausibel sein, vernachläs-<br />

sigt aber, dass bereits vor dem 18. Jahrhundert die von Gabriele Oberreuter-<br />

Kronabel behandelten Philosophen in der Historienmalerei eine deutlich profilierte<br />

Gruppe darstellten, deren spektakulärer Selbstmord 22 <strong>als</strong> Gegenmodell zum militä-<br />

risch-aristokratischen Heldentod entworfen wurde. Der philosophische Freitod<br />

wurde geadelt und dem Tod des Helden auf dem Schlachtfeld gleichgesetzt. <strong>Die</strong><br />

im Bild inszenierten Affekte sind ebenso wie die hervorgehobene Bewunderung<br />

der Assistenzfiguren der entsprechenden Staffage eines Heldentodes durchaus<br />

ebenbürtig. 23 Besonders stark akzentuierte affetti der dem Freitod beiwohnenden<br />

Freunde oder Verwandten lassen vermuten, dass die besondere Botschaft dieses<br />

Bildtypus 24 auf die Würde und constantia des Sterbenden abhob, der im Gegen-<br />

satz zu seiner Umwelt besonnen und gelassen seinem Ende entgegensieht. <strong>Die</strong><br />

Gleichwertigkeit ›heroischen‹ und ›philosophischen‹ Sterbens lässt <strong>als</strong> themati-<br />

schen Hintergrund eine latent neustoische Konzeption moralischer Autonomie 25<br />

vermuten, die erst in der Frühen Neuzeit denkbar ist: Heroen wie Philosophen<br />

wählen in sittlicher Autonomie ihren Tod. <strong>Die</strong> von Oberreuter-Kronabel beschrie-<br />

bene Funktion des ›Philosophentodes‹ im französischen Klassizismus des 18.<br />

Jahrhunderts wäre dann eine spätere Weiterentwicklung dieses Bildtyps. Dafür<br />

spricht auch, dass es neben dem Motiv des philosophischen Freitods eine ganze<br />

Reihe weiblicher Protagonisten in der Historienmalerei der Frühen Neuzeit gibt, die<br />

durch das gemeinsame Motiv des freiwilligen Todes verbunden sind.<br />

21 Oberreuter-Kronabel, a.a.O., S. 12.<br />

22 Der Tod des Sokrates wurde meist <strong>als</strong> Selbstmord eingestuft, da seine Schüler eine Flucht aus dem Gefängnis<br />

vorbereitet hatten. Sokrates nahm mit Hinweis auf seine philosophischen Überzeugungen diese Möglichkeit<br />

nicht wahr und akzeptierte die Verurteilung zum Schierlingsbecher.<br />

23 Vergleicht man beispielsweise Le Bruns Tod des Cato (Abb. in AK Triumph und Tod des Helden, a.a.O., S.<br />

178) mit seinem Mucius Scaevola vor Porsenna (Abb. in Mégevand, M.-Ch. / Julhiet, C. [Hrsg.]: Grand Siècle,<br />

Peintures françaises du XVII e siècle dans les collections publiques françaises, Paris 1993, S. 236), wird deutlich,<br />

dass der Maler bei beiden Sujets dem Ausdruck der Affekte und des Entsetzens gleich große Aufmerksamkeit<br />

geschenkt hat.<br />

24 So auch Mérot, Alain: »Der Held in der französischen Malerei des 17. Jahrhunderts«, in: AK Triumph und<br />

Tod des Helden, a.a.O., S. 30-38.<br />

25 Vgl. S. 177ff.<br />

51


6 <strong>Die</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

In diese frühneuzeitliche ›Galerie starker Frauen‹ 26 gehören einige Frauengestal-<br />

ten der römischen Geschichte, die in der Historienmalerei der Frühen Neuzeit in<br />

wechselnder Besetzung, aber deutlichem Zusammenhang auftreten: Dido, Lukre-<br />

tia, Porzia, Sophonisbe, Kleopatra. 27 Dazu treten gelegentlich Virginia und Paulina.<br />

Gemeinsam ist der eigenartigen ikonographischen Gruppe ›starker Frauen‹ politi-<br />

sche Rolle und exemplarischer Tod: mit den militärischen und politischen Heroen<br />

teilen die <strong>Tugendheldin</strong>nen eine herausragende politische Rolle, mit den sterben-<br />

den Philosophen das Motiv des Selbstmords.<br />

Während Dido <strong>als</strong> Gründerin Karthagos in die sagenhafte Vorgeschichte und<br />

mémoire collective Roms gehört, sind Lukretia und Virginia 28 wichtige Figuren der<br />

frühen Republik, Sophonisbe und Kleopatra Gegenspielerinnen Roms. Porzia ist<br />

<strong>als</strong> Frau des Cäsarmörders Brutus mit dem Ende der römischen Republik verbun-<br />

den, während Paulina <strong>als</strong> Frau des Seneca zum Umkreis der sterbenden Philoso-<br />

phen zählt. Offensichtlich fand die nur auf den ersten Blick sehr heterogene Reihe<br />

von Frauengestalten im Hinblick auf das Bildthema des tugendhaften Selbstmords<br />

Eingang in die frühneuzeitliche Ikonographie.<br />

<strong>Die</strong>ser Umstand erklärt auch, warum Virginia 29 und Paulina 30 nur gelegent-<br />

lich <strong>als</strong> Vorwurf aufgegriffen wurden. In beiden Fällen ›missglückte‹ der Selbst-<br />

26 Vgl. S. 23ff. und S. 232ff.<br />

27 Nach langem Zögern habe ich für diese Untersuchung die Schreibweisen Dido, Kleopatra, Lukretia, Porzia<br />

und Sophonisbe gewählt und damit die geläufigen Namensformen im Deutschen respektiert. Bei Zitaten aus<br />

literarischen Texten und Libretti wird natürlich die jeweils angewandte Schreibweise übernommen.<br />

28 Fögen, Marie Theres: Römische Rechtsgeschichten, Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems,<br />

Göttingen 2002, behandelt Virginia und Lukretia rechtssoziologisch.<br />

29 V i r g i n i a (Livius, Ab urbe condita III,44-48) wurde bereits im 15. Jahrhundert zu einem beliebten Sujet,<br />

vor allem für cassoni (dazu vgl. Pigler, Andor: Barockthemen, Eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie<br />

des 17. und 18. Jahrhunderts, Budapest 1956, S. 420-421). In der künstlerischen Umsetzung wurde stets<br />

die Differenz zwischen männlichem Handeln (hier des Vaters) und weiblicher Fügsamkeit in die zugedachte<br />

Rolle betont, die bis zum Verlust des eigenen Lebens führen kann. So setzt beispielsweise Fügers Tod der<br />

Viginia (Abb. in Trnek, Renate: Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste in Wien, Illustriertes Bestandsverzeichnis,<br />

Wien 1989, S. 83) die Tragödie in zwei Handlungsebenen ins Bild: Im Vordergrund sinkt<br />

Virginia gerade zu Boden; aufgeregte Zuschauer reagieren mit starken Affekten auf die schreckliche Tat, während<br />

der Vater, den Dolch noch in der Hand, ruhig inmitten des Geschehens steht und auf den eigentlich<br />

Schuldigen, den Decemvirn Appius, zeigt, der betroffen auf die Ermordete blickend mit seinem Gefolge die<br />

Tempelstufen herunterschreitet. Gemälde mit dem Virginia-Thema betonen stets das überlegte Vorgehen des<br />

Vaters, der seine Tochter vor Schande schützen will, und das einwilligende Hinsinken der bedrohten jungen<br />

Frau.<br />

30 P a u l i n a , die Ehefrau des Seneca, erscheint in den ›Galerien starker Frauen‹ (vgl. unten S. 257) und<br />

ansonsten ausschließlich in Gemälden, deren Thema das angeordnete Sterben des Philosophen ist. Zu nennen<br />

ist beispielsweise Sandrarts Tod des Seneca (ursprünglich in den Staatlichen Museen, Berlin, seit 1945<br />

verschollen; Abb. in Squarzina, Silvia Danesi [Hrsg.]: AK Caravaggio in Preussen, <strong>Die</strong> Sammlung Giustiniani<br />

und die Berliner Gemäldegalerie, Berlin 2001, S. 118) und Concas Tod des Seneca (Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum, Braunschweig; Abb. in Oberreuter-Kronabel, Nr. 52). Tacitus (Ann. XV, 63-64) überliefert sowohl die<br />

letzten Worte des Philosophen an seine Frau <strong>als</strong> auch ihren Selbstmordversuch, der auf Befehl des Kaiser<br />

Nero verhindert wurde. So erhält Paulina eine Rolle unter den Assistenzfiguren, die das stoische Sterben des<br />

Philosophen begleiten (z. B. bei Sandrart), oder wird, dem Bericht des Tacitus entsprechend (so bei Conca), in<br />

52


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

mord: Virginia 31 wurde von ihrem Vater ermordet, um sie vor den Nachstellungen<br />

des Decemvir Appius zu schützen. Bei Paulina ließ Nero die Tat verhindern. 32<br />

<strong>Die</strong>se bemerkenswerte Gruppe fünf ›starker Frauen‹ – Dido, Lukretia, Por-<br />

zia, Sophonisbe, Kleopatra – fand in der kunsthistorischen Forschung bisher nur<br />

unter dem Gesichtspunkt ihrer politischen Rolle Beachtung, bildet in der frühneu-<br />

zeitlichen Historienmalerei aber ein überraschend stabiles ikonographisches Mu-<br />

ster. 33 Zunächst scheint es die intrikate Vermischung von politischer Rolle und sich<br />

im tugendhaften Freitod 34 ausdrückender moralischer Autonomie gewesen zu sein,<br />

die das Interesse an den ›römischen <strong>Tugendheldin</strong>nen‹ weckte. Der epochale und<br />

lange nachwirkende Erfolg des Themas auf der Bühne und in der bildenden Kunst<br />

ebenso wie die überraschend positive Wertung des Selbstmords 35 im Gegensatz<br />

zu seiner kirchlichen Ächtung lässt aber auch einen moralischen Hintergrundssinn<br />

im Kontext des Neustoizismus 36 vermuten, der die politischen und künstlerischen<br />

Eliten des 16. Jahrhunderts konfessionsübergreifend prägte.<br />

<strong>Die</strong>se Vermutung kann allerdings nur die Entstehung des ikonographischen<br />

Musters, nicht die bis ins 19. Jahrhundert und zu Makart 37 reichende produktive<br />

Rezeptionsgeschichte der ›starken Frauen‹ erklären. Auf der Bühne, in der Histo-<br />

rienmalerei, in Oper und Kantate, Monodrama und Attitüde wirkte in wie immer<br />

umbesetzter und verselbständigter Weise die frühneuzeitliche Invention weiter. <strong>Die</strong><br />

Verbindung von ›weiblicher Tugend‹, Selbstmord und ›schönem Sterben‹ erwies<br />

einem Nebenraum gezeigt, wo sie ihre geöffneten Adern in eine Fußschale ausbluten lässt. Besonders bei<br />

Conca wird durch die korrespondierende Anordnung der Ehepartner (Seneca im linken Vordergrund, von<br />

männlichen Bediensteten umgeben, Paulina im rechten Hintergrund von <strong>Die</strong>nerinnen umsorgt) die liebevolle,<br />

symbiotische Beziehung der Lebensgefährten dramatisch ins Bild gesetzt.<br />

31<br />

Vgl. Gundel, H.: »Virginia«, in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Neue Bearbeitung,<br />

unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen herausgegeben von <strong>Georg</strong> Wissowa, fortgeführt von<br />

Wilhelm Kroll und Karl Mittelhaus, 1890-1978, 2. Reihe, Bd. 16, Sp. 1530-1535.<br />

32<br />

Schmidt, G.: »Seneca«, in: Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike, auf der Grundlage von Pauly's Realencyclopädie<br />

der classischen Altertumswissenschaft, unter Mitw. zahlr. Fachgelehrter bearb. u. hrsg. von Konrat<br />

Ziegler [u.a.], 5 Bde, Stuttgart 1964-1975, hier, Bd. 5, Sp.109-115. Außerdem Schmidt, P. L.: »Pompeius«, in:<br />

1<br />

Kleiner Pauly, Bd. 4, Sp. 1031.<br />

33<br />

Vgl. S. 103ff.<br />

34<br />

Einen ersten Hinweis auf die Verbindung von dramatischer Handlung und weiblichem Selbstmord <strong>als</strong> Indiz<br />

für einen stoischen Hintergrund gab in jüngster Zeit Marina Mojana in: Mahon, Denis / Pulini, Massimo / Sgarbi,<br />

Vittorio (Hrsg.): Guercino, Poesia e sentimento nella pittura del ’600, Novara 2003, S. 290 in ihrer Interpretation<br />

von Fidanis La morte di Didone: »Grandi protagoniste del melodramma seicentesco, le eroine cantate<br />

alla corte fiorentina di Ferdinando de’ Medici come Didone, Giuditta, Sofonisba, Cleopatra, Tomiri, Artemisia,<br />

sono la esemplificazione femminile dello stoicismo antico.«<br />

35<br />

Daniela Bohde, die in einem Kapitel ihrer Dissertation (Haut, Fleisch und Farbe, Körperlichkeit und Materialität<br />

in den Gemälden Tizians, Emsdetten / Berlin 2002) sexuelle Gewalt <strong>als</strong> Bildthema am Beispiel der Vergewaltigung<br />

Lukretias untersucht, spricht von »erotisierten Suizidbildern« (S. 183). Obwohl Lukretia <strong>als</strong><br />

»Keuschheits-Märtyrerin« (S. 186) interpretiert wurde, habe die häufig herausfordernde und verführerisch<br />

erotische Inszenierung ihres Körpers der <strong>Tugendheldin</strong> eine Mitschuld an ihrer Vergewaltigung zugewiesen,<br />

die ihren Selbstmord <strong>als</strong> Strafe erscheinen lassen konnte.<br />

36<br />

Vgl. S. 177ff.<br />

37 Vgl. S. 13ff.<br />

53


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

sich <strong>als</strong> so attraktiv, dass sich die gründliche Untersuchung dieses ikonographi-<br />

schen Musters lohnte, die im Folgenden vorgelegt wird.<br />

Dabei geht es neben einer repräsentativen Zusammenstellung des Bildma-<br />

teri<strong>als</strong> darum, dem geistesgeschichtlichen Hintergrund des ikonographischen Mu-<br />

sters und seiner produktiven Rezeptionsgeschichte nachzugehen. <strong>Die</strong> ästhetische<br />

Entschärfung und moralische Überhöhung des schockierenden weiblichen Selbst-<br />

mords verweist – so meine These – auf einen neustoischen Hintergrund, der im<br />

Lauf der Jahrhunderte immer mehr verblasst und in den ›Attitüden‹ des 19. Jahr-<br />

hunderts gänzlich depotenziert ist.<br />

7 Gegenstand der Untersuchung<br />

Im Folgenden wende ich mich <strong>als</strong>o der ikonographischen Gruppe ›römischer‹ Tu-<br />

gendheldinnen 38 zu, die sich an der Wende zur Neuzeit aus den Figuren Dido, Luk-<br />

rezia, Sophonisbe, Kleopatra und Porzia gebildet hat, und untersuche die histori-<br />

schen und literarischen Quellen der Bildkonzeptionen, ihre wechselnde Funktiona-<br />

lisierung und ihr Weiterwirken bis ins 19. Jahrhundert.<br />

Für jede der genannten Frauengestalten lässt sich eine eigene literarische<br />

und ikonographische Rezeptionsgeschichte rekonstruieren; sie treten aber auch in<br />

Reihen (wie den femmes fortes) und <strong>als</strong> Pendants 39 auf. Dabei wurden die Tu-<br />

gendheldinnen durchaus verschieden akzentuiert: sie konnten für soziale Rollen<br />

und Tugenden in Anspruch genommen werden, aber auch für ›schönes Sterben‹<br />

stehen und gingen schließlich, fast gänzlich enthistorisiert, in einer attitude 40 auf.<br />

Insgesamt ergibt sich ein erstaunlicher Rezeptionsspielraum, den erst eine Analy-<br />

se der entsprechenden Bildkorpora 41 differenzierter darstellen kann. <strong>Die</strong> Figur der<br />

Sophonisbe ist dem heutigen Bildgedächtnis am weitesten entrückt, obwohl sie<br />

ganz offensichtlich historisch am Anfang der Konstituierung des ikonographischen<br />

Musters der <strong>Tugendheldin</strong> stand. Deshalb widme ich ihr in einem eigenen Kapitel 42<br />

besondere Aufmerksamkeit.<br />

Eine auch nur annähernde Vollständigkeit des Bildmateri<strong>als</strong> war nicht zu er-<br />

reichen und wurde auch nicht angestrebt, da es mir vor allem auf den wechselnden<br />

38<br />

›Römisch‹ ist <strong>als</strong> ›zur römischen mémoire collective gehörend‹ zu verstehen, da Dido, Sophonisbe und<br />

Kleopatra natürlich keine Römerinnen waren.<br />

39<br />

Vgl. S. 259ff.<br />

40<br />

Vgl. S. 294ff.<br />

41<br />

Sie sind unten in einem Bildkatalog (S. 379ff.) zusammengestellt.<br />

42 Vgl. S. 57ff.<br />

54


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

›Sitz im Leben‹ 43 des ikonographischen Musters und auf seine Umbesetzungen im<br />

Laufe der Rezeptionsgeschichte ankam. Wichtiger erschien es, die literarische und<br />

dabei vor allem die theatralische Tradition mit heranzuziehen sowie punktuell den<br />

Vergleich mit den anderen ikonographischen Mustern ›schönen Sterbens‹ (Märty-<br />

rer, Helden und Philosophen) zu suchen. Auch galt meine Aufmerksamkeit dem<br />

Übergang des Motivs der <strong>Tugendheldin</strong> in andere künstlerische Gattungen wie<br />

Oper, Kantate 44 und Attitüde 45 .<br />

Auch die Frage nach Publikum und Auftraggeber der Bilder wird verschie-<br />

dentlich aufgegriffen 46 und der ausführliche Versuch gemacht, den neustoischen<br />

Hintergrund 47 sowohl der eigenartigen ikonographischen Konzeption <strong>als</strong> auch der<br />

bemerkenswerten moralischen Umbesetzung des Selbstmords wahrscheinlich zu<br />

machen. Beliebig verfügbar wurden die Bildmotive erst mit dem Verschwinden die-<br />

ses neustoischen Hintergrunds. 48<br />

Es bleibt bemerkenswert, dass sich trotz gründlicher Recherchen 49 nur we-<br />

nig Reproduktionsgraphik für den hier untersuchten Bildbereich nachweisen<br />

lässt. 50 Vielleicht erklärt sich dieser Sachverhalt zumindest teilweise aus der komp-<br />

lexen Verweisstruktur und Intertextualität des zugrunde liegenden ikonographi-<br />

schen Musters. Als Auftraggeber der Historiengemälde ist, jedenfalls für das 16.<br />

und 17. Jahrhundert, ein elitärer Kreis humanistisch Gebildeter anzunehmen, dem<br />

die moralischen Deutungen der Bildkonzeption durchsichtig waren, deren gelehrte<br />

Themen sich wohl gegen eine Popularisierung sperrten. 51<br />

Das im Folgenden untersuchte ikonographische Muster entstand in der Epochen-<br />

schwelle zur Frühen Neuzeit mit der Erweiterung der Bildthemen der Historienma-<br />

43 <strong>Die</strong>ser Begriff wurde in der Bibelexegese entwickelt und bezeichnet dort die liturgische, frömmigkeitsgeschichtliche<br />

und gruppensoziologische Funktion biblischer Erzählstrukturen, Gattungen und Motive.<br />

44 Vgl. unten, S. 284ff.<br />

45 Vgl. 294ff.<br />

46 So u. a. S. 202ff. und S. 225ff.<br />

47 Besonders unten S. 198ff.<br />

48 Vgl. unten S. 294ff.<br />

49 An dieser Stelle sei Gerd Unverfehrt (Göttingen) für Hinweise auf verschiedene, wenn auch vergebliche,<br />

Recherchewege gedankt.<br />

50 Allerdings spielten graphische Vorlagen bei der Entstehung des ikonographischen Musters eine gewisse<br />

Rolle (vgl. S. 79ff.).<br />

51 Der direkte Versuch, die Themengruppe ›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>‹ in der Reproduktionsgraphik<br />

nachzuweisen, war ebenso erfolglos, wie eine Recherche, die vom Korpus der besprochenen Historienbilder<br />

ausgehend, einschlägige Graphik suchte. Eine Ausnahme stellen einige ›starke Frauen‹ von Reni dar. Der<br />

spezifische Stil Renis und die halb- oder ganzfigurige Nacktheit von (Nummern nach Pepper, Stephen: Guido<br />

Reni, L’opera completa, Novara 1988) Porzia (96), Lukretia (97) und Kleopatra (101, 111, 173) ließen die<br />

Frauengestalten in mehreren Drucken Verbreitung finden. Auf den typischen Stil Renis, der seine ›starken<br />

Frauen‹ ganz der historischen Situation enthob und nur über das Attribut der Schlange oder des Dolches einen<br />

schwachen Hinweis auf die Gemeinte gab, wird S. 216ff. ausdrücklich eingegangen.<br />

55


III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

lerei 52 im Humanismus; es löste sich um 1800 in der Epochenschwelle zur Moder-<br />

ne in Attitüden, theatralischen Kleinformen und Variationen der femme fatale auf. 53<br />

Daraus ergibt sich der Aufbau meiner Untersuchung.<br />

<strong>Die</strong> ikonographische Gruppe der römischen <strong>Tugendheldin</strong>nen wird so dar-<br />

gestellt, dass zunächst (IV und V) auf die historischen Quellen des Bildmotivs, da-<br />

nach auf die literarische und dramatische Rezeption und schließlich auf die künst-<br />

lerischen Bearbeitungen eingegangen wird. Bildkorpus und Darstellung folgen den<br />

Leitfiguren, obwohl auch andere, systematische Ordnungsprinzipien (wie die re-<br />

präsentierten virtutes oder die politisch-sozialen Rollen der <strong>Tugendheldin</strong>nen)<br />

denkbar wären. Am Beispiel der <strong>als</strong> Bildmotiv kaum mehr vertrauten Figur der So-<br />

phonisbe werden die Gesichtspunkte und Fragestellungen erarbeitet, die dann<br />

auch auf die anderen untersuchten Frauenfiguren Anwendung finden; jede hat in<br />

der Frühen Neuzeit ein eigenes Profil entwickelt, wobei die ersten bildkünstleri-<br />

schen Bearbeitungen stets vorausgehende literarische Rezeptionsformen aufgrei-<br />

fen.<br />

Dem ersten Durchgang durch das Bildkorpus und seine literarischen Vor-<br />

aussetzungen und der Darstellung des Rezeptionsspielraums der ikonographi-<br />

schen Motive folgen zwei systematische Kapitel, die auf den Neustoizismus <strong>als</strong><br />

Voraussetzung des ikonographischen Musters (VI) und auf das Bildprogramm der<br />

posttridentinischen Märtyrer in Konkurrenz zu den stoischen Tugendhelden (VII)<br />

eingehen.<br />

<strong>Die</strong> Bildprogramme starker Frauen in der Frühen Neuzeit und die von Auf-<br />

traggebern und Sammlern intendierten Pendant-Bildungen (VIII) können Hinweise<br />

auf die Funktion und Interpretation der ikongraphischen Gruppe geben. An die<br />

Stelle des neustoisch geprägten moralischen Bilddiskurses tritt allmählich das<br />

Interesse an der Affektdarstellung, der in einem Kapitel (IX) nachgegangen wird,<br />

das mit der Oper einsetzt und mit den Attitüden <strong>als</strong> neuen Ausdruckskünsten en-<br />

det. Das Schlusskapitel (X) ordnet die ikonographische Gruppe der ›römischen<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen‹ in das rhetorisch-ikonographische Verfahren der exempla virtu-<br />

tis ein und überprüft kritisch die Verwendung dieses Begriffs in der Kunstgeschich-<br />

te.<br />

52 Vgl. S. 42ff.<br />

53 Vgl. S. 13ff. und S. 288ff.<br />

56


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung:<br />

Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Ein Gemälde von Nicolas Régnier (1590-1667) in der Kasseler Gemäldegalerie<br />

des Schlosses Wilhelmshöhe [Abb. 1] trägt offenkundig und augenfällig ›große Ge-<br />

fühle‹ vor, ohne dass sich das Thema selbst dem heutigen Betrachter sofort er-<br />

schlösse. 1<br />

<strong>Die</strong> Protagonistin sitzt dreiviertelfigurig an den Betrachter herangerückt und<br />

nimmt mit ausladender Gestik die Bildmitte ein. Sie trägt ein violettes Kleid mit tie-<br />

fem Dekolleté und einen goldgelben, pelzbesetzten Mantel, der sich vorne links<br />

über der mit Edelsteinen verzierten<br />

Armlehne ihres Sessels bauscht. Ein<br />

Brief entgleitet ihrer rechten Hand. <strong>Die</strong><br />

geöffnete linke Hand mit eleganten,<br />

leicht gespreizten Fingern kehrt die<br />

Handfläche nach oben – ob diese Ge-<br />

ste <strong>als</strong> deiktisch, ergeben oder verzwei-<br />

felt zu verstehen ist, bleibt zunächst<br />

offen. <strong>Die</strong> Handbewegung steht jeden-<br />

falls in Beziehung zu der weißen<br />

Abb. 1<br />

Muschelschale mit Goldrand, die ganz rechts auf einem mit dunklem Tuch gedeck-<br />

ten Tischchen gerade umstürzt. Der schmerzvolle ›himmelnde‹ Blick 2 , den die<br />

Hauptperson mit leicht nach rechts geneigtem Haupt nach oben richtet, lässt das<br />

Arrangement der Empfindungen <strong>als</strong> Verzweiflung interpretieren.<br />

Unterstützt wird diese Deutung durch zwei begleitende Frauenfiguren, die<br />

die Protagonistin passepartourieren. <strong>Die</strong> links hinter der Protagonistin stehende<br />

alte Frau ist in braunbeige Gewänder gekleidet und verbirgt ihre Haare unter einem<br />

hellen Turban. Sie blickt ruhig aus dem Bild den Betrachter an, während sie ihre-<br />

linke Hand in tröstender, schützender oder bedauernder Absicht auf die Schulter<br />

1 Baumgärtel, Bettina / Neysters, Silvia (Hrsg.): AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, Düsseldorf 1995, Abb.170.<br />

2 Zum Motiv des ›himmelnden Blicks‹ Henning, Andreas / Weber, Gregor (Hrsg.): AK ›Der himmelnde Blick‹,<br />

Zur Geschichte eines Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Dresden 1998.<br />

57


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

der Hauptfigur gelegt hat. <strong>Die</strong> rechts hinter der Protagonistin stehende junge Frau,<br />

die in ein prächtiges rotes Kleid und einen grünen Mantel gehüllt ist, vereindeutigt<br />

die Syntax der im Bild dargestellten Gefühle: Sie drückt ein großes weißes Tränen-<br />

tuch an ihr im Profil gegebenes Gesicht, ihr gesenktes Haupt bringt Trauer zum<br />

Ausdruck. <strong>Die</strong> Szene spielt in einem Innenraum; doch wird hinter der Protagonistin<br />

der Ausblick in eine Mittelmeerlandschaft mit Zypressen und bewölktem Himmel<br />

freigegeben.<br />

Der heutige Betrachter dieser Inszenierung von Verzweiflung, Pathos und<br />

Affekten ist zum Verständnis des Sujets und der Bilddramaturgie meist auf die Hilfe<br />

des Katalogs angewiesen; die dort zu findende Bezeichnung »Tod der Sophonis-<br />

be« 3 wird ihm allerdings schwerlich weiterhelfen. Mögen der spektakuläre Selbst-<br />

mord der vergewaltigten Lukretia oder das besonnene Sterben des zu Unrecht<br />

verurteilten Philosophen Sokrates auch gegenwärtig noch zum historischen Allge-<br />

meinwissen gehören, gilt dies gewiss nicht mehr für den Tod der nordafrikanischen<br />

Königin Sophonisbe, obwohl sie wie Dido und Kleopatra zu den berühmten Gegne-<br />

rinnen Roms zählte. Ihr von den Historikern des Altertums 4 mehrfach geschilderter<br />

politisch-moralisch motivierter Selbstmord brachte es im Spätmittelalter und in der<br />

Frühen Neuzeit zu einer erstaunlich breiten literarischen 5 und künstlerischen 6 Re-<br />

zeptionsgeschichte: der heute weitgehend unbekannte und fremde Stoff wurde in<br />

Renaissance und Barock zum beliebten, oft aufgegriffenen und variierten Vorwurf<br />

der Historienmalerei.<br />

Im Folgenden soll am Beispiel der Sophonisbe das ikonographische Muster 7 der<br />

›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tugenheldin‹ ausführlicher dargestellt werden, zumal dieses<br />

Bildmotiv heutigen Rezipienten am fernsten gerückt ist. 8 Petrarcas Aufgreifen des<br />

Stoffes ließ die afrikanische Königin in der Frühen Neuzeit zu einem der literari-<br />

schen Modelle der profanen <strong>Tugendheldin</strong> avancieren und bildete die Voraus-<br />

3<br />

Lehmann, Jürgen M.: Staatliche Kunstsammlungen Kassel, Italienische, französische und spanische Gemälde<br />

des 16. bis 18. Jahrhunderts, Fridingen 1980, S. 214-215.<br />

4<br />

Volkmann, Hans: »Sophoniba«, in: Kleiner Pauly, Bd. 5, Sp.280.<br />

5 7<br />

Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur, Stuttgart 1988, S. 709-711.<br />

6<br />

Pigler, Andor: Barockthemen, Eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie des 17. und 18. Jahrhunderts,<br />

Budapest 1956, Bd. 2, S. 413-415.<br />

7<br />

Ich verwende diesen Begriff nicht zur Bezeichnung einer mehr oder weniger reproduzierbaren künstlerischen<br />

Vorlage, sondern <strong>als</strong> eine Zusammenfassung einer Reihe von ikonographischen Versatzstücken, die das Konzept<br />

der profanen <strong>Tugendheldin</strong> in der Frühen Neuzeit bestimmten.<br />

8<br />

Trotz mehrerer Korrespondenzen ist es mir nicht gelungen, den derzeitigen Stand eines Promotionsprojekts<br />

(http://www.onderzoekinformatie.nl; zuletzt aufgerufen: 16.03.2007) von Marieke Berhout an der Universität<br />

Leiden (»De zelfmoord van Lucretia, Dido, Cleopatra en Sophonisba in de Nederlandse schilder-, teken- en<br />

prentkunst tussen ca.1500 en 1730«) zu eruieren.<br />

58


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

setzung für den ikonographischen Erfolg der Figur in der Historienmalerei. Viele<br />

Aspekte der literarischen und künstlerischen Darstellungen und Inszenierungen<br />

Sophonisbes lassen sich auch auf die anderen, hier thematischen ›römischen Tu-<br />

gendheldinnen‹ übertragen. <strong>Die</strong>s gilt für die frühen dramatischen Gestaltungen des<br />

Stoffes, die eine wichtige Voraussetzung der Historienmalerei waren, aber auch für<br />

die ikonographischen und künstlerischen Entwicklungen des Sujets bis hin zu den<br />

Attitüden des 19. Jahrhunderts 9 .<br />

Nach einer Zusammenfassung der antiken Q u e l l e n gehe ich auf die litera-<br />

rische Rezeption des Stoffs im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit ein. <strong>Die</strong><br />

mannigfachen l i t e r a r i s c h e n B e a r b e i t u n g e n , Inszenierungen, Verwandlun-<br />

gen und Reduktionen sind die Voraussetzung der bildkünstlerischen Gestaltungen<br />

des heute geradezu exotischen Sujets. <strong>Die</strong> I k o n o g r a p h i e des Themas in der<br />

Historienmalerei nahm nicht – wie vermutet wurde 10 – von der frühneuzeitlichen<br />

Graphik, sondern von den dramatischen Entwürfen in Italien und Frankreich ihren<br />

Ausgang.<br />

Antike Quellen<br />

Nach den historischen Quellen wurde S o p h o n i s b e , Tochter des Karthagers<br />

Hasdrubal, 215 v. Chr. mit dem ostnumidischen Prinzen Mas s i n i s s a 11 verlobt.<br />

<strong>Die</strong>sem misslang es nach dem Tode seines Vaters, sich die numidische Herrschaft<br />

gegen andere Prätendenten zu sichern. Der westnumidische Fürst S y p h a x er-<br />

langte die Herrschaft über ganz Numidien und heiratete 206 Sophonisbe. In der<br />

Zwischenzeit war Massinissa ein Bündnis mit Rom eingegangen, das seit 204 un-<br />

ter dem Feldherrn S c i p i o in Afrika mit Karthago Krieg führte. Mit seiner Hilfe be-<br />

siegten die Römer Syphax, der 201 <strong>als</strong> Kriegsgefangener in Rom starb. Nach dem<br />

erfolgreichen Feldzug heiratete Massinissa 203 seine frühere Verlobte, obwohl<br />

Scipio die Auslieferung der Ehefrau des Syphax <strong>als</strong> Kriegsbeute verlangte. Um ihre<br />

Auslieferung zu verhindern, ließ Massinissa Sophonisbe Gift überbringen, damit<br />

sie selbst ihrem Leben ein Ende setzen konnte. Massinissa wurde 201 zum Dank<br />

für seine Unterstützung der römischen Expansionspolitik in Nordafrika Herrscher<br />

über ganz Numidien.<br />

9 Vgl. S. 294ff.<br />

10 Vgl. S. 85.<br />

11 Verschiedene Schreibungen des Namens sind gebräuchlich (»Masinissa«, »Massinissa« oder auch numidisch<br />

»Massanassa«). Ich verwende im Folgenden durchgehend »Massinissa«. – Eine politische Wertung im<br />

Artikel »Massinissa« von Hans Volkmann in: Kleiner Pauly, Bd. 3, Sp. 1068-1070.<br />

59


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Der augusteische Historiograph T i t u s L i v i u s gibt in seinem monumenta-<br />

len Werk Libri ab urbe condita 12 <strong>als</strong> erster Informationen über Sophonisbe und<br />

zeichnet ein Charakterbild der Königin.<br />

Zum Verständnis seiner Darstellung ist es von Gewicht, dass Livius die tragische<br />

Episode um Sophonisbe und Massinissa dort in seine Schilderung des Zweiten Punischen<br />

Krieges einordnet, wo sich ein positiver Umschwung für die Römer abzeichnet<br />

– wird doch zuvor vor allem von Hannibal und seinem für das römische Imperium<br />

bedrohlichen Zug über die Alpen berichtet. Obwohl sich Hannibal mit seinem Heer<br />

noch in Italien aufhält, ist Publius Cornelius Scipio, der später den Beinamen Africanus<br />

erhalten sollte, mit Truppen nach Afrika gesegelt, wo er 204 die ersten militärischen<br />

Erfolge erringt. Der Zweite Punische Krieg wird 202 durch die Entscheidungsschlacht<br />

bei Zama zugunsten der Römer entschieden und 201 durch einen Friedensschluss<br />

beendet, der den karthagischen Einfluss auf Afrika stark eingrenzt. Livius<br />

zeichnet Publius Cornelius Scipio <strong>als</strong> großen Gegenspieler der karthagischen<br />

Politiker und lässt ihn mit positiven Eigenschaften wie virtus (mannhaftes, sittlich<br />

bewusstes Handeln), fides (Verlässlichkeit), iustitia (Gerechtigkeit) und moderatio<br />

(Mäßigung) überkommene Wertvorstellungen (mores maiorum) vertreten und den<br />

Aufstieg der frühen Republik fördern. <strong>Die</strong> ›moralischen‹ Absichten seiner Geschichtsschreibung<br />

bestimmen die Darstellung: sie zeichnet nicht nur den Erfolg des<br />

Scipio nach, sondern schildert auch die politischen Gegner gebührend und beeindruckend,<br />

um damit die römischen Verdienste aufzuwerten. In diesen ›moralischen‹<br />

und ideologischen Zusammenhang ist auch seine Darstellung der Geschichte Sophonisbes<br />

einzuordnen. <strong>Die</strong> Tapferkeit (magnus animus) und Unerschrockenheit (ferocitas)<br />

der Königin soll dem Leser die Gefährlichkeit der Gegner Roms vor Augen<br />

führen.<br />

Nach der römischen Einnahme von Utica formieren sich die Karthager neu und<br />

beziehen die Truppen des Syphax in ihre militärische Planung ein. In diesem Zu-<br />

sammenhang erwähnt Livius beiläufig Sophonisbe <strong>als</strong> moralische Stütze des Sy-<br />

phax, den sie zur Festigung des Bündnisses mit Karthago geheiratet hat. 13 Als kurz<br />

darauf Cirta, die Hauptstadt des Syphax 14 , erobert wird, reitet Massinissa sofort in<br />

die Stadt, um zum Königspalast zu eilen, wo sich ihm Sophonisbe zu Füßen wirft.<br />

In direkter Rede lässt Livius Sophonisbe den Sieger bitten, sie auf keinen Fall den<br />

Römern auszuliefern. 15 Mit der Einführung der direkten Rede dramatisiert Livius<br />

12 Wichtige Forschungsbeiträge bei Burck, Erich (Hrsg.): Wege zu Livius, Darmstadt 1977 (Wege der<br />

Forschung 132). Ich zitiere Livius nach der Ausgabe von W. Weissenborn / H. J. Müller, Dublin / Zürich 7 1968<br />

13 »Inde dilectus in urbe agrisque haberi coeptus, et ad Syphacem legati missi, summa ope et ipsum<br />

reparantem bellum, cum uxor non iam ut ante blanditiis, satis potentibus ad animum amantis, sed precibus et<br />

misericordia ualuisset, plena lacrimarum obtestans ne patrem suum patriamque proderet, iisdemque flammis<br />

Carthaginem quibus castra conflagrassent absumi sineret.« (›Man begann, in der Stadt und auf dem Land<br />

Truppen auszuheben. Gesandte wurden zu Syphax geschickt, der den Krieg unbedingt wiederaufleben lassen<br />

wollte, weil seine Frau mit Bitten und dem Appell an das Mitgefühl Einfluss nahm, nicht mehr nur – wie schon<br />

zuvor – mit Schmeicheleien, die schon stark genug für ein liebendes Herz waren. Voller Tränen beschwor sie<br />

Syphax, Vater und Vaterland nicht zu verraten und Karthago nicht von den gleichen Flammen zerstören zu<br />

lassen, die schon das Lager vernichtet hätten.‹) (Ab urbe condita, 30,7,8)<br />

14 Ab urbe condita, 30,12,5<br />

15 »Intranti uestibulum in ipso limine Sophoniba, uxor Syphacis filia Hasdrubalis Poeni, occurrit; et cum in<br />

medio agmine armatorum Masinissam insignem cum armis tum cetero habitu conspexisset, regem esse, id<br />

quod erat, rata, genibus aduoluta eius. Omnia quidem ut possis‹ inquit ›in nos di dederunt uirtusque et felicitas<br />

tua. sed si captiuae apud dominum uitae necisque suae uocem supplicem mittere licet, si genua, si uictricem<br />

60


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

seinen Bericht und macht damit bereits wichtige Vorgaben für die spätere Rezepti-<br />

onsgeschichte. 16 Verzweiflung, Pathos und Affekte lösen eine überstürzte Hand-<br />

lungsfolge aus: Von Mitleid, aber auch von plötzlich wieder entflammter Liebe er-<br />

fasst, verspricht Massinissa Sophonisbe Hilfe gegen die Römer und nimmt sie zur<br />

Frau. Laelius, der Vertreter Scipios, ist über die überstürzte Ehe ungehalten, über-<br />

lässt jedoch Scipio die Entscheidung über Sophonisbes Schicksal. Da der inzwi-<br />

schen <strong>als</strong> Gefangener vor Scipio geführte Syphax seine antirömische Politik mit<br />

dem Einfluss Sophonisbes 17 entschuldigt, verlangt Scipio von Massinissa, sie <strong>als</strong><br />

Kriegsbeute Rom auszuliefern, und wirft dem Liebeseifer des nubischen Herr-<br />

schers mangelnde Mäßigung (temperantia) vor. 18<br />

attingere dextram, precor quaesoque per maiestatem regiam, in qua paulo post ante nos quoque fuimus, per<br />

gentis Numidarum nomen, quod tibi cum Syphace commune fuit, per huiusce regiae deos, qui te melioribus<br />

ominibus accipiant quam Syphacem hinc miserunt, hanc ueniam supplici des ut ipse quodcumque fert animus<br />

de captiua tua statuas, neque me in cuiusquam Romani superbum et crudele arbitrium uenire sinas. si nihil<br />

aliud quam Syphacis uxor fuissem, tamen Numidae atque in eadem mecum Africa geniti quam alienigenae et<br />

externi fidem experiri mallem; quid Carthaginiensi ab Romano, quid filiae Hasdrubalis timendum sit uides. si<br />

nulla re alia potes, morte me ut uindices ab Romanorum arbitrio oro obtestorque.« (›Als er in die Vorhalle kam,<br />

trat ihm bereits auf der Schwelle Sophoniba entgegen, die Gattin des Syphax und Tochter des Karthagers<br />

Hasdrubal. Als sie ihn, durch seine Rüstung sowie durch sein ganzes Auftreten ausgezeichnet, mitten in der<br />

Schar der Bewaffneten erblickte, war sie überzeugt, dass er der König sei, was ja auch wirklich zutraf. Sie warf<br />

sich vor ihm auf die Knie und sagte: <strong>Die</strong> Götter, deine Tapferkeit und dein Glück haben uns ganz in deine<br />

Gewalt gegeben. Aber wenn eine Gefangene vor dem Herrn über ihr Leben und ihren Tod die flehende<br />

Stimme erheben, wenn sie seine Knie, seine siegreiche Rechte umfassen darf, bitte ich flehentlich bei der<br />

königlichen Würde, die auch uns vor kurzem noch gebührte, beim numidischen Volk, dem du gemeinsam mit<br />

Syphax angehörst, bei den Göttern dieses Hauses, die dich unter besseren Vorzeichen empfangen mögen, <strong>als</strong><br />

sie Syphax von hier entlassen haben, gewähre der Flehenden diese Gnade; entscheide du allein über deine<br />

Gefangene, wozu immer dein Herz dich treibt, und überantworte mich nicht der hochmütigen und grausamen<br />

Willkür eines Römers. Wäre ich auch nur die Gemahlin des Syphax, wollte ich doch lieber mein Schicksal in<br />

die Hände eines Numiders und eines Mannes gelegt sehen, der wie ich in Afrika geboren ist, <strong>als</strong> in die eines<br />

Fremden und Ausländers. Was eine Karthagerin, was die Tochter Hasdrub<strong>als</strong> von einem Römer zu befürchten<br />

hat, siehst du selbst. Ich bitte und beschwöre dich, mich durch den Tod vor der Willkür der Römer zu retten,<br />

wenn kein anderer Ausweg bleibt.‹) (Ab urbe condita, 30,12,11-12)<br />

16 Direkte Rede beanspruchte in der antiken Historiographie keine Authentizität, musste aber der Wahrscheinlichkeit<br />

der Situation und Charaktere angepasst sein. Vgl. Laggner, Brigitte: Untersuchungen zur Topologie in<br />

den Reden der ersten und dritten Dekade des livianischen Geschichtswerkes, Diss. phil. Graz 1972.<br />

17 »tum se insanisse, tum hospitia priuata et publica foedera omnia ex animo eiecisse, cum Carthaginiensem<br />

matronam domum acceperit. illis nuptialibus facibus regiam conflagrasse suam; illam furiam pestemque<br />

omnibus delenimentis animum suum auertisse atque alienasse, nec conquiesse donec ipsa manibus suis<br />

nefaria sibi arma aduersus hospitem atque amicum induerit.« (›Er sei wahnsinnig geworden und habe alle<br />

Gebote der Gastfreundschaft und alle Vereinbarungen vergessen, <strong>als</strong> er eine Karthagerin heiratete. <strong>Die</strong><br />

Hochzeitsfackeln hätten seinen Palast in Asche verwandelt, die verderbenbringende Furie habe seinen Sinn<br />

mit allen möglichen Betäubungsmitteln verführt und verblendet und erst Ruhe gegeben, <strong>als</strong> sie ihm eigenhändig<br />

die verbrecherische Rüstung gegen den Gastfreund und persönlichen Freund angelegt habe.‹) (Ab<br />

urbe condita, 30,13,11)<br />

18 »et regem coniugemque eius, etiamsi non ciuis Carthaginiensis esset, etiamsi non patrem eius imperatorem<br />

hostium uideremus, Romam oporteret mitti, ac senatus populique Romani de ea iudicium atque arbitrium esse,<br />

quae regem socium nobis alienasse atque in arma egisse praecipitem dicatur.« (›Daher müsse man den König<br />

und seine Gemahlin nach Rom schicken, und dies selbst wenn sie keine Karthagerin wäre und ihr Vater kein<br />

feindlicher Feldherr. Dem Senat und dem römischen Volk sei die letzte Entscheidung über eine Frau<br />

überlassen, die einen verbündeten König abspenstig gemacht und H<strong>als</strong> über Kopf in den Krieg getrieben<br />

haben soll.‹) (Ab urbe condita, 30,14,10)<br />

61


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

<strong>Die</strong> römische Unnachgiebigkeit stürzt Massinissa in einen unlösbaren poli-<br />

tisch-moralischen Konflikt 19 : Durch einen Boten teilt der König Sophonisbe mit, er<br />

sei nicht mehr Herr seiner eigenen Entscheidungen und könne nur seine Zusage<br />

halten, sie nicht in die Macht der Römer gelangen zu lassen. Er lässt ihr einen Be-<br />

cher mit Gift überbringen, damit sie eine ihrer politischen Rolle würdige Entschei-<br />

dung 20 treffen kann. Livius dramatisiert auch diese Szene und gibt Sophonisbe<br />

noch einmal das Wort, bevor sie furchtlos den Giftbecher trinkt. 21 <strong>Die</strong>ser Auftritt der<br />

Königin, in dem Wort und Handlung theatralisch miteinander verknüpft sind, er-<br />

langte in der Rezeptionsgeschichte der historischen Episode zentrale Bedeutung.<br />

Im Zusammenhang seiner Geschichtsschreibung und seiner Darstellung des<br />

Zweiten Punischen Krieges ist die Katastrophe der Sophonisbe 22 für Livius eine<br />

Episode, mit der sich die Gefährlichkeit der nordafrikanischen Gegner Roms ver-<br />

anschaulichen ließ. In der Frühen Neuzeit konnte die beiläufige Anekdote zum<br />

Vorwurf für großes politisches Theater werden, weil Livius, der die hellenistische<br />

Geschichtsschreibung aufgreifend nicht annalistisch erzählte, aus ihr eine span-<br />

nende und unterhaltsame Szene gestaltete, die Boccaccio zu Recht faszinierte.<br />

Weitere Details ließen sich in der im zweiten nachchristlichen Jahrhundert<br />

entstandenen Römischen Geschichte (Ῥωμαϊκά) des A p p i a n finden. 23 Er be-<br />

handelt in seinem Karthagischen Buch die römische Eroberungspolitik und kommt<br />

in diesem Zusammenhang auch auf Sophonisbe zu sprechen. Seine Erzählregie<br />

ist nicht an der Persönlichkeit der karthagischen Königin, sondern am politischen<br />

Wechselspiel interessiert, das ihre Verbindungen mit Syphax und Massinissa be-<br />

stimmt. Im Gegensatz zu Livius setzt er eine Verlobung mit Massinissa voraus, <strong>als</strong><br />

Sophonisbe auf politischen Druck der Karthager mit Syphax verheiratet wird, dem<br />

dam<strong>als</strong> mächtigsten Mann in Afrika. Deshalb stehen das gekränkte Ehrgefühl und<br />

19<br />

Den inneren Konflikt begleiten bei Livius lebhafte Gefühlsäußerungen (suspiritus und gemitus) (Ab urbe<br />

condita, 30,15,3).<br />

20<br />

»memor patris imperatoris patriaeque et quorum regum quibus nupta fuisset« (›Sie solle an ihren Vater, den<br />

Feldherrn, an ihr Vaterland denken und daran, dass sie mit zwei Königen verheiratet war‹.) (Ab urbe condita,<br />

30,15,6)<br />

21<br />

»›Accipio‹ inquit ›nuptiale munus, neque ingratum si nihil maius uir uxori praestare potuit. hoc tamen nuntia,<br />

melius me morituram fuisse si non in funere meo nupsissem.‹ non locuta est ferocius quam acceptum<br />

poculum, nullo trepidationis signo dato, impauide hausit.« (›Sie sagte: Ich nehme die Hochzeitsgabe an; sie ist<br />

mir willkommen, wenn der Ehemann seiner Gattin nichts Besseres bieten kann. Sage ihm jedoch, der Tod<br />

wäre mir leichter gefallen, wenn ich nicht an meinem Todestag geheiratet hätte. Gelassen, wie sie den<br />

Giftbecher entgegengenommen hatte, trank sie ihn ohne Zeichen von Unruhe aus.‹) (Ab urbe condita, 30,15,7)<br />

22<br />

Ab urbe condita, 30,12-15<br />

23<br />

Appian von Alexandria: Römische Geschichte, Erster Teil: <strong>Die</strong> römische Reichsbildung, hrsg. und übers. von<br />

Veh, Otto / Brodersen, Kai, Stuttgart 1987.<br />

62


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

die verletzte Liebe Massinissas am Anfang der dramatischen Episode. 24 Als Sy-<br />

phax im weiteren Kriegsverlauf in Gefangenschaft gerät, lässt Sophonisbe Massi-<br />

nissa durch Gesandte wissen, sie habe sich nur unter Zwang mit Syphax verbun-<br />

den. 25 Der römische Feldherr fordert von Massinissa ihre Auslieferung, weil So-<br />

phonisbe von Syphax <strong>als</strong> glühende karthagische Patriotin geschildert wird. Massi-<br />

nissa eröffnet Sophonisbe die ausweglose Situation und reicht ihr selbst das Gift;<br />

anders <strong>als</strong> bei Livius kommt die Königin nicht mehr selbst zu Wort. 26<br />

Ein fait divers aus den römisch-karthagischen Auseinandersetzungen wird<br />

von Livius und Appian, deren Darstellungen sich in bemerkenswerter Weise er-<br />

gänzen, zu einer Episode konturiert, die es im Humanismus und in der Renaissan-<br />

ce zu einem späten literarischen Erfolg brachte, weil sich im Konflikt Sophonisbes<br />

der Antagonismus zwischen Liebe und Politik exemplarisch darstellen ließ. Wäh-<br />

rend Appian die politischen Hintergründe und Motivationen hervorhebt, rückt Livius<br />

den inneren Konflikt Sophonisbes in den Vordergrund. In der Frühen Neuzeit konn-<br />

te so die nebensächliche Episode aus den Punischen Kriegen ein bemerkenswer-<br />

tes revival verzeichnen.<br />

Spätmittelalterliche Rezeption<br />

Der frühneuzeitliche theatralische und ikonographische Erfolg der Episode aus<br />

dem Zweiten Karthagischen Krieg wäre nicht möglich gewesen, hätte nicht ein so<br />

prominenter Humanist wie P e t r a r c a (1304-1374) den Stoff aufgegriffen und So-<br />

phonisbe in seinem großen lateinischen Epos und in einem volkssprachlichen alle-<br />

24 Ȇber die Numider Afrikas herrschten viele Dynasten, getrennt nach ihren einzelnen Gebieten. Den ersten<br />

Rang unter allen nahm Syphax ein, und er genoß bei den anderen hohes Ansehen. Auch gab es einen gewissen<br />

Masinissa, den Angehörigen eines mächtigen Stammes, der Massylier, und Sohn ihres Königs. <strong>Die</strong>ser war<br />

in Karthago erzogen und ausgebildet worden, und da er ein stattlicher Mann von vornehmem Charakter war,<br />

hatte ihm Hasdrubal, der Sohn des Gisko, der an Rang keinem Karthager nachstand, seine Tochter verlobt,<br />

obschon jener ein Numider, er selbst aber ein Karthager war. Nach der Verlobung nahm er <strong>als</strong> Feldherr den<br />

jungen Mann nach Iberien mit. Doch Syphax, der ebenfalls von Liebe zu dem Mädchen erfaßt war, begann das<br />

karthagische Land zu plündern und verabredete mit Scipio, der eigens zu einem Treffen mit ihm aus Iberien<br />

herübergefahren war, ein gemeinsames Vorgehen, wenn dieser Karthago angreife. <strong>Die</strong> Karthager hörten davon,<br />

und da sie großen Wert darauf legten, Syphax' Hilfe für den Krieg gegen die Römer zu gewinnen, gaben<br />

sie ihm das Mädchen, ohne daß Hasdrubal und Masinissa, die beide in Iberien weilten, irdendwelche Kenntnis<br />

davon hatten. Masinissa war über das Vorgehen äußerst erbittert und schloß nun seinerseits – von Hasdrubal<br />

unbemerkt, wie er wähnte – in Iberien ein Abkommen mit Scipio.« (KA 36-40)<br />

25 »Es fanden sich bei ihnen auch Gesandte aus Cirta ein und boten ihnen den Palast des Syphax an. Wiederum<br />

einige kamen von Sophoniba, der Gattin des Syphax, eigens zu Masinissa und machten Angaben über<br />

deren erzwungene Heirat. Mit Freuden nahm Masinissa die Sophoniba entgegen und machte sie zu seiner<br />

Frau. Dann ließ er sie in Cirta zurück und kehrte selbst zu Scipio zurück, da er die weitere Entwicklung deutlich<br />

voraussah.« (KA 111f.)<br />

26 »Sophoniba zeigte ihrer Amme den Becher, bat sie, nicht zu weinen, wenn sie jetzt einen ehrenvollen Tod<br />

sterbe, und trank dann von dem Gift. Sobald die Römer erschienen, wies ihnen Massinissa die Leiche vor und<br />

begrub sie königlich.« (KA 119)<br />

63


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

gorischen Text zur Protagonistin gemacht, wobei er ausschließlich die Darstellung<br />

von Livius aufgriff. 27<br />

Als Petrarca sein neulateinisches Epos Africa 28 mit dem Anspruch konzipier-<br />

te, ein Vergils Aeneis gleichwertiges Werk zu schaffen, wählte er Scipio Africanus<br />

zum epischen Helden. Zur ›Erneuerung‹ Vergils gehörte auch eine Parallele zur<br />

Liebesgeschichte von Dido und Aeneas, die Vergil im vierten Buch seiner Aeneis<br />

dramatisch in Szene gesetzt hatte, um den Dauerkonflikt Roms und Karthagos my-<br />

thisch zu begründen. Im fünften Gesang der Africa erhielten Massinissa und So-<br />

phonisbe eine dem vierten Buch der Aeneis analoge Funktion: Das eindrucksvolle<br />

Szenario gibt dem Hass der den Römern Unterliegenden Ausdruck.<br />

Der Handlungsablauf folgt weitgehend Livius. Sophonisbe bittet den siegreichen<br />

Massinissa in Cirta um Gnade (vv. 1-105). Mit dem Versprechen, sie vor den Römern<br />

zu schützen, heiratet er die Königin (vv. 106-151, 242-272), was auf heftige<br />

Kritik Scipios stößt (vv. 371-437). In einem langen Monolog (vv. 438-486) beschreibt<br />

Massinissa seine Gefühle und sucht nach einem Ausweg durch Flucht (vv.<br />

510-533), bevor er sich dazu durchringt, der Königin Gift zu senden (vv. 689-718).<br />

<strong>Die</strong> Szene endet mit einem langen Abschiedsmonolog Sophonisbes (vv. 727-766).<br />

<strong>Die</strong> intertextuellen Bezüge zu Vergil sind zahlreich: Wie bei Vergil übernimmt Fa-<br />

ma, die Personifikation des Gerüchts, eine wichtige epische Rolle. 29 Machte sie im<br />

vierten Buch der Aeneis die Beziehung von Dido und Aeneas publik, verbreitet sie<br />

nun die Nachricht von der Ehe Sophonisbes und Massinissas und leitet zum Ein-<br />

spruch Scipios über. Auch wenn Petrarca das Sterben Sophonisbes beschreibt,<br />

tritt er in einen intertextuellen Wettbewerb mit den letzten Versen der Aeneis 30 , in<br />

denen der Tod des Turnus berichtet wird:<br />

[…] Inde malignum<br />

Ceu sitiens haurit non mota fronte venenum,<br />

tartareasque petit violentus spiritus umbras. 31<br />

Mit dem Tod des Turnus fand der Kampf um das von den Göttern verheißene Ita-<br />

lien ein Ende; Aeneas wurde Stammvater und Gründer eines neuen Weltreiches.<br />

27 Appian blieb Petrarca offensichtlich unbekannt.<br />

28 Petrarca, Francesco: Africa, hrsg. von Nicola Festa, Firenze 1926 (Edizione Nazionale delle Opere di Francesco<br />

Petrarca, 1). Eine für unseren Zusammenhang unbrauchbare Teiledition: Petrarca, Francesco: Rime,<br />

Trionfi e Poesie Latine, hrsg. von Neri, F. / Martellotti, G. / Bianchi, E. / Sapegno, N., Milano / Napoli 1951, S.<br />

625-703. – Das Jugendwerk Petrarcas entstand zwischen 1338 und 1341. Der Text ist bequem im Netz zugänglich:<br />

http://www.gelahn.asso.fr/docs87.html (zuletzt aufgerufen: 04.05.2008).<br />

29 Vv. 273-329.<br />

30 Der italische Gegenspieler Turnus wird von Aeneas im Zweikampf getötet: »vitaque cum gemitu / fugit<br />

indignata sub umbras« (›aufstöhnend fährt seine Seele / voll Unmut hinab zu den Schatten‹) (XII, 952).<br />

31 ›Dann trinkt sie wie eine Durstige mit unbewegtem Gesicht das verderbliche Gift, und ihr ungebändigter<br />

Geist strebt zu den Schatten des Tartarus.‹ (vv. 771-773)<br />

64


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Analog gilt für Petrarca Scipio nach dem Tod der afrikanischen Heldin und Patrio-<br />

tin 32 <strong>als</strong> ›zweiter Stammvater‹ römischer Macht.<br />

Gleichwohl wird Massinissa der größte Raum im fünften Gesang der Africa<br />

zugedacht: In einem langen Monolog 33 formuliert er seinen Loyalitätskonflikt zwi-<br />

schen Sophonisbe und Scipio. <strong>Die</strong> Verpflichtung gegenüber der Gattin und die<br />

strikte Forderung des Feldherrn, die Königin auszuliefern, treiben ihn in eine Apo-<br />

rie, die Petrarca in überraschender Weise löst: Massinissa gehorcht der römischen<br />

Forderung, weil er sich damit tröstet, das Leben mit Sophonisbe in der Unterwelt<br />

ohne zeitliche Begrenzung fortführen zu können. 34 Galt die Ehe Sophonisbes und<br />

Massinissas bei Livius <strong>als</strong> letzter Versuch, die bedrohte Königin zu retten, wird sie<br />

bei Petrarca zum eigentlichen Grund der strikten Forderung Scipios; Massinissa<br />

wird zum tragischen Verursacher des Untergangs der Königin: »Tibique / auctor<br />

mortis ego.« 35<br />

Petrarcas Darstellung kontrastiert Politik und Liebe und stellt damit der spä-<br />

teren Rezeption viele Möglichkeiten zu Verfügung, dieses Themenfeld unterschied-<br />

lich zu akzentuieren. In einer von Petrarca geschickt interpolierten Anspielung auf<br />

Valerius Maximus 36 kündigt die sterbende Königin dem römischen Sieger ein uneh-<br />

renhaftes Alter an.<br />

Im seinem volkssprachlichen Triumphus Amoris 37 , der den Triumphzug des Lie-<br />

besgottes schildert, stilisiert Petrarca Sophonisbe und Massinissa noch stärker zu<br />

exemplarisch Liebenden. In der Traumvision des Erzählers treten sie in der Entou-<br />

rage des Gottes Amor auf. Vor ihnen gehen einige der großen Liebespaare wie<br />

Caesar und Kleopatra, <strong>August</strong>us und Livia, Theseus und Ariadne, Venus und<br />

Mars, Pluto und Proserpina. 38 Sophonisbe und Massinissa schreiten, sich an der<br />

32 So wird Sophonisbe von Syphax in den vv. 330-370 charakterisiert. Mit Sophonisbes Eintreffen beginnt sein<br />

Verrat gegenüber den Römern (vv. 348-350). Seine Frau hat ihm selbst die Rüstung gegen die Römer angelegt<br />

und die Waffen in die Hand gedrückt (vv. 356-362). Seine Gefangennahme durch die Römer ist nur die<br />

gerechte Strafe für seine politische Unzuverlässigkeit (vv. 363-366).<br />

33 Vv. 534-688.<br />

34 »Scipio nostros non scindet amores«. (›Scipio wird unsere Liebe nicht zerbrechen.‹) (v. 545); »Ibimus una<br />

ambo flentes, et passibus isdem / ibimus, eterno connexi federe; nec nos / ferreus aut nostros Scipio<br />

interrumpet amores.« (›Weinend werden wir zusammen gehen und gemeinsam schreiten; in einen ewigen<br />

Bund sind wir vereint, weder uns noch unsere Liebe wird der unbarmherzige Scipio scheiden.‹) (vv. 549-551)<br />

35 ›Bin ich doch der Urheber deines Todes‹ (vv. 615f.).<br />

36 Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia, III, 5,1 (De ingratis)<br />

37 Petrarca, Francesco: Rime, Trionfi e Poesie Latine, hrsg. von Neri, F./ Martellotti, G./ Bianchi, E./ Sapegno,<br />

N., Milano / Napoli 1951, S. 481-508. Der Triumphus Amoris, an dem Petrarca seit den 50er Jahren bis zu<br />

seinem Tod (1374) arbeitete, blieb unvollendet. Vgl. den Artikel Petrarca von Rossi, Luciano in: Lexikon des<br />

Mittelalters, Bd. 6, Sp. 1945-1949. <strong>Die</strong> halballegorische Traumvision greift Elemente der Comedia Dantes auf;<br />

der Erzähler übernimmt zugleich die erklärende und kommentierende Rolle Vergils.<br />

38 Triumphus Amoris I,1-160<br />

65


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Hand haltend (a mano a mano) und weinend (dolcemente lagrimando), am Erzäh-<br />

ler vorbei. 39 Massinissa berichtet, seine unglückliche Liebe zu Sophonisbe sei am<br />

Loyalitätskonflikt mit Scipio gescheitert. Noch in der Traumvision ist Massinissa voll<br />

Bewunderung und Verehrung für Scipio (sommo uom), seine Leistung (virtute) und<br />

seinen Gerechtigkeitssinn (gran giustizia). Augenfällig ist Sophonisbe 40 im Trium-<br />

phus Amoris <strong>als</strong> liebende Frau charakterisiert, die zum Opfer der Politik wird. Wie<br />

in der Africa avanciert Scipio zum zweiten römischen Nationalhelden.<br />

Gleichzeitig mit Petrarcas Bearbeitungen des Sophonisbe-Stoffs nahm auch Boc-<br />

c a c c i o (1313-1375) die antike <strong>Tugendheldin</strong> in sein historisch-mythologisches<br />

Sammelwerk De claris mulieribus 41 auf. Das hier entworfene Bild beeinflusste für<br />

Jahrhunderte die gelehrte, literarische und ikonographische Rezeption der Sopho-<br />

nisbe. Boccaccio hielt sich eng an die Vorlage des Livius, dramatisierte die Episo-<br />

de aber dadurch, dass er nur Sophonisbe (und dies gleich mehrfach) zu Wort<br />

kommen lässt. <strong>Die</strong>se Vorgaben wurden in den ersten Theaterfassungen der Epi-<br />

sode aufgegriffen, zumal Boccaccio den Grundkonflikt zwischen Liebe und Politik<br />

zuspitzte.<br />

Über Livius hinausgehend hob Boccaccio den politischen Hintergrund der ersten<br />

Ehe Sophonisbes hervor. Hasdrubal versucht, Syphax auf die karthagische Seite<br />

zu ziehen und setzt dabei auf die Reize seiner Tochter. 42 <strong>Die</strong> politische Instrumentalisierung<br />

der Liebe gelingt: Der liebesblinde Syphax kann sogar zum Vertragsbruch<br />

gebracht werden. 43 Auch die sich nach der Gefangennahme des Syphax<br />

entwickelnde Beziehung zwischen Sophonisbe und Massinissa wird von Boccaccio<br />

39<br />

II,1-87<br />

40<br />

Ihr sind nur wenige Verse (vv. 77-78 und 82-84) direkter Rede zugedacht.<br />

41<br />

Abgefasst zwischen 1361 und 1375. Ich zitiere nach der Ausgabe Boccaccio, Giovanni: Tutte le opere, hrsg.<br />

von Branca, Vittore, Milano 2 1970.<br />

42<br />

»Que cum esset etate florens et forma satis egregia, a patre, Syphaci, potentissimo Numidie regi, in coniugium<br />

virgo copulata est; nec equidem desiderio regie affinitatis tantum; sed optabat vir sagax, instante Romanorum<br />

bello, non solum barbarum regem Romanis subtrahere, sed opere filie blandientis in partes Cartaginiensium<br />

adversus Romanos convertere; nec a precogitata fallacia deceptus est. Nam cum nuptias Syfax<br />

celebrasset, a premonita adolescentula, formositate favente, in tantum sue dilectionis ardorem tractus est, ut<br />

nil preter illam sibi carum aut delectabile arbitraretur Syphax.« (›<strong>Die</strong> junge und recht schöne Frau wurde von<br />

ihrem Vater mit Syphax, dem mächtigsten König Numidiens, verheiratet, weil er königliche Verwandtschaft<br />

wünschte und weil der scharfsichtige Mann den barbarischen König angesichts eines unmittelbar bevorstehenden<br />

Krieges mit den Römern den Feinden entfremden und durch den Einfluss seiner Tochter auf die karthagische<br />

Seite ziehen wollte. Er hatte mit seiner wohlbedachten Intrige Erfolg. Denn nach der Hochzeitsfeier<br />

wurde Syphax von der in die Intrige eingeweihten jungen Frau unter Einsatz ihrer Schönheit in einen solchen<br />

Liebestaumel versetzt, dass ihm nichts außer ihr lieb und erfreulich erschien.‹) LXX,2-3 (De Sophonisba regina<br />

Numidie)<br />

43<br />

»et sic, dum ureretur infelix et appareret Cornelium Scipionem ex Sycilia in Affricam [sic!] cum exercitibus<br />

traiecturum, Hasdrubalis monitu, Sophonisba blanditiis precibusque adeo Syphacis animum in desiderium<br />

suum traxit, ut, non solum Romanos relinqueret, quibus amicitie fidem prestiterat, et Cartaginensibus iungeretur,<br />

verum ultro alieni belli principatum assumeret.« (›Als erkennbar wurde, dass Cornelius Scipio mit seinen<br />

Heeren von Sizilien nach Afrika übersetzen würde, zog Sophonisbe auf Wunsch Hasdrub<strong>als</strong> den liebestollen<br />

Unglücklichen durch Schmeicheleien und Bitten so sehr in ihren Bann, dass er nicht nur die Römer im Stich<br />

ließ, mit denen er einen Freundschaftspakt geschlossen hatte, und sich mit den Karthagern verbündete, sondern<br />

sogar die Führung in diesem auswärtigen Krieg übernahm.‹) (LXX, 3)<br />

66


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

dramatisiert. <strong>Die</strong> exemplarische Unerschrockenheit 44 , mit der Sophonisbe den Tod<br />

wählt, steht am Ende einer sich überstürzenden Entwicklung, in der sie sich immer<br />

der politischen Dimension ihres Handelns bewusst ist, auch wo sie ihre durch das<br />

Unglück noch verstärkten Reize (pium quoddam et insolitum decus) erneut einsetzt.<br />

In ihrer prekären Lage wendet sie sich an den numidischen König 45 , verlangt<br />

selbstbewusst den Schutz Massinissas und beteuert – der Handlung vorgreifend –,<br />

den Tod aus der Hand des Massinissa dem durch die Römer vorzuziehen. Von<br />

Sympathie und sexueller Begierde motiviert, heiratet Massinissa Sophonisbe auf<br />

der Stelle; die knappe Schilderung Boccaccios betont die erotische Ausstrahlung<br />

der Königin. 46 Mit dem unerbittlichen Widerstand Scipios konfrontiert, zieht sich<br />

Massinissa weinend in sein Zelt zurück und schickt seinen treuesten Sklaven mit<br />

Gift zu Sophonisbe. 47 Das der Königin in den Mund gelegte ultimum verbum hat<br />

Boccaccio fast wörtlich von Livius übernommen und dabei die Zweideutigkeit be-<br />

44 »Nec acrius dicta dedit quam poculum sumpserit et, nullo signo trepidationis ostenso, confestim hauxit omne;<br />

nec diu tumescens in mortem, quam petierat, miserabunda collapsa est. – Edepol annoso homini, cui iam<br />

vita tedium, nec spes alia preter mortem, nedum puellule regie, tunc, habito ad notitiam rerum respectu, vitam<br />

intranti et quid in ea dulcedinis sit percipere incipienti, magnum et admirabile fuisset, et nota dignum, morti<br />

certe adeo impavide occurrisse.« (›Sie sagte das so wenig verbittert, wie sie auch den Becher nahm und ohne<br />

sichtbares Zeichen der Furcht ganz leerte; sie rang nicht lange um Atem und starb, die Ärmste, wie sie sich es<br />

gewünscht hatte. – Selbst für einen betagten Menschen, den schon der Lebensüberdruss ergriffen hat und<br />

dem keine andere Hoffnung mehr <strong>als</strong> der Tod bleibt, wäre dies eine bewundernswert große Handlungsweise<br />

gewesen, noch mehr aber unter diesen Umständen, und gar für eine junge Königin, die am Beginn ihres Lebens<br />

zu erkennen begann, welche Wonnen es bietet. Bemerkenswert unerschüttert trat sie dem Tod entgegen.‹)<br />

(LXX,10f.)<br />

45 »Sic, rex incilte, deo visum est et felicitati tue ut in nos, qui paulo post ante reges eramus, que velis possis<br />

omnia. Verum si permissum est captive ut coram victore et vite mortisque sue domino supplices voces emictere<br />

possit eiusque genua atque dexteram victricem contingere, deiecta precor per maiestatem tuam, in qua et<br />

ego paulo ante eram, perque genus regium et comune numidicum nomen, etsi meliori suscipiaris omine, quam<br />

hinc abierit Syphax, in me, quam tui iuris noviter adversa fecit fortuna, agas quod in oculis tuis pium bonumque<br />

visum sit, dum modo insolenti et fastidioso, potissime Penis, Romanorum arbitrio viva non tradar. Facile enim<br />

potes advertere quid romana hostis, cartaginensis et Hasdrubalis filia – sino quod Syphacis coniunx – timere<br />

possim; et, si omnis in hoc alius tollitur modus, ut tua manu potius moriar facito, quam hostium in potestatem<br />

viva deveniam, precor et obsecro –.« (›Den Göttern und deinem Glück hat es gefallen, berühmter König, dass<br />

du mit uns, die wir gerade auch noch Könige waren, tun kannst, was du willst. Wenn eine Gefangene dem<br />

Sieger und Herrn über Leben und Tod Bitten vortragen, seine Knie und seine siegreiche Rechte umfassen<br />

darf, bitte ich dich vom Schicksal Begünstigten kniefällig, nachdem Syphax nicht mehr da ist, bei deiner königlichen<br />

Würde, die auch ich eben noch besaß, und beim gemeinsamen numidischen Namen, gegen mich zu<br />

handeln, wie du willst, da das Geschick mich von dir abhängig gemacht hat, wenn ich, mächtiger König, nur<br />

nicht lebend der Willkür der unverschämten und widerwärtigen Römer ausgeliefert werde. Was ich <strong>als</strong> Feindin<br />

der Römer, Karthagerin und Tochter des Hasdrubal und auch <strong>als</strong> Frau des Syphax befürchten muss, kannst<br />

du dir leicht vorstellen; dringend bitte ich dich, mich lieber mit eigener Hand zu töten – wenn es denn keine<br />

andere Möglichkeit gibt – <strong>als</strong> mich lebend in die Gewalt der Feinde geraten zu lassen.‹) (LXX,5-7)<br />

46 »Massinissa qui et ipse numida erat et, uti omnes sunt, in libidinem pronus, venustatem oris orantis inspiciens<br />

– addiderat quippe infortunium, pium quoddam et insolitum decus suplici – motus et humanitate et libidine<br />

tractus, cum nondum adventasset Lelius, uti erat in armis, dextera data, inter feminarum querulos ululatus<br />

et tumultum discurrentium undique militum, levavit orantem eamque sibi extemplo iunxit in coniugem, medio in<br />

strepitu armorum nuptiis celebratis.« (›Massinissa, selbst Numider und wie alle Numider der Sinnlichkeit sehr<br />

zugetan, betrachtete das schöne Antlitz der Bittstellerin; das Unglück hatte der Flehenden eine ungewöhnliche<br />

und gleichsam erhabene Schönheit verliehen. Mitleid und Begierde brachten ihn dazu, ihr, bewaffnet wie er<br />

war, inmitten des Geschreis der Frauen und des Lärms der von allen Seiten durcheinander laufenden Soldaten,<br />

noch vor dem Eintreffen des Laelius die Rechte zu reichen, die Bittende aufzuheben und sie sich <strong>als</strong> Ehefrau<br />

zu verbinden; die Hochzeitsformalitäten wurden inmitten des Waffenlärms vollzogen.‹) (LXX, 8)<br />

47 »accersiri ad se iussit quem ex servis fidelissimum habebat, cui commiserat servandum venenum ad incertos<br />

fortune casus, eique precepit ut illud, poculo dilutum, Sophonisbe deferret diceretque libenter se illi, quam<br />

sponte dederat fidem, servaturum si posset; verum, quoniam a quibus poterat arbitrium subtrahebatur suum,<br />

quam ipsa petierat, non absque merore suo, praestabat fidem, si uti velit, scilicet ne in potestatem viva veniat<br />

Romanorum; ipsa tamen patris patrieque et duorum regum, quibus paulo ante nupserit, memor, sibi quod<br />

videretur consilium summeret.« (›Massinissa ließ den treuesten seiner Sklaven herbeiholen, dem er für mögliche<br />

Schicks<strong>als</strong>schläge Gift in Verwahrung gegeben hatte, und befahl ihm, das Gift Sophonisbe in einem Becher<br />

aufgelöst zu überbringen und ihr mitzuteilen, er hätte sein ihr freiwillig gegebene Versprechen gerne gehalten,<br />

wäre es in seiner Macht; nun erfülle er, weil sein Wunsch von den Mächtigen missachtet würde, nicht<br />

ohne Trauer sein von ihr erbetenes Versprechen, sie nicht lebend in die Hand der Römer geraten zu lassen;<br />

eingedenk des Vaters, des Vaterlandes und zweier Könige, die sie geheiratet habe, solle sie die für richtig<br />

gehaltene Entscheidung treffen.‹) (LXX,9f.)<br />

67


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

wusst beibehalten, die offen lässt, ob die Königin die Heirat mit Massinissa oder<br />

das Scheitern der damit verbundenen politischen Absicht bedauert. 48<br />

Von der Novelle zur Tragödie<br />

Als der Dominikaner Matteo B a n d e l l o (1484/85-1561) seine 41. Novelle (Infeli-<br />

ce esito de l'amore del re Masinissa e de la reina Sofonisba sua moglie) 49 Rinuccio<br />

Farnese widmete, erinnerte er an die compassione, die die bella istoria di Masinis-<br />

sa e Sofonisba bei den Zuhörern auslöste, <strong>als</strong> sich der Condottiere mitten im Krieg<br />

in der Nähe Viterbos bei einem Essgelage in idyllischer Szenerie Verse aus Pet-<br />

rarcas Trionfi vorlesen ließ und Giorgio Santa Croce bat, diese Liebesgeschichte<br />

ausführlicher zu erzählen. Bandellos Novelle ist ein Cento, für den der Verfasser<br />

auf Livius und auf Petrarcas Africa zurückgriff und den er durch zahlreiche direkte<br />

Reden dramatisch gestaltete. Den Gattungsregeln der Renaissance-Novelle ent-<br />

sprechend hat Bandello die tragische Beziehung Massinissas und Sophonisbes in<br />

eine Rahmenerzählung eingebaut, die zeigt, dass das Sophonisbe-Thema bereits<br />

weite Verbreitung gefunden hatte und seine dramatischen Qualitäten bekannt war-<br />

en. <strong>Die</strong> Handlung des merkwürdigen historischen Ereignisses wird in die zahlrei-<br />

chen Dialoge und Monologe der Novelle verlegt, in denen mit genormter Virtuosität<br />

Schönheit, Liebesklage, Todeswillen und Verklärung Sophonisbes evoziert wer-<br />

den. 50 Trotz der petrarkistischen Sprache deuten knappe Exposition und ostentati-<br />

ve Peripetie bereits auf dramatische Inszenierungsmöglichkeiten des Stoffes hin.<br />

Das historiographische Exemplum, von Petrarca zur Liebesgeschichte vor bedeut-<br />

samer politischer Kulisse umgewertet, spielt denn auch eine bedeutende Rolle in<br />

der frühneuzeitlichen Wiederentdeckung der Tragödie.<br />

48 »Accipio nuptiale munus et, si nil aliud a viro coniugi dari poterat, gratum habeo; sed refer satius me morituram<br />

fuisse si non in funere meo nupsissem«. (›Wenn der Gatte seiner Gemahlin nichts anderes zum Hochzeitsgeschenk<br />

machen konnte, nehme ich es dankbar an. Richte aber aus, dass ich zufriedener gestorben<br />

wäre, wenn ich nicht an meinem Todestag geheiratet hätte.‹) (LXX,10) – Mit fast gleichen Worten Livius: »Accipio<br />

nuptiale munus, neque ingratum si nihil maius uir uxori praestare potuit. hoc tamen nuntia, melius me<br />

morituram fuisse si non in funere meo nupsissem«. (›Wenn der Gatte seiner Gemahlin nichts Größeres zum<br />

Hochzeitsgeschenk machen konnte, nehme ich es dankbar an. Melde jedoch, dass ich besser gestorben wäre,<br />

wenn ich nicht an meinem Todestag geheiratet hätte.‹) (Ab urbe condita, 30,15,7)<br />

49 Bandello, Matteo: Le Novelle, hrsg. von Brognoligo, Gioachino, Bari 1928, S. 101-114. – Weitere Informationen<br />

zu Matteo Bandello bei: Rosa, Alberto Asor (Hrsg.): Letteratura Italiana, Gli Autori, Dizionario Bio-<br />

Bibliografico e Indici, Torino 1990, Bd. 1, S. 167-168.<br />

50 »O Sofonisba mia cara, o vita de la mia vita e a me assai piú che la luce degli occhi miei amabile e dolce,<br />

che sará di noi? Oimè, piú concesso non mi sará veder il tuo vago ed amoroso viso, le bionde chiome, quei<br />

begli occhi che mille volte hanno fatto invidia al sole e sentir la soave armonia de le parole, la cui dolcezza può<br />

a Giove nel maggior furore, quando irato le folgoranti saette vibra, l’arme tor di mano.« (›O meine teure Sophonibe,<br />

o du Leben meines Lebens, die du mir weit süßer und liebenswerter bist <strong>als</strong> das Licht meiner Augen,<br />

– was wird aus uns werden? Weh mir! Es wird mir nicht mehr vergönnt sein, dein reizendes liebevolles Antlitz<br />

zu sehen, deine blonden Flechten, deine schönen Augen, die tausendmal den Neid der Sonne erweckt haben,<br />

nicht vergönnt, die süße Harmonie der Worte zu hören, deren bestrickender Wohlklang Jupitern im höchsten<br />

Zorn, wenn er ergrimmt die blitzenden Pfeile schwingt, die Waffe aus der Hand zu winden vermag.‹ (Floerke,<br />

Hanns [Übers.]: <strong>Die</strong> Novellen des Bandello, München 1920, Bd. 3, S. 234)<br />

68


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Bereits in der ersten dramatischen Bearbeitung in einer Volkssprache wird das<br />

theatralische und ›philosophische‹ Potential des Stoffes deutlich. <strong>Die</strong> Sofonisba<br />

des G a l e o t t o d e l C a r r e t t o (ca. 1455-1530) 51 wurde 1502 in Mantua aufge-<br />

führt, wenn man der Dedikation 52 des erst 1546 postum erschienen Drucks an Isa-<br />

bella di Mantova Glauben schenken darf.<br />

Das Stück 53 behandelt den gesamten Zusammenhang der »notabili gesti« Scipios<br />

in Afrika, nicht nur das Schicksal der Sofonisba, die erst gegen Ende der Handlung<br />

auftritt. Das noch ganz ›unaristotelische‹ Stück spielt, seine Herkunft aus der Historiographie<br />

nicht verbergend, in einem bilderbogenartigen Aufbau an fünf Handlungsorten:<br />

Cirta, Carthago, Cadiz, Sizilien und in einem Zelt. Dem Zuschauer werden<br />

erhebliche Zeitsprünge zugemutet: zu Beginn des Stückes ist Syphax noch<br />

nicht einmal Sofonisbas Ehemann. Nach klassischem Vorbild hat Galeotto Chorlieder<br />

eingefügt, um die Handlung zusammenzufassen, die in 229 Strophen (ottaverime)<br />

ein breites Bild der Episode im Zweiten Punischen Krieg entwickelt. Sofonisba<br />

selbst tritt nur in vier Szenen auf: sie hat bereits in die Heiratspläne Hasdrub<strong>als</strong><br />

einwilligt und zieht Syphax auf die karthagische Seite. Nach seiner Gefangennahme<br />

bittet sie Massinissa um Hilfe, die er nur <strong>als</strong> Ehemann gewähren kann, weshalb<br />

er auf die Verheiratung drängt. In der letzten Szene empfängt Sofonisba das Gift<br />

und tötet sich. 54<br />

<strong>Die</strong> stoische (und neustoische) Einschätzung des Selbstmords <strong>als</strong> Möglichkeit des<br />

animo gentile zur Bewahrung der inneren Freiheit findet in dem sich selbst monu-<br />

mentalisierenden Epitaph Ausdruck, den Sofonisba für sich entwirft:<br />

Qui giace Sofonisba, ch’ebbe a vile<br />

Questa vita mortal, per gire a morte,<br />

E per spogliarsi l’abito servile<br />

Bevve il veleno, sì che la sua sorte<br />

Sia esempio a qualunque animo gentile,<br />

Che al viver nostro non son l’ore corte,<br />

Ov’ei muor per onore, anzi la vita<br />

L’onorata sen va, resta infinita. 55<br />

In einer hoffnungslosen Konstellation rettet nur der selbst gewählte Tod die morali-<br />

sche Freiheit (»bella e pietosa libertà«). <strong>Die</strong>sen Grundgedanken seines Theater-<br />

51<br />

Rosa, Alberto Asor (Hrsg.): Letteratura Italiana, Gli Autori, Turin 1990, Bd. 1, S. 679-680.<br />

52<br />

Del Carretto, Galeotto: Li sei contenti e La Sofonisba, hrsg. von Gregoli-Russo, Mauda, Madrid 1982, S.<br />

149-151.<br />

53<br />

In der Widmung wird die Handlung knapp zusammengefasst: »One l’animo m’ha indotto a scrivere i notabili<br />

gesti di Scipione in Africa fatti doppo la superata Spagna, e di Siface l’infortunato successo, e di Sofonisba sua<br />

prima moglie il miserevole caso: la quale più tosto elesse di bere il veleno di Massinissa suo novo sposo mandato,<br />

che perdendo libertade andar cattiva in servitù de’ Romani.« (S. 150)<br />

54<br />

Siehe Andrae, <strong>August</strong>: Sophonisbe in der französischen Tragödie mit Berücksichtigung der Sophonisbebearbeitungen<br />

in den anderen Litteraturen, Jena 1891 (Zeitschrift für französische Sprache und Litteratur,<br />

Supplement 6), S. 43.<br />

55<br />

A.a.O., S. 242-243. Vergleichbar: »Torna al tentorio in viso col rossore, / Con la vergogna, e col cordoglio in<br />

seno, / E poiché ha volt’ in pensier vari ‘l cuore, / A Sofonisba manda ‘l dir veneno, / Con dir, se ben è di sua<br />

morte autore, / Che la sua libertà gli salva almeno. / Ed ella il beve intrepida ed ardita, / E fatta in libertà perde<br />

la vita.« (a.a.O., S. 157)<br />

69


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

stückes spricht del Carretto selbst in der Widmung an Isabella di Mantua höfisch<br />

verklausuliert, aber deutlich genug aus. 56<br />

Das Stück war allerdings rasch veraltet, weil von Giovan Battista Giraldi Cinzio<br />

(1504-1573) und Gian Giorgio T r i s s i n o (1478-1550) 57 die bei Galeotto noch<br />

nicht beachteten aristotelischen Regeln in die Literaten- und Theoretikerdebatte<br />

des 16. Jahrhunderts eingeführt wurden. Cinzios Discorso ovvero lettera intorno al<br />

comporre delle commedie e delle tragedie (1543) und Trissinos Poetica (1529 und<br />

1562) erörterten den regelgerechten Aufbau des Dramas und das moralische Ziel<br />

der erneuerten Tragödie. Nicht mehr Götter oder Schicksal sollten wie bei Aischy-<br />

los oder Sophokles den tragischen Ausgang herbeiführen, sondern Einsicht und<br />

Wille der Protagonisten, wie es bereits Seneca in seinen Theaterstücken propa-<br />

giert hatte, dem sich die humanistischen Theoretiker der Frühen Neuzeit anschlos-<br />

sen. 58<br />

Es ist bemerkenswert genug, dass gerade der Sophonisbe-Stoff zum Vorwurf des<br />

ersten, folgenreichen Versuchs gewählt wurde, das antike Tragödienmodell neu zu<br />

beleben. 59 Gian Giorgio Trissino wählte die historisch-epische Vorlage <strong>als</strong> Thema<br />

der ersten klassizistischen Tragödie der Neuzeit. Er ließ seine Sofonisba 1515<br />

während des Karnev<strong>als</strong> vor Leo X. aufführen. 60 Im Vorraum des Teatro Olimpico<br />

von Vicenza, dem sogenannten Antiodeo, das Vincenzo Scamozzi nach palladia-<br />

56<br />

»Ricordandole in questa, quanto è da stimare la bella e pietosa libertà, la quale nè per oro, né per gemme,<br />

né manco per stati, si può vendere né commutare, e sì stimando voi esser una di quelle, a cui tal privilegio<br />

sopra ogni tesoro piace, leggetela dunque quando averete oportunità di leggerla, tenendomi di continuo nel<br />

vivo della memoria sua sì come merta il candido della servitù vera.« (a.a.O., S. 151) (›Das Stück mag Euch<br />

daran erinnern, wie hoch die schöne und tugendhafte Freiheit einzuschätzen ist, welche nicht für Gold oder<br />

Edelsteine, auch nicht für Länder zu verkaufen oder einzutauschen ist. Auch bin ich der Auffassung, dass Ihr<br />

zu den Frauen gehört, denen dieses Privileg wertvoller <strong>als</strong> alle Schätze ist. Lest <strong>als</strong>o bei Gelegenheit das<br />

Stück und behaltet mich in lebhafter Erinnerung, wie es meine aufrichtige Ergebenheit verdient.‹)<br />

57<br />

Informationen zu diesen Autoren bei: Rosa, Alberto Asor (Hrsg.): Letteratura Italiana, Gli Autori, Turin 1990,<br />

Bd. 1, S. 917-918; Bd. 2, S. 1749-1750.<br />

58<br />

Das »fuggire il vizio e seguire la virtù« (Mauda Bregoli-Russo in ihrer Ausgabe der Sofonisba Galeottos,<br />

a.a.O., S. 34) wird zum Dauerthema des Theaters und der Historienmalerei: »[…] e la tragedia o sia di fin lieto<br />

o d’infelice col miserabile, e col terribile purga gli animi da vizj, e gl’induce a buoni costumi« (Cinzio nach Bregoli-Russo,<br />

a.a.O.).<br />

59<br />

Manzoni hat es im Vorwort seines Conte di Carmagnola beklagt, dass »regelmäßige Tragödie überall mit<br />

einer langweiligen Sophonisbe ihren Anfang nehmen müsse« (Maurer, Karl: Goethe und die romanische Welt,<br />

Paderborn 1997, S. 239f.).<br />

60<br />

Ariani, Marco (Hrsg.): Il teatro italiano, Bd. 2, La tragedia del Cinquecento, Turin 1977. <strong>Die</strong> editio princeps<br />

erschien im Juli 1524 und wurde im 16. Jahrhundert in mindestens 31 verschiedenen Drucken in Italien verbreitet.<br />

Der europäische Erfolg der klassizistischen Tragödie ist ohne dieses Stück nicht vorstellbar. Vgl.<br />

Ciampolini, Ermanno: La prima tragedia regolare della letteratura italiana, Firenze 1896. Mauda Gregoli-Russo<br />

schreibt im Vorwort ihrer Ausgabe von del Carrettos Li sei contenti e La Sofonisba, a.a.O., S. 30 zur Einführung<br />

der Sciolti in Trissinos Sofonisba: »Il dramma delcarrettiano fa nascere naturalmente il confronto con la<br />

Sofonisba del Trissino, considerata la prima tragedia regolare in lingua italiana, nel nuovo endecasillabo sciolto<br />

riproducente il trimetro giambico catalettico del dramma tragico classico.«<br />

70


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

nischen Plänen dem Theaterbau hinzugefügt hat, sind Fresken aus den neunziger<br />

Jahren des 16. Jahrhunderts erhalten, die an wichtige Theaterereignisse erinnern.<br />

Ein Fresko zeigt die Aufführung der Sofonisba des Trissino. 61 Dem Theaterpubli-<br />

kum und einer breiteren Öffentlichkeit war die initiatorische Bedeutung des Stückes<br />

für die frühneuzeitliche Bühne durchaus bewusst, wie diese Illustration belegt.<br />

Der Vorwurf des Stücks folgt den beiden antiken Hauptquellen, wird aber nicht<br />

mehr wie bei del Carretto historisch-chronistisch in eine Bilderfolge umgesetzt,<br />

sondern um einen »nucleo erotico-politico« 62 konstruiert. Mit seiner Sofonisba folgt<br />

Trissino nicht römischen, sondern griechischen Modellen und nimmt damit in einer<br />

Streitfrage unter den Humanisten Stellung, die sich zum Beispiel auch in der ersten<br />

kommentierten Aristoteles-Ausgabe (1548) des Francesco Robortello 63 und der<br />

ersten italienischen Übersetzung der aristotelischen Poetik (1549) von Bernardo<br />

Segni niederschlug. 64 Trissino selbst hat in seiner Quinta divisone della Poetica<br />

(1562 postum veröffentlicht) Aufbau und Ausführung seiner Sofonisba begründet. 65<br />

Seine Tragödie wurde mit den drei Einheiten von Handlung, Ort und Zeit und mit<br />

der Handlungsdurchführung in fünf Akten (Exposition, Steigerung der Verwicklung,<br />

Höhepunkt mit entscheidendem Geschehen, Peripetie und Katastrophe) eine entscheidende<br />

Weichenstellung für das klassizistische europäische Theater. Das dramentechnische<br />

Repertoire (Teichoskopie, Stichomythie, Rückblende, Retardierung,<br />

vaticinatio ex eventu) beherrschte Trissino bereits meisterhaft.<br />

In seiner dramatischen Umsetzung fügt Trissino der historischen Überlieferung<br />

zwei Personen hinzu: Auf die Emotionen der Zuschauer zielend wird Sofonisba<br />

Mutter eines Sohnes von Syphax. 66 Dramentechnisch besonders folgenreich ist die<br />

Einführung der Erminia <strong>als</strong> einer Vertrauten Sofonisbas. 67 Im Zwiegespräch mit ihr<br />

wird in einem Rückblick an die aufgelöste Verlobung mit Massinissa erinnert. <strong>Die</strong><br />

Einführung der Vertrauten erlaubt es der Protagonistin, ›öffentliche‹ und ›private‹<br />

Sphäre zu unterscheiden. In der Sterbeszene übernimmt Erminia die Rolle eines<br />

alter ego, das Emotionen, Trennungsängste und Affekte formulieren darf. 68<br />

Angelpunkte des dramatischen Geschehens 69 sind die Unterredung zwischen Sophonisbe<br />

und Massinissa (vv. 390-605), der Dialog zwischen Scipio und Massinissa<br />

61<br />

Abgebildet bei Beyer, Andreas: Andrea Palladio, Teatro Olimpico, Triumpharchitektur für eine humanistische<br />

Gesellschaft, Frankfurt 1987, S. 36.<br />

62<br />

So Ariani, Marco, a.a.O., im Vorwort o. S.<br />

63<br />

In librum Aristotelis de arte poetica explicationes Florenz, 1548 bei Torrentino erschienen.<br />

64<br />

<strong>Die</strong> Übersetzung der Poetik des Aristoteles erschien zusammen mit anderen aristotelischen Texten ebenfalls<br />

bei Torrentino. Vgl. Stillers, Rainer: Humanistische Deutung, Studien zu Kommentar und Literaturtheorie<br />

in der italienischen Renaissance, Düsseldorf 1988, bes. S. 107-179.<br />

65<br />

Ariani, Marco (Hrsg.): Il teatro italiano, Bd. 2: La tragedia del Cinquecento, Turin 1977, S. XV.<br />

66<br />

Das Motiv wird in der Historienmalerei im Gegensatz zur Bühnentradition selten aufgegriffen. Vgl. aber zu<br />

Giambattista Crosato S. 99.<br />

67<br />

In ihrer Premessa bezeichnet Ariani fälschlicherweise Erminia <strong>als</strong> nutrice, was sich durch einen einzigen<br />

Blick in den Text widerlegen lässt. Sofonisba vertraut kurz vor ihrem Tod Erminia ihren kleinen Sohn an und<br />

bezeichnet sie <strong>als</strong> Verlobte ihres Bruders (»E stando in casa ancor darai conforto / a la mia vecchia e sconsolata<br />

madre, / che già ti elesse moglie a mio fratello, / e ora le sarai figliuola e nuora.« [vv 1818ff.]).<br />

68<br />

Vv. 1737-2091.<br />

69<br />

Obwohl die heute gebräuchliche Einteilung in Akte und Szenen noch nicht vorgenommen ist, lassen sich in<br />

den 2103 Versen des Stücks fünf Akte unterscheiden, da der Fragen stellende und wertende Chor jeweils am<br />

71


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

(vv. 1256-1427) und die Katastrophe, die in zwei Phasen strukturiert ist: suicidio<br />

(vv. 1554-1732) und morte (vv. 1733-1989). Eine <strong>Die</strong>nerin schildert in einer langen<br />

narratio (vv. 1569-1672), wie ein Bote Massinissas das Gift überbringt. Äußerst<br />

theatralisch berichtet sie die Reaktionen Sophonisbes, referiert nicht nur Gesagtes,<br />

sondern setzt zu direkter Rede an, das Vorgefallene einerseits von außen erzählend,<br />

andererseits in direkter Rede vorstellend. Noch ist Sophonisbe nicht aufgetreten<br />

und der Spannungsbogen bis zum Zerreißen gespannt. Erst nach einer weiteren<br />

Retardation erscheint die Protagonistin selbst, bereits vom Tode gezeichnet.<br />

Der Fortgang der Handlung wird weiter retardiert: Sophonisbe trinkt das Gift erst,<br />

nachdem sie Juno <strong>als</strong> Göttin der Ehe ein Opfer dargebracht hat. Ganz Herrin ihrer<br />

Gefühle, nimmt sie von Sohn und Hofstaat Abschied. Wieder werden private und<br />

öffentliche Rolle unterschieden; die Gefühle der Mutter treten vor denen der Regentin<br />

zurück.<br />

Nach einem Opfer für Proserpina beginnt die Sterbeszene mit einem langen Ge-<br />

spräch zwischen Sophonisbe und Erminia. Trissino veranschaulicht in Sophonis-<br />

bes Bühnentod die neustoische Auffassung, ein schöner und ruhmreicher Tod<br />

(»una bella e glorïosa morte«) zeichne ein ganzes Leben aus. 70 Sophonisbe wird<br />

in ihrer privaten Rolle <strong>als</strong> liebende Mutter gezeigt, der die Versorgung des kleinen<br />

Sohnes kurz vor ihrem Tod am Herzen liegt. Auch an ihre Rolle <strong>als</strong> Tochter und<br />

Schwester wird nochm<strong>als</strong> erinnert. 71 <strong>Die</strong> von Syphax <strong>als</strong> Patriotin charakterisierte<br />

Königin 72 versteht ihren Tod <strong>als</strong> Auflehnung gegen die römische Gewalt. 73 Der<br />

Konflikt zwischen Scipios Staatsräson und Sophonisbes unbedingtem Willen, nicht<br />

in die Hände der Todfeinde zu geraten, findet seine Auflösung im Tod der Prot-<br />

agonistin, hinter deren Gelassenheit und Stärke alle anderen Personen verblas-<br />

sen. Am stärksten betont Trissino jedoch die stoische Entschlossenheit seiner Hel-<br />

din, den Tod nicht <strong>als</strong> etwas Bedrohliches, sondern <strong>als</strong> Befreiung zu empfinden.<br />

Erst Trissino entwickelte aus der historischen Überlieferung einen stimmigen<br />

Charakter, der sich noch im Scheitern bühnengerecht entwickelt und bewährt. Da-<br />

bei tritt das Motiv der Liebe Sofonisbas zu Massinissa zugunsten der Selbstbe-<br />

hauptung der Königin völlig zurück. Eine letzte Steigerung bringt nach den Klagen<br />

des Chores und der Vertrauten das Eintreffen Massinissas, der zu spät doch noch<br />

einen Weg zur Rettung Sofonisbas gefunden hat: Trissino erreicht es durch diese<br />

Wendung, dass der freiwillige Tod seiner <strong>Tugendheldin</strong> nicht mehr politischen Zu-<br />

Ende eines Aktes emotional Stellung zum eben vergangenen Geschehen bezieht (1. Akt: 1-228, 2. Akt: 229-<br />

691, 3. Akt: 692-1161, 4. Akt: 1162-1553, 5. Akt: 1553-2103).<br />

70 »La vita nostra è come un bel tesoro, / che spender non si deve in cosa vile, / illustra tutta la passata vita. /<br />

né risparmiar ne l’ onorate imprese: / perché una bella e glorïosa morte / illustra tutta la passata vita.« (vv. 334-<br />

339)<br />

71 v. 1881<br />

72 »La causa fu la bella Sofonisba« (v. 1190), sagt Syphax, <strong>als</strong> er von Scipio nach dem Grund gefragt wird,<br />

warum er den Vertrag mit den Römern gebrochen habe.<br />

73 »ivi ai parenti miei tu narrerai / il modo, e la cagion de la mia morte, / sí come per fuggir la servitute, / e per<br />

non far vergogna al nostro sangue, / ne la mia gioventú presi ‘l veneno.« (vv. 1813-1817)<br />

72


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

fällen, sondern der moralischen Selbstbehauptung Sofonisbas geschuldet ist und<br />

macht sie damit zur tragischen Figur.<br />

Im Jahre 1559 eröffnet Mellin de Saint-Gelais mit seiner französischen Prosabear-<br />

beitung von Trissinos Sofonisba, die vor Caterina de’ Medici in Blois aufgeführt<br />

wurde, den breiten europäischen Strom der Bearbeitungen und Adaptionen 74 des<br />

Stoffes, die bis zu Vittorio Alfieris (1749-1803) Sofonisba (1784) und Emmanuel<br />

Geibels (1815-1884) Sophonisbe (1868) 75 reicht und mannigfache Gewichtungen<br />

und Betonungen, Varianten und Mischungen erprobte. Schon im 16. Jahrhundert<br />

erschienen französische Adaptionen Trissinos von Claude Mermet (1584), Antoine<br />

de Montchrestien (1596) und Nicolas de Montreux (1601). die die Form der Tragö-<br />

die nicht mehr in Frage stellten. 76 <strong>Die</strong> zweifellos folgenreichste dramatische Fas-<br />

74<br />

Axelrad, Albert-José: Le thème de Sophonisbe dans les principales tragédies de la littérature occidentale<br />

(France, Angleterre, Allemagne), Lille 1956<br />

75<br />

Zugänglich über www.projekt.gutenberg.de (zuletzt aufgerufen: 11.05.2008).<br />

76<br />

<strong>Die</strong> französischen Bühnenbearbeitungen des Stoffes beziehen seit Nicolas de Montreux neben den oben<br />

besprochenen antiken Quellen auch auf einen P l u t a r c h zugeschriebenen Text, der sich in der verbreiteten<br />

Übersetzung von Jacques Amyot fand. Sie fasst die Sophonisbe-Episode kurz zusammen und legt den Akzent<br />

auf den tiefen Fall des Syphax, der durch Sophonisbe zu unloyalem Verhalten gegenüber den Römern verleitet<br />

worden war, sich aber damit trösten konnte, dass auch Massinissa <strong>als</strong>bald ihrem Charme unterlag. Ich<br />

zitiere den Text nach: Plutarque: Les Vies des Hommes illustres, übersetzt von Jacques Amyot, 9 Bde, Paris,<br />

1783-86, Bd. IX, S. 550-553. (Vgl. Nicolas de Montreux, La Sophonisbe, hrsg. von Donald Stone, Genève<br />

1976, S. 27-29.)<br />

»[XXVIII] Syphax estant arrive en Numidie, et de là en son royaume paternel et hereditaire, leva à la haste une<br />

armee ramassee de toutes sortes de gens, et venant à rencontrer Masinissa et C. Lælius, ne redouta point de<br />

leur donner la bataille. Toutefois ce fut follement faict a luy, attendu qu'il n'estoit point a beaucoup près si fort<br />

que son ennemy, ny en nombre de combatans, ny en egalité de soudards: car les soudards ny les capitaines<br />

de son armee ne pouvoyent estre comparez aux soudards et capitaines du camp des Romains. Parquoy il fut<br />

facilement vaincu par hommes tant belliqueux, et qui pis est prins en la bataille avec beaucoup d'autres grands<br />

personnages: ce que Masinissa eust a grand peine ose souhaitter: puis il les vint presenter a Scipion. Du<br />

commencement tous furent joyeux, quand il leur fut dit qu'on amenoit Syphax prisonnier au camp: mais après<br />

quand ils le veirent lie et garroté, tous furent esmeus à pitié le voyans en si piteux estat, pour la memoire qu'ils<br />

avoyent de sa grandeur et majeste. Car il leur souvenoit combien grande avoit esté un peu auparavant la renommée<br />

de ce roy, combien grandes avoyent esté ses richesses, et la puissance d'un si grand royaume: mais<br />

le voyans puis apres tumbé de si hault estat en ceste misere, ils en avoyent pitié. Mais le capitaine Romain le<br />

receut humainement, et parlant gracieusement a luy, luy demanda, quelle occasion l'avoit fait changer de<br />

courage, et l'avoit poulsé a faire la guerre aux Romains. Alors le roy se souvenant de son anciene amitié et de<br />

la foy donnée, luy respondit franchement, que ç'avoit esté l'amour qu'il portoit a sa femme Sophonisba, lequel<br />

l'avoit incité de se porter si laschement et malheureusement envers les Romains, et que soudain il en auroit<br />

reçu tel supplice que les autres y prendroyent exemple, et se garderoyent de rompre la foy promise. Toutefois<br />

que ce luy estoit un grand soulas en ses adversitez extremes, de voir son ennemy mortel Masinissa estre<br />

esprins de la mesme rage et fureur qu'il avoit. [XXIX] Car apres que Syphax eut este vaincu et prins, Masinissa<br />

alla vers Cyrthe, ville capitale du royaume, laquelle il print, et y trouva Sophonisba, de laquelle il devint amoureux:<br />

incontinent qu'elle l'eut commencé à flatter avec beaucoup de caresses, il luy promeit aussi de la delivrer<br />

d'entre les mains des Romains: et à fin de venir mieulx a but de son entreprinse, il l'avoit prinse en mariage.<br />

Ces choses furent bien tost signifiees, à Scipion, dequoy il fut grandement troublé. Car il estoit tout notoire que<br />

Syphax avoit esté vaincu soubs la conduitte et par le moyen des Romains, et pourtant tout ce qui avoit appartenu<br />

a luy estoit subject a leur jugement: si doncques Masinissa avoit sans le consentement de Scipion entreprins<br />

de soustenir la cause de Sophonisba, il sembloit mespriser la puissance du capitaine, et la majesté du<br />

peuple Romain. Davantage son orde paillardise aggravoit grandement sa faute, laquelle sembloit beaucoup<br />

plus insupportable, d'autant que la continence du capitaine Romain estoit plus grande, laquelle Masinissa avoit<br />

devant les yeux pour pouvoir imiter. Car Scipion, ouItre les autres declarations et demonstrations de sa vertu,<br />

s'estoit tousjours abstenu des femmes prisonnieres en tous les lieux ou il avoit esté victorieux. Estant doncques<br />

grandement courroucé contre Masinissa, combien que devant la compagnie il n'en fist semblant, et le<br />

receust fort amiablement ainsi qu'il retournoit au camp, toutefois puis après le tirant à part, il le tensa si aspre-<br />

73


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

sung ist die 1634 aufgeführte Sophonisbe von Jean Mairet 77 , die – der Bedeutung<br />

Trissinos für Italien vergleichbar – <strong>als</strong> erste regelmäßige Tragödie der französi-<br />

schen Bühne gilt. 78 Mairet nahm zwei entscheidende Änderungen vor: zum einen<br />

lässt er Syphax in der Schlacht fallen, um zu vermeiden, dass Sophonisbe zwei<br />

lebende Gatten hat; zum anderen tötet sich auch Massinisse am Ende des Stü-<br />

ckes an der Bahre Sophonisbes, um den Gesetzen der bienséance Genüge zu<br />

tun. 79 <strong>Die</strong> Sophonisbe von Pierre Corneille (1663) belegt den Erfolg des Stoffes in<br />

Frankreich ebenso wie die vollständige Neufassung, die Voltaire 1770 von Mairets<br />

Tragödie (»réparée à neuf«) vorgelegt hat. Allerdings verweigert Corneilles So-<br />

phonisbe sich »der ihr zugedachten weiblichen Opferrolle« 80 , weist das von Massi-<br />

nisse gesandte Gift zurück und tötet sich mit einem Gift, das sie immer selbst mit<br />

sich getragen hat. <strong>Die</strong> starke Sophonisbe Corneilles ist eine durchwegs politische<br />

Persönlichkeit, deren einzige Schwäche die Eifersucht auf Eryxe, ihre von Corneil-<br />

le erfundene Konkurrentin bei Massinisse, bleibt, welche die überstürzte Heirat von<br />

Massinisse und das Misstrauen der Römer veranlasst. Voltaires Sophonisbe<br />

(1770) gibt sich <strong>als</strong> Überarbeitung des Stücks von Mairet, ist aber eine völlige Neu-<br />

ment, qu'il cogneut bien que force luy seroit d'obeïr a un capitaine fort moderé, et tout ensemble fort severe.<br />

Parquoy il se retira en sa tente tout plourant, et ne sachant quel conseil prendre: mais bien tost apres, voyant<br />

qu'il luy estoit impossible de pouvoir tenir la promesse qu'il avoit faitte a Sophonisba, et que pourtant il en<br />

estoit en grande angoisse, il luy envoya du poison avec quelque mandement: elle beut le poison incontinent, et<br />

ainsi mourut vouluntairement.«<br />

77 Der Text Mairets ist bequem im Netz unter http://www.educnet.education.fr/lettres/lycee/latin/mairet.pdf<br />

(zuletzt aufgerufen: 04.05.2008) zugänglich. Kritische Ausgabe von Charles Dédéyan Paris 2 1969 ( 1 1945);<br />

Jean Mairet: Théâtre complet, La Sophonisbe - Le Marc-Antoine ou la Cléopâtre - Le Grand et Dernier Solyman<br />

ou la mort de Mustapha, Bd. I, hrsg. von Bénédicte Louvat / Alain Riffaud/ Marc Vuillermoz, Paris, 2004.<br />

78 Maurer, Karl: Goethe und die romanische Welt, Paderborn 1997, S. 223-241 hat in seinem Kapitel »<strong>Die</strong><br />

verkannte Tragödie, die Wiedergeburt der Tragödie aus dem Geist der Pastorale« interessante gattungsgeschichtliche<br />

Überlegungen vorgetragen, in deren Mittelpunkt die Sophonisbe-Fassungen Trissinos, Mairets<br />

und Corneilles stehen. »Vor allem bot die […] Sophoniba-Episode […] die geradezu ideale Vorlage für eine<br />

Tragödie jenes neuen Typs, den die paratragische Pastorale vorbereitet hatte: ein Spiel um Liebeswerben,<br />

Liebesverbot und Liebeserfüllung, auf des Messers Schneide zwischen Leben und Tod, nur eben mit tragischem<br />

Ausgang« (S. 241) Maurer verweist darauf, dass die Liebeshandlung erst in den beiden letzten Akten<br />

zugunsten der Politik in den Hintergrund tritt. -- Man könnte Maurers Analysen und seiner Umbesetzung des<br />

pastoralen Schemas noch hinzufügen, dass die dramatische Konstellation, in der Sophonisbe an einem Tag<br />

zwischen zwei Gatten zu wählen hat, zugleich an das komische Motiv der Witwe von Ephesus erinnert. Corneille<br />

erst hat aus seiner Sophonisbe eine politisch agierende, starke Frau gemacht, während Voltaire die<br />

starke Sophonisbe und den zunächst schwankenden Massinisse zu ebenbürtigen Partnern gestaltet.<br />

79 Mairet hebt diese Änderungen im Vorwort hervor: »Le sujet de cette tragédie est dans Tite-Live, Polybe, et<br />

plus au long dans Appien Alexandrin. Il est vrai que j'ai voulu ajouter pour l'embellissement de la pièce, et que<br />

j'ai même changé deux incidents de l'histoire assez considérables, qui sont la mort de Syphax, que j'ai fait<br />

mourir à la bataille afin que le peuple ne treuvât point étrange que Sophonisbe eût deux maris vivants, et celle<br />

de Massinisse, qui vécut jusques à l'extrême vieillesse. Les moins habiles doivent croire que je n'ai pas altéré<br />

l'histoire sans sujet, et les plus délicats verront, s'il leur plaît en prendre la peine, la défense de mon procédé<br />

dans Aristote. [...] Tant y a que je fais faire à Massinisse ce qu'il devait avoir fait, et que la fin de la tragédie<br />

étant la commisération, je ne la pouvais mieux treuver qu'en le faisant mourir...« <strong>Die</strong> Schlussszene, Massinisse<br />

ersticht sich an der Bahre Sophonisbes, wurde m. W. in der Historienmalerei nie aufgegriffen. <strong>Die</strong>s gilt auch für<br />

die beeindruckende Szene, in der Sophonisbe und Massinisse sich nach der von Syphax verlorenen Schlacht<br />

begegnen.<br />

80 Maurer a.a.O., S. 248.<br />

74


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

fassung, die für sich in Anspruch nimmt, die familiarité comique 81 zu tilgen, die sich<br />

durch die Verbindung von Liebe und Politik im Handlungsaufriss Mairets 82 ergab.<br />

Voltaires Sophonisbe ist ein konsequent politischer Charakter, der die Liebe von<br />

Massinisse erst akzeptiert, <strong>als</strong> dieser sich auf die Seite Karthagos schlägt. Sie<br />

lässt sich in der dramatischen Schlussszene, <strong>als</strong> die Römer der punischen Ver-<br />

schwörung zuvorkommen, von Massinissa erstechen, der seinerseits Gift nimmt.<br />

An den Stücken Mairets, Corneilles und Voltaires, den in Europa wohl einfluss-<br />

reichsten Fassungen des Stoffes nach Trissino, lassen sich die Spielräume able-<br />

sen, die der Stoff den frühneuzeitlichen Dramatikern bot: der Konflikt zwischen<br />

Liebesaffekt und Politik ließ bei den Hauptfiguren, Sophonisbe wie Massinissa,<br />

eine Reihe von Varianten zu, die alle Dramatiker sich zunutze machten. 83 Daniel<br />

Caspar von Lohensteins (1635-1683) Sophonisbe (1680) nimmt im deutschen Ba-<br />

rockdrama eine zentrale Stellung ein und thematisiert den Tod der Königin im Kon-<br />

text der politischen Souveränität. 84<br />

Der Sophonisbe-Stoff wurde auch ein erfolgreiches Thema im Umkreis der früh-<br />

neuzeitlichen Amadis-Romane. François de Soucy, sieur de Gerzan, veröffentlich-<br />

te 1627 seine Histoire Afriquaine de Cléomède et de Sophonisbe, die Philipp von<br />

Zesen (1619-1689) <strong>als</strong> Afrikanische Sophonisbe (1647 und 1674) 85 übersetzte.<br />

Auch eine anonyme niederländischen Version D' Afrikaanse Sofonisba 86 (1661)<br />

liegt vor. Jacob Cats hat den Stoff in seinem die Ehe behandelnden populären<br />

81 Aus der Widmung an den Duc de la Vallière.<br />

82 Am deutlichsten vielleicht in der Rücknahme des komischen Motivs, den Maitet im Altersunterschied von<br />

Syphax und Sophonisbe hervorgehoben hat. Voltaires Sophonisbe ist Syphax durchaus gleichwertig: »Je<br />

cherche autant que vous une mort glorieuse« (I,2).<br />

83 Auch im Elisabethanischen Theater wurde der Stoff aufgegriffen: John Marston (1576-1634), The Wonder of<br />

Women, or The Tragedy of Sophonisba (1606). Er fand Nachfolger in Nathaniel Lee (c. 1653-1692) mit Sophonisba,<br />

or Hannibal's Overthrow (1681) und James Thomson (1700-1748) mit The Tragedy of Sophonisba<br />

(1734)<br />

84 Barner, Wilfried: »Disponible Festlichkeit, Zu Lohensteins Sophonisbe«, in: Haug, Walther/ Warning, Rainer<br />

(Hrsg.): Das Fest, München 1989 (Poetik und Hermeneutik 14), S. 247-275. – Peter-André Alt ist in einer<br />

neueren Untersuchung auf den funktionalen Zusammenhang von politischer Souveränität, Körper und Geschlecht<br />

in der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts eingegangen (Der Tod der Königin, Frauenopfer und<br />

politische Souveränität im Trauerspiel des 17. Jahrhunderts, Berlin / New York 2004). Im Kapitel »<strong>Die</strong> Königin<br />

im Krieg« (S. 94-127) interpretiert er Lohensteins Inszenierungen des Todes der Sophonisbe und der Kleopatra<br />

<strong>als</strong> »geschichtsmetaphysisch-finalistisch« (S. 119); beide Königinnen seien <strong>als</strong> »Repräsentantin eines – aus<br />

der Geschichtsperspektive des Dramas – überlebten kulturellen Denkkreises« (S. 119) dargestellt und den<br />

Regeln einer »historischen Teleologie« (S. 123) unterworfen; deshalb fielen sie dem Finalismus der translatio<br />

imperii zum Opfer. Kleopatras Tod werde <strong>als</strong> »ästhetisches Ereignis« (S. 123), Sophonisbes Sterben <strong>als</strong> »eine<br />

Selbstverklärung des mythischen Denkens« (S. 123) inszeniert.<br />

85 Philipp von Zesen: <strong>Die</strong> afrikanische Sofonisbe, hrsg. von Volker Meid), Berlin 1972 (Sämtliche Werke, Bd. 6)<br />

86 http://www.dbnl.org/tekst/buis006popu01/buis006popu01_1417.htm [zuletzt aufgerufen: 12.05.2008]) D'Afrikaanse<br />

Sofonisba ist 1661 bei I.I. Schipper in Amsterdam erschienen.<br />

75


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

L e h r g e d i c h t Trouwring met den proef-steen (1657) behandelt. 87 <strong>Die</strong> Beliebtheit<br />

des Themas belegt auch die Aufnahme einer rhetorisch ausgefeilten ›Adresse‹<br />

Sophonisbes an Masinissa, die Madeleine de Scudéry in ihre Sammlung Les<br />

Femmes Illustres ou les Harangues Héroïques (1642) aufgenommen hat. 88<br />

Hofmilieu, spannende Handlung und ergreifendes Ende machten den Sophonisbe-<br />

Stoff auch zu einem geeigneten Vorwurf für Opernbearbeitungen. Doch bereitete<br />

der in der Oper übliche lieto fine Komponisten und Librettisten erhebliche Schwie-<br />

rigkeiten, musste doch auf überraschende Lösungen wie Milde und Einsicht des<br />

Scipio oder eine Begnadigung durch den römischen Senat zurückgegriffen werden,<br />

um den Selbstmord der afrikanischen Königin in ein glückliches, den Usancen der<br />

Renaissance- und Barockoper entsprechendes Ende abzuändern.<br />

<strong>Die</strong> zahlreichen Sophonisbe-Opern 89 sind noch kaum untersucht, so dass die folgende<br />

Aufzählung nicht vollständig sein kann: Luigi Riccoboni (1681), Antonio Caldara<br />

(1708 Venedig), Niccolò Jommelli (1746), <strong>Georg</strong> Gebel (1753), Tommaso<br />

Traetta (1762), Antonio Boroni (1764), Maria Teresa Agnesi Pinottini (1765) 90 ,<br />

Christoph Willibald Gluck (1765) 91 , Ferdinando Paer (1806), Luigi Petrali (1844).<br />

Dazu kommen Opern, die Syphax zum Titelhelden gemacht haben: Nicola Porpora<br />

(1725), Gioacchino Cocci (1749), Ignazio Fiorillo (1752), Domenico Fischietti<br />

(1761), Pietro Allessandro Guglielmi (1802), Francesco Antonio Feo (1723).<br />

Schließlich sind konzertant aufzuführende Kammerkantaten (cantate da camera)<br />

wie »Sophonisbe or Hannibal’s Overthrow« (1690) von Henry Purcell oder Christian<br />

87 Jacob C a t s hat in den dritten Teil seines Lehrgedichts Trouwring met den proef-steen (im Folgenden zitiert<br />

nach der Erstausgabe bei Jan Jacobsz. Schipper, Amsterdam 1657, S. 172f.) Sophonisbe <strong>als</strong> Exempel ehelicher<br />

Treue aufgenommen (»Kort Verhael van het droevigh Trouw-geval tusschen twee vorstelicke persoonen;<br />

te weten den Koning Masanissa, en de Koninginne Sophonisba«). <strong>Die</strong> in Paarreimen nach Livius erzählte<br />

Episode ist mit einem Kupfer illustriert, auf dem Sophonisbe vor dem hereinreitenden Massinissa in die Knie<br />

fällt. <strong>Die</strong> Episode veranschaulicht eheliche Liebe: »Hoe dat de liefde speelt ontrent het wreede stael, / Ontrent<br />

den harden krijgh, en midden inde swaerden, / En midden in den woel van duysent felle paerden; / Op dat een<br />

yder mensch magh leeren dese wet, dat staegh op sijn gemoet is nut te zijn gelet.« Der Selbstmord Sophonisbes<br />

wird mit großer Hochachtung geschildert: »Hy nam een gulden kop, hy gaet de kruyden mengen, / hy laet<br />

het droef geschenk aen Sophonisbe brengen:/ Hy voeght’ er woorden by, Doet <strong>als</strong> een Koningin, / Hier is uw<br />

leste troost, hier uw verlosser in. / So haest de jonge vrouw de bootschap heeft ontfangen, / Daer rees een<br />

bleyke verw ontrent haer rode wangen; / Maer des al niet-te-min sy nam den beker aen, / En toont dat sy het<br />

woort ten vollen heeft verstaen, / Is dit de bruylofts-gift de my te deser stonden / Van mijnen Bruydegom uyt<br />

liefde wert gesonden? / Is dit het schoonjuweel? Edoch ick been bereyt; / De Vorst die heeft gedaen gelijck’ er<br />

was geseyt. / Mach ick niet na den eysch en <strong>als</strong> Prinçesse leven, / Soo will ick aen het graf my willigh overgeven;<br />

/ Een dinck dat is my leet, dat ick <strong>als</strong> met de doot / Ontfing een tweede man tot mijnen bed-genoot. /<br />

Het woort is nau volënt, sy heeft den wij n gedronken, / En wat’er boven dreef, en wat’er is gesoncken; / Daer<br />

bleef geen druppel in: sy leyt haer op het bed, / En wacht de bleecke doot en haer gestrenge wet. / Sy maekt<br />

geen los gebaer met eenich selsaem huylen, / Sy geeft haer uyt het volk, en gaet in ’tduyster schuylen: / En <strong>als</strong><br />

het vinnich spook haer gaf de leste steeck, / So was het gansch verbaest dat sy niet eens en weeck.« Als<br />

weiteres Beispiel ehelicher Liebe und Treue folgen im Lehrgedicht Kleopatra und Antonius (S. 174-181).<br />

88 Leicht zugänglich über: http://www.gelahn.asso.fr/docs81.html (zuletzt aufgerufen: 12.05.2008).<br />

89 Erste Informationen bei http://www.operone.de (zuletzt aufgerufen: 14.01.2007).<br />

90 Nach einem Libretto von Giuseppe Maria Tomasi. Agnesi (1720-1795) scheint aber schon 1747 oder 1748 in<br />

Wien für Maria Theresia eine Sofonisba nach einem Libretto von Antonio Maria Zanetti aufgeführt zu haben.<br />

91 Es handelt sich um eine dem Fürsten <strong>Georg</strong> Christian Lobkowitz gewidmete Oper, die 1744 in Mailand (Regio<br />

Ducal Teatro) aufgeführt wurde. <strong>Die</strong> Rezitative stammen von Fr. Silvani, die Arien von Metastasio. Erhalten<br />

sind nur elf Arien und ein Duett.<br />

76


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Gottlob Neefes Vertonung (1778) des Monodramas von <strong>August</strong> Gottlieb Meißner zu<br />

erwähnen.<br />

Erst 1762 wagte es Tommaso T r a e t t a (1727-1779), Sophonisbes Selbstmord auf<br />

die Opernbühne zu bringen, obwohl dies noch immer <strong>als</strong> regelwidrig galt. Traetta 92<br />

schockierte sein Mannheimer Hofpublikum nicht nur durch die Todesszene auf der<br />

Bühne (morte in scena), sondern verweigerte der Protagonistin auch die obligate<br />

Abgangsarie. 93<br />

Sophonisba haucht ihre letzten Worte <strong>als</strong> Accompagnato-Rezitativ in einer musikalischen<br />

Aposiopesis ohne formalen Schluss aus. Mit der Einführung eines Sohns<br />

der Sophonisbe steigerte Traetta ganz in der von Trissino begründeten theatralischen<br />

Tradition den sentimentalen Aspekt der Handlung. 94 Das Kind versteht den<br />

Abschied der Mutter nicht (III,ix 1 : »Madre, che faci mai? Lungi da te mi scacci. In<br />

che ti offesi? Ecco, se reo pur sono, ecco mi a piedi tuoi, madre perdoni.«) und hält<br />

sie in einem verzweifelten Arioso fest (III,ix 2 : »Se non mi stringi al seno, / Lascia,<br />

che un baccio al meno / Molle di pianto il ciglio / sulla tua destra, o madre, imprima<br />

il figlio.«). Der Konflikt von Politik und Liebe wird akzentuiert, wenn Sophonisbe,<br />

das von Massinissa gesandte Gift in Händen, aus dem Palastfenster römische Soldaten<br />

Gefangene auf Schiffe verladen sieht (»Invano m’attendete, o superbi«). Der<br />

Antagonismus findet in der Verbindung martialischer Marschmusik der römischen<br />

Legionäre und Sophonisbes von Todeserwartung geprägter Arie musikalischen<br />

Ausdruck. Zu spät überbringen Massinissa, Syphax, Scipio und Laelius die Begnadigung<br />

durch den römischen Senat; die Szene mündet in einem Quintett (III, xi 1 :<br />

»Ma piangete«) und der abschließenden Klage des Chors (III, xi 2 : »Ah, d’Aletto – il<br />

core à in petto / Chi qui resta a ciglio asciutto! / A il furore in seno à tutto / Di Tisifonie,<br />

e Megèra / Chi resistere qui può!«).<br />

Noch 1805 trug Ferdinando P a e r 95 in seiner zur Eröffnung des Teatro del Corso<br />

in Bologna komponierten Sofonisba der Forderung nach einem lieto fine Rech-<br />

nung. In seinem »dramma serio per musica« lässt er eine <strong>Die</strong>nerin das für Sofo-<br />

nisba bestimmte Gift austauschen und fügt darüber hinaus einen Selbstmordver-<br />

such Massinissas hinzu, der ebenso vergeblich bleibt.<br />

Das Libretto in zwei Akten von Domenico Rossetti ist schon deshalb bemerkenswert,<br />

weil es den tragischen Konflikt des Stoffes moralisierend und geradezu biedermeierlich<br />

auflöst. Es darf deshalb <strong>als</strong> Dokument dafür gelten, dass sich dem<br />

Stoff keine neue Sinnkonfiguration mehr abgewinnen ließ. Im ersten Akt ist Sofonisba<br />

bereit, Massinissa zu heiraten, um ihn auf die karthagische Seite zu ziehen.<br />

92 <strong>Die</strong> Schreibweisen variieren: Traetta, Traëtta und Trajetta.<br />

93 Vgl. Riedlbauer, Jörg: <strong>Die</strong> Opern von Tommaso Trajetta, Hildesheim/Zürich/New York 1994, S. 180-185 und<br />

Horschansky, Klaus: »Tommaso Traetta: Sofonisba«, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, Bd. 6, hrsg.<br />

von Dahlhaus, Carl, München 1997, 315-318. <strong>Die</strong> Oper wurde 2006 vom Nationaltheater Mannheim wieder<br />

aufgeführt. Das Programmheft reproduziert die deutsche Übersetzung des Textbuches von 1762 und Einzelpassagen<br />

des italienischen Originaltextes.<br />

94 Dem Opernbegleitheft ist zu entnehmen, dass die Aufführung im Jahre 1762 den Sohn noch <strong>als</strong> stumme<br />

Figur führte; zur Wiederaufführung ein Jahr später wurde der Sohn mit zwei Arien und einem Rezitativ ausgestattet,<br />

um einen neuen Anreiz zum erneuten Besuch des Opernhauses zu bieten (Opernbegleitheft der Mannheimer<br />

Aufführung 2006, S. 59).<br />

95 Vgl. Brzoska, Matthias: »Ferdinando Paer: Sofonisba, Dramma serio per musica«, in: Pipers Enzyklopädie<br />

des Musiktheaters, Bd. 4, hrsg. von Dahlhaus, Carl, München 1991, 626f.<br />

77


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Der vermeintlich gefallene Siface wird <strong>als</strong> römischer Gefangener in den Palast gebracht<br />

und schwört, an seiner Gattin Rache zu nehmen. Der zweite Akt bringt die<br />

Wendung: Im Anblick ihrer beiden Kinder versöhnen sich Sofonisba und Siface.<br />

Massinissa wird überwältigt, <strong>als</strong> er aus Eifersucht Siface töten will, doch rettet das<br />

Eingreifen Scipiones sein Leben. Der Selbstmordversuch der Königin, über den Siface<br />

und Scipione entsetzt sind, lässt sich auf diese Weise allerdings nicht mehr<br />

handlungslogisch begründen, scheitert aber ohnehin am Eingreifen der <strong>Die</strong>nerin.<br />

Scipione gibt Siface und Sofonisba Freiheit, Besitz und Thron zurück. Massinissa<br />

wird von Lelio am Selbstmord gehindert und tritt dem Freundesbund bei. <strong>Die</strong> moralische<br />

Selbstbehauptung, die die Figur der Sofonisba in der Frühen Neuzeit interessant<br />

machte, hat sich in dieser Fassung völlig verloren und die Tragik liegt eher auf<br />

der Seite Massinissas, der deshalb in einigen Aufführungen zur Titelfigur wurde. Zu<br />

dieser Umbesetzung passt es, dass Scipione die Züge eines spätaufklärerischen<br />

Herrschers annimmt.<br />

Bereits den Zeitgenossen und den Rezensenten 96 galt das Ende <strong>als</strong> konstruiert;<br />

nur zehn außeritalienische Aufführungen sind belegt.<br />

Gelegentlich wurden auch Monodramen vertont. So hat Christian Gottlob Neefe das<br />

Monodrama 97 Sophonisbe (1776) von <strong>August</strong> Gottlieb Meißner teilweise in Musik<br />

gesetzt. <strong>Die</strong> Erstaufführung fand 1778 im Mannheimer Nationaltheater statt, wo<br />

schon die Oper von Traetta aufgeführt worden war; dieser Hof scheint am Thema<br />

Gefallen gefunden zu haben. Im folgenden Jahr fand am Darmstädter Hof eine Aufführung<br />

unter der musikalischen Leitung des Erbprinzen Ludwig X. statt, bei der die<br />

Erbprinzessin Luise von Hessen-Darmstadt in der Titelrolle auftrat. 98 Neefe hat allerdings<br />

nur die Monologe vertont. Unterschiedliche Bezeichnungen wie »Musikalisches<br />

Drama mit historischem Prolog und Chören« (Textbuch), »Drama mit musikalischer<br />

Begleitung« (Autograph), »Drama« (Darmstädter Partitur von 1779) und<br />

»Monodrama« (Klavierauszug) zeigen an, dass es sich um eine instabile späthöfische<br />

Mischgattung mit deutlicher Nähe zur Attitüde handelte. Bekanntlich führte<br />

Lady Hamilton auch Sophonisbe <strong>als</strong> Attitüde auf. 99<br />

Ikonographische Entwicklung in der Frühen Neuzeit<br />

Da Boccaccios historisch-mythographische Enzyklopädien 100 von Gelehrten, Lite-<br />

raten und Künstlern eifrig <strong>als</strong> Nachschlagewerke genutzt wurden, wirkten die Illu-<br />

strationsholzschnitte des ersten Drucks von De claris mulieribus prägend auf die<br />

Ikonographie antiker Frauengestalten in der Frühen Neuzeit. Boccaccios Kompen-<br />

dium bedeutender Frauen 101 erschien 1473 in der Ulmer Offizin des Frühdruckers<br />

Johannes Zainer 102 , zunächst in einer lateinischen Ausgabe, ein Jahr später auch<br />

in der deutschen Übersetzung des Humanisten Heinrich Steinhöwel. Beide Drucke<br />

96<br />

<strong>Die</strong> vernichtende Kritik von E. T. A. Hoffmann unterstreicht die auch musikalische Epigonalität (vgl. Broska,<br />

Matthias, a.a.O., S. 627).<br />

97<br />

Siehe unten S. 290.<br />

98<br />

Schwarz, Monika: »Neefe: Sophonisbe (1778)«, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, Bd. 4, hrsg. von<br />

Carl Dahlhaus, München 1991, S. 401f.<br />

99<br />

Vgl. unten S. 297.<br />

100<br />

Genealogia deorum, De casibus virorum illustrium, De claris mulieribus.<br />

101<br />

Siehe oben S. 66.<br />

102 11<br />

Koschatzky, Walter: <strong>Die</strong> Kunst der Graphik, Technik, Geschichte, Meisterwerke, München 1993, S. 71.<br />

78


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

waren mit denselben 79 Holzschnitten eines unbekannten Holzschneiders prächtig<br />

ausgestattet. 103 <strong>Die</strong> Nähe früher Drucke zu kolorierten Handschriften zeigt sich<br />

darin, dass die Holzschnitte ursprünglich farbig ausgemalt werden sollten: Neben<br />

den Abbildungen bleibt häufig Platz für Schmuckinitialen und Rubrizierungen. 104<br />

Der die Geschichte der Sophonisbe [Abb. 2] illustrierende Holzschnitt 105 teilt<br />

das Geschehen in zwei Phasen. Auf der rechten Seite sind Massinissa und Laelius<br />

in eine heftige Diskussion vertieft. Laelius scheint eben erst eingetroffen zu sein<br />

und trägt noch Rüstung und Standarte. Der elegant-höfisch gekleidete Massinissa<br />

tritt mit einem Schwert <strong>als</strong> Zeichen seiner königlichen Würde auf und beantwortet<br />

die fordernde Geste des Laelius mit einer abweisenden Handbewegung. <strong>Die</strong> linke<br />

Seite des Holzschnitts zeigt eine von der ersten Szene nicht geschiedene, durch<br />

die Beschriftung aber deutlich erkennbare<br />

zweite Szene. Ein höfisch gekleideter Bote<br />

fasst sich verzweifelt an den Kopf, wäh-<br />

rend er Sophonisbes beobachtet, die den<br />

Becher an die Lippen geführt hat und sich<br />

nach hinten beugt, um ihn in einem Zug<br />

leeren zu können.<br />

Viele der Zainerschen Holzschnitte<br />

Abb. 2<br />

zu De claris mulieribus illustrieren den Text mit Abbildungen, die mehrere Szenen<br />

verbinden. 106 In der späteren Ikonographie der Sophonisbe wurde die Debatte zwi-<br />

schen Massinissa und Laelius nur noch selten wiedergegeben. 107 <strong>Die</strong> Gesprächs-<br />

situation stellte sich <strong>als</strong> zu beliebig heraus, um beim Betrachter einen eindeutigen<br />

Bezug auf Sophonisbe herzustellen, sobald der unmittelbare Zusammenhang von<br />

Wort und Bild entfiel. 108 So reduzierte sich das ikonographische Muster der So-<br />

phonisbe-Darstellung bald auf die Szene, in der sie das Gift trinkt. Darstellungen<br />

103<br />

Unpaginierter Nachdruck: Boccaccios Buch der berühmten Frauen, mit 79 Holzschnitten der Ausgabe von<br />

Joh. Zainer, Ulm, 1473, hrsg. von Simon Hoepfl, München 1924.<br />

104<br />

In einem Exemplar des Zainerschen Drucks findet sich eine kolorierte Kleopatra (vgl. S. 145).<br />

105<br />

Vgl. Katalog 11.<br />

106<br />

<strong>Die</strong> Illustrationen zu Boccaccios De claris mulieribus sind bei Bartsch (80, 8073, 334-375) zusammengestellt.<br />

So ist auch die Geschichte Lukretias in zwei Szenen (Vergewaltigung durch Tarquinius und Selbstmord<br />

in Anwesenheit der männlichen Verwandten) gegliedert (Bartsch 80, 8073, 338). <strong>Die</strong> Geschichte der Porzia<br />

(Bartsch 80, 8073, 363) ist sogar in drei Szenen (Selbstverletzung Porzias, Ermordung Cäsars und Selbstmord)<br />

aufgeteilt.<br />

107<br />

Eine Ausnahme bildet ein Cassone von Bernardino Fungai (vgl. Katalog 137), der neben der (ganz links<br />

angeordneten) Todesszene noch ein Gespräch Scipios mit Laelius und Syphax zeigt, dem die Braut versprochen<br />

wird. Rechts daneben bedeutet in einer zweiten Szene Scipio dem Massinissa, auf Sophonisbe zu verzichten,<br />

da sie die Verlobte des Syphax sei.<br />

108<br />

Vgl. Willems, Gottfried: Anschaulichkeit, Zu Theorie und Geschichte der Wort-Bild-Beziehungen und des<br />

literarischen Darstellungsstils, Tübingen 1989, S. 54.<br />

79


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

ohne erläuternden Text verlangten einen eindeutigen »ikonologischen Code«, der<br />

die Sophonisbe-Episode auf den entscheidenden und sinntragenden Augenblick<br />

reduzierte.<br />

Eine solch verdichtende Reduktion der Geschichte Sophonisbes auf das<br />

Trinken des Giftbechers erfolgt bereits in einer grisailleartigen Darstellung, die<br />

Mantegna (1431-1506) oder seinem Umkreis 109 zugerechnet wird. [Abb. 3] Hier<br />

führt eine isoliert stehende Sophonisbe mit der Rechten ei-<br />

nen Pokal an die Lippen. Im Gegensatz zu ihrem frontal ge-<br />

gebenen Körper ist das Gesicht ins Profil gewendet, um das<br />

Trinken des Gifts zu akzentuieren.<br />

Dass Sophonisbe bereits zu diesem Zeitpunkt in eine<br />

Serie exemplarischer Frauen der Antike gehörte, scheint eine<br />

weitere, ebenfalls in der Londoner Nationalgalerie befindliche<br />

Grisaille aus der gleichen Reihe nahezulegen, die die Vesta-<br />

lin Tuccia präsentiert. <strong>Die</strong> in Tempera auf Pappelholz ausge-<br />

führten Frauengestalten imitieren vergoldete Bronzeskulptu-<br />

ren, die vor gemalten Marmorhintergrund gesetzt sind. <strong>Die</strong><br />

gemalten Skulpturen waren Teil einer Wandverkleidung und<br />

dienten <strong>als</strong> Klappläden zum Verdunkeln von Fenstern. Da<br />

Isabella d' Este in ihrem Studierzimmer bronzi finti von Man-<br />

tegna besaß, dürften die beiden erhaltenen Grisaillen<br />

Abb. 3<br />

aus dieser Folge stammen. 110 Unter mehreren Gesichtspunkten sind beide für die<br />

spätere ikonographische Entwicklung der Darstellung Sophonisbes interessant:<br />

Sophonisbe wird bereits in eine Serie aufgenommen und das Motiv ist schon so<br />

bekannt, dass es auf das Trinken des Giftbechers verkürzt noch erkannt wird.<br />

<strong>Die</strong>s bestätigen zwei andere aus dem gleichen Zeitraum stammende Se-<br />

rien 111 der Sieneser Sammlung Chigi-Saracini, in denen Sophonisbe ebenfalls mit<br />

dem Giftbecher eingeführt wird: In der Serie des ›Maître des héroïnes de Chigi-<br />

109 Vgl. Katalog 227 (Sophonisbe). Im Katalog der National Gallery von 1986 (Braham, Allan [Hrsg.]: Illustrated<br />

General Catalogue, London 2 1986, S. 350, Nr. 1125 B) werden beide in London befindliche Grisaillen (auch<br />

Katalog 228: Tuccia) noch dem Umkreis Mantegnas zugerechnet, während sie in der Neubearbeitung des<br />

Kataloges (Baker, Christopher / Henry, Tom [Hrsg.]: The National Gallery, Complete Illustrated Catalogue,<br />

London 1995, S. 407) Mantegna (um 1495-1506) selbst zugesprochen werden.<br />

110 Ich komme unten, S. 240, auf das Bild zurück. Vgl. im Übrigen: Christiansen, Keith: »The Studiolo of Isabella<br />

d'Este and late themes«, in Martineau, Jane (Hrsg.): AK Andrea Mantegna, London / New York 1992, S.<br />

394-468.<br />

111 Näheres unten S. 242.<br />

80


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Saracini‹ findet sich Sophonisbe 112 neben Kleopatra und Judith. 113 Sie steht dem<br />

Betrachter frontal gegenüber und weist mit der Rechten auf den Pokal in ihrer Lin-<br />

ken. Der von Perugino und Pinturicchio beeinflusste Maler hat wie seine anderen<br />

Frauenfiguren auch Sophonisbe ganzfigurig in eine heitere Landschaft gesetzt.<br />

[Abb. 4] Zwei Bäume im Hintergrund deuten ihren vorzeitigen Tod symbolisch an,<br />

da nur ein Baum frühlingshaft belaubt, der andere aber kahl ist. In einer anderen<br />

Serie der gleichen Sammlung lässt Domenico Beccafumi (1486-1551) [Abb. 5] die<br />

ins Profil gewendete Sophonisbe 114 mit der Rechten eine zum Himmel weisende<br />

Geste ausführen, während die Linke das Trinkglas hält. Auch hier erscheint So-<br />

phonisbe bereits in einer Reihe bekannter Heroinen: neben Kleopatra und<br />

Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6<br />

Judith 115 kann noch eine Lukretia für die um 1508 entstandene Serie angenommen<br />

werden.<br />

Seit Beginn des 16. Jahrhunderts scheint sich neben der ›Stehfigur‹ auch<br />

die sitzende Darstellung Sophonisbes <strong>als</strong> ikonographisches Muster durchzusetzen.<br />

<strong>Die</strong> wohl zu keiner Serie gehörende Sophonisbe [Abb. 6] des Giovanni Francesco<br />

Caroto (1488-1562) 116 stellt die Königin bereits sitzend und nicht mehr stehend<br />

112 Vgl. Katalog 221.<br />

113 Vgl. Richard-Jamet, Céline: »Cléopâtre: Femme forte ou femme fatale? Une place équivoque dans les<br />

galeries de Femmes fortes aux XVI e et XVII e siècles«, in Ritschard, Claude / Morehead, Allison (Hrsg.): AK<br />

Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental, Genève 2004, S. 37-52.<br />

114 Vgl. Katalog 26.<br />

115 Vgl. Richard-Jamet (wie Fußnote 113), S. 40.<br />

116 Katalog 59.<br />

81


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

dar; Sophonisbe hält gelassen und nachdenklich ein edles Trinkgefäß in der Rech-<br />

ten. Weiterhin gilt den Künstlern die Darstellung der Giftbecher-Szene <strong>als</strong> das Mo-<br />

tiv, das am effektvollsten die von Alberti geforderte kunstvolle Zusammenfassung<br />

der Episode (rerum copia et elegantia) erlaubte. 117 <strong>Die</strong> graphischen Darstellungen<br />

des 16. Jahrhunderts übernehmen deshalb meist dieses Thema. Dazu gehören<br />

der anonyme Holzschneider 118 des Mainzer Livius-Drucks von 1557, aber auch<br />

<strong>Georg</strong> Pencz 119 (um 1535), Heinrich Aldegrever 120 (1553) [Abb. 7] und Jost Am-<br />

mann 121 (1570) [Abb. 8].<br />

Abb. 7 Abb. 8<br />

Lateinische und volkssprachliche Drucke des Livius 122 , vor allem aber die<br />

Adaptierungen Petrarcas und Boccaccios hielten die Geschichte der Sophonisbe in<br />

mehrfacher Weise präsent; die Künstler konnten ihre Kenntnis beim Betrachter<br />

voraussetzen. Das Szenario wurde nun in einen privaten Rahmen mit einer verein-<br />

zelten Protagonistin oder in einen öffentlichen Raum mit Hofstaat verlegt. Den ho-<br />

hen Status der Königin betonen Pencz und Aldegrever dadurch, dass Sophonisbe<br />

117<br />

»Summum pictoris opus historia, in qua quidem omnis rerum copia et elegantia adesse debet«. (›<strong>Die</strong> höchste<br />

Aufgabe des Malers ist die Geschichte, in der sich freilich die ganze Stoffülle und feiner Geschmack zeigen<br />

muss.‹) (Alberti, L. B.: De pictura, 1435, Basel 1540 [Neudruck Portland 1972], S. 60).<br />

118<br />

Katalog 413.<br />

119<br />

Katalog 267.<br />

120<br />

Katalog 3.<br />

121<br />

Katalog 6.<br />

122<br />

Vgl. Brunhölzl, Franz / Düchting, Reinhard: »Livius«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 2043-2045. <strong>Die</strong><br />

editio princeps des Livius war 1469 in Rom erschienen. Zur weiteren Rezeption des Livius vgl. Worstbrock,<br />

Franz J.: Verzeichnis der deutschen Übersetzungen antiker Autoren, mit einer Bibliographie der Übersetzer,<br />

Boppard 1976; außerdem Rieks, Rudolf: »Zur Wirkung des Livius vom 16. bis zum 18. Jahrhundert«, in<br />

Lefèvre, Eckard / Olshausen, Eckart (Hrsg.): Livius, Werk und Rezeption, Festschrift für Erich Burck zum 80.<br />

Geburtstag, München 1983, S. 367-397.<br />

82


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

unter einem Baldachin auf einem Thron sitzt, während der Bote steht. <strong>Die</strong> Ehrer-<br />

bietung ausdrückende stehende Haltung des Boten, der mit gezogenem Hut seine<br />

Reverenz erweist, demonstriert elegantia. <strong>Die</strong> sich in einem großen Hofstaat mani-<br />

festierende Machtfülle der Regentin bildet den starken Gegensatz zur inneren Not-<br />

situation der politischen Verliererin.<br />

Während Boccaccio die historiographische Tradition des Livius weiterführte, ak-<br />

zentuierte Petrarca sowohl im italienischen Triumphus Amoris <strong>als</strong> auch in der latei-<br />

nischen Africa die Sophonisbe-Episode <strong>als</strong> Liebesromanze und machte Sophonis-<br />

be und Massinissa zu einem seiner exemplarischen Liebespaare. <strong>Die</strong>se Traditions-<br />

linie griffen im 16. Jahrhundert allerdings nur wenige Künstler auf: Zu nennen sind<br />

einige Cassoni 123 , auf denen im Triumphzug des Amor zusammen mit mythologi-<br />

schen Liebespaaren wie Pyramus und Thisbe auch historische Paare wie Pompe-<br />

jus und Cornelia, aber auch Sophonisbe und ihr zweiter Mann dargestellt sind. In<br />

diese Tradition scheint mir auch die Arbeit des Bildhauers und Medailleurs Hans<br />

Kels des Älteren (um 1480-um 1559) zu gehören: sein in Holz gearbeitetes Spiel-<br />

brett »Für den langen Puff« (heute in Wien) 124 zeigt auf einem Spielstein Sopho-<br />

nisbe, die den eben vom Boten erhaltenen Giftbecher trinkt. Hans Kels d. Ä. hat<br />

Abb. 9 Abb. 10<br />

zwar den um 1535 entstandenen Kupferstich von Pencz 125 [Abb. 9] <strong>als</strong> Vorlage ge-<br />

nommen, den Boten des Kupferstichs aber in Massinissa umgedeutet und so So-<br />

phonisbe zusammen mit dem afrikanischen König unter die imponierenden Lie-<br />

123 Vgl. Pigler, a.a.O., S. 20, und Schubring, Paul: Cassoni, Truhen und Truhenbilder der italienischen Frührenaissance,<br />

Leipzig 1923, Katalog Nr. 485 und Tafel 115. Näheres zu den Cassoni unten S. 123, Anm. 35.<br />

124 Es wurde im Jahre 1537 signiert. Vgl. Leithe-Jasper, Manfred / Distelberger, Rudolf: Kunsthistorisches<br />

Museum Wien, Schatzkammer und Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, München 1982, S. 79 (Abbildung)<br />

und Planiscig, L. / Kris, E.: Katalog der Sammlungen für Plastik und Kunstgewerbe (Führer durch die<br />

Kunsthistorischen Sammlungen in Wien), Wien (Kunsthistorisches Museum) 1935, S. 38, Nr.10.<br />

125 Vgl. Fußnote 119.<br />

83


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

besgeschichten aus Antike und Mittelalter eingereiht, die auf den 32 Spielsteinen<br />

[Abb. 10] vorgeführt werden. 126<br />

Am Ende des 15. Jahrhunderts und zu Beginn des 16. Jahrhunderts gab es <strong>als</strong>o<br />

zwei Darstellungsvarianten Sophonisbes: eine stützt sich auf die von Boccaccio<br />

aufgegriffene historiographische Überlieferung 127 , die andere deutet, Petrarca fol-<br />

gend, Sophonisbe <strong>als</strong> große Liebende. Entsprechend wechselt der ›ikonologische<br />

Code‹ 128 für die Figur Sophonisbe. <strong>Die</strong> historiographische Variante stellt meist das<br />

T r i n k e n d e s G i f t s 129 dar und gibt diese Szene oft ganzfigurig; sie genügte<br />

offenbar, um beim Betrachter die komplexe Geschichte 130 der Sophonisbe aufzuru-<br />

fen. Wird – wie bei Tobias Stimmer – das Gewicht der Illustrationen auf die Haupt-<br />

und Staatsaktionen des Zweiten Punischen Krieges gelegt, fokussieren sich die<br />

Livius-Illustrationen auf Syphax <strong>als</strong> unterliegenden König. 131 Sophonisbe wird dann<br />

<strong>als</strong> vor Massinissa kniefällig Bittende und nicht <strong>als</strong> politisch Agierende gezeigt. <strong>Die</strong><br />

›romantische‹ Akzentuierung des Petrarca aufnehmend kann Sophonisbe aber<br />

auch <strong>als</strong> große Liebende gedeutet werden. Dann tritt sie im engen Anschluss an<br />

den Text des Petrarca zusammen mit Massinissa auf. 132 <strong>Die</strong>se Variante hat bei<br />

Kels zu einem Missverständnis geführt. Er übernahm die ›romantische‹ Deutung<br />

Petrarcas und interpretierte seine Vorlage, den die historiographische Variante bie-<br />

tenden Kupferstich von Pencz f<strong>als</strong>ch: der Bote im Kupferstich wird <strong>als</strong> Massinissa<br />

aufgefasst. Entsprechend erscheint auf dem Spielstein anstelle der Königin mit<br />

dem Überbringer der Todesbotschaft ein romantisches Liebespaar.<br />

126 Zum Spiel vgl. Thieme, U. / Becker, F.: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur<br />

Gegenwart, Leipzig 1929/1930 (ND München / Leipzig 1992), Bd. 19/20, S. 127-129.<br />

127 Anregungen verdanke ich, auch wenn ich der Hauptthese nicht folgen kann, dem Aufsatz von Tümpel,<br />

Christian: »Bild und Text: Zur Rezeption antiker Autoren in der europäische Kunst der Neuzeit (Livius, Valerius<br />

Maximus)«, in Schlink, Wilhelm / Sperlich, Martin (Hrsg.): Forma et subtilitas, Festschrift für Wolfgang Schöne<br />

zum 75. Geburtstag, Berlin / New York 1986, S. 198-218.<br />

128 Der Begriff nach Willems, Gottfried: Anschaulichkeit, Zu Theorie und Geschichte der Wort-Bild-<br />

Beziehungen und des literarischen Darstellungsstils, a.a.O., S. 54.<br />

129 Hier widerspreche ich Christian Tümpel, der die Auffassung vertritt, »bei vielen Themen« habe »sich schon<br />

im Mittelalter die Bildtradition vom wörtlichen Text gelöst«. »In dichterischer Phantasie« seien »Motive hinzugefügt<br />

worden, von denen der Text nichts berichtet.« (a.a.O., S. 205) <strong>Die</strong> Darstellungen folgen stets Livius (vgl.<br />

Fußnote 159).<br />

130 »<strong>Die</strong> erste und wichtigste Aufgabe des Kunstwerks ist [...], eine Geschichte vorzuführen. <strong>Die</strong>se Geschichte<br />

galt es aus zuverlässigen literarischen Quellen auszuwählen, die entweder geistlich oder weltlich sein konnten.<br />

[...] dieser neue Begriff von istoria [sollte] ikonographische Überlegungen für länger <strong>als</strong> dreihundert Jahre beherrschen<br />

[...]«. (Bialostocki, Jan: »Skizze einer Geschichte der beabsichtigten und interpretierenden Ikonographie«<br />

in Kaemmerling, E. [Hrsg.]: Bildende Kunst <strong>als</strong> Zeichensystem, Köln 1979, S. 15-63, hier S. 27.)<br />

131 Druck von 1568, vgl. Katalog 386.<br />

132 <strong>Die</strong>se ›romantische‹ Deutung, die den Akzent auf das Liebepaar Massinissa und Sophonisbe legt, wird von<br />

der Historienmalerei, die meist auf den Konflikt von Liebe und Politik abhebt, nur selten aufgegriffen. Vgl. unten<br />

S. 97ff.<br />

84


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Ikonographie der Historienmalerei<br />

Christian Tümpel vertritt die Auffassung, die Sophonisbe-Ikonographie des Barock<br />

sei durch Buchillustrationen und Graphik der Frühen Neuzeit geprägt. 133 Träfe sei-<br />

ne These zu, müsste allerdings auch in der Historienmalerei das Trinken des Gift-<br />

bechers im Mittelpunkt stehen; gerade dies ist aber nicht der Fall. 134 Wahrschein-<br />

lich ist der Einfluss der Bühnenbearbeitungen des Sophonisbe-Stoffes für die Iko-<br />

nographie entscheidender. <strong>Die</strong>sen folgend wählten die Historienmaler des 17. und<br />

18. Jahrhunderts ihren Vorwurf und das punctum temporis der Bilddramaturgie: oft<br />

die Szene 135 , in der Sophonisbe durch einen Boten die Nachricht Massinissas und<br />

den Giftbecher erhält, oder – noch häufiger – eine Audienzszene, in der die afrika-<br />

nische Königin dem Boten ruhig Gehör schenkt. Dabei kann Sophonisbe <strong>als</strong> ein-<br />

same Heroine oder <strong>als</strong> Regentin mit Hofstaat dargestellt werden. Ausnahmsweise<br />

findet sich auch eine Sterbeszene. 136 Im Gegensatz zur frühen Graphik tritt das<br />

Trinken des Giftbechers nicht mehr auf.<br />

<strong>Die</strong> Historienmalerei hat zwei Grundtypen der Darstellung Sophonisbes entwickelt:<br />

einerseits die i s o l i e r t e ganzfigurige oder halbfigurige Darstellung der afrikani-<br />

schen Königin, andererseits die s z e n i s c h e Umsetzung einer Episode aus der<br />

Geschichte Sophonisbes.<br />

In der um 1642 von Nicolas Prévost (1604-1670) ausgeführten Serie 137<br />

›starker Frauen‹, die eine Wand des Schlosses Richelieu paneelenartig dekorierte,<br />

erscheint Sophonisbe [Abb. 11] – wie die sechs anderen <strong>Tugendheldin</strong>nen stehend<br />

133 A.a.O., S. 205.<br />

134 In der Sammlung Chigi-Saraceni findet sich ein möglicher Übergang. Auf den Gemälden des Maître des<br />

heroïnes de Chigi-Saraceni und Beccafumis wird der (nicht mehr getrunkene) Giftbecher bereits zum Attribut<br />

(vgl. unten, S. 242ff.).<br />

135 Tümpel verwendet für diesen Bildtypus den nicht recht geeigneten Begriff »Erkenntnisszene«.<br />

136 Tümpels These, das »Zueinander von Literatur [gemeint ist Livius] und bildender Kunst« müsse neu beschrieben<br />

werden (a.a.O., S. 218), hat ihm den Blick für Veränderungen des ikonologischen Codes zwischen<br />

dem 16. und 17. Jahrhundert verstellt. Das Hauptinteresse seiner Abhandlung ist es, die Darstellungen der<br />

Artemisia und der Sophonisbe durch ihre Attribute und ikonologischen Codes zu unterscheiden. Dabei verlor<br />

Tümpel aus dem Blick, dass in der Graphik des 15. und 16. Jahrhunderts Sophonisbe emblematisch mit dem<br />

Trinken des Gifts dargestellt wurde, während den Historienmalern des 17. und 18. Jahrhunderts eine weitaus<br />

größere Bandbreite an Darstellungsmöglichkeiten zur Verfügung stand. <strong>Die</strong> literarische Entwicklung des Stoffes<br />

auf der Bühne (und später <strong>als</strong> Opernsujet) hatte eine facettenreiche Figur und eine differenzierte Konfliktpalette<br />

herausgebildet. <strong>Die</strong> Darstellung des historischen Stoffes auf der Bühne hat den ikonologischen Code in<br />

viel stärkerem Maße beeinflusst, <strong>als</strong> dies die Graphik der beginnenden Neuzeit vermochte. Es bleibt allerdings<br />

auffallend, dass die interessante Invention der Bühne, Sophonisbe <strong>als</strong> Mutter von einem oder mehreren kleinen<br />

Kindern auftreten zu lassen und so Emotionen und Mitleid der Rezipienten stark zu schüren, nach meiner<br />

Kenntnis im Historiengemälde nur zweimal, von Manetti und Crosato, aufgegriffen wurde (vgl. unten, S. 97f.).<br />

137 Vgl. unten S. 173ff. Zu der Serie gehörten Kleopatra, Judith, Artemisia, Dido, Thomyris, die Frau des Hasdrubal<br />

und Sophonisbe. Vgl. Richard-Jamet, Céline: »Cléopâtre: femme forte ou femme fatale, une place équivoque<br />

dans les galeries de femmes fortes aux XVI e et XVII e siècles«, in: AK Cléopâtre dans le miroir del’art<br />

occidental, a.a.O., S. 37-52, hier S. 42. Außerdem Schloder, M. John E.: »Un artiste oublié, Nicolas Prévost,<br />

peintre de Richelieu«, in: Bulletin de la Société de l’histoire de l’art français, (1980), Paris 1982, 59-69.<br />

85


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

– mit einem Trinkgefäß in der Hand. 138 <strong>Die</strong> auf Fernwirkung kalkulierte Serie<br />

ganzfiguriger ›starker Frauen‹<br />

setzt den Giftbecher, dem Attribut<br />

einer Heiligen vergleichbar, <strong>als</strong> Iden-<br />

tifizierungshilfe ein. Von der Aus-<br />

nahme der Serien ›starker Frauen‹<br />

abgesehen, wählen die Künstler bei<br />

isolierten Darstellungen Sophonis-<br />

bes meist die Halbfigur. <strong>Die</strong> So-<br />

phonisbe [Abb. 12] von Nicolas<br />

Abb. 11 Abb. 12<br />

Régnier (1591-1667) beispielsweise wendet ihr Gesicht nach links ins Profil, wo-<br />

durch das Krönchen <strong>als</strong> Hoheitszeichen sichtbar wird, und hält mit beiden Händen<br />

eine goldene Trinkschale. 139<br />

Markant und sinngebend ist der Augenaufschlag, der den von Raffael für re-<br />

ligiöse Historienmalerei geprägten ›himmelnden‹ Blick 140 ins profane Historienbild<br />

übernimmt. Ob der nach oben gleitende Blick Verzweiflung, Schicks<strong>als</strong>ergebenheit<br />

oder Todessehnsucht ausdrückt, bleibt dem Betrachter überlassen. <strong>Die</strong> Hände hal-<br />

ten die Trinkschale in elegant-zierlicher Manier, ohne dass eindeutig zu bestimmen<br />

wäre, ob Sophonisbe das Gift bereits getrunken hat oder sich erst im nächsten Au-<br />

genblick dazu anschicken wird. Gerade die Unentschiedenheit der Geste und die<br />

Unbestimmtheit des innere Ergriffenheit signalisierenden Blicks verdeutlichen,<br />

dass vom Betrachter des Bildes zwar nicht »Betrachtungsfrömmigkeit« 141 wie bei<br />

Heiligenbildern, aber doch ein meditierendes Sich-Einlassen auf den Gemütszu-<br />

stand der Dargestellten erwartet wird.<br />

Guido Reni (1575-1642), <strong>als</strong> dessen Markenzeichen der ›himmelnde‹ Blick von<br />

Heiligen bezeichnet werden kann 142 , hat zweien seiner drei Sophonisben 143 eben<br />

diesen ›Seelenblick‹ gegeben. Das heute in Birmingham gezeigte Bild [Abb. 13],<br />

138<br />

Vgl. Katalog 292 und 289 (Kleopatra), 290 (Dido), 291 (Frau des Hasdrubal).<br />

139<br />

Vgl. Katalog 335.<br />

140<br />

Dazu Henning, Andreas / Weber, Gregor J. M. (Hrsg.): AK ›Der himmelnde Blick‹, Zur Geschichte eines<br />

Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Dresden 1998.<br />

141<br />

<strong>Die</strong>sen Begriff nach Günther, Heinz: »Carlo Dolci, Studien zur religiösen Malerei im 17. Jahrhundert«, in:<br />

Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen, Wien, 56 (N.F.20) (1960), S. 197-234.<br />

142<br />

Dazu Ebert-Schifferer, Sybille: »Guido Reni: klassische Norm, christliches Pathos und reine Farbe« in: AK<br />

Guido Reni und Europa, Ruhm und Nachruhm, Schirn Kunsthalle Frankfurt 1988, S. 16-31.<br />

143<br />

Sie werden von Pepper, Stephen: Guido Reni, L’opera completa, Novara 1988, Nr. 170, 174 und 200, <strong>als</strong><br />

Artemisia identifiziert. Ich schließe mich der Argumentation Tümpels (a.a.O., S. 209) an, der die Bilder <strong>als</strong><br />

Darstellungen der Sophonisbe deutet.<br />

86


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

das sich ursprünglich in der Sammlung des Kardin<strong>als</strong> Mazarin 144 befand, zeigt eine<br />

halbfigurige Sophonisbe mit affektierter Handhaltung eine Schale haltend und den<br />

Blick unverhüllt pathetisch nach oben wendend. <strong>Die</strong> Sophonisbe [Abb. 14] aus einer<br />

Privatsammlung in Genua 145 weist mit ihrer Rechten auf das Glas in ihrer anderen<br />

Hand und blickt aus dem Bild heraus, aber nicht auf den Betrachter, sondern<br />

Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15<br />

unbestimmbar über ihn hinweg. Nur die aus der Sammlung Gonzaga stammende<br />

Sophonisbe 146 in Minneapolis [Abb. 15] findet eine andere Lösung: Sophonisbe be-<br />

trachtet konzentriert die Schale in ihren Händen. <strong>Die</strong> Sophonisbe [Abb. 16] von Lu-<br />

ca Ferrari (1605-1654) im Puschkin-Museum 147 nimmt um 1640 den ›himmeln-<br />

den‹ Reni-Typus auf, während Giovan Gioseffo dal Sole (1654-1719) um 1710<br />

für seine Sophonisbe 148 <strong>als</strong> halbfigurige junge Frau, die eine goldene Trinkschale<br />

betrachtet [Abb. 17], eine dem<br />

Bild aus der Gonzaga-<br />

Sammlung vergleichbare Lö-<br />

sung wählte und Ergriffenheit<br />

mit Versenkung kombinierte.<br />

Renis Bildformel des him-<br />

melnden Blicks geht bekanntlich<br />

auf die antiken Vorbilder des<br />

Abb. 16 Abb. 17<br />

144<br />

Vgl. Katalog 324.<br />

145<br />

Vgl. Katalog 322. Das von Pepper in die Jahre zwischen 1638-39 datierte Gemälde (oval 96x71) befindet<br />

sich heute in einer Privatsammlung in Genua. Sein Pendant zeigt eine Lukretia.<br />

146<br />

Vgl. Katalog 332.<br />

147<br />

Katalog 124.<br />

148<br />

Vgl. Katalog 87. Abgebildet und besprochen in Ebert-Schifferer, Sybille (Hrsg.): AK Il gusto bolognese,<br />

Darmstadt 1994, S. 130 und 131.<br />

87


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

sterbenden Laokoon und der zu Stein gewordenen Niobe zurück. 149 Sie wurde zu-<br />

nächst im »Andachtsbild des gegenreformatorischen Katholizismus« 150 aufgegrif-<br />

fen, dann aber sehr rasch in der allgemeineren Deutung von Cesare Ripa 151 <strong>als</strong><br />

»kontemplative Vision« polyvalent verfügbar und zur »Ausdrucksgebärde der See-<br />

le« 152 auch profaner <strong>Tugendheldin</strong>nen. <strong>Die</strong> der unverhüllt propagandistischen<br />

Theatralik der gegenreformatorischen Heiligenbilder entsprechende Bild-<br />

erfindung übertrug Reni sogleich in die Historienmale-<br />

rei. Der ›himmelnde Blick‹ konnte mit der Semantik<br />

des Heiligenbildes auch profane Motive nobilitieren.<br />

Spätestens mit der Darstellung der Entrückung (ravis-<br />

sement) <strong>als</strong> Expression des passions de l'âme (1668)<br />

bei Charles Le Brun [Abb. 18] setzte sich die profane<br />

Wendung des Affekts allgemein durch. 153<br />

Abb. 18<br />

Auch die Beigabe einer Trinkschale oder eines Bechers <strong>als</strong> Attribut identifi-<br />

zieren die Darstellungen der Sophonisbe <strong>als</strong> isolierte Halbfigur nicht so eindeutig,<br />

dass in dieser kleinen Bildgruppe nicht Verwechslungen mit Artemisia möglich wä-<br />

ren. 154 Es kam Reni und anderen wohl mehr auf die Ausdrucksgebärde der Tu-<br />

gendheldin an <strong>als</strong> auf ihre unzweifelhafte Identifikation; verschiedene Deutungen<br />

blieben durchaus möglich. So kann es nicht überraschen, dass selbst Kenner das<br />

Sujet nicht mehr erkannten. 155 Der Typus der Halbfigur evozierte wahrscheinlich<br />

schon beim zeitgenössischen Betrachter vor allem eine elegische Stimmung, ohne<br />

dass der Bildinhalt präzise festgelegt wurde.<br />

149 Ausführlicher unten S. 219.<br />

150 Riegl, Alois: <strong>Die</strong> Entstehung der Barockkunst in Rom, München 1977 ( 1 1908), S. 182.<br />

151 Ripa, Cesare: Iconologia, Roma 1603 (ND Hildesheim und New York 1970). Ripa stattet zum Beispiel die<br />

Embleme Amore verso Iddio (S. 18), Desiderio verso Iddio (S. 101) und Martirio (S. 304) mit himmelnden<br />

Blicken (occhi riuolti al cielo) (S. 304) aus.<br />

152 Ich übernehme die Wendung von Ebert-Schifferer aus einer Objektbeschreibung, die Renis Magdalena von<br />

1615-16 zum Gegenstand hat (AK Guido Reni und Europa, a.a.O., S. 124).<br />

153 Siehe unten, S. 90.<br />

154 Da auch in Darstellungen der A r t e m i s i a eine Trinkschale <strong>als</strong> identifizierende Beigabe diente, gibt es<br />

Überschneidungen mit S o p h o n i s b e , zumal bereits Maria de' Medici und Anne d’Autriche Artemisia <strong>als</strong><br />

vorbildliche Witwe und Regentin in ihr Bildprogramm aufgenommen hatten (vgl. S. 23, 25, 239, 241, 244, 246,<br />

247, 254). Artemisia II., Schwester und Ehefrau des karischen Königs Mausolos von Myala, regierte nach<br />

seinem Tod (353-351 v. Chr.) Sie ließ ihrem Ehemann ein grandioses Grabmal errichten und trank seine<br />

Asche mit Wein vermischt, weil sie selbst das vornehmste Grab ihres geliebten Gatten sein wollte.<br />

155 »La testa d’una donna che regge una tazza blu e un velo avvolge la testa; la sua cornice è dorata. Guido.«<br />

Schon im Inventar von 1653 (bei Pepper, Stephen, a.a.O., S. 295.) wurde das heute in Birmingham befindliche<br />

Gemälde nicht mehr <strong>als</strong> Sophonisbe erkannt. Vgl. im Übrigen Fußnote 143.<br />

88


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Fast noch zu dieser Gruppe gehört ein Bild 156 von Girolamo Forabosco<br />

(1605-1679) in Cesena [Abb. 19], das Sophonisbe und eine <strong>Die</strong>nerin halbfigurig vor<br />

dem Trinken des Gifts zeigt und dem da-<br />

mit eine melancholisch-intime Stimmung<br />

gelingt.<br />

Eine weitaus umfangreichere Gruppe in<br />

der Historienmalerei versucht s z e n i-<br />

s c h e Umsetzungen der Sophonisbe-<br />

Geschichte, zu deren Gunsten die isolier-<br />

Abb. 19<br />

ten Darstellungen langsam zurücktreten. <strong>Die</strong>nte in den Halbfigurenbildern meist<br />

nur der Giftbecher <strong>als</strong> Identifikationsattribut, ist die Mehrzahl der den Freitod So-<br />

phonisbes darstellenden Historiengemälde des 17. und 18. Jahrhunderts, dem<br />

Stellenwert der Handlung angemessen, mit Hoheitssymbolen wie Säulen und Bal-<br />

dachin, höfischem Personal, wertvollen Stoffen und einer prächtigen Palastarchi-<br />

tektur ausgestattet.<br />

Abb. 20 Abb. 21<br />

Nur selten wird Sophonisbe so in Szene gesetzt, dass sie mit Emotion und<br />

Erschrecken auf die von einem Boten überbrachte Botschaft Massinissas reagiert.<br />

Pieter L a s t m a n (1583-1633) wählte in einem nur in der Nachzeichnung von<br />

François Venant (1591-1636) 157 überlieferten Gemälde [Abb. 20] dieses Motiv. Bei<br />

dem in Rembrandts Manier arbeitetenden Amsterdamer Salomon K o n i n c k<br />

(1609-1656) verstärkt der starke Helldunkelkontrast noch die Heftigkeit des Ge-<br />

fühlsausdrucks. 158 Mit einer abwehrenden Geste weicht die Protagonistin [Abb. 21]<br />

156 Katalog 129.<br />

157 Vgl. Katalog 204 (um 1630 zu datieren).<br />

158 Vgl. Katalog 194.<br />

89


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

vor dem Giftpokal zurück, während sie mit der Linken ein Taschentuch an die Brust<br />

drückt. Lastman wie Koninck verlegen die Szene in das Innere eines Palastes. Bei<br />

beiden Malern kniet ein jugendlicher Bote vor der sitzenden Königin. <strong>Die</strong> räumli-<br />

che, aber auch emotionale Distanz zwischen dem ruhigen Überbringer von Bot-<br />

schaft und Gift und der fassungslosen Sophonisbe wird gestisch durch eine ste-<br />

hende, <strong>als</strong> Amme oder <strong>Die</strong>nerin zu deutende alte Frau überbrückt. So entsteht auf<br />

beiden Gemälden eine nervöse Spannung zwischen dem in Ruhe und Gleichmut<br />

auftretenden Boten und der in äußerste Panik und seelische Bedrängnis gestürz-<br />

ten Sophonisbe.<br />

In den meisten Historiengemälden steht allerdings nicht dieser Gegensatz<br />

der Affekte im Mittelpunkt, sondern die neustoisch getönte Gelassenheit und Af-<br />

fektbeherrschung, mit der Sophonisbe ihrem freiwilligen Tod entgegengeht: Würde,<br />

Tapferkeit und Selbstbeherrschung zeichnen in diesen Bildern die Protagonistin<br />

aus. 159 Oft zieht der Giftbecher <strong>als</strong> Zentrum der Bilddramaturgie die Blicke der Ne-<br />

benfiguren, aber auch des Betrachters auf sich. Allerdings hat er nicht mehr wie in<br />

der Graphik des 15. und 16. Jahrhunderts die Funktion eines identifizierenden At-<br />

tributs, das narrative Zusammenhänge in Erinnerung ruft, sondern dient nunmehr<br />

<strong>als</strong> Anlass und Katalysator gegensätzlicher Affekte, entsetzter Unruhe beim Hof-<br />

staat und stoischer Gelassenheit bei Sophonisbe. Der Kontrast konturiert die con-<br />

stantia der <strong>Tugendheldin</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Darstellung der Affekte (expression des passions) war im 17. Jahrhundert zentrales<br />

Thema kunsttheoretischer Auseinandersetzungen. 160 In den Conférences der<br />

Pariser Kunstakademie wurde das Thema seit 1667 – von der Laokoon-Gruppe<br />

ausgehend – vor dem Hintergrund der berühmten Abhandlung Les passions de<br />

l'âme (1649) von René Descartes lebhaft und kontrovers diskutiert. 161 <strong>Die</strong> mit<br />

Zeichnungen illustrierte Akademie-Rede Expression des passions de l'âme (1668)<br />

von Charles Le Brun fasste die Debatte zusammen und erzielte europaweite Wirkung.<br />

162 <strong>Die</strong> europäischen Akademien griffen die Debatte auf und beschäftigten<br />

159 Tümpel irrt, wenn er (a.a.O., S. 208) behauptet: »Sophonisbe selbst gibt sich ihren Gefühlen hin, verzweifelt,<br />

wie Livius es ausführlich beschreibt.« Bei Livius ist Massinissa nach der Unterredung mit Scipio verzweifelt,<br />

nicht aber die Königin, die sich ruhig und ohne Angst den Tod gibt: »Non locuta est ferocius quam<br />

acceptum poculum, nullo trepidationis signo dato, impauide hausit.« (›Gelassen, wie sie den Giftbecher<br />

entgegengenommen hatte, trank sie ihn ohne Zeichen von Unruhe aus.‹). (Ab urbe condita, 30, 15, 8)<br />

160 Vgl. Kirchner, Thomas: L'expression des passions, Ausdruck <strong>als</strong> Darstellungsproblem in der französischen<br />

Kunst und Kunsttheorie des 17. und 18. Jahrhunderts, Mainz 1991 und Montagu, Jennifer: The Expression of<br />

the Passions. The Origin and Influence of Charles Le Bruns's ›Conférence sur l'expression générale et particulière‹,<br />

New Haven / London 1994.<br />

161 Der Bildhauer Gérard Van Obstal eröffnete die Vortragsreihe (Jouin, Henry [Hrsg.]: Conférences de l'Académie<br />

royale de peinture et de sculpture, Paris 1883, S. 20).<br />

162 Nach dem Tode Le Bruns wurden die Zeichnungen gestochen und hatten <strong>als</strong> Illustrationen zu seiner Abhandlung,<br />

aber auch <strong>als</strong> isolierte Schautafeln großen Einfluss: Le Brun, Charles: Méthode pour apprendre à<br />

dessiner les passions: proposée dans une conférence sur l'expression générale et particulière, Amsterdam<br />

1702, (ND Hildesheim 1982); Charles Le Brun: L'expression des passions, autres conférences, correspondance,<br />

hrsg. von Julien Philipe, Paris 1994. <strong>Die</strong> Kupferstiche sind in einer Ausgabe von 1727 über den elekt-<br />

90


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

sich in Theorie und Praxis mit der Darstellung und der Systematisierung der Affekte.<br />

Der Comte de Caylus lobte 1759 sogar einen prix d'expression aus. <strong>Die</strong> Verbildlichung<br />

der Affekte wurde so im 17. und 18. Jahrhundert zu einer wichtigen Aufgabe<br />

der Historienbilder.<br />

Auch in der Wiedergabe der Sophonisbe trat nunmehr der psychologische Aspekt<br />

in den Vordergrund. <strong>Die</strong> Repräsentation der Affekte bestimmt die Darstellung der<br />

<strong>Tugendheldin</strong> ebenso wie die der Assistenzfiguren; unverkennbar hat die breite<br />

Rezeption des Stoffes auf der Bühne das Spektrum der dargestellten Affekte im<br />

Historienbild erweitert. 163<br />

Einige Gemälde stellen mit durchaus differierenden Lösungen den Augen-<br />

blick dar, in dem Sophonisbe durch einen Boten Botschaft und Gift erhält. 164 Niko-<br />

laus K n ü p f e r (1603-1655) 165 hat die<br />

Szene [Abb. 22] ins Bürgerliche gewen-<br />

det: in einer Guckkastenbühne wird ein<br />

gediegener Wohnraum mit Bett gezeigt.<br />

Drei <strong>Die</strong>nerinnen reagieren mit Angst,<br />

Entsetzen und Mitleid auf das Schicksal<br />

der Protagonistin. Von einem Pagen<br />

Abb. 22<br />

begleitet verlässt der Überbringer des Giftes soeben die Szenerie, in der wiederum<br />

der Giftbecher eine zentrale Stelle erhalten hat. Simon V o u e t (1590-1649) 166 hin-<br />

gegen ordnet im Breitformat [Abb. 23] Sophonisbe und ihre Assistenzfiguren, eine<br />

zentrale Rolle im Bildgeschehen zugewiesen, die allerdings durch den intensiven<br />

und beinahe liebevollen Blickkontakt zwischen der Königin und dem Boten kontre-<br />

balanciert wird. <strong>Die</strong> Lösung von R e m b r a n d t s Gemälde im Prado 167 besticht<br />

ronischen <strong>Die</strong>nst der Bibliothèque Nationale de France am einfachsten zu konsultieren<br />

(http://visualiseur.bnf.fr/Visualiseur?Destination=Gallica&O=NUMM-8496; zuletzt aufgerufen: 22.02.2007)<br />

163<br />

Vgl. oben S. 70ff.<br />

164<br />

Siehe dazu die keineswegs vollständige Liste bei Pigler (a.a.O., S. 413-415), der häufig mit seinen Zuweisungen<br />

(Sophonisbe oder Artemisia) f<strong>als</strong>ch entscheidet. Von Pigler nicht erfasst sind Buchillustrationen, wie<br />

zum Beispiel die von Sandrart gestochene Titelillustration für das Trauerspiel Sophonisbe in der dritten Sammelausgabe<br />

von Daniel Casper von Lohensteins Werken, Breslau, Fellgiebel, 1689 (Abbildung im Auktionskatalog<br />

Bassenge, Ende 2000/Anfang 2001, Berlin 2001, Nr.1846).<br />

165<br />

Vgl. Katalog 193.<br />

166<br />

Vgl. Katalog 427.<br />

167<br />

Vgl. Katalog 307. <strong>Die</strong> kürzlich von Golahny, Amy (»Rembrandt's Artemisia: Arts Patron«, in: Oud Holland<br />

114 [2000], S. 139-154) vertretene Auffassung, es handle sich bei Rembrandts Gemälde um eine Artemisia,<br />

kann nicht überzeugen. Golahny misst dem auf einem Tisch liegenden Folianten eine ebenso große Bedeutung<br />

zu wie dem Nautiluspokal und nimmt an, Artemisia werde hier <strong>als</strong> Vollstreckerin des Testaments ihres<br />

Mannes Mausolos und <strong>als</strong> Patronin der ›schönen Künste‹ inszeniert. In der geläufigen ikonographischen Tradition<br />

wird Artemisia allerdings beim Trinken des Bechers mit der Asche ihres Ehemanns, gleichsam <strong>als</strong> ›lebendes<br />

Grabmahl für die Asche des Ehemannes‹ dargestellt. <strong>Die</strong> Beweisführung für die neue Deutung scheint mir<br />

weder durch literarische noch ikonographische Traditionen gesichert zu sein. Ich halte deshalb an der opinio<br />

communis (so J. Bruyn u.a.: A Corpus of Rembrandt Paintings, The Hague 1982, Bd. 1, S. 504-510) fest, dass<br />

91


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

durch ihre raffinierte Lichtregie: eine<br />

jugendliche Sophonisbe nimmt in Drei-<br />

viertelfigur und frontal beinahe den ge-<br />

samten Bildraum ein [Abb. 24]. Das von<br />

links einfallende Licht betont den in<br />

Gold montierten Nautiluspokal ebenso<br />

wie die Lichtgestalt der Empfängerin,<br />

deren Blick ruhig über die von hinten<br />

und im verlorenen Profil gegebene <strong>Die</strong>-<br />

nerin hinweggeht. Der dunkle Hinter-<br />

grund, vor dem sich nur undeutlich<br />

Draperien und eine ältere <strong>Die</strong>nerin ab-<br />

heben, verstärkt die isolierte Gelassen-<br />

heit der in einem Sessel sitzenden Kö-<br />

nigin. In den Schnittpunkt der Diagona-<br />

len ist der Pokal mit dem todbringenden<br />

Gift gesetzt. Bei allen Differenzen in<br />

Aufbau, Ambiente und Personal wird<br />

von beiden Künstlern die Unbeirrbarkeit<br />

Abb. 23<br />

Abb. 24<br />

der Hauptperson vor Augen geführt und die Peripetie des Geschehens neu be-<br />

stimmt. Als bilddramatischer ›Umschlagspunkt‹ wird die Übergabe des Gifts durch<br />

den Boten gewählt, während in der Gruppe der Halbfigurenbilder, die auf den grö-<br />

ßeren narrativen Zusammenhang verzichtet, Sophonisbe bereits allein oder allen-<br />

falls mit einer <strong>Die</strong>nerin gezeigt wird.<br />

<strong>Die</strong> Historienmalerei ist in ihrer B i l d d r a m a t u r g i e auf den »fruchtbaren Augenblick«<br />

168 angewiesen, der dem Betrachter die moralische Problematik der histori-<br />

es sich um eine Sophonisbe handelt. Im Katalog der Amsterdamer Ausstellung Rembrandt Ŕ Caravaggio<br />

(2006) wird zwar die Hauptfigur des Gemäldes richtig gedeutet, gleichwohl in der Objektbeschreibung des<br />

Gemäldes irrtümlich behauptet, der Giftbecher werde von Massinissa gereicht:: »Als das Gemälde im 18.<br />

Jahrhundert in Spaniens königliche Sammlung gelangte, wurde die junge Frau <strong>als</strong> Artemisia, Frau und<br />

Schwester des Königs Mausolos, bezeichnet. […] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts meinte man, in der Königin<br />

Sophonisbe eine weitere Figur aus der klassischen Antike, zu erkennen. Sophonisbe gab lieber ihr Leben für<br />

ihren geliebten Ehemannn Massinissa, indem sie Selbstmord beging, <strong>als</strong> in die Hände des römischen Gener<strong>als</strong><br />

Scipio zu fallen. Sollte diese Interpretation zutreffen, so hat Rembrandt genau den Moment gewählt, bevor<br />

Sophonisbe den Giftbecher trinkt, den Massinissa ihr reicht. Was auch immer die Wahrheit sein mag, beide<br />

Frauenfiguren [Artemisia oder Sophonisbe] stehen Modell für die weiblichen Tugenden der ehelichen Treue<br />

und Selbstaufopferung. Rembrandt stellt den Moment dar, in dem die Frau über ihr eigenes Schicksal entscheidet.«<br />

(Taco Dibbits in: Bull, Duncan [Hrsg.] AK Rembrandt Ŕ Caravaggio, Stuttgart 2006, S. 136).<br />

168 <strong>Die</strong>sen Begriff verwendet Lessing in seinem »Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie«<br />

(1766), um die Phase einer Handlung oder Handlungsabfolge zu bezeichnen, die der Künstler in der Absicht<br />

auswählt, dem Betrachter die imaginative Konstitution der Gesamthandlung zu ermöglichen. Der »Augenblick«<br />

muss im Bild das Ganze umfassen, aber auch so »fruchtbar« sein, dass er auf die vorausgehenden und nach-<br />

92


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

schen Handlung vor Augen führt. Anders <strong>als</strong> in der klassizistischen Theaterdramaturgie,<br />

die in vergleichbarer Weise das punctum temporis (oder den prégnant moment)<br />

suchte, aber immerhin eine geraffte H a n d l u n g s f o l g e dargestellen konnte,<br />

bleibt das »monoszenische Einzelbild« 169 auf einen H a n d l u n g s a u s s c h n i t t<br />

angewiesen, der Vergangenheit und Zukunft noch enger zusammenbindet. <strong>Die</strong><br />

Szene der Übergabe des Gifts an Sophonisbe verknüpft für den Betrachter emphatisch<br />

Vorgeschichte und bevorstehenden Selbstmord. 170 Vouet und Rembrandt stellen<br />

den Augenblick des Übergangs dar, <strong>als</strong> die Königin bereits ihren Entschluss gefasst<br />

hat und die tragische Endgültigkeit der Situation feststeht, auf die Sophonisbe<br />

gelassen reagiert; die Erschütterung der <strong>Die</strong>nerin signalisiert die Übermittlung der<br />

Botschaft und nimmt das bevorstehende Ende der Königin vorweg. Wie in einer<br />

Tragödie sollen die in Szene gesetzten Affekte der Nebenfiguren oder des Hofstaates<br />

beim Betrachter ἔλεος καὶ φόβος (Mitleid und Furcht) und die entsprechende<br />

kathartische Wirkung (expiatio affectuum) auslösen. Im Identifikationsangebot der<br />

gelassen auf Schicks<strong>als</strong>schläge reagierenden Hauptfigur und ihrer impassibilité findet<br />

hingegen die neustoisch verstandene Vernunft und Affektsteuerung exemplarischen<br />

Ausdruck. 171<br />

Der Rembrandt-Schüler Gerbrand van den E e c k h o u t (1621-1674) 172 stellt bei<br />

einem völlig anders angelegten Bildaufbau [Abb. 25] Sophonisbe ruhig und gelas-<br />

sen dar und legt den Akzent auf den Gegensatz von Staatsräson und persönli-<br />

chem Glück. Im linken Bildraum nimmt die Königin unter einer Throndraperie, mit<br />

Krone und Hermelinmantel bekleidet, den Giftkelch entgegen; der ihn begleitende<br />

folgenden Handlungsphasen verweist: »Kann der Künstler von der immer veränderlichen Natur nie mehr <strong>als</strong><br />

einen einzigen Augenblick, und der Maler insbesondere diesen einzigen Augenblick auch nur aus einem einzigen<br />

Gesichtspunkte, brauchen; sind aber ihre Werke gemacht, nicht bloß erblickt, sondern betrachtet zu werden,<br />

lange und wiederholter maßen betrachtet zu werden: so ist es gewiß, daß jener einzige Augenblick und<br />

einzige Gesichtspunkt dieses einzigen Augenblickes, nicht fruchtbar genug gewählet werden kann. Dasjenige<br />

aber nur allein ist fruchtbar, was der Einbildungskraft freies Spiel läßt. Je mehr wir sehen, desto mehr müssen<br />

wir hinzu denken können. Je mehr wir darzu denken, desto mehr müssen wir zu sehen glauben.« (Lessing,<br />

Gotthold Ephraim: Werke, hrsg. von Herbert G. Göpfert u.a., Bd. 6 (Kunsttheoretische und kunsthistorische<br />

Schriften), Darmstadt 1996, S. 25f.). Zu vergleichbaren Überlegungen bei Diderot: Bernier, Marc André: »La<br />

lettre sur les sourdes et muets (1751) de Denis Diderot: une rhétorique du punctum temporis«, in: Lumen, Bd.<br />

18, 2000, S. 1-10.<br />

169 »Beide [Historienbild und Tragödie] müssen die Krise zentral stellen, alles Vorangehende nur andeuten,<br />

möglichst nahe an die Krise herankommen. Mit Recht kann aber die Frage gestellt werden, ob in diesen Fällen<br />

noch immer eine vom Betrachter perzipierbare narratio dargestellt wird. Während die anderen drei Arten der<br />

visuellen narratio eine temporale Folge von Handlungen zeigen, die der Betrachter ziemlich leicht zu einer<br />

Geschichte zusammenfügen kann, kann er im Falle eines monoszenischen Einzelbildes nur eine Handlung<br />

wahrnehmen, jedoch keine Geschichte. <strong>Die</strong>se entsteht erst, wenn er die Handlung <strong>als</strong> Teil eines größeren<br />

narrativen Zusammenhanges erkannt hat, zum Beispiel nachdem er den Titel des Bildes gelesen hat. Seit dem<br />

18. Jahrhundert wird des öfteren auf diese Schwierigkeit der Historienmalerei hingewiesen: der Künstler wählt<br />

entweder immer wieder dieselben allgemein bekannten historischen Ereignisse, mit dem Risiko der Banalität<br />

und der Langeweile, oder aber er wählt weniger bekannte Geschichten, mit dem Risiko, daß die Betrachter<br />

diese nicht erkennen und demzufolge auch ihre menschlich-moralische Bedeutung nicht verstehen können.«<br />

(Varga, Aron Kibédi: »Visuelle Argumentation und visuelle Narrativität«, in Harms, Wolfgang [Hrsg.]: Text und<br />

Bild, Bild und Text [DFG-Symposion 1988], Stuttgart 1990, S. 356-367, hier S. 363-364)<br />

170 Eine vergleichbare Funktion hat die durch einen Brief visualisierte Übermittlung der Nachricht, wie sie zum<br />

Beispiel bei Koninck auftritt. Vgl. zum Motiv Schulze, Sabine (Hrsg.): AK Leselust, Niederländische Malerei von<br />

Rembrandt bis Vermeer, Frankfurt 1993.<br />

171 Vgl. Brassat, Wolfgang: »Tragik, versteckte Kompositionskunst und Katharsis im Werk von Peter Paul Rubens«,<br />

in Heinen, Ulrich / Thielemann, Andreas (Hrsg.): Rubens Passioni, Kultur der Leidenschaften im Barock,<br />

Göttingen 2001, S. 41-69.<br />

172 Vgl. Katalog 417.<br />

93


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Brief liegt auf einem Tisch. Obwohl sie in ihrer Rechten ein Tränentuch hält,<br />

Abb. 25 Abb. 26<br />

blickt sie selbst gelassen, während drei Zofen Trauer und Schmerz gestisch be-<br />

eindruckend freien Lauf lassen. Der beim Überreichen des Nuppenkelches vor<br />

Sophonisbe kniende Bote hält noch die<br />

höfischen Regeln ein, doch verdeutlichen<br />

die hinter ihm in einem Durchblick ins<br />

Freie sichtbaren Soldaten die drohende<br />

Gefahr der römischen Gefangenschaft.<br />

Auch Mattia P r e t i (1613-1699) hat<br />

Abb. 27<br />

diese Szene mit vergleichbaren Akzenten mehrfach bearbeitet. <strong>Die</strong> Version in<br />

Lyon 173 [Abb. 26] unterstreicht – wie das Bild Eeckhouts – die gegensätzlichen<br />

Reaktionen der Protagonistin und ihres Hofstaates, Ruhe und klaglose Ergebung<br />

der Königin, Bestürzung bei den Frauen des Hofstaates. Der ›Cavaliere Calabrese‹<br />

veränderte in den verschiedenen Varianten nur den Habitus des die Botschaft<br />

überbringenden Boten: <strong>Die</strong> Variante in Lyon lässt einen älteren, mit Harnisch ge-<br />

rüstet Boten den Becher mit einer entschuldigenden Handbewegung der erhöht<br />

sitzenden Königin hinaufreichen, während in der Melbourner Fassung 174 [Abb. 27]<br />

ein Kurier mit Hellebarde 175 den Giftbecher mit einer autoritären Handbewegung<br />

173 Vgl. Katalog 283.<br />

174 Vgl. Katalog 286.<br />

175 Walther Lang betont im Zusammenhang der Darstellungen des Martyriums der Agathe, die aufgepflanzte<br />

Lanze eines Soldaten sei ein »demonstratives Symbol seiner Männlichkeit« (Grausame Bilder, Sadismus in<br />

der neapolitanischen Malerei, Berlin 2001, S. 194). Áuch wenn die sexuelle Bedeutung solcher Symbole erst<br />

durch Freud erkannt wurde, kann eine unterschwellig-sexuelle Konnotation bei der Darstellung von Lanzen,<br />

Schwertern etc. auch schon im Barock vorausgesetzt werden.<br />

94


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

aushändigt. Der Melancholie-Gestus Sophonisbes deutet die Einwilligung in ihr<br />

Schicksal an.<br />

Der Antagonismus zwischen Staatsräson und individuellem Glück wird in<br />

den Sophonisbe-Darstellungen der späten Barockmalerei durch den Kontrast zwi-<br />

schen Mann und Frau, zwischen bewaffnetem Boten und schicks<strong>als</strong>ergebener Kö-<br />

nigin ins Bild gesetzt. So erscheint in der Ölskizze 176 von Francesco S o l i m e n a<br />

(1657-1747) der Bildraum [Abb. 28] zweigeteilt: Von links eilt ein Kurier in voller<br />

Rüstung herbei und überreicht der erhöht thronenden Königin ein zierliches Gefäß.<br />

<strong>Die</strong>se beherrscht mit allen Herrschaftsinsignien die rechte Bildhälfte. In sich ge-<br />

Abb. 28 Abb. 29<br />

kehrt und beinahe versteinert blickt sie auf den todbringenden Trank. In ihrem fah-<br />

len, bleichen Inkarnat deutet sich der bevorstehende Tod bereits an.<br />

Der zahlreich versammelte Hofstaat reagiert mit starken Emotionen. Im<br />

Rahmen eines Scipio-Zyklus 177 , den Giambattista T i e p o l o 1731 im heutigen Pa-<br />

lazzo Dugnani 178 in Mailand ausführte, ist Sophonisbe ein großes Fresko 179 ge-<br />

widmet. [Abb. 29] In luxuriöser Palastarchitektur thront die Königin in der linken<br />

Bildhälfte, den Brief Massinissas noch in der Hand haltend und von einer Zofe lie-<br />

bevoll umfangen. Rechts erscheint, durch die da sotto in su-Perspektive hervorge-<br />

hoben, ein mit Harnisch und Helm gerüsteter Bote, der eben einen zierlichen Krug<br />

von einem Tablett genommen hat, das ihm ein kleiner Mohrenpage reicht. Sopho-<br />

nisbe streckt ihre geöffnete Hand, Einverständnis und Einwilligung signalisierend,<br />

dem Gefäß entgegen. Erschrecken, Angst und Trauer sind auch in diesem elegan-<br />

176 Vgl. Katalog 380.<br />

177 Ich gehe darauf unten, S. 225ff. ein.<br />

178 Der Palazzo wurde vom Conte Casati erbaut und trug auch dessen Namen.<br />

179 Katalog 390 (im Zweiten Weltkrieg beschädigt). Eine Abbildung in: Levey, Michael: Giambattista Tiepoli: his<br />

life and art, New Haven / London 1986, S. 63. Abbildung des ganzen Zyklus in Pallucchini, Anna / Piovene,<br />

Guido (Hrsg.): L’opera completa di Giambattista Tiepolo, Mailand 1981, Abb. 62 A bis H.<br />

95


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

ten Rokoko-Fresko dem männlichen Hofstaat zugeordnet. Etwa gleichzeitig ent-<br />

stand ein Ölgemälde Gianantonio P e l l e g r i n i s (1675-1741), das sich seit 1789 in<br />

Genua in der Sammlung Durazzo Pallaviccini (sala della Maddalena) befindet. 180<br />

Sitzend nimmt die ganzfigurige Sophonisbe in gelbbeiger Kleidung die rechte Hälf-<br />

te des quadratischen Bildes ein. [Abb. 30] In ihrer aufgestützten Linken hält sie den<br />

eben geöffneten Brief Massinissas. Mit ihrer Rechten greift sie nach einem kleinen<br />

Gefäß, das ihr eine der beiden <strong>Die</strong>nerinnen auf einem Silbertablett reicht.<br />

<strong>Die</strong> beiden <strong>Die</strong>nerinnen konzentrieren<br />

sich auf das Verhalten der Königin; die<br />

Hände einer <strong>Die</strong>nerin verleihen dem um<br />

sich greifenden Entsetzen beredten<br />

Ausdruck. Ganz links blicken zwei ge-<br />

rüstete Soldaten auf das Geschehen.<br />

Obwohl Herrscherattribute wie ein<br />

blauer Baldachin und eine Säule nicht<br />

fehlen, ist die ganze Aufmerksamkeit<br />

des Betrachters auf die Protagonistin<br />

gerichtet. <strong>Die</strong> Bilddramaturgie stellt<br />

Abb. 30<br />

nicht mehr das unmittelbar bevorstehende Trinken des Gifts in den Mittelpunkt,<br />

sondern weckt durch den himmelnden Blick der <strong>Tugendheldin</strong> das Interesse des<br />

Betrachters für die ›philosophische‹ Aussage des Motivs. Sophonisbe scheint dem<br />

Giftbecher keine Beachtung zu schenken, greift gleichsam en passant nach ihm;<br />

ihr ›Seelenblick‹ gibt einen größeren Interpretationsspielraum frei.<br />

Ein kürzlich im Handel aufgetauchtes<br />

großes Historienbild [Abb. 31] von Se-<br />

bastiano R i c c i (1659-1734) 181 ver-<br />

sammelt geläufige Motive (den das Gift<br />

überreichenden <strong>Die</strong>ner, den gelesenen<br />

Brief, einen Mohren und zwei Bedien-<br />

stete) und gibt ihnen einen intimen Zu-<br />

schnitt vor einer Parklandschaft mit der<br />

180 Katalog 266.<br />

181 Katalog 345 (Sotheby London Januar 2005).<br />

Abb. 31<br />

96


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Skulptur des ›sterbenden Galliers‹.<br />

Das Sterben Sophonisbes wird trotz seiner Dramatik nur ausnahmsweise<br />

dargestellt. Zu nennen ist ein Gemälde von Giovanni Battista P i t t o n i (1687-<br />

1767) im Puschkin-Museum, das den Tod Sophonisbes nach Einnahme des Gifts<br />

Abb. 32 Abb. 33<br />

in eine bewegte Szene umsetzt. [Abb. 32] Pittoni hat auch in einem anderen Ge-<br />

mälde [Abb. 33], das kürzlich im Handel war, ein weiteres, relativ ungewöhnliches<br />

Motiv aufgegriffen: das Gemälde zeigt Sophonisbe dreiviertelfigurig mit Becher, mit<br />

einem Mohren und zwei <strong>Die</strong>nerinnen. Ihr Gatte Massinissa hat ihr wohl soeben<br />

selbst den Giftbecher gebracht – bezeichnenderweise fehlt deshalb der Brief, der<br />

sich in den geläufigeren Varianten fast immer findet. Im Hintergrund erscheint, den<br />

Verlust der Gattin mythisch überhöhend, ein Relief mit Orpheus und Eurydike.<br />

Massinissa tritt auch sonst gelegentlich in der Ikonographie der Sterbeszene<br />

Sophonisbes auf. Bekanntlich bringt bei Appian der König selbst das Gift seiner<br />

Frau. Ganz selten wird diese Überlieferung der Version bei Livius vorgezogen, was<br />

in der Forschung bisher noch keine Beachtung gefunden hat. Rutilio M a n e t t i<br />

(1571-1639) etwa hat um 1623/25 für die Villa Poggio Imperiale 182 in Florenz So-<br />

phonisbe und Massinissa mit dieser Szene ins Bild gebracht [Abb. 34]. 183 Umgeben<br />

von einem zahlreichen Hofstaat werden Sophonisbe und Massinissa gleichgewich-<br />

tig dargestellt, wobei es sich bei dem klagenden Knaben rechts um den Sohn So-<br />

phonisbes aus der Ehe mit Syphax handeln könnte.<br />

182 Vgl. zu diesem Zusammenhang unten S. 247ff.<br />

183 Katalog 226.<br />

97


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

<strong>Die</strong> Darstellung der ganzen Familie findet sich seit Trissino in den Bühnen<br />

und Opernbearbeitungen des Stoffs. 184 Mas-<br />

sinissa und Sophonisbe könnten auch auf<br />

einem nur fragmentarisch erhaltenen Gemäl-<br />

de von Antonio B a l e s t r a (1666-1740) in<br />

Pommersfelden dargestellt gewesen sein. 185<br />

Das 1724 für den Grafen von Schönborn ent-<br />

standene und in der gleichen Sammlung<br />

Abb. 34<br />

befindliche Bild [Abb. 35] von Antonio P e l l e g r i n i (1675-1741) zeigt allerdings<br />

entgegen der geläufigen Deutung nicht Sophonisbe und Massinissa, wie der Brief<br />

zeigt, den die Königin in ihrer Rechten hält. 186 Hingegen könnte ein 2006 im Han-<br />

del aufgetauchtes Bild die Version mit Massinissa bieten. Es wurde der Augsbur-<br />

184 S. oben S. 70ff.<br />

185 Das Gemälde hing <strong>als</strong> Allegorie ehelicher Treue bis in den Tod (Minges, Klaus: Das Sammlungswesen in<br />

der Frühen Neuzeit, Kriterien der Ordnung und Spezialisierung, Münster 1998, S. 151) im Marmorsaal des<br />

Schlosses Weissenstein. Ein alter Bestandskatalog, der Aussehen und Zustand des Marmorsaales beschreibt,<br />

notiert: »Uber Ihro Mayestät der Kaiserin Contrefait. 8. <strong>Die</strong> Sophonisba, wie sie aus Treu gegen ihren Gemahl<br />

den König / Gifft trincket / mit vielen Figuren / in grosleben. Von Balestra.« (Hofmann, Walter Jürgen: Schloss<br />

Pommersfelden, Geschichte seiner Entstehung, Nürnberg 1968, S. 137). Aus einer Beschreibung von 1953<br />

(Kreisel, Heinrich: Das Schloss zu Pommersfelden, München 1953, S. 32) lässt sich kein klarer ikonographischer<br />

Zusammenhang rekonstruieren (»In der oberen Wandzone sitzen entsprechend den hochovalen<br />

Fenstern ebenso große Gemälde, und zwar in der Reihenfolge von links nach rechts, ausgehend von der Ostwand:<br />

Antonio Balestra (1666/1740), Sophonisbe, Venus und Vulkan sowie Moses befreit die Tochter des<br />

Jethro von den Hirten […].«) In der ursprünglichen Konzeption scheint aus gegebenem Anlass die eheliche<br />

Treue das Motiv für die Sophonisbe-Darstellung gewesen zu sein: »Inhaltlich auf die weiblichen und männlichen<br />

Herrschertugenden bezogen war die Ausstattung ihrer künstlerischen Umgebung [der Porträts des Kaisers<br />

und der Kaiserin, die von 1719-1721 im Marmorsaal hingen RSG]. Über den Kaiserbildern ragten großformatige<br />

Gemälde bis in die Deckenzone. Über dem Kaiser: Wie Merkur die goldene Zeit ins Land bringt<br />

(Thulden), über der Kaiserin: Sophonisbe, die aus Treue zu ihrem Gemahl Gift nimmt (Balestra), ein Hinweis<br />

auf die eheliche Treue der Kaiserin (Lothar Franz stiftete die Ehe zwischen dem Kaiserpaar).« (Bott, Katharina:<br />

»›La mia galleria Pommersfeldiana‹, <strong>Die</strong> Geschichte der Gemäldesammlung des Lothar Franz von Schönborn«,<br />

in Bott, Gerhard [Hrsg.]: AK <strong>Die</strong> Grafen von Schönborn. Kirchenfürsten, Sammler, Mäzene, Nürnberg<br />

1989, S. 112-128, hier S. 116) Nach anderen Veränderungen wurde 1938 das »Monumentalgemälde« »Sophonisbe<br />

trinkt aus Liebe zu ihrem Gemahl Gift« beschnitten und »<strong>als</strong> Ausschnitt in ein Oval eingepasst« (ebd.<br />

S. 125). <strong>Die</strong> Kuratorin der ›Kunstsammlungen Graf von Schönborn‹, Dorothee Feldmann, teilte am 16.12.2004<br />

brieflich mit, dass sich das Gemälde Balestras (Inv.Nr. 22b) noch immer im Bestand der Sammlung befindet<br />

und <strong>als</strong> Oval im Marmorsaal von Schloss Weissenstein in Pommersfelden hängt. Es gebe allerdings keine<br />

Abbildung des Gemäldes. Ob auf der ursprünglichen, nicht beschnittenen Fassung des Gemäldes auch Massinissa<br />

gezeigt wurde, wie es dem Thema der ehelichen Treue entsprechen würde, lässt sich wohl leider nicht<br />

mehr rekonstruieren.<br />

186 Der Streit über das Thema des Bildes ist ein schöner Beleg für die relative Vergessenheit, in die die Sophonisbe-Geschichte<br />

gefallen war. Zwar hatten bereits Rodolfo Pallucchini und <strong>Georg</strong>e Knox die nordafrikanische<br />

Königin erkannt, doch versuchte noch <strong>August</strong> Rave im AK <strong>Die</strong> Grafen von Schönborn, Kirchenfürsten,<br />

Sammler, Mäzene, Nürnberg 1998, Nr. 313 das Bild mit großem Aufwand <strong>als</strong> ›Timokleia und der thrakische<br />

Feldherr‹ zu deuten. Offensichtlich ist er dabei von Tiepolos Bild in der Samuel H. Kress Collection (Washington)<br />

ausgegangen, das in der Tat eine Variation der Komposition Pelligrinis sein könnte und von manchen<br />

Kunsthistorikern <strong>als</strong> ›Timokleia‹ gedeutet wird. Der bei Tiepolo fehlende Becher ebenso wie der Brief lassen<br />

das Bild Pellegrinis aber eindeutig <strong>als</strong> Darstellung Sophonisbes erkennen. So auch Bettagno, Alessandro<br />

(Hrsg.): AK Antonio Pellegrini, Il maestro veneto del Rococò alle corti d’ Europa, Venezia 1998, Nr.37. Allerdings<br />

wird dort der Bote fälschlich <strong>als</strong> Massinissa identifiziert, weil der Brief Massinissas, den Sophonisbe<br />

eben gelesen hat, keine Beachtung findet.<br />

98


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

ger Schule 187 zugewiesen [Abb. 36], dürfte freilich in den Umkreis von Lairesse ge-<br />

hören.<br />

Am überzeugendsten ist die Ster-<br />

beszene Sophonisbes im Kreise ihrer<br />

Familie in einem großen Historienbild<br />

[Abb. 37] der Ca’ Rezzonico 188 aus dem<br />

Umkreis Giambattista Tiepolos gelungen:<br />

Giambattista C r o s a t o (ca. 1697-ca.<br />

1758) zeigt Sophonisbe unmittelbar vor<br />

dem Trinken des Giftbechers. <strong>Die</strong> Kom-<br />

position hebt durch die Darstellung Mas-<br />

sinissas, des weinenden Sohnes der Kö-<br />

nigin und der Schwester Sophonisbes zu<br />

ihrer Linken ganz auf die Akzentuierung<br />

der Gattenliebe ab. Auch sie greift damit<br />

Motive aus der Theater- und Operntradi-<br />

tion auf. Der raffinierte Aufbau mit dem<br />

Giftbecher im Zentrum, der farblichen<br />

Akzentuierung der weinenden <strong>Die</strong>nerin in<br />

rotem Gewand, der Säule oben links <strong>als</strong><br />

Herrschaftszeichen und der orientali-<br />

Abb. 35<br />

Abb. 36<br />

schen Kopfbedeckung des Massinissa vereindeutigt mit dem Hund <strong>als</strong> Emblem<br />

ehelicher Treue den Sinn der Komposition.<br />

Mit der Französischen Revolution verschwindet Sophonisbe allmählich aus<br />

dem Themenrepertoire des Historiengemäldes. Allerdings treten Sophonisbe<br />

[Abb.38] und Lukretia noch einmal in der recht verbreiteten Stichesammlung 189 zur<br />

Geschichte der römischen Republik von Silvestre David Mirys (1742/1750-1810)<br />

187<br />

Katalog 346; Johann Rieger (1660-1730) oder Johann Spillenberger (1628-1679).<br />

188<br />

Katalog 78.<br />

189<br />

Katalog 246. Folgende Ausgaben sind mir bekannt geworden: Mirys, Silvestre David: Figures de l'Histoire<br />

Romaine, accompagnées d'un Précis historique au bas de chaque estampe, [o. O.] [ca. 1800]; Mirys, Silvestre<br />

David de: Histoire de la République romaine, représentée par figures, accompagnée d'un Précis historique,<br />

Paris [Leblanc] 1800; [Mirys, Silvestre David]: Histoire de la république romaine depuis sa fondation jusqu'au<br />

regne d'<strong>August</strong>e en 181 gravures en taille-douce, d'apres les dessins de Mirys, Silvestre David, Paris [Stone]<br />

1810.<br />

99


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

auf. Beide Motive wurden in Teller-Serien der<br />

Porzellanmanufaktur von Creil 190 aufgegriffen<br />

[Abb. 39]. Immerhin wurden noch 1806 und<br />

1844 mit wenig Erfolg Sophonisbe-Opern 191<br />

komponiert. Ein letztes Mal taucht das Motiv,<br />

bezeichnenderweise ganz auf sein psychologi-<br />

sches Interesse reduziert, in den Attitüden [Abb.<br />

40] der Lady Hamilton auf. Der neustoische Hin-<br />

tergrund der <strong>Tugendheldin</strong> ist nunmehr endgül-<br />

tig zugunsten der Affektdarstellung verschwun-<br />

den. Das Monodrama des ausgehenden 18.<br />

Jahrhunderts dürfte diese letzte, nur noch auf<br />

weibliche Affekte abhebende Wendung des<br />

Stoffes hervorgebracht haben.<br />

Abb. 37<br />

Abb. 38 Abb. 39<br />

Sophonisbe war über die literarische Rezeption bei Petrarca und Boccaccio in das<br />

Motivrepertoire der Historienmalerei und in die Reihe profaner <strong>Tugendheldin</strong>nen<br />

der Frühen Neuzeit geraten. Naturgemäß veränderten sich Funktion, Bilddrama-<br />

turgie und Deutung in der Entwicklung von der Graphik des 16. Jahrhunderts bis<br />

zum nunmehr psychologischen Interesse des ausgehenden 18. Jahrhunderts. <strong>Die</strong><br />

frühneuzeitlichen Buchillustrationen brachten eine erste Konzentration auf den Gift-<br />

190 Exemplare im Bayerischen Nationalmuseum (nachgewiesen in der Eichstätter Datenbank zur Antike-<br />

Rezeption/Kunst: http://www1.ku-eichstaett.de/SLF/Klassphil/grau/eichst.htm [zuletzt aufgerufen 04.01.2007]).<br />

191 Siehe oben, S. 76ff.<br />

100


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

becher, aber auch bereits die Alternative, Sophonisbe <strong>als</strong> ›Politikerin‹ oder <strong>als</strong><br />

große Liebende darzustellen. Immer neu machte<br />

sich seit Trissino der Einfluss der Bühne bemerk-<br />

bar, ganz unabhängig davon, ob Sophonisbe iso-<br />

liert oder szenisch ins Bild gebracht wurde. Im<br />

Halbfigurenbild konnte die gefühlvolle oder senti-<br />

mentale Interpretation des Augenblickes dargestellt<br />

werden, in dem die <strong>Tugendheldin</strong> ihren unmittelbar<br />

bevorstehenden Tod meditiert. In großen szeni-<br />

schen Darstellungen steht die Reaktion Sophonis-<br />

bes und ihres Hofstaats auf die fatale Nachricht<br />

Abb. 40<br />

Massinissas im Mittelpunkt des Interesses, doch stellen die Künstler Sophonisbe<br />

meist <strong>als</strong> exemplum stoischer ἀταραξία und Seelengröße dar und folgen damit<br />

dem Muster der <strong>Tugendheldin</strong>. Weit weniger <strong>als</strong> Dido oder Kleopatra scheint So-<br />

phonisbe <strong>als</strong> Herrscherexempel eingesetzt worden zu sein. Meist bestimmte die<br />

einmal gefundene Pathosformel der neustoischen Deutung, die die Königin und<br />

Liebende unbeirrt in den Tod gehen lässt, die Bilddramaturgie, ganz unabhängig<br />

davon, welcher Aspekt hervorgehoben wird. Der Gegensatz von Staatsräson und<br />

persönlichem Glück, der die Bühnengeschichte des Stoffs bestimmte, konnte auch<br />

im Bild verschieden akzentuiert werden: im Vordergrund stehen die philosophische<br />

Aussage, die Affektbeherrschung der <strong>Tugendheldin</strong>, die Sentimentalisierung der<br />

Szene, am Ende der Entwicklung schließlich das psychologische Interesse.<br />

Das <strong>als</strong> Einleitung 192 des Kapitels gewählte Kasseler Gemälde Régniers,<br />

das die sterbende Sophonisbe mit himmelndem Blick und bereits geleerter Trink-<br />

schale, umgeben von verzweifelten Frauen ihres Hofstaates zeigt, ist in der so<br />

skizzierten ikonographischen Entwicklung des Sujets deshalb ungewöhnlich, weil<br />

es mehrere Deutungen und Akzentuierungen zulässt. Es vereint – insofern ein<br />

Unikat in der ikonographischen Entwicklung des Themas – mehrere Phasen der<br />

Episode: Sophonisbe hat die Nachricht Massinissas erhalten und reagiert heftig<br />

darauf. <strong>Die</strong> Schale, die aus ihrer linken Hand geglitten ist und im nächsten Moment<br />

zerbrechen wird, zeigt, dass die Königin das Gift bereits zu sich genommen hat. Ihr<br />

himmelnder Blick lässt <strong>als</strong>o bei Régnier mehrere Deutungen zu: eine realistische,<br />

192 Vgl. oben, S. 57ff.<br />

101


IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

in der die einsetzende Agonie ebenso wie die Verzweiflung der Liebenden gemeint<br />

wäre, aber auch ein Nachwirken der neustoisch-philosophischen Deutung, die vie-<br />

le andere Maler dem Blick der Heldin unterlegten, scheint möglich. Régnier hat<br />

sich nicht eindeutig für eine dieser Interpretationen entschieden und hat Möglich-<br />

keiten kombiniert, die ihm die ikonographische Tradition bot: das auf Emotionen<br />

angelegte Halbfigurenbild ebenso wie die aufwendige Theatralik großer Historien-<br />

gemälde oder die Inszenierung einer <strong>Tugendheldin</strong>.<br />

102


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit:<br />

Dido, Lukretia, Kleopatra und Porzia<br />

Der neustoische Hintergrund ebenso wie die Beeinflussung der Bildkonzeption<br />

durch die frühneuzeitliche Bühne, aber auch das Interesse an der Affektdarstellung<br />

und damit verbunden die allmähliche Sentimentalisierung der Darstellung trifft auch<br />

für die anderen römischen <strong>Tugendheldin</strong>nen des hier behandelten Bildkorpus zu.<br />

Sie werden im Folgenden nach gleichen Darstellungsregeln vorgestellt. Auf die<br />

historischen und literarischen Quellen der Antike folgt die mittelalterliche und früh-<br />

neuzeitliche Rezeptionsgeschichte, der sich eine ikonographische Zusammenfas-<br />

sung der Bildgeschichte des Motivs anschließt.<br />

Dido: Herrscherin und Liebende<br />

Dido: antike Quellen<br />

In antiken Quellen häufig mit ihrem phönikischen Namen Elissa genannt, wird Dido<br />

beim Dichter Naevius (3. Jahrhundert vor Chr.) <strong>als</strong> sagenhafte Gründerin und Kö-<br />

nigin Karthagos erwähnt 1 und erst im 2. Jahrhundert nach Chr. von Justinus 2 histo-<br />

risch eingeordnet, lange nachdem Vergil in seinem Epos der afrikanischen Regen-<br />

tin eine mythische Schlüsselrolle in der Vorgeschichte Roms gegeben hatte. Ein<br />

ganzes, in der Form eines Dramas aufgebautes Buch seiner Aeneis 3 ist ihrer Lie-<br />

besgeschichte mit Aeneas, dem sagenhaften Gründer Roms, gewidmet. Das nega-<br />

tive oder doch ambivalente Bild, das Vergil von der afrikanischen Gegnerin Roms<br />

zeichnete, entsprach den neuen Legitimationszwängen der frühen Kaiserzeit, wie<br />

aus Ovids Aufgreifen des Themas 4 hervorgeht, der Dido ebenfalls <strong>als</strong> exemplarisch<br />

Liebende zeichnet.<br />

Am folgenreichsten war ohne Zweifel das zwiespältige Bild Didos in Vergils<br />

Epos, das sie zunächst <strong>als</strong> durchaus vorbildliche Herrscherin schildert, die nach<br />

der Ermordung ihres Ehemannes mit wenigen Getreuen Libyen verließ, in Nord-<br />

1 Naevius: Belli Punici carmen, Fragment 21.<br />

2 Justinus: Epitoma Historiarum Philippicarum Pompei Trogi, XVIII, IV,1 – VI,8.<br />

3 Vergil: Aeneis I, 335-368 und IV (ganz).<br />

4 Ovid: Heroides VII; Fasti, III,523-712; Metam. XIV,75 –81.<br />

103


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

afrika Zuflucht fand und ein neues Reich gründete. Im Fortgang der epischen<br />

Handlung wird das die Rezeptionsgeschichte beherrschende ambivalente Bild der<br />

Herrscherin angelegt: In der Begegnung mit Aeneas 5 rückt Vergil die persönlichen<br />

Gefühle der Königin in den Vordergrund und beschreibt eine schmerzlich ent-<br />

täuschte Liebende. <strong>Die</strong> Gefühle der schmählich Verlassenen gegen den nach Ita-<br />

lien segelnden Aeneas schlagen in tiefen Hass um, der keinen anderen Ausweg<br />

<strong>als</strong> den Selbstmord zulässt. Dido verflucht den Flüchtenden mit einer vaticinatio ex<br />

eventu, die die Punischen Kriege ankündigt:<br />

Nullus amor populis nec foedera sunto.<br />

Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor,<br />

qui face Dardanios ferroque sequare colonos,<br />

nunc olim, quocumque dabunt se tempore vires.<br />

Litora litoribus contraria, fluctibus undas<br />

Imprecor, arma armis: pugnent ipsique nepotesque. 6<br />

<strong>Die</strong> Feindseligkeit der tief verletzten und um ihre Hoffnungen betrogenen Königin<br />

wird im römischen Nationalepos zur mythischen Ursache der Auseinandersetzung<br />

von Römern und Karthagern im Mittelmeerraum. <strong>Die</strong> fiktive Liebesgeschichte von<br />

Dido und Aeneas legitimiert die Expansionspolitik Roms <strong>als</strong> Fortführung eines vor-<br />

historischen Geschehens.<br />

Dido: Literarische Rezeption<br />

In der literarischen Rezeptionsgeschichte des Stoffs wurden beide Aspekte des<br />

antiken Materi<strong>als</strong> aufgegriffen: Eine Textgruppe hebt die politische Rolle der Köni-<br />

gin hervor, die nach dem Tod ihres Ehemanns Sychaeus Herrscherqualitäten ent-<br />

wickelte und in Afrika einen neuen Stadtstaat gründete. <strong>Die</strong>se Rezeptionsvariante<br />

verbindet mit der politischen Rolle Didos meist das Bild einer über den Tod hinaus<br />

treu ergebenen Ehefrau. Ihr prominentester Vertreter wurde Boccaccio. 7<br />

<strong>Die</strong> andere literarische Tradition legte das Gewicht auf den inneren Konflikt<br />

der Liebenden und der Politikerin: Dido wurde hier zur einer Regentin, die unter<br />

dem Eindruck des durch Aeneas auslösten Affektsturms ihre politische Rolle <strong>als</strong><br />

Regentenwitwe und univira aufgab und von ihren Emotionen mitgerissen am Ende<br />

5 Es ist strittig, ob die Verbindung von Dido und Aeneas auf Naevius, dessen Werk nur fragmentarisch erhalten<br />

ist, oder auf Vergil zurückgeht. Vgl. Eisenhut, W.: »Dido«, in: 1 Kleiner Pauly, Bd. 2, Sp.9-10.<br />

6 »Nie soll Liebe die Völker vereinen und nimmer ein Bündnis! / wachse doch, wer du auch seist, aus unsern<br />

Gebeinen, du Rächer, / der du mit Feuer und Schwert heimsuchst dardanische Siedler / jetzt oder einst, wann<br />

immer zur Zeit die Kräfte bereit sind. / Strand sei Gegner dem Strand, und Woge der Woge, so bitt' ich, / Waffen<br />

den Waffen, und Kampf entzweie sie selbst und die Enkel!« (IV, 624-629; Vergil: Aeneis [hrsg. und übers.<br />

von Götte, Johannes], Kempten 3 1971)<br />

7 Bereits Tertullian vertritt die Auffassung, Dido habe den Scheiterhaufen (»ignes«) nicht gescheut, um ihrem<br />

verstorbenen Ehemann treu zu bleiben (»ne post virum dilectissimum nubere cogeretur« [mart. 4,5).<br />

104


Dido: Herrscherin und Liebende<br />

zutiefst verletzt den Freitod wählte. <strong>Die</strong>se Version findet sich vor allem in<br />

volkssprachlichen episch-romanesken Texten des Mittelalters.<br />

Da Vergils Text im durch die römischen Klassiker geprägten lateinischen<br />

Schulunterricht der Spätantike und des Mittelalters immer präsent war, finden sich<br />

schon früh literarische Adaptierungen. Vor allem im Übergang vom volkssprachli-<br />

chen Epos in den volkssprachlichen Roman erhielt die Figur Didos eine neue Kon-<br />

turierung. ›Antikisierende‹ Romane lösten im Frankreich der zweiten Hälfte des 12.<br />

Jahrhunderts die karolingischen Epenstoffe ab und spielten in der Frühgeschichte<br />

des höfischen Romans eine große Rolle. So konnte der anonyme altfranzösische<br />

Roman d'Enéas 8 zu einem durchschlagenden europäischen Erfolg werden. <strong>Die</strong><br />

Darstellung Vergils wurde ganz in Kontext, Motivik und Problemstellungen der rit-<br />

terlichen Welt des Mittelalters transponiert. Für die Konzeption des amour courtois<br />

wurde die Geschichte der Dido so zu einem wichtigen Exempel. 9 Besonders die<br />

Pflichtvergessenheit des Ritters Enéas wird angeprangert, der wegen seiner un-<br />

kontrollierten Affekte wichtige höfische Normen nicht beachtet. Aber auch Dido, die<br />

durch ihre Schönheit und ihr voreiliges Entgegenkommen den Affektsturm des<br />

Enéas ausgelöst hat, wird schuldig gesprochen und erhält die folgenreiche Konno-<br />

tation einer femme fatale. <strong>Die</strong>se Neufassung des Stoffs setzte sich in den<br />

volkssprachlichen Literaturen durch: Im mittelhochdeutschen Bereich etwa folgte<br />

die Eneït Heinrichs von Veldeke 10 in Handlungsablauf und Wertung weitgehend<br />

dem altfranzösischen Vorbild und damit indirekt auch der Vergilschen Vorlage.<br />

Ganz im Gegensatz zu dieser episch-romanesken Tradition, die ein vor al-<br />

lem negatives Bild Didos zeichnete, rechtfertigte Boccaccio in seinem literarisch<br />

und ikonographisch lange nachwirkenden De claris mulieribus 11 Didos Tod und<br />

griff deshalb erstm<strong>als</strong> auf die andere, von Justinus repräsentierte Traditionslinie<br />

zurück. Er hob ihren christliche Normen erfüllenden Verzicht auf eine zweite Ehe-<br />

schließung hervor und interpretierte den Selbstmord <strong>als</strong> unvermeidliche Folge<br />

eines unlösbaren Wertekonflikts. Um Didos Keuschheit und Treue zum ersten<br />

8 Le Roman d'Enéas, hrsg. u. übers. von Monica Schöler-Beinhauer, München 1972 (Klassische Texte des<br />

romanischen Mittelalters in zweisprachigen Ausgaben 9).<br />

9 Vgl. Frappier, Jean / Grimm, Reinhold R. (Hrsg.): Le roman jusqu’à la fin du XIII e siècle, Partie historique,<br />

Heidelberg 1978 (Grundriss der romanischen Literaturen des Mittelalters, IV,1) und Grimm, Reinhold R.<br />

(Hrsg.): Le roman jusqu’à la fin du XIII e siècle, Partie documentaire, Heidelberg 1984 (Grundriss der romanischen<br />

Literaturen des Mittelalters, IV,2); Schnell, Rüdiger: ›Causa amoris‹, Liebeskonzeption und Liebesdarstellung<br />

in der mittelalterlichen Literatur, Bern 1985.<br />

10 Heinrich von Veldeke: Eneasroman, hrsg. u. übers. von D. Kartschoke, Stuttgart 1986.<br />

11 Boccaccio, Giovanni: Tutte le Opere, hrsg. von Vittore Branca, Milano 2 1970, Bd. X: De mulieribus claris,<br />

XLII, De Didone, S. 168-183.<br />

105


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Ehemann zu konturieren, muss Boccaccio in De claris mulieribus die Begegnung<br />

mit Aeneas unterschlagen und aus Dido eine zweite Penelope machen, deren Ab-<br />

lehnung ihrer afrikanischen Freier sich moralphilosophisch und didaktisch instru-<br />

mentalisieren ließ. Vor dem Hintergrund der moraltheologischen Vorstellung dreier<br />

aufeinander folgender gesellschaftlicher Rollen der Frau <strong>als</strong> Jungfrau, Ehefrau und<br />

Witwe 12 stilisiert Boccaccio, die Vergilsche Traditionslinie verschweigend, Dido<br />

zum Idealbild einer christlichen Ehefrau, die sich einer zweiten Ehe widersetzt. Auf<br />

diesem Umweg gelingt es Boccaccio, überraschend genug, den Selbstmord Didos<br />

in bonam partem zu interpretieren, weil die Königin den Pflichten der Witwe den<br />

Vorzug vor einer neuen Liebe gibt.<br />

Aber auch bei Boccaccio gerät Dido aufgrund einer anderen, durchaus mit-<br />

telalterlichen Kausalitätskette 13 in einen Konflikt zwischen konkurrierenden Pflich-<br />

ten <strong>als</strong> Ehefrau und <strong>als</strong> Herrscherin. Zwar legt sie <strong>als</strong> Staatsgründerin und Regen-<br />

tin ›männliche‹ Eigenschaften an den Tag, wenn sie auf der Flucht aus Libyen eine<br />

Begleitmannschaft requiriert und auf Zypern junge Mädchen entführen lässt, um in<br />

Afrika ein neues Volk zu gründen. Gleichwohl lehnt sie die Bitten ihrer Untertanen,<br />

sich wieder zu verheiraten, ab und gibt der Treue zum verstorbenen Ehemann den<br />

Vorrang. Aus dem Vergilschen Konflikt zwischen Herrscherin und Liebender wird<br />

ein Konflikt zwischen Regentin und christlicher Ehefrau.<br />

Christine de Pizan, die wohl bedeutendste volkssprachliche Schriftstellerin<br />

des französischen Mittelalters, entwickelte die von Boccaccio entworfene Rechtfer-<br />

tigung des Selbstmords der Dido im Livre de la Cité des Dames (1404/1405) auf<br />

ihre Weise weiter. Auch sie begreift Dido <strong>als</strong> selbständige Frau (virago), die ein<br />

keusches, unabhängiges und autonomes Leben führt. Um Didos Herrscherfähig-<br />

keiten zu demonstrieren, greift Christine auf die schon von Justinus überlieferte<br />

Anekdote 14 zurück, nach der Dido viel Land erwarb, indem sie eine Rinderhaut in<br />

dünne Streifen schnitt und zu einem langen Gurt zusammenband, um damit das ihr<br />

zustehende Land abzugrenzen.<br />

Et tant se gouverna nottablement et par grant prudence qu'en toutes terres en<br />

aloient les nouvelles et ne parloit on se d'elle non telement que pour la grant vertu<br />

qui fu veue en elle, tant pour la hardiece et belle entreprise que fait avoit comme<br />

pour son tres prudent gouvernement. Lui transmuerent son nom et l'appellerent Di-<br />

12<br />

Boccaccio, Giovanni: De claris mulieribus, <strong>Die</strong> großen Frauen, hrsg. u. übers. von I. Erfen / P. Schmitt,<br />

Stuttgart 1995, S. 241f.<br />

13<br />

Vgl. Kolsky, Stephen D.: The Genealogy of Women, Studies in Boccaccio’s De mulieribus claris, New York /<br />

Bern / Frankfurt/Main 2003, S. 30 und S. 60.<br />

14<br />

M. Iunianus Iustinus: Epitoma Historiarum Philippicarum XVIII, 5,9.<br />

106


Dido: Herrscherin und Liebende<br />

do, qui vault a dire comme virago en latin, qui est a dire celle qui a vertu et force<br />

d'omme. 15<br />

Christine wertet den Selbstmord Didos dadurch moralisch noch weiter auf, dass<br />

die Beständigkeit der Liebe zum ersten Gatten ihre weibliche Tugend bestätigt. 16<br />

Spätestens zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzte sich das von der episch-<br />

romanesken Tradition geprägte Bild Didos durch, das vor allem auf Vergils drama-<br />

tischer Ausgestaltung der Liebesgeschichte beruht. Mit dem Drama Dido in Carta-<br />

gine (1524) des Pazzi de' Medici (1483-1530) wurde der Stoff auf die Bühne ge-<br />

bracht, wo er bis weit ins 18. Jahrhundert 17 ein beliebter, verschieden besetzbarer<br />

Vorwurf blieb. <strong>Die</strong> Bühnenbearbeitungen waren für die Ikonographie der Histo-<br />

rienmalerei besonders folgenreich, weil sie dem Konflikt zwischen politischer Ra-<br />

tionalität und weiblicher Affektivität einen neuen Themenbereich eröffneten. In ei-<br />

ner Epoche, in der divergierende Modelle gesellschaftlichen Handelns diskutiert<br />

und erprobt wurden, konnten im Gewand antiker Geschichte paradigmatisch ak-<br />

tuelle Probleme erörtert werden. Da der Dido-Stoff bereits in der Antike <strong>als</strong> Konflikt<br />

zwischen ›Politik und Liebe‹ verstanden worden war, eröffnete er den Dramatikern<br />

und damit der Historienmalerei einen großen Aktualisierungsspielraum. 18<br />

15 Christine de Pizan: La Cité des dames, I, 46: »Sie regierte so vortrefflich und unsichtig, daß die Kunde davon<br />

in alle Länder drang; man sprach von nichts anderem <strong>als</strong> von ihr. Das ging so weit, daß man wegen ihrer<br />

großen Tugend, der Kühnheit und der Vollkommenheit ihres Werks und ihrer äußerst klugen Regierungsweise<br />

ihren Namen umänderte in Dido: das bedeutet soviel wie virago auf lateinisch, will sagen: eine Frau, die die<br />

Tugend und die Kraft eines Mannes besitzt.«<br />

Ich zitiere nach Skemp, Mary (Hrsg.): ›Le Livre de la Cité des Dames‹ de Christine de Pizan: an electronic<br />

transcription, Electronic Text Research Center, University of Minnesota, Minneapolis, MN, 1999<br />

(http://erc.lib.umn.edu/dynaweb/french/pizalaci/@Generic_BookView;lang=fr). <strong>Die</strong> Übersetzung nach Christine<br />

de Pizan: Das Buch von der Stadt der Frauen, hrsg. u. übers. von Margarete Zimmermann, Berlin 2 1987, S.<br />

46. Zu Christines Umdeutung antiker Heroinen vgl. Feichtinger, Barbara: »Antikerezeption mit Ambitionen.<br />

Christine de Pizans Livre de la Cité des Dames und Boccaccios De claris mulieribus«, in: Schmidt, Paul Gerhard<br />

(Hrsg.): <strong>Die</strong> Frau in der Renaissance, Wiesbaden 1994, S. 203-222.<br />

16 »S'en ala, sans congié prendre, de nuit, en recelee, traytreusement, sans le sceu d'elle. Et ainsi paya son<br />

oste, laquelle departie fu si grant douleur a la lasse Dido qui trop amoit que elle voult renoncier a joye et vie.«<br />

(»Ohne von ihr Abschied zu nehmen, schlich er sich des Nachts heimlich und ohne ihr Wissen davon: auf<br />

diese Weise belohnte er seine Gastgeberin. <strong>Die</strong>se Trennung schmerzte die arme Dido, deren Liebe grenzenlos<br />

war, so sehr, daß sie beschloß, von nun an auf jegliche Freude und überhaupt das Leben zu verzichten.«)<br />

(Cité des Dames, II,55)<br />

17 Vgl. S. 278ff.<br />

18 Vgl. Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur, Stuttgart 7 1988, S. 150-153; Leube, Eberhard: Fortuna in<br />

Karthago, <strong>Die</strong> Aeneas-Dido-Mythe Vergils in den romanischen Literaturen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert,<br />

Heidelberg 1969; Kailuweit, Thomas: Dido Ŕ Didon Ŕ Didone, Eine kommentierte Bibliographie, Frankfurt /<br />

Berlin / Bern 2005.– Im 16. Jahrhundert wurde der Dido-Stoff in allen europäischen Literaturen für das T h e at<br />

e r bearbeitet; zu nennen sind u. a. G. B. Giraldi Cinthio (1541), Ludovico Dolce (1547), Étienne Jodelle:<br />

Didon se sacrifiant (1560 [Erstdrucke 1574,1583 und 1597, kritische Edition von Christine de Buzon / Jean-<br />

Claude Ternaux 2002], Guillaume de La Grange (1582) und Christopher Marlowe (1594), Alexandre Hardy:<br />

Didon se sacrifiant (1603), <strong>Georg</strong>es Scudéry: Didon (1638), François Le Métel de Boisrobert: Didon la Chaste,<br />

ou les amours d'Hyarbas (1642), Jacob Montfleury: Les Amours de Didon et d'Enée, ou l'Ambigu comique<br />

(1673). – Walthaus, Rina: La nieve que arde o abrasa. Dido en Lucretia in het Spaanse drama van de 16de en<br />

17de eeuw, Leiden 1988 (abzurufen unter: http://home.wxs.nl/~pagklein/rina/tesis.html; zuletzt aufgerufen:<br />

08.08.2006) untersucht eine ganze Reihe von Dido- und Lukretia-Dramen im spanischen Theater des 16. und<br />

17. Jahrhunderts: Juan Cirne (Tragedia de los amores de Eneas y de la Reyna Dido), Guillén de Castro (Dido<br />

y Eneas), Guillén de Castro (Dido y Eneas. No ay mal que por bien no venga), Francisco de Villegas (El más<br />

107


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Auch die Historienmalerei, die insgesamt den Vorwürfen der Bühne folgte,<br />

entwickelte bis ins 19. Jahrhundert immer neue Interpretationsvarianten: <strong>Die</strong> Iko-<br />

nographie Didos reicht von der ›zarten Seele‹ bis zum Emblem des archaischen<br />

und archetypischen Hasses einer verschmähten Liebenden, die der Anblick des<br />

davonsegelnden Liebhaber zur Furie macht.<br />

Dido: Ikonographie der Historienmalerei<br />

<strong>Die</strong> Behandlung des Dido-Stoffes in der Historienmalerei folgte den großen Ten-<br />

denzen der historiographisch-literarischen Bearbeitungen. So ist es nicht überra-<br />

schend, dass die Ikonographie der Selbstmord begehenden Königin zwei nach-<br />

einander entwickelte, dann aber konkurrierend weitergeführte Akzentuierungen<br />

kennt.<br />

<strong>Die</strong> ältere Bildtradition stellte die<br />

Regentin in den Vordergrund; eine Aus-<br />

gabe des Roman d’Enéas (14. Jahrhun-<br />

dert) zeigt in den Text begleitenden Mi-<br />

niaturen [Abb. 1 und Abb. 2] die wichtigen<br />

Stationen der Reise des Aeneas und gibt<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

der Dido-Episode nur einen unter geordneten Stellenwert. 19 Erst unter dem Ein-<br />

fluss der frühneuzeitlichen Historiendramen konnte sich eine andere Bildtradition<br />

entwickeln, die pointiert den Konflikt Didos zwischen Politik und Liebe aufgriff.<br />

<strong>Die</strong> Holzschnittillustrationen der frühen Wiegendrucke zeigen, Justinus fol-<br />

gend, Dido <strong>als</strong> Städtegründerin, Herrscherin und treue Witwe (univira). Der Holz-<br />

schnitt des unbekannten Meisters [Abb. 3], der 1473 zunächst die lateinische,<br />

piadoso troyano), Cristóbal de Morales (Los amores de Dido y Eneas), Lorenzo de las Llamosas (Destinos<br />

vencen finezas), Cristóbal de Virués (Elisa Dido), Gabriel Lobo Lasso de la Vega (Tragedia de la honra de<br />

Dido restaurada), Alvaro Cubillo de Aragón (La honestidad defendida de Elisa Dido, Reyna, y fundadora de<br />

Cartago), Juan Pastor (Farsa de Lucrecia), Francisco de Rojas Zorrilla (Lucrecia y Tarquino) und Agustín<br />

Moreto y Cabaña (Baile de Lucrecia y Tarquino). Walthaus zeigt, dass (im Übrigen vergleichbar mit der<br />

französischen Entwicklung) der zunächst auf den inneren moralischen Kern der Identität zielende,<br />

aristokratische Begriff der Ehre (honor / honra / honestidad) mit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert eine<br />

›politische‹ (gesellschaftliche) Dimension erhält. – Zu den Operbearbeitungen ausführlich unten, S. 274ff, bes.<br />

S. 275; Anm. 22. Im 17. Jahrhundert hatte der Stoff seinen größten Einfluss in der O p e r (u. a. Purcell 1688,<br />

Steffani 1695). Der andauerndste Erfolg gelang 1724 Metastasio mit seinem Libretto, das die Vorlage zahlreicher<br />

Vertonungen wurde. – Im 18. Jahrhundert ist Dido wieder verstärkt im Drama und neuen theatralischen<br />

Formen wie dem Monodrama zu finden; Charlotte von Steins Drama von 1794 (Charlotte von Stein: Dramen,<br />

hrsg. von Susanne Kord, Hildesheim / Zürich / New York 1988) entspricht ganz dem etwas epigonalen Zeitstil<br />

wie auch <strong>August</strong> Siegfried von Goués »Duodrama« (Wetzlar 1771), das neben Dido ihre Schwester Anna zur<br />

Protagonistin macht (zum Monodrama vgl. unten S. 292).<br />

19 Katalog 350.<br />

108


Dido: Herrscherin und Liebende<br />

ein Jahr später die deutsche Ausgabe Boccaccios 20 in<br />

der Offizin des Ulmer Frühdruckers Johannes Zainer<br />

illustrierte, zeigt die Königin, wie sie die Gründung Kar-<br />

thagos beaufsichtigt und Anweisungen erteilt. Andere<br />

staatspolitische Aktionen, etwa die bereits erwähnte<br />

Abb. 3<br />

List mit der zerschnittenen Ochsenhaut 21 oder der Empfang von Aeneas und sei-<br />

nen Gefährten 22 , werden vergleichsweise selten aufgegriffen. Ein Blick in Piglers<br />

Kompendium 23 zeigt, dass solche den politischen Scharfsinn betonenden Szenen<br />

besonders zu Beginn des 16. Jahrhunderts häufig <strong>als</strong> Teil von Aeneas- oder Dido-<br />

Zyklen konzipiert wurden.<br />

Aeneas-Serien 24 waren <strong>als</strong> Ausstattung von Rathäusern oder Palazzi be-<br />

liebt. Dido-Folgen wurden hingegen für Hochzeitstruhen (cassoni) 25 verwendet und<br />

zeigen die Königin <strong>als</strong> vorbildli-<br />

che höfische Gastgeberin [Abb.<br />

4], aber auch, ihre Treue bis in<br />

den Tod betonend, den Selbst-<br />

mord [Abb. 5], wie beispielsweise<br />

Abb. 4 Abb. 5<br />

um die Mitte des 15. Jahrhunderts der ›Meister von Lecceto‹. 26 Auch Liberale da<br />

Verona (ca. 1445-1530) hat auf<br />

der Londoner Tafel 27 , die wohl<br />

ebenfalls Teil eines cassone war,<br />

den Selbstmord Didos eindrucks-<br />

voll [Abb. 6] in einer imposanten<br />

Abb. 6<br />

20<br />

Vgl. Katalog 414; Gathercole, Patricia M.: Tension in Boccaccio: Boccaccio and the fine arts, Mississippi<br />

1975, S. 61f.<br />

21<br />

Vgl. oben S. 106 und Pigler, Andor: Barockthemen, Eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie des<br />

17. und 18. Jahrhunderts, Bd. II (Profane Darstellungen), Budapest / Berlin 1956, S. 298.<br />

22<br />

Vgl. Katalog 79. In einer der Aeneis-Illustrationen zeigt Giovanni Antonio da Brescia Dido beim Empfang des<br />

Aeneas.<br />

23<br />

Vgl.Pigler, a.a.O. (immer Bd. II), S. 267-268, 270, 298-300.<br />

24<br />

Vgl. Pigler, a.a.O., S. 267-280.<br />

25<br />

So die im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover befindlichen Cassoni-Tafeln von Apollonio di Giovanni,<br />

die die Ankunft des Aeneas bei Dido, ihre gemeinsame Jagd und ein Festbankett zeigen (vgl. Katalog<br />

18 und 19). Näheres zu den Cassoni unten S. 123, Anm. 35. Allgemeinere Überlegungen zur Cassoni-Malerei<br />

in jüngster Zeit bei Baskins, Cristelle: Cassone painting, humanism, and gender in early modern Italy, Cambridge<br />

1998.<br />

26<br />

Katalog 219.<br />

27<br />

Katalog 84; vgl. Baker, Christopher / Henry Tom (Hrsg.): The National Gallery, Complete Illustrated Cata-<br />

logue, London 1995, S. 378.<br />

109


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Stadtarchitektur in Szene gesetzt. Ausschließlich auf die Funktion <strong>als</strong> Herrscherin<br />

hebt Mantegna (ca. 1430-1506) ab, der Dido in einer Grisaille [Abb. 7] ganzfigurig<br />

und statuarisch zeigt. 28<br />

<strong>Die</strong> über Boccaccio auf Justinus zurückführende Akzentuierung, die Didos<br />

Status <strong>als</strong> Politikerin und treue Ehefrau betont hatte, nahm unter dem Einfluss der<br />

frühneuzeitlichen Bühnenbearbeitungen des Stoffs eine neue Wendung. Während<br />

die offiziellen Rollen zurücktreten, bestimmten nun auch in den<br />

Künsten Emotion und Leidenschaft, Verzweiflung und Hass, ganz in<br />

der Tradition der Aeneis die Bildkonzeption. Viele graphische Ein-<br />

zelblätter zeugen von der Faszination dieses Selbstmords. Sowohl<br />

Marcantonio Raimondi (1475-1534) [Abb. 8] 29 <strong>als</strong> auch Albrecht Alt-<br />

dorfer (um 1480-1538) 30 [Abb. 9] haben in vergleichbarer Weise<br />

Didos Tod isoliert und ganzfigurig inszeniert.<br />

Abb. 9<br />

Abb. 8 Abb. 10<br />

Abb. 7<br />

28 Katalog 229.<br />

29 Raimondis Einzelblatt (Katalog 294) ist die griechische Inschrift ΑΤΣΟΥΕΘΡ ΘΑΝΑΣΟ΢ ΖΩΗ beigegeben<br />

(Selbstmord ist Leben); das Blatt geht wohl auf eine Zeichnung Raffaels zurück; vgl. Höper, Corinna (Hrsg.):<br />

AK Raffael und die Folgen, Stuttgart 2001, S. 204 mit teils unklaren, teils f<strong>als</strong>chen Angaben zur Inschrift.<br />

30 Katalog 5.<br />

110


Dido: Herrscherin und Liebende<br />

<strong>Die</strong> Liebesgrotte, in der Aeneas und Dido zueinander finden, wird erst in der<br />

Romantik 31 ein reizvolles Bildmotiv; der frühneuzeitliche Geschmack wertete eine<br />

derartige Darstellung wohl <strong>als</strong> indezent und unziemlich. Vielmehr lieferte das Ende<br />

der Liebesgeschichte die bevorzugten Vorwürfe.<br />

Simon Vouet (1590-1649) greift bei seiner Dido 32 [Abb. 10] ebenso wie Guer-<br />

cino (1591-1666) [Abb. 11] auf an großes Theater erinnernde Gesten zurück. 33<br />

Vouet hält sich dabei sehr eng an die literarische<br />

Vorlage der Aeneis und lässt neben Schwester<br />

und <strong>Die</strong>nerin auch die Götterbotin Iris zur Ster-<br />

benden eilen. Das sich heute in der Galleria Spa-<br />

da befindende Gemälde Guercinos zeigt eine<br />

Dido, die sich das Schwert des Aeneas bereits<br />

durch den Körper gestoßen hat. Sie liegt verblu-<br />

tend auf dem Scheiterhaufen, auf dem die Erinne<br />

Abb. 11<br />

rungsstücke an Aeneas verbrannt werden sollen. Der die Szene mit intensiven Af-<br />

Abb. 12 Abb. 13<br />

fekten kommentierende Hofstaat könnte direkt aus einer theatralischen Inszenie-<br />

rung stammen.<br />

31 So beispielsweise Jacob Philipp Hackerts Aeneas und Dido von 1804 (im Landesmuseum Hannover, vgl.<br />

Katalog 174). Im Vordergrund flüchten Dido und Aeneas, in leichter Jagdkleidung und nur von Hunden begleitet,<br />

in die Höhle. Im Mittel- und Hintergrund sind Landschaft, bewegte See und ein sich eben entladendes<br />

Gewitter zu sehen.<br />

32 Katalog 426.<br />

33 Heute in der Galleria Spada, vgl. Katalog 170.<br />

111


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Mattia Preti (1613-1699) hat sich mindestens zweimal mit dem Thema be-<br />

schäftigt. Zu der Version, die sich heute in Chambéry [Abb. 12] befindet, gehört <strong>als</strong><br />

Pendant eine Judith, die das abgeschlagene<br />

Haupt des Holofernes vorweist. 34 In der Zu-<br />

sammenstellung einer alttestamentlichen und<br />

einer profanen <strong>Tugendheldin</strong> werden Ent-<br />

schlossenheit und Mut der beiden Frauenge-<br />

stalten betont. 35 Den Aufbau des Braunschwei-<br />

ger Bildes [Abb. 13] konzipierte Preti ganz ähn-<br />

lich: Dido ist, obwohl ganzfigurig gegeben, da-<br />

durch ganz an den Betrachter herangerückt,<br />

Abb. 14<br />

dass sie auf dem Scheiterhaufen kniet. Das fahle Inkarnat der entblößten Brust<br />

lenkt den Betrachter auf ihre das Kurzschwert führende Hand und ihren himmeln-<br />

den Blick. Orientalisch gekleidete Männer beobachten den Selbstmord, während<br />

die Frauen bereits ihrem Schmerz Ausdruck verleihen. Trotz der Gedrängtheit der<br />

Szene hat der Maler nicht auf die Hoheitssymbole des Baldachins und der Säulen<br />

verzichtet. Herakles-Statuen weisen in beiden Ausführungen darauf hin, dass der<br />

Selbstmord der afrikanischen Königin <strong>als</strong> constantia gedeutet wird.<br />

Ferdinand Bol (1616-1680) umgibt die sterbende Königin in einem erst seit<br />

Abb. 15 Abb. 16<br />

kurzem bekannt gewordenen Historiengemälde [Abb. 14] mit ihren Zofen und ihrer<br />

Amme. 36 Das ganz auf die Affektdarstellung der bis zur Selbstaufgabe treuen Dido<br />

34<br />

Vgl. Katalog 285 (Braunschweig) und Katalog 284 (Chambéry).<br />

35<br />

Vgl. unten S. 251ff.<br />

36<br />

Katalog 39. »<strong>Die</strong>ses bislang in der Literatur nicht erwähnte Gemälde ist laut Werner Sumowski ein ›Hauptwerk<br />

im Spätwerk Bols, von musealem Rang‹. […] Laut Sumowski dürfte Didos Tod kurz nach 1660 entstan-<br />

112


Dido: Herrscherin und Liebende<br />

und ihrer trauernden Umgebung konzentrierte Gemälde besticht durch das sorgfäl-<br />

tig ausgeführte Stilleben und die dekorative Pracht der Gewänder.<br />

Große, an das Schlusstableau auf der Bühne erinnernde Szenen haben im<br />

17. Jahrhundert eindeutig den Vorrang. <strong>Die</strong> Bildlösungen, die Sébastien Bourdon<br />

(1616-1671) 37 [Abb. 15 und 16], Orazio Fidani (ca. 1610 - nach 1656) [Abb. 17], Gre-<br />

gorio Lazzarini (1655-1730) 38 [Abb. 18] oder Johann Heiss (1640-1704) 39 [Abb. 19]<br />

gefunden haben, umgeben die stets ganzfigurig gegebene Sterbende mit ihrem<br />

Hofstaat. Bourdon lässt in allen bekannten Fassungen 40 wie Vouet die Götterbotin<br />

Iris auftreten und entwirft eine bewegte ›Opferszene‹ am Meer. Fidani 41 hat die<br />

Szene mit einem weinroten Samtvor-<br />

hang hinterfangen und zeigt bildparallel<br />

fünf Bediente, die sich um die tödliche<br />

Wunde ihrer Königin kümmern. <strong>Die</strong> ca-<br />

ravaggeske Lichtregie hebt die in der<br />

linken Bildhälfte sitzende und nach hin-<br />

ten sinkende Königin hervor. Ge-<br />

Abb. 17<br />

schlossene Augen, halbgeöffnete Lippen und die Marmorblässe des nackten<br />

Oberkörpers akzentuieren die Agonie<br />

der Protagonistin. Im Vordergrund liegt<br />

das blutige Schwert auf der Erde; ganz<br />

rechts wird der Blick auf einen Hafen<br />

hinunter freigegeben, aus dem das<br />

Schiff des Aeneas hinaussegelt.<br />

Abb. 18 Abb. 19<br />

den sein: ›Der Künstler verbindet dam<strong>als</strong> in großformatigen Historienbildern für öffentliche Gebäude und für<br />

Patrizier-Palais rembrandteske und flämische, von Rubens abzuleitende Stilelemente. <strong>Die</strong> Gemälde (mit antiken<br />

oder biblischen Sujets) propagieren religiöse, politische und allgemein menschliche Ideale. […] In der<br />

monumentalen Komposition, in der eleganten Malweise und im virtuosen Kolorit passt das Bild zur Allegorie<br />

auf den Unterricht von 1663 im Rijksmuseum in Amsterdam […].« (Aus dem Katalog des Auktionshauses<br />

Nagel)<br />

37<br />

Katalog 48 (Bézier, Ölskizze), 49 (St. Petersburg) und 50 (Bilbao). Vgl. den kritischen Gesamtkatalog von<br />

Thuillier, Jacques: Sébastien Bourdon, 1616-1671, Paris 2000, S. 101f., 223ff., 383.<br />

38<br />

Katalog 206.<br />

39<br />

Katalog 177.<br />

40<br />

Juan J. Luna (»Bourdon et l’Espagne«, in: Thuillier, Jacques, a.a.O., S. 102) hält die Fassung von Bilbao<br />

offensichtlich für eine vielleicht eigenhändige Replik des Bildes von St. Petersburg. Eine weitere Fassung<br />

(1982 im römischen Kunsthandel) wäre nach Thuillier deutlich später <strong>als</strong> das Bild in St. Petersburg anzusetzen<br />

und könnte die Kopie eines verlorenen Origin<strong>als</strong> sein.<br />

41<br />

Katalog 127.<br />

113


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Ottmar Elliger der Ältere (1633-1679) 42 und Ottmar Elliger der Jüngere<br />

(1666-1732) scheinen geradezu auf das Dido-Thema spezialisiert gewesen zu sein<br />

und haben dramatisch bewegte Szenen des Todes der Dido entworfen. 43 Das<br />

Augsburger Bild [Abb. 20] 44 des jüngeren Elliger ist zentralperspektivisch ganz auf<br />

die Hauptfigur ausgerichtet; im Zentrum der Bilddiagonalen lagert Dido, der sich<br />

die Assistenzfiguren in heftigen Bewegungen von links und rechts nähern. Auch in<br />

der Braunschweiger Fassung [Abb. 21] 45 hat Elliger mit einer Pyramidalkonstruktion<br />

Abb. 20 Abb. 21<br />

und pathosreichen Figuren das heroische Ende der afrikanischen Königin klassi-<br />

zistisch inszeniert; er folgt dabei einer Eau-forte-Ausführung 46 seines Lehrers<br />

Gerard de Lairesse (1640-1711). Noch Joshua Reynolds (1723-1792) löst [Abb. 22]<br />

1781 die Aufgabe traditionell und mythisierend, wenn<br />

auch er die Götterbotin Iris eine Locke der Königin ab-<br />

schneiden lässt, um ihrem Sterben ein Ende zu berei-<br />

ten. 47<br />

<strong>Die</strong> Variante, mit der 1756 Matthäus Günther<br />

Abb. 22<br />

42 Eine für mich nicht lokalisierbare dramatisch-bewegte Szene des älteren Elliger (Katalog 115) findet sich bei:<br />

http://www.ac-nancy-metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnciennes/Textes/Virgile/Didon.htm. Dort sind auch mehrere<br />

Fassungen des Themas von Elliger d. J. abgebildet (zuletzt aufgerufen: 07.01.07).<br />

43 Eine Auflistung in Jacoby, Joachim: Kat. Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, <strong>Die</strong> deutschen Gemälde<br />

des 17. und 18. Jahrhunderts, Braunschweig 1989, S. 110.<br />

44 Katalog 116. In diesen Zusammenhang könnte ein weiteres Gemälde im Puschkin-Museum (http://www.acnancy-metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnciennes/Textes/Virgile/Didon.htm)<br />

gehören.<br />

45 Katalog 117.<br />

46 Es handelt sich um die Illustration zu einem Dido-Drama von Andries Pels (1668). Eine Entwurfszeichnung<br />

befindet sich in Braunschweig. Abbildungen in Roy, Alain: Gérard de Lairesse, 1640-1711, Paris 1992, S. 426f.<br />

(Nr. G 24 und D 10).<br />

47 Katalog 336.<br />

114


Dido: Herrscherin und Liebende<br />

(1705-1788) [Abb. 23] die Szene aus starker Untersicht bietet, gehört zum zweiten<br />

Typ der Bildlösungen, in denen Dido allein auftritt. 48 Auch Dosso Dossi (um 1480-<br />

1542) 49 [Abb. 24], Elisabetta Sirani (1620-1671) [Abb. 25] und Andrea Sacchi(1599-<br />

1661) [Abb. 26] betonen die Einsamkeit der Verlassenen. 50 Meist wird der melan-<br />

cholische Blick der Königin durch einen Ausblick auf einen Hafen oder das offene<br />

Meer subtil erläutert, auf dem die abfahrende Flotte des Aeneas zu sehen ist. Dido<br />

hat <strong>als</strong>o soeben den Verrat bemerkt und sich, umgeben von Erinnerungsstücken<br />

wie Rüstung und Schwert des Ungetreuen, zum Tod entschlossen. In ihrem Blick<br />

mag der Betrachter Abschied, Verzweiflung und Schmerz erkennen. Komplexer ist<br />

die Bildkonzeption von Peter Paul Rubens (1577-1640) 51 , der das Thema [Abb. 27]<br />

Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25<br />

nur einmal aufgegriffen zu haben scheint: <strong>Die</strong> sitzende Dido, deren unbekleideter<br />

Körper <strong>als</strong> große Diagonale das Bild füllt, ist ganzfigurig an den Betrachter heran-<br />

gerückt. Jeder Hofstaat fehlt, allerdings verwei-<br />

sen der rote Samtmantel und eine Krone auf die<br />

Herrscherrolle Didos. Sie führt das Kurzschwert<br />

des Aeneas, ein Relikt aus den Tagen der Liebe,<br />

zum Stoß an ihre Brust, die Augen sind untröst-<br />

lich gegen den Himmel gerichtet. Obwohl Rubens<br />

vordergründig nur Didos Verzweiflung betont,<br />

verzichtet er doch nicht ganz auf gelehrte An-<br />

Abb. 26<br />

spielungen, die den ins Bild gesetzten Liebeskonflikt in eine allgemeinere Werte-<br />

diskussion einbetten: Auf Prunkbett im rechten Hintergrund erinnert die goldene<br />

Büste des Sychaeus an die zugesagte Witwentreue der Justinus-Tradition. Damit<br />

deutet der pictor doctus eine weitere moralistische Sinndimension des<br />

48<br />

Katalog 173.<br />

49<br />

Katalog 105.<br />

50<br />

Katalog 361 (Sacchi), Katalog 373 (Sirani).<br />

51<br />

Vgl. Katalog 355.<br />

115


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Selbstmords der verlassenen Frau an: Dido hat für Aeneas ihr<br />

Gelübde, dem ersten Mann ewig treu zu bleiben, gebrochen und<br />

wird nun ihrerseits verraten.<br />

Johann Heinrich Tischbein der Ältere (1722-1789) wählte<br />

für seine heute in Gotha befindliche Dido [Abb. 28] ein halbfiguri-<br />

ges Format. Dido hält in exaltierter Wut das Kurzschwert in der<br />

Rechten und blickt offensichtlich nur noch dem Davonsegelnden<br />

Abb. 27<br />

nach, bevor sie sich ersticht. 52 Heinrich Füßli (1741-1825) hat seine Dido auf dem<br />

Scheiterhaufen 53 [Abb. 29] in Chiaroscuro gehalten, um die Aufmerksamkeit ganz<br />

auf Gebärde und Ausdruck der Sterbenden zu lenken, zu deren Füßen eine ver-<br />

zweifelte <strong>Die</strong>nerin erkennbar ist. Über<br />

Dido schwebt Iris, die aus dem langwal-<br />

lenden Haar eine Locke abschneidet. An-<br />

gelika Kauffmann (1741-1807) wählte<br />

hingegen <strong>als</strong> Ausdruck für die verlassene<br />

Abb. 28 Abb. 29 Abb. 30<br />

Dido eine ruhige, elegische Haltung, die erst durch den aufs Meer gerichteten Ab-<br />

schiedsblick etwas Schmerzhaftes erhält [Abb. 30]. 54<br />

Das Bildkorpus zum Tod Didos lässt deutlich erkennen, dass der über Christine de<br />

Pizan und Boccaccio auf Justinus zurückgehende ›historisierende‹ Bildtypus eben-<br />

so wie die ›romaneske‹ Auffassung, die über die Bühnenfassungen und den höfi-<br />

schen Roman Vergil aufgreift, lange nachwirkten und die ikonographische Rezep-<br />

tion des Themas auf Dauer geprägt haben. Eine andere, in ihrer Auswirkung weni-<br />

ger folgenreiche und in unserem Zusammenhang nicht thematische Bildtradition<br />

betonte im Übrigen die politische Rolle der afrikanischen Königin, deren Repräsen-<br />

tation, umsichtiges Agieren und Gastfreundschaft ins Bild gesetzt werden. Noch<br />

Claude Lorrains (1600-1682) Aeneas und Dido in Karthago 55 [Abb. 31] und William<br />

52 Katalog 399.<br />

53 Katalog 138.<br />

54 Katalog 191. Baumgärtel weist im AK Angelika Kauffmann, a.a.O., S. 412 darauf hin, dass das Motiv der<br />

Trauernden <strong>als</strong> Penelope, Kalypso und Dido von Angelika Kauffmann mehrfach im Ovalformat variiert wurde.<br />

Dort auch Abbildungen von Reproduktionsstichen.<br />

55 Katalog 214.<br />

116


Turners (1775-1851) Dido building<br />

Carthage 56 [Abb. 32] belegen mit ihren<br />

Gemälden die Beliebtheit dieser Auf-<br />

fassung des Themas, das den Erfolg<br />

bei einem gebildeten Publikum bis ins<br />

19. Jahrhundert garantierte.<br />

Dido: Herrscherin und Liebende<br />

Abb. 31 Abb. 32<br />

Noch publikumswirksamer blieb allerdings die Darstellung des Selbstmordes, die<br />

ihre literarischen Wurzeln in Vergils dramatischer Inszenierung hat. <strong>Die</strong> Liebesge-<br />

schichte selbst tritt meist in den Hintergrund, während mehr und mehr das Drama<br />

der verlassenen Frau aufgegriffen wurde, deren Freitod im Bildgeschehen durch<br />

die Abfahrt des Aeneas motiviert wird. Wenn Dido vor dem Scheiterhaufen steht,<br />

auf dem Erinnerungsstücke ihrer Liebe verbrennen, oder sich in das Schwert des<br />

Treulosen stürzt, tritt der Konflikt zwischen Politik und Liebe zugunsten der Ver-<br />

zweiflung über die betrogene Liebe zurück. In der Ikonographie wurde damit die<br />

komplexe Figur der literarischen Tradition deutlich vereinfacht und in ihrer intim-<br />

privaten Umgebung vorgestellt: die Regentin wird <strong>als</strong> verzweifelt Liebende allmäh-<br />

lich zu einem überhistorischen Frauentypus. <strong>Die</strong> ikonographische Rezeption bana-<br />

lisierte die in der Aeneis mythisierte Ursache des unversöhnlichen Kampfes zwi-<br />

schen Römern und Puniern, so wie der dem Davonsegelnden nachgerufene Fluch<br />

der Königin ins Allgemein-Menschliche gewendet wurde. Wenn Dido zum Emblem<br />

rasender Eifersucht wird, ohne dass der Konflikt zwischen Liebe und Politik noch<br />

eine wichtige Rolle spielt, unterscheidet dies die ikonographische Deutung Didos<br />

deutlich von Lukretia, einem anderen weiblichen Tugendmuster freiwilligen Ster-<br />

bens.<br />

56 Katalog 405.<br />

117


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

Lukretia: Antike Quellen<br />

Livius verbindet die gewalttätige Episode der Lukretia geschickt mit dem Sturz der<br />

Königsherrschaft. 1 <strong>Die</strong> Einleitung seiner Komposition greift vertraute literarische<br />

Motive auf: während der Belagerung der Stadt Ardea streiten die Söhne des Kö-<br />

nigs mit ihrem Vetter Collatinus, wessen Frau die tugendhafteste sei. Bei einem<br />

überraschenden nächtlichen Besuch in Rom spinnt Lukretia, die Frau des Collati-<br />

nus, um Mitternacht noch mit ihren Mägden, während sich die Prinzessinnen nur<br />

amüsieren. Wenig später wird Lukretia von Sextus Tarquinius, einem der Königs-<br />

söhne, unter Mordandrohung zum Beischlaf gezwungen. Nicht nur das Leben der<br />

tugendhaften Lukretia ist in Gefahr, sondern auch ihre Ehre, weil Tarquinius plant,<br />

einen Ehebruch vorzutäuschen, und beabsichtigt, einen ermordeten Sklaven ne-<br />

ben ihre Leiche zu legen, sollte die junge Frau ihm nicht willfährig sein. Lukretia<br />

berichtet Vater, Ehemann und Freunden von ihrer Vergewaltigung, bevor sie Hand<br />

an sich legt. Über ihrer Leiche schwören die Verwandten Rache; das skandalöse<br />

Verhalten des Königssohns führt zum Aufstand, zum politischen Umsturz und zum<br />

Ende der Monarchie. Lukretias Tugend und die Unmoral des Königssohns werden<br />

zu Emblemen der ›moralischen‹ Republik und des ›lasterhaften‹ Königtums.<br />

Bereits in der Antike wurde der Stoff häufig aufgegriffen, zumal der ausführ-<br />

liche Bericht des Livius erlaubte, verschiedene Akzente zu setzen und auf das<br />

Verhalten der Lukretia selbst oder auf seine politische Folgen abzuheben. Diony-<br />

sios von Halikarnassos 2 betont den psychischen Schock der Heldin: Florus 3 legt<br />

1<br />

Ab urbe condita I,57,6-59,6<br />

2<br />

Dionysios von Halikarnassos: Antiquitates Romanae IV, 64,1-67,4 und 70,1ff. Dionysios scheint von Livius<br />

unabhängig zu sein.<br />

3<br />

Lucius Annaeus Florus: Opera, hrsg. von Paul Jal, Paris 1967, I,1 (I,7): »Tam diu superbiam regis populus<br />

Romanus perpessus est, donec aberat libido; hanc ex liberis eius inportunitatem tolerare non potuit. Quorum<br />

cum alter ornatissimae feminae Lucretiae stuprum intulisset, matrona dedecus ferro expiavit; imperium regibus<br />

abrogatum.« (›Das römische Volk ertrug die Anmaßung des Königs so lange, bis sexuelle Zügellosigkeit dazu<br />

kam; eine solche Rücksichtslosigkeit der königlichen Söhne konnte das Volk nicht ertragen. Als einer von<br />

ihnen die schöne Lucretia vergewaltigt hatte, sühnte die verheiratete Frau die Schande mit dem Dolch; den<br />

Königen wurde die Herrschaft entzogen.‹) und I, 3 (I,9): »Igitur Bruto Collatinoque ducibus et auctoribus, quibus<br />

ultionem sui moriens matrona mandaverat, populus Romanus ad vindicandam libertatis ac pudicitiae decus<br />

quodam quasi instinctu deorum concitatus regem repente destituit, bona diripit, agrum Marti suo consecrat,<br />

imperium in eosdem libertatis suae vindices transfert, mutato tamen et iure et nomine.« (›Deshalb gab das<br />

römische Volk, wie durch eine Eingebung der Götter veranlasst, unter seinen maßgeblichen Führern Brutus<br />

und Collatinus, denen die sterbende Frau ihre Rache aufgetragen hatte, den König schnell preis, um Freiheit<br />

und Ehre wiederherzustellen, es nimmt dem König den Besitz weg, weiht den Besitz dem Gott Mars, überträgt<br />

die Regierungsgewalt auf seine Befreier und ändert die politische Verfassung.‹)<br />

118


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

das Gewicht auf die politische Dimension des Ereignisses, Ovid 4 akzentuiert die<br />

erotische Komponente, Valerius Maximus 5 stellt, der Intention seiner Exempla-<br />

Sammlung entsprechend, die moralische Bewertung der heroischen Tat in den Mit-<br />

telpunkt. Lukretias Freitod, ihre weibliche Scham (pudicitia) 6 und ihr männlicher Mut<br />

(virilis animus) wurde von den Kirchenvätern kontrovers bewertet. <strong>Die</strong> Kritik über-<br />

wiegt jedoch: Nach Tertullian handelte Lukretia aus eigensüchtigen Motiven 7 , trotz<br />

der positiven Einschätzung des Hieronymus wird sie für <strong>August</strong>inus geradezu zum<br />

Typus einer ruhmsüchtigen Römerin (»Romana mulier, laudis avida nimium«), die<br />

ein Übel durch ein noch größeres zu tilgen sucht. 8<br />

Lukretia: Literarische Rezeption<br />

In der literarischen Rezeption des Lukretia-Stoffes 9 lassen sich, sehr stark verein-<br />

facht, zwei Traditionslinien unterscheiden, die sich gelegentlich auch miteinander<br />

verbinden. Auf der einen Seite stehen mehr oder weniger aktualisierende politische<br />

Interpretationen, auf der anderen Seite wird der Selbstmord Lukretias zunächst<br />

moralistisch, dann psychologisch gedeutet, wobei die historischen Umstände ganz<br />

zurücktreten können.<br />

<strong>Die</strong> lateinische Historiographie des Mittelalters tradierte den Stoff weitge-<br />

hend unverändert, eine neue Variante erhielt die Lukretia-Geschichte erst in<br />

volkssprachlichen Bearbeitungen des Hohen Mittelalters. 10 <strong>Die</strong> um die Mitte des<br />

12. Jahrhunderts wahrscheinlich in Regensburg von Klerikern verfasste und weit<br />

verbreitete, bis ins 15. Jahrhundert hinein bearbeitete und fortgesetzte Kaiserchro-<br />

4 Ovid: Fasti II,685 und 721-852.<br />

5 Valerius Maximus: Factorum et dictorum memorabilium libri VI,1,1<br />

6 Unter dem Stichwort pudicitia wertet Hieronymus (Adversus Jovianum I,46) Lukretia <strong>als</strong> positives Beispiel:<br />

»Ad Romanas feminas transeam; et primam ponam Lucretiam, quae violatae pudicitiae nolens supervivere,<br />

maculam corporis cruore delevit.« (›Ich komme zu den römischen Frauen und erwähne an erster Stelle Lukretia,<br />

die aus Scham ihre Vergewaltigung nicht überleben wollte und die körperliche Schmach mit ihrem Blut<br />

tilgte.‹) Vergleichbares zu Porzia unten S. 167.<br />

7 Tertullian zählt Lukretia unter die Frauen, die »famae et gloriae causa« (des Ruhmes und der Ehre wegen)<br />

Selbstmord begingen (Ad martyres 4,3): »De feminis ad manum est Lucretia, quae vim stupri passa cultrum<br />

sibi adegit in conspectu propinquorum, ut gloriam castitati suae pareret.« (4,4)<br />

8 »Si adulterata, cur laudata; si pudica, cur occisa?« (›Warum verdient sie Lob, wenn sie eine Ehebrecherin<br />

war, warum hat sie sich getötet, wenn sie keusch blieb?‹) (De civitate Dei I,19)<br />

9 Zur Rezeption der antiken Tradition: Galinsky, Hans: Der Lucretia-Stoff in der Weltliteratur, Breslau 1932;<br />

Heinz, Günther »Gedanken zu Bildern der ›Donne Famose‹ in der Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm«<br />

in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen, Wien, 77 (1981), S. 105-118; Donaldson, Ian: The rapes of<br />

Lucretia. A Myth and its Transformation, Oxford 1982; Follak, Jan: Lucretia zwischen positiver und negativer<br />

Anthropologie, Coluccio Salutatis ›Declamatio Lucretie‹ und die Menschenbilder im exemplum der Lucretia von<br />

der Antike bis in die Neuzeit, Diss. Konstanz 2002. – Galinsky hat in seiner positivistischen Materi<strong>als</strong>ammlung,<br />

die heutigen Ansprüchen nicht mehr entspricht, die unterschiedlichen Bearbeitungen des Stoffes zusammengetragen.<br />

Anregende Gedanken zum Thema, wenn auch nur auf die Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm<br />

beschränkt, formuliert Heinz. <strong>Die</strong> Untersuchung Follaks ist im Sonderforschungsbereich 511 ›Literatur und<br />

Anthropologie‹ (http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2002/914/pdf/follak01-text.pdf [letzter Zugriff:<br />

11.11.2006]) entstanden und im Netz zugänglich.<br />

10 Vgl. Galinsky, a.a.O., S. 20-22.<br />

119


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

nik baute die Episode zu einer streng durchkomponierten Novelle aus. <strong>Die</strong> Hand-<br />

lung ist in die Kaiserzeit zwischen Nero und Galba verlegt und wie in den ›antikisie-<br />

renden Romanen‹ 11 höfisch stilisiert. Collatinus wird folgerichtig zu einem aus Trier<br />

stammenden Gefolgsmann des Kaisers. Blieben in dieser höfischen Variante poli-<br />

tische und moralische Deutung noch ineinander verschränkt, diente die Episode in<br />

den Gesta Romanorum des 13. Jahrhunderts geradezu <strong>als</strong> positiv gedeutetes<br />

Exempel christlicher Lebensführung: alle Einzelheiten berücksichtigend werden<br />

Vergewaltigung, Geständnis und Selbstmord Lukretias allegorisch gedeutet. Das<br />

Verhalten der Lukretia gilt <strong>als</strong> positives Exempel christlicher Lebensführung: die<br />

Vergewaltigung durch Tarquinius wird <strong>als</strong> Exempel für Versuchung und Sünde, das<br />

Geständnis den Verwandten gegenüber <strong>als</strong> Beichtgespräch und aktive Reue, der<br />

Selbstmord <strong>als</strong> Buße interpretiert. Dabei berufen sich die Gesta Romanorum sogar<br />

auf <strong>August</strong>inus, obwohl gerade dieser Lukretias Selbstmord der durch das Chris-<br />

tentum endgültig überwundenen archaischen Anthropologie Roms zurechnete. 12<br />

Eine politisch akzentuierte positive Rezeption fand Lukretia im italienischen<br />

Humanismus; Dante und Petrarca stilisierten die <strong>Tugendheldin</strong> zu einer römischen<br />

Freiheitskämpferin, die auch für die aktuelle Situation des Reichs und seine mé-<br />

moire collective von Bedeutung war. <strong>Die</strong> moralistische Deutung erlaubte die Rech-<br />

tfertigung ihres Selbstmords: So wird Lukretia in der Divina Commedia 13 nicht unter<br />

die Selbstmörder des siebten Höllenkreises eingereiht, sondern zusammen mit den<br />

unschuldigen Opfern des bethlehemitischen Kindermords, den alttestamentlichen<br />

Patriarchen und heidnischen Philosophen im ersten Höllenkreis situiert. Dante bil-<br />

ligt ihr damit das höchste Maß von ›Rehabilitation‹ zu, das ihm möglich war. 14<br />

In Petrarcas lateinischem Epos Africa 15 , aber auch in seinen volkssprachli-<br />

chen Texten 16 nimmt Lukretia breiten Raum ein. Während sie in den Trionfi und in<br />

den Rime <strong>als</strong> vorbildliche und über den Tod hinaus treue Ehefrau 17 zum moralisti-<br />

11<br />

Vgl. S. 105.<br />

12<br />

Vgl. Galinsky, a.a.O., S. 22-31. – »Der anonyme Bearbeiter der Gesta Romanorum funktioniert das<br />

exemplum der Lucretia wieder zu einem Beispiel für die Normen einer christlichen Lebensweise um. Als Ergebnis<br />

kommt eine ›positive Anthropologie‹ zustande, die nicht mehr pagan, sondern jetzt christlich begründet<br />

ist. <strong>Die</strong>se ›positive‹ christliche Anthropologie entspricht nicht mehr der ›negativen‹ christlichen Anthropologie,<br />

die <strong>August</strong>in gegeben hatte. Denn jetzt gibt es wieder feste, äußerlich erkennbare Regeln und Normen, an<br />

denen sich ablesen läßt, ob sich ein Mensch <strong>als</strong> richtiger Christ verhält oder nicht.« (Follak a.a.O., S. 58.)<br />

13<br />

Ich zitiere die Divina Commedia nach der Ausgabe von Giuseppe Vandelli (Milano 1969).<br />

14<br />

Inferno, IV, 128<br />

15<br />

Ich zitiere nach der Ausgabe von Festa, Nicola, Firenze 1926.<br />

16<br />

Ich zitiere nach der Ausgabe von Neri, F.: Rime, Trionfi e Poesie Latine, Milano/Napoli 1951.<br />

17<br />

Triumphus Pudicitie (v. 132) und Rime CCLX, 9; CCLXII, 9; CCCLX, 100.<br />

120


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

schen exemplum wird, steht in der Africa ihre politische Rolle <strong>als</strong> Freiheitsheldin 18<br />

im Vordergrund. Petrarca sieht sie in einem Traditionszusammenhang, der für das<br />

Imperium und die Identität Italiens von bleibender Bedeutung ist, und eröffnet da-<br />

mit Lukretia eine glanzvolle Karriere in der politischen Neuzeit. In der Historienma-<br />

lerei wurde diese politische Bedeutung des Motivs der sterbenden <strong>Tugendheldin</strong><br />

allerdings erst aufgegriffen, <strong>als</strong> in der Französischen Revolution die römische Ge-<br />

schichte eingängige Vorbilder für den republikanischen Patriotismus liefern sollte.<br />

In der Frühen Neuzeit überwiegt in der bildenden Kunst der moralistische Überlie-<br />

ferungsstrang: meist wird Lukretia isoliert und halbfigurig dargestellt, <strong>als</strong> körperlich<br />

schwache, aber willensstarke <strong>Tugendheldin</strong> und Kämpferin gegen männliche Will-<br />

kür und Aggression betont.<br />

In De claris mulieribus 19 gilt Lukretia <strong>als</strong> eines der prominenten Vorbilder<br />

keuschen und schamhaften Verhaltens (pudicitia). Boccaccio macht sie geradezu<br />

zur dux pudicitiae 20 und schwächt damit politische Akzentuierungen ab, ohne sie<br />

ganz zu unterdrücken 21 . Anders <strong>als</strong> die christliche Allegorese der Gesta Romano-<br />

rum stellt die moralistische Deutung Boccaccios Lukretias Schönheit (formositas)<br />

und haushälterische Tugend (parsimonia) heraus und rechtfertigt den Selbstmord<br />

mit der Keuschheit der jungen Frau.<br />

Dass sich ›politisches‹ und ›moralistisches‹ Rezeptionsmuster verbinden<br />

ließen, zeigt die Declamatio Lucretie 22 des Florentiner Humanisten und Kanzlers<br />

Coluccio Salutati (1331-1406). Er benutzt durchaus Boccaccios Handbuch, deutet<br />

die moralistischen Begriffe aber politisch. Abwechselnd kommen in der rhetori-<br />

18 Im unvollendet gebliebenen Epos Africa erzählt der Römer Lelius <strong>als</strong> Gast des Königs von Numidien neben<br />

anderen Ereignissen der römischen Geschichte auch die Lukretia-Episode (III, 684-773). Dabei wird die Handlung<br />

äußerst verknappt, der Schilderung der verzweifelten Seelenlage der Frau aber breiter Raum gewährt (vv.<br />

692-698 und 715-722). Lukretia wird von Petrarca <strong>als</strong> politisch Handelnde gezeichnet, die die zusammengerufenen<br />

männlichen Verwandten zum Racheeid auffordert (vv. 720-722) (»Porgite dextras / Et prestate fidem,<br />

scelus hoc ne turpis ad umbras / Auferat impunis tumuloque insultet adulter.« [›Reicht euch die Rechte und<br />

schwört, dass der Verbrecher nicht unbestraft leben und der Eheschänder nicht mein Grab verhöhnen darf.‹])<br />

Brutus spricht den Schwur, der zur Aufhebung der Königsherrschaft (vv. 769-773) führt (»Hoc duce pelluntur<br />

reges, exulque senexque / Tarquinius moritur, nati omnes diraque coniunx / Supplicium scelerum non una<br />

morte tulerunt: / Corruit in cineres regis domus alta Superbi. / Regnorum hic finis.« [›Unter Brutus werden die<br />

Könige vertrieben, Tarquinius stirbt betagt im Exil, alle Söhne und die schreckliche Gattin erlitten einzeln die<br />

Todesstrafe für ihre Verbrechen: So endete das edle Geschlecht des Königs Superbus. <strong>Die</strong>s war das Ende der<br />

Könige.‹]).<br />

19 Giovanni Boccaccio: Tutte le opere, hrsg. von Vittore Branca, Bd. 10, Milano 2 1970, Kap. 48<br />

20 Boccaccio greift die von Valerius Maximus geprägte Formel »dux Romanae pudicitiae« wieder auf, erweitert<br />

sie um »sanctissimum vestute parsimonie decus« und betont neben der heroischen Tat Umsicht und Fleiß<br />

Lukretias <strong>als</strong> Haus- und Ehefrau.<br />

21 Am Ende des Kapitels über Lukretia heißt es: »Cum ex eadem non solum reintegratum sit decus, quod feditate<br />

facionoris iuvenis labefactarat ineptus, sed consecuta sit romana libertas. « (›Durch diese Tat wurde nicht<br />

nur ihre Ehre wiederhergestellt, die der törichte junge Mann durch seine Schandtat verletzt hatte, auch Roms<br />

Freiheit war ihre Folge.‹)<br />

22 Vgl. dazu Follak, Jan, a.a.O., der im Anhang zum ersten Mal Text und Übersetzung verfügbar macht.<br />

121


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

schen Übung Vater und Ehemann, danach Lukretia zu Wort, die Debatte kreist um<br />

Normen der Individualität und der Gesellschaft (gloria, pudicitia und libertas). 23 Der<br />

interessante Text zeigt, dass sich die Figur der Lukretia im Rhetorikunterricht der<br />

frühen Neuzeit dafür eignete, christlich geprägte moralistische Begriffe für die poli-<br />

tische Kultur der Frühen Neuzeit umzubesetzen. Vor diesem Hintergrund wird die<br />

zugleich moralistische und politische Deutung Lukretias in der Ikonographie der<br />

frühen Historienmalerei verständlich.<br />

Im Humanismus erfährt ein anderer Rezeptionsstrang eine eigenartige Ak-<br />

zentuierung: So wird die bei Livius erwähnte ›Frauenwette‹ 24 aufgegriffen und Luk-<br />

retia ›verbürgerlicht‹. Hatte bereits Boccaccio die häuslichen Tugenden der Röme-<br />

rin erwähnt, konfrontiert Francesco Barbaro (1390-1454) in seinem ›Hausbuch‹ De<br />

re uxoria (1415) 25 die bescheidene und schlichte Bewirtung bei Lukretia mit der<br />

höfischen Verschwendung Kleopatras 26 . So kann es nicht verwundern, wenn Hans<br />

Sachs (1494-1576), dessen Tragedia von der Lucretia (1527) 27 in einem Bürger-<br />

haus spielt, Lukretia <strong>als</strong> Prototyp der umsichtigen Hausfrau vorstellt und psycholo-<br />

gisches Interesse für den inneren Konflikt der Römerin mit moralistischer Ehelehre<br />

und politischen Aspekten verbindet.<br />

<strong>Die</strong> literarischen Bearbeitungen des 15. und 16. Jahrhunderts zeigen immer<br />

wieder Interesse für die Motive des Tarquinius und für die Konfliktsituation Lukre-<br />

tias, wofür die neunte Novelle Bandellos (1554) angeführt werden mag. Shakes-<br />

peare führt in seinem Kurzepos The Rape of Lucrece (1594) 28 diesen Rezeptions-<br />

strang fort und analysiert den psychologischen Antagonismus zwischen Tarquinius<br />

und Lukretia 29 .<br />

Im Gegensatz zu den anderen römischen <strong>Tugendheldin</strong>nen wurde der Luk-<br />

retia-Stoff überraschend spät von der neustoischen Tragödie der frühen Neuzeit<br />

23<br />

Follak, a.a.O., S. 105 ff.<br />

24<br />

Vgl. S. 118.<br />

25<br />

Francesco Barbaro: De re uxoria, Argentorati 1612; Buch II der Schrift behandelt die Haushaltsführung der<br />

Ehefrau (victus uxoris) und kontrastiert Lukretia und Kleopatra: »Et Lucretiae potius frugales mensas, quam<br />

Tarquiniarum et Cleopatrae sumptuosas delitias probent ac imitentur.« (›Hausfrauen sollen die bescheidenen<br />

Gerichte der Lukretia den kostspieligen Leckerbissen der Tarquinierinnen und der Kleopatra vorziehen und<br />

übernehmen.‹)<br />

26<br />

Vgl. Lentzen, M.: »Auffassungen über Ehe und Familie in Francesco Barbaros De re uxoria (1415) und Albrecht<br />

von Eybs Ehebüchlein (1472), Textstruktur und Textfunktion«, in: Guthmüller, Bodo (Hrsg.): Deutschland<br />

und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen während der Renaissance, Wiesbaden 2000, S. 44-60.<br />

27<br />

Hans Sachs: Tragedia von der Lucretia, in: Hartmann, Horst (Hrsg.): Heinrich Bullinger / Hans Sachs, Lucretia-Dramen,<br />

Leipzig 1973, S. 99-112.<br />

28<br />

Shakespeare, William: The Rape of Lucrece, in: The Complete Works of Shakespeare, hrsg. von Peter<br />

Alexander, London / Glasgow 1990, S. 1284-1307. Vgl. dazu Breitenberg, Mark: Anxious masculinity in early<br />

modern England, Cambridge 1996, insbesondere das dritte Kapitel: ›Publishing chastity: Shakespeare’s »The<br />

Rape of Lucrece«‹, S. 97-127.<br />

29<br />

Shakespeare nennt Lukretia eine »earthly saint« (v. 85).<br />

122


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

aufgegriffen. 30 Erst mit The Rape of Lucrece (1603) von Thomas Heywood (ca.<br />

1570-1641) 31 und Lucrezia (1656) von Giovanni Delfino wird Lukretia wie Dido<br />

oder Sophonisbe zu einer neustoischen <strong>Tugendheldin</strong>, deren von Schicks<strong>als</strong>schlä-<br />

gen unbeeindruckte costanza ihr eine glänzende Karriere im barocken Drama und<br />

der barocken Oper eröffnete. 32<br />

Das Bild der <strong>Tugendheldin</strong> hat sich in zwei Rezeptionssträngen entwickelt<br />

und zeigt eine moralistische oder eine politische Konnotation. Wird Lukretias pudi-<br />

citia in den Vordergrund gerückt, löst ihre »passionierte Tugend« 33 den Selbstmord<br />

aus. Werden Rachegedanke und Auflehnung gegen die überholte Monarchie <strong>als</strong><br />

Auslöser für den Selbstmord betont, wird Lukretias Tat <strong>als</strong> öffentliches und revolu-<br />

tionäres Handeln pointiert. Ihr Selbstmord, der den Verwandten den öffentlichen<br />

Racheschwur abringt, ist dann nur Anstoß eines radikalen politischen Umsturzes.<br />

Beiden Interpretationstraditionen finden sich auch in der Historienmalerei wieder.<br />

Lukretia: Ikonographie der Historienmalerei<br />

In der Ikonographie der Lukretia lassen sich zunächst e i n f i g u r i g e von s z e n i-<br />

s c h e n Darstellungen unterscheiden. Letztere haben entweder die Vergewaltigung<br />

zum Vorwurf oder zeigen die sterbende <strong>Tugendheldin</strong> im Kreis ihrer Familie. He-<br />

ben die einfigurigen Darstellungen meist auf die Keuschheit der <strong>Tugendheldin</strong> ab,<br />

stellen die szenischen oft auf den Gegensatz der Geschlechter ab oder thematisie-<br />

ren (vor allem in Großkompositionen) den Opfertod der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> Grün-<br />

dungsakt der römischen Republik.<br />

Wie bei Sophonisbe, Dido und Porzia entwickelte sich eine Ikonographie der<br />

Lukretia zuerst auf cassoni, Hochzeitstruhen 34 der oberitalienischen Renaissance<br />

des 15. Jahrhunderts, die vielfältige Funktionen mit durchaus öffentlichem Reprä-<br />

30 Weder Hans Sachs noch Shakespeare gehören in diesen Zusammenhang.<br />

31 Heywood, Thomas: The Dramatic Works, Bd. 5, London 1874, S. 161-257.<br />

32 Folgende D r a m e n seien erwähnt: Nicolas Filleuil: Lucrèce (1566), Pierre Du Ryer: Lucrèce (1638), Samuel<br />

Junius: Lukretia (1599), Hendrik Tollens: Lukretia of de verlossing van Rome (1805), Francois Ponsard:<br />

Lucrèce (1843). Auf der O p e r n b ü h n e beispielsweise: Giovanni Battista Tomasi: Sesto Tarquinio (1678),<br />

Reinhard Keiser: <strong>Die</strong> kleinmütige Selbst-Mörderin Lucretia oder die Staats-Thorheit des Brutus (1705), K. K.<br />

Schweitzelsperger: Lucretia, die keusche Römerin (1715), Antonio Pollarol: Furia Lucrezia (1726). <strong>Die</strong> Reihe<br />

endet im 19. Jahrhundert mit Heinrich Marschners Lukretia (1827) und im 20. Jahrhundert mit Benjamin Brittens<br />

The rape of Lucretia (1946). – Im Gegensatz zu den anderen <strong>Tugendheldin</strong>nen fand Lukretia auch Eingang<br />

in den höfischen R o m a n des Barock. <strong>Die</strong> römische Frühgeschichte im Spannungsfeld von Monarchie<br />

und Militärelite bot die Möglichkeit, vergleichbare Konflikte der frühneuzeitlichen französischen Eliten des entstehenden<br />

Absolutismus zu spiegeln. So ist es kein Zufall, wenn Mlle de Scudéry den Lukretia-Stoff in ihrer<br />

Clélie (1654-1660) aufgreift und, bemerkenswert genug, um eine Affäre Lukretias mit Brutus erweitert, in der<br />

sich die Ehe- und Liebesauffassungen der französischen höfischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts wiederfinden.<br />

33 Ich übernehme den Begriff von Pia Holenstein-Weidmann (»Passionierte Tugend: Lukrezia«, in: Deutsche<br />

Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 68 (1994), S. 1-21).<br />

34 Vgl. von Bode, Wilhelm: <strong>Die</strong> italienischen Hausmöbel der Renaissance, Leipzig 2 1920; Schubring, Paul:<br />

Cassoni, Truhen und Truhenbilder der italienischen Frührenaissance, Leipzig 1923.<br />

123


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

sentationsanspruch übernahmen. 35 Dabei können zwei zeitlich aufeinander folgen-<br />

de Typen der halböffentlich aufgestellten Truhen unterschieden werden. 36 Der frü-<br />

here bevorzugt eine u m f ä n g l i c h e B i l d f o l g e , in der die Geschichte Lukretias<br />

wie in einem Leporello von der ›Frauenwette‹ und dem nächtlichen Besuch der<br />

Ehemänner bis zu Lukretias Vergewaltigung und der Vertreibung der römischen<br />

Könige dramatisch entwickelt wird. 37 Wenn die häuslichen Tugenden Lukretias in<br />

den ersten Szenen dieses Typus betont werden, greift dies die Hausbuch-<br />

Literatur 38 der Frührenaissance auf und erinnert die Hausfrau an ihre Aufgaben.<br />

Später setzte sich ein r e d u z i e r t e s P r o g r a m m durch, das meist auf drei Sze-<br />

nen (Vergewaltigung der Lukretia, Geständnis und Selbstmord, Racheschwur der<br />

Verwandten) beschränkt war. Dabei fällt auf, dass allmählich die häuslichen Tu-<br />

genden der Römerin zugunsten einer politischen Interpretation zurücktreten, wäh-<br />

rend beide Aspekte zunächst gleichrangig behandelt worden waren. Dass Lukretia<br />

<strong>als</strong> Emblem weiblicher Tugenden (wie Sparsamkeit, Gastfreundschaft und eheliche<br />

Treue) und <strong>als</strong> Verteidigerin weiblicher pudicitia zu einem cassone-Thema wurde,<br />

überrascht weniger <strong>als</strong> die Akzentuierung republikanischen Selbstbewusstseins<br />

und Anspruchs im späteren ikonographischen Typus.<br />

B i a g i o d i A n t o n i o T u c c i (1446-1516) reduzierte auf zwei Tafeln in<br />

Venedig [Abb. 1] die narrative Abfolge, wobei sich die erste Tafel mit der Belage-<br />

rung von Ardea, der Frauenwette und dem Ritt des Tarquinius auf die männlichen<br />

Akteure zeigt, die zweite die bekannteren Szenen (Vergewaltigung, Selbstmord,<br />

Beisetzung und Racheschwur der Männer) darstellt.<br />

35 H o c h z e i t s t r u h e n (cassoni) sind Ausstattungsgegenstände der Renaissance, von denen heute meist<br />

nur die vorgeblendeten gemalten Schauseiten erhalten sind. Schränke wurden erst im 16. Jahrhundert üblich;<br />

vorher dienten Truhen zur Aufbewahrung von Wäsche, Kleidern und anderen wertvollen Dingen wie Schmuck.<br />

<strong>Die</strong> Hochzeitstruhen wurden anfangs vom Brautvater, später vom Bräutigam in Auftrag gegeben und zum<br />

ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt, wenn die Braut mit der Truhe (in der sich ihre Aussteuer befand) in einem<br />

rituellen Umzug vom Haus ihrer Eltern ins Haus ihres zukünftigen Ehemannes gebracht wurde. Anschließend<br />

wurde die Truhe in der camera, dem offiziellen Schlafzimmer, aufgestellt, welches Repräsentationszwecke<br />

hatte und <strong>als</strong> Empfangsraum für Bekannte und Freunde diente. <strong>Die</strong> dekorative Wirkung der Truhe stand <strong>als</strong>o<br />

ohne Zweifel im Vordergrund, dokumentierte sie doch Rang und Wohlstand der Braut. Bettina Uppenkamp<br />

(http://www2.hu-berlin.de/ffz/dld/bettinauppenkamp.pdf; letzter Aufruf am 25.10.2006) sieht in der vorwiegend<br />

repräsentativen Bedeutung des cassone auch den Grund dafür, dass die bereits übliche Zentralperspektive auf<br />

den meisten Hochzeitstruhen noch keine Anwendung fand; es kam wohl auf den reichen Gesamteindruck an,<br />

den das »Kompositmedium« durch Schnitzereien, Vergoldungen und Stuckdekor zustande brachte und der<br />

den Rang der Familie materiell verkörperte. Graham Hughes (Renaissance Cassoni, Masterpieces of Early<br />

Italian Art: Painted Marriage Chests 1400-1550, London 1997) hat nach der verdienstvollen, aber inzwischen<br />

überholten Arbeit von Paul Schubring aus dem Jahre 1923 in jüngerer Zeit cassoni wieder untersucht und in<br />

Übersicht zusammengestellt.<br />

36 Vgl. Follak, a.a.O., S. 65ff.<br />

37 Schubring, a.a.O., schreibt einzelne Truhenbilder zum Beispiel Guidoccio Cozzarelli (Tafel CXI, Nr. 468),<br />

Niccolò Gilfino (Tafel CLII, Nr. 695), Sandro Botticelli (Tafel LXXII, Nr. 304) und Filippino Lippi (Tafel LXXVII,<br />

Nr. 321) zu, kann aber in vielen Fällen nur eine regionale Zuordnung vornehmen (so zum Beispiel: Tafel III, Nr.<br />

21 <strong>als</strong> »florentinisch«, Tafel CXXXVIII, Nr. 644 <strong>als</strong> »veronesisch« oder Tafel CLIV, Nr. 727 <strong>als</strong> »mailändisch«).<br />

38 Vgl. S. 122.<br />

124


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

Abb. 1 Abb. 2 (Ausschnitt)<br />

Im Übrigen ist auch ein die Ikonographie lange Zeit bestimmender Holz-<br />

schnitt des unbekannten Künstlers, der Boccaccios De claris mulieribus 1473<br />

illustrierte, narrativ angelegt und zeigt in der<br />

linken Hälfte den auf die im Bett Liegende<br />

eindringenden Tarquinius, während in der<br />

rechten Hälfte Brutus und Collatinus die ster-<br />

bende Lukretia [Abb. 3] umfangen.<br />

Auf einem von F i l i p p i n o L i p p i<br />

(1457-1504) bemalten cassone [Abb. 2] im<br />

Abb. 3<br />

Palazzo Pitti 39 findet sich das reduzierte Programm der Lukretia-Geschichte be-<br />

sonders eindrucksvoll. Der politische Anspruch konzentriert sich auf den Rache-<br />

schwur der Verwandten Lukretias, bei dem – wie in späteren Fassungen des The-<br />

mas – die starke männliche Präsenz auffällt. 40 Obwohl für einen anderen Zweck<br />

bestimmt, stellt sich die Geschichte der Lukretia (1528) 41 von Jörg Breu d. Ä.<br />

(1475/80-1537) in ganz ähnlicher Weise dar [Abb. 4]. Sie gehörte zu einer Serie<br />

von Historienbildern, die Herzog Wilhelm IV. von Bayern und seine Gemahlin Ja-<br />

cobaea von Baden für die Münchner Residenz in Auftrag gegeben hatten und de-<br />

ren genauer Bestimmungsort heute nicht mehr rekonstruiert werden kann. Hoch-<br />

formatige Tafeln (u. a. von Jörg Breu d. Ä., Melchior Feselen und Albrecht Altdor-<br />

fer) stellten männliche Helden dar, während in breitformatigen Tafeln die Taten<br />

berühmter Frauen wie der Kaiserin Helena, Cloelias, Susannas und Virginias na-<br />

cherzählt wurden. <strong>Die</strong> Episode der Lukretia umfasst zwei Szenen: links berichtet<br />

39 Vgl. Katalog 212.<br />

40 Vgl. Garrard, Mary D.: Artemisia Gentileschi, the image of the female hero in Italian Baroque art, Princeton<br />

1988, S. 221-222.<br />

41 Katalog 52.<br />

125


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Lukretia ihren Verwandten die Vergewaltigung, rechts geloben die Männer über<br />

ihrem Leichnam Rache. 42<br />

Durch die Graphik vermittelt setzte sich im ersten<br />

Drittel des 16. Jahrhunderts die isolierte E i n z e l f i g u r<br />

der sich erdolchenden Lukretia durch, die bekanntlich<br />

sogleich von C r a n a c h d . Ä . (1472-1553) übernom-<br />

men wurde und auch in den Galerien starker Frauen 43<br />

Abb. 4<br />

auftritt. Zugleich trat das Bildmotiv der angesichts der Leiche Lukretias Rache<br />

schwörenden Verwandten zurück.<br />

Der »Bildtyp der isolierten Lucretia« 44 wurde durch einen Kupferstich 45 von<br />

M a r c a n t o n i o R a i m o n d i (um 1510/11) nach einer Zeichnung von Raffael<br />

[Abb. 5] entscheidend beeinflusst. 46 Er ist von einer heute verlorenen antiken Skulp-<br />

tur 47 inspiriert, die um 1500 in Rom gefunden wurde. Raimondis Lukretia präsen-<br />

tiert sich frontal und ist durch einen durch das sich bauschende Gewand noch be-<br />

tonten kraftvollen Kontrapost, nach beiden Seiten in emphatischer Bewegung aus-<br />

gestreckte Arme und einen zur Seite geneigten Kopf charakterisiert. Obwohl Lukre-<br />

tia den Dolch mit der einen Hand bereits zum Stich ansetzt, zeigt ihre Haltung eher<br />

42<br />

Martin Schawe (Kat. Alte Pinakothek, Altdeutsche und altniederländische Malerei, München 2006, S. 142)<br />

hat darauf hingewiesen, dass die Bildtradition zwei Möglichkeiten kennt: »die ausgeschmückte szenische Variante<br />

[…] und die eher sinnbildhafte, formal reduzierte«. Für erstere verweist er auf Jörg Breu d. Ä. und ordnet<br />

das nachher besprochene Bild Dürers in der Alten Pinakothek (vgl. unten S. 128) gleichsam dazwischen ein:<br />

»Dürers Bemühen, die statuarische, das Lehrhafte und Exemplarische betonende Version wieder an die Szene<br />

rückzubinden, wird deutlich, indem er im Hintergrund ein Schlafzimmerinterieur gestaltet – so wirklichkeitsnah,<br />

dass er auch den Nachttopf nicht vergisst.« Wie ich in der Folge zeige, hat sich die e m b l e m a t i s c h e<br />

V e r s i o n vor allem unter dem Einfluss Renis weitgehend durchgesetzt.<br />

43<br />

Siehe S. 241ff.<br />

44<br />

Follak, a.a.O., S. 64, Anm.<br />

45<br />

Vasari unterrichtet 1568 im Abschnitt Marcantonio Bolognese e d'altri intagliatori di stampe detailliert über<br />

die Entstehung dieses Kupferstichs: »Ma tornando a Marcantonio, arivato in Roma, intagliò in rame una bellissima<br />

carta di Raffaello da Urbino, nella quale era una Lucrezia romana che si uccideva, con tanta diligenza e<br />

bella maniera, che essendo subito portata da alcuni amici suoi a Raffaello, egli si dispose a mettere fuori in<br />

istampa alcuni disegni di cose sue, et appresso un disegno, che già avea fatto, del giudizio di Paris, nel quale<br />

Raffaello per capriccio aveva disegnato il carro del sole, le ninfe de' boschi, quelle delle fonti e quelle de' fiumi,<br />

con vasi, timoni et altre belle fantasie attorno. E così risoluto furono di maniera intagliate da Marcantonio, che<br />

ne stupì tutta Roma.« (›In Rom angelangt stach Marcantonio eine sehr schöne Zeichnung Raffaels von Urbino<br />

von der sich selbst tötenden Römerin Lucrezia mit so vielem Fleiß und trefflicher Manier in Kupfer, dass Raffael,<br />

<strong>als</strong> einige seiner Freunde ihm das Blatt brachten, sich entschied, mehrere Zeichnungen stechen zu lassen.‹)<br />

Hier zitiert nach der elektronischen Ausgabe: http://www.liberliber.it/biblioteca/v/vasari/index.htm (letzter<br />

Zugriff: 25.10.2006).<br />

46<br />

Vgl. Katalog 295. Bei Höper, Corinna: Raffael und die Folgen, das Kunstwerk in Zeitaltern seiner graphischen<br />

Reproduzierbarkeit, Stuttgart 2001, S. 200 (A 82.1) ist eine seitenverkehrte Kopie nach Raimondi von<br />

Enea Vico (1523-1567) abgebildet. Bei Raimondi wie bei Vico lautet die griechische Inschrift: ἈΜΕῚΝΟΝ<br />

ἈΠΟΘΝΉ΢ΚΕΘΝ Ἢ ἈΘ΢ΥΡΩ΢ ΖΗΝ (›Besser ist es zu sterben <strong>als</strong> in Schande zu leben.‹)<br />

47<br />

Auf diese Statue bezog sich wahrscheinlich das Gedicht In Lucretiam statuam, das Giovanni de’ Medici, der<br />

spätere Papst Leo X., verfasst hat. Eine kritische Edition des Textes liegt nicht vor; so muss man auf die Wiedergabe<br />

bei Roscoe, William: The life and pontificate of Leo the Tenth, London 5 1876, S. 430 zurückgreifen.<br />

Stechow, Wolfgang: »Lucretiae Statua«, in: Goetz, Oswald (Hrsg.): Essays in honor of <strong>Georg</strong> Szwarzenski,<br />

Chicago 1951, S. 114-124 hat <strong>als</strong> erster auf den Zusammenhang hingewiesen, der den Fund einer Venus-<br />

Statue in Rom um 1500 wahrscheinlich macht. Offensichtlich wurde diese antike Plastik sogleich für verschiedene<br />

andere Themen rezipiert, so auch für die Lukretia-Episode.<br />

126


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

eine tänzerische Versunkenheit, zumal ikonographische Merkmale der Venus<br />

pudica Eingang in die Darstellung fanden.<br />

Dabei mag das antike Thema auch den<br />

erotischen Reiz der Nacktheit legitimiert<br />

haben. Raimondis Kupferstich und in der<br />

Folge Blätter anderer Künstler 48 fanden<br />

jedenfalls eine solche Verbreitung, dass<br />

die ganzfigurige Darstellung einer jungen<br />

nackten Frau zum Emblem für Keusch-<br />

heit wurde, ohne dass immer ein eindeu-<br />

tiger Bezug auf Lukretia beibehalten wur-<br />

de: Viele Lukretia-Variationen konnten<br />

mit Venusdarstellungen verwechselt wer-<br />

den; allenfalls ein Dolch <strong>als</strong> typisches<br />

Attribut verwies den Betrachter auf die<br />

richtige Deutung.<br />

<strong>Die</strong>s gilt auch für die über dreißig<br />

Abb. 5<br />

Arbeiten 49 , in denen L u c a s C r a n a c h (1472-1553) den Bildtyp der einzelfiguri-<br />

gen und <strong>als</strong> moralisches Emblem zu deutenden Lukretia variiert hat. <strong>Die</strong> Version<br />

der Alten Pinakothek 50 [Abb. 6], um 1524 entstanden, betont ebenso wie die Berli-<br />

ner Version 51 [Abb. 7] von 1533 die überzeitliche Funktion <strong>als</strong> »moralisches Tu-<br />

gendexempel« und lässt Lukretia »emotionslos und in neutralem Raum agieren«. 52<br />

<strong>Die</strong> vereinzelte Figur der Lukretia vor dunklem Hintergrund, der Kontrapost mit<br />

manieristisch überlängten Beinen, die modische Frisur und die frontale Präsentati-<br />

on des nackten, allenfalls mit einem Schleier mehr betonten <strong>als</strong> verhüllten Körpers<br />

sind unverwechselbare Besonderheiten Cranachs geworden. Allein der Dolch lässt<br />

48<br />

So beispielsweise Daniel Hopfer (Bartsch 17, 50), Hans Sebald Beham (Bartsch 15, 78 und 79), <strong>Georg</strong><br />

Pencz (Bartsch 16, 79).<br />

49<br />

So die Varianten in Berlin (Stiftung Preußischer Kulturbesitz), in der Akademie der Künste in Wien und im<br />

Städel in Frankfurt am Main. Vgl. Garrard, a.a.O., S. 224-225. Grundlegend immer noch Friedländer, Max J. /<br />

Rosenberg, Jakob / Schwartz, G.: <strong>Die</strong> Gemälde von Lucas Cranach, Stuttgart 1989 (Nachweis der Lukretia-<br />

Versionen S. 203-204).<br />

50<br />

Katalog 75.<br />

51<br />

Cranachs Lukretia von 1533 in Berlin (Bestandskatalog der Gemäldegalerie Berlin-Dahlem 1975, S. 121;<br />

Inv.-Nr. 1832). Follak, a.a.O., S. 64, will zeigen, dass die Lukretia-Darstellungen Cranachs ein zweideutiges<br />

Spiel mit pudicitia und voluptas wagen: »Gerade dadurch, daß Lucretia einen auffallend attraktiven Körper hat,<br />

kann sie deutlich machen, daß ihr nur an der pudicitia liegt. Denn obwohl sie damit einen Betrachter zur voluptas<br />

reizen und verführen könnte, verletzt sie ihren Körper freiwillig mit dem Messer und zerstört ihn schließlich.«<br />

Katalog 74.<br />

52<br />

Schawe, Martin: Kat. Alte Pinakothek, Altdeutsche und altniederländische Malerei, München 2006, S. 120.<br />

127


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

<strong>als</strong> typisches Attribut Lukretia von Venus unterscheiden und führt den Betrachter<br />

zur moralischen Deutung <strong>als</strong> Emblem der<br />

Keuschheit. <strong>Die</strong> Münchner und Berliner Va-<br />

rianten unterscheiden sich nur durch die dra-<br />

matischere Haltung der Hand mit dem Dolch in<br />

der früheren Fassung. 53<br />

In der Folgezeit wurde das ganzfigurige<br />

isolierte Modell vielfältig variiert: so beispiels-<br />

Abb. 6 Abb. 7<br />

weise von Albrecht Dürer (1471-1528) in seiner Lukretia der Alten Pinakothek<br />

[Abb.8] 54 und von Guido Reni (1575-1642) in seinem Potsdamer Bild [Abb. 10]. Aber<br />

auch den Gemälden von Massimo Stanzione (1585-1656) [Abb. 11], von Simon<br />

Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10<br />

Vouet (1590-1649) [Abb. 12] und Artemisia Gentileschi (1593-1653) [Abb. 13] liegt<br />

dieser Grundtypus zugrunde. Dabei wird der starre frontale Kontrapost im Laufe<br />

des 16. Jahrhunderts durch dynamische Bewegung und affektreiche Gesten ab-<br />

53 Zu den um 1530 entstandenen Gemälden mit weiblichen Aktfiguren und dem identischen Figurenbestand<br />

verschiedener Bildthemen (Silbernes Zeitalter, Grazien, Paris-Urteil, Lukretia, Venus und Amor, Adam und<br />

Eva) Erichsen, Johannes in: AK Lucas Cranach, hrsg. von Grimm, Claus u. a., Regensburg 1994, S. 350.<br />

54 Katalog 110. Das 1518 bezeichnete Gemälde (Schawe, Martin: Kat. Alte Pinakothek, Altdeutsche und altniederländische<br />

Malerei, München 2006, S. 142) greift eine zehn Jahre früher datierbare Zeichnung [Abb. 9]<br />

der Albertina auf (AK Albertina: Albrecht Dürer, hrsg. von Schröder, Klaus Albrecht / Sternath, Marie Luise,<br />

Wien 2003, Nr. 121, S. 373ff.). Wie die Zeichnung der Albertina bestätigt gehört die Lukretia Dürers zunächst<br />

in den Zusammenhang seiner Proportionsstudien. Auf einen weiteren möglichen Zusammenhang der <strong>als</strong> Nischenfigur<br />

dargestellten Lukretia der Albertina (Katalog 111) hat Anna Scherbaum im genannten Katalog hingewiesen:<br />

ein Beitrag zur Paragone-Problematik könnte intendiert sein. Eine zweite, gleichzeitige Zeichnung<br />

der Albertina (Nr. 122) zeigt den erhobenen Arm mit dem Dolch und steht bereits in einem eindeutigen Zusammenhang<br />

mit dem Gemälde der Alten Pinakothek, das <strong>als</strong>o vielleicht doch schon 1508 intendiert war. –<br />

Das Bild der Alten Pinakothek hat im Übrigen eine in mehrerer Hinsicht interessante ›Rezeptionsgeschichte.‹<br />

Es befand sich spätestens seit 1598 in der herzoglichen Kunstkammer. Das »knappe Schamtuch der Nackten«<br />

wurde »malerisch verbreitert.« (Schawe a.a.O.). »Im frühen 17. Jahrhundert war das Bild unter einer<br />

Verschlusstür verborgen, auf der zunächst eine Darstellung des Cato Uticensis von Peter Candid angebracht<br />

war, später die Lukretia des Lucas Cranach [heute auch in der Alten Pinakothek], deren Blöße durch die<br />

Übermalung eines Gewandes verdeckt wurde.« (Gisela Goldberg, in Kat. Alte Pinakothek, München 1983, S.<br />

174). Zu diesen Zusammenhängen vgl. unten S. 262<br />

128


gelöst. Beibehalten<br />

werden der einer Nio-<br />

bide ähnelnde Kopf<br />

und Blick, der ent-<br />

blößte Oberkörper<br />

und die den Dolch<br />

führende Rechte.<br />

Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13<br />

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde daneben auch ein halb- bis dreivier-<br />

telfiguriger isolierter Typus entwickelt: Joos van Cleve (1485-1540) [Abb. 14] und<br />

Lucas Cranach (1472-1553) [Abb. 15]<br />

scheinen mit ihren Mustern prägend<br />

geworden zu sein. 55 Bei beiden frühen<br />

Tafeln fällt auf, dass Lukretia in zeitge-<br />

nössischer Kleidung <strong>als</strong> reiche Patri-<br />

zierin dargestellt wird <strong>Die</strong> Reverenz<br />

Abb. 14 Abb. 15<br />

an die aktuelle Mode kann ein Hinweis auf einen Abnehmerkreis sein, der sich von<br />

dem unterschied, der den ganzfigurigen Typus bevorzugte.<br />

Ein fast gleichzeitig mit Cranachs Lukretia-Darstellungen entstandenes Ge-<br />

mälde von L o r e n z o L o t t o (ca.1480-1556) 56 verdeutlicht die exemplarische<br />

Bedeutung, die die römische <strong>Tugendheldin</strong> inzwischen gewonnen hatte [Abb. 16]:<br />

Eine junge Frau in modischer norditalienischer<br />

Kleidung hält in ihrer Linken einen Kupferstich der<br />

sich tötenden Lukretia und weist mit ihrer Rechten<br />

auf ein kleines, auf einem Tisch liegendes Blatt mit<br />

dem von Livius der sterbenden Lukretia in den<br />

Mund gelegten ultimum verbum. 57 Auch wenn ihre<br />

Abb. 16<br />

Identität nicht abschließend geklärt ist, könnte es sich bei der abgebildeten Frau<br />

um Lucrezia Valier handeln, die 1533 in die Familie Pesaro einheiratete und aus<br />

deren Besitz das Gemälde stammt. 58 Allerdings wird in der Forschung auch die<br />

55 Katalog 74.<br />

56 Lorenzo Lotto: A lady with a drawing of Lucretia (National Gallery London) aus der Zeit zwischen 1530 und<br />

1533 (Katalog 217).<br />

57 »Nec ulla impudica Lucretiae exemplo vivet« (›Keine schamlose Frau wird sich auf das Beispiel der Lukretia<br />

berufen können.‹)<br />

58 So Jaffé, Michael: »Pesaro Family Portraits: Pordenone, Lotto and Titian« in: The Burlington Magazine 113<br />

(1971), S. 696-702. <strong>Die</strong>se gängige Auffassung wird auch im Bestandskatalog der National Gallery in London<br />

übernommen.<br />

129


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Auffassung vertreten, es handle sich um das Porträt einer Kurtisane. Kunsthisto-<br />

risch wichtiger ist die mise en abyme, die Funktion des Bildes im Bild: Lukretia ist<br />

<strong>als</strong> Personifikation der Keuschheit zum beliebig einsetzbaren Emblem geworden;<br />

wie bei Heiligendarstellungen genügt ein Attribut <strong>als</strong> Verweis auf größere narrative<br />

Zusammenhänge. Der Bezug auf Lukretia im Porträt einer vornehmen Dame wür-<br />

de die Tugend der Dargestellten hervorheben, während der Verweis im Portrait<br />

einer Prostituierten 59 im Sinne einer »Kontrastikonographie« 60 <strong>als</strong> Bekenntnis zum<br />

unkeuschen Lebenswandel zu werten wäre. In jedem Fall ist die selbstbewusste<br />

Berufung der Porträtierten auf Lukretia bemerkenswert.<br />

Eine vergleichbar emblematische Bedeutung<br />

hat wohl die Skulptur einer Lukretia, die Jacopo Tinto-<br />

retto (1519-1594) dem um 1555 entstandenen Porträt<br />

eines jungen Mannes [Abb. 17] 61 eingefügt hat. <strong>Die</strong><br />

Hand des Unbekannten ruht »in lässiger Geste« auf<br />

dem Haupt Lukretias. <strong>Die</strong> Bedeutung der eigenartigen<br />

Zusammenstellung muss rätselhaft bleiben, solange<br />

der junge Mann nicht identifiziert ist. <strong>Die</strong> Lukretia-<br />

Statue könnte »<strong>als</strong> symbolischer Hinweis auf Treue<br />

Abb. 17<br />

bis in den Tod« 62 gemeint sein. In jedem Fall ist die Komposition Tintorettos ein<br />

weiterer Beleg für die emblematische und moralische Bedeutung der Darstellungen<br />

Lukretias im 16. Jahrhundert.<br />

G u i d o R e n i (1575-1642) hat den einfigurigen Typus in einer raffinierten<br />

Synthese weitergeführt, die Anleihen bei der Venus pudica und bei antiken Darstel-<br />

lungen der Niobe mit starker »Gefühlshaltigkeit« 63 verbindet. Der himmelnd nach<br />

oben geführte Blick Lukretias, der das antike Muster der Niobe zitiert, und der teil-<br />

59 So Ost, Hans: »Tizians sogenannte ›Venus von Urbino‹ und andere Buhlerinnen« in: Müller Hofstede, J. /<br />

Spies, W. (Hrsg.): Festschrift für Eduard Trier zum 60. Geburtstag, Berlin 1981, S. 129-149 und sich ihm anschließend<br />

Follak, a.a.O., S. 70ff. Beide vertreten die Auffassung, bei Lottos Porträt handle es sich um eine<br />

Prostituierte; der Lukretia zeigende Stich wäre dann im Sinne einer »Kontrastikonographie« (Ost, a.a.O., S.<br />

136) so zu interpretieren, dass die Porträtierte sich zu ihrem Lebenswandel bekennt und das Opfer Lukretias<br />

für unsinnig hält.<br />

60 Goffen, Rona: »Lottos’s Lucretia« in: Renaissance Quarterly 52 (1999), S. 742-781 deutet die demonstrative<br />

Gestik der Porträtierten <strong>als</strong> eine in der Porträtkunst der Renaissance nur einem Mann zukommende Inszenierung<br />

von Stärke. Mit dekonstruktivistischen Methoden will die von der Gender-Forschung beeinflusste Kunsthistorikerin<br />

in allerdings wenig überzeugender Weise zeigen, gagliardia bleibe nicht an Geschlechterrollen<br />

gebunden: »gender definitions become malleable, sexual differences fungible, and the admixture of masculine<br />

and feminine is seen as a desideratum, devoutly to be wished for, and indeed to be emulated.« (S: 776).<br />

61 Jetzt in München. Katalog 396.<br />

62 Cornelia Syre, in: Kat. Alte Pinakothek, Ausgewählte Werke, München 2005, S. 378.<br />

63 Schmidt-Linsenhoff, Viktoria: Guido Reni im Kunsturteil des siebzehnten Jahrhunderts Ŕ Studien zur literarischen<br />

Rezeptionsgeschichte und Katalog der Reproduktionsgrafik, Diss. Kiel 1974, S. 44f.<br />

130


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

weise entblößte Oberkörper ebenso wie die den Dolch führende Rechte finden sich<br />

beim halbfigurigen Typ [Abb. 18] der Lukretia in Rom 64 , aber auch bei der Lukretia<br />

in Campione 65 [Abb. 19]. Ein dunkler Hintergrund hebt die marmorne Blässe des<br />

Oberkörpers hervor und betont Opfer-<br />

haltung und Verzweiflung der Darges-<br />

tellten. Gerade bei Reni wird deutlich,<br />

wie sehr das Affektische im einfigurigen<br />

Lukretia-Typus im Vordergrund steht,<br />

zumal das Attribut des Dolches den<br />

nunmehr einzigen Hinweis gibt, an wel-<br />

che der <strong>Tugendheldin</strong>nen gedacht ist.<br />

Abb. 18 Abb. 19<br />

Guido Cagnacci (1601-1681) übernahm [Abb. 20 und 21] die von Reni stark<br />

mit Affekten aufgeladene Inszenierung der Lukretia. 66 In einer jüngst in den Handel<br />

Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22<br />

gekommenen Variante [Abb. 22] nahm Cagnacci allerdings die Nacktheit zurück<br />

und steigerte die Dramatik durch die abgestufte Darstellung verschiedener Stoffe,<br />

die <strong>als</strong> roter und blauer Samt des Hintergrunds und weißes Leinen des geöffneten<br />

Hemdes und roter Gewandstoff den marmorblassen Körper Lukretias rahmen. 67<br />

64 Katalog 325.<br />

65 Katalog 314.<br />

66 Katalog 56 und 54.<br />

67 Katalog 57. »Das Gemälde entspricht der Beschreibung eines Werks, das sich im 18. Jahrhundert in der<br />

Galerie des Kardin<strong>als</strong> Tommaso Ruffo in Ferrara befand. […] Zu dem vorliegenden Gemälde gibt es eine signierte<br />

und ›napoli 1762‹ datierte und beiderseits erweiterte Zeichnung von Angelica Kauffmann, welche die<br />

Künstlerin zweifellos nach dem Original angefertigt hatte. Das Gemälde wurde erstm<strong>als</strong> in einem Gutachten<br />

vom 24. Juni 1924 von Wilhelm Suida <strong>als</strong> eigenhändiges Werk von Cagnacci anerkannt. Und zwar aufgrund<br />

von dessen der Kleopatra im Kunsthistorischen Museum in Wien entsprechenden ›morbidess und geistreicher<br />

Luftigkeit‹ (Katalog der Gemäldegalerie 1991, S. 153, Nr. 232). […] <strong>Die</strong> Beziehung zu Guido Reni sowie zur<br />

Lukretia von Tizian, die Cagnacci zweifellos kannte, wurde übrigens schon in der Beschreibung der Lukretia<br />

betont, <strong>als</strong> diese sich noch in der Galerie des Kardin<strong>als</strong> Ruffo befand: ›Lucrezia Romana di palmi 4 e 5 con<br />

stilo in mano in atto di volersi ferire strappando la propria camicia, dipinta con grande espressione del miglior<br />

gusto di Guido Cagnacci quando seguendo ancora i dettami, e gli esempli di Guido Reni, spiccava celebre<br />

allievo di tale celebratissima mano.‹« (Aus dem Katalog des Dorotheum). Das Gemälde wurde im April 2007<br />

für 1,15 Millionen Euro versteigert.<br />

131


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Wie vergleichsweise zurückhaltend hingegen in der niederländischen Tradi-<br />

tion das gleiche Thema bearbeitet wurde, zeigen zwei Gemälde Rembrandts<br />

(1606-1669), der sowohl seine Luk-<br />

retia aus Minneapolis [Abb. 23] <strong>als</strong><br />

auch die aus Washington [Abb. 24]<br />

in großer Selbstversunkenheit vor-<br />

stellt. 68<br />

In der italienischen Tradition<br />

scheint hingegen nur der stark ver-<br />

Abb. 23 Abb. 24<br />

zweifelte und emphatisch entblößte Lukretia-Typus Käufer gefunden zu haben; <strong>als</strong><br />

Abb. 25 Abb. 26<br />

Beispiele mögen Bearbeitungen des Themas von Artemisia Gentileschi (1593-<br />

1653) [Abb. 25] und Gaetano Gandolfi (1734-1802) [Abb. 26] dienen. 69 Pietro Ricchi<br />

(1606-1675) hat eine ungewöhnlich blutige Variante des Themas [Abb. 27] gewagt:<br />

er lässt seine Sterbende im Stürzen den gesamten Bildraum des beinahe quadrati-<br />

schen Gemäldes einnehmen; Lukretia scheint sich die Verletzung soeben erst bei-<br />

gebracht zu haben, hält sie doch noch in ihrer Rechten den Dolch und scheint den<br />

Fall mit ihrer geöffneten Linken aufzufangen zu wollen. Der brechende Blick, der<br />

68 Katalog 306 und 305.<br />

69 Katalog 143 und 141.<br />

132


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

marmorne Oberkörper und das<br />

aus der Stichwunde strömende<br />

Blut setzen das Selbstopfer der<br />

Römerin in Szene. 70<br />

Noch das romantische<br />

Rollenporträt Angelika Kauff-<br />

manns (1741-1807), welches die<br />

Fürstin Maria Santacroce <strong>als</strong><br />

Lukretia [Abb. 28] zeigt, weist die<br />

in Italien bevorzugte Verzweif-<br />

lung im Mienenspiel auf. 71<br />

Abb. 27<br />

Wenn die Vergewaltigungsszene ins Bild gesetzt wurde, standen hingegen<br />

die Darstellung von Aggression und Gewalt, aber auch die Gegensätze von männ-<br />

licher und weiblicher Körperlichkeit im Vor-<br />

dergrund. <strong>Die</strong>ses Motiv ist in der Graphik des<br />

16. Jahrhunderts von Heinrich Aldegrever<br />

(1502-ca. 1555) [Abb. 29] und Cornelis Cort<br />

(1522-1578) [Abb. 30] in Einzelblättern entwi-<br />

ckelt worden. In beiden Stichen bekräftigen<br />

die Körper im Hochformat die Diagonale und<br />

deuten so mit künstlerischen Mitteln die<br />

Schwäche der unterliegenden Lukretia an.<br />

Hans von Aachen 72 (1552-1615) beton-<br />

te [Abb. 31] in seinem Wiener Gemälde eben-<br />

Abb. 28<br />

so wie Thoman Weber 73 (um 1535 nachgewiesen) [Abb. 32] und Tizian (1487-1576)<br />

[Abb. 33], der das Thema 74 mehrfach bearbeitete, die abwehrenden Gesten Lukre-<br />

tias. Peter Paul Rubens (1577-1640) hat in seiner Szene [Abb. 34] zwischen Lukre-<br />

tia und Tarquinius den Blickkontakt intensiviert, der durch die gekreuzten Arme und<br />

70<br />

Katalog 341.<br />

71<br />

Vgl. unten, S. 299 und Katalog 188.<br />

72<br />

Katalog 1.<br />

73<br />

Katalog 434.<br />

74<br />

Katalog 400 und (hier) 402.<br />

133


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Beine eine besonders pikante Note erhält. 75 Luca Giordano (1632-1705) [Abb. 35]<br />

stellte Lukretia 76 in der Pose der nackten Venus zur Schau.<br />

Abb. 29 Abb. 30 Abb. 31 Abb. 32<br />

Auch spätere Bearbeitungen des Themas wie die von Sebastiano<br />

Ricci 77 (1659-1734) [Abb. 36] und Giuseppe Maria Crespi (1665-1747) [Abb. 37] be-<br />

Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35<br />

tonten über dynamische Bewegungen und geschlechtsspezifische Inkarnate die<br />

Aggressivität des Vergewaltigers und die Wehrlosigkeit des weiblichen Opfers.<br />

Pietro Ricchi (1606-1675) wählte wie für den Selbstmord der <strong>Tugendheldin</strong> auch<br />

für die Vergewaltigungsszene 78 die Diagonale [Abb. 38] <strong>als</strong> bestimmendes Bildele-<br />

ment: Lukretias Marmorkörper<br />

hebt die sprechend auf den<br />

Sklaven deutende Hand des<br />

Tarquinius wie einen Schatten-<br />

riss hervor. Geöffneter Mund<br />

und geschlossene Augen der<br />

Abb. 36 Abb. 37<br />

Römerin deuten Wehrlosigkeit und Ohnmacht der <strong>Tugendheldin</strong> an. Werden die<br />

Rache schwörenden Verwandten ins Bild gesetzt, hebt die Komposition meist auf<br />

den bevorstehenden politischen Umsturz ab.<br />

75 Das Potsdamer Gemälde ist <strong>als</strong> ›Beutekunst‹ 2003 wieder aufgetaucht (Katalog 358).<br />

76 Katalog 158.<br />

77 Katalog 344.<br />

78 Katalog 340.<br />

134


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

Bei den frühen Versionen des 16.<br />

und 17. Jahrhunderts ist dies allerdings<br />

noch nicht der Fall. Sie akzentuieren<br />

immer noch den intimen Charakter der<br />

Szene und erweitern sie dramatisierend<br />

um die Familienmitglieder, ohne den<br />

Racheschwur in den Mittelpunkt zu stel-<br />

len.<br />

Abb. 38<br />

Tizian 79 (1477-1576) hat in seinem Wiener Bild (um 1515) die Szene auf<br />

Lukretia und ihren Ehemann Collatinus verkürzt und durch diese Ausschnitthaftig-<br />

keit in ganz ungewöhnlicher Weise verdichtet [Abb. 39]: Lukretia blickt, halbfigurig<br />

und frontal gegeben, unbestimmt nach links oben und hält den Dolch bereits ent-<br />

schlossen in ihrer Rechten. Collatinus ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen:<br />

Sein Gesicht erscheint hinter Lukretias rechter Schulter; auch umfasst er ihren lin-<br />

ken Arm und scheint seine Frau vom Selbstmord abhalten zu wollen. Ungleich<br />

dramatischer ist die Szene bei Giovanni Sodoma 80 (1477-1549) [Abb. 40]:<br />

Abb. 39 Abb. 40 Abb. 41 Abb. 42<br />

Collatinus versucht zu spät, Lukretia am Stich zu hindern, während ihr Vater Lukre-<br />

tius sie, ihren Fall voraussehend, bereits stützt. <strong>Die</strong> völlige Nacktheit Lukretias be-<br />

tont ihre Schutzlosigkeit und Stigmatisierung durch die Vergewaltigung.<br />

Das durch optisches Heranrücken die Intimität der Familie evozierende<br />

Brust- oder Kniestück 81 blieb lange das vorherrschende Format für das Thema.<br />

Allenfalls die Lukretia [Abb. 41] des Francesco Rustici 82 (1592-1626), <strong>als</strong> Pendant<br />

einer Sophonisbe 83 für die Ausstattung der Florentiner Villa Poggio Imperiale der<br />

Maria Magdalena von Österreich konzipiert, nimmt bereits andeutend den Rache-<br />

79 Katalog 400.<br />

80 Katalog 375.<br />

81 Vgl. Katalog 308, 311, 312, 314, 317, 321, 325, 326, 327, 328, 329 (Brustbilder oder halbfigurige Gemälde<br />

von Reni). Auch Gandolfi (141), Guercino (168), Carneo (58) und Cifrondi (66) haben für ihre Lukretia-<br />

Gemälde das halbfigurige Format gewählt.<br />

82 Katalog 360.<br />

83 Vgl. unten, S. 247f.<br />

135


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

schwur auf. <strong>Die</strong> caravaggeske Lichtregie lenkt den Blick des Betrachters auf die<br />

Sterbende, um die sich die drei Männer und eine <strong>Die</strong>nerin bemühen. Collatinus<br />

deutet eine beschwörende Geste gegenüber dem Schwiegervater an. Claude<br />

Vignon 84 (1593-1670) reduziert im Drei-<br />

viertelformat [Abb. 42] das Personal auf<br />

Lukretia, ihren Mann und ihren Vater.<br />

Collatinus hält seine Frau umfangen,<br />

während der Vater verzweifelt mit den<br />

Händen ringt. Ganz in der Nachfolge<br />

Poussins entwickelt Charles-Alphonse<br />

Dufresnoy 85 (1611-1668) [Abb. 43] die<br />

Szene: Vor der in einer klassizistischen<br />

Abb. 43<br />

Vorhalle aufgestellten Juno-Statue reagieren Vater, Ehemann und Brutus mit star-<br />

ken Affekten auf die bereits tot am Boden liegende Lukretia. Das Pathos der Män-<br />

ner wird in den Affekten dreier Frauen im Mittelgrund gespiegelt. Der Durchblick in<br />

ein Treppenhaus lässt einen weiteren herbeieilenden Römer erkennen. Den männ-<br />

lichen Rächern werden allerdings selten so starke Emotionen wie bei Dufresnoy<br />

zugedacht.<br />

Immer häufiger wird im 17. und 18. Jahrhundert das Thema des Rache-<br />

schwurs aufgegriffen. Wie bei den einfigurigen Bildern steht dabei meist der Dolch<br />

im Mittelpunkt des Bildaufbaus, doch gewinnt er einen auf die Zukunft verweisen-<br />

Abb. 44 Abb. 45 Abb. 46 Abb. 47<br />

den Sinn, da die männlichen Verwandten über ihm geloben, der Königsherrschaft<br />

ein Ende zu bereiten. 86 Jacques Antoine Beaufort (1721-1784) wurde mit seinem<br />

Gemälde [Abb. 44] in die Akademie (1771) aufgenommen. Der blutige Dolch hat<br />

84 Katalog 421.<br />

85 Katalog 108.<br />

86 Bereits Pigler unterscheidet zwei ikonographische Gruppen: »Der Selbstmord der Lucretia, I: <strong>als</strong> Einzelfigur«<br />

(a.a.O., S. 386-389) und »Der Selbstmord der Lucretia, II: sie ersticht sich in Gegenwart ihres Gemahls L.<br />

Tarquinius Collatinus, ihres Vaters Spurius Lucretius und des L. Junius Brutus« (S. 389-390).<br />

136


Lukretia: Keuschheit, eheliche Treue, politischer Umsturz<br />

sich vom Attribut Lukretias zum Emblem des Umsturzes gewandelt. Mit den glei-<br />

chen bildnerischen Mitteln arbeitete um 1763 Gavin Hamilton (1748-1825) [Abb.<br />

45], aber auch der unbekannte Porzellanmaler [Abb. 46], der die graphische Vorla-<br />

ge [Abb. 47] von Silvestre David Mirys (1742/1750-1810) (um 1810) in Farbe 87 um-<br />

gesetzt hat. <strong>Die</strong> Beispiele inszenie-<br />

ren augenfällig, dass die Lukretia-<br />

Thematik im Laufe des 18. Jahr-<br />

hunderts an politischer Brisanz ge-<br />

wonnen hat. Lukretia liegt bereits<br />

tot am Boden, während in der ande-<br />

ren Bildhälfte die männlichen Ver-<br />

wandten stehend Vergeltung<br />

Abb. 48 Abb. 49<br />

schwören. Das Inszenierungsmuster der französischen Aufklärung kontrastiert<br />

›Frauenopfer‹ und zu erringende Souveränität. Lukretias Selbstmord ist nicht mehr<br />

nur Emblem weiblicher Keuschheit; archaische Gründungsmythen aufgreifend gilt<br />

das weibliche Opfer darüber hinaus <strong>als</strong> entscheidende Voraussetzung eines politi-<br />

schen Umsturzes und wird so auch ins Bild gesetzt. 88<br />

Lukretias untergeordnete Rolle <strong>als</strong> Ehefrau eines römischen Aristokraten<br />

verhinderte wohl ihre Aufnahme in die dekorativen Galerien des Frühbarock, die<br />

offensichtlich für Regentinnen reserviert waren. 89 Dagegen findet sie sich in den<br />

graphischen Serien von du Bosc (1645) [Abb. 48] und Le Moyne (1647) [Abb. 49]. 90<br />

Bei ersterem liegt der Akzent noch ganz auf der <strong>Tugendheldin</strong> nach Livius 91 , bei<br />

letzterem kommt bereits, ebenso unter Berufung auf Livius, die politische Deutung<br />

ins Spiel, die dann in der französischen Aufklärung eine besondere Rolle spielen<br />

sollte. 92<br />

<strong>Die</strong> Figur der Lukretia bietet in ihren ikonographischen Inszenierungen mehr Va-<br />

rianten <strong>als</strong> die Darstellungen der Dido, Sophonisbe oder Kleopatra. Galt der<br />

87 Katalog 246.<br />

88 Vgl. dazu Loraux, Nicole: Tragische Weisen, eine Frau zu töten, Frankfurt u. a. 1993; Fögen, Marie Theres:<br />

Römische Rechtsgeschichten, Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems, Göttingen 2002; Mathes,<br />

Melissa M.: The Rape of Lucretia and the Foundation of Republics, Pennsylvania State UP 2000.<br />

89 Vgl. unten im Zusammenhang der Serien, S. 232.<br />

90 Katalog 64 (Du Bosc) und 42 (Le Moyne).<br />

91 <strong>Die</strong> subscriptio lautet: »Il ne sera pas dit, qu’aucune Femme prenne sujet de pécher sur l’exemple de Lu-<br />

crèce.«<br />

92 <strong>Die</strong> subscriptio lautet: »Lucrèce, violée par Tarquin, lave son malheur et sa réputation de son propre sang;<br />

et par une mort courageuse, donne naissance a la liberté Romaine et à la République.«<br />

137


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Selbstmord Lukretias den Kirchenvätern noch <strong>als</strong> verwerfliche Tat einer ruhmsüch-<br />

tigen Römerin, wurde Lukretia in der Frühen Neuzeit zur ›p r o f a n e n H e i l i g e n ‹<br />

der Keuschheit und ehelichen Treue, ihr Dolch zum Attribut einer Märtyrerin. Da-<br />

neben tritt die ganz auf die A f f e k t k o n t u r i e r u n g abhebende, meist halbfigurige<br />

Darstellung der <strong>Tugendheldin</strong>, die bis in die Romantik fortgeführt wurde. Schließ-<br />

lich findet sich in szenischen Historienbildern mit den Rache schwörenden Ver-<br />

wandten eine p o l i t i s c h e D e u t u n g des durch den Selbstmord der Tugendhel-<br />

din ausgelösten politischen Umsturzes, die obwohl sie bereits bei Livius angelegt<br />

war, in der Historienmalerei wohl erst im 18. Jahrhundert zur Geltung kam.<br />

138


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Kleopatra: Antike Quellen<br />

Kleopatras Schönheit war bereits in der Antike sprichwörtlich, wenn sie auch wohl<br />

nicht der Wirklichkeit entsprach. Ihr Leben und Sterben 1 fand sogleich das Interes-<br />

se der augusteischen Historiographen und Dichter, da sie für das römische Publi-<br />

kum einen fremden und exotischen Orient verkörperte. Dass die Herrscherin des<br />

Ptolemaierreiches mit ihrem Brudergemahl Ptolemaios XIII. und nach dessen Tod<br />

mit ihrem Bruder Ptolemaios XIV. in Geschwisterehe lebte, wurde in Rom <strong>als</strong> In-<br />

zest gewertet, obwohl es pharaonischer Sitte entsprach. Auch dass Kleopatra ih-<br />

ren Machtbereich, überdies noch <strong>als</strong> Frau, ständig erweitern konnte, ließ sie aus<br />

römischer Sicht zu einem fatale monstrum 2 werden. Den römischen Machthabern<br />

gegenüber verhielt sie sich taktisch geschickt, wurde Cäsars Geliebte, verließ<br />

Rom, wo sie sich 46-44 v. Chr. aufgehalten hatte, nach seiner Ermordung und<br />

kehrte mit dem gemeinsamen Sohn Kaisarion nach Ägypten zurück. Später wurde<br />

sie <strong>als</strong> Geliebte des Antonius, mit dem sie drei Kinder hatte, zur Herrscherin des<br />

römischen Ostreichs erhoben, so dass der nach der Ermordung Cäsars entbrannte<br />

Bürgerkrieg nominell zwischen Octavian und Kleopatra ausgetragen wurde. Trotz<br />

des Einsatzes einer großen Flotte und ungeheurer Geldmittel ging die Schlacht<br />

von Actium (31 v. Chr.) verloren. Kleopatra veranlasste Antonius, nach dem verlo-<br />

renen Bürgerkrieg Selbstmord zu begehen und wählte für sich selbst den Tod<br />

durch Schlangenbiss, um nicht von Octavian im römischen Triumphzug mitgeführt<br />

zu werden.<br />

Kleopatra: Literarische Rezeption<br />

Aus einsichtigen Gründen entwarf die antike Historiographie von Anbeginn ein ne-<br />

gatives Bild und charakterisierte Kleopatra <strong>als</strong> intrigant und ausschweifend. 3 <strong>Die</strong><br />

1 Stähelin s. v. in: RE, Bd. 11, Stuttgart 1922, Sp. 750-781. – Hier vor allem Horaz (c. I,37,26ff); Plutarch (Antonius<br />

84-86), Properz (c. III,1 und IV,6), C. Velleius Paterculus (Historia Romana II, 42ff.). Zur historischen<br />

Wertung weiterer antiker Quellen vgl. Volkmann, Hans: Kleopatra, Politik und Propaganda, München 1953, S.<br />

217-224 und Clauss, Manfred: Kleopatra, München 1995, S. 104ff.<br />

2 So Horaz (c.1,37,21), ohne ihr in der letzten Strophe die Anerkennung zu versagen: Deliberata morte ferocior:<br />

/ Saevis Liburnis scilicet invidens / Privata deduci superbo / Non humilis mulier triumpho. (c. 37). (›Mit<br />

dem frei gewählten Tod zeigte sie Mut genug und verwehrte es den grausamen römischen Kriegsschiffen, <strong>als</strong><br />

ihres Rangs entkleidete, aber durchaus nicht demütige Frau in einem anmaßenden Triumphzug vorgeführt zu<br />

werden.‹)<br />

3 Nach Plutarch hat Kleopatra auch zu den weiblichen Mitteln des Weinens und Hungerns gegriffen, um Antonius<br />

an sich zu binden und seine Ehefrau Octavia aus dem Feld zu schlagen (Antonius 53). Er schildert anschaulich,<br />

wie Kleopatra sich bei der Begegnung mit Antonius in Tarsos <strong>als</strong> Aphrodite inszeniert haben soll<br />

(Antonius 26). <strong>Die</strong>se Episode wurde ein beliebtes Motiv der Historienmalerei.<br />

139


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

diffamierenden Darstellungen der römischen Dichtern Vergil 4 und Lukan 5 deuten<br />

Kleopatra <strong>als</strong> treibende Kraft im Bürgerkrieg, die Antonius gewissermaßen behext<br />

und zu ihrem Instrument macht. Kleopatra wird so in der Dichtung zur Inkarnation<br />

des fremden, mysteriösen und deshalb bedrohlichen Ostens, der beinahe über die<br />

westliche Welt und ihre Kultur triumphiert hätte. 6 <strong>Die</strong>ses Zerrbild wird im Mittelalter<br />

übernommen: Dante charakterisiert Kleopatra <strong>als</strong> lussorïosa 7 und versetzt sie zu-<br />

sammen mit Semiramis, Dido und Helena ins Inferno. Ihr Bild wird von Prunk, Ver-<br />

schwendung und Luxus geprägt. Boccaccio wendet in De claris mulieribus 8 seine<br />

ganze Imaginationskraft auf, um eine von Verschwendungssucht und sexueller<br />

Maßlosigkeit getriebene Frau zu zeichnen. Er charakterisiert die ägyptische Köni-<br />

gin <strong>als</strong> »zügellos bösartige Frau von hohem Selbstbewusstsein« (e[ff]renata mali-<br />

tiis mulier, de se plurimum fidens) 9 , welche die Männer sexuell hörig machte und<br />

<strong>als</strong> Marionetten ihrer politischen Absichten und Intrigen benützte. Breit schmückt<br />

Boccaccio eine von Plinius d. Ä. 10 überlieferte Anekdote aus. Kleopatra gewann<br />

eine Wette mit Antonius, <strong>als</strong> sie bei einem Bankett hunderttausend Sesterzen auf<br />

einmal verzehrte, indem sie eine Perle in Essig auflöste und trank. In der späteren<br />

Bildtradition wird dieses Perlenmotiv oft aufgegriffen. Moralisierend zeichnet Boc-<br />

caccio das Bild einer machtbewussten und schönen, intriganten und raffinierten<br />

4<br />

Aeneis VIII, 675-713<br />

5<br />

Besonders Pharsalia X, 53-69.<br />

6<br />

So Vergil, Aen. VIII, 696-700: »Regina in mediis patrio vocat agmina sistro / necdum etiam geminos a tergo<br />

respicit anguis. / Omnigenumque deum monstra et latrator Anubis / contra Neptunum et Venerem contraque<br />

Minervam / tela tenent. Saevit medio in certamine Mavors.« (›Inmitten der Schlacht ruft die Königin ihre Scharen<br />

mit dem väterlichen Sistrum, sieht noch nicht die beiden Schlangen im Rücken. Monstren von Göttern<br />

jeglicher Art und der Räuber Anubis führen die Waffen gegen Neptun, Venus und Minerva. Mitten im Kampf<br />

rast Mars.‹) – Lukan, Pharsalia X, 66-67: »Leucadioque fuit dubius sub gurgite casus, / an mundum ne nostra<br />

quidem matrona teneret.« (›Es war auf dem leukadischem Meer der Ausgang unsicher, ob eine Frau und gar<br />

eine fremde die Welt regieren sollte.‹)<br />

7<br />

Inf. V, 63 (»poi è Cleopatràs lussuriosa«); außerdem Par. VI, 75-78 (»Piangene ancor la trista Cleopatra, /<br />

che, fuggendoli innanzi, dal colubro / la morte prese subitana e atra«).<br />

8<br />

LXXXVIII: De Cleopatra regina Egyptiorum<br />

9<br />

LXXXVIII, 7<br />

10<br />

Naturalis historia, IX, 119-121: »[…] Haec, cum exquisitis cotidie Antonius saginaretur epulis, superbo simul<br />

ac procaci fastu, ut regina meretrix lautitiam eius omnem apparatumque obtrectans, quaerente eo, quid adstrui<br />

magnificentiae posset, respondit una se cena centiens HS absumpturam.[…] Ex praecepto ministri unum tantum<br />

vas ante eam posuere aceti, cuius asperitas visque in tabem margatitas resolvit. Gerebat auribus cum<br />

maxime singulare illud et vere unicum naturae opus. Itaque expectante Antonio, quidnam esset actura, detractum<br />

alterum mersit ac liquefactum obsorbuit. Iniecit alteri manum L. Plancus, iudex sponsionis eius, eum quoque<br />

parante simili modo absumere, victumque Antonium pronuntiavit omine rato.« (›Als sich Antonius täglich<br />

mit erlesenen Mahlzeiten mästete, antwortete [Kleopatra] auf seine Frage, ob man noch größeren Luxus bieten<br />

könne, mit anmaßender und zugleich frecher Verachtung, <strong>als</strong> ob die hurende Königin seine Bewirtung und<br />

den ganzen Aufwand herabsetzen wollte, sie werde bei einem einzigen Gastmahl hunderttausend Sesterzen<br />

verzehren. […] Auf ihren Befehl besorgten die Bediensteten ein Gefäß mit Essig, in dessen Schärfe sich Perlen<br />

auflösen ließen. Kleopatra trug <strong>als</strong> Ohrschmuck dieses einzigartige und unvergleichliche Produkt der Natur<br />

[bereits von Plinius erwähnte Perlen unvergleichlicher Größe]. Als Antonius wartete, was sie denn nun tun<br />

würde, nahm sie eine Perle aus dem Ohrgehänge, tauchte sie in den Essig und trank sie aufgelöst. Als sie<br />

auch die zweite Perle auf gleiche Weise vernichten wollte, verkündete L. Plancus, der Schiedsrichter der Wette,<br />

dass Antonius unter den vereinbarten Bedingungen die Wette verloren habe.‹)<br />

140


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

femme fatale und eröffnet damit eine Sichtweise, die bis in die Darstellung Kleopat-<br />

ras <strong>als</strong> dekadenter Herrscherin in der Historienmalerei des Fin de siècle nach-<br />

wirkt. 11 Versagten römische Schriftsteller wie Horaz ihrem mutigen Selbstmord<br />

nicht die Achtung 12 , erzählt Boccaccio neben dem Selbstmord eine zweite, weniger<br />

schmeichelhafte Todesversion, nach der Antonius die Regentin gezwungen hätte,<br />

das Gift zu trinken,das sie ihm bestimmt hatte. Beschimpfte bereits Properz Kleo-<br />

patra <strong>als</strong> ›hurende Königin‹ 13 , verdichtete nun der Humanist ihr Bild zu dem einer<br />

»männermordenden Sirene«. 14<br />

Historiengemälde griffen verschiedene und gegensätzliche Aspekte auf. Vor<br />

allem im 19. Jahrhundert wurde Kleopatra <strong>als</strong> laszive und dekadente Herrscherin 15<br />

dargestellt, ein Motiv, für das sich zahlreiche antike und mittelalterliche Quellen<br />

anführen ließen. Ganz im Gegensatz dazu stand in der Frühen Neuzeit die Tu-<br />

gendheldin im Vordergrund, die ihren Tod selbst wählt. 16 Daneben erscheint Kleo-<br />

patra <strong>als</strong> Königin und <strong>als</strong> große Liebende. Beide Motive gehen offensichtlich auf<br />

das frühneuzeitliche Historiendrama zurück, ohne dessen Vermittlung wie bei So-<br />

phonisbe und Dido die Ikonographie des Historiengemäldes nicht zu erklären wäre.<br />

In der Tat war die Figur der Kleopatra – hierin Dido vergleichbar – ein ausgespro-<br />

chener Bühnenerfolg. Bis 1900 sind weit über hundert Bearbeitungen 17 zu ver-<br />

zeichnen, zunächst Historiendramen, dann aber auch viele Opern und Ballette bis<br />

11 Zu Makarts Kleopatra vgl. S. 13ff.<br />

12 Horaz (c. 37, 21) betont ihren männlichen Mut, der sie auch in dieser verzweifelten Situation nicht fliehen<br />

lässt: »Quae generosius/ perire quaerens nec muliebriter / Expavit ensem nec latentis / Classe cita reparavit<br />

oras. « (›<strong>Die</strong>se will auf edlere Weise sterben und schreckt nicht nach Frauenart vor dem Schwert zurück noch<br />

verbirgt sie sich mit einer schnellen Flotte in einer entlegenen Bucht.‹)<br />

13 »meretrix regina« (Elegien III, 11, 39)<br />

14 So Clauss, a.a.O., S. 107f., der im Übrigen zeigt, dass bereits die römischen Schriftsteller (Horaz, Vergil,<br />

Cassius Dio, Aurelius Victor) den Bürgerkrieg immer mehr personalisiert, Kleopatra zur wichtigsten Gegenspielerin<br />

des Oktavian gemacht und Antonius zum Opfer stilisiert hatten: »Indem die Autoren Kleopatra <strong>als</strong> männermordende<br />

Sirene zeichneten, entwarfen sie ein Traumbild männlicher Obsessionen. Da für den Krieg gegen<br />

die ägyptische Königin auch ein Grund notwendig war, wuchsen mit dem Abstand von den Ereignissen in<br />

der römischen Geschichtsschreibung die Ambitionen Kleopatras immer gewaltiger. Der Krieg gegen sie geriet<br />

schließlich zum Kampf um Freiheit und Ehre, aber auch zum Kampf für Moral und Unzucht. Was zunächst <strong>als</strong><br />

Konflikt zweier politischer Parteiungen begonnen hatte, endete in der Dichtung und Historiographie <strong>als</strong> Rettung<br />

vor dem barbarischen Osten und vor der monarchischen Staatsform hellenistischer Prägung.«<br />

15 Vgl. Lindinger, Michaela: »Der verzauberte Blick – Imaginationen des ›Orientalischen‹ in Europa«, in: Mayr-<br />

Oehring, Erika / Doppler, Elke (Hrsg.): AK Orientalische Reise, Malerei und Exotik im späten 19. Jahrhundert,<br />

Wien 2003, S. 10-17.<br />

16 Immerhin konnte sich diese Interpretation auf Tertullian berufen, der den Selbstmord Kleopatras dadurch<br />

motiviert, dass sie nicht in die Hände der Feinde fallen wollte (»serpentes tauro vel urso horridiores, quas<br />

Cleopatra immisit sibi, ne in manus inimici perveniret« [mart. 4,6]).<br />

17 Dazu Brambach, Joachim: Kleopatra und ihre Zeit, Legende und Wirklichkeit, München 1991, S. 7: »Zwischen<br />

1540 und 1905 sind allein 127 Bühnenstücke, nämlich 77 Dramen, 45 Opern und 5 Ballette über den<br />

Kleopatra-Stoff erschienen, unter ihnen Shakespeares ›Antonius und Kleopatra‹ sowie G. B. Shaws ›Caesar<br />

und Kleopatra‹.« Außerdem Hughes-Hallett, Lucy: Cleopatra, Histories, Dreams and Distortions, London 1990.<br />

141


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

hin zur heute noch vielfach aufgeführten scène lyrique von Hector Berlioz 18 oder<br />

den Opern von Victor Massé 19 und Jules-Émile-Frédéric Massenet. 20<br />

Es ist kein Zufall, dass die lange Reihe dramatischer Bearbeitungen mit zwei<br />

klassizistischen Historiendramen 21 beginnt, die politischen Konflikt und Liebestra-<br />

gödie miteinander verknüpfen und deren Handlung nach der militärischen Nieder-<br />

lage bei Actium einsetzt. <strong>Die</strong> Cleopatra (1552) von Cesare de’ Cesari 22 und die<br />

Cléopâtre captive (1552) von Étienne Jodelle 23 kontrastieren den Todesentschluss<br />

Kleopatras mit dem Triumph ihres politischen Gegners Octavian. Auch Giambattis-<br />

ta Cinzio (Cleopatra [1555]), Giulio Landi (La Vita di Cleopatra [1551]), Celso Pisto-<br />

relli (Marc’Antonio e Cleopatra [1576]) und Nicolas de Montreux (Cléopâtre<br />

[1594]) 24 thematisieren in ihren Theaterstücken den Konflikt der beiden Gegenspie-<br />

ler. Robert Garnier setzte in seinem Marc-Antoine (1578) die Akzente anders und<br />

betont die Skrupel und mütterlichen Gewissensbisse der Königin, die sich zum<br />

Selbstmord entschließt und damit ihre Kinder schutzlos den Römern ausliefert.<br />

Vertreter einer kritischen Haltung, die moralisierend das Verhalten der Köni-<br />

gin auf die Bühne bringen und an die antiken Vorgaben anknüpfen, sind so ver-<br />

schiedene Autoren wie Hans Sachs (<strong>Die</strong> Königin Cleopatra mit Antonio dem Rö-<br />

mer [1560]) und Daniel Casper von Lohenstein (Cleopatra [1661]).<br />

Eine andere dramatische Traditionslinie setzt mit Shakespeares Tragödie<br />

Antony and Cleopatra (1607) ein, die, vielen Dido-Dramen vergleichbar 25 , Kleopat-<br />

ra <strong>als</strong> große Liebende in Szene setzt und den politischen Konflikt in den Hinter-<br />

grund treten lässt. Shakespeare beeinflusste damit für Jahrhunderte massgeblich<br />

das Bild Kleopatras auf der Bühne. <strong>Die</strong> von Plutarch 26 übernommene negative Ein-<br />

18 La mort de Cléopâtre, Scène lyrique pour soprano et orchestre (1829); der Text des Libretto findet sich am<br />

einfachsten unter: http://www.hberlioz.com/BerliozLibretti/Rome.htm.<br />

19 Une nuit de Cléopâtre (1885)<br />

20 Cléopâtre (1914)<br />

21 Ein Blick in die Bibliotèque des théâtres von Maupoint (1733), einem immer noch nützlichen Repertorium der<br />

französischen Bühne des 16. und 17. Jahrhunderts, zeigt den Erfolg der ›starken Frauen‹ in Frankreich. Am<br />

bequemsten ist Maupoint zugänglich unter http://www.cesar.org.uk/cesar2/books/maupoint/index.php (letzter<br />

Zugriff 10.12.2006).<br />

22 De’Cesari, Cesare: Cleopatra, Tragedia di M. Cesare de’Cesari, Venezia (Giovanni Griffio) 1552 (Mikrofilm<br />

952,2 der Biblioteca Casanatense, Rom)<br />

23 Étienne Jodelle, Cléopâtre captive (1553), erste Drucke 1574 und 1583, kritische Edition von Charles Marty-<br />

Lavaux 1868, bequem zugänglich unter http://hypo.ge.ch/athena/jodelle/jod_cleo.html (zuletzt aufgerufen am<br />

13.06.2008).<br />

24 Erstdruck 1601; ktitische Edition von Donald Stone jr, Genève1976.<br />

25 Shakespeare markiert den intertextuellen Zusammenhang deutlich, weist doch Antonius darauf hin, dass<br />

Kleopatra und Antonius dem Liebespaar Dido und Äneas Konkurrenz machen. (»Stay for me. / Where souls do<br />

couch on flowers, we’ll hand in hand, / And with our sprightly port make the ghosts gaze. / Dido and her Aeneas<br />

shall want troops, / And all the haunt be ours. « [IV,14,50])<br />

26 Vgl. Pelling, Christopher: »Anything truth can do, we can do better: the Cleopatra legend«, in: Walker, Susan<br />

/ Higgs, Peter (Hrsg.): AK Cleopatra of Egypt, From History to Myth, London 2001, S. 292-301; Bonnefoy,<br />

142


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

schätzung von Kleopatras politischer Rolle wird im Stück nur von untergeordnetem<br />

Personal 27 wiedergegeben; Kleopatra und Antonius aber zu einem der großen Lie-<br />

bespaare der Geschichte gestaltet. Angesichts der Leiche des Antonius verzichtet<br />

die Königin auf diplomatisch-politische Zurückhaltung und lässt ihren Emotionen<br />

freien Lauf. 28 In der englischen Tradition griffen vor allem Thomas May (The Tra-<br />

gedy of Cleopatra, Queen of Egypt [1626]) und John Dryden All for Love [1678])<br />

das Bild Kleopatras <strong>als</strong> großer opferbereiter Liebender auf.<br />

Noch Vittorio Alfieri begann seine Karriere <strong>als</strong> tragischer Dichter mit einer<br />

Tragödie Antonio e Cleopatra (1775) und knüpfte damit an die politisch-moralische<br />

Aufnahme des Stoffs auf der Bühne der französischen Klassik an, deren Autoren<br />

aus dem politischen Gegensatz der Akteure einen Konflikt moralischer Normen<br />

entwickelt hatten. Jean Mairet 29 (Le Marc-Antoine ou la Cléopâtre 1630) stellte mit<br />

Octavie, der ersten Frau des Marc-Antoine und Schwester Caesars, Cléopâtre ei-<br />

ne tugendhafte Gegenspielerin gegenüber. Ähnlich verfuhr Pierre Corneille (La<br />

Mort de Pompée 1643), bei dem Cornélie, die Frau des Pompée diese Rolle über-<br />

nahm.<br />

Auch in den zahlreichen Opernfassungen 30 wurde der politische Konflikt<br />

mehr und mehr zugunsten der prominenten Liebesgeschichte zurückgedrängt.<br />

Drama und Oper des 18. Jahrhunderts fügen dem Bild Kleopatras <strong>als</strong> großer Lie-<br />

bender, aber auch <strong>als</strong> orientalischer femme fatale nichts grundsätzlich Neues mehr<br />

hinzu. Als typisch kann das Bild Kleopatras in Händels Oper Giulio Cesare in Egit-<br />

to 31 gelten, deren Handlung in der Zeit nach der Schlacht bei Pharsalos (48 v.<br />

Chr.) spielt. Im Vordergrund der Handlung steht die bühnentechnisch effektvoll ge-<br />

Yves: »La noblesse de Cléopâtre «, in: AK Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental, (Ritschard, Claude /<br />

Morehead, Allison [Hrsg.]), Genéve 2004, 147-164.<br />

27 So z. B. III,5; III,7 oder IV,10.<br />

28 IV, 13, 67-69: [...] the odds is gone, / And there is nothing left remarkable / Beneath the visiting moon.« (›Das<br />

Ausserordentliche ist dahin; Und es ist nichts Bemerkenswertes unter dem Mond mehr übrig.‹)<br />

29 Jean Mairet: Théâtre complet, La Sophonisbe - Le Marc-Antoine ou la Cléopâtre - Le Grand et Dernier Solyman<br />

ou la mort de Mustapha, Bd. I, hrsg. von Bénédicte Louvat / Alain Riffaud/ Marc Vuillermoz, Paris, 2004.<br />

<strong>Die</strong> Ausgabe von 1637 ist im Netz konsultierbar: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k576548 (zuletzt aufgerufen:<br />

14.06.2008).<br />

30 Vgl. Stieger, Franz: Opernlexikon, Titelkatalog, Tutzing 1975, Band 1, S. 252 und Band 2, S. 677-678. Zu<br />

finden sind u. a. Opern von Antonio Canazzi (1653), Christoph Anschütz (1686), Johann Mattheson (1704),<br />

Karl Heinrich Graun (1742), Pasquale Anfossi (1779) und Domenico Cimarosa (1789). Besonders im 19. Jahrhundert<br />

erfreute sich das Thema in ganz Europa großer Beliebtheit, so u. a. Joseph Weigl (1807), Ferdinando<br />

Paer (1809), Lahoz y Otal (1852), Richard Genée (1875), Lauro Rossi (1876), Vittorio Sacchi (1877), Ferdinando<br />

Bonamici (1879), Wilhelm Freudenberg (1882), Felipe Pedrell (1885), Giuseppe Bensa (1889), Hervé<br />

(eigentlich Florimond Ronger) (1889), Melasio Morales (1891), <strong>August</strong> Enna (1894), Alphonse Duvernoy<br />

(1894); vgl. auch den einführenden Artikel von Perroux, Alain: »Cléopâtre à l’opera, splendeur et misère d’une<br />

reine d’Égypte«, in: AK Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental, Ritschard, Claude / Morehead, Allison<br />

(Hrsg.), Genéve 2004, 171-178.<br />

31 <strong>Die</strong> Oper, deren Libretto von Nicola Haym stammt, wurde 1724 in London uraufgeführt.<br />

143


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

staltete Liebesbeziehung zwischen Cleopatra und Giulio Cesare, der eben Pom-<br />

peo geschlagen hat. <strong>Die</strong> politische Handlung tritt aber durchaus in den Hinter-<br />

grund, obwohl Cleopatra die Unterstützung Cesares gegen ihren Bruder Tolomeo<br />

sucht, der sich die Krone Ägyptens angeeignet hat. Als Cesare in einer See-<br />

schlacht mit dem ägyptischen Heer umgekommen zu sein scheint, will sich Cleo-<br />

patra durch Selbstmord der Unterwerfung unter ihren Bruder entziehen, wird aber<br />

nach der Rettung des römischen Geliebten und nach der Ermordung des Tolomeo<br />

(<strong>als</strong> Rache für die Hinrichtung des Pompeo) zur Königin Ägyptens gekrönt. Im<br />

Kontrast zur sittenstrengen Cornelia, der Witwe des Pompeo, wird in Händels Oper<br />

Cleopatra <strong>als</strong> erfolgreiche und bestrickende femme fatale gestaltet.<br />

In der Spätphase der Rezeption tritt die Darstellung der lasziven und dekadenten<br />

Herrscherin in den Vordergrund, für die wohl Makart die abschließende Fassung<br />

gefunden hat. 32 In diesen Zusammenhang gehört der epochale Erfolg von Théo-<br />

phile Gautiers Novelle Une nuit de Cléopâtre (1845), die von zwei Opernlibretti<br />

aufgegriffen wurde. 33 Offensichtlich entsprach die Liebesnacht, die die Königin ei-<br />

nem Sklaven um den Preis seines Lebens schenkt, dem trivialisierten Bild der Pto-<br />

lemäerin, das in den zahlreichen Verfilmungen des 20. Jahrhunderts, teilweise bis<br />

ins Kitschige kommerzialisiert, weitergeführt wurde. 34<br />

Stand in der Frühen Neuzeit eindeutig Kleopatras Konflikt zwischen Liebe<br />

und Politik oder die Liebestragödie im Vordergrund, setzte sich im 17. Jahrhundert<br />

allmählich ein doppeldeutiges und gespaltenes Bild durch, wobei Kleopatra entwe-<br />

der zur <strong>Tugendheldin</strong> oder zur femme fatale vereindeutigt wurde. So taucht sie um<br />

1642 in Nicolas Prévosts (1604–1670) Serie der ›starken Frauen‹ neben Dido und<br />

Sophonisbe auf; andererseits reiht sie zur gleichen Zeit Stefano della Bella (1610-<br />

1664) neben der Königin von Saba und Poppaea unter die »Reines galantes«<br />

32 Vgl. oben, S. 13.<br />

33 Wilhelm Freudenberg verwendete 1882 ein Libretto von Ernst Pasqué, Victor Massé 1885 in seiner Oper<br />

Une Nuit de Cléopâtre ein Libretto von Jules Barbier (1885). Das Gautiers Novelle aufnehmende Ballett<br />

Cléopâtre, das der russische Impresario und Choreograph Sergei Diaghilew (1872-1929) den Komponisten<br />

Michail Michailowitsch Fokin (1880-1942) zusammenstellen ließ und 1909 in Paris aufführte, gilt <strong>als</strong> das erste<br />

der exotisch-erotischen Ballette, mit denen Diaghilews Truppe Ballets Russes Westeuropa in Ekstase versetzte<br />

(zu weiteren Einstudierungen und Wiederaufführungen dieses Balletts vgl. Harris, Dale: »Cléopâtre, Ballett<br />

en un acte« unter: »Michail Michailiowitsch Fokin«, in : Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, hrsg. von Carl<br />

Dahlhaus, München / Zürich 1987, Bd. 2, S. 231f.)<br />

34 Vgl. Hamer, Mary: »The myth of Cleopatra since the Renaissance«, in: Walker, Susan / Higgs, Peter (Hrsg.):<br />

AK Cleopatra of Egypt, London 2001, S. 302-311, besonders S. 309-310.<br />

144


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

ein. 35 <strong>Die</strong>ses ikonographische Echo spiegelt die Bandbreite, die Kleopatra <strong>als</strong><br />

Bühnenfigur in der Frühen Neuzeit gewonnen hatte: sie kann <strong>als</strong> Politikerin er-<br />

scheinen, die für die Verwirklichung ihrer Ziele bis zum eigenen Tod kämpft, aber<br />

auch <strong>als</strong> ›Circe‹, die viele römische Staatsmänner in den Tod reißt. Zweifellos ist<br />

sie unter den römischen <strong>Tugendheldin</strong>nen die Figur mit der größten Palette.<br />

Kleopatra: Ikonographie<br />

Mit ihren sukzessiven römischen Liebhabern bot die Figur der Kleopatra im Ver-<br />

gleich mit den anderen hier behandelten <strong>Tugendheldin</strong>nen den Künstlern die brei-<br />

teste und ambivalenteste Themenpalette. Allerdings wurden in der Graphik und der<br />

Historienmalerei schon früh einige Episoden bevorzugt: die Verführung Cäsars, die<br />

Begegnung mit Antonius in Tarsos, das Bankett mit der Perlenwette, der Bittgang<br />

zu Octavian und vor allem der Selbstmord der Königin.<br />

Dabei wurden höfisches Bankett und Selbstmordszene schon früh moralis-<br />

tisch miteinander verbunden. Neben vereinzelten frühen Miniaturen 36 wie der Mi-<br />

niatur von 1480 [Abb.1] zeigen bereits die ersten <strong>als</strong> Holzschnitte oder Kupferstiche<br />

verbreiteten Bildentwürfe eine eindeutige Konzentration auf Perlenwette und<br />

Selbstmord.<br />

Beide Szenen sind in der Zainerschen Ausgabe von Boccaccios De claris<br />

mulieribus, die seit 1473 maßgeblich die Ikonographie prägte, in einem Holzschnitt<br />

zusammengefasst. 37 [Abb. 2] Das linke Bildfeld des Holzschnitts zeigt, wie Kleopat-<br />

ra eine Trinkschale mit der aufgelösten Perle an die Lippen setzt und die Wette<br />

gewinnt, während der mit<br />

am Tisch sitzende Antonius<br />

erstaunt und kritisch zusieht.<br />

Das rechte Bildfeld zeigt mit<br />

dem bereits erstochen am<br />

Boden liegenden Antonius<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

und den beiden an Kleopatras Armen emporkriechenden Vipern die Bestrafung<br />

solch anmaßenden Übermuts. <strong>Die</strong> Verbindung beider Szenen im Holzschnitt the-<br />

matisiert Aufstieg und Fall der Herrscherin, setzt ihre moralisierende Deutung vor-<br />

35 Vgl. Richard-Jamet, Céline: »Cléopâtre: femme forte ou femme fatale, une place équivoque dans les galeries<br />

de femmes fortes aux XVIe et XVIIe siècles«, in: Ritschard, Claude / Morehead, Allison (Hrsg.): AK Cléopâtre<br />

dans le miroir del’art occidental, a.a.O., S. 37-52.<br />

36 Vgl. Katalog 407 (um 1405) und (hier) 408 (um 1480).<br />

37 Vgl. Katalog 409.<br />

145


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

aus und betont die ›Fallhöhe‹, um einen Begriff der aufklärerischen Dramentheorie<br />

aufzugreifen. Nicht zufällig wurde die Verbindung von Bankett und Selbstmord, wie<br />

sie die frühneuzeitliche Graphik hergestellt hatte, in Pendants und Zyklen 38 der<br />

Historienmalerei aufgegriffen.<br />

<strong>Die</strong> Graphik des 16. Jahrhunderts hat für den Tod der Kleopatra zwei deutlich von-<br />

einander zu trennende Darstellungsmuster entwickelt, die beide in der Ikonogra-<br />

phie der Historienmalerei aufgegriffen wurden und sich mit verschiedenen Pathos-<br />

formeln verbinden. Ein Muster zeigt die stehende oder sitzende Kleopatra und hebt<br />

pathetisch auf die Verzweiflung der Königin ab; die Schlangen <strong>als</strong> Verursacher ih-<br />

res Todes übernehmen dabei eine ›aktive‹ Rolle. <strong>Die</strong> andere Pathosformel zeigt<br />

die ausgestreckte und liegende Königin im Sterben meist mit geschlossenen Au-<br />

gen, wobei die Schlangen eine eher dekorative Funktion erhalten. An dieses Dar-<br />

stellungsmuster ließ sich die neustoische Interpretation Kleopatras <strong>als</strong> Tugendhel-<br />

din am besten anschließen.<br />

<strong>Die</strong> Pathosformel der Verzweiflung wird zum Beispiel von Hans Sebald Be-<br />

hams (1500-1550) Kleopatra 39 [Abb. 3] aufgegriffen. <strong>Die</strong> Königin sitzt im Gefängnis;<br />

ein vergittertes Fenster und Ketten betonen ihre elende Situation. Mit manieristisch<br />

verdrehter Körperhal-<br />

tung und himmelndem<br />

Blick drückt sie ihr<br />

Unglück aus. <strong>Die</strong><br />

Schlange am linken<br />

Unterarm offenbart,<br />

dass die Königin sich<br />

bereits zum Selbst-<br />

Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5<br />

mord entschlossen hat. Mit ähnlichen künstlerischen Mitteln heben auch Bartel<br />

Beham, Jan Muller und Valesio 40 auf den Affekt der Verzweiflung ab. In dieser Bild-<br />

tradition wird Kleopatra nicht <strong>als</strong> souveräne Herrscherin und bezaubernde Frau,<br />

38 Darauf gehe ich weiter unten (S. 162) ausführlich ein. Jacob Jordaens (Katalog 184 und 185), Charles-<br />

Joseph Natoire (Katalog 254 und 255) und Gerard de Lairesse (Katalog 201 und 202) beispielsweise haben<br />

Pendants gemalt, die sowohl Glück <strong>als</strong> auch Unglück der ägyptischen Königin veranschaulichen. Viele dieser<br />

Pendants oder Zyklen fanden zudem <strong>als</strong> Vorlagen für Tapisserien Verwendung. Von den hier behandelten<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen nahm besonders Kleopatra einen herausragenden Platz in Gobelin- und Wandteppichserien<br />

ein.<br />

39 Vgl. Katalog 29.<br />

40 Vgl. Katalog z. B. Bartel Beham (Katalog 28), Monogrammist I. F. (Katalog 248), Hans Sebald Beham (Katalog<br />

31 und 29), Jan Muller (Katalog 250 und 251) und Valesio (Katalog 416).<br />

146


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

sondern <strong>als</strong> Gefangene gezeigt, deren hartes Schicksal zu Herzen gehen soll. Eine<br />

Traditionslinie der Historienmalerei hat dieses Muster aufgegriffen und eine eigene<br />

Pathosformel für den verzweifelten Entschluss zum Selbstmord entwickelt, die<br />

meist mit einem Näherrücken der nun halbfigurig dargestellten Heldin verbunden<br />

war. <strong>Die</strong>se Tradition haben besonders Reni (1575-1642) [Abb. 4] und Guercino<br />

(1591-1666) [Abb. 5] mit zahlreichen Beispielen geprägt. 41<br />

<strong>Die</strong> andere, ebenfalls von der Graphik vorgebildete Tradition zeigt Kleopatra<br />

liegend und greift ohne Zweifel auf ein antikes Vorbild zurück. 42 Eine zu Beginn<br />

des 16. Jahrhunderts in Rom gefundene Ariadne-Statue [Abb. 6] galt <strong>als</strong> Darstel-<br />

lung Kleopatras, weil ein Armreif am linken Oberarm<br />

<strong>als</strong> Schlange gedeutetet wurde. Papst Julius II. erwarb<br />

die Skulptur von der Familie Maffei und verwandte sie<br />

in einer repräsentativen Brunnenanlage des Cortile del<br />

Belvedere. 43 [Abb. 7] <strong>Die</strong> Aufstellung der vermeintli-<br />

chen Kleopatra in einem öffentlich zugänglichen Raum<br />

Abb. 6<br />

des Vatikan begeisterte viele Künstler: Baldassare Castiglione (1478-1529) widme-<br />

te ihr ein neulateinisches Gedicht. Raphael studierte und skizzierte sie, um die Sta-<br />

tue <strong>als</strong> Modell der Muse im Parnass der Stanza della Segnatura 44 zu verwenden.<br />

Das Motiv des ›Lagerns mit übergeschlagenem Bein‹ 45 wurde so zur zweiten Pa-<br />

thosformel der sterbenden Kleopatra.<br />

<strong>Die</strong> Graphiker des 16. Jahrhunderts experimentierten in zahlreichen Varian-<br />

ten mit diesem Grundmuster. 46 Alle Versionen greifen auf die in der Antike gepräg-<br />

te Gleichsetzung des Todes mit dem Schlaf zurück. Im Gegensatz zum ersten<br />

Grundmuster (der verzweifelten Königin in stehender oder sitzender Haltung) in-<br />

szeniert die zweite Pathosformel der Graphik die Königin völlig affektfrei<br />

41<br />

Vgl. Katalog 323 (Reni) und Katalog 165 (Guercino).<br />

42<br />

Vgl. Guillaume, Jean: »Cleopatra nova Pandora« in: Gazette des Beaux-Arts 114 (80), 1972, S. 185-194.<br />

43<br />

Katalog 8. Vgl. Brummer, Hans Henrik: The Statue Court in the Vatican Belvedere, Stockholm 1970 (grundlegend).<br />

Zum Statuenhof im Vatikan fand in jüngerer Zeit ein Kongress statt: Winner, M. / Andreae, B. / Pietrangeli,<br />

C. (Hrsg.): Il Cortile delle Statue, Der Statuenhof des Belvedere im Vatikan (Akten des internationalen<br />

Kongresses zu Ehren von Richard Krautheimer [Rom 1992]), Mainz 1998. <strong>Die</strong> 1538/39 angefertigte Zeichnung<br />

im Skizzenbuch des Francisco da Hollanda (Madrid, Escorial, Cod. 28-I-20, fol. 8 v ) zeigt die Brunnenanlage, in<br />

deren Zentrum die antike Statue einmontiert war.<br />

44<br />

Zuletzt Höper, Corinna (Hrsg.): AK Raffael und die Folgen, Stuttgart 2001, S. 199; dort auch die ältere Literatur<br />

zum Themenbereich.<br />

45<br />

So Corinna Höper, a.a.O., S. 199.<br />

46<br />

So Marcantonio Raimondi (Katalog 299), der Meister von 1515 (Katalog 241), <strong>August</strong>in Hirschvogel (Katalog<br />

179), der Meister HTA (Katalog 239).<br />

147


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

und konnotiert ihr Sterben neustoisch.<br />

Exkurs: <strong>Die</strong> vermeintliche Kleopatrastatue im Cortile<br />

del Belvedere<br />

Eine heute meist <strong>als</strong> Ariadne gedeutete antike Statue,<br />

die unmittelbar nach ihrem Fund 47 <strong>als</strong> Kleopatra<br />

interpretiert wurde, kam 1512 unter dem Pontifikat<br />

von Julius II. (1503-1513) aus der Sammlung<br />

der Maffei in den vatikanischen Cortile del Belvedere<br />

und wurde dort <strong>als</strong> Kleopatra zur zentralen<br />

Figur eines Brunnens.<br />

Sowohl ihr hoher Preis <strong>als</strong> auch ihre Aufstellung<br />

sind bezeugt: Giovanni Francesco Pico della<br />

Mirandola 48 , der sich in Erbschaftsangelegenheiten<br />

in Rom aufhielt, berichtet nämlich im <strong>August</strong><br />

1512 49 : »[…] et quodam in angulo spectrum - demorsae<br />

ab aspide Cleopatrae, cuius quasi de<br />

Abb. 7<br />

mammis destillat fons uetustorum instar aqueductuum excipiturque antiquo, in<br />

quo[d] relata sunt Traiani Principis facinora quaepiam, marmoreo sepulchro.« 50<br />

Weitere Belege finden sich 1513 und 1527. 51 Durch eine Skizze des Amico Aspertini<br />

(ca. 1474-1552) wissen wir, dass die rechte Hand der Statue fehlte [Abb. 8] und<br />

47 Das genaue Ausgrabungsdatum ist unbekannt; es handelt sich um eine aus der Zeit des Hadrian oder des<br />

Antoninus Pius stammende römische Kopie eines griechischen Origin<strong>als</strong>. – Erst Winckelmann brach endgültig<br />

mit der Deutung <strong>als</strong> Kleopatra. Er interpretierte die vermeintlichen Todesschlangen <strong>als</strong> Schlangenarmbänder,<br />

die er <strong>als</strong> gebräuchliche Schmuckform der Antike nachweisen konnte. Der erhobene rechte Arm und die entspannte<br />

Mimik der Dargestellten ließen ihn zu dem Schluss kommen, es handle sich um eine schlafende<br />

Nymphe oder Venus. Er griff damit auf eine frühe Deutung des Giovanni Battista de Cavalieri (Antiquarum<br />

Statuarum Urbis Romae, liber I-III, ed. Madrucci, Rom vor 1584) zurück. Der die Kleopatra-Statue abbildende<br />

Stich in Cavalieris Werk (pl. 6) ist mit folgender Unterschrift versehen: »Nymphae cuiusdam dormientis simulacrum<br />

e marmore mira arte factum in viridario / Vaticano Romae; quidam propter adiectum serpentem Cleopatrae<br />

imaginem putant«. (Abb. bei Brummer, a.a.O., S. 255). Vgl. Kunze, Max: »Winckelmanns Beschreibungen<br />

im Lichte des Florentiner Nachlaßheftes«, in: Il Cortile delle Statue, Der Statuenhof des Belvedere im<br />

Vatikan, a.a.O., S. 431-441, besonders S. 435.<br />

48 Zum Neffen des berühmten Philosophen, der zur Unterscheidung <strong>als</strong> Gianfrancesco Pico della Mirandola II<br />

bezeichnet wird, vgl. Schmitt, Charles B.: Gianfrancesco Pico della Mirandola (1469-1533) and his critique of<br />

Aristotle, The Hague 1967, S. 24-26.<br />

49 ›Und in einer Ecke [sieht man] das Bild der von einer Schlange gebissenen Kleopatra, aus deren Brüsten<br />

gleichsam eine Quelle nach Art der alten Wasserleitungen fließt und in einem marmornen Sarkophag aufgefangen<br />

wird, auf dem die Taten des Kaisers Trajan dargestellt sind.‹ – Gianfrancesco schreibt im <strong>August</strong> 1512<br />

an Lilius Gregorius Giraldi (seinem De Venere et Cupidine expellendis carmen [Rom 1513] vorangestellt).<br />

50 Auch Ernst H. Gombrich (Das symbolische Bild, Zur Kunst der Renaissance II, Stuttgart 1986, S. 129) zitiert<br />

den Brief: »Lilius, kennst du Venus und Amor, die Götter des nichtigen Altertums? Julius II., Pontifex Maximus,<br />

holte sie sich aus römischen Ruinen, wo sie vor kurzem entdeckt wurden, und stellte sie in seinem dunkel<br />

gepflasterten, herrlich duftenden Zitronenhain auf, in dessen Mitte die Koloss<strong>als</strong>tatue des Blauen Tiber steht.<br />

Aber überall stehen antike Statuen, jede auf ihrem eigenen kleinen Altar. Auf der einen Seite ist der troische<br />

Laokoon dargestellt, wie Vergil ihn schilderte; auf der anderen sieht man die Gestalt Apollos mit seinem Köcher,<br />

wie Homer ihn beschreibt. Und in einer Ecke sieht man auch eine Figur der Kleopatra, nachdem sie von<br />

der Natter gebissen worden war, aus deren Brüsten, sozusagen, das Wasser gleichsam wie aus alten Aquädukten<br />

fließt und in einen Marmorsarkophag fällt, auf dem die Taten des Kaisers Trajan erzählt werden.«<br />

Gombrich geht auf die Entwicklung des Belvederegartens ein, der von Bramante für Julius II. eingerichtet wurde,<br />

und behandelt den Einfluss der Hypnerotomachia auf die Gartengestaltung, die eine antike Atmosphäre<br />

herstellen wollte.<br />

51 Brummer (a.a.O., Appendix I, S. 265) zitiert eine handschriftliche Notiz zu den Antiquaria Urbis bzw. Antiquitates<br />

Urbis des Fulvius aus dem Jahre 1513 (»Stat Cleopatra super cubito subnixa grauato: / Serpentis spira /<br />

quo concidit ipsa reuincto.« [›Kleopatra stützt sich auf den von der Schlange bedrängten Arm, durch deren<br />

Umwindung sie stirbt.‹] und eine weitere aus dem Jahre 1527 (»Cleopatra fonti apposita exangui simillima«<br />

›Kleopatra, zu einem Brunnen gehörig, einer Toten sehr ähnlich‹).<br />

148


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

ergänzt wurde. 52 Noch 1536 erwähnt Johannes Fischard unter dem Pontifikat Pauls<br />

III. die Aufstellung der Kleopatra-Statue über einem Brunnen: »[…] in altero inferiori<br />

angulo eiusdem lateris est Cleopatrae cubantis ad rupem effigies, sub qua similiter<br />

in suppositum alveum fonticulus scatet, alveolus ille delphinis cum latis pinnis veluti,<br />

auribus, sustinetur.« 53 <strong>Die</strong>se Hinweise werden von der Skizze Francisco da<br />

Hollandas [Abb. 7] bestätigt, die 1538/39 entstanden<br />

sein muss. Allerdings gibt Hollanda (1517-1585)<br />

nicht das Relief des <strong>als</strong> Brunnenwanne verwendeten<br />

Sarkophags wieder, sondern hat sich in seinem<br />

Skizzenbuch an dieser Stelle seiner Zeichnung in<br />

einer Kartusche notiert, dass die Kleopatra-Statue in<br />

den Gärten des Vatikan auf diese Weise aufgestellt<br />

war. 54 Da Hollanda jedoch die Eckfiguren und Tropaia<br />

des Sarkophags wiedergegeben hat, können<br />

zuverlässige Rückschlüsse auf den verwendeten<br />

Sarkophag gezogen werden. 55<br />

Unter Julius III. (1550-1555) wurde die Statue<br />

aus dem Cortile entfernt und in einem Stanza della<br />

Cleopatra genannten Saal über einem Kamin pla-<br />

Abb. 8<br />

ziert, der mit zwei stützenden Termini und einer geflügelten Maske dekoriert war.<br />

Unter der Statue war ein Kamin <strong>als</strong> Grotte ausgestaltet, die von einer großen Muschel<br />

begrenzt wurde. <strong>Die</strong> neue Anordnung nahm in der Dekoration sehr deutlich<br />

die sich inzwischen durchsetzende Deutung der Figur <strong>als</strong> Nymphe auf. 56 Unter Paul<br />

V. (1605-1621) wurde die Interpretation <strong>als</strong> Nymphe noch deutlicher hervorgehoben,<br />

da aus der Kaminkonstruktion wieder ein Brunnen wurde. Heute sieht der Besucher<br />

des Vatikan die Statue unter einem von zwei Säulen getragenen Bogen auf<br />

einem Sarkophag stehend aufgestellt. 57<br />

52 Katalog 21. Weiteres zu Amico Aspertini und seinem taccuino bei Brummer, a.a.O., S. 161ff.<br />

53 ›In der anderen Ecke der gleichen Seite findet sich unten die Darstellung der an einem Felsen gelehnt liegenden<br />

Kleopatra, unter der ebenso [wie in der anderen Ecke] eine Quelle in eine darunter befindliche Wanne<br />

sprudelt, die Wanne wird von Delphinen mit großen, Ohren ähnelnden Flossen gestützt.‹ (vgl. Brummer,<br />

a.a.O., S. 267 aus: Italia: observationes antiquitatum et aliarum rerum magis memorabilium quae Romae videntur.<br />

Collectae per Joannem Fichardum J.C. in eadem mense VII bri et VIII bri Anno MDXXXVI)<br />

54 <strong>Die</strong> Notiz lautet: »ROMAE. SIC. SIMVLACRVM. REGINAE. CLEOPATRAE IN HORTIS. PONTIFICVM«. –<br />

Von Kartuschen gerahmte Notizen verwandte da Hollanda des öfteren in seinen Skizzenbüchern, die zu Hause<br />

<strong>als</strong> Erinnerungsstützen für weitere Arbeiten dienen sollten (s. Deswarte-Rosa, Sylvie: »Francisco de Holanda<br />

et le Cortile di Belvedere« , in: Winner, M. / Andreae, B. / Pietrangeli, C. [Hrsg.]: Il Cortile delle Statue, Der<br />

Statuenhof des Belvedere im Vatikan, a.a.O., S. 389-410). Bei Deswarte-Rosa sind der Apoll von Belvedere,<br />

Kleopatra, Venus, Laokoon, Merkur und Masken aus dem Cortile mit den markanten ›Erinnerungsinschriften‹<br />

des Skizzenbuches abgebildet.<br />

55 Vgl. Abb. 138 und 139 in der grundlegenden Untersuchung von Brummer. Es handelt sich um den heute<br />

›Feldherrensarkophag‹ genannten Sarkophag aus der Zeit 180-190 n.Chr. (Katalog 182)<br />

56 Ulisse Aldrovandi bestätigt in seinem Beitrag Delle statue antiche, che per tutta Roma […] si veggono, der in<br />

Mauros Le antichità delle Città di Roma (Venedig 1556) erschien, das Arrangement: »A man manca di Antinoo<br />

si vede la statua di Cleopatra, che giace col braccio destro sul capo, e pare tramortisca e venga meno. Gli è<br />

poi una pila antica, nella quale và l’acqua, che scorre dal fonticello, che sotto questa statua versa. Fu Cleopatra<br />

Regina dell’Egitto, si dimesticò volentieri con molti Principi Romani, e specialmente con Iulio Cesare, e con<br />

M. Antonio: finalmente essendo ella vinta in battaglia insieme col suo amante M. Antonio da Cesare <strong>August</strong>o,<br />

per non venire viva mano del nemico, si fe da uno aspe sordo mordere il petto sotto la mammella, e morì: & in<br />

questo atto fu questa sua effigie scolpita.« (›Zur Linken des Antinous sieht man die Statue der Kleopatra, die<br />

mit dem rechten Arm über dem Haupt liegend ohnmächtig und geschwächt zu sein scheint. Dort gibt es auch<br />

ein antikes Wasserbecken, in das das Wasser eines Brunnen fließt, der unterhalb der Statue Wasser spendet.<br />

Kleopatra war die Königin Ägyptens, die mit vielen führenden Römern sehr vertraut umging, besonders mit<br />

Julius Cäsar und Marcus Antonius: sie wurde schließlich zusammen mit ihrem Liebhaber Marcus Antonius in<br />

einer Schlacht von Cäsar <strong>August</strong>us besiegt. Um nicht lebend in die Hand des Feindes zu fallen, ließ sie sich<br />

von einer tauben Schlange unterhalb der Brustwarze beißen und starb. <strong>Die</strong>sen Moment stellt ihre Skulptur<br />

dar.‹) (Ich zitiere den italienischen Text nach Brummer, a.a.O., S. 268.) (In der Antike galten Schlangen <strong>als</strong><br />

taub; heute weiß man, dass Schlangen kein Gehör wie andere Wirbeltiere haben, sondern mit ihrem Innenohr<br />

niederfrequenten Schall wahrnehmen können.)<br />

57 Vgl. Abb. 134 in Brummer, a.a.O., S. 155.<br />

149


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Der Statue galt unmittelbar nach ihrer Aufstellung die ungeteilte Bewunderung der<br />

Besucher des Vatikan; Künstler skizzierten sie, Besucher hielten ihren Eindruck in<br />

ihren Aufzeichnungen fest, humanistische Dichter widmeten dem Kunstwerk Verse.<br />

Vor allem das in diesem Zusammenhang entstandene Gedicht Baldassare Castigliones<br />

führen Kunsthistoriker häufig <strong>als</strong> Beleg für die Deutung der Skulptur an, allerdings<br />

ohne die weiteren Informationen des Textes auszuwerten. 58<br />

<strong>Die</strong> erste Ekphrasis ist Evangelista Maddaleni Fausto di Capodiferro zu verdanken.<br />

Der Verfasser von sechs kleineren Gedichten auf die Kleopatra-Statue<br />

scheint bis 1508, dem Tod des Kardin<strong>als</strong> Giovanni Colonna, zu den Familiaren der<br />

Colonna, später zum Haus des Kardin<strong>als</strong> Giovanni de’ Medici gehört zu haben, der<br />

1513 <strong>als</strong> Leo X. zum Papst gewählt wurde.<br />

Evangelista Maddaleni Fausto di Capodiferro 59<br />

De Fonte Cleopatrae (1)<br />

Fessa soporifero fontis Cleopatra susurro<br />

Perspicui, dulcis frigidulique fruor.<br />

Adcedas tacitus, tacitusque 60 bibasque<br />

Et tacitus, cesset ne mihi somnus, abi.<br />

5 Quantum me, 61 , Caesar mundi arbiter, 62<br />

Me mortam tantum Iulius alter amat.<br />

De Eodem Fonte (2)<br />

Quae Nilum tenui, parvi facta accola fontis<br />

Et doceo, summis rebus abesse fidem.<br />

Vincta sequi <strong>August</strong>i renui, quae morte triumphos<br />

10 Servio nunc lymphis, saxea, Iule tuis.<br />

Aliud (3) 63<br />

Accedas et abi tacitusque lavere bibasque<br />

Infaelix somno dum Cleopatra fruor.<br />

Iulius invicta nulli pietate secundus<br />

Quam duxit statuit me bene propter aquam<br />

15 Nam veluti fluit ista fluunt mortalia regna<br />

Maiorique cadunt impete magna satis.<br />

Aliter (4)<br />

Fons parvus licet est: simulatum credite Nilum<br />

Veraque sum lymphis, quae, Cleopatra, fruor.<br />

Niliacas Caesar domuit, has Iulius undas<br />

20 Duxit: solum annis iste Secundus erat.<br />

5 Aliud (5)<br />

Ne me tange, precor, dulci ne me excute somno.<br />

Vivo ego, ni caleo, frigida lympha facit.<br />

58 So beispielsweise von Höper, a.a.O., S. 199: »<strong>Die</strong> Statue, die dam<strong>als</strong> <strong>als</strong> Cleopatra gedeutet wurde (Baldassare<br />

Castiglione besang sie in einem Sonett [sic!] seiner Carmina Veneta <strong>als</strong> Cleopatra), wurde von Julius<br />

II. aus dem Besitz der Familie Maffei zu einem hohen Preis erworben.« Es handelt sich bei Castigliones Gedicht<br />

natürlich nicht um ein Sonett.<br />

59 Evangelista Maddaleni Fausto di Capodiferro hat in seinem Zibaldone (Vat. Lat. 3351) mehrere Gedichte zu<br />

Statuen des Cortile del Belvedere notiert; neben den im Folgenden angeführten zu Kleopatra auch zur Apollo-<br />

Statue und zur Nil-Statue. <strong>Die</strong> Kleopatra-Gedichte Capodiferros werden von Brummer (a.a.O., S. 221f.) mit<br />

erheblichen Fehlern zitiert, so dass ich mich an die alte Abschrift Janitscheks halte (Janitschek, Hubert: »Ein<br />

Hofpoet Leo’s X. über Künstler und Kunstwerke«, in: Repertorium für Kunstwissenschaft, 3 (1879), S. 52-60).<br />

60 Bei Janitschek irrtümlich lavero, Brummer richtig lavere [= laveris].<br />

61 Bei Janitschek irrtümlich vivens, bei Brummer richtig vivam.<br />

62 Bei Janitschek irrtümlich arsi, bei Brummer richtig arsit.<br />

63 Nach Brummer, a.a.O., S. 221; die Verse 11-16 der Handschrift hat Janitschek ausgelassen.<br />

150


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Niliacas Caesar me vinxit magnus ad undas<br />

64 suis Iulius alter aquis.<br />

Aliter (6)<br />

25 Somno an somnifero langues Cleopatra veneno;<br />

Immiscet curis somnia murmur aquae.<br />

O utinam haec essent fatalis flumina Lethes,<br />

Non mecum aspicerem regna perire mea.<br />

Utilius hodie est cito et occubuisse beata,<br />

Post tria quam misera saecula morte premi. 65<br />

Evangelista Maddaleni Fausto di Capodiferro spielt in den ersten fünf kleinen Gedichten<br />

wiederholt auf Papst Julius II. (1503-1513) 66 an und betont die besondere<br />

Vorliebe des Papstes für diese Statue (vv. 6, 24). Unzweifelhaft lässt sich aus den<br />

Gedichten auch die Aufstellung der Statue <strong>als</strong> Brunnenfigur ableiten. Der Dichter<br />

hat den Zufall, dass der Kardinal, der Aufstellung der Statue und Installation des<br />

Brunnens veranlasst hatte, <strong>als</strong> Papstnamen Julius wählte, zu verschiedenen Wort-<br />

und Gedankenspielen genutzt, die zahlreiche Beziehungen zwischen Julius Cäsar<br />

und Julius II. herstellen. Alle in den Gedichten entwickelten Motive spielen auf die<br />

vom historischen Cäsar <strong>als</strong> Person geliebte und vom zeitgenössischen Papst Julius<br />

<strong>als</strong> Kunstgegenstand geschätzte Figur Kleopatra an.<br />

Reicher an Informationen sind die Verse Baldassare Castigliones 67 , die zwischen<br />

1513 bis 1516 entstanden sind:<br />

64 Nach Brummer, bei Janitschek irrtümlich Praefeatque.<br />

65 Über den Brunnen der Kleopatra (1)<br />

Müde genieße ich, Kleopatra, das einschläfernde Murmeln der klaren, lieblichen und kühlen Quelle. Mögest du<br />

schweigend herbeikommen, schweigend dich waschen und trinken, dann geh schweigend weg, damit mir nicht<br />

der Schlaf entweicht. Wie mich Caesar, der Herr der Welt, liebte, <strong>als</strong> ich noch lebte, so liebt mich <strong>als</strong> Statue<br />

der zweite Julius.<br />

Über denselben Brunnen (2)<br />

Einst herrschte ich über den Nil, nun bin ich bin zur Betreuerin einer kleinen Quelle geworden und zeige, dass<br />

auf die höchsten Dinge kein Verlass ist. Ich habe durch meinen Tod verweigert, <strong>als</strong> Besiegte dem Triumphzug<br />

des <strong>August</strong>us zu folgen, und diene nun, Julius, <strong>als</strong> Stein deinen Wassern.<br />

Ein weiteres Gedicht (3)<br />

Komm und geh, wasche dich schweigend und trinke, während ich, unglückliche Kleopatra, den Schlaf genieße.<br />

Julius II., der keinem an unübertreffbarer Treue (pietas) nachsteht, stellte mich geschickt zu der Quelle, die er<br />

einrichtete. Denn wie Wasser fließen, fließen die menschlichen Reiche dahin und große genug fallen unter<br />

dem Angriff noch größerer.<br />

Ein anderes Gedicht (4)<br />

Sicher, die Quelle ist klein; glaubt, es stelle den Nil dar, bin ich doch wirklich Kleopatra, die dieses Wasser<br />

genießt. Caesar hat die Wasser des Nil bezwungen, Julius diese hier gefasst, nur den Jahren nach war er der<br />

Zweite.<br />

Ein weiteres Gedicht (5)<br />

Berühre mich bitte nicht, wecke mich nicht aus süßem Schlaf. Ich lebe: wenn ich nicht warm bin, liegt das am<br />

kalten Wasser. Der große Caesar hat mich an den Wassern des Nil besiegt, der zweite Julius mich seinem<br />

Brunnen zur Aufsicht gegeben.<br />

Ein anderes Gedicht (6)<br />

Vom Schlaf oder schlafbringenden Gift bist du, Kleopatra, erschöpft; das Murmeln des Wassers mischt Träume<br />

in die sorgenvollen Gedanken. Wäre dieses Wasser die schicksalhafte Lethe, müsste ich nicht ansehen, wie<br />

meine Reiche mit mir untergehen. Besser ist es heute, schnell und glücklich gestorben zu sein, <strong>als</strong> nach vielen<br />

Jahrhunderten einen elenden Tod zu sterben.<br />

66<br />

Zuletzt Verspohl, Franz-Joachim: Michelangelo Buonarroti und Papst Julius II., Moses - Heerführer, Gesetzgeber,<br />

Musenlenker, Göttingen 2004.<br />

67<br />

Das neulateinische Gedicht muss nach dem Pontifikat Julius’ II. entstanden sein, da dieser Papst zwar erwähnt<br />

wird (v. 25: »miratus Iulus«), die Verse selbst aber einen anderen Adressaten haben. Leo X. wird mit<br />

dem Vokativ »Magne Leo« (v. 36) angesprochen. Giuliano della Rovere wurde am 01.11.1503 gewählt und<br />

nahm am Tage seiner Inthronisation (26.11.1503) den Namen Julius II. an. Er starb am 21.03.1513. Castiglione<br />

wurde 1513 Botschafter des Francesco Maria I. della Rovere am päpstlichen Hof, ging aber bereits 1516<br />

nach Mantua zurück. Giovanni de’ Medici wurde am 09.03.1513 gewählt, nahm am 19.03.1513, dem Tag der<br />

151


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Marmore quisquis in hoc saevis admorsa colubris<br />

Brachia, et aeterna torpentia lumina nocte<br />

Aspicis, invitam ne crede occumbere letho.<br />

Victores vetuere diu me abrumpere vitam,<br />

5 Regina ut veherer celebri captiva triumpho,<br />

Scilicet et nuribus parerem serva Latinis<br />

Illa ego progenies tot ducta ab origine regum,<br />

Quam Pharij coluit gens fortunata Canopi,<br />

Deliciis fovitque suis Aegyptia tellus,<br />

10 Atque oriens omnis Divum dignatus honore est.<br />

Sed virtus pulchreque necis generosa cupido<br />

Vicit vitae ignominiam, insidiasque tiranni,<br />

Libertas nam parta nece est, nec vincula sensi,<br />

Umbraque tartareas descendi libera ad undas,<br />

15 Quod licuisse mihi indignatus perfidus hostis,<br />

Saevitiae insanis stimulis exarsit et ira,<br />

Namque triumphali invectus Capitolia curru,<br />

Insignes inter titulos, gentesque subactas<br />

Extinctae infelix simulachrum duxit, et amens<br />

20 Spectaclo explevit crudelia lumina inani;<br />

Neu longaeva vetustas facti famam aboleret,<br />

Aut seris mea sors ignota nepotibus esset,<br />

Effigiem excudi spiranti e marmore iussit,<br />

Testari et casus fatum miserabile nostri.<br />

25 Quam deinde, ingenium artificis miratus Iulus<br />

Egregium, celebri visendam sede locavit<br />

Signa inter veterum Heroum, saxoque perennes<br />

Supposuit lacrimas aegrae solatia mentis;<br />

Optatae non ut deflerem gaudia mortis,<br />

30 (Nam mihi nec lacrimas lethali vipera morsu<br />

Excussit, nec mors ullum intulit ipsa timorem).<br />

Sed charo ut cineri, et dilecti coniugis umbrae<br />

Aeternas lacrimas, aeterni pignus amoris<br />

Moesta darem, inferiasque inopes; et tristia dona.<br />

35 Has etiam tamen infensi rapuere Quirites.<br />

At tu, Magne LEO, Divum genus, aurea sub quo<br />

Saecula, et antiquae redierunt laudis honoris,<br />

Si te praesidium miseris mortalibus ipse<br />

Omnipotens Pater aetherio demisit Olimpo;<br />

40 Et tua si immensae virtuti est aequa potestas,<br />

Munificaque manu dispensas dona Deorum,<br />

Annue supplicibus votis, nec vana precari<br />

Me sine, parva peto, lacrimas Pater optime redde,<br />

Redde oro fletum, fletus mihi muneris instar,<br />

45 Improba quando aliud nil iam Fortuna reliquit.<br />

At Niobe ausa Deos scelerata incessere lingua,<br />

Induerit licet in durum praecordia marmor,<br />

Flet tamen, assiduusque liquor de marmore manat.<br />

Vita mihi dispar, vixi sine crimine, si non<br />

50 Crimen amare vocas, fletus solamen amantum est.<br />

Adde, quòd afflictis nostrae iucunda voluptas<br />

Inthronisation, den Namen Leo X. an und starb am 01.12.1521. Castiglione kehrte erst 1523, <strong>als</strong>o unter Clemens<br />

VII., <strong>als</strong> Botschafter der Gonzaga nach Rom zurück.<br />

152


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Sunt lacrimae, dulcesque invitant murmure somnos,<br />

Et cum exusta siti Icarius canis arva perurit.<br />

Huc potum veniunt volucres, circumque supraque<br />

55 Frondibus insultant, tenero tum gramine laeta<br />

Terra viret, rutilantque suis poma aurea ramis;<br />

Hic ubi odoratum surgens densa nemus umbra<br />

Hesperidum dites truncos non invidet hortis. 68<br />

In 58 Hexametern gibt Castiglione der Marmorstatue das Wort und lässt sie den<br />

Betrachter an die Lebensgeschichte der Kleopatra erinnern. Dabei inszeniert der<br />

Dichter die Statue <strong>als</strong> effigies (Abbild), wie sie die Römer in ihren Triumphzügen oft<br />

68 Baldassare Castiglione: Cleopatra<br />

Wer du auch bist, der du diese Marmorstatue mit den von wilden Schlangen gebissenen Armen und den in von<br />

ewiger Nacht erstarrten Augen erblickst, glaube nicht, dass ich mich gegen meinen Willen dem Todesschlaf<br />

hingebe. Lange haben mich die Sieger daran gehindert, mein Leben zu beenden, um mich in feierlichem<br />

Triumph <strong>als</strong> königliche Beute mitzuführen. Vielleicht sollte ich römischen Frauen <strong>als</strong> Sklavin dienen, obwohl<br />

das glückliche Volk Ägyptens mich <strong>als</strong> Spross so vieler Könige verehrte, obwohl die ägyptische Erde mich mit<br />

ihren Wonnen hegte und obwohl der ganze Orient mich göttlicher Ehren für würdig hielt. <strong>Die</strong> im Leben widerfahrene<br />

Schande und die Verfolgung durch den Tyrannen wurden durch meine Tugenden und meinen hochherzigen<br />

Wunsch bezwungen, einen schönen [und würdigen] Tod zu sterben, bringt doch der Tod die Freiheit<br />

mit sich: Fesseln nahm ich nicht wahr, <strong>als</strong> ich <strong>als</strong> Schatten frei zu den Fluten des Tartarus hinab stieg, was mir<br />

selbst der unwürdige und treulose Feind gestatten musste.<br />

Der Feind entbrannte in schamloser Grausamkeit und Zorn, führte er doch zusammen mit den Siegeszeichen<br />

und den unterworfenen Völkerschaften eine Darstellung der unglücklichen Toten mit, <strong>als</strong> er im Triumphwagen<br />

auf das Kapitol fuhr und den grausamen Zuschauern ein unwürdiges Schauspiel zeigte. Er ließ ein Abbild aus<br />

atmendem Marmor schaffen, um unser bemitleidenswertes Geschick und unseren Untergang zu bezeugen,<br />

damit nicht die Kunde des Geschehens in späteren Zeiten unterginge oder mein Schicksal späteren Geschlechtern<br />

unbekannt bliebe.<br />

<strong>Die</strong>ses Abbild ließ Julius, der das Talent des Künstlers bewunderte, an einem viel besuchten Ort unter den<br />

Statuen antiker Helden zur Betrachtung aufstellen. Er ließ unter den Marmorblock [einen Brunnen errichten],<br />

ewige Tränen zum Trost des ergriffenen Herzens; nicht damit ich den freudig ersehnten Tod beweinte – denn<br />

die Schlange hat mir durch ihren todbringenden Biss keine Tränen entlockt und selbst der Tod hat mir keinen<br />

Schrecken eingejagt –, sondern damit ich traurig der teuren Asche und dem Schatten des geliebten Ehemanns<br />

<strong>als</strong> Totenopfer ewige Tränen, <strong>als</strong> Pfand ewiger Liebe geringe und traurige Gaben darbrächte. <strong>Die</strong>se [Tränen<br />

des Brunnens] haben feindliche Römer entfernt.<br />

Aber du, großer Leo, aus göttlichem Geschlecht, unter dessen Regierung die goldenen Zeiten und die Verehrung<br />

der Antike zurückgekehrt sind, erhöre die demütigen Bitten und lass mich nicht vergeblich flehen, wenn<br />

dich der allmächtige Vater zur Herrschaft über die elenden Sterblichen aus dem himmlischen Olymp herabgeschickt<br />

hat und wenn deine Macht deiner unbegrenzten Tugend entspricht, der du mit freigebiger Hand die<br />

Gaben der Götter austeilst. Ich erbitte nur wenig: gib, bester Vater, die Tränen [= den Brunnen] zurück, gib, so<br />

bitte ich, das Weinen zurück, das Weinen ist für mich ein Geschenk, hat mir doch das launische Schicksal<br />

nichts anderes gelassen. Obwohl Niobe es wagte, mit frevelhafter Rede die Götter herauszufordern, durfte sie<br />

trotzdem ihr Gefühl in den harten Marmor einschließen, weint sie doch gleichwohl und fließt doch beständig<br />

Wasser aus dem Marmor. Mein Leben war anders, ich lebte ohne Verbrechen, wenn man nicht Liebe ein Verbrechen<br />

nennt, Tränen sind der Trost der Liebenden. Füge [den Brunnen] hinzu, weil unsere Tränen den<br />

Kummervollen ein angenehmer Trost sind und durch ihr Murmeln zu süßem Schlaf einladen, wenn die Hundstage<br />

die verbrannten Felder mit Durst verbrennen. Hierher kommen Vögel zum Trinken und hüpfen um und<br />

über die Zweige, mit zartem Halm grünt die fröhliche Erde und goldene Früchte röten sich auf ihren Zweigen,<br />

hier, wo ein wohlriechender Hain mit dichtem Schatten den reich tragenden Bäume in den Gärten der Hesperiden<br />

nicht nachsteht.<br />

Meine Übersetzung berücksichtigt die Doppeldeutigkeit von lacrimae <strong>als</strong> Tränen der Kleopatra und gleichzeitig<br />

<strong>als</strong> Anspielung auf den von Papst Julius II. errichteten Brunnen. <strong>Die</strong> Anspielung auf Niobe kann sich nicht auf<br />

die heute in Florenz aufgestellten Niobiden beziehen, da diese Statuengruppe erst 1583 in Rom ausgegraben<br />

wurde. Vielmehr scheint Castiglione auf die Metamorphose der Niobe anzuspielen (z. B. Ovid, Metam. VI,<br />

148ff.); im Mythos wird sie nach dem Tod ihrer vierzehn Kinder auf ihre Bitte von Zeus in einen Fels verwandelt,<br />

der häufig Tränen vergießt (Ovid, Metam. VI, 612). – Ich zitiere den Text nach: Castiglione, Baldassare:<br />

Opere volgari e latine / novellamente raccolte, ordinate, ricorrette, ed illustrate, come nella seguente lettera<br />

può vedersi, da Gio. Antonio, e Gaetano Volpi – Padova Comino, 1733. <strong>Die</strong>se Ausgabe steht im Netz zur Verfügung:<br />

http://www.ub.uni-bielefeld.de/diglib/castiglione/opere/index.htm (zuletzt aufgerufen: 10.12.2006). Eine<br />

im Besitz der UB München befindliche Ausgabe (Carmina quinque illustrium poetarum; Quorum nomina in<br />

seguenti pagina continentur. Additis nonnullis M. Antonij Flaminij libellis nunquam antea impressis. Venetiis<br />

Presb. Hieronymus Lilius, & socij excudebant. M.D.LVIII, S. 31f.) enthält zahlreiche Fehler.<br />

153


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

mitführten, wenn sie einen besiegten Feind nicht in persona vorführen konnten. Mit<br />

dieser fiktiven Identität steigt die Bedeutung der Statue für den Leser, der sich nun<br />

vorstellen mag, die originale effigies aus <strong>August</strong>us’ Zeiten vor sich zu haben. <strong>Die</strong><br />

von Julius II. (v. 25ff.) veranlasste Aufstellung <strong>als</strong> Brunnenfigur wird so interpretiert,<br />

dass Kleopatra in dieser Inszenierung noch immer Tränen über den Tod des Antonius<br />

vergießt. Kurz darauf muss der <strong>als</strong> Brunnentrog dienende Sarkophag entfernt<br />

worden sein (v. 35). Leo X. hat bekanntlich den Brunnen restituiert; die Bitte der<br />

Statue (v. 36ff.) ist wohl <strong>als</strong> vaticinatio ex eventu zu deuten. Der Schluss des Gedichts<br />

beschreibt eine Idylle mit plätscherndem Brunnen, Bäumen und Vögeln, die<br />

wohl der Ausgestaltung des Statuenhofs <strong>als</strong> kleinem Innenhofgarten (viridarium)<br />

entsprach. 69<br />

Castigliones Verse belegen, dass die von Julius II. veranlasste erste Aufstellung<br />

verändert wurde und die Kleopatra-Statue wohl vorübergehend im Statuenhof ohne<br />

Brunnen zu sehen war. 70 <strong>Die</strong> alte Inszenierung und Deutung <strong>als</strong> »weinende Kleopatra«<br />

muss aber von Leo X. <strong>als</strong>bald (<strong>als</strong>o doch 1513) wieder hergestellt worden<br />

sein. Vielleicht wurde – aus welchen Gründen auch immer – der Sarkophag ausgewechselt.<br />

Unter mehreren Gesichtspunkten ist das Gedicht Castigliones für das sich in der<br />

Frühen Neuzeit herausbildende literarische und künstlerische Kleopatra-Bild von<br />

Interesse: Kleopatra erscheint <strong>als</strong> große Liebende (v. 32ff.), ihre Tränen gelten<br />

nicht dem eigenen Tod, sondern dem ihres Ehemannes Antonius (v. 32). Das rhetorische<br />

und dichterische Spiel mit den Tränen (lacrimae) und dem Brunnen der Inszenierung<br />

im Statuenhof bezieht die Tränen nicht auf den Selbstmord Kleopatras,<br />

sondern auf ihre Gattenliebe. Zur neustoisch beeinflussten Auffassung der<br />

›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>‹ gehört auch, dass Castiglione wohl <strong>als</strong> erster<br />

den Selbstmord selbst neustoisch <strong>als</strong> generosa cupido und ihren Tod (pulchra nex)<br />

<strong>als</strong> Voraussetzung der neu gewonnenen Freiheit (libertas parta nece) deutet.<br />

Wenn die Historienmalerei in der Folge die Ikonographie der <strong>als</strong> Kleopatra gedeuteten<br />

Statue aufgriff, die die <strong>Tugendheldin</strong> gelassen und beinahe entspannt in den<br />

Freitod hinübergleiten lässt, übernahm sie wohl den zum ersten Mal in der Ekphrasis<br />

Castigliones greifbaren neustoischen Deutungsansatz. 71<br />

<strong>Die</strong> von der antiken Ariadne-Kleopatra-Statue sich ableitende Pathosformel, die<br />

der auf die Verzweiflung abhebenden völlig entgegengesetzt ist, wurde von der<br />

Historienmalerei unermüdlich aufgegriffen und variiert. So hat die Graphik des 16.<br />

Jahrhunderts zwei unterschiedliche Mustervorstellungen des Sterbens Kleopatras<br />

hervorgebracht. <strong>Die</strong>s unterscheidet Kleopatra deutlich von den anderen hier be-<br />

handelten <strong>Tugendheldin</strong>nen; denn nur Kleopatras Sterben wurde in so entgegen-<br />

gesetzten Interpretationen behandelt. Einzelne Künstler wie Guercino haben den<br />

69 Vgl. Gombrich, a.a.O., S. 128ff. Auch Giovanni Francesco Pico della Mirandola spricht in seinem Brief an<br />

Lilius Gregorius Giraldi (<strong>August</strong> 1512) von einem »nemore citriorum illo odoratissimo constrato silice« und von<br />

»lucus« (vgl. Abdruck des Briefes vom <strong>August</strong> 1512 bei Brummer, a.a.O., S. 273)<br />

70 Der Cortile wird in Castigliones Gedicht <strong>als</strong> signa veterum heroum (v. 27) bezeichnet.<br />

71 Vgl. S. 177ff.<br />

154


Tod Kleopatras sogar in beiden<br />

zur Verfügung stehenden Modi<br />

ausgeführt. 72 Noch im 16. Jahr-<br />

hundert entstand eine ikonogra-<br />

phische Lösung aus dem Um-<br />

Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Abb. 9 Abb. 10<br />

kreis von Jan van Scorel (1495-1562) [Abb. 9], die Kleopatra im Freien lagern<br />

lässt. 73 Am rechten Handgelenk ist die zum Attribut gewordene Schlange erkenn-<br />

bar. Guercino 74 (1591-1666) hingegen [Abb. 10] hat seine Lösung in einen Schlaf-<br />

raum verlegt und lässt Schlaf und Tod ineinander übergehen. <strong>Die</strong> Königin ruht auf<br />

einem prächtigen Bett, dessen roter Baldachin mit üppigen Draperien die Szene<br />

rahmt. Der bloße Oberkörper wird von mehreren voluminösen Kissen so gestützt,<br />

dass Kleopatra zu sitzen scheint. Das gelöste Gesicht ist mit geschlossenen Au-<br />

gen nach links zum Betrachter gewandt und vermittelt zusammen mit dem ent-<br />

spannten linken Arm den Eindruck, <strong>als</strong> ob die Königin schliefe. Erst die Schlange,<br />

die sich an der rechten Brust windet, macht deutlich, dass das einer Marmorskulp-<br />

tur ähnelnde Inkarnat die Hautfarbe einer Toten ist. Das Hüften und Beine umhül-<br />

lende Leintuch wird nunmehr in den Augen des Betrachters zum Leichen-<br />

Abb. 11 Abb. 12<br />

tuch. Erst auf den zweiten Blick ist die Ruhende <strong>als</strong> Tote erkennbar, da der Küns-<br />

tler sich bewusst der täuschenden Nähe von Schlaf und Tod bediente.<br />

72 Beispiele für die v e r z w e i f e l t e K l e o p a t r a bieten in der Historienmalerei beispielsweise Francesco<br />

Cozza (Katalog 72), Luca Giordano (Katalog 157), Jacopo Cestaro (Katalog 61). Beispiele der stoisch g el<br />

a s s e n e n K l e o p a t r a , deren Tod einem Schlafzustand ähnelt, sind ungleich zahlreicher, so die Varianten<br />

von Guercino (Katalog 163), Anthony van Dyck (Katalog 112), Pierre Mignard (Katalog 245), Artemisia Gentileschi<br />

(Katalog 144), Joseph Esperlin (Katalog 123). <strong>Die</strong> Möglichkeit, in einem mehrfigurigen Historienbild die<br />

Affekte den Assistenzfiguren zu überlassen, nützten u. a. Guido Cagnacci (Katalog 53), Jacques Blanchard<br />

(Katalog 36), Ottmar Elliger d. J. (Katalog 118).<br />

73 Katalog 369.<br />

74 Vgl. Katalog 163 (von 1648).<br />

155


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Artemisia Gentileschi 75 (1593-1651) nahm die bewährte Lesart des Todes <strong>als</strong><br />

Schlaf auf. In ihrer heute sich in einer römischen Privatsammlung befindlichen Aus-<br />

führung [Abb. 11] wird der scheinbare Schlaf durch die Trauer der eintretenden<br />

Zofen enthüllt. <strong>Die</strong> entspannte, aber doch etwas unna-<br />

türliche Haltung der toten Königin wird <strong>als</strong> erste Phase<br />

des rigor mortis gedeutet. 76 Artemesia Gentileschis<br />

Mailänder Version [Abb. 12] 77 greift noch deutlicher auf<br />

die Armhaltung der antiken Ariadne-Statue zurück 78<br />

und erinnert, wenn auch seitenverkehrt, deutlich an<br />

die Lösung Guercinos.<br />

Abb. 13<br />

In der Folgezeit griffen Künstler wie Pierre Mignard (1612-1695) [Abb. 13]<br />

und Gerard de Lairesse (1641-1711) [Abb. 14] auf die bewährte Pathosformel zu-<br />

rück, wobei allerdings das mit immer ausdrucksstärkeren Affekten reagierende<br />

Publikum bei Mignard und Lairesse 79 der Täuschung keinen Raum ließ, wie es<br />

noch bei den einfigurigen Lösungen von Scorel oder Guercino der Fall war.<br />

Abb. 14 Abb. 15<br />

Noch neuklassizistische Künstler wie Louis Langrenée (1725-1805) [Abb. 15] ka-<br />

men Ende des 18. Jahrhunderts auf diese Formel zurück. 80 Auch im Orientalismus<br />

des 19. Jahrhundert bot die scheinbar entspannt in den Tod hinübergleitende Kleo-<br />

75<br />

Katalog 147 (Abb. 11) und Katalog 144 (Abb. 12).<br />

76<br />

Vgl. Riccardo Lattuada in: Christiansen, Keith / Mann, Judith (Hrsg.): AK Orazio e Artemisia Gentileschi,<br />

Mailand 2001, S. 402-404.<br />

77<br />

In neuerer Literatur wird die Zuordnung dieses Gemäldes wieder diskutiert; so sind sich sogar die Autoren<br />

im gleichen Ausstellungskatalog nicht einig darüber, ob diese Version von Orazio oder von Artemisia stammt.<br />

Im AK Orazio e Artemisia Gentileschi, a.a.O., plädiert Keith Christiansen (S. 97-100) für eine Zuschreibung an<br />

Orazio; hingegen hält mit ebenfalls gewichtigen Gründen Patrizia Cavazzini (S. 302-305) Artemisia für wahrscheinlich.<br />

78<br />

Vgl. oben S. 147ff.<br />

79 Katalog 245 (Mignard) und 202 (Lairesse).<br />

80 Katalog 195.<br />

156


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

patra noch ein anziehend-laszives Motiv, das beispielsweise Jean Andre Rixens 81<br />

(1846-1924) [Abb. 16] und Reginald Arthur 82 (1875-1922) [Abb. 17] aufgriffen.<br />

Abb. 16 Abb. 17<br />

Übernahmen die Historienmaler das andere graphische Muster – die verzweifelte<br />

Kleopatra –, verbanden sie meist das Näherrücken der Heldin an den Betrachter<br />

mit einer halbfigurigen Darstellung; für dieses Muster entschieden sich Künstler<br />

noch weit bis ins 19. Jahrhundert hinein, bot doch diese Inszenierung die Möglich-<br />

keit, die Affekte an den Betrachter heranzurücken. Bei Domenico Puligo (1492-<br />

1527) [Abb. 18] dominiert der schmerzvoll himmelnde Blick 83 , während Reni (1575-<br />

1642), der geradezu auf das Thema spezialisiert gewesen zu sein scheint, Kleo-<br />

patra stets [Abb. 19, 20, 21, 22] leicht gedreht ins Bild setzte. 84 Unterschiedliche,<br />

stets sehr prächtige Kleidung umrahmt den der Schlange gebotenen Busen deko-<br />

rativ, mit dem himmelnden Blick konzentriert sich die <strong>Tugendheldin</strong> auf ihr Sterben.<br />

Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb.21 Abb. 22<br />

Renis halbfigurige Potsdamer Kleopatra 85 [Abb. 19] steht vor monochrom-<br />

raumlosem Hintergrund dem Betrachter frontal gegenüber. Blau und Gold der Klei-<br />

dung rahmen und betonen Dekollete und Gesicht. Das Niobidengesicht richtet sich<br />

himmelnd nach oben; die rechte Hand hält eine kleine Schlange, die bereits in die<br />

81 Katalog 348.<br />

82 Katalog 20.<br />

83 Katalog 293.<br />

84 Abb. 18: Katalog 310; Abb. 19: Katalog 323; Abb. 20: Katalog 313; Abb. 21: Katalog 334.<br />

85 Katalog 310.<br />

157


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

entblößte rechte Brust gebissen hat, wie ein Blutstropfen erkennen lässt. <strong>Die</strong> Linke<br />

liegt verweisend oder fragend auf der Brust, so dass die Bedeutung des sehn-<br />

suchtsvoll-fragenden Blicks zwischen Verzweiflung und Ergebung oszilliert. <strong>Die</strong>ser<br />

Typus der verzweifelt-ergeben sterbenden Kleopatra macht verständlich, warum<br />

Renis Gemälde von Sammlern wegen ihrer »speziellen Umsetzung in eingängige<br />

und affektiv ansprechende Bildprägungen« 86 so beliebt<br />

waren.<br />

Antiveduto Gramatica (1569-1626) 87 lässt seine<br />

Kleopatra [Abb. 22a] dem Betrachter frontal gegenübert-<br />

reten. Mit schmerzlich zusammengezogenen Brauen<br />

blickt die <strong>Tugendheldin</strong> aus dem Bild; die Verschattung<br />

der einen Gesichtshälfte betont die verzweifelte Lage,<br />

lässt aber andererseits den mamorweißen Oberkörper<br />

um so heller hervortreten.<br />

Abb. 22a<br />

Marcantonio Bassetti (1586-1630) hat seiner dreiviertelfigurig gegebenen<br />

Kleopatra [Abb. 22b] 88 den bewährten Niobidenblick gegeben. Der plastisch gestal-<br />

tete Oberkörpers vollzieht soeben eine scharfe Gegenbewe-<br />

gung zur Hüfte und deutet so vor einem beinahe monochro-<br />

men Hintergrund eine Fluchtbewegung an. Eine andere, we-<br />

niger idealisierte Wendung nimmt das Thema in einer wohl<br />

zu Unrecht Artemisia Gentileschi (1593-1653) zugeschriebe-<br />

ne Kleopatra [Abb. 23]. <strong>Die</strong> Behandlung des Themas besticht<br />

durch den an die Caravaggisten erinnernden Realismus,<br />

Abb. 22b<br />

der den voluminösen Köper betont. 89 Eine ebenso ungewöhnliche Wendung gab<br />

Sebastiano Mazzoni (1611-1678) seiner Kleopatra 90 : er wählte die Perspektive ei-<br />

nes Beteiligten, der auf die frontal aufgebahrte Königin blickt [Abb. 24]. <strong>Die</strong> Per-<br />

spektive verkürzt den Körper der Sterbenden und betont so Oberkörper und Ge-<br />

86<br />

Schmidt-Linsenhoff, Viktoria: Guido Reni im Kunsturteil des siebzehnten Jahrhunderts Ŕ Studien zur literarischen<br />

Rezeptionsgeschichte und Katalog der Reproduktionsgrafik, Diss. Kiel 1974, S. 12.<br />

87<br />

Katalog 161a.<br />

88<br />

Katalog 24a.<br />

89<br />

»Ogni altro quadro dello stesso tempo, a fianco di questo, mostra una grazia, un’intenzione di far quasi dimenticare<br />

il gesto estremo, nella misura delle forme, nel deliquio di un’attrice che recita la parte. La Cleopatra<br />

di Artemisia è una donna che muore e non ha tempo di pensare all’eleganza del suo corpo, a mostrarsi in<br />

ordine. Il dolore è fisico, non è l’idea del dolore.« Mit dieser Charakterisierung hat Vittorio Sgarbi eine Zuschreibung<br />

des Gemäldes an Artemisia Gentileschi begründet (Spezzaferro, Luigi / Calzavara, Benedetta<br />

(Hrsg.): AK Caravaggio e l’Europa da Caravaggio a Mattia Preti, Mailand 2005, S. 216).<br />

90<br />

Katalog 236.<br />

158


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

sicht der Sterbenden. Der Betrachter reiht sich, weil er im vorne geöffneten Kreis<br />

der <strong>Die</strong>nerinnen seinen virtuellen Platz findet, in die ausdrucksvolle Trauer des Ho-<br />

fes ein. Claude Vignon (1593-1670) hat in seiner Variante 91 die Verzweiflung der<br />

Sterbenden [Abb. 25] so aggressiv ins Bild gesetzt, dass Kleopatra mit der<br />

Abb. 23 Abb. 24<br />

Schlange zu kämpfen scheint.<br />

Johann Liss 92 (1595-1631) [Abb. 26] und Guido Cagnacci (1601-1681) [Abb.<br />

27] inszenieren ihre Heldinnen auch im Sterben <strong>als</strong> Köni-<br />

gin, die von Hofstaat umgeben ist. 93 Interessanterweise<br />

hat Cagnacci [Abb. 28] sich mehrfach am Motiv versucht,<br />

so dass die unterschiedlichen Fassungen – einer von<br />

zahlreichen <strong>Die</strong>nerinnen umgebenen und einer vereinzel-<br />

ten Kleopatra – in ihren Wirkungen gegenübergestellt<br />

werden können. 94 Auch Francesco Cozza (1605-1682)<br />

Abb. 25<br />

[Abb. 29] hat seine Kleopatra <strong>als</strong> einsam Sterbende dargestellt, 95 doch wird sie<br />

durch verschiedene Elemente zur Märtyrerin stilisiert: Ihre linke Hand hält die<br />

Schlange wie ein Heiligenattribut; ihre Krone gleicht dem Nimbus einer Märtyrerin.<br />

So wertet Cozza durch wenige Bildelemente den Selbstmord zur Tat einer<br />

Blutzeugin auf. Luca Giordano 96 (1632-1705) [Abb. 30] und Antoine Rivalz 97 [Abb.<br />

91 Katalog 423.<br />

92 Katalog 213.<br />

93 Katalog 53.<br />

94 Katalog 55.<br />

95 Katalog 72.<br />

96 Katalog 157.<br />

97 Katalog 347.<br />

159


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

31] (1667-1735) lassen bei ihren Bearbeitungen des Themas den Betrachter ganz<br />

nah an das Geschehen heranrücken und betonen durch starke Lichtregie den Ge-<br />

gensatz zwischen körperlicher Schönheit und psychischer Verlassenheit. Noch<br />

Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29<br />

<strong>August</strong>e Delacroix 98 (1809-1868) [Abb. 32] und Arnold Böcklin 99 (1827-1901) [Abb.<br />

33] greifen zu den über Jahrhunder-<br />

te bewährten Mustern der Darstel-<br />

lung und kombinieren die verführe-<br />

rische Schönheit mit Hinweisen auf<br />

den bevorstehenden Tod.<br />

Es gab somit für den früh-<br />

neuzeitlichen Historienmaler zwei<br />

erprobte Muster, das Sterben Kleo-<br />

Abb. 30 Abb. 31<br />

patras <strong>als</strong> verzweifelte Tat oder <strong>als</strong> stoisch gelassenenen Akt ins Bild zu setzen;<br />

daneben konnte das Thema<br />

<strong>als</strong> ›großes Historienbild‹ ent-<br />

faltet werden, eine in den nörd-<br />

lichen Ländern favorisierte Lö-<br />

sung, während in der italieni-<br />

schen Malerei 100 eine deutliche<br />

Abb. 32 Abb. 33<br />

Tendenz zur einfigurigen Darstellung 101 festzustellen ist. Daneben stellten Kleopat-<br />

ra-Zyklen oder Zyklen mit Cäsar und Kleopatra für Paläste und Schlösser beliebte<br />

98 Katalog 98.<br />

99 Katalog 38.<br />

100 Einen ersten Überblick gibt Pigler, a.a.O., S. 382-386.<br />

101 Bei zwei Gemälden Guarinos, die einerseits die Märtyrerin Agathe und andererseits Kleopatra in identischer<br />

Körperhaltung zeigen, weist Lang (Grausame Bilder, Sadismus in der neapolitanischen Malerei, Berlin 2001,<br />

S. 219) darauf hin, dass Guarino hochmütige Körperhaltung mit erotischer Animation, Majestät mit Dirnenhaftigkeit<br />

verknüpfe. »<strong>Die</strong> Tradition kolportiert freilich ein projiziertes Phantasma. Kleopatra muß ihren Namen<br />

hergeben für die latent masochistische Vorstellung der zugleich erhabenen und verworfenen Frau. <strong>Die</strong> bildliche<br />

Darstellung ihres Selbstmords gerät jedoch vielfach zu einer Inszenierung, in der die masochistische Fas-<br />

160


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Dekorationsserien dar, in denen Kleopatras Selbstmord keinen Platz hatte. 102 In<br />

diesen Zyklen stehen der Prunk eines ägyptischen Hofes und das Zusammentref-<br />

fen von römischer und orientalischer Kultur im Vordergrund. So erweiterte Giam-<br />

battista Tiepolo im venezianischen Palazzo Labia 103 den Salon durch eine raffinier-<br />

te, teilweise illusionierte Türen- und Fensterarchitektur 104 in einer Weise,<br />

dass Gäste den Eindruck hatten, <strong>als</strong> Teil des<br />

Gefolges am ›Zusammentreffen von Antonius<br />

und Kleopatra‹ [Abb. 34] und am ›Bankett‹ [Abb.<br />

35] teilzunehmen. Wenn das Sterben Kleopat-<br />

ras <strong>als</strong> mehrfiguriges Historiengemälde entwor-<br />

Abb. 34 Abb. 35<br />

fen wurde, bildete der Gegensatz zwischen der stoisch gelassenen Königin und<br />

Abb. 36 Abb. 37 Abb. 38<br />

ihrem verzweifelt reagierenden Hofstaat das Zentrum. Sogar so unterschiedliche<br />

Bildlösungen wie die von Guido Cagnacci [Abb. 37] und Alessandro Turchii 105<br />

(1578-1649) [Abb. 36] lassen sich auf diese Grundspannung reduzieren. 106 Einer-<br />

zination für das besagte Frauenbild in Sadismus umschlägt, in Form der Tötung durch den angeblich selbst<br />

gewählten Schlangenbiß in die Brust.«<br />

102 So zum Beispiel der P a l a z z o I m p e r i a l i in Genua mit einer Freskenfolge von Cambiaso und Castello,<br />

die bei Pigler (II, S. 379) erwähnt wird; Tiepolo hat den P a l a z z o L a b i a in Venedig mit dem bereits erwähnten<br />

Kleopatra-Zyklus ausgemalt (vgl. Katalog 395). Bildteppiche, die meist auch <strong>als</strong> Zyklen gearbeitet<br />

wurden, müssten unter diesem Aspekt gesondert untersucht werden. Allerdings ist die Literatur über Bildteppiche<br />

einigermaßen unübersichtlich und unsystematisch. In einem jüngeren Werk wie Heinz, Dora: Europäische<br />

Tapisseriekunst des 17. und 18. Jahrhunderts, <strong>Die</strong> Geschichte ihrer Produktionsstätten und ihrer künstlerischen<br />

Zielsetzungen, Wien / Köln / Weimar 1995 werden immerhin viele Zyklen mit Cäsar bzw. Antonius und<br />

Kleopatra erwähnt (vgl. S. 18, 32, 36, 38, 59, 80, 104, 112, 116, 161, 206, 252, 304, 307).<br />

103 Vgl. Katalog 395; Giambattista Tiepolos zentrale Fresken im Palazzo Labia (Treffen von Antonius und<br />

Kleopatra und Bankett) sind beide 650 x 300 groß.<br />

104 <strong>Die</strong> illusionistische Architekturmalerei entwarf Tiepolo, der sie zusammen mit dem Quadraturmaler Gerolamo<br />

Mengozzi ausführte (dazu Romanelli, Giandomenico: Venedig, Kunst und Architektur, Bd. 2, Köln 1997,<br />

v.a. S. 628).<br />

105 Katalog 404. Vgl. Scaglietti Kelescian, Daniela (Hrsg.): AK Alessandro Turchi detto l'Orbetto, 1578 Ŕ 1649,<br />

Milano 1999; der Katalog (http://www.comune.verona.it/Castelvecchio/cvsito/docs/catalogo.pdf [letzter Aufruf:<br />

28.10.2007]) ist auch im Netz verfügbar.<br />

106 Vgl. Katalog 53 (Cagnacci) und 404 (Turchi). Turchis Gemälde hing in der Galerie des Hôtel des Louis<br />

Phélypeaux de la Vrillière (1599-1681), die mit weiteren neun exempla aus der Antike ausgestattet war, u. a.<br />

mit Abschied des Cato von seinem Sohn (Guercino), <strong>August</strong>us schließt die Pforten des Janustempels (Maratta)<br />

und Hersilia trennt Römer und Sabiner (Guercino). Pietro da Cortona (1596-1669) hat für diese Galerie ein<br />

Gemälde mit einem weiteren Thema aus Kleopatras Leben geliefert: César remet Cléopâtre sur le trône<br />

d’Égypte. (vgl. Richard-Jamet: »Cléopâtre: Femme forte ou femme fatale? Une Place équivoque dans les<br />

galeries de femmes fortes aux XVIe et XVIIe siècles«, in: AK Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental,<br />

a.a.O., S. 37-52, besonders S. 44).<br />

161


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

seits bemühen sich die <strong>Die</strong>nerinnen noch um die bereits ohnmächtige Regentin,<br />

andererseits verweisen Händeringen und Tränentücher bereits auf die Vergeblich-<br />

keit dieses Handelns. Ganz ähnlich verfuhren Luca Giordano 107 (1632-1705) [Abb.<br />

37] und Gerard Hoet 108 [Abb. 38] (1648-1733) mit ihren Bildlösungen, die stets in<br />

prächtigen Räumen angeordnet sind.<br />

Jacob Jordaens (1593-1678) stellt zwischen dem ›Bankett der Kleopatra‹<br />

[Abb. 39] und seinem Pendant, dem ›Tod der Kleopatra‹ 109 [Abb. 40], ein komple-<br />

xes Beziehungsgeflecht 110 her, das die moralistische Deutung des Selbstmords<br />

unterstreicht. Unter einem prächti-<br />

gen Baldachin ist Kleopatra beinahe<br />

ganzfigurig in der Mitte plaziert. Von<br />

rechts reicht ein älterer Bedienste-<br />

ter einen Früchtekorb. Zusam-<br />

Abb. 39 Abb 40<br />

men mit zwei weiteren <strong>Die</strong>nern bildet er eine Gegengruppe zu den <strong>Die</strong>nerinnen,<br />

die zur Linken auf Kleopatras Selbstmord mit Entsetzen reagieren. Während sich<br />

die erste <strong>Die</strong>nerin bereits mit einem Taschentuch wegwendet, blickt die zweite ih-<br />

rer Herrin aufmerksam ins Gesicht. <strong>Die</strong> luxuriös gekleidete, mit Geschmeide und<br />

Krone geschmückte Sterbende hat ihren Busen der Schlange bereits zum Biss ge-<br />

boten. Ihr Blick ist himmelnd nach oben gerichtet. Das irdische Glück, das im Ban-<br />

kettbild prachtvoll in Szene gesetzt und durch den Fingerzeig des Hofnarren be-<br />

reits <strong>als</strong> Hybris gedeutet ist, wird im Pendant, ohne den moralischen Verweis, <strong>als</strong><br />

107 Katalog 159<br />

108 Katalog 181.<br />

109 Vgl. Katalog 184. Das heute in der Gemäldegalerie in Kassel ausgestellte Gemälde hat die Maße 171 x<br />

172; allerdings wurden Anstückungen vorgenommen, so dass man auf das ursprüngliche Format von 156 x<br />

156 schließen kann. Vgl. Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister, Gesamtkatalog, Mainz<br />

1996, Band 1, S. 162 (Inventarnummer 917) und Abbildung in Band 2, Tafel 52.<br />

110 Abbildung in d’Hulst, R.-A. / de Poorter, N. / Vandenven, M. (Hrsg.): AK Jacob Jordaens (1593 Ŕ 1678),<br />

Anvers 1993, S. 268-269. Das Gemälde befindet sich heute in der Eremitage in St. Petersburg (Inventarnummer<br />

8536). Es hat die Maße 156,4 x 149,3. Im Testament des Jacomo-Antonio Carenna aus dem Jahre 1669<br />

werden die Bilder <strong>als</strong> »due pitture similmente fatte a misura« beschrieben. (Vgl. AK Jacob Jordaens, a.a.O., S.<br />

268) Jedes der beiden Gegenstücke hing ursprünglich über einer Tür der »saletta maggiore« im Carennas<br />

Antwerpener Haus. Nicht nur die Signaturen (beide sind signiert mit »J. Jor. 1653«), sondern vor allem mehrere<br />

Bildelemente, die in beiden Gemälden auftauchen und miteinander korrespondieren, weisen darauf hin,<br />

dass die Gemälde <strong>als</strong> Gegenstücke konzipiert waren. Während auf dem Bankettbild ein kleiner Hund eingerollt<br />

auf Kleopatras Schoß schläft, steht der gleiche Hund aufgeregt bellend in ihrem Schoß, <strong>als</strong> ihr der Korb mit<br />

Früchten und den darunter verborgenen Schlangen gereicht wird. In beiden Bildern taucht im rechten Vordergrund<br />

ein großer, das Geschehen aufmerksam verfolgender Jagdhund auf. <strong>Die</strong> Korrespondenzen werden im<br />

Personal fortgesetzt. Der Mohrenpage, der im Bankett den Essigkrug herbeiträgt, erscheint im Tod der Kleopatra<br />

im Hintergrund stark emotionalisiert wieder. In der Bankettszene deutet ein Narr, der einen Papagei auf<br />

der Hand trägt, mit verweisender Geste auf den Vogel und damit auf die moralische Bedeutung der Handlung.<br />

Der gleiche Narr starrt im korrespondierenden Gemälde der Sterbenden fasziniert ins Gesicht. Es wird <strong>als</strong>o<br />

über wiederkehrendes Personal und Tiere ein Geflecht zwischen den beiden Gemälden hergestellt, das dem<br />

Betrachter die Zusammengehörigkeit und moralische Korrespondenz der beiden Gegenstücke signalisiert.<br />

162


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

vergängliches geschildert. Der verzweifelte Blick der Sterbenden und die Affekte<br />

des Hofstaats lassen keine andere Interpretation zu.<br />

In den frühen Serien der ›Starken Frauen‹ kommt Kleopatra im 16. Jahrhundert<br />

noch ganz selbstverständlich <strong>als</strong> eine der exemplarischen Figuren vor, so bei Do-<br />

menico Beccafumi (1486-1551) [Abb. 41] und beim »Maître des héroїnes de Chigi-<br />

Saracini« 111 [Abb. 42]. Sie ist stets ganzfigurig und frontal <strong>als</strong> junge Frau gegeben,<br />

die an ihrem Attribut, der Schlange, zu erkennen ist. Auch die Serie des Nicolas<br />

Prévost (1604-1670), die 1642 [Abb. 43] entstand, bietet eine vergleichbare Insze-<br />

nierung: unter einem purpurroten Baldachin hält die auf einem prächtigen Bett<br />

Abb. 41 Abb. 42 Abb. 43<br />

sitzende Königin die Schlange am Busen.<br />

Es ist bemerkenswert, dass Kleopatra nicht in die Graphikserien von<br />

François Chauveau (1613-1676) und Abraham Bosse (1602-1676) aufgenommen<br />

wurde, die die Schriften von Du Bosc (1645) und von Le Moyne (1647) illustrierten.<br />

Inzwischen hatte sich das Bild der Königin offensichtlich von der vorbildlichen und<br />

selbstbewussten Regentin zur lasziven femme fatale verändert.<br />

In der Sterbeszene kann Kleopatra auf den ersten Blick leicht mit anderen Köni-<br />

ginnen wie Dido und Sophonisbe verwechselt werden. Deshalb sind die Schlangen<br />

zu ihrem spezifischen, sie von den anderen Heldinnen unterscheidenden Attribut<br />

geworden. Ganz augenfällig ist aber auch, dass frühneuzeitliche Historienmaler bei<br />

der Darstellung Kleopatras ihre körperlichen Reize ungenierter <strong>als</strong> bei den anderen<br />

111 Eine Judith, eine Kleopatra (Katalog 220) und eine Sophonisbe (Katalog 221) wurden früher den »Maestri<br />

di Pandolfo Petrucci«, werden jetzt von Richard-Jamet dem »Maître des heroїnes de Chigi-Saracini« zugeordnet.<br />

Vgl. unten, S. 241f.<br />

163


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen illustrierten – ein spätes und unverhohlenes Echo auf den<br />

schlechten Ruf, den sie bei den Historiographen <strong>als</strong> mit allen Mitteln Politik ma-<br />

chende femme fatale genoss.<br />

Als sich am Ende des 18. Jahrhunderts das Genre beinahe schleichend in<br />

die Historienmalerei integrierte, versuchten Maler, der ägyptischen Königin typisch<br />

›weibliche‹ Seiten abzugewinnen. Besonders Anton Raphael Mengs (1728-<br />

1779) 112 und Angelika Kauffmann (1741-1807) 113 betonten geschlechtsspezifische<br />

Tugenden wie Demut und Selbstaufopferung und hoben <strong>als</strong> herausragende Lei-<br />

stungen Kleopatras Kniefall vor Octavian und ihre Trauer um Antonius hervor.<br />

Kauffmann [Abb. 44] stellt durch caravaggeske Beleuchtung die den Sarkophag des<br />

Geliebten mit Blumen schmückende Kleopatra <strong>als</strong> intime Szene dar. Ganz im Sin-<br />

ne Sulzers 114 wird die Historienmalerin zur Malerin »des menschlichen Ge-<br />

müthes, seiner Empfindungen und<br />

seiner Leidenschaften«. Kleopatra<br />

dekoriert den Sarkophag mit einer<br />

Blumengirlande und drückt in ihrer<br />

gefassten Trauer völlig in sich ge-<br />

kehrt die vom Zeitgeschmack ge-<br />

forderte »stille Größe« aus. Be-<br />

Abb. 44 Abb. 45<br />

zeichnenderweise greift Lady Hamilton 115 in einer ihrer berühmten Attitüden diese<br />

betont demütige Kleopatra auf: sie inszenierte stets den unterwürfigen Kniefall vor<br />

Octavian [Abb. 45]. Am Ende des 18. Jahrhunderts wird politisches Handeln einer<br />

Königin, einer neuen Ästhetik entsprechend, in geschlechtsadäquates Verhalten<br />

wie Trauer, Selbstaufopferung und Verzicht umgedeutet. 116<br />

112<br />

Vgl. Katalog 242.<br />

113<br />

Vgl. Katalog 189 (Kleopatra schmückt den Sarg des Antonius) und 190 (hier wird Kleopatra im Kniefall vor<br />

dem späteren <strong>August</strong>us gezeigt).<br />

114<br />

Johann <strong>Georg</strong> Sulzer: Allgemeine Theorie der schönen Künste, in einzeln, nach alphabetischer Ordnung<br />

der Kunstwörter auf einander folgenden Artickeln abgehandelt, 4 Bde, Frankfurt/Main und Leipzig, 3 1798, hier<br />

Bd. 2, S. 671.<br />

115<br />

Vgl. Katalog 303; ausführlich dazu Ittershagen, Ulrike: Lady Hamiltons Attitüden, Mainz 1999, S. 101-104;<br />

außerdem Baumgärtel, Bettina (hier <strong>als</strong> Autorin) im Katalogteil des AK Angelika Kauffmann, Düsseldorf 1998,<br />

S. 262.<br />

116<br />

Reynolds (Katalog 337) porträtierte Kitty Fisher <strong>als</strong> Kleopatra, die eben die Perle in die mit Essig gefüllte<br />

Trinkschale fallen lässt. Dabei zitiert er im Ausschnitt die Geste aus Trevisanis Bankett der Kleopatra (heute in<br />

der römischen Galleria Spada). Kitty Fisher hatte sich in London einen Ruf <strong>als</strong> Lebedame und Kourtisane erworben<br />

und konnte mit solch gewagtem Rollenporträt ihr Ansehen nicht weiter verschlechtern. <strong>Die</strong> Marmorbüste<br />

von Richard Cockle Lucas, die die berühmte Salonnière Lady Stepney <strong>als</strong> Kleopatra mit einer Schlange am<br />

Arm zeigt (Abb. bei Walker / Higgs, a.a.O., S. 350), spielt wohl auf eine Rolle in einem Theater- oder Lesestück<br />

an.<br />

164


Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Getragen von den Moden der Ägyptomanie und des Orientalismus wurde<br />

Kleopatra im weiteren 19. Jahrhundert ausschließlich <strong>als</strong> dekadente Herrscherin<br />

inszeniert, die ein entsetzliches, aber letztlich gerechtes Ende fand. In Variationen<br />

der femme fatale lassen Rixens (1846–1924) 117 , Arthur (1875-1922) 118 , Böcklin<br />

(1827-1901) 119 und Makart (1840-1884) 120 die Regentin ihren frühen Tod finden.<br />

Dabei sind auch noch in diesen späten Bildfindungen die aus der Graphik entwi-<br />

ckelten frühneuzeitlichen Grundmuster zu erkennen: in Böcklins Kleopatra scheint<br />

noch die Verzweifelte des Hans Sebald Beham durch, die Reni und Guercino in<br />

halbfigurige Darstellungen übertrugen und affektisch aufluden. Rixens, Arthur und<br />

Makart lassen ihre über die Verzweiflung ihres Hofstaats erhabene Heldin ein-<br />

drucksvoll souverän erscheinen. Noch einmal wirkt das von der vermeintlichen<br />

Kleopatra-Statue des Cortile del Belvedere inspirierte stoische Grundmuster nach.<br />

117 Vgl. Katalog 348.<br />

118 Vgl. Katalog 20.<br />

119 Vgl. Katalog 38; Franz von Stuck zitierte Böcklins Sterbende Kleopatra in seinem Gemälde Sünde (1891)<br />

mit wenigen Veränderungen und verdeutlicht damit die zeitgenössische Sicht der ägyptischen Königin.<br />

120 Vgl. oben, S. 13 (Katalog 223).<br />

165


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

Porzia: Antike Quellen<br />

In die Reihe römischer <strong>Tugendheldin</strong>nen, die in der Ikonographie der Frühen Neu-<br />

zeit eine Rolle spielen, gehört am Rande auch Porzia 1 , Tochter des Cato Uticensis<br />

und Gattin des Cäsarmörders M. Brutus 2 . Sie war bereits in den Epigrammen des<br />

Martial sprichwörtlich 3 und wurde von Aelian neben Cloelia und Cornelia unter die<br />

berühmten tugendhaften römischen Frauen gerechnet. 4 Von ihr berichten Plutarch<br />

in der Biographie des Brutus 5 und Valerius Maximus 6 in den Memorabilien. Sie ge-<br />

hörte <strong>als</strong> Tochter des Cato 7 zum republikanischen Lager und wurde durch ihren<br />

heroischen Selbstmord zur Verkörperung republikanischer und stoischer Gesin-<br />

nung. Schon vor dem Anschlag auf Cäsar verletzte sie sich mit einem Messer, um<br />

ihren Mut für den Fall auf die Probe zu stellen, dass die Verschwörung misslingen<br />

1<br />

Miltner, Franz s. v. in: RE, Bd. 43, Stuttgart 1953, Sp. 216-218.<br />

2<br />

Sie war in erster Ehe mit M. Bibulus verheiratet, der 48 v. Chr. starb. Brutus hatte sich von seiner ersten Frau<br />

Claudia scheiden lassen und heiratete Porzia im Juni 45. Als Tochter des Cato, der 46 v. Chr. Selbstmord<br />

begangen hatte, war sie zum Zeitpunkt ihrer Ehe mit Brutus eine Repräsentantin der römischen Republik.<br />

3<br />

»Coniugis audisset fatum cum Porcia Bruti / Et subtracta sibi quaereret arma dolor, / ›Nondum scitis‹ ait ›mortem<br />

non posse negari? / Credideram, fatis hoc docuisse patrem.‹ / Dixit et ardentis avido bibit ore favillas. / I<br />

nunc et ferrum, turba molesta, nega.« (I,42) (›Als Porzia das Schicksal des Gatten Brutus vernommen hatte<br />

und in ihrem Schmerz nach den versteckten Waffen suchte, sagte sie: »Wisst ihr nicht, dass man den Tod<br />

nicht verhindern kann? Ich glaubte, dass dies das Geschick meines Vaters gezeigt hat.« Sprach’s und nahm<br />

begierig die glühende Asche zu sich. Geh jetzt, lästige Menge, und verweigere den Dolch.‹)<br />

4<br />

Claudius Aelianus: Ποικίλη Ἱστορία, XIV, 45 (übersetzt von DeVoto, James), Chicago 1995, S. 339f.<br />

5<br />

Plutarch: Brutus 53,5<br />

6<br />

: »Tuos quoque castissimos ignes, Porcia M. Catonis filia, cuncta saecula debita admiratione prosequentur.<br />

Quae, cum apud Philippos victum et interemptum virum tuum Brutum cognosses, quia ferrum non dabatur,<br />

ardentes ore carbones haurire non dubitasti, muliebri spiritu virilem patris exitum imitata. Sed nescio an hoc<br />

fortius, quod ille usitato, tu novo genere mortis absumpta es « (Valerius Maximus: Factorum et dictorum<br />

memorabilium libri IV,6,5) – Cuius filia minime muliebris animi. Quae, cum Bruti viri sui consilium, quod de<br />

interficiendo ceperat Caesare, ea nocte, quam dies taeterrimi facti secutus est, cognosset, egresso cubiculum<br />

Bruto cultellum tonsorium quasi unguium resecandorum causa poposcit eoque velut forte elapso se vulneravit.<br />

Clamore deinde ancillarum in cubiculum revocatus Brutus obiurgare eam coepit, quod tonsoris praeripuisset<br />

officium. Cui secreto Porcia ›Non est hoc‹ inquit ›temerarium factum meum, sed in tali statu nostro amoris mei<br />

erga te certissimum indicium: experiri enim volui, si tibi propositum parum ex sententia cessisset, quam aequo<br />

animo me ferro essem interemptura.‹ (III,2,15) (›Auch deine keusche Leidenschaft, Porcia, Tochter des M.<br />

Cato, werden alle Jahrhunderte mit gebührender Bewunderung ehren. Als du erfahren hattest, daß dein Mann<br />

Brutus bei Philippi besiegt und getötet worden war, hast du, weil man dir keine Waffe gab, nicht gezögert,<br />

glühende Kohlen zu verschlucken; mit weiblichem Mut hast du den mannhaften Tod deines Vaters<br />

nachgeahmt. Ich vermute aber, daß deine Tat tapferer war, weil jener auf die übliche, du aber auf eine neue<br />

Weise starbst.‹ [Übersetzung von Ursula Blank-Sangmeister: Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia,<br />

Denkwürdige Taten und Worte Stuttgart 1991, S. 119] – ›Seine Tochter Porcia war völlig frei von weiblichen<br />

Schwächen. Als sie in der Nacht vor der entsetzlichen Tat erfahren hatte, daß ihr Mann Brutus plante, Cäsar<br />

zu töten, erbat sie sich, nachdem Brutus das Schlafzimmer verlassen hatte, ein Barbiermesser, angeblich, um<br />

sich die Nägel zu schneiden; sie ließ es wie zufällig aus den Händen gleiten und verletzte sich damit. Da<br />

wurde Brutus durch das Geschrei der Mägde ins Schlafzimmer zurückgerufen und begann, sie<br />

auszuschimpfen, weil sie dem Barbier seine Arbeit abgenommen habe. Unter vier Augen sagte Porcia zu ihm:<br />

„Es war dies kein Versehen von mir, sondern angesichts unserer Lage ein unumstößlicher Beweis meiner<br />

Liebe zu dir: Ich wollte nämlich herausfinden, wie angstfrei ich mich, wenn dein Vorhaben nicht den<br />

erwünschten Erfolg hätte, erdolchen könnte.“‹ [S. 79]) Außerdem erwähnt Appian das Ende Porzias in seiner<br />

Römischen Geschichte (IV, 136) (Appianus Alexandrinus: Ρωμαϊκῶν Ἐμυσλίων, hrsg. von Paul Viereck,<br />

Leipzig 1986, S. 515 [= 136]).<br />

7<br />

Zu Cato Uticensis vgl. Fehrle, Rudolf (Hrsg.): Cato Uticensis, Darmstadt 1983.<br />

166


Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

sollte. Brutus beging nach der Niederlage der Republikaner bei Philippi 43 v. Chr.<br />

Selbstmord. Da Porzias Entschlossenheit, dem Beispiel ihres Mannes zu folgen,<br />

bekannt war 8 und deshalb alle Waffen aus ihrer Reichweite entfernt wurden, muss-<br />

te sie sich auf ungewöhnliche Art, durch Schlucken glühender Kohlen, den Tod<br />

geben.<br />

Porzia: Literarische Rezeption<br />

Nachdem bereits Hieronymus Porzia enthusiastisch <strong>als</strong> vorbildliche Ehefrau (»felix<br />

et pudica matrona«) 9 gerühmt hatte, nahmen sie Boccaccio 10 und Christine de Pi-<br />

zan 11 in ihre Zusammenstellungen berühmter Frauen auf und werteten ihr Verhal-<br />

ten <strong>als</strong> Inbegriff von Gattentreue, Verschwiegenheit und Tapferkeit. Boccaccio hebt<br />

in gleicher Weise ihre politische Haltung (patria fortitudo et perseverantia) und ihre<br />

Gattenliebe (amor inexhausti vigoris) hervor und preist Brutus glücklich, dem eine<br />

solche Frau (integre et caste) zur Seite stand. In ihrer Polemik gegen frauenfeindli-<br />

8<br />

Plutarch (Brutus 32,2) berichtet, dass Porzia nach Flucht ihres Mannes von den politischen Gegnern nicht<br />

behelligt wurde.<br />

9<br />

Adversus Jovianum 1, 46 (PL 23,2); das Urteil des Hieronymus verwundert angesichts seiner positiven Haltung<br />

zu Lukretias Selbstmord nicht (vgl. oben, S. 119).<br />

10 2<br />

Boccaccio, Giovanni: Tutte le Opere, hrsg. von Vittore Branca, Milano 1970, Bd. X, De mulieribus claris,<br />

LXXXII: De Portia Catonis Uticensis filia, S. 326-331.<br />

11<br />

»Dit Cristine a Dame Droiture contre ceulx qui dient que femmes ne scevent riens celer, et la responce que<br />

lui fait est de Porcia, fille de Catho. xxv·/ ›Dame, je congnois certainement maintenant, et autrefoiz l'ay apperceu,<br />

que grant est l'amour et la foy que maintes femmes on eu et ont a leurs maris. Pour ce je me donne merveille<br />

d'un lengage que cuert assez communement entre les hommes et mesmement maistre Jehan de Meun<br />

trop fort l'afferme en son Rommant de la Rose, et autres aucteurs aussi le font, que homme ne die a sa femme<br />

chose que il vueille celer et que femmes ne se scevent taire.‹ Responce : ›Amie chiere, tu dois savoir que<br />

toutes femmes ne sont mie sages et semblablement ne sont les hommes, par quoy se un homme a aucun<br />

scavoir, il doit bien voirement aviser quel sens sa femme a et quel bonté, ains qu'il lui die gaires chose qu'il<br />

vueille celer, car peril y peut avoir. Mais quant un homme sent qu'il a une femme bonne, sage et discrete, il<br />

n'est ou monde chose plus fiable ne qui tant le peust reconforter. / Et que femmes fussent si pou secretes<br />

comme yceulx veulent dire, et ancore a propos de femmes amantes leurs maris, n'ot mie celle oppinion jadis a<br />

Romme le noble homme Brutus, mari de Porcia. Celle noble dame portia fu fille de Cathon le Mendre qui neveu<br />

estoit au grant Catho. Son dit mari, qui la senti tres sage, secrete et chaste, lui dist l'entencion que il avoit,<br />

lui et Cassien, qui estoit un autre noble homme de Romme, de occire Julius Cesar au conseil, laquelle chose<br />

la sage dame, avisant le grant mal qui en vendroit, de tout sa puissance lui desconseilla et desloua. Et du<br />

soucy de ceste chose fu a si grant meschef que toute nuit dormir ne pot. Le matin venu, quant Brutus yssoit de<br />

sa chambre pour aler parfournir son emprise, la dame, qui moult voulentiers l'en destournast, prist le rasoir du<br />

barbier, si comme pour trancher les ongles et le laissa cheoir. Puis fist maniere de le reprendre et tout de gré<br />

le se ficha en la main, par quoy ses femmes, qui navree la virent, si fort s'escrierent que Brutus retourna. Et<br />

quant bleciee la vit il la blasma et dist que ce n'estoit mie son office de ouvrer de resouer, mais au barbier. Et<br />

elle lui respondi qu'elle ne l'avoit pas fait si follement comme il pensoit, car ce avoit elle fait tout de gré pour<br />

essayer comment elle se occiroit se l'emprise qu'il avoit faicte venoit mal pour lui. Mais cellui ne s'en laissa<br />

oncques et ala et occist tantost apres, entre lui et Cassien, Julius Cesar. Mais ilz en furent exillez et en fu puis<br />

occis Brutus, nonobstant qu'il s'en fust fuy hors de Romme. Mais quant Porcia sa bonne femme sceut sa mort,<br />

tant fu grande sa douleur qu'elle renonça a joye et vie. Et pour ce que on lui tolli couteaulx et toute chose dont<br />

occire se peust, car on veoit bien ce que faire vouloit, elle ala au feu et prist charbons ardans et les avala et<br />

ainsi se ardi et estaigni. Et par celle voye, qui fu la plus estrange dont oncques autre mourust, fina la noble<br />

Porcia.‹« Christine de Pizan: Le Livre de la Cité des Dames, hier zitiert nach der elektronischen Edition von<br />

Skemp, Mary, Electronic Text Research Center, University of Minnesota, Minneapolis, MN, 1999<br />

(http://erc.lib.umn.edu/dynaweb/french/pizalaci/@Generic__BookTextView) (zuletzt aufgerufen: 15.12.2006);<br />

deutsche Übersetzung bei Margarete Zimmermann (Christine de Pizan: Stadt der Frauen, Berlin 2 1987, S.<br />

166f.).<br />

167


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

che Positionen des Roman de la Rose führt Christine de Pizan 12 Porzia <strong>als</strong> positi-<br />

ves Beispiel für weibliche Klugheit und Verschwiegenheit an, weil sie den Anschlag<br />

missbilligte und gleichwohl schwieg.<br />

Es lag schon deshalb nahe, dass auch dieser Stoff vom Historiendrama der<br />

Frühen Neuzeit aufgegriffen wurde, weil der Untergang der römischen Republik in<br />

Renaissance und Barock ein viel behandeltes Thema war. So spielt Porzia nicht<br />

nur in zahlreichen Caesar-Tragödien von Shakespeare 13 (1599/1623) über Geor-<br />

ges Scudéry (1635) bis Voltaire (1735) eine verschieden akzentuierte Rolle; auch<br />

ihr selbst wurden (zumindest in Frankreich) eine Reihe von Tragödien gewidmet,<br />

von Robert Garnier (Porcie, tragédie françoise, représentant la cruelle et sanglante<br />

saison des guerres civiles de Rome [1568]) 14 über Guerin du Bouscal (La mort de<br />

Brute et de Porcie ou la vengance de la mort de César [1637]) 15 bis Claude Boyer<br />

(La Porcie Romaine [1646]) 16 , die stets von Plutarchs Biographie des Brutus inspi-<br />

riert sind. Der Stoff konnte sich im unmittelbaren Umfeld von Corneille 17 behaup-<br />

ten, da der Konflikt zwischen Liebe und Politik, der in vielen frühneuzeitlichen Tra-<br />

gödien von zentraler Bedeutung ist, in Porzia schon deshalb einen geeigneten<br />

Vorwurf fand, weil sich Gattenliebe und politisches Engagement in ihrer Person<br />

verbindet: »Si je l'aime beaucoup, c’est un peu moins que Rome«. 18 Zwar entfällt<br />

wegen der perfekten Harmonie zwischen Brutus und Porzia die Liebesintrige, die<br />

in einem klassischen Drama meist ihren Platz hat; dafür erhalten Reflexionen über<br />

die Staatsräson einen umso breiteren Platz. Boyer lässt Brutus <strong>als</strong> möglichen Ret-<br />

ter Roms erscheinen, der <strong>als</strong> einziger zu verhindern versuchte, dass der römische<br />

Staat zum Spielball von Erbauseinandersetzungen wurde. 19 <strong>Die</strong> Figur der Porzia<br />

ließ sich ebenso wie Kleopatra oder Dido dem Programm der französischen Früh-<br />

12<br />

A.a.O., S. 168f. (XXVIII)<br />

13<br />

In Shakespeares Julius Cäsar wird die Chronologie der Handlung insofern verändert, <strong>als</strong> Brutus selbst Cassius<br />

berichtet, dass seine Frau aus Gram über seine durch den Bürgerkrieg bedingte Abwesenheit und aus<br />

Melancholie, die sie über die wachsende Macht des Antonius und des Octavian überfiel, Selbstmord begangen<br />

habe. (IV, 3, v151ff: Impatient of my absence,/ And grief that young Ocatvius with Mark Antony / Have made<br />

themselves so strong; for with her death / That tidings came. With this she fell distract, / And, her attendants<br />

absent, swallow’d fire.) (Shakespeare, William: Julius Caesar (Dorsch, T. S. Hrsg.) London 6 1955, S. 105)<br />

14<br />

Das Stück wurde erst 1573 im Hôtel de Bourgogne aufgeführt. Garnier, Robert: Porcie, hrsg. von R. Lebègue,<br />

Paris [Les Belles Lettres] 1973; Robert Garnier, Porcie, hrsg. von Jean-Claude Trenaux, Paris 1999.<br />

15<br />

Der einzige Druck (Toussaint Quinet, Paris 1637) ist inzwischen über die Bibliothèque Nationale<br />

(http://gallica.bnf.fr/scripts/ConsultationTout.exe?E=0&O=N071608) (zuletzt aufgerufen: 15.12.2006) leicht<br />

elektronisch zugänglich. Vgl.www.publifarum.farum.it/n/02/pdf/Doiron.pdf (zuletzt aufgerufen: 15.12.2006).<br />

16<br />

Marie Roux hat 1997 unter der Leitung von <strong>Georg</strong>es Forestier an der Université de Paris IV Sorbonne eine<br />

kritische Ausgabe vorgelegt, die auf der Netzseite des Centre de Recherche sur l’Histoire du Théâtre (CRHT)<br />

abzurufen ist (http://www.crht.org/?Biblioth%E8que+dramatique/La+Porcie+Romaine) (zuletzt aufgerufen:<br />

15.12.2006).<br />

17<br />

Vgl. unten S. 196ff.<br />

18<br />

Boyer II, 2, v. 418<br />

19<br />

Boyer I, 3, v. 92: »Taschons par nostre exemple à guérir les Romains«<br />

168


Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

klassik dienstbar machen. 20 Auch in der Folge blieb Porzia zumindest über die ver-<br />

breiteten Cäsar-Dramen so bekannt, dass Madame de Charrière sie noch 1785<br />

sprichwörtlich <strong>als</strong> vorbildliche Ehefrau anführen kann. 21 Das Thema der ehelichen<br />

Treue griff auch Johann Gottfried Herder noch einmal auf, <strong>als</strong> er 1774 seinem von<br />

Johann Christoph Friedrich Bach, dem Bückeburger Bach, vertonten Libretto Bru-<br />

tus eine Porzia-Szene einfügte, die eine interessante Referenz auf die Historien-<br />

malerei enthält: Herders zunächst heldenhaft von Brutus Abschied nehmende Por-<br />

zia wird zu Tränen gerührt, <strong>als</strong> sie ein Bild mit Hektors Abschied von Andromache<br />

erblickt. 22<br />

Porzia: Ikonographie<br />

In den Holzschnitten [Abb. 1] der ersten illustrierten Ausgabe von Boccaccios De<br />

claris mulieribus 23 aus dem Jahre 1473 wurde die Geschichte Porzias von einem<br />

unbekannten Künstler auf drei nebeneinander gesetzte Szenen verdichtet: Ganz<br />

links hat sich Porzia eben mit dem Dolch am Fuß verletzt, der Dolch selbst steckt<br />

noch dramatisch in ihrem Fuß. Brutus beugt sich besorgt zu ihr, während sie mit<br />

sprechend erhobener Hand andeutet, die Verletzung mit Absicht herbeigeführt zu<br />

20 »En mettant en scène cet affrontement dont l’issue est capitale pour le destin de Rome, Boyer a voulu en<br />

faire une tragédie politique. Le sujet de la pièce est conforme à la définition de la tragédie politique que donne<br />

Corneille dans le Discours du poème dramatique: la dignité de la tragédie demande «quelque grand intérêt<br />

d’Etat, ou quelque passion plus noble et plus mâle que l’amour, telles que sont l’ambition ou la vengeance».<br />

La pièce de Boyer illustre les deux termes de l’alternative énoncée par Corneille. D’une part, elle met en jeu<br />

«l’intérêt d’Etat» puisque Brutus se bat pour instaurer la République et pour mettre fin aux proscriptions et aux<br />

souffrances que les Triumvirs font endurer au peuple. Brutus et Porcie font même passer cet ›intérêt d’Etat‹<br />

avant leur propre vie. Cette notion de patriotisme, omniprésente dans la pièce, étoffe la dimension politique de<br />

cette tragédie. D’autre part, La Porcie Romaine est aussi l’illustration du second terme de l’alternative énoncée<br />

plus haut, c’est-à-dire «quelque passion plus noble et plus mâle que l’amour, telles que sont l’ambition et la<br />

vengeance». (Roux, Marie, Introduction, vgl. Fußnote 16)<br />

21 »Mais ne serions-nous pas fâchées d'apprendre que […] Porcie, fille de Caton, ait eu des amants?« (zitiert<br />

nach der elektronischen Ausgabe von Michel Pacaud http://un2sg4.unige.ch/athena/charriere/char_lau.rtf)<br />

(zuletzt aufgerufen: 15.12.2006).<br />

22 <strong>Die</strong> Szene ist durch eine Passage bei Plutarch (Brutus 23) inspiriert, die ihrerseits <strong>als</strong> früher Beleg für durch<br />

Gemälde ausgelöste Affekte gelten kann. Der Text bei: Herder, Johann Gottfried: Sämmtliche Werke, hrsg.<br />

von Suphan, Bernhard, Berlin 1884, Bd. 27, S. 52-68 (die Fassung von 1772 ohne die Porzia-Szene S. 11-27).<br />

Porzia sagt bei Herder (S. 64): »Ach, alles, alles war er mir, / mir Vater, Bruder, Freund! / Und bald, ach, wird<br />

die Stunde seyn / und Brutus ist nicht mehr! / was ist dann mir geblieben / in aller Welt! / O mit Dir! mit Dir<br />

sterben!« Herder schreibt am 12.12.1772 an seine Verlobte: »P.S. In meinen Brutus, den ich etwas umgearbeitet,<br />

ist noch die Porcia, sein edles Weib, gekommen: denn Ein Zug von ihr hat mich im Plutarch bis zum<br />

Erstaunen gerührt. Da sie beide von einander Abschied nehmen, bezwingt sie sich, und geht Thränenlos weg:<br />

es fällt ihr aber das Gemälde in die Augen ›der Abschied Hektors von der Andromache aus Homer‹, der sehr<br />

rührend ist, und die sich nie wieder sehen. Da bricht sie in Thränen und in die Worte Homers aus – ich werde<br />

Ihnen nächst die Stelle abschreiben […]. Auch habe ich gehört, Klopstock habe eigentlich statt Sokrates den<br />

Brutus in seinen Messias bringen wollen, aber sich vorm Selbstmorde gefürchtet: Porcia ist daher geblieben,<br />

und ist dieselbe Porcia des Brutus.« (Herders Briefwechsel mit Caroline Flachsland, hrsg. von Schauer, Hans,<br />

Weimar 1928, Bd. 2, S. 300f.)<br />

23 Katalog 412.<br />

169


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

haben, um ihren Mut auf die Probe zu stellen. 24 In der Mitte wird die Ermordung<br />

Cäsars auf die drei Hauptbeteiligten<br />

konzentriert in Szene gesetzt: Cas-<br />

sius und Brutus stechen auf den <strong>als</strong><br />

König gekleideten Cäsar ein. Im rech-<br />

ten Teil des Holzschnittes kniet Por-<br />

zia allein am Feuer und tötet sich mit<br />

einem Kohlenstück. Ganz im Sinne<br />

Boccaccios wird zugleich ihre politi-<br />

sche Rolle <strong>als</strong> Vertraute und Mitwis-<br />

Abb. 1<br />

serin an der geplanten Ermordung Cäsars und die Gattenliebe in dieser ersten<br />

künstlerischen Bearbeitung des Themas herausgestellt.<br />

Von einer sich selbst verletzenden Porzia auf einem cassone 25 von Michele<br />

da Verona (um 1470-1536) abgesehen, scheint die politische Rolle Porzias auf<br />

cassoni-Darstellungen 26 nicht aufgegriffen worden zu sein; die Darstellungen<br />

konzentrierten sich auf die Selbst-<br />

mordszene. Eine mit Pinsel und<br />

Feder ausgeführte Zeichnung von<br />

Barend van Orley 27 (ca. 1488-<br />

1541), die den Selbstmord Porzias<br />

inmitten ihrer häuslichen Umge-<br />

bung wiedergibt [Abb. 2], mag eine<br />

Vorstellung von verlorenen Dar-<br />

stellungen auf cassoni vermitteln.<br />

Sehr bald entfällt die Darstellung<br />

Abb. 2<br />

der probeweisen Selbstverletzung Porzias, die ihr Mitwissen an der Verschwörung<br />

andeutet: Porzia wird zuförderst zum Emblem treuer Gattenliebe. 28<br />

24 Boccaccio hat (De claris mulieribus, LXXXII: De Portia Catonis Uticensis filia, 8, a.a.O., S. 328) diese Szene<br />

dramatisiert (»Minime temerarie factum quod putas est; tentatura autem quo animo me ipsam gladio perimere<br />

et mortem perpeti possem, si minus tibi pro votis cepta succederent, feci.« (›Ich habe das keineswegs unbedacht<br />

getan, wie du glaubst; ich hab es getan, weil ich erproben wollte, ob ich mich selbst mit dem Schwert<br />

töten und den Tod ertragen könnte, falls dein Vorhaben nicht den erhofften Erfolg haben sollte.‹))<br />

25 Katalog 85. Porzia sticht sich in den Fuß und fasst Brutus am Arm.<br />

26 Siehe Schubring, a.a.O., 306, 365, 376, 682.<br />

27 Katalog 262.<br />

28 <strong>Die</strong> von Pigler (II, S. 396) notierte Aufnahme in eine Ausgabe der Emblemata des Alciat (1602) konnte ich<br />

nicht verifizieren.<br />

170


Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

<strong>Die</strong>s gilt zum Beispiel für eine hervorragende Dreiviertel-Skulptur 29 des Gian<br />

Maria da Padova, gen. il Mosca (1493/95 - nach 1574) aus der Sammlung Fran-<br />

chetti in Venedig [Abb. 3]. Allerdings vereint die subtile und geistreiche subscriptio<br />

noch einmal die Gattenliebe und den Stolz der Tochter des republikanischen<br />

Hauptgegners Cäsars. 30<br />

Im Vergleich mit den anderen in dieser<br />

Untersuchung behandelten <strong>Tugendheldin</strong>nen,<br />

Dido, Lukretia, Sophonisbe und Kleopatra, wur-<br />

de Porzia selten zum Bildthema gewählt. 31 Da-<br />

bei mag eine Rolle gespielt haben, dass die<br />

Figur der untröstlichen Witwe den latenten<br />

Grundkonflikt zwischen Liebe und Politik über-<br />

deckte und damit das Sujet an Dramatik verlor.<br />

Immerhin spielte Porzia eine gewisse Rolle in<br />

den ›Galerien starker Frauen‹. 32<br />

Während Lukretias Tod einen politischen<br />

Abb. 3<br />

Umsturz auslöste und bei den Regentinnen Dido, Sophonisbe und Kleopatra Herr-<br />

scherrolle und Liebesleidenschaft in einen unlösbaren Konflikt führten, stimmen<br />

bedingungslose Gattentreue und politische Haltung bei Porzia so nahtlos überein,<br />

dass sich kein wirklicher dramatischer Konflikt und damit auch kein entsprechen-<br />

des ikonographisches Motiv entwickeln ließ 33 . <strong>Die</strong> mangelnde dramatische ›Fallhö-<br />

he‹ kann erklären, dass Porzia weder im Historiendrama noch im Historienbild der<br />

Frühen Neuzeit eine große Karriere machte. Im Umkehrschluss, dass der dramati-<br />

sche Erfolg der anderen <strong>Tugendheldin</strong>nen die Voraussetzung ihrer ikonographi-<br />

schen Laufbahn war.<br />

Im Historiengemälde wurde Porzias vorbildliche Gattenliebe hervorgehoben<br />

und die <strong>Tugendheldin</strong> zur stoischen Märtyrerin stilisiert, deren Darstellung sich<br />

29<br />

Katalog 83.<br />

30<br />

PORTIA SVM BRVTI CONIVX ET NATA CATONIS // QVAM DEDIT OPTATAE FLAMMEA PRVNA NECI.<br />

(›Porzia bin ich, Frau des Brutus und Tochter des Cato, // der die glühende Kohle den gewünschten Tod gab.‹)<br />

31<br />

Auch Pigler, a.a.O., S. 396, hat nur eine geringe Zahl von Bearbeitungen gefunden.<br />

32<br />

Vgl. unten, S. 253.<br />

33<br />

Boyer versuchte dem abzuhelfen, wenn er Porzia sich im Lager der Cäsarmörder aufhalten und an der letzten<br />

Schlacht indirekt teilnehmen lässt. So kommt es zu einer konfliktuösen Begegnung (V, 2) Porzias mit Octavian,<br />

der seine politische Gegnerin zu erniedrigen sucht. Boyer funktionalisiert den letzten Auftritt Porzias dazu,<br />

ihre Willensstärke und politische Haltung zu verdeutlichen. Der Selbstmord selbst wird, den Erfordernissen<br />

des frühklassischen Theaters entsprechend, <strong>als</strong> Bericht gegeben. <strong>Die</strong> politische Rolle in den Historiendramen<br />

nehmen stets Brutus (und Caesar) ein. Porzias Tod wird stets mit der Gattenliebe, nicht mit ihrer Zugehörigkeit<br />

zum republikanischen Lager motiviert.<br />

171


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

nicht von Heiligenbildern unterschied. Ihr spektakulärer Selbstmord wird zum Bei-<br />

spiel von Guido Reni (1575-1642) 34 [Abb. 4] und von Pierre Mignard (1612-1695) 35<br />

durch Halbfigurigkeit an den Betrachter herangerückt und so gleichsam intim in-<br />

szeniert. Reni hat seine Porzia vor dunklen Hintergrund gestellt, so dass die helle<br />

Hautfarbe des Gesichts, des Dekolletés und der Hände besonders stark hervortre-<br />

ten. Porzia wendet ihren Blick himmelnd nach oben, während die Linke den Deckel<br />

der Kohlenschale anhebt und die Rechte nach den Kohlen greift. Der Blick wider-<br />

spricht der Gestik und deutet an, wie nebensächlich der schmerzhafte Griff nach<br />

den glühenden Kohlen für die zum Selbstmord Entschlossene ist. Pierre<br />

Mignard stellt Porzia<br />

[Abb. 5] noch deutlicher<br />

in der Pose einer<br />

christlichen Märtyrerin<br />

vor und arbeitet mit<br />

einer Farbpalette, die<br />

marianische Farben<br />

bevorzugt. Der Küns-<br />

tler betont die Erge-<br />

bung ins Schicksal, die<br />

Abb. 4 Abb. 5<br />

Heldin blickt himmelnd nach oben, während sie mit einer<br />

Zange eine glühende Kohle aus dem Becken greift. In<br />

ihrer Linken hält sie ein Taschentuch. Über einem wei-<br />

ßen Untergewand mit großem Dekolleté trägt sie einen<br />

blauen Mantel, der mit dem roten Tischtuch des rechten<br />

Vordergrunds kontrastiert. Vom Haar ist nur eine einzel-<br />

ne Strähne zu sehen, da sie eine turbanartige Kopfbe-<br />

deckung in Brauntönen trägt.<br />

Jacques Bellange (1602-1616 <strong>als</strong> tätig nachge-<br />

Abb. 6<br />

wiesen) 36 hat in einer manieriert ausgeführten Radierung [Abb. 6] eine ganzfigurige<br />

Porzia sitzend im Profil nach rechts gegeben; wiese nicht das Kohlenbecken auf<br />

Porzias bevorstehenden Selbstmord hin, könnte man eine Darstellung der Melan-<br />

34 Katalog 331.<br />

35 Katalog 224.<br />

36 Vgl. Katalog 32.<br />

172


Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

cholie vermuten. Porzia stützt das Haupt mit ihrer Linken, die gleichzeitig ein Ta-<br />

schentuch hält.<br />

Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass die Rechte bereits zu den Kohlen<br />

ausgestreckt ist. Der übergroßen Trauer <strong>als</strong> bestimmendem Bildeindruck ordnete<br />

der Künstler alles unter, auch wenn so der Griff nach der glühenden Kohle irreal<br />

wird, weil er von der Protagonistin ungesteuert und ins Leere ausgeführt wird.<br />

Nicolas Prévost (1604-1670) führte seine Porzia<br />

[Abb. 7] <strong>als</strong> Dekoration 37 eines Raums im Schloss Riche-<br />

lieu aus. 38 Mit drei Begleiterinnen steht Porzia ganzfigurig<br />

nach links in einem Tempelbezirk. Ihre Inszenierung <strong>als</strong><br />

stoische Märtyrerin ist offensichtlich: Mit der Rechten<br />

nimmt die <strong>Tugendheldin</strong> eine glühende Kohle vom Altar.<br />

<strong>Die</strong> beiden hinter ihr stehenden Begleiterinnen haben dies<br />

noch nicht bemerkt, während die am Altar stehende Frau<br />

bereits klagend die Hand hebt. Im Zusammenhang des<br />

Abb. 7<br />

Bildprogramms für Anne d’Autriche im Schloss Richelieu steht nicht die Republika-<br />

nerin, sondern die treue Witwe im Vordergrund.<br />

Auch François Chauveau [Abb. 8], der La<br />

femme heroïque des Franziskaners Jacques du<br />

Bosc (1645) illustrierte 39 , hebt in seiner subscriptio 40<br />

mit Nachdruck den Aspekt der Gattenliebe hervor,<br />

obwohl er mit seiner Publikation vor allem die<br />

Gleichwertigkeit der Frauen beweisen wollte, wozu<br />

er Vergleichspaare aus Männern und Frauen zu-<br />

sammenstellte. In der naturgemäß plakativen Deu-<br />

tung der suscriptio stirbt Porzia für ihren Gatten,<br />

während dieser sich dem Vaterland und der Frei-<br />

heit 41 opfert; die geschlechsspezifischen Rollen blei-<br />

Abb. 8<br />

ben so doch noch erhalten. In den Kupferstich-Illustrationen zu Pierre Le Moynes<br />

La Galerie des Femmes Fortes (1647), die Claude Vignon <strong>als</strong> Zeichnungen ent-<br />

37 Katalog 288.<br />

38 Über ursprüngliche Hängung, Geschichte und Restauration des Gemäldes vgl. Goldfarb, Hilliard Todd<br />

(Hrsg.): AK Richelieu (1585-1642), Kunst, Macht und Politik, Ghent 2002, S. 315.<br />

39 Vgl. Katalog 63.,<br />

40 »Son mary meurt pour la patrie, et elle pour son mary.«<br />

41 »Il prefere la mort a la servitude.«<br />

173


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

warf und die Abraham Bosse und Gilles Rousselet 42 ausführten, wird Porzia [Abb.<br />

9] <strong>als</strong> große Figur im Vordergrund statuarisch und monumentalisiert gegeben, um<br />

exemplarische Größe und Stärke zu betonen. Den Prinzipien dieser Reihe ent-<br />

sprechend, tritt die Präsentation in den Vordergrund, während der Selbstmord <strong>als</strong><br />

kleine zarte Zeichnung im Hintergrund erscheint. Porzia erhält in der subscriptio<br />

allerdings eine be-<br />

deutend bessere<br />

Bewertung und wird<br />

ihrem Vater Cato und<br />

ihrem Mann Brutus<br />

gleichgestellt. 43 Der<br />

Kupferstich hatte Er-<br />

folg und wurde auf<br />

einem emaillierten<br />

Becher des 17. Jahr-<br />

hunderts [Abb. 10]<br />

Abb. 9 Abb. 10<br />

übernommen, der Porzia allerdings nur noch <strong>als</strong> Abbreviatur zeigt.<br />

Charles Errards 44 (vor 1607-1689) [Abb. 11] und Luca Giordanos 45 (1634-<br />

1705) [Abb. 12] Beschäftigungen mit dem Thema fallen sehr ähnlich aus, auch<br />

wenn sich Errards drei-<br />

viertelfigurige Porzia un-<br />

ter einem Baldachin und<br />

vor einem Ausblick auf<br />

antike Architektur gegen<br />

die beinahe bäuerlich ge-<br />

kleidete Porzia Giordanos<br />

äußerst elegant aus-<br />

nimmt. Giordano hat sei-<br />

Abb. 11 Abb. 12<br />

ne Farbpalette im Braun-Gelb-Bereich gehalten, so dass das Rot der glühenden<br />

Kohlen ins Auge springt. Während Porzia bei Errard das Kohlenstück in ihrer<br />

42 Vgl. Katalog 65.<br />

43 <strong>Die</strong> subscriptio lautet. »Porcie auale des charbons ardens, pour aller après son Mary: et par la hardiesse et<br />

la nouueauté de sa mort, egale la reputation de Caton et la gloire de Brutus.«<br />

44 Katalog 122. Dazu Kerspern, Sylvain: » À propos de l’Énée transportant Anchise du Musée des Beaux-Arts<br />

de Dijon : jalons pour l’œuvre de Charles Errard«, in: http://www.latribunedelart.com/Etudes_2005/Errard.htm<br />

45 Katalog 155.<br />

174


Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

Rechten fixiert, nimmt Giordanos <strong>Tugendheldin</strong> Blickkontakt mit dem Betrachter<br />

auf. Errards Porzia ist <strong>als</strong> Vertreterin der römischen Nobilität dargestellt, während<br />

Giordano mit seinen Bildmitteln Einfachheit und republikanische Gesinnung andeu-<br />

tet, für die vor allem Cato Uticensis, Vater Porzias, stand.<br />

In ihrem Gemälde Porzia, sich selbst verletzend (1664) [Abb. 13] 46 greift<br />

Elisabetta Sirani (1638-1665) noch<br />

einmal die selten dargestellte pro-<br />

beweise Verletzung Porzias auf und<br />

lässt die dreiviertelfigurig gegebene<br />

<strong>Tugendheldin</strong> den gesamten Vor-<br />

dergrund ausfüllen: Sie hat sich<br />

Abb. 13 Abb. 14<br />

soeben mit einem Barbiermesser am rechten Oberschenkel verletzt. Ein Durchblick<br />

hinten links zeigt drei Frauen bei häuslichen Arbeiten und zeigt die gefühlsmäßige<br />

Isolierung und Angst der Heldin. Auch in dieser Szene steht die schöne Inszenie-<br />

rung im Vordergrund, wie dies auch für die Selbstmorddarstellungen gilt.<br />

Franz Caucig (1755-1828), ein Schüler Heinrich Frieder Fügers und in seiner<br />

künstlerischen Praxis Winckelmann und dem Klassizismus verpflichtet, wählte für<br />

sein Gemälde in Graz [Abb. 14] zwei antikisierende Referenzen 47 : Porzia umarmt<br />

<strong>als</strong> trauernde Witwe mit<br />

ihrer Linken eine Brutus-<br />

Büste, die in Grisailletech-<br />

nik eine antike Bronzebüs-<br />

te <strong>als</strong> Marmorbüste um-<br />

deutet. In deutlicher Über-<br />

nahme der Niobiden-<br />

Darstellung wendet Porzia<br />

Gesicht und Blick himmel-<br />

wärts, während sie in ihrer<br />

Abb. 15 Abb. 16<br />

Rechten bereits eine Zange mit glühender Kohle hält. Trauer und Selbstmord der<br />

jungen Witwe werden gleichgewichtig ins Bild gesetzt. 48 Auch Felix Auvray (1800-<br />

1833) greift das Thema der Selbstverletzung 49 auf und erarbeitete eine Lösung<br />

46 Vgl. Katalog 372.<br />

47 Katalog 131.<br />

48 Vgl. Hagen, Bettina (Hrsg.): AK Antike in Wien, <strong>Die</strong> Akademie und der Klassizismus um 1800, Mainz 2002.<br />

49 Katalog 23.<br />

175


V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

[Abb. 15], die der von Franz Caucig [Abb. 16] sehr ähnlich ist. 50 Beide Künstler si-<br />

tuieren die Szene in einem reich dekorierten Innenraum: Porzia sitzt und erläutert<br />

mit starker Gestik ihrem Ehemann den Grund ihrer Selbstverletzung. Auvray wie<br />

Caucig stellen Brutus stehend dar, die Körperhaltung drückt bei Auvray Nachdenk-<br />

lichkeit, bei Caucig Unverständnis aus. Am Ende der Motivgeschichte tritt so im<br />

Biedermeier der heroische Selbstmord zurück: Porzia interessiert <strong>als</strong> Ehefrau des<br />

Brutus und Mitwisserin am geplanten Cäsarmord, wobei Anmut und Demut ebenso<br />

wie weibliches Zagen und weibliche Ängstlichkeit betont werden.<br />

50 Katalog 132.<br />

176


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

1 Heroische Tugend und Neustoizismus<br />

Der neustoische Hintergrund des Bildmotivs der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

ist unübersehbar. Zwar veränderte die bemerkenswerte Erweiterung des Kanons<br />

bildwürdiger Themen aus Mythos, Geschichte und Religion 1 in der Frühen Neuzeit<br />

auch die Ikonographie tugendhaften Sterbens, gleichwohl wäre die Darstellung des<br />

Selbstmords <strong>als</strong> moralische Handlung ohne die neustoische Leitphilosophie, die oft<br />

nur eine vielseitig einsetzbare Leitrhetorik geblieben sein mag, unter den Voraus-<br />

setzungen des entstehenden konfessionellen Zeitalters gänzlich unverständlich.<br />

<strong>Die</strong>s gilt aber auch für das signifikante Nebeneinander von religiösen und profanen<br />

Todesdarstellungen, von Märtyrern und Tugendhelden, das für die frühneuzeitliche<br />

Bühne und bildende Kunst charakteristisch ist. <strong>Die</strong> zumindest theatralische und<br />

ikonographische Vergleichbarkeit des freiwilligen Todes der Märtyrer und des mo-<br />

ralisch motivierten Selbstmords der Tugendhelden zeigt, dass selbst für das Ver-<br />

ständnis der kirchlichen Kunst der Hinweis auf ihre Funktionalisierung in der durch<br />

das Konzil von Trient ausgelösten katholischen Reform allein nicht ausreicht.<br />

Zwar ist der Einfluss der tridentinischen Dekrete 2 und der sich daraus ablei-<br />

tenden neuen Frömmigkeitsformen auf die kirchliche Malerei unbestreitbar, werden<br />

doch die in der Zeit der katholischen Reform auffällig zunehmenden Heiligen- und<br />

Märtyrerbilder manchmal geradezu skrupellos der posttridentinischen propaganda<br />

fidei nutzbar gemacht. Ein dieser »Kultur des Martyriums« 3 durchaus vergleichba-<br />

1 Vgl. oben S. 45ff.<br />

2 Vgl. unten S. 204ff.<br />

3 Im Rahmen des inzwischen abgeschlossenen Freiburger Sonderforschungsbereichs »Identitäten und Alteritäten,<br />

<strong>Die</strong> Funktion von Alterität für die Konstitution und Konstruktion von Identität« (SFB 541) beschäftigte<br />

sich eine Gruppe (Projekt B 7) mit der Fragestellung »Sterben und Unsterblichkeit, Zur Kultur des Martyriums<br />

in der frühen Neuzeit« (http://www.phil.uni-freiburg.de/SFB541/B7 [zuletzt aufgerufen: 14.01.2007]). <strong>Die</strong> Arbeitsgruppe<br />

untersuchte unter kulturanthropologischen Gesichtspunkten frühneuzeitliche Märtyrer-Kulte und<br />

berührt deshalb eine meiner Fragestellung verwandte Thematik. <strong>Die</strong> Freiburger Studien rekonstruieren die<br />

kollektiven Selbstentwürfe, die sich in solchen »kollektiven« oder »kollektivierten Toten« manifestiert. So wurden<br />

Einblicke in die Genese und Entwicklung konfessioneller Kulturen gewonnen und Funktionen und Profile<br />

dieser Kulturen freigelegt. In (erst teilweise veröffentlichten) Einzeluntersuchungen wurden Martyriumskonzeptionen<br />

und Heiligkeitsmodelle dargestellt, Medien und Formen der Darstellung, Verbreitung und Rezeption<br />

heroischer Todesinszenierungen bestimmt, Märtyrerkulte und ihre Katechese analysiert, aber auch individuelle<br />

und kollektive Erfahrungen, Wahrnehmungen und Deutungsmuster religiös bestimmter Gewalt entziffert. Da<br />

das Projekt historisch und kulturanthropologisch ausgerichtet war, berührte es kunsthistorische Fragestellungen<br />

nur am Rande. Verwiesen sei vor allem auf die im Rahmen dieses Projekts entstandenen Untersuchungen<br />

von Burschel, Peter: »Männliche Tode – weibliche Tode. Zur Anthropologie des Martyriums in der frühen Neu-<br />

177


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

rer moralistischer Anspruch findet sich aber auch in den Sterbeszenen der profa-<br />

nen, nicht im <strong>Die</strong>nst der Kirche stehenden Historienmalerei, und so liegt es nahe,<br />

gemeinsame hermeneutische Voraussetzungen für die profane und kirchliche Iko-<br />

nographie von Sterben und Tod zu vermuten.<br />

Damit kommt zwingend die europäische Wirkung des Neustoizismus in den<br />

Blick, ohne welchen die profanen Sterbeszenen der Historienmalerei kaum ver-<br />

ständlich sind. Der gleiche neustoische Hintergrund ist auch für posttridentinische<br />

Märtyrerbilder unverkennbar. 4 Umso mehr gilt dies für mythologische und histori-<br />

sche Vorwürfe in der bildenden Kunst und auf der Bühne. Gerade die Themen-<br />

gruppen der ›sterbenden Philosophen‹ und der ›sterbenden <strong>Tugendheldin</strong>nen‹, die<br />

beide einen denkwürdigen, meist freiwilligen Tod darstellen, setzen bei Auftragge-<br />

ber und Betrachter einen neustoischen Hintergrund voraus, der den unter christli-<br />

chen Rahmenbedingungen kaum erträglichen Skandal des freiwilligen Selbstmords<br />

zu neutralisieren vermochte. Das in der Antike entwickelte ›Protokoll‹ des Philoso-<br />

phentods 5 wurde in den kirchlichen und in den profanen Darstellungen der Frühen<br />

Neuzeit aufgegriffen und fand eine Anwendung auch in der Ikonographie des<br />

Selbstmords ›starker Frauen‹.<br />

Mit dem Neustoizismus verband sich im 16. Jahrhundert ein wichtiger Para-<br />

digmenwechsel in der humanistischen Rezeption antiker Philosophie, sein Einfluss<br />

ist allerdings im Einzelnen nur schwer zu fassen. Bekanntlich hat Calvin (1509-<br />

1564) <strong>als</strong> erster 1536 von ›Neustoikern‹ (novi Stoici) 6 gesprochen und versucht,<br />

mit dieser Bezeichnung eine neue philosophisch-moralistische Strömung ein-<br />

zeit«, in: Saeculum, Jahrbuch für Universalgeschichte 50 (1999), S. 75-97 und »Paradiese der Gewalt. Martyrium,<br />

Imagination und die Metamorphosen des nachtridentinischen Heiligenhimmels« in: Jahrbuch des Historischen<br />

Kollegs 2001, München 2002, S. 139-181 sowie Sterben und Unsterblichkeit, Zur Kultur des Martyriums<br />

in der frühen Neuzeit, München 2004.<br />

4 Wie ich im Kapitel »Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden« (S. 204ff.) zeige, gleichen sich<br />

die ästhetischen Mittel der zur Andacht geschaffenen Märtyrerbilder und die Todesdarstellungen profaner<br />

Tugendhelden und –heldinnen. Oft sind Märtyrer von Tugendhelden nur durch ins Bild gesetzte Palmzweige<br />

und Kronen zu unterscheiden.<br />

5 In der Antike wurde der exitus illustrium virorum zu einem ›Protokoll‹ vorbildlichen Sterbens entwickelt, das<br />

stets am Tod des Sokrates orientiert blieb und den Akzent auf die freie Entscheidung für den Selbstmord legte.<br />

Geradezu topisch wurde der ultima vox <strong>als</strong> Vermächtnis an die Nachwelt große Aufmerksamkeit geschenkt:<br />

Vor allem die kaiserzeitliche römische Historiographie setzte sie zur Charakterisierung der politischen Gegner<br />

des Herrschers ein, die sich freiwillig oder gezwungen töteten. Ihr ›inszeniertes Sterben‹ brachte ihre politische<br />

und moralische Haltung enkomiastisch auf den Begriff. <strong>Die</strong>se literarische Inszenierung wurde unter veränderten<br />

Vorzeichen von den spätantiken Märtyrerakten übernommen, obwohl sich auf den ersten Blick der ›inszenierte<br />

Selbstmord‹ schwerlich in einen christlichen Kontext übertragen ließ. (Dazu Ronconi, A.: »exitus illustrium<br />

virorum« in: RAC VI, Stuttgart 1966, Sp. 1258-1268.)<br />

6 »Nunc quoque sunt inter Christianos novi Stoici, quibus non modo gemere ac flere, sed tristari quoque et<br />

sollicitum esse vitiosum est. [...] At nihil nobis cum ferrea ista philosophia.« (›Nun gibt es unter den Christen<br />

auch neue Stoiker, denen nicht nur seufzen und weinen, sondern auch traurig und bewegt sein <strong>als</strong> Laster gilt.<br />

[...] Aber wir haben mit dieser gefühllosen Philosophie nichts zu tun.‹) (Inst. Rel. Christ. III,8,9 [Corpus Reformatorum<br />

XXX, 2, Braunschweig 1864, S. 520]). Calvin verfasste 1532 einen Kommentar zu Senecas De clementia<br />

und war mit der (neu)stoischen Philosophie vertraut.<br />

178


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

zuordnen, deren Anthropologie er <strong>als</strong> einer der theologischen Vordenker der Re-<br />

formation ablehnen musste. Vielleicht hatte Calvin scharfsichtig erkannt, dass sich<br />

in dieser philosophischen Unterströmung eine die entstehende Konfessionalisie-<br />

rung unterlaufende moralische Normbildung manifestierte. <strong>Die</strong> Forschung hat sich<br />

mit dieser politisch-kulturellen Bedeutung des Neustoizismus in der Frühen Neuzeit<br />

bisher nur in Teilaspekten auseinandergesetzt. So fand die wohl einflussreichste<br />

Persönlichkeit des sich herausbildenden Neustoizismus, Justus Lipsius (1547-<br />

1606), in der Forschung bisher meist nur wegen seiner Rolle in der Entwicklung<br />

des neuzeitlichen Staatsrechts Beachtung. 7 In diesem Zusammenhang wurde al-<br />

lerdings dem überkonfessionellen neustoischen Wertekanon kaum Aufmerksam-<br />

keit geschenkt, den Lipsius und andere am Modell der kaiserzeitlichen Historiogra-<br />

phie entwickelt haben, obwohl dieser Kanon für das Drama 8 der frühen Neuzeit<br />

(und damit für die Historienmalerei) geradezu konstitutiv wurde.<br />

Exkurs (1): <strong>Die</strong> moralphilosophische Wende im frühneuzeitlichen Humanismus<br />

Natürlich waren die zentralen Thesen der Stoa immer bekannt und präsent geblieben,<br />

zumal sie seit ihrer kritischen Rezeption durch die Theologie der Alten Kirche<br />

in den Traditionszusammenhang der Spätantike und des Mittelalters 9 gehörten.<br />

Gleichwohl entwickelte sich im 16. Jahrhundert auf verschlungenen Wegen eine<br />

Neuentdeckung der Stoa, die geradezu zur konfessionsübergreifenden Leitphilosophie<br />

wurde und zu einer moralphilosophischen Wendung des frühneuzeitlichen<br />

Humanismus führte. Aus heutiger Sicht entwarf die neustoische Wendung zur praktischen<br />

Philosophie, die ohne Rückbindung an ein großes philosophisches System<br />

auskam, erste Ansätze einer modernen Ethik und bewirkte eine Umorientierung,<br />

deren Folgen in der bildenden Kunst und im Theater der frühen Neuzeit unübersehbar<br />

sind.<br />

Zu den wichtigen Voraussetzungen der frühneuzeitlichen Renaissance der<br />

Stoa gehörte die Revision der Cicero-Rezeption, die sich im Frühhumanismus vor<br />

allem für Ciceros Rhetorik und seine Vermittlung platonischer und aristotelischer<br />

Philosophie 10 interessiert hatte. Erst die Entdeckung der Briefsammlungen rückte<br />

7 Oestreich, Gerhard: Antiker Geist und moderner Staat bei Justus Lipsius (1547Ŕ1606), Der Neostoizismus<br />

<strong>als</strong> politische Bewegung, Göttingen 1989; Abel, Günter: Stoizismus und Frühe Neuzeit, Zur Entstehungsgeschichte<br />

modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik, Berlin / New York 1978; Evans, Robert C.: Lipsius<br />

and the Politics of Renaissance Stoicism, Longwood 1992.<br />

8 Zum Beispiel Schings, Hans-Jürgen: <strong>Die</strong> patristische und stoische Tradition bei Andreas Gryphius: Untersuchungen<br />

zu den Dissertationes funebres und Trauerspielen, Köln 1966; Barner, Wilfried: Produktive Rezeption:<br />

Lessing und die Tragödien Senecas, München 1973; Barner, Wilfried: Barockrhetorik: Untersuchungen zu<br />

ihren geschichtlichen Grundlagen, Tübingen 1970; Plume, Cornelia: Heroinen in der Geschlechterordnung,<br />

Wirklichkeitsprojektionen bei Daniel Casper von Lohenstein und die 'Querelle des Femmes', Stuttgart/Weimar<br />

1996. Zur französischen Klassik und Corneille: Paul Bénichou, Morales du grand siècle, Paris 1948 u.ö.;<br />

Jacques Maurens, La tragédie sans tragique, Le néo-stoïcisme dans l’œuvre de Pierre Corneille, Paris 1966.<br />

9 Trotz des zum Diktum avancierten Graeca non leguntur wurden Grundkenntnisse griechischer Philosophie vor<br />

allem über die philosophischen Schriften Ciceros ins Mittelalter tradiert, in denen der Eklektiker Begriffe der<br />

antiken Philosophenschulen ins Lateinische vermittelt hatte. Vgl. vor allem Courcelles, Pierre: Les lettres<br />

grecques en occident, De Macrobe à Cassiodore, Paris 2 1948.<br />

10 Für den europäischen Humanismus war Cicero zunächst vor allem <strong>als</strong> Muster römischer Beredsamkeit wichtig.<br />

Schon <strong>August</strong>inus hatte ihm in De doctrina christiana neben Vergil eine Rolle im Kanon christlicher Bildung<br />

179


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

das eklektische Verfahren Ciceros und sein Interesse an praktischer Philosophie<br />

ins Bewusstsein. Als in der veränderten politischen Landschaft der oberitalienischen<br />

Stadtstaaten im 13. Jahrhundert auch der Politiker Cicero 11 ins Blickfeld geriet,<br />

deuten sich bereits wichtige Veränderungen im Rezeptionshorizont an: die Politiker<br />

der römischen Republik wurden jetzt <strong>als</strong> Modelle für das politische Handeln<br />

der eigenen Zeit entdeckt und die antiken Texte auf anthropologische Muster hin<br />

gelesen. Formal waren zwar Sprache und Rhetorik durch den Einfluss der römischen<br />

Kurie schon längst ciceronianisch geprägt, doch werden nun darüber hinaus<br />

ontologische Fragestellungen, wie sie noch die Scholastik beherrschten, durch<br />

anthropologische abgelöst und Bildung und Erziehung zum Programm des Humanismus.<br />

12<br />

Gleichzeitig suchten urbane Gesellschaftsschichten, die im Gegensatz zum<br />

Schwertadel nicht auf Ahnenreihen zurückblicken konnten, in der römischen Republik<br />

Vorbilder, die die neuen Führungseliten legitimieren konnten: Sie fanden in<br />

den exempla der republikanischen Phase Roms ihre Maßstäbe moralischen Handelns.<br />

<strong>Die</strong>ses Interesse für Modelle aus der römischen Republik wurde erst spät auf<br />

die nachrepublikanische Epoche erweitert. <strong>Die</strong> politischen Krisen des ausgehenden<br />

Mittelalters – Schisma, Hundertjähriger Krieg, Niedergang des Kaisertums, Territori<strong>als</strong>treitigkeiten,<br />

Türkengefahr, Hungersnöte und Pest – veranlassten die Humanisten,<br />

auch andere Epochen der römischen Geschichte zum Vergleich mit den eigenen<br />

Zeitläuften heranzuziehen und die zuversichtliche Welt- und Menschensicht zu<br />

relativieren. <strong>Die</strong> stoisch geprägten kaiserzeitlichen Autoren rückten nun ins Zentrum<br />

des Interesses.<br />

Zunächst wurden Senecas Epistulae morales ad Lucilium und seine Traktate<br />

De clementia und De tranquilitate animi unter anderen Vorzeichen 13 gelesen. Im<br />

Zeitalter der Konfessionsstreitigkeiten ließ sich in den moralphilosophischen Schriften<br />

Senecas ein Ausweg finden, der einen neuen Subjektivismus jenseits der Konfessionsstreitigkeiten<br />

14 zuließ. <strong>Die</strong>se Tendenz verband sich mit dem steigenden<br />

Interesse, das Senecas Dramen <strong>als</strong> Vorbilder für das sich langsam entwickelnde<br />

frühneuzeitliche Theater gefunden hatten. Lovato Lovati und Albertino Mussato,<br />

einflussreiche Vertreter des Paduaner Frühhumanismus, hatten schon um 1300 die<br />

wiedergefundenen Tragödien Senecas 15 bekannt gemacht und eine Renaissance<br />

seiner Theaterkunst eingeleitet. 16 Mit seinem Tractatus super tragediis componen-<br />

zugestanden. Deswegen wurden im Gegensatz zu den Briefen und philosophischen Abhandlungen alle rhetorischen<br />

Schriften Ciceros im Mittelalter breit überliefert und im universitären Grundstudium der artes liberales<br />

verwendet.<br />

11<br />

Noch Petrarca (Fam. 24,3.4) war 1345 tief enttäuscht, <strong>als</strong> das Bild Ciceros nach der Entdeckung der Briefe<br />

an Atticus um seine philosophische Neigung zur vita contemplativa erweitert werden musste. Schon zwei Generationen<br />

später konnte Salutati (1392) nach der Entdeckung der zweiten Briefsammlung (Epistulae ad familiares)<br />

in seinem Cicero-Bild neben dem Staatsmann, Politiker und Philosophen auch den Privatmann mit<br />

seinen Stärken und Schwächen zulassen.<br />

12<br />

Eine sodalitas aller Humanisten und eine sancta societas eruditorum (Erasmus) sollte entstehen, für die die<br />

literarischen Textformen des Briefs und des Dialogs Kennzeichen intellektueller Kommunikation wurden. <strong>Die</strong><br />

europäische sodalitas bedient sich weiterhin der eingeführten Sprech- und Schreibformen des Briefs, des<br />

Dialogs und des Traktats. <strong>Die</strong>se scheinbare Kontinuität verstellt dem heutigen Leser oft den Blick darauf, dass<br />

die Inhalte allmählich wechselten. Vgl. dazu Muller Jeffrey M.: »Rubens’s Collection in History«, in: AK A House<br />

of Art, Rubens as Collector (Belkin Lohse, Kristin / Healy, Fiona Hrsg.) Antwerpen 2004, S. 10-85, bes. S.<br />

40.<br />

13<br />

Dazu auch Etter, Else-Lilly: Tacitus in der Geistesgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts, Basel/Stuttgart<br />

1966, hier S. 13. – Senecas moralphilosophische Schriften waren während des ganzen Mittelalters unter<br />

christlichen Vorzeichen gelesen worden; der um 375 fingierte Briefwechsel Senecas mit seinem Zeitgenossen<br />

Paulus zeigt, dass Seneca schon in der Spätantike <strong>als</strong> Christ oder doch zumindest <strong>als</strong> dem Christentum nahestehend<br />

eingeordnet wurde. Mit dem Urteil Seneca saepe noster drückte Tertullian (De anima 20,1) die<br />

moralische Nähe zum Christentum aus, Hieronymus (De viris illustribus 12) nahm ihn sogar <strong>als</strong> einzigen heidnischen<br />

Autor in seinen christlichen Schriftstellerkatalog auf.<br />

14<br />

Grundlegend immer noch Burdach, Konrad: Reformation, Renaissance, Humanismus, Berlin 1918.<br />

15<br />

Aus dem Codex Etruscus der Abtei Pomposa.<br />

16<br />

Dazu noch immer gültig der Aufsatz von Regenbogen, Otto: »Schmerz und Tod in den Tragödien Senecas«,<br />

in: Vorträge der Bibliothek Warburg 7 (1927/28), S. 167ff. (ND Darmstadt 1963).<br />

180


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

dis beeinflusste Mussato die frühhumanistische Konzeption der literarischen Gattungen<br />

und noch bis ins späte 18. Jahrhundert die europäische Dramenproduktion.<br />

Dabei ist es von Bedeutung, dass Mussatos Tragödie Ecerinis in der Nachfolge von<br />

Senecas Octavia einen zeitgenössischen politischen Konflikt aufgriff. 17 <strong>Die</strong> stoische<br />

Anthropologie der Tragödien Senecas und ihre Darstellung der Affekte wurden für<br />

lange Zeit modellbildend.<br />

Das moralphilosophische Interesse an Seneca wurde 1470 durch den beeindruckenden<br />

Lebens- und Sterbebericht in den Annalen (XV,60-64) ergänzt und<br />

aufgewertet. Es ist nicht erstaunlich, dass sich <strong>als</strong>bald das Interesse auf Tacitus<br />

richtete, bei dem sich zahlreiche kaiserzeitliche Paradigmen stoischer Lebensführung<br />

finden ließen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren alle überlieferten Schriften<br />

des Tacitus gedruckt 18 und standen einem größeren Publikum zur Verfügung. 19<br />

Neben der philologischen Editionsarbeit und Kommentierung setzte sofort eine produktive<br />

imitatio ein, die sich zum Beispiel bei deutschen Humanisten wie Conrad<br />

Celtis (1459-1508) und Beatus Rhenanus (1485-1547) auf die Germania konzentrierte.<br />

In Frankreich 20 lassen sich intensive Beschäftigung und Auseinandersetzung<br />

mit Tacitus bei Michel de Montaigne (1533-1592), Marc Antoine Muret (1526-1585),<br />

Etienne de la Boétie (1530-1563), Claude Fauchet (1530-1601) und Jean Bodin<br />

(1529-1596) nachweisen. In Italien trifft man vor allem bei Niccolò Machiavelli<br />

(1469-1527) in seinen Schriften Il principe (1513) und Discorsi sulla prima deca di<br />

Tito Livio (1531) auf Spuren einer gründlichen Auseinandersetzung mit Tacitus. In<br />

ganz Europa entwickelte sich so mit der philologischen und historischen Beschäftigung<br />

mit Tacitus eine kritische Adaption, die zur Entstehung des Neustoizismus<br />

beitrug.<br />

Exkurs (2): Justus Lipsius <strong>als</strong> Leitfigur des Neustoizismus<br />

Nach dem Gesagten überrascht es nicht, dass der niederländische Humanist Justus<br />

Lipsius 21 , der zur Leitfigur des Neustoizismus werden sollte, sich zu Beginn seiner<br />

Laufbahn philologisch mit Tacitus und Seneca beschäftigte. Er besorgte 1574<br />

eine Ausgabe des Tacitus, ließ ihr 1581 einen Kommentar folgen und edierte 1605<br />

die Werke Senecas. So kann er <strong>als</strong> Prototyp eines zunächst textkritisch arbeitenden<br />

Philologen und Redakteurs gelten, der erst in einer zweiten Phase der Auseinandersetzung<br />

und Aneignung zum Philosophen wurde; er selbst sah seine Ent-<br />

17 Den literarischen Ruhm, den die Tragödie dem Autor einbrachte, führte bekanntlich zur ersten Dichterkrönung<br />

der Neuzeit, <strong>als</strong> Mussato Weihnachten 1315 zum poeta laureatus ausgerufen wurde.<br />

18 Editio princeps der Schriften des Tacitus 1470 von Vindelino de Spira (Venedig).<br />

19 Tacitus, dessen Lektüre in deutschen Klöstern des 9. Jahrhunderts nachgewiesen werden kann, hat eine<br />

ungemein schwierige Überlieferungs- und Wiederentdeckungsgeschichte, deren einzelne Phasen oft einem<br />

Kriminalfall ähneln. Es begann damit, dass der heute Mediceus II genannte Codex (Florenz Laurent. 68 II), der<br />

um die Mitte des 11. Jahrhunderts in Montecassino geschrieben wurde, von Boccaccio und seinem Freundeskreis<br />

zwischen 1357 und 1363 entdeckt, gestohlen und nach Florenz gebracht wurde. Der <strong>Die</strong>bstahl war durch<br />

die Erwartung motiviert, Tacitus gebe in seinen Annales und Historiae wichtige Informationen und Kommentare<br />

zum römischen Prinzipat. Schon 1403 zitiert Bruni Tacitus, um seinen ›Bürger-Humanismus‹ zu untermauern.<br />

Der Codex Hersfeldensis, der neben der Germania die Vita Agricolae und den Dialogus enthält, wurde wohl im<br />

9. Jahrhundert im Kloster Fulda geschrieben. Über einen Hersfelder Benediktinermönch lernte ihn der Humanist<br />

und päpstliche Sekretär Poggio Bracciolini während des Konstanzer Konzils kennen und brachte ihn, wohl<br />

durch Bestechung, nach Rom. Hier wurde die Handschrift abgeschrieben und weiterverkauft, um erst 1902<br />

wiedergefunden zu werden. Als 1470 die erste Ausgabe des Tacitus erschien, enthielt sie die Germania und<br />

den Dialogus, die Historiae und einen Teil der Annalen (XI-XVI). 1476 wurde die Ausgabe um die Biographie<br />

des Agricola ergänzt. Der Codex Mediceus I, in einem Skriptorium des 9. Jahrhunderts geschrieben und die<br />

Bücher I bis VI der Annalen enthaltend, wurde von Giovanni de' Medici, seit 1513 <strong>als</strong> Leo X. Papst, erworben,<br />

vom Kloster Corvey nach Rom gebracht und von Beroaldus 1515 veröffentlicht.<br />

20 Für den Bereich der Romania: Stackelberg, Jürgen von: Tacitus in der Romania, Studien zur literarischen<br />

Rezeption des Tacitus in Italien und Frankreich, Tübingen 1960.<br />

21 Über den Forschungsstand zu Lipsius vgl. Oestreich, Gerhard, a.a.O., S. 43-47 und Abel, Günter: Stoizismus<br />

und Frühe Neuzeit, Berlin / New York 1978, S. 67-72. – Ich zitiere im Folgenden Lipsius nach dem 2001<br />

erschienenen Nachdruck der Gesamtausgabe: Lipsius, Justus: Opera omnia, 4 Bde in 8 Teilen, Wesel 1675<br />

(ND Hildesheim / Zürich / New York 2001). Der Nachdruck behält die fehlerhafte Paginierung des Origin<strong>als</strong> bei.<br />

181


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

wicklung nicht anders: »Ego ad sapientiam primus vel solus mei aevi Musas converti,<br />

ego e philologia philosophiam feci.« 22<br />

Justus Lipsius, <strong>als</strong> Joost Lips 1547 in Overijse zwischen Brüssel und Löwen<br />

geboren 23 , begann nach dem juristischen Examen seine wissenschaftliche Karriere<br />

mit der Veröffentlichung der textkritischen Schrift Variarum lectionum libri III, die<br />

seinen Ruhm <strong>als</strong> Philologe begründete. Im Gefolge des Kardin<strong>als</strong> Granvelle kam er<br />

1568 nach Rom, wo sich ihm bedeutende Bibliotheken öffneten und wo er den Umgang<br />

mit Marc-Antoine de Muret (1526-1585) und anderen führenden Humanisten<br />

seiner Zeit pflegte. <strong>Die</strong> Unterdrückung des niederländischen Aufstands durch Alba<br />

veranlasste ihn 1572, eine Professur an der protestantischen Universität Jena anzunehmen.<br />

Dort beschäftigte er sich intensiv mit römischen Historikern und bereitete<br />

den Druck der neuen Tacitus-Ausgabe vor, die 1574 bei Plantin in Antwerpen erschien<br />

und erstm<strong>als</strong> die Historien und die Annalen mit vielen wichtigen Konjekturen<br />

in der Reihenfolge ihres Entstehens wiedergab. In unserem Zusammenhang ist es<br />

nicht unwichtig, dass das an Kaiser Maximilian II. gerichtete Vorwort mit den letzten<br />

Worten des zum Selbstmord genötigten Senators Thrasea Paetus 24 , der wegen<br />

seiner konservativen und freimütig vorgetragenen Gesinnung den Hass Neros auf<br />

sich gezogen hatte, einen aktuellen Bezug herstellte:<br />

Tristia ex iis [den Annalen] pleraque, fateor, et legentibus maesta, sed singulis nostrum<br />

a Thrasea iam moriente dictum putemus ›specta, iuvenis, et omen quidem dii prohibeant,<br />

ceterum in ea tempora natus es quibus firmare animum expediat constantibus<br />

exemplis!‹ 25<br />

Fraglos interessiert sich Lipsius für Geschichtsschreibung <strong>als</strong> historia magistra vitae<br />

26 : <strong>Die</strong> Antike bekommt unmittelbare Relevanz für das politische Handeln in der<br />

Gegenwart, wenn der neustoische Philosoph den tapferen Tod des Thrasea am<br />

Ende der Annalen paränetisch <strong>als</strong> Vorbild notwendiger constantia interpretiert.<br />

Im Jahre 1581 lässt Lipsius historische und politische Erläuterungen zu den<br />

Annalen folgen. Seine philologische und historische Beschäftigung mit Tacitus<br />

mündet 1584 in einen eigenen philosophischen Dialog, der formal ganz dem humanistischen<br />

Diskurs verpflichtet ist. De constantia nimmt in Kürze und Prägnanz des<br />

Satzbaus stilistisch das Vorbild des Tacitus auf. Auch inhaltlich orientiert sich die im<br />

Dialog diskutierte Handlungsnorm an historischen Protagonisten des Tacitus wie<br />

Seneca, Helvidius und Thrasea, deren innere Autonomie und Todesverachtung sie<br />

über Herrscherwillkür und Schicks<strong>als</strong>schläge erhob.<br />

Es ist für die Entstehung des ›neuen Stoizismus› signifikant, dass Lipsius mit<br />

einem Traktat zur Ethik begann, 1604 mit seiner Manuductio ad stoicam philosophiam<br />

27 eine logische Systematik folgen ließ und erst 1604 die naturphilosophischen<br />

Voraussetzungen des Stoizismus in der Physiologia Stoicorum formulierte. Schon<br />

bei den griechischen Begründern der Stoa und ihren kaiserzeitlichen Schülern Musonius,<br />

Seneca, Epiktet oder Marc Aurel stand die Moralphilosophie im Mittelpunkt,<br />

auf die Logik und Physik funktional ausgerichtet blieben. Fragen der Lebensführung<br />

stellten den wichtigsten Inhalt stoischen Philosophierens dar.<br />

22<br />

Lipsius schreibt an Johannes Woverius: ›Als erster oder sogar einziger meiner Generation habe ich die<br />

Musen zur Weisheit bekehrt, von der Philologie kam ich zur Philosophie.‹ (Opera omnia, a.a.O., Bd. 2,1, S.<br />

412-413)<br />

23<br />

Ich stütze mich im Folgenden vor allem auf Oestreich, a.a.O., S. 49 ff.<br />

24<br />

Ann. XVI,35,1<br />

25<br />

›<strong>Die</strong> meisten Ereignisse in den Annalen sind, wie ich zugebe, schrecklich und betrüben die Leser. Allerdings<br />

sollten sich manche von uns durch die Worte des sterbenden Thrasea getroffen fühlen, der Folgendes sagte:<br />

»Schau hierher, junger Mann! <strong>Die</strong> Götter mögen verhüten, dass mein Tod ein Vorzeichen für dich ist. Doch bist<br />

du in eine Zeit hineingeboren, in der man sein Herz durch Beispiele standhaften Verhaltens stark machen<br />

muss.«‹ (Lipsius, Justus: C. Cornelii Taciti Historiarum et Annalium libri qui exstant, Antwerpen1574, Einleitung,<br />

o.S.)<br />

26<br />

Cicero, de oratore II,9,36<br />

27<br />

Lipsius, Justus: Manuductio ad stoicam philosophiam libri tres, Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 613-832.<br />

182


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

Der Untertitel des Dialogs De constantia hatte ausdrücklich die moralistische<br />

Ausrichtung hervorgehoben, die dem Leser Hilfe in publicis malis bieten sollte. 28<br />

Fünf Jahre später richtete sich Lipsius in seiner politischen Hauptschrift Politicorum<br />

sive civilis doctrinae libri sex, qui ad principatum maxime spectant ausdrücklich an<br />

die politische Führungseliten, Kaiser, Könige und Fürsten 29 . Sein Vorwort weist<br />

darauf hin, dass sich die erste Schrift an Bürger (cives), die neue an Fürsten wendet:<br />

30<br />

Quod nunc tibi damus, Politica esse vides. In quibus hoc nobis consilium, ut quemadmodum<br />

in Constantia cives formavimus ad patiendum et parendum, ita hic eos, qui imperant,<br />

ad regendum. 31<br />

Beide Werke wurden ein europäischer Erfolg, wie zahlreiche Drucke bezeugen:<br />

Man hat 48 Auflagen der Constantia und 53 der Politica gezählt. 32 Hinzu kommen<br />

Übersetzungen beider Werke in niederländischer, französischer, englischer,<br />

deutscher, spanischer, italienischer und polnischer Sprache. Der Zeitraum der intensivsten<br />

Rezeption beider Schriften reicht von 1590 bis 1640, doch gehörten sie<br />

noch bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts zum festen Kanon politischer und moralistischer<br />

Literatur. Als Lipsius 1605 am Ende seiner wissenschaftlichen und philosophischen<br />

Karriere seine Seneca-Edition abschloss, hatte er sein ins Philosophische<br />

gewandeltes philologisches Ziel erreicht.<br />

Als 1637 in Antwerpen eine Gesamtausgabe des führenden Neustoikers erschien,<br />

inszenierte Cornelis Galle die Summe des editorischen und philosophischen<br />

Werks von Justus Lipsius in einem Titelkupferstich 33 : Seneca und Tacitus<br />

flankieren <strong>als</strong> Hermen den Triumphbogen, unter dem der Titel erscheint. [Abb. 1]<br />

Über dem Schluss-Stein des Bogens erscheint in einem Lorbeerkranz das Brustbild<br />

des Lipsius mit seinem Lebensmotto moribus<br />

antiquis. Vor der Herme des Seneca sitzt, gerüstet<br />

mit Helm und Schwert, die Allegorie der Virtus,<br />

assistiert von der hinter ihr stehenden Minerva.<br />

Auf der Seite des Tacitus sitzt eine Allegorie der<br />

doppelgesichtigen Prudentia, die in der rechten<br />

Hand eine Schlange hält, während sie die linke<br />

auf das Glücksrad stützt. Hinter ihr steht Merkur.<br />

Über allem thronen die Personifikationen der<br />

Philosophie und der Politik. <strong>Die</strong> <strong>als</strong> alte Frau dargestellte<br />

Philosophie ist mit Löwenfell und Herakles-Keule<br />

ausgestattet und hält die einflussreichsten<br />

Werke des Lipsius unter dem Arm: Stoica<br />

und Constantia. <strong>Die</strong> Personifikation der Staatskunst<br />

(Politica) ist <strong>als</strong> jüngere Frau mit Speer,<br />

Ruder und Erdkugel dargestellt. So erfasst der<br />

Titelkupferstich den ganzen Spannungsbogen der<br />

produktiven Rezeption der antiken Stoa durch<br />

Abb. 1<br />

Justus Lipsius: sie hat einerseits (unter frühneuzeitlichen Bedingungen) den Einzelnen<br />

und seine Seelenruhe im Auge und bedenkt andererseits das Zusammenleben<br />

im entstehenden modernen Staat so, dass dem Individuum Spielräume gewährt<br />

werden.<br />

28 Libri duo qui alloquium praecipue continent in publicis malis<br />

29 Monita et exempla politica, Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,1, S. 2.<br />

30 Lipsius: Politica, Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,1, S. 125f.<br />

31 ›Wir legen jetzt, wie man sieht, eine Abhandlung über Regierungskunst (Politica) vor. Wenn es uns in der<br />

Schrift über Standhaftigkeit (Constantia) darum ging, Bürger zu Geduld und Gehorsam anzuleiten, geht es uns<br />

hier darum, Fürsten in der Regierungskunst zu unterweisen.‹<br />

32 Oestreich, a.a.O., S. 213-218.<br />

33 Vgl. Morford, Mark: Stoics and Neostoics, Rubens and the Circle of Lipsius, Princeton 1991, Abbildung 17.<br />

183


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

2 <strong>Die</strong> meditatio mortis im neustoischen Denken<br />

[Überkonfessionelle Ethik des Neustoizismus] Der Erfolg des Neustoizismus bei den früh-<br />

neuzeitlichen Eliten liegt darin begründet, dass er eine überkonfessionelle, inner-<br />

weltliche Ethik formulierte, die im frühneuzeitlichen konfessionellen ›Bürgerkrieg‹<br />

von allen Seiten akzeptiert werden konnte. Es ist für den Jesuitenzögling Lipsius<br />

bezeichnend, dass er kontroverstheologischen Streitfragen keine Beachtung<br />

schenkte und häufig die Konfession wechselnd über das Luthertum und den Kalvi-<br />

nismus zum Katholizismus zurückkehrte. Dass er theologischen und konfessionel-<br />

len Argumenten keine Bedeutungen beimaß, wurde ihm deshalb vor allem von den<br />

Jesuiten vorgehalten. 34 Gerade ihre konfessionelle Unbestimmtheit und Indifferenz<br />

machte die neustoische Ethik aber <strong>als</strong> Leitphilosophie der europäischen Eliten aller<br />

Konfessionen attraktiv. Ihr unterschwelliger Pantheismus und ihre abstrakten<br />

anthropologischen Normen sapientia, constantia und ratio 35 unterliefen gleichsam<br />

die ›offiziellen‹ Bekenntnisse. 36 So ist es nicht überraschend, dass sich bei Lipsius<br />

ganz in der Tradition der antiken Stoa gelegentlich latent pantheistische Wendun-<br />

gen finden: »Nec praeest solum divinitas haec rebus omnibus, sed interest, imo<br />

inest.« 37<br />

Das Hauptwerk des Lipsius, der Dialog De constantia, verdankt seine epo-<br />

chale Wirkung <strong>als</strong> Kompendium für Philosophen, Dramenautoren und Künstler<br />

nicht zuletzt dem Umstand, dass es stoische Philosopheme frühneuzeitlicher Wel-<br />

terfahrung adaptierte und seinen Lesern aktuelle Anknüpfungspunkte und Identifi-<br />

kationsangebote bot. <strong>Die</strong> Editionen und Kommentare des Lipsius aktualisierten die<br />

Grundthesen der stoischen Philosophie in der durch Konfessionsstreitigkeiten ge-<br />

prägten Zeit und entwickelten eine privaten und öffentlichen Bereich zum ersten<br />

34 iIm Vorwort der zweiten Auflage seiner Constantia ging Lipsius auf diesen Vorwurf ein: »Negant satis pie<br />

hoc argumentum a me tractum« (›Sie sagen, dieses Problem sei von mir nicht fromm genug behandelt worden‹).<br />

Als christlicher Philosoph (»Philosophum ego agam, sed Christianum«) trage er seinen Glauben nicht<br />

auf der Zunge, sondern im Herzen (»Sum enim ex iis, quibus pietas in corde magis quam in ore«). (De constantia,<br />

Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 511-612, hier S. 513) (Verweise auf De constantia werden im Folgenden<br />

nur noch mit Buch- und Kapitelangabe gemacht).<br />

35 »Rationi origo a caelo, imo a deo est: et magnifice eam Seneca celebravit, ›Partem in homine divini spiritus<br />

mersam.‹« (›<strong>Die</strong> ratio hat ihren Ursprung im Himmel, ja in Gott selbst, wie Seneca dies sehr schön sagt, wenn<br />

er sie einen Teil des göttlichen Geistes nennt, der in den Menschen eingegangen ist.‹) (De constantia, I,5)<br />

36 Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass Lipsius nicht nur auf die Stoa, sondern synkretistisch auch<br />

auf aristotelische und platonische Philosopheme zurückgriff, die Lipsius seiner anthropologischen Zielsetzung<br />

dienstbar machte. (Dazu: Beuth, Karl: Weisheit und Geistesstärke, Eine philosophiegeschichtliche Untersuchung<br />

zur ›Constantia‹ des Justus Lipsius, Frankfurt/Main / New York 1990.) So übernahm er die platonische<br />

Trennung von anima und corpus und interpretierte den Tod <strong>als</strong> Loslösung der Seele von ihrer leiblichen Hülle.<br />

Dazu etwa das Anknüpfen an Phaidon (64 b-c) in De constantia II,19 (»Simplex mors. Et ne nomen ipsum te<br />

terreat, animae a corpore abscessus.« [›Der Tod ist etwas Einfaches. Sein Name soll dir keine Angst machen,<br />

er bezeichnet die Trennung der Seele vom Körper‹]).<br />

37 ›Das Göttliche lenkt nicht nur alles, sondern ist an allem beteiligt, wohnt sogar allem inne.‹ (De constantia<br />

I,13)<br />

184


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

Mal grundsätzlich unterscheidende Ethik. Eine ihrer Wirkungen war, dass im 16.<br />

und 17. Jahrhundert die stoischen Begriffe prudentia und sapientia, verstanden <strong>als</strong><br />

Staatsräson und <strong>als</strong> vernünftige Lebensführung, eng mit Seneca und Tacitus ver-<br />

bunden blieben. 38 Allerdings wurden die antiken Normen allmählich so ›umbe-<br />

setzt‹, dass sie das Bedürfnis der frühneuzeitlichen Eliten nach einer handlungso-<br />

rientierenden Ethik erfüllten. 39 In allen europäischen Ländern belegen zahlreiche<br />

Traktate das Interesse für die zentralen Themen der neustoischen Philosophie. In<br />

Frankreich ist vor allem Guillaume du Vair (1556-1621) 40 zu nennen, dessen<br />

Werkausgaben in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts elf Auflagen erlebten. 41 In<br />

Deutschland sind besonders Kaspar Schoppe (1576-1649) 42 , in Spanien Francisco<br />

de Quevedo (1580-1645) 43 und in England Thomas Gataker (1574-1654) 44 hervor-<br />

zuheben.<br />

[Affektkontrolle] Der Neustoizismus bot dem Einzelnen im durch religiöse und politi-<br />

sche Auseinandersetzungen geprägten frühneuzeitlichen Europa eine intellektuelle<br />

Möglichkeit, den Konflikten der Konfessionsstreitigkeiten zu entgehen, auch wenn<br />

er nicht wie Lipsius mehrfach emigrieren musste:<br />

Itaque non patria fugienda, Lipsi, sed adfectus sunt, et firmandus ita formandusque<br />

hic animus, ut quies nobis in turbis sit et pax inter media arma. 45<br />

<strong>Die</strong> von den Neustoikern propagierte Affektkontrolle gilt nicht zu Unrecht <strong>als</strong> Vor-<br />

aussetzung der entstehenden höfischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit. 46 Den<br />

Zwängen der von den Religionsstreitigkeiten geprägten frühmodernen Gesellschaf-<br />

38<br />

»Licebit in hoc σεμνύνεσθαι, quod duos optimos auctores protraxerim et lucem dederim Tacito et Senecae,<br />

illi ad p r u d e n t i a m , huic ad s a p i e n t i a m duci?« (›ich darf mich rühmen, zwei vorzügliche Schriftsteller<br />

wieder entdeckt und ans Licht gebracht zu haben, nämlich Tacitus und Seneca, ersteren <strong>als</strong> Führer zur politischen<br />

Klugheit, letzteren <strong>als</strong> Führer zur Weisheit.‹) Aus einem Brief an die Brüder Guilielmus und Antonius<br />

Richardotus; Opera omnia, a.a.O., Bd. 2,2, S. 902)<br />

39<br />

Richard Tuck hat die philosophisch-politischen Entwicklungslinien von Lipsius und Montaigne über Hugo<br />

Grotius, Thomas Hobbes zu Kant nachgezeichnet (Tuck, Richard: Philosophy and Government 1572-1651,<br />

Cambridge 1993).<br />

40<br />

Philosophie morale des Stoiques (1599) und Traité de la constance et consolations ès calamitéz publiques<br />

(1595).<br />

41<br />

Seine Wendung zum Stoizismus (La Philosophie morale des stoïques [1599]) ist durch die Erfahrungen der<br />

Religionskriege veranlasst. Noch seine Philosophie saincte (1588) ist stoisch beeinflusst, obwohl er sie bereits<br />

<strong>als</strong> Bischof schrieb. Vgl. Oestreich, a.a.O., S. 94-94.<br />

42<br />

Elementa philosophiae stoicae moralis (1606).<br />

43<br />

La cuna y la sepultura para el conocimiento proprio y desengano des las cosas ajenas (1634) und Nombre,<br />

origen, intento, recomendación y descendencia de la doctrina estoica (1635).<br />

44<br />

De disciplina stoica (1652).<br />

45<br />

›Deshalb darf man nicht die Emigration <strong>als</strong> Ausweg wählen [...], sondern muss die Affekte unter Kontrolle<br />

halten. Und diese Einstellung sollte so stark ausgebildet werden, dass für uns mitten im Kriegsgetümmel Ruhe<br />

und mitten unter den Waffen Frieden herrscht.‹ (De constantia I,1)<br />

46<br />

Norbert Elias hat in seiner soziogenetischen Untersuchung Über den Prozeß der Zivilisation (2 Bde, Frankfurt/Main<br />

1 1976, besonders Bd. 2, S. 312-341) die zunehmende Steuerung der Affekte und die daraus resultierende<br />

Transformation von Gesellschafts- und Persönlichkeitsstrukturen untersucht.<br />

185


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

ten stellen die Neustoiker ein in sich gefestigtes Individuum gegenüber, dessen<br />

constantia von Lipsius bezeichnenderweise meist mit Metaphern umschrieben<br />

wird, die Senecas Diktum »vivere militare est« 47 aufgreifen und die vernünftige Le-<br />

bensführung mit Krieg und Militärdienst vergleichen 48 . Wie bei den Stoikern der<br />

Antike gelten Affekte wie Angst, Wut und Mitleid <strong>als</strong> verdächtig und bedürfen der<br />

Steuerung 49 : Es gilt, die Affekte durch strenge Rationalität zu domestizieren und zu<br />

kontrollieren und damit innere Ruhe und Beständigkeit des Lebensentwurfs durch<br />

rationale Orientierung des Handelns zu gewinnen. »Voluntas et intellectus unum et<br />

idem sunt« 50 wird es Spinoza später auf den Begriff bringen.<br />

Philosophie wird dergestalt zur praktischen Handlungsanweisung und Le-<br />

benshilfe 51 ; die durch Affektkontrolle gewonnene innere Freiheit ist nie endgültiger<br />

Besitz, sondern muss stets neu errungen werden, da politische Rahmenbedingun-<br />

gen (fatum und necessitas) beständig die Handlungsfreiheit des sich seiner be-<br />

wusst werdenden Individuums bedrohen. Auf die epochale Erfahrung ständig<br />

neuer Kontingenz reagiert der Neustoiker nicht mit Apathie und Resignation, son-<br />

dern mit aktivem und selbstbestimmtem Handeln. 52 »Necessitate autem nihil fortius<br />

est« 53 : Gerade weil er sich den Zwängen der politischer Rahmenbedingungen nicht<br />

widersetzt, handelt er selbstbestimmt:<br />

Necessitatis non aliud effugium est, quam velle quod ipsa cogat. Eximie eximius ille<br />

Sapientum: ›Invictus esse poteris, si in nullum certamen te dimittes, quod in te non<br />

est vincere.‹ 54<br />

47<br />

»Atqui vivere, Lucili, militare est.« (›Leben heißt freilich, Kriegsdienst leisten, mein Lucilius.‹) (Epistulae morales<br />

96, 5); »Nobis quoque militandum est, et quidem genere militiae quo numquam quies, numquam otium<br />

datur: debellandae sunt in primis voluptates. « (›Auch wir müssen Kriegsdienst leisten, und zwar so dass niem<strong>als</strong><br />

Ruhe, niem<strong>als</strong> Muße eintritt: vor allem die Affekte müssen bekämpft werden.‹) (Epistulae morales 51, 6)<br />

48<br />

»Miles in castris, audito viae signo, vasa colligit; audito pugnae, deponit; animo, oculis, auribus, paratus ad<br />

omne imperium et intentus. Idem nobis sit, et in hac militia sequamur alacres et pleno gradu quocumque vocantem<br />

Imperatorem.« (›Der Soldat im Lager sammelt beim Marschsignal das Gepäck zusammen, setzt beim<br />

Kampfsignal das Gepäck ab; aufmerksam und mit allen Sinnen achtet er auf jeden Befehl. So sollten auch wir<br />

uns verhalten und in diesem Kampf engagiert und im Sturmschritt dem Befehlshaber folgen, wohin immer er<br />

ruft.‹) (De constantia I,15)<br />

49<br />

»Sicut bonae plantae in feraci agro, si negligantur, sylvescunt et horrescunt: cultura adhibita, utiles et fructiferae<br />

fiunt: sic affectus. « (›Wie gute Pflanzen auf einem fruchtbaren Acker verwildern und unfruchtbar werden,<br />

wenn sie vernachlässigt werden, aber nützlich und fruchttragend sind, wenn sie Pflege erhalten, verhält es sich<br />

auch mit den Affekten.‹) (Manuductio ad stoicam philosophiam, Opera omnia, a.a.O.,Bd. 4,2, S.613-821, hier:<br />

III,7, S. 698f.)<br />

50<br />

›Wille und Vernunft sind ein und dasselbe.‹ (Ethica II prop. 49, leicht verfügbar über [zuletzt aufgerufen:<br />

13.02.2007]: http://www.thelatinlibrary.com/spinoza.ethica2.html)<br />

51<br />

»Nihil palpat ille medicus, nihil blanditur: sed penetrat, pungit, radit, et acri quodam sermonum sale sordes<br />

absterget animorum« (›Der [Philosoph <strong>als</strong>] Arzt schmeichelt nicht, liebkost nicht: sondern dringt ein, sticht,<br />

schneidet aus und entfernt mit dem scharfen Salz der Ermahnung die Schlacken des Herzens.‹) (De constantia<br />

I,10)<br />

52<br />

»Arma adversum haec indue, et arripe hoc fatale telum.« (›Bewaffne dich dagegen und nimm diese todbringende<br />

Waffe.‹) (De constantia I,21)<br />

53<br />

›Nichts ist stärker <strong>als</strong> die Notwendigkeit‹. (De constantia I,21)<br />

54<br />

›Der Notwendigkeit entgeht man nur, wenn man will, wozu sie ohnehin nötigt. Ein bekannter Denker [Seneca]<br />

hat es treffend ausgedrückt: ‚Du kannst nur unbesiegt bleiben, wenn du dich nicht auf Kämpfe einlässt, die<br />

nicht zu gewinnen sind.’‹ (De constantia I,21)<br />

186


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

Standhaftigkeit (constantia) 55 wird so zur wichtigsten Leistung (›Tugend‹), die das<br />

entstehende Individuum charakterisiert: sie steht für geradlinige Lebensführung,<br />

Ruhe und Festigkeit in der Verfolgung des Lebensentwurfs, Besonnenheit in der<br />

Affektabwehr, beharrliches Verfolgen von Zielen, konsequentes Verhalten und<br />

Charakterfestigkeit. <strong>Die</strong> Leittugend der constantia unterstützt das Individuum im<br />

nicht endenden Kampf gegen die vier Hauptaffekte cupiditas, gaudium, metus und<br />

dolor (Begierde, Freude, Furcht, Schmerz) und hilft dem Bürger Kriege und Katast-<br />

rophen (bellum, pestis, fames, tyrannis und caedes) zu ertragen. Eine bemerkens-<br />

werte Leistung des Neustoizismus, die seinen Erfolg in der Frühen Neuzeit erklä-<br />

ren mag, war die Umbesetzung spätantiker Begriffe (etwa der ›Tugenden‹ und<br />

›Laster‹): verteidigten sie ursprünglich die moralische Autonomie des Philosophen<br />

gegenüber dem kaiserzeitlichen Ausschließlichkeitsanspruch des Staates, werden<br />

sie im beginnenden Konfessionszeitalter zu einer ersten Möglichkeit, gegenüber<br />

den entstehenden, moralische Ausschließlichkeit beanspruchenden modernen<br />

Staaten die Rechte des Individuums zu formulieren. Gleichzeitig definieren sie das<br />

Selbstbewusstsein der sich allmählich formierenden Funktionseliten der entste-<br />

henden modernen Staaten. In beiden Besetzungen werden die ›Tugendkataloge‹<br />

in Literatur und bildender Kunst übernommen.<br />

[Lipsius und der Selbstmord] Für die Fragestellung dieser Untersuchung ist vor allem<br />

von Gewicht, dass die vom Neustoizismus propagierte Stärkung der Identität des<br />

Individuums zu einer differenzierten Beurteilung des moralisch begründeten<br />

Selbstmords führte, die sich auch in der frühneuzeitlichen Ikonographie des Philo-<br />

sophentods und der profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen wiederfindet. <strong>Die</strong>ser Aspekt des<br />

Neustoizismus dürfte geradezu eine Voraussetzung des ikonographischen Motivs<br />

der <strong>Tugendheldin</strong> sein.<br />

Lipsius selbst scheint sich in der in seinen Leidener Jahren erarbeiteten<br />

Schrift Thrasea sive de mortis contemptu ausführlich zum Selbstmord geäußert zu<br />

haben, wagte es allerdings nicht, die Abhandlung zu veröffentlichen. 56 Gleichwohl<br />

55 »[...] constantiam hic appello, rectum et immotum animi robur, non elati externis aut fortuitis, non depressi«<br />

(›Ich begreife Standhaftigkeit <strong>als</strong> einsichtige und unerschütterliche innere Kraft, die sich von Äußerlichem oder<br />

Zufälligem weder übermütig machen noch niederdrücken lässt.‹) (De constantia I,4)<br />

56 Lipsius weist in einer Randnotiz zu De constantia (II,19) selbst auf die geplante Schrift hin: »Plura nos huius<br />

rei in Thrasea nostro sive De contemptu mortis« (›Mehr zu diesem Thema in meiner Schrift Thrasea oder Über<br />

die Verachtung des Todes‹). Der Index der Gesamtausgabe von 1675 vermerkt, dass der Dialog von Lipsius<br />

zwar geschrieben, aber nicht veröffentlicht wurde (»Thrasea, Dialogus de contemptu mortis, a Lipsio scriptus,<br />

sed ab ipso suppressus«). Dazu Etter, a.a.O.,S. 137.<br />

187


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

lassen sich seine Thesen rekonstruieren, da er sie an anderer, unauffälligerer Stel-<br />

le hinreichend klar angedeutet hat. Angesichts der zwischen den Konfessionen<br />

unstrittigen Ablehnung des Selbstmords war es durchaus nicht ungefährlich, das<br />

Thema zur Sprache zu bringen. Andererseits begründete in der antiken Stoa die<br />

moralische Autonomie des Individuums und der damit verbundene Ausweg des<br />

Selbstmords die Widerstandsmöglichkeit gegenüber der Tyrannenwillkür und nahm<br />

deshalb einen wichtigen Platz in der stoischen Ethik ein.<br />

Nicht immer lässt sich der subversive Charakter neustoischer Umbesetzun-<br />

gen traditionaler christlicher Wertungen auf den ersten Blick erkennen. Wenn Lip-<br />

sius einen fiktiven Gesprächspartner 57 tröstet, der die Nachricht vom Tod eines<br />

gemeinsamen Freundes überbringt, erscheint Sterben geradezu wünschenswert<br />

und gilt, ganz den Auffassungen der vorchristlichen Stoa entsprechend, <strong>als</strong> Zu-<br />

fluchtsort vor den Übeln der Welt:<br />

Profecto illa [i.e.: mors] medicina morborum, refugium et asylum malorum est: et in<br />

mundi his fluctibus portus, quem sapiens numquam fugiat, imo (Deo vocante) totis<br />

velis in eum feratur. 58<br />

Der paränetische Kontext und ein flüchtiger rhetorischer Gottesbezug verdecken,<br />

dass die Wünschbarkeit des Todes die Billigung des Freitodes wohl einschließt.<br />

Gerade weil es sich um eine beiläufige Äußerung handelt, dürfte sie die neusto-<br />

ische Grundposition wiedergeben. An anderer Stelle 59 finden sich vergleichbare<br />

Wendungen: Wie alle Umstände und Gefahren, die die moralische Identität (cons-<br />

tantia) des Menschen bedrohen, zählt der Tod zu den indifferentia, denen mit<br />

Gleichmut zu begegnen ist und die den Kernbereich der Identität nicht berühren. 60<br />

Erst die ständige Meditation des Todes 61 lässt die notwendige Distanz der Lebens-<br />

57 De magnitudine Romana, in: Opera Omnia, a.a.O., Bd. 3,2, S. 655-864, hier: 810.<br />

58 ›In Wirklichkeit ist der Tod ein Heilmittel aller Krankheiten, Zuflucht und Asyl vor Übeln und ein vor den Fluten<br />

dieser Welt [schützender] Hafen, den der Weise niem<strong>als</strong> scheuen soll, in den er vielmehr, wenn Gott ihn<br />

ruft, mit vollen Segeln einfahren sollte.‹<br />

59 »Duo sunt, quae arcem hanc in nobis constantiae oppugnant, f<strong>als</strong>a bona, f<strong>als</strong>a mala. Utraque sic appello,<br />

quae non in nobis sed circa nos, quaeque in interiorem hunc hominem, id est animum, proprie non iuvant aut<br />

laedunt. […] In priori classe numerant opes, honoris, potentiam, sanitatem, longaevitatem, in posteriore inopiam,<br />

infamiam, impotentiam, morbos, mortes: et ut verbo uno complectar, quidquid aliud fortuitum aut externum.«<br />

(De constantia I,7) (›Zwei Dinge belagern gewissermaßen das Bollwerk unserer constantia, vermeintliche<br />

Güter und vermeintliche Übel. Beide bezeichne ich so, da sie nicht in uns sind, sondern uns umgeben und<br />

da sie den inneren Menschen – den Geist – nicht wirklich unterstützen oder schädigen [...]. Zu der Gruppe der<br />

vermeintlichen Güter zählen Reichtum, Ansehen, Macht, Gesundheit, langes Leben, zur Gruppe der vermeintlichen<br />

Übel Not, mangelndes Ansehen, eine einflusslose gesellschaftliche Stellung, Krankheiten und Tod. Um<br />

es mit einem Wort zusammenzufassen: dies alles sind zufällige und außerhalb des Menschen liegende Dinge.‹)<br />

60 »Causae communes, quia vitae haec inter indifferentia est, itemque ipsa mors. « (›Allgemeine Gründe, warum<br />

dieses Leben zu den unwichtigen Dingen gehört, selbst der Tod.‹) Manuductio ad stoicam philosophiam<br />

III,22 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 808-813.<br />

61 »Incertum est, quo te loco mors exspectet: itaque tu illam omni loco exspecta. Philosophia autem, ut tetigi,<br />

eo ducet et hanc meditationem, et ab ea robur animo tuo indet.« (›Es ist ungewiss, wo dich der Tod erwartet:<br />

188


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

führung gewinnen: »mori, quod faciendum semel, cogitandum saepe.« 62 Der Tod<br />

ist nicht mehr Anlass zu Umkehr und Buße, die stets zur Verfügung stehende Mög-<br />

lichkeit des Todes ist vielmehr die Garantie individueller Freiheit. Unvermerkt be-<br />

setzt Lipsius so das christliche memento mori um, obwohl die Konsequenzen für<br />

die stoische Lebensführung durchaus christlich akzentuiert werden. Gerade da-<br />

durch verdeckt er seine implizite Billigung des Freitods.<br />

[profane meditatio mortis] Mehrere Abschnitte der Manuductio ad stoicam philoso-<br />

phiam 63 entwickeln unter Rückgriff auf antike Exempel geradezu eine profane me-<br />

ditatio mortis 64 , die christliche und neustoische Gedankengänge so eng verknüpft,<br />

dass die Umbesetzungen zunächst gar nicht auffallen. Dem Zustand vor der Ge-<br />

burt vergleichbar, ist der Tod nichts Schreckliches, obwohl er den Menschen<br />

unaufhörlich beschäftigt. 65 Gilt das Sterben des Sokrates 66 immer wieder <strong>als</strong> vor-<br />

bildlich, beruft sich Lipsius zur philosophischen Begründung vor allem auf Seneca:<br />

Vivere tota vita discendum est, et quod magis fortasse miraberis, tota vita discendum<br />

est mori. Idem alibi: Egregia res est mortem condiscere. Meditare mortem: qui<br />

hoc dicit, meditari libertatem iubet. 67<br />

Auf den ersten Blick stellt Lipsius ganz im Sinn der christlichen Tradition die medi-<br />

tatio mortis in den Mittelpunkt, wobei er allerdings die Leitbilder dieser Lebensfüh-<br />

rung in der vorchristlichen Antike sucht und damit das christliche memento mori<br />

unterläuft. <strong>Die</strong>se vorsichtige Sprachregelung erlaubt eine implizite Umbesetzung<br />

des Verhältnisses zum Tod und die Erweiterung des Freiraums individueller<br />

Selbstbestimmung bis hin zum Selbstmord, wie sie bereits der Titel der Abhand-<br />

erwarte ihn deshalb überall. <strong>Die</strong> Philosophie aber wird dich, wie erwähnt, zu ihm führen und dir mit diesen<br />

Überlegungen Stärke verleihen.‹) Physiologiae stoicorum II,1 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 895f.<br />

62 Physiologiae stoicorum II,1, in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 895f.<br />

63 Manuductio ad stoicam philosophiam III,22 und 23 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 808-818.<br />

64 »Sed et est alia definitio, si non Stoicorum, digna ipsis: philosophiam esse meditationem mortis.« (Manuductio<br />

ad stoicam philosophiam II,2 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 685f.) (›Aber es gibt noch eine andere<br />

Definition, die zwar nicht von den Stoikern stammt, aber ihrer würdig ist: Philosophie ist das Bedenken des<br />

Todes.‹)<br />

65 »At ego mortem diu expertus sum. Quando? Antequam nascerer: Mors est non esse; id quale sit, iam scio«.<br />

(Physiologiae stoicorum III,11 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 989-992) (›Aber ich habe den Tod schon<br />

lange kennen gelernt. Wann? Vor meiner Geburt: der Tod bedeutet ein Nicht-Sein, das ich bereits kenne.‹)<br />

66 »Praeit et huc Socrates apud Platonem: Quicumque philosophiae studium recte et vere sunt amplexi, etsi<br />

nesciunt hoc alii, aliud nihil cogitant et student, quam abire et mori.« (Manuductio ad stoicam philosophiam II,2<br />

in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S.685f.) (›Auch dies hat bereits der platonische Sokrates [im Phaidon] vorweggenommen:<br />

Wer das Studium der Philosophie richtig und ernsthaft ergriffen hat, beschäftigt sich ausschließlich<br />

mit dem Abschied und Sterben, auch wenn dies anderen unverständlich ist.‹)<br />

67 ›Leben muss man lebenslang lernen, und was noch erstaunlicher ist: Man muss das ganze Leben lang lernen<br />

zu sterben. An anderer Stelle sagt Seneca: Es ist wichtig, den Tod zu lernen. Wer über den Tod nachdenken<br />

lässt, fordert dazu auf, über die Freiheit nachzudenken.‹ – Weiteres in Manuductio ad stoicam philosophiam<br />

II,2, wo Lipsius aus De brevitate vitae (107) und den 26. Brief der Epistuale morales zitiert.<br />

189


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

lung ankündigt: »Sapientem sumere aliquando mortem posse, decere, debere: ex<br />

Stoico quidam decreto.« 68<br />

Werden Autonomie und freier Willen <strong>als</strong> oberstes Ziel der stoischen Lebens-<br />

führung bedroht, kann der Freitod moralisch gerechtfertigt sein:<br />

Sapiens vivit quantum debet, non quantum potest. Videbit ubi victurus sit, cum quibus,<br />

quomodo, quid acturus. Si multa occurrunt molesta et tranquillitatem turbantia,<br />

emittit se; nec hoc tantum in necessitate ultima facit, sed cum primum illi coepit suspecta<br />

esse fortuna. Nihil existimat sua referre, f a c i a t finem an a c c i p i a t . 69<br />

Äußere Umstände (necessitas), Krankheit, Alter, Armut oder politischer Druck kön-<br />

nen die Autonomie des Einzelnen bedrohen und einschränken. Wird dabei die ei-<br />

gene Identität bedroht, darf auch der Selbstmord in Erwägung gezogen werden. Zu<br />

dieser Entscheidung gibt es allerdings keine klare Grenzziehung, da der Ermes-<br />

sensspielraum subjektiv ist und eine die persönliche Freiheit bedrohende Situation<br />

ganz unterschiedlich bewertet werden kann. <strong>Die</strong> frühneuzeitliche Wertung der per-<br />

sönlichen Freiheit und Verantwortung des Individuums 70 wird erneut deutlich und<br />

steht im Zentrum der neustoischen Philosophie, die zwischen einem natürlichen<br />

und einem selbstgewählten Tod nicht grundsätzlich unterscheidet: das Leben ist<br />

einem Gastmahl vergleichbar, das man auch verlassen darf, wenn sich dadurch<br />

die Willensfreiheit retten lässt. 71<br />

68 ›Nach Auffassung eines gewissen Stoikers [Senecas] kann, darf und muss ein Philosoph unter bestimmten<br />

Umständen den Tod wählen.‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam III,22 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S.<br />

808-813) <strong>Die</strong> Todesarten sind dabei vielfältig: »Unam nascendi viam natura dedit, mille moriendi.« (Manuductio<br />

in stoicam philosophiam III,22 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 808-813) (›Einen einzigen Weg, geboren<br />

zu werden, hat die Natur vorgesehen, tausend, um zu sterben.‹)<br />

69 ›Der Philosoph lebt, solange er muss, nicht solange er kann. Er achtet darauf, wo, mit wem, auf welche<br />

Weise er lebt und was er tut. Begegnet ihm viel Beschwerliches, das seine innere Ruhe stört, ergreift er für<br />

sich selbst die Freiheit, nicht erst in äußerster Bedrängnis, sondern sobald ihn das Glück verlässt. E s i s t<br />

f ü r i h n o h n e B e d e u t u n g , o b e r s e i n E n d e h e r b e i f ü h r t o d e r e s a n n i m m t . ‹ (Manuductio<br />

ad stoicam philosophiam III,22 in: Opera omnia, a.a.O., Bd.4,2, S. 808-813) Lipsius zitiert an dieser<br />

Stelle Passagen aus Senecas 70. Brief an Lucilius.<br />

70 »Malum est in necessitate vivere; sed in necessitate vivere, necessitas nulla est«. (›Es ist ein Übel, in Bedrängnis<br />

zu leben; aber es ist nicht notwendig, in Bedrängnis zu leben.‹) Lipsius zitiert hier den 12. Brief des<br />

Seneca. »Et nonne haec (libertas dico) finis aut fructus sapientiae est?« (›Und liegt nicht darin (in der Freiheit)<br />

das Ziel und der Ertrag des Philosophierens?)‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam III,22 in: Opera omnia,<br />

a.a.O., Bd.4,2, S. 808-813)<br />

71 »Sicut a convivio satur possum surgere et abire, ludum, cum libet, relinquere, tale hic esse. Epictetus: Cui<br />

enim licet, cum lubet, a convivio discedere, neque ultra ludere: etiamne is manens affligitur et nauseat? Non<br />

potius, ut ludo, interest quamdiu oblectatur? Modus tantum et occasio has res temperant: neque interest multum,<br />

mors ad nos veniet, an ad illam nos.« (Manuductio ad stoicam philosophiam III,22 in: Opera omnia,<br />

a.a.O., Bd.4,2, S. 808-813) (›Wie ich gesättigt von einem Gastmahl aufstehen und weggehen darf oder ein<br />

Spiel verlassen, wenn ich es mag, so verhält es sich auch hier. Wem sollte es (nach Epiktet) nicht erlaubt sein,<br />

nach Belieben ein Gastmahl zu verlassen und sich nicht weiter am Spiel zu beteiligen, wenn er sonst unglücklich<br />

und krank würde? Ist es nicht besser, nur so lange mitzuspielen, wie es gefällt? Nur die zufälligen Umstände<br />

regeln diese Dinge, und es ist kein großer Unterschied, ob der Tod zu uns kommt oder wir zu ihm.‹) –<br />

Auch wenn andere Todesarten nicht ausgeschlossen werden, bleiben der durch Sokrates nobilitierte Giftbecher<br />

und das von Seneca legitimierte Öffnen der Venen bevorzugte Formen des philosophischen Freitods:<br />

Quaeris igitur, quod sit ad libertatem iter? Quaelibet in corpore tuo vena. (›Du fragst <strong>als</strong>o, welchen Weg es zur<br />

Freiheit gibt? Jede beliebige Vene in deinem Körper.‹ [Manuductio ad stoicam philosophiam III,22 in: Opera<br />

omnia, a.a.O., Bd.4,2, S. 808-813])<br />

190


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

Wenn Lipsius seine Überlegungen mit einer scheinbaren Distanzierung von<br />

der stoischen Position zum Selbstmord abschließt und die christliche Position der<br />

Unverfügbarkeit des Lebens zitiert, geht es ihm wohl mehr darum, den provokati-<br />

ven Gedankengang für das konfessionelle Umfeld abzuschwächen und zu relati-<br />

vieren:<br />

Mortem arbitrii nostri non esse: nec Stoicis me, hac parte, suffragium dare. 72<br />

<strong>Die</strong> Einschränkung, demonstrativ ans Ende des Kapitels und für den kritischen<br />

Blick des Zensors signifikant hervorgehoben, kann allenfalls <strong>als</strong> oberflächliche und<br />

formale Konzession an kirchliche Positionen gewertet werden. Allzu ausführlich<br />

wird die stoische Haltung zum Selbstmord in Form aneinander gereihter Paradoxa<br />

und unter Zitierung vieler Beispiele aus der Antike dargelegt und dem Leser der<br />

Freitod <strong>als</strong> exemplarische, ein selbstbestimmtes Leben krönende Entscheidung vor<br />

Augen geführt, <strong>als</strong> dass die Behauptung Glauben finden könnte, die Theologen<br />

selbst verträten unterschiedliche Auffassungen:<br />

Quid autem nostri hic theologi? Firmiter nescio et audio in scholis dissentire. 73<br />

Der theologischen Korrektheit wird Genüge getan, gleichzeitig die stoische Lehr-<br />

meinung in aller Ausführlichkeit dargestellt. <strong>Die</strong>ses Verfahren ermöglichte es Lip-<br />

sius, den Freitod in seinem Handbuch stoischen Philosophierens zu enttabuisie-<br />

ren, mit unübersehbaren Folgen für die Ästhetik des frühneuzeitlichen Dramas und<br />

für die Ikonographie des Historienbildes.<br />

[Christliche und profane Tugendhelden] Unter dem Gesichtspunkt der moralischen<br />

Selbstbehauptung (constantia) wurde an der Schwelle zur Neuzeit der frei gewähl-<br />

te oder akzeptierte Tod der Tugendhelden mit dem Bekenntnistod der Märtyrer<br />

vergleichbar. So gelten Lipsius antik-profane und christlich-moderne Exempla ›tu-<br />

gendhaften Verhaltens‹ <strong>als</strong> völlig gleichwertig; er zitiert zur Illustration der constan-<br />

tia die üblichen antiken Modelle, greift in der ›christlichen Moderne‹ aber ganz<br />

selbstverständlich auf christliche Herrscher und auf Märtyrerlegenden zurück. Dem<br />

neustoischen Philosophen gilt Affektkontrolle und mutiges Sterben, seien sie sto-<br />

isch oder christlich motiviert, in gleicher oder doch vergleichbarer Weise <strong>als</strong> vor-<br />

72 : ›Der Tod steht nicht in unserem Ermessen: in diesem Teilbereich kann ich den Stoikern meine Zustimmung<br />

nicht geben.‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam III,23 in: Opera omnia, a.a.O., Bd.4,2, S.814-818)<br />

73 ›Was aber sagen hierzu unsere Theologen? Zuverlässiges kenne ich nicht und höre, dass sie unterschiedliche<br />

Auffassungen vertreten.‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam III,23 in: Opera omnia, a.a.O., Bd.4,2,<br />

S.814-818)<br />

191


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

bildlich: »Ad Christiana et nostra exempla tutius transeo, quae in sanctis viris et<br />

martyribus sunt infinita.« 74<br />

So geht Lipsius in seinen Monita et exempla politica ausführlich auf Herrschertugenden<br />

und Herrscherlaster (»virtutes et vitia principum«) ein und versammelt Beispiele<br />

mustergültiger constantia, die auf der frühneuzeitlichen Bühne und in der<br />

Historienmalerei oft aufgegriffen wurden. 75 Ausführlich rühmt er Cato, der stets die<br />

republikanische Sache gegen Cäsar verteidigt und am Ende sogar den Tod gewählt<br />

hat, um nicht der Tyrannei zu erliegen. Bemerkenswert ist, dass auch das heroische<br />

Verhalten seiner Tochter Porzia in diesem Zusammenhang genannt wird. 76<br />

Lipsius referiert die bekannte Anekdote, sie habe sich die Verschwörung ihres<br />

Mannes gegen Cäsar vermutend mit dem Messer verletzt, um ihre Selbstbeherrschung<br />

zu erproben. Lipsius dramatisiert die Szene in einem Monolog, in dem Porzia<br />

Brutus ihre Ebenbürtigkeit demonstriert. 77 <strong>Die</strong> stoische <strong>Tugendheldin</strong> ist bereit,<br />

Schmerzen zu ertragen und zu sterben. Nachdem sie glühende Kohlen geschluckt<br />

hat, reiht sie sich mit ihrer ultima vox in die Tradition heroischen Sterbens ein:<br />

»Quid mortem aliquis impediat, aut neget? Non potest: et pater vos docuit.« (›Wie<br />

sollte man meinen Tod aufhalten oder verhindern? <strong>Die</strong>s ist nicht möglich, wie euch<br />

mein Vater bereits gezeigt hat.‹) Wenn Lipsius die Exempelreihe in die nachantike<br />

Zeit weiterführt, nennt er ganz selbstverständlich Märtyrer 78 <strong>als</strong> Beispiele bemerkenswerter<br />

constantia. Für den neustoischen Philosophen ist stoisches und christliches<br />

Sterben in gleicher Weise vorbildlich. Seine bewegende Schilderung des Todes,<br />

die sich erkennbar auf die literarische Tradition der exitus illustrium virorum<br />

bezieht, gipfelt in der verklärenden ultima vox, die das Sterben eine Christen oder<br />

Stoikers verfänglich signifikant der antiken Gattung der ἀνάβασις des θεῖος<br />

ἂνθρωπος, der Schilderung des vorbildlichen Sterbens, annähert. Im Sterben erhält<br />

der Stoiker ebenso wie der Christ eine Vorbildfunktion für die Zurückbleibenden;<br />

diese Vorbildfunktion stützt sich auf die Taten und die Haltung des nun zu Ende<br />

gehenden Lebens. <strong>Die</strong> Summe des Lebens wird in der ultima vox meist pathetisch,<br />

zumindest aber pointiert zugespitzt und gebündelt.<br />

Für den Neustoizismus ebenso wie für die Frömmigkeitspraxis der entstehenden<br />

nachreformatorischen Konfessionen ist das entschiedene Interesse an der Insze-<br />

nierung des Lebensendes charakteristisch. <strong>Die</strong> Schwelle zum Tod erlaubt einen<br />

kritischen Rückblick, der sich durchaus auf eine den Neustoikern 79 unaufhörlich<br />

zitierte Passage Senecas beziehen kann, deren ethische Normen sich ebenso<br />

christlich deuten ließen:<br />

Quid profecerim morti crediturus sum. Non timide itaque componor ad illum diem<br />

quo remotis strophis ac fucis de me iudicaturus sum, utrum loquar fortia an sen-<br />

74 ›Mühelos komme ich zu Beispielen aus unserer christlichen Epoche, weil sich zahllose unter Heiligen und<br />

Märtyrern finden.‹ (Monita et exempla politica in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,1, S. 123-321, hier: S. 177)<br />

75 Monita et exempla politica in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,1, S. 123-321, hier bes. S. 174-176.<br />

76 »Porciam subnecto, patri filiam, nupserat ea M. Bruto, marito heroina hac digno.« (›<strong>Die</strong> Tochter Porzia<br />

schließe ich dem Vater an; sie hatte M. Brutus geheiratet, einen Gatten, der dieser Heldin würdig war.‹)<br />

77 »Sum, confide, possum ferre, possum contemnere: et mori o Brute cum marito, et pro marito possum.<br />

Proinde si quid tu honesti agitas, quod utrumque nostrum sit dignum, ne sile.« (›So bin ich, verlass dich darauf,<br />

ich kann [Schmerzen] ertragen und verachten. Und ich kann, Brutus, mit dem Gatten zusammen und für ihn<br />

sterben. Deshalb verschweige nicht dein Vorhaben, wenn es unser beider würdig ist.‹)<br />

78 Als Beispiele einer in den Tod führenden constantia nennt Lipsius (Manuductio ad stoicam philosophiam<br />

III,23 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 817) u.a. die Heiligen Sophronia und Pelagia.<br />

79 So zum Beispiel Lipsius in der Manuductio ad stoicam philosophiam III,12 (in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2,<br />

S. 783ff.)<br />

192


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

tiam, numquam simulatio fuerit et mimus quidquid contra fortunam iactavi verborum<br />

contumaciam [...]. Disputationes et litterata colloquia et ex praeceptis sapientum<br />

verba collecta et eruditus sermo non ostendunt verum robur animi; est enim oratio<br />

etiam timidissimis audax. Quid egeris tunc apparebit cum animam ages. 80<br />

Für neustoische ›Tugendhelden‹ wie für nachtridentinische Märtyrer gilt deshalb<br />

der Tod <strong>als</strong> Stunde der Bewährung, in der sich die Authentizität der Lebensführung<br />

bewähren muss. Erneut bestätigt sich die Hypothese, dass die profane und die<br />

kirchliche Ikonographie ›vorbildlichen Sterbens‹ auf gemeinsame neustoische Vor-<br />

aussetzungen zurückgeht. In vergleichbarer Weise gilt dies für frühneuzeitliche<br />

Märtyrer- und Historiendramen. Christliches Martyrium und neustoischer Freitod<br />

sind beide auferlegt, aber zugleich frei gewählt.<br />

3 gloire und vertu auf der Bühne<br />

[exitus illustrium virorum] <strong>Die</strong> praktische Ethik des Neustoizismus entwickelte über alle<br />

konfessionellen Differenzen hinweg gültige Modelle exemplarischen Sterbens, die<br />

es durchaus mit den nachtridentinischen Sterberitualen 81 aufnehmen konnten, die<br />

80 ›Dem Tod bin ich Rechenschaft darüber schuldig, welche [moralischen] Fortschritte ich gemacht habe.<br />

Furchtlos bereite ich mich daher auf jenen Tag vor, an dem ich ohne Kunstgriffe und Ausflüchte beurteilen<br />

kann, ob ich nur mutige Reden führe oder auch so fühle, ob alle aufsässigen Worte, die ich gegen das Geschick<br />

geschleudert habe, nur Heuchelei und Farce gewesen sind. [...] Disputationen, gelehrte Gespräche, aus<br />

philosophischen Schulmeinungen zusammengestellte Sentenzen und eine gebildete Ausdrucksweise beweisen<br />

noch keine Seelenstärke; denn kühne Reden führen sogar die Furchtsamsten. Was man geleistet hat,<br />

zeigt sich dann, wenn man sterben muss.‹ (ep. mor. 26,5-6)<br />

81 In diesen Zusammenhang ist besonders die von der nachtridentinischen Kirche propagierte R o l l e J os<br />

e p h s a l s P a t r o n d e s g u t e n S t e r b e n s erwähnenswert. In der mittelalterlichen Frömmigkeit (und<br />

Ikonographie) lag die Bedeutung des Heiligen Joseph in seiner Rolle <strong>als</strong> »Nährvater Christi« (nutritor domini)<br />

und Ehemann Mariens, der mit der Flucht nach Ägypten die Familie gerettet hatte. Bereits frühe Inszenierungen<br />

des 4. und 5. Jahrhunderts, die Joseph sorgenvoll mit Trauergebärde auf das Kind in der Krippe blicken<br />

lassen, zeigen ihn in Meditationen über das Kind und seinen späteren Opfertod. Bisweilen wird im hohen und<br />

späten Mittelalter seine Stellung an der Schwelle zwischen Altem und Neuem Bund betont: der Tau-Stab oder<br />

der (verrutschte) Judenhut können darauf hinweisen. Im Wesentlichen konzentrieren sich Kult und Ikonographie<br />

des Mittelalters auf seine Rolle <strong>als</strong> Familienvater während der Geburt, der Kindheit und Erziehung Jesu.<br />

(Dazu: Heublein, Brigitte: Der »verkannte« Joseph, Zur mittelalterlichen Ikonographie des Heiligen im deutschen<br />

und niederländischen Kulturraum, Weimar 1998 und Kaster, Gabriela: »Joseph von Nazareth«, in: LCI,<br />

Bd. 7, Sp. 210-221.) Im späten Mittelalter wurde seine Rolle <strong>als</strong> pater familias noch durch seinen Beruf des<br />

Zimmermanns ergänzt, woraus ihm verschiedene Schutzfunktionen für Handwerker, insbesondere Zimmerleute<br />

erwuchsen. So konnte er um 1500 <strong>als</strong> moralisch integrer Familienvater und <strong>als</strong> arbeitsamer Handwerker zu<br />

einer Leitfigur beginnenden bürgerlichen Selbstbewusstseins avancieren. (Heublein, a.a.O., S. 217ff.) – Seine<br />

weitere wichtige Funktion erhielt Joseph im Laufe des 17. Jahrhunderts. Als 1621 Gregor XV. den 19. März <strong>als</strong><br />

Josephstag in den Festkalender der katholischen Kirche aufnahm, kam er wohl einer immer breiter werdenden<br />

volkstümlichen Verehrung nach. (Dazu, wenn auch auf den Bereich der Habsburger eingeschränkt, Mikuda-<br />

Hüttel, Barbara: Vom ›Hausmann‹ zum Hausheiligen des Wiener Hofes, Zur Ikonographie des hl. Joseph im<br />

17. und 18. Jahrhundert, Marburg 1997, bes. S. 77-94.) Als »refugium agonizantium« rückt nun in Traktaten,<br />

Graphik und Malerei Josephs Lebensende immer mehr in den Vordergrund. Begleiten Maria und der erwachsene<br />

Jesus das Sterben Josephs, so steht noch immer die (Heilige) Familie im Vordergrund. Das Sterben wird<br />

meist <strong>als</strong> familiäre Abschiedsszene ins Bild gesetzt, in der <strong>als</strong> Requisiten eines arbeitsamen Lebens Werkzeuge<br />

und bearbeitetes Holz nicht fehlen. Ein fleißiges Leben und eine Lebensgemeinschaft mit Maria und Jesus<br />

garantieren einen guten Tod und lassen sogar auf traditionelle Sterbeseelsorge, wie sie im ›Marientod‹ nötig<br />

war, verzichten: »Joseph hat mit Jesu und Maria allezeit gelebt / mit Jesu und Maria ist er gestorben« (Palma<br />

Iosephina, Das ist. Leben und Lob des hochheyligen Patriarchen IOSEPHS, Christi Nährvatter / MARIAE Bräutigambs,<br />

Augsburg 1657, S. 393 [zitiert nach Mikuda-Hüttel, a.a.O., S. 93]) Der Augenblick des Sterbens hat<br />

nicht mehr das schwere Gewicht wie im Mittelalter, sondern soll sanft und gelassen geschehen wie der Josephstod:<br />

»Es ist der Tod des Gerechten, der seinen physischen Tod nicht erst bedenkt, wenn er nahe ist,<br />

193


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

eine eigene Anleitung und Praxis der Reflexion, der Reue und der Bitte um Sün-<br />

denvergebung entwickelt hatten. Der für den Neustoizismus bezeichnende »akon-<br />

fessionelle Theismus« 82 verdeckte oft die Differenzen zur christlichen Vorstellung.<br />

Auf der Bühne wie in der Historienmalerei wurden in der Frühen Neuzeit Todesin-<br />

szenierungen (meditationes mortis) in unzähligen Varianten vorgeführt, wobei sich<br />

christliche und neustoische Elemente oft nicht unterscheiden lassen, weil sowohl<br />

Märtyrerdramen und Historiendramen <strong>als</strong> auch die Historienmalerei auf Charakter-<br />

stärke (constantia) und Tapferkeit (virtus) der Protagonisten abheben. 83 Nicht zu-<br />

fällig stellt Lohenstein seinem Kleopatra-Drama ein Tacitus-Zitat voran, das den<br />

tugendhaften Tod dem schändlichen gegenüberstellt 84 ; erst in der Katastrophe<br />

(necessitas) kann der Protagonist wahre Größe zeigen. <strong>Die</strong> Furchtlosigkeit vor<br />

dem Tod teilen Historien- und Märtyrerdrama: »Wer rühmlich stirbt der hat genung<br />

gelebt« 85 , erklärt Antonius in der Cleopatra Lohensteins.<br />

Für Inszenierungen vorbildlichen Sterbens konnte das profane und das religiöse<br />

Drama der Frühen Neuzeit auf die durch den Neustoizismus vermittelte literarische<br />

Tradition der antiken Populärphilosophie zurückgreifen. <strong>Die</strong> literarische Inszenierung<br />

des exitus illustrium virorum hatte in der Antike ein ›Protokoll‹ exemplarischen<br />

Sterbens entwickelt, das stets am Tod des Sokrates orientiert blieb und den Akzent<br />

auf die freie Entscheidung für den Selbstmord legte. Geradezu tropisch wurde der<br />

ultima vox 86 <strong>als</strong> Vermächtnis an die Nachwelt große Aufmerksamkeit geschenkt:<br />

Vor allem die kaiserzeitliche römische Historiographie setzte sie zur Charakterisie-<br />

sondern ihn sein ganzes Leben lang bedacht hat.« (Ariès, Philippe: Geschichte des Todes, München / Wien<br />

1980, S. 398) Das Sterben geschieht in der Gewissheit einer »Verdienstfrömmigkeit« (Mikuda-Hüttel, a.a.O.,<br />

S. 94) Unaufgeregt und heilsgewiss stirbt der Patron des guten Sterbens in Historiengemälde von Rutilio Manetti<br />

(1571-1639) oder Franz Anton Maulbertsch (1724-1796), aber auch im Oratorium La morte di San Giuseppe<br />

(um 1730) von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736), begleitet von Maria, dem Amor Divino und San<br />

Michele: »Se Giuseppe così more, / Di morir non ha timore / Chi servir sempre lo sa. / Ei lo guida, ei lo difende<br />

/ Dalle furie più tremende / E gli impetra al fin pietà.« (So singen im abschließenden Tutti-Satz Maria, Amor<br />

Divino und San Michele.)<br />

82 Hankamer, Paul: Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock, Stuttgart 2 1947, S. 313<br />

83 So widersetzt sich – um ein wenig beachtetes Beispiel zu wählen – im Märtyrerdrama Maeghden von Joost<br />

van den Vondel (1587-1679) Ursula dem sie bestürmenden Hunnen Attila zunächst lange Zeit argumentativ,<br />

am Ende auch physisch, <strong>als</strong> Attila ihr die Kreuzesfahne entreißen will: »Ghy boedermoorder, most dien<br />

Maeghdenmoord beginnen / Met zoo een schendigh stuck, <strong>als</strong> tschenden van het Kruis. / Zoo komen u met<br />

recht Gods plagen t’effens t’huis. « (IV,1258) (›Du Brudermörder musst diesen Jungfrauenmord mit etwas so<br />

Schändlichem beginnen wie der Entweihung des Kreuzes. So treffen dich zu Recht alle Strafen Gottes zugleich.‹)<br />

Nach diesem Protest tötet Attila die junge Frau mit einem Pfeil und gibt das Signal zur Ermordung<br />

ihrer Begleiterinnen (van den Vondel, Joost: De werken, hrsg. von J. F. M. Sterck u.a., Amsterdam 1929, Bd.<br />

3, S. 708-780.). –- Vgl. zum Thema: Szarota, Elida Maria: Künstler, Grübler und Rebellen, Studien zum europäischen<br />

Märtyrerdrama des 17. Jahrhunderts, Bern 1967.<br />

84 »Moriendum victis, moriendum deditis: id solum referre, novissimum spiritum per ludibrium et contumelias<br />

effundant, an per virtutem.« (Hist. III,66) (›Sterben müssen die Besiegten, sterben auch die, die sich ergeben<br />

haben; allein darauf kommt es an, ob man den letzten Atemzug unter Hohn und Schande oder in Tapferkeit<br />

tut.‹)<br />

85 Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra, Stuttgart 1998, III,435<br />

86 Es ist anzunehmen, dass bereits die kaiserzeitlichen Sammlungen ›letzter Worte‹ eine antimonarchistische<br />

Tendenz verfolgten und die Selbständigkeit des Bürgers gegenüber Kaisern und Tyrannen betonten. Genannt<br />

seien nur der erzwungene Tod des Senators Thrasea Paetus, der mehrfach offen Nero kritisiert hatte (Annales<br />

XVI,21-34), oder der Tod des Philosophen und ehemaligen Prinzenerziehers Seneca, der wegen seines <strong>als</strong><br />

Missbilligung interpretierten Rückzugs aus der Politik den Hass Neros auf sich gezogen hatte (Annales XV,60-<br />

64).<br />

194


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

rung der politischen Gegner des Herrschers ein, die sich freiwillig oder gezwungen<br />

töteten. Solch ›inszeniertes Sterben‹ brachte ihre politische und moralische Haltung<br />

enkomiastisch auf den Begriff. In den antiken Kompilationen wurden exempla nach<br />

einem festgelegten Muster stilisiert: Der Sterbende rechtfertigt seinen Freitod mit<br />

philosophischen ›Vorgängern‹ wie Sokrates und Cato, spricht den Zurückbleibenden<br />

Trost zu, dankt den Göttern und deutet sein Handeln <strong>als</strong> Schritt in die Freiheit.<br />

Tacitus etwa hat herausragende Vertreter der kaiserzeitlichen, antimonarchistischen<br />

Nobilität mit ausgefeilten Darstellungen solch ›tugendhaften‹ Sterbens ausgezeichnet.<br />

Seine Schilderungen erzwungener oder freiwilliger Selbstmorde deuten<br />

das ›Protokoll‹ der Todesstunde <strong>als</strong> endgültige Bewährung eines philosophischen<br />

oder politischen Lebenslaufs.<br />

Der vorbildliche Tod gibt, wie es später der Kirchenvater Ambrosius prägnant for-<br />

mulieren wird, ein testimonium vitae 87 . Unter veränderten Vorzeichen wurde das<br />

antike Formular von den spätantiken Märtyrerakten übernommen, obwohl sich auf<br />

den ersten Blick der ›inszenierte Selbstmord‹ schwerlich in einen christlichen Kon-<br />

text übertragen ließ. 88<br />

[Märtyrer- und Barockdrama] <strong>Die</strong> neustoischen Modelle exemplarischen Sterbens be-<br />

einflussten über alle Konfessionsgrenzen hinaus das Drama der Frühen Neuzeit.<br />

Besonders im Jesuitendrama und in der Barocktragödie, die vorwiegend auf my-<br />

thologische und historische Stoffe der Antike zurückgriff, konnte die neustoische<br />

Konzeption in ›dramatischen‹ Gewand strategisch eingesetzt werden, um den<br />

sterbenden Protagonisten in der letzten Szene zum Ideal heroischen und damit<br />

gleichzeitig philosophischen oder christlichen Sterbens zu überhöhen.<br />

Barocke Tragödien verdichten das Lebensgefühl der Zeitgenossen und er-<br />

proben an antiken Modellen die angemessenen Verhaltensweisen in extremen Si-<br />

tuationen. Vorbildliches Verhalten im ›Verhängnis‹ wird der Maßstab für die Beur-<br />

teilung einer Figur. Erst in der Katastrophe kann der Mensch seine wahre Größe<br />

zeigen und seine ›Rolle‹ voll ausspielen. Das barocke Lebensgefühl, das dem<br />

Menschen den Eindruck vermittelte, Akteur im theatrum mundi 89 zu sein und Beifall<br />

zu erhalten, ist eine wichtige Voraussetzung, will man die psychologischen Strate-<br />

gien des Neustoizismus verstehen. Da vor dem Tod kein Entkommen ist, kommt es<br />

darauf an, ihn mit virtus zu bestehen; für jeden, der in diesem großen Spiel mits-<br />

pielt, ist der Beifall der Umwelt und der Nachwelt das Wichtigste. der den europä-<br />

ischen Neustoizismus prägte, war das Leben und Handeln im <strong>Die</strong>sseitigen; das,<br />

was alle sehen und beurteilen konnten – Taten und Geisteshaltung – waren Ge-<br />

87<br />

»Mors igitur vitae est testimonium.« (›Der Tod legt Zeugnis für das Leben ab‹.) (Ambrosius, De bono mortis<br />

VIII,35)<br />

88<br />

Dazu Ronconi, A.: »exitus illustrium virorum« in: RAC VI, Stuttgart 1966, Sp. 1258-1268.<br />

89<br />

Alewyn, Richard: Das große Welttheater, <strong>Die</strong> Epoche der höfischen Feste, Berlin 1985.<br />

195


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

genstand allgemeiner Bewertung. Hier, in der Freiheit, sich adäquat zu verhalten<br />

und so den Willen mit der Vorsehung in Einklang zu bringen, manifestierte sich ein<br />

Rest der lutherischen Wertkategorie von der ›Freiheit eines Christenmenschen‹.<br />

<strong>Die</strong> profane barocke Tragödie, in der überwiegend antike Helden auftraten, bot<br />

exempla neustoischer Ethik; das gleichzeitig und durchaus <strong>als</strong> Konkurrenz entwi-<br />

ckelte Jesuitentheater ließ <strong>als</strong> Helden sterbende Märtyrer auftreten, die in der<br />

Nachfolge der passio Christi stehen. Gemeinsam ist beiden theatralischen Er-<br />

scheinungsformen, dass sie thematisch und formal auf die antiken Sammlungen<br />

exemplarischer Todesfälle (exitus illustrium virorum [et feminarum]) zurückgehen.<br />

<strong>Die</strong>se Konzeption des neustoischen Tugendhelden erscheint im in zahlrei-<br />

chen Varianten und Konfigurationen und hat auch die dramatische Behandlung der<br />

›starke Frauen‹ beeinflußt. 90 Besonders die französische Dramaturgie hob dabei<br />

auf die bei weiblichen Helden besonders sinnfällige am Konflikt von Politik und<br />

Liebe konturierbare Opposition von Normen der Gesellschaft (gloire) und Normen<br />

der Individualität (vertu) ab, in der sich ein Grundkonflikt der Frühen Neuzeit abbil-<br />

det.<br />

[gloire und vertu] In barocken Dramen eines Gryphius, eines Lohenstein oder eines<br />

Corneille treten in beispielhafter Weise Protagonisten auf, die der Kontingenz und<br />

Gewalttätigkeit des Lebens entgegentreten und dabei versuchen, ihre Mitte immer<br />

neu zu gewinnen, um ein selbstbestimmtes Subjekt zu bleiben. 91 Es geht der neu-<br />

stoischen Ethik immer wieder darum, dass sich das Subjekt seiner vergewissert,<br />

um gegen fatum und necessitas gewappnet zu sein, und sich von Gegebenheiten<br />

nicht in Unruhe und Angst bringen lässt, die außerhalb seiner selbst und von ihm<br />

nicht zu verantworten sind. Helden barocker Tragödien stellen mustergültig die<br />

Handlungsnormen (virtutes) dar, zu denen Lipsius seine Leser erziehen will. Als<br />

Beispiel sei das Kleopatra-Drama von Daniel Casper von Lohenstein 92 genannt.<br />

Bei Lohenstein ermuntert sich Cleopatra im Beisein ihrer Zofen, die sich abzeich-<br />

nende Verschleppung nach Rom nicht zu ertragen, sondern den Selbstmord zu<br />

wählen:<br />

Nein! Dis zu schaun bin ich zu edel vom Geblütt'<br />

90 Vgl. oben S. 68f., 107f., 122f., 142f., 168f.,<br />

91 »Bonus animus et sibi conscius summum bonum est« (›Eine moralische und selbstbewußte Haltung ist das<br />

höchste Ziel.‹) Justus Lipsius: Epistolarum selectarum centuria prima ad Belgas II,85, Antverpiae, ex officina<br />

Plantiniana, apud Ioannem moretum MDCII (Brief an Ioannes Hemelarius), Wesel 1675 (ND Hildesheim / Zürich<br />

/ New York 2001).<br />

92 Daniel Casper von Lohenstein: Cleopatra, Trauerspiel [Text der Erstfassung von 1661], Stuttgart 1998<br />

196


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

An Tugend viel zu groß / zu Hertzhafft im Gemütt.<br />

Entschleuß dich / hoher Geist / wi du dir vorgenommen/<br />

Durch den behertzten Tod den Fässeln vorzukommen;<br />

Vollbring' es hoher Geist! Ein rühmlich Todt ist mehr /<br />

Als tausend Jahre wehrt. Gebt / Libste / nicht so sehr<br />

Di Kleinmuth an den Tag. Laßt Thrän' und Seufzer schwinden. 93<br />

Positive stoische Schlüsselbegriffe wie »Tugend« (virtus), »Hertzhafft im Gemütt'«<br />

(constantia), »hoher Geist« (magnanimitas) fallen in den Blick, aber auch negativ<br />

besetzte wie »Kleinmuth« (metus) und »Thrän' und Seufzer« (dolor). Im Schlussakt<br />

greift Cleopatra nach dem Selbstmord des Antonius auf das mittelalterliche Bild<br />

des Glücksrads zurück:<br />

Wer auf das leichte Rad des blinden Glückes trau't /<br />

Auf seiner Tugend Grund nicht schlechte Thürme baut /<br />

Di Fürsten dieser Welt der Erde Götter nennet /<br />

Wer viel weiß ausser sich / sich in sich selbst nicht kennet /<br />

Wer sich auf's Zepters Glas / des Thrones Grund-Eiß stützt;<br />

Der komm' und lern' allhier / wider so schwanckend sitzt /<br />

Der auf dem Gipffel steht. 94<br />

Das Schicksal ist abhängig von von fatum und necessitas und außerhalb der<br />

Reichweite des Menschen. So finden sich In Lohensteins 1666 aufgeführtem<br />

Trauerspiel Sophonisbe 95 neustoische Handlungsanweisungen und Normen zu<br />

griffigen Sentenzen verkürzt: Amilcar fordert die zu Beginn des Stücks noch mit<br />

ihrer Contenance ringende Sophonisbe auf, sich nach stoischen Normen zu ver-<br />

halten:<br />

Sie halte Maas im Schmertze.<br />

<strong>Die</strong> Götter schencken uns keinmal nicht Wermuth ein:<br />

Daß nicht Grosmüttigkeit darein kann Zucker streu'n! 96<br />

In der anschließenden Szene wird von einem anderen Vertrauten, Vermina, das<br />

Ziel der constantia formuliert:<br />

Großmüttigkeit schafft Ruhm / Furcht ist der Hasen Schutz. 97<br />

Scipio, der römische Gegenspieler der Heldin, stuft das Ziel stoischen Handelns<br />

(virtus) hoch ein:<br />

Der ist der Götter Kind recht / den die Tugend ziert. 98<br />

93 III, 124-129.<br />

94 V, 1-7.<br />

95 Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe, Trauerspiel, Stuttgart 1996<br />

96 I, 251-254.<br />

97 I, 318.<br />

98 IV, 308.<br />

197


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

Als am Ende der Tragödie die necessitas zunimmt und die Handelnden in Angst<br />

und Furcht stürzt, wird der letzte Rettungsanker für den Stoiker deutlich, den zu<br />

ergreifen nicht in jeder Lebenslage nötig, den sich jedoch vor Augen zu halten, in-<br />

nere Freiheit zurückgibt. In diesem Sinne sagt Sophonisbe:<br />

Der Tod ist ein Geschenck' in solchen Freyheits-Nöthen. 99<br />

Wenig später in der gleichen Szene hat sich die Heldin schon so gefasst, dass sie<br />

ihren Hofstaat ermuntern kann:<br />

[...] Nichts / <strong>als</strong> der Tod nur kann<br />

Der Freyheits-Ancker sein / des Elends Hafen werden.<br />

Spar't / liebsten Freinde spart die ängstigen Gebehrden.<br />

Ein steiler Felß und Geist weicht Sturm und Glücke nicht.<br />

<strong>Die</strong> Eiche trotzt den Wind / der weiche Pappeln bricht. 100<br />

Sie reicht auch ihren Söhnen den Gifttrank:<br />

Recht so! wer hertzhaft stirbt / lacht Feinde / Glück und Zeit;<br />

Verwechselt Ruh und Ruhm mit Angst und Eitelkeit. 101<br />

4 Neustoisches Meditationsbild und nachtridentinisches Andachtsbild<br />

[exemplum und Andachtsbild] <strong>Die</strong> Ikonographie der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

setzt bekanntlich das frühneuzeitliche Historiendrama voraus, in dem Sophonisbe<br />

und Lukretia, Dido und Kleopatra, aber auch Porzia häufig auftreten. 102 <strong>Die</strong> bilden-<br />

de Kunst übernahm das Thema und stellte meist den ›letzten Augenblick‹ dar, der<br />

– wie die ultima vox auf der Bühne – dem Betrachter das Vorbild eines exemplari-<br />

schen Sterbens vermittelte. Während die Andachtsbilder der kirchlichen Kunst 103 in<br />

der öffentlichen und privaten Frömmigkeitspraxis den frommen Betrachter auf sei-<br />

ne persönliche Lebensführung und kommende Bewährung in der Todesstunde<br />

aufmerksam machten, sind Funktion und Wirkungsstrategie profaner Sterbebilder<br />

in der Frühen Neuzeit, von ihrer unmittelbar politischen Rolle einmal abgesehen,<br />

schwerer zu bestimmen, obwohl die ikonographischen Parallelen in der Darstel-<br />

lung von Märtyrern und Tugendhelden auf der Hand liegen. 104 Gerade einfigurige<br />

99 V, 358.<br />

100 V, 400-404.<br />

101 V, 479-480.<br />

102 Das Bildmotiv der starken Frauen geht in allen Fällen auf die frühneuzeitliche Bühne zurück. Dazu oben S.<br />

68ff. (Sophonisbe), S. 107ff. (Dido), S. 122ff. (Lukretia), S. 142ff. (Kleopatra), S. 168ff. (Porzia).<br />

103 Vgl. unten S. 207ff.<br />

104 Vgl. unten S. 204. – Freilich gewährt der philosophische Tod des Stoikers nur das Weiterleben im Nachruhm,<br />

während die Seele zur überindividuellen göttlichen Substanz (pneuma) zurückkehrt. Ambrosius musste<br />

deshalb das antike Sterbeformular des exitus illustrium virorum umdeuten und das testimonium vitae <strong>als</strong> testimonium<br />

fidei interpretieren. »Mors igitur solutio est animae et corporis.« (›Der Tod ist <strong>als</strong>o die Trennung von<br />

Seele und Körper.‹) (De bono mortis III, 8); »Opus est ut constanter transeas. Transitus autem a corruptione<br />

ad incorruptionem, a mortalitate ad immortalitatem, a perturbatione ad tranquillitatem. Non igitur nomen te<br />

198


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

profane <strong>Tugendheldin</strong>nen scheinen ein Äquivalent zu kirchlichen Andachtsbildern<br />

zu sein. 105<br />

Repräsentiert das exemplarische Sterben einer Katharina oder eines Sebas-<br />

tian die Vorbildlichkeit christlicher Lebensführung, lässt sich ein vergleichbarer Re-<br />

zeptionshorizont für profane Tugendhelden wie Cato oder Sophonisbe zwar postu-<br />

lieren, allerdings aus den zeitgenössischen Quellen kaum belegen. Ein solcher<br />

Analogieschluss liegt gleichwohl nahe und wird durch die Gleichsetzung antiker<br />

und christlicher Tugendhelden in den neustoischen Texten gestützt. Für den früh-<br />

neuzeitlichen Kenner waren Darstellungen des vorbildlichen Sterbens eines Cato<br />

oder einer Porzia immer schon durch literarische und theatralische Behandlungen<br />

des Themas ›moralisch‹ besetzt. Erinnern Heiligenbilder nach Ambrosius an das<br />

vorbildliche testimonium des Märtyrers, repräsentieren Darstellungen profaner Tu-<br />

gendhelden exempla philosophischer Lebensführung. Wie Katharina oder Seba-<br />

stian im öffentlichen oder privaten Andachtsbild verkörpern Sokrates oder Kleopat-<br />

ra ikonographisch weitgehend verselbständigte neustoische Handlungsanweisun-<br />

gen, die durch den Erfolg der Historiendramen in der Frühen Neuzeit mit dem Ver-<br />

ständnis ihres Appellcharakters rechnen konnten.<br />

[neustoische Meditationsbilder] In der Tat lässt sich wahrscheinlich machen, dass das<br />

ikonographische Motiv des profanen Tugendhelden in neustoisch beeinflussten<br />

Milieus in Analogie zum Andachtsbild im öffentlichen und privaten Raum entwickelt<br />

wurde und der Frömmigkeitspraxis entsprechende populärphilosophische Funktio-<br />

nen übernahm. Exemplarisch sterbende Tugendhelden erinnerten wie Märtyrer an<br />

die Werte stoischer Lebensführung und spielten eine den Andachtsbildern ver-<br />

gleichbare pädagogische Rolle.<br />

[conversatio] Es hat in diesem Zusammenhang noch nicht hinreichend Beachtung<br />

gefunden, dass sich im populärphilosophischen Werk des Lipsius Begriffsbildungen<br />

finden, die eine weitgehend säkulare Frömmigkeitspraxis umschreiben. Nachtridentinischen<br />

Frömmigkeitsübungen vergleichbar stellte Lipsius in seinen didaktischen<br />

Schriften 106 philosophische Techniken vor, die täglich eingeübt und perfektioniert<br />

mortis offendat, sed boni transitus beneficia delectent.« (›Man muss <strong>als</strong>o beständig hinübergehen. Das Hinübergehen<br />

aber geschieht von der Verderbtheit zur Unvergänglichkeit, von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit,<br />

von der Unruhe zur Ruhe. Deshalb möge dich nicht der Begriff ›Tod‹ irritieren, sondern es mögen dich die<br />

Wohltaten des guten Hinübergangs erfreuen.‹) (IV, 15); »Solutio autem ista quid aliud autem agit, nisi ut corpus<br />

resolvatur et quiescat: anima autem convertatur in requiem suam, et sit libera, quae si pia est, cum Christo<br />

futura sit?« (›Was bewirkt aber diese Trennung anderes, <strong>als</strong> dass der Körper aufgelöst ruht, die Seele aber zu<br />

ihrer Ruhe kommt und frei ist, da sie mit Christus sein wird, wenn sie fromm ist?‹) (III, 8) Dem Märtyrer gilt das<br />

Leben nur <strong>als</strong> transitus in eine andere Welt, in der die Seele des Individuums erhalten bleibt.<br />

105 Es ist einigermaßen auffällig, dass diese Darstellungsform nur für weibliche Tugendhelden gewählt wurde.<br />

106 Dazu zählt vor allem die Manuductio ad stoicam philosophiam, die in Dialogform einem Schüler die Haupt-<br />

stücke neustoischen Denkens vermittelt.<br />

199


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

werden sollten. <strong>Die</strong> praktische Philosophie entwickelte ein geradezu pädagogisches<br />

Programm zur Einübung ihrer Normen (virtus), das der Selbstkontrolle (disciplina)<br />

und der ständigen Ausbildung (exercitatio) in gleicher Weise Rechnung trug. 107 <strong>Die</strong><br />

Begriffe, die Lipsius für solche adiumenta vel instrumenta philosophischer Lebensführung<br />

wählte, lassen die Nähe seiner Überlegungen zu Formen religiöser Lebensführung<br />

noch deutlich erkennen: exempla, conversatio, examen. 108<br />

Vergleichbar der kirchlichen Frömmigkeitspraxis wurde die philosophische Lebensführung<br />

zu einer Technik, die sich nicht auf theoretische Kenntnisse (doctrina) verließ,<br />

sondern wie die nachtridentinische Kunsttheorie auf die emotionale Aneignung<br />

vorbildlicher Handlungen (e x e m p l a ) setzte: »aliena facta [...] movent et iuvant«.<br />

109 Antike und moderne Vorbilder galten dabei <strong>als</strong> gleichwertig. 110 Höher im<br />

pädagogischen Wert noch <strong>als</strong> das exemplum ist die c o n v e r s a t i o einzuschätzen:<br />

Sed conversatio iuvabit maxime: de qua Seneca […] Nulla res magis animis<br />

honesta induit, dubiosque et in pravum inclinantes revocat ad rectum, quam<br />

bonorum virorum conversatio. 111<br />

Der von Lipsius verwendete Begriff conversatio umfasst den persönlichen Umgang<br />

im Gespräch ebenso wie die Lektüre eines vorbildlichen Autors und die ständige<br />

Auseinandersetzung mit seinem Beispiel:<br />

Occursus mehercule ipse sapientium iuvat: et est aliquid, quod ex magno viro<br />

vel tacente proficias? Quid? Imo iuvabit illeipse vel cogitatus. Nam et Senecae<br />

hoc admonitum admitte: […] Aliquis vir bonus eligendus est, ac sem-<br />

107 »Quid iuvat ista omnis dissertio, et indagatio, si ea tantum? Non enim qui sermone sapit, is mihi sapit (ait vir<br />

sanctus) nec qui linguam disertam et volubilem habet, mentem autem inconstantem et indoctam: sed magis,<br />

qui pauca de virtute disserit, multa autem factis ostendit, et fidem verbis suis ipsa vita conciliat. Sed et cum<br />

Seneca monemus (Epist. XCIIII). Pars virtutis disciplina constat, pars exercitatione. Et discas oportet; et quod<br />

didicisti agendo confirmes.« (›Was nützt alles Diskutieren und Debattieren, wenn es dabei bleibt? Wie ein<br />

verehrungswürdiger Mann sagt, ist nämlich nicht der Philosoph, der mit Worten klug umzugehen weiß, und<br />

auch nicht der, der sich gewandt und geläufig ausdrücken kann, aber selbst unbeständig und ungebildet ist,<br />

sondern vielmehr der, der nur wenig Worte über die Tugend verliert, aber vieles durch sein Handeln erkennen<br />

lässt und durch die Lebensführung seinen Worten Glauben verschafft. Mit Seneca muss darauf hingewiesen<br />

werden, dass [philosophische] Tugend Unterweisung ebenso wie Einübung verlangt. Du musst lernen und das<br />

Gelernte im Handeln bestätigen.‹) (Manuductio ad stoicam philosophiam III,24 in: Opera omnia, a.a.O., Bd.4,2,<br />

S. 819)<br />

108 »Quod si aliena facta sic movent et iuvant, quid tua? Tria autem ad exercitium utiliter instituendum conducent,<br />

exempla, conversatio, examen.« (›Wenn [tugendhaftes] Handeln anderer zum mitreißenden Vorbild werden<br />

kann, wie steht es dann um dich? Drei Verfahren gibt es, [eine philosophische Lebensweise] erfolgreich<br />

einzuüben: Vorbilder, Umgang mit den Vorbildern und kritische Selbstprüfung.‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam<br />

III,24 in: Opera omnia, a.a.O., Bd.4,2, S. 818-821) – Der Begriff der c o n v e r s a t i o ist bewusst<br />

doppeldeutig, den philosophischen Gedankenaustausch ebenso umfassend wie den Umgang mit Exempeln.<br />

Lipsius lehnt sich wohl an ein Verfahren des Lateinunterrichts in der Frühen Neuzeit an, der in den Schritten<br />

praeceptum – exemplum – imitatio vorging; zunächst (praeceptum) wurde die grammatische Regel erlernt und<br />

eingeprägt; dann (exemplum) wurden Musterbeispiele aus antiken Autoren übersetzt; schließlich (imitatio)<br />

musste der Schüler das Gelernte in engem Anschluss an das sprachliche Vorbild umsetzen und einen eigenen<br />

Text schreiben (Fink, Hanns-Peter: Exercitia Latina, Vom Unterricht lippischer Junggrafen zur Zeit der Spätrenaissance,<br />

Marburg 1991, S. 25ff., außerdem Paulsen, Friedrich: Geschichte des gelehrten Unterrichts, 2 Bde,<br />

Leipzig 3 1919-1921, hier Bd.1, S. 345).<br />

109 S. Fußnote 108.<br />

110 »Exempla, et a veteribus licet sumere, quos iure miramur: atque etiam e notis aut novis non deerunt, quos<br />

in tali aut tali re imitere. Opus est iis, ad quos mores nostri seipsi exigant: nisi ad regulam, prava non corriges.«<br />

(Manuductio ad stoicam philosophiam III,24 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 819) (›Beispiele finden sich<br />

bei den zu Recht bewunderten Alten, unter den bekannten oder neuen finden sich Vorbilder in der einen oder<br />

anderen Hinsicht. Vorbilder sind nötig, an denen sich unsre Lebensführung schulen kann; Fehler lassen sich<br />

nur an Leitbildern korrigieren.‹)<br />

111 ›Am meisten indes wird der Umgang nützen, über den Seneca im 94. Brief schreibt: Nichts bringt den Menschen<br />

das moralisch Wertvolle näher und ruft Menschen, die im Zweifel sind und zum Schlechten neigen, zum<br />

Richtigen zurück <strong>als</strong> der Umgang mit Vorbildern.‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam III,24 in: Opera omnia,<br />

a.a.O., Bd. 4,2, S. 819)<br />

200


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

per ante oculos habendus, ut sic tanquam illo spectante vivamus, et omnia<br />

tanquam illo vidente faciamus. 112<br />

Vorbildliche Handlungen ebenso wie der direkte oder indirekte Umgang mit moralischen<br />

Autoritäten beeinflussen die Lebensführung und führen zur philosophischen<br />

Selbsterforschung (e x a m e n ), die Lipsius in Anlehnung an die Beichtpraxis in zwei<br />

Vorgehensweisen differenziert: kritische Befragung durch andere – der pädagogischen<br />

Wirkung wegen möglichst im Beisein von Dritten – oder persönliche Gewissenserforschung.<br />

113<br />

Quod hodie malum tuum sanasti? Cui vitio obstitisti? Qua parve melior<br />

es? 114<br />

In der täglich einzuübenden philosophischen Lebensform mit ihren Strategien des<br />

exemplum, der conversatio und des examen konnten die stoischen exempla der Historienmalerei<br />

antike Vorbilder visualisieren, <strong>als</strong> Gesprächsstoff unter Freunden dienen<br />

und die Richtschnur eigenen Handelns bilden. 115<br />

Da die emotionale Aneignung vorbildlichen Handelns für die eigene Lebensführung<br />

zur von den Neustoikern propagierten Lebensform gehörte, könnte die Ikonogra-<br />

phie der Tugendhelden in der neustoischen Ausrichtung der frühneuzeitlichen Eli-<br />

ten durchaus eine ihrer Begründungen finden. <strong>Die</strong> neustoischen Techniken der<br />

Selbstvergewisserung, die sich analog zur nachtridentinischen Beichtpraxis an<br />

exempla orientierten, führten zu den ersten Formen profaner Andachtsbilder. Bei-<br />

spiele vorbildlichen Sterbens waren für den Neustoizismus und die nachtridentini-<br />

sche Frömmigkeitspraxis in vergleichbarer Weise wichtig. Deshalb erfreute sich<br />

das Einfigurenbild im Themenbereich des ›profanen Sterbens‹ besonderer Belieb-<br />

theit. Gerade das ›reduzierte‹, <strong>als</strong>o sich auf den Ausschnitt beschränkende und<br />

durch Nahsicht mehr auf die Emotionen des Betrachters zielende Sterbebild erfüll-<br />

te seine Verweisfunktion besonders gut. Es lenkte nicht durch große historische<br />

112 ›Der Umgang mit Philosophen ist in der Tat nützlich: und du profitierst von einem großen Mann, selbst<br />

wenn er schweigt. Er ist selbst eine Hilfe oder doch die Vorstellung, die wir von ihm haben. Folge <strong>als</strong>o der<br />

Ermahnung Senecas: ‚Man muss ein moralisches Vorbild wählen und immer vor Augen haben, um sozusagen<br />

unter seinen Blicken zu leben und nur unter seiner Aufsicht zu handeln.’‹ (Manuductio ad stoicam philosophiam<br />

III,24 in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 819)<br />

113 »Dupliciter adhiberi potest, ab aliis, ut a sese.« (›<strong>Die</strong> kritische Selbsterforschung kann von anderen oder<br />

vom Philosophen selbst durchgeführt werden.‹) (Manuductio ad stoicam philosophiam III,24 in: Opera omnia,<br />

a.a.O., Bd. 4,2, S. 820)<br />

114 ›Welche deiner Schwächen hast du heute überwunden? Welchem Laster hast du widerstanden? Welche<br />

kleinen moralischen Fortschritte hast du gemacht?‹ – Am Beispiel Senecas lässt sich die tägliche Gewissenserforschung<br />

<strong>als</strong> elementare Grundlage moralischer Fortschritte demonstrieren: »Utor, inquit, hac potestate, et<br />

cottidie apud me causam dico. Cum sublatum est lumen, et conticuit uxor moris mei iam conscia, totum diem<br />

mecum scrutor, facta et dicta mea remetior. Nihil mihi ipse abscondo, nihil transeo.« (›Seneca sagt: Ich nutze<br />

diese Möglichkeit und gehe täglich mit mir zu Rate. Wenn das Licht gelöscht ist und meine Frau, die meine<br />

Gewohnheit schon kennt, schweigt, gehe ich den ganzen Tag mit mir durch und beurteile meine Taten und<br />

Worte nochm<strong>als</strong>. Nichts verberge ich vor mir, nichts übergehe ich.‹ [Manuductio ad stoicam philosophiam III,24<br />

in: Opera omnia, a.a.O., Bd. 4,2, S. 820])<br />

115 <strong>Die</strong> von Lipsius vorgeschlagenen Strategien moralischer Selbstprüfung leiten sich aus dem zentralen Begriff<br />

der stoischen Anthropologie und Ethik, der Oikeiosis, ab. Sie stellt Fremdes (ἀλλότριον) und Eigenes<br />

(οἰκεῖον) gegenüber und versteht die moralische Selbstfindung des Menschen (secundum naturam vivere) <strong>als</strong><br />

Vermeidung der Fremdbestimmung (vitia) und Verstärkung der Autonomie (virtutes). Seneca hat sich ausführlich<br />

mit diesem Grundproblem stoischer Ethik beschäftigt (ep. mor. 121).<br />

201


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

Inszenierungen ab, sondern rief <strong>als</strong> Ikone stoischen Philosophierens emblematisch<br />

ein vorbildliches Ende auf.<br />

[Klerikale Sammler] Lassen sich gerade die Einfigurenbilder sterbender Tugendhel-<br />

dinnen <strong>als</strong> profane neustoische Andachtsbilder interpretieren, mussten sie gleich-<br />

wohl nicht in Opposition zur nachtridentinischen Frömmigkeitspraxis stehen, ob-<br />

wohl das Skandalon des dargestellten Selbstmords dies vermuten lassen könnte.<br />

So befanden sich Guido Renis sterbende <strong>Tugendheldin</strong>nen auch im Besitz von<br />

Kardinälen: Eine Kleopatra wurde dem Kardinal Leopoldo di Toscana ge-<br />

schenkt 116 , der Kardinal Francesco Barberini besaß eine Lukretia 117 , eine andere<br />

Lukretia der Kardinal Sacchetti 118 ; in der Sammlung des Kardin<strong>als</strong> Carlo de’ Medici<br />

befand sich eine Porzia 119 , Mazarin erwarb eine Sophonisbe 120 . Wie selbstver-<br />

ständlich gehörten solche Ikonen neustoischer Philosophie in die Bildersammlun-<br />

gen frühneuzeitlicher Intellektueller, auch wenn sie geistliche Würdenträger waren.<br />

Ein gut dokumentiertes Beispiel neustoisch orientierter Sammlungstätigkeit<br />

ist die römische Familie der Giustiniani. Der Marchese Vincenzo Giustiniani (1564-<br />

1637) 121 war von der Philosophie des Justus Lipsius so beeindruckt, dass er 1606<br />

den, allerdings kurz zuvor verstorbenen, Gelehrten auf einer Reise in Löwen besu-<br />

chen wollte. 122 Im römischen Stadtpalast der Familie, dem heutigen Senat, den<br />

Vincenzo zusammen mit seinem ebenfalls <strong>als</strong> Mäzen hervorgetretenen Bruder,<br />

dem Kardinal Benedetto Giustiniani (1554-1621), bewohnte, wurde geradezu ein<br />

neustoisches Gesamtprogramm verwirklicht. Dort befand sich neben der umfang-<br />

reichen Bibliothek des Sammlers und Mäzens 123 , die alle grundlegenden Schriften<br />

neustoischer Philosophie umfasste, eine umfangreiche Bildersammlung, die ihrer-<br />

seits eindeutig neustoisch geprägt war. Vincenzo ließ einen der Galerieräume, die<br />

stanza dei filosofi, mit Supraporten schmücken, die das Sterben von Sokrates, Se-<br />

neca und Cicero 124 darstellen. <strong>Die</strong> mehr <strong>als</strong> 600 Gemälde und 1200 antike Statuen<br />

116<br />

Pepper, Stephen: Guido Reni, L’opera completa, Novarra 1988, S. 294 (Nr. 173).<br />

117<br />

Pepper, a.a.O., S. 258 (Nr. 92),<br />

118<br />

Pepper, a.a.O., S. 303 (Nr. 202).<br />

119<br />

Pepper, a.a.O., S. 260 (Nr. 96),<br />

120<br />

Pepper, a.a.O., S. 295 (Nr. 174); diese Sophonisbe ist manchmal <strong>als</strong> Artemisia bezeichnet. Vgl. oben S. 86.<br />

121<br />

Kurzinformationen über das Giustiniani-Projekt der Arbeitsgruppe von Silvia Danesi Squarzina unter:<br />

http://w3.uniroma1.it/cattedra_danesi_squarzina/Statica.asp (letzter Aufruf am 07.11.2006).<br />

122<br />

B. Bizoni im Diario di viaggio di Vincenzo Giustiniani, hrsg. von B. Agosti, Porretta Terme 1995, S. 71:»Il<br />

signor Vincenzo ebbe intenzione di visitare il Lipsio, ma trovò che era morto poco avanti.«<br />

123<br />

Baldriga, Irene: »Vincenzo Giustinianis Persönlichkeit im Spiegel seiner Bibliothek« in Squarzina Danesi,<br />

Silvia (Hrsg.): AK Caravaggio in Preussen, <strong>Die</strong> Sammlung Giustiniani und die Berliner Gemäldegalerie, Milano<br />

2001, S. 73- 80.<br />

124<br />

Abbildung der Gemälde im AK Caravaggio in Preussen, <strong>Die</strong> Sammlung Giustiniani und die Berliner Gemäldegalerie<br />

in Preussen, a.a.O., S. 118: Tod des Seneca von Joachim von Sandrart (1945 verschollen); S. 119:<br />

202


VI Der Neustoizismus: Leitphilosophie der Frühen Neuzeit<br />

umfassenden Sammlungen der Giustiniani, die in jüngster Zeit wegen ihrer Protek-<br />

tion Caravaggios besondere Beachtung der Forschung fanden, lassen ein intellek-<br />

tuelles Klima rekonstruieren, in dem Bibliothek und Bildersammlung aufeinander<br />

bezogen und durch die gleiche philosophische Aufgeschlossenheit charakterisiert<br />

waren. 125 <strong>Die</strong> kunstliebenden Brüder verstanden offensichtlich ihre Sammlungen<br />

stoischer und neustoischer Texte und ihre darauf bezogenen Historiengemälde <strong>als</strong><br />

ein zusammenhängendes Ganzes, das mit Besuchern und Freunden betrachtet<br />

und im gemeinsamen Gespräch erörtert werden konnte. Im Stadtpalast der Giusti-<br />

niani konnte ein neustoisches contubernium 126 Lektüre und Bildbetrachtung eben-<br />

so wie nachtridentinische Frömmigkeit und neustoische Ethik verbinden.<br />

Tod des Sokrates von Giusto Fiammengo (1945 verschollen) und S. 344. Tod des Cicero von François Perrier<br />

(heute im Schloss in Bad Homburg). Ob der Bethlehemitische Kindermord von Poussin diese Philosophenreihe<br />

ergänzte, wurde von der Forschung diskutiert und scheint, schon wegen der völlig anderen Maße, eher<br />

unwahrscheinlich. (vgl. Baldriga in der Besprechung des Bildes von Perrier, a.a.O., S. 344-346).<br />

125 <strong>Die</strong> wissenschaftliche Beschäftigung mit der großen Kunstsammlung der Brüder Vincenzo und Benedetto<br />

Giustiniani und die beginnende Aufarbeitung des reichen Quellenmateri<strong>als</strong> hat vor kurzem zu einer Ausstellung<br />

in Berlin und Rom (Squarzina Danesi, Silvia) [Hrsg.]: AK Caravaggio in Preussen, <strong>Die</strong> Sammlung Giustiniani<br />

und die Berliner Gemäldegalerie in Preussen, Milano 2001) geführt, die neue Erkenntnisse zur neustoischen<br />

›Hintergrundsphilosophie‹ des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts gebracht hat. Zuletzt:<br />

Danesi Squarzina, Silvia: La collezione Giustiniani, 3 Bde, Turin 2003.<br />

126 Zum contubernium <strong>als</strong> wichtigem, dem römischen Militärleben nachempfundene Freundschaft vgl. Muller,<br />

Jeffrey M.: »Rubens’s Collection in History«, in: AK A House of Art, Rubens as Collector (Belkin Lohse, Kristin /<br />

Healy, Fiona Hrsg.) Antwerpen 2004, S. 10-85, bes. S. 40.<br />

203


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

1 Kirchliche Andachts- und profane Meditationsbilder<br />

Überschneidungen religiöser und profaner Ikonographie 1 sind in der Frühen Neu-<br />

zeit unverkennbar, auch war die »Trennlinie […] in Sammlerkreisen bereits aufge-<br />

weicht« 2 : Halbfigurige Darstellungen etwa einer Magdalena oder einer Kleopatra,<br />

wie sie spätestens Reni in Mode gebracht hat, sind jedenfalls auf den ersten, flüch-<br />

tigen Blick kaum zu unterscheiden und verfolgen vergleichbare Wirkungsstrategien<br />

in der Affektdarstellung. 3 Schon Jacob Burckhardt hat auf diesen Sachverhalt hin-<br />

gewiesen: »Ob heilige oder profane Personen dargestellt werden, ändert im Gan-<br />

zen nicht viel. <strong>Die</strong> Lucretien, Cleopatren, auch die Judith wo sie ekstatisch auf-<br />

wärts schaut […], der siegreiche David in ähnlichem Moment […], ja selbst der sich<br />

erstechende Cato […] zeigen nur andere Nuancen desselben Ausdruckes.« 4 Pro-<br />

fane und sakrale Themen sind nicht nur durch die Affektdarstellung und die ge-<br />

meinsamen anthropologischen Voraussetzungen verbunden. Da beide Bildtypen<br />

auf compassio und consolatio abheben, liegt es nahe, kirchliche ›Andachtsbilder‹<br />

und profane ›Meditationsbilder‹ 5 nebeneinander zu stellen. 6 Damit ist dem Um-<br />

stand Rechnung getragen, dass dem Sterbebild eines Cato oder einer Porzia in<br />

der Frühen Neuzeit eine dem Andachtsbild vergleichbare Funktion zukam. Im<br />

Übergang zur Barockmalerei hat das ›schöne Sterben‹ von Märtyrern und weltli-<br />

chen Tugendhelden ganz offensichtlich Konjunktur. Schon deshalb lassen sich<br />

1<br />

Vgl. oben S. 47ff.<br />

2<br />

Lang, Walther K.: Grausame Bilder, Sadismus in der neapolitanischen Malerei, Berlin 2001, S. 215.<br />

3<br />

Vgl. unten S. 216ff.<br />

4<br />

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone, München / Basel 2001, S. 251<br />

5<br />

Beiden Bildtypen ist gemeinsam, dass sie über die Affektdarstellung zu einer meditativen Identifikation des<br />

Betrachters mit dem Gegenstand des Bildes führen wollen. <strong>Die</strong> frühneuzeitlichen Kunst griff Meditationstechniken<br />

auf, die seit der Erbauungsliteratur der Mystik, den Ars-moriendi-Traktaten des späten Mittelalters, über<br />

die Exercitia spiritualia (1548) des Ignatius von Loyola bis hin zur Barockästhetik eingeübt waren (Trillhaas,<br />

Wolfgang: »Meditation« in 3 RGG, Bd. 4, Sp. 824-826). Lange vor der Romantik wurde im Barock eine Affektästhetik<br />

entwickelt, die Kunst <strong>als</strong> Anleitung zu meditativer Identifikation versteht. Schon Christian Weise formuliert<br />

den Sachverhalt deutlich: »Ich gedencke an die A f f e c t e n : denn wo der gantze Mensch und ein rechter<br />

Ernst nicht darbey ist / da wird das Werck allemahl unkräfftig seyn / und was nicht von Hertzen kömt / das geht<br />

auch nicht wieder zu Hertzen. Dannenhero wer was lustiges oder trauriges / was grimmiges oder verliebtes<br />

aufsetzen will / der muß sich so lange in der m e d i t a t i o n vertieffen / biß er den affect bey sich fühlt und<br />

gleichsam alles ungezwungen hinlauffen läst.« (Curiöse Gedanken von deutschen Versen, verlegt bei Johann<br />

Friedrich Gleditsch, Leipzig 2 1693, II. Theil, Cap. I, XXIV)<br />

6<br />

Zur profane wie religiöse Themen übergreifenden Rhetorik des 17. Jahrhunderts: Fumaroli, Marc: L’école du<br />

silence, le sentiment des images au XVII e siècle, Paris 1994.<br />

204


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Ikonographie und persuasive Funktion kirchlicher und profaner ›Andachtsbilder‹<br />

durchaus miteinander vergleichen.<br />

Als erster hat bekanntlich Goethe im Faust-Fragment von 1790 den Begriff des Andachtsbildes<br />

verwendet. Voll Reue versenkt sich Gretchen vor einer Madonna ins<br />

Gebet: »In einer Mauerhöhle ein A n d a c h t s b i l d der Mater dolorosa, Blumenkrüge<br />

davor. Gretchen steckt frische Blumen in die Krüge.« 7 In der kunstwissenschaftlichen<br />

Begriffsgeschichte des ›Andachtsbilds‹ 8 konkurrieren ikonographische und<br />

funktionale Ansätze. Das Andachtsbild wurde von <strong>Georg</strong> Dehio und Wilhelm Pinder<br />

nach 1920 zunächst i k o n o g r a p h i s c h definiert und nur auf Skulpturen bezogen.<br />

Erwin Panofsky erweiterte den Begriff über die Plastik hinaus auf die Malerei und<br />

unterschied mit seinem formgeschichtlichen Ansatz 9 verschiedene Bildtypen des<br />

Andachtsbilds. Dorothee Klein greift diesen Ansatz in ihrem zusammenfassenden<br />

Artikel 10 auf und spricht mit Panofsky vom »Zeigegestus« der Bildsprache, der das<br />

Andachtsbild vom »szenischen Historienbild« und vom »kultischen Repräsentationsbild«<br />

unterscheide. Einen f u n k t i o n a l e n Ansatz vertritt implizit bereits Rudolf<br />

Berliner 11 , wenn er jedem Kunstwerk die Möglichkeit zugesteht, devotionale Gefühlsbeziehungen<br />

auszulösen, und im Rückbezug auf mittelalterliche Erbauungsliteratur<br />

den Begriff ›Erbauungsbilder‹ vorschlägt. Auch Hans Aurenhammer sen. vertritt<br />

eine funktionale Definition und bezeichnet <strong>als</strong> Andachtsbilder Werke, die eine liturgisch<br />

nicht gebundene Frömmigkeit freisetzen. 12 Während Sixten Ringbom 13<br />

noch einmal auf den ikonographischen Ansatz Panofskys zurückgreift, verbindet<br />

erst Horst Appuhn den ikonographischen und den funktionalen Ansatz: So wie auch<br />

szenische Historienbilder der Andacht dienen können, ohne dass sie einem der<br />

Bildtypen Panofskys zuzurechnen wären, können auch Andachtsbilder im engeren<br />

Sinne andere Funktionen <strong>als</strong> die vorgesehene kontemplative Versenkung über-<br />

7 FA 7/1, hrsg. von Albrecht Schöne), S. 156. Bereits im Faust-Fragment lautet die Szenenanweisung genau-<br />

so, vgl. MA 3,1, S. 585.<br />

8 Schade, Karl: Andachtsbild, <strong>Die</strong> Geschichte eines kunsthistorischen Begriffs, Weimar 1996. Meine Untersuchung,<br />

die auf die Vergleichbarkeit profaner und kirchlicher ›Andachtsbilder‹ abhebt, kann sich der funktionalen<br />

Definition Schades anschließen: »Andachtsbilder sind religiöse Bilder für den Gebrauch des einzelnen<br />

Gläubigen, deren Form von der Aufgabe bestimmt ist, diesem eine affektive Annäherung an das Dargestellte<br />

nahezulegen. Andachtsbilder sollen das Innerste anrühren und gleichzeitig <strong>als</strong> Gegenüber empfunden werden<br />

können. <strong>Die</strong>ser Aufgabe konnten zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Motive dienen. Daher kann man<br />

›Andachtsbild‹ nicht endgültig definieren, sondern immer nur in seinen konkreten historischen Formen und<br />

Funktionen untersuchen« (a.a.O., S. 96). <strong>Die</strong>ser Sachverhalt gilt mutatis mutandis auch für das neustoisch<br />

inspirierte Historiengemälde (vgl. oben S. 198ff.).<br />

9 Panofsky, Erwin: »Imago pietatis. Ein Beitrag zur Typengeschichte des Schmerzensmannes und der Maria<br />

Mediatrix«, in: Festschrift für Max Friedländer zum 60. Geburtstag, Leipzig 1927, S. 261-308. Unter formgeschichtlichen<br />

Gesichtspunkten situiert Panofsky das Andachtsbild zwischen epischem Historien- und hieratischem<br />

Repräsentationsbild; es entsteht aus der »Verzuständlichung« des Historienbildes oder der »Verbeweglichung«<br />

des Repräsentationsbildes. <strong>Die</strong> Mystik des frühen 14. Jahrhunderts, insbesondere ihre Ausprägung<br />

in Frauenklöstern, entwickelte verschiedene Typen des Andachtsbildes (Pietà, Schmerzensmann, Marienklage,<br />

Christus-Johannes-Gruppe etc.). Seit dem 15. Jahrhundert und verstärkt in der Gegenreformation<br />

wurden kleine Andachtsbilder graphisch (<strong>als</strong> Teil oder Einlage eines Gebetbuches, zur Erinnerung an eine<br />

Wallfahrt, einen Ablass etc.) reproduziert. Neue Motive (Herz-Jesu-Verehrung, Pia Anima, Memento mori)<br />

treten auf.<br />

10 Klein, Dorothee: »Andachtsbild«, in: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, Stuttgart 1937, Sp. 681-<br />

687.<br />

11 Berliner, Rudolf: »Arma Christi«, in: Münchener Jahrbuch der bildenden Künste, 3 (1955), S. 53-152, und<br />

»Bemerkungen zu einigen Darstellungen des Erlösers <strong>als</strong> Schmerzensmann«, in: Das Münster 9 (1956), S.<br />

97-117.<br />

12 Aurenhammer, Hans: <strong>Die</strong> Mariengnadenbilder Wiens und Niederösterreichs in der Barockzeit, Diss. Wien<br />

1956<br />

13 Ringbom, Sixten: Icon to narrative: The Rise of Dramatic close-up in fifteenth-century devotional Painting,<br />

Ǻbo 1965 und: »Devotional images and imaginative devotions«, in: Gazette des Beaux-Arts (1969), S. 159-<br />

170.<br />

205


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

nehmen. 14 Weil sich die Untersuchung von Frank O. Büttner 15 auf das Mittelalter<br />

beschränkt, interessiert sie sich nicht für durch das Andachtsbild ausgelöste psychologische<br />

Mechanismen der imitatio, sondern für Bildinhalte, deren Gestaltung<br />

oder Umgestaltung den Betrachter zu Frömmigkeitsübungen anleiten und sich an<br />

der ins Bild gesetzten pietas orientieren. Hans Belting verbindet ikonographische,<br />

formanalytische und funktionsgeschichtliche Methoden mit der Begrifflichkeit der<br />

Semiotik und Semantik. 16 Er fasst Andacht <strong>als</strong> »Stil affektiver Religiosität« auf, »der<br />

vor Bildern einen analogen Stil der Betrachtung ins Leben rief« (S. 77). Ein Andachtsbild<br />

will »mit visuellen Mitteln deklamieren und an die Gefühle des Betrachters<br />

appellieren«; es erzeugt im Betrachter eine Stimmung, ermöglicht es aber zugleich<br />

dem Betrachter seine eigene Stimmungslage im Bild wiederzufinden (S. 98).<br />

<strong>Die</strong>ses funktionale Verständnis des Andachtsbilds lässt verschiedenste Typen, Motive<br />

und Ausgestaltungen zu und trägt auch dem Umstand Rechnung, dass Bilder<br />

ihren Status <strong>als</strong> Andachtsbilder wieder verlieren können, wenn sich neue Andachtsformen<br />

und -motive entwickeln, so wie unter anderen Vorzeichen konzipierte Bilder<br />

den Status von Andachtsbildern erhalten. 17<br />

<strong>Die</strong> ikonographische Nähe kirchlicher und neustoischer Andachts- oder Meditati-<br />

onsbilder entging bereits den zeitgenössischen Theoretikern nicht. So überrascht<br />

es nicht, wenn sich die in Kunsttraktaten der Epoche beschriebenen Wirkungsstra-<br />

tegien auf Historien- wie auf Andachtsbilder beziehen lassen. Der spanische Maler<br />

und Kunsttheoretiker Francisco Pacheco (1564-1644) etwa, der sich intensiv mit<br />

der Kunsttheorie der Antike und des Cinquecento auseinandergesetzt hat, entwi-<br />

ckelte in seinem 1649 in Sevilla veröffentlichten Traktat Arte de la pintura 18 eine<br />

ikonographische Rhetorik, deren moralische Absichten sich über den Bereich der<br />

religiösen Malerei hinaus auch auf die Historienmalerei anwenden lassen:<br />

No se puede cabalmente declarar el fruto que de las imágines se recibe:<br />

amaestrando el entendimiento, moviendo la voluntad, refrescando la memoria de<br />

las cosas divinas; produciendo juntamente en nuestros ánimos los mayores y más<br />

eficaces efectos que se pueden sentir de alguna cosa en el mundo; representándose<br />

a nuestros ojos y, a la par, i m p r i m i e n d o e n n u e s t r o c o r a z ó n a ct<br />

o s h e r ó i c o s y m a g n á n i m o s , ora de paciencia, ora de justicia, ora de castidad,<br />

mansedumbre, misericordia y desprecio del mundo. De tal manera que, en<br />

un instante, causa en nosotros d e s e o d e l a v i r t u d , a b o r r e c i m i e n t o d e l<br />

v i c i o , que son los caminos principales que conducen a la bienaventuranza. 19<br />

14 Appuhn, Horst: »Das private Andachtsbild: Ein Vorschlag zur kunstgeschichtlichen und volkskundlichen<br />

Terminologie«, in: Museum und Kulturgeschichte: Festschrift Wilhelm Hansen, Münster 1978, S. 289-292, und<br />

Einführung in die Ikonographie der mittelalterlichen Kunst in Deutschland, Darmstadt 1969.<br />

15 Büttner, Frank O.: ›Imitatio pietatis‹, Motive der christlichen Ikonographie <strong>als</strong> Modelle der Verähnlichung,<br />

Berlin 1983.<br />

16 Belting, Hans: Das Bild und sein Publikum im Mittelalter, Berlin 1981.<br />

17 Neuere Arbeiten beschäftigen sich mit Detailfragen: z. B. Kecks, Ronald: Madonna und Kind: das häusliche<br />

Andachtsbild im Florenz des 15. Jahrhunderts, Frankfurt 1988; Bertling, Claudia: <strong>Die</strong> Darstellung der Kreuzabnahme<br />

und der Beweinung Christi in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Hildesheim 1992; Slenczka, Ruth:<br />

Lehrhafte Bildtafeln in spätmittelalterlichen Kirchen, Köln 1998; Beer, Manuela: Das kleine Andachtsbild: Graphik<br />

vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, Hildesheim 2004.<br />

18 Vgl. Hellwig, Karin: <strong>Die</strong> Anfänge der Kunstgeschichtsschreibung in Spanien im 17. Jahrhundert, Diss. phil.<br />

FU Berlin 1995, v.a. S. 180ff.<br />

19 ›Es ist müßig, all den Gewinn, den uns die Bilder bringen, aufzuzählen: Sie schärfen unseren Verstand, sie<br />

stärken unseren Willen, sie frischen unser Gedächtnis für die göttlichen Dinge auf; sie bewirken, alles in allem,<br />

in unseren Seelen die edelsten und stärksten Gefühle, die man für die Dinge dieser Welt haben kann, indem<br />

sie uns die heldenhaften und großmütigen Taten, sei es der Geduld, sei es der Keuschheit, der Sanftmut, der<br />

206


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Nicht nur der Bildappell zu heroischem und selbstlosem Handeln (actos heróicos y<br />

magnánimos) lässt sich mühelos auch auf die Historienmalerei übertragen; auch<br />

die angestrebte Wirkung der Bilder, die Pacheco in der traditionellen Opposition<br />

von Tugenden und Lastern formuliert, setzt gemeinsame anthropologische Grund-<br />

werte voraus.<br />

Märtyrerbilder 20 riefen den betenden Betrachter zu identifikatorischer Einfüh-<br />

lung (compassio) auf, unabhängig davon, ob sie in großen Formaten für Altäre<br />

oder in kleinen Formaten für die private Andacht bestimmt waren. Darstellungen<br />

sterbender Heiliger leiteten <strong>als</strong> A n d a c h t s b i l d e r zur Betrachtung und Meditation<br />

der Heiligenvita (sanctorum […] vitam moresque) an. Um dem Betrachter die affek-<br />

tive Vergegenwärtigung des dargestellten Geschehens zu ermöglichen, lassen<br />

Andachtsbilder der meditierenden Betrachtung weiten Spielraum. <strong>Die</strong> Darstellung<br />

sterbender Tugendhelden profaner M e d i t a t i o n s bil d e r (ebenfalls in großen<br />

und kleinen Formaten) bietet ein den Andachtsbildern entsprechendes Identifikati-<br />

onspotential und überträgt die christliche compassio in eine dazu nicht im Wider-<br />

spruch stehende stoische consolatio.<br />

Der Vorschlag, die ›Heroisierung‹ posttridentinischer Märtyrern und neustoischer<br />

Tugendhelden zu vergleichen 21 , soll natürlich nicht übersehen lassen, dass die<br />

kirchliche Kunst entscheidend von der theologischen Debatte auf und nach dem<br />

Konzil von Trient geprägt ist. Das bekannte tridentinische Dekret De invocatione,<br />

Barmherzigkeit, der Verachtung der Welt vor Augen führen und sie gleichzeitig in unsere Herzen einprägen, so<br />

dass sie in uns, in einem einzigen Augenblick, den Wunsch nach Tugend und den Wunsch nach<br />

Verabscheuung des Lasters entstehen lassen, den beiden wichtigen Wegen, um die ewige Seligkeit zu<br />

erlangen.‹ (Übersetzung von Jutta Seeger in: Gaehtgens, Thomas W. / Fleckner, Uwe [Hrsg.]: Historienmalerei,<br />

Berlin 1996, S. 149 u. 153)<br />

20 Vgl. Smith, Lacey Baldwin: Fools, Martyrs, Traitors, Chicago 1999; Gregory, Brad Stephen: Salvation at<br />

Stake, Cambridge (Mass.) 1999; Ameling, Walter (Hrsg.): Märtyrer und Märtyrerakten, Stuttgart 2002; Burschel,<br />

Peter: Sterben und Unsterblichkeit, Zur Kultur des Martyriums in der Frühen Neuzeit, München 2004. Im<br />

Gottesdienst, in der stillen Fürbitte in der Kirche oder auch beim privaten Gebet sind Märtyrer Vorbilder für die<br />

Gemeinde und den Einzelnen. – <strong>Die</strong> Einbindung der Andachtsbilder in die Frömmigkeitspraxis wird in der katholischen<br />

Reform durchgängig gefördert. Märtyrerbilder rufen beim Betrachter die Erinnerung an den vorbildlichen<br />

und heroischen Bekennertod des Heiligen auf. Der Analogieschluss, dass das Sterbebild eines Cato oder<br />

einer Porzia beim Betrachter die Vorbildlichkeit des freiwilligen, ›philosophischen‹ Todes evozierte und zu<br />

philosophischer Meditation und Reflexion anregte, drängt sich auf.<br />

21 Er kann sich immerhin auf Tertullian berufen, der in Ad martyres durchaus den Vergleich mit ›heidnischen<br />

Märtyrern‹ zieht und den christlichen Märtyrern nur darin einen Vorzug gibt, dass sie nicht durch »terrena gloria«<br />

und »laus humana« motiviert sind, sondern den christlichen Märtyrertod im Hinblick auf die «gloria caelestis«<br />

auf sich nehmen. (»Igitur si tantum terrenae gloriae licet de corporis et animae vigore, ut gladium, ignem,<br />

crucem, bestias, tormenta contemnat sub praemio laudis humanae, possum dicere, modicae sunt istae passiones<br />

ad consecutionem gloriae caelestis et divinae mercedis. Si tanti vitreum, quanti verum margaritum?<br />

Quis ergo non libentissime tantum pro vero habet erogare, quantum alii pro f<strong>als</strong>o?« [mart. 4,9)]. Tertullian<br />

erwähnt ausdrücklich Dido, Lukretia und Kleopatra <strong>als</strong> profane Märtyrerinnen zitiert. Vgl. oben S. 104, 119 und<br />

141.<br />

207


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

veneratione et reliquiis sanctorum et sacris imaginibus (1564) setzte sich – mit Fol-<br />

gen für die gesamte Barockmalerei – implizit mit der protestantischen Polemik ge-<br />

gen die Bilderverehrung auseinander und fasst wohl am prägnantesten die katholi-<br />

sche Position zur Funktion religiöser Bilder zusammen:<br />

Illud vero diligenter doceant episcopi, per historias mysteriorum nostrae redemptionis,<br />

p i c t u r i s v e l a l i i s s i m i l i t u d i n i b u s expressas, erudiri et confirmari<br />

populum in articulis fidei commemorandis et assidue recolendis; tum vero ex omnibus<br />

sacris imaginibus magnum fructum percipi, non solum quia admonetur populus<br />

beneficiorum et munerum, quae a Christo sibi collata sunt, sed etiam quia Dei per<br />

sanctos m i r a c u l a e t s a l u t a r i a e x e m p l a oculis fidelium subiiciuntur, ut pro<br />

iis Deo gratias agant, ad sanctorumque imitationem vitam moresque suos componant,<br />

excitentur ad adorandum ac diligendum Deum, et ad pietatem colendam. 22<br />

Der Darstellung des Heilsgeschehens oder der Heiligen liegt eine ikonographische<br />

Rhetorik der Vergegenwärtigung und des Appells zugrunde. 23 <strong>Die</strong> theologischen<br />

Bildtheoretiker der Gegenreformation entwickelten eine Ikonologie der fiktionalen<br />

Vergegenwärtigung, die den Gläubigen das Heilsgeschehen nahe bringt und zur<br />

Nachfolge und zur Nachahmung (imitatio) der Heiligen aufruft. Aller Nachdruck des<br />

tridentinischen Dekrets liegt auf diesem Verweischarakter der religiösen Bilder, auf<br />

der moralischen Funktion religiöser Erbauung. Aus der Polemik gegen die miss-<br />

bräuchliche Bilderverehrung, die übrigens eine substantialistische Ästhetik voraus-<br />

setzt, ergibt sich eine auch über die theologische Veranlassung hinaus folgenrei-<br />

che Ästhetik des Verweises und eine moralische Funktionsbestimmung der Kunst,<br />

zugleich aber auch eine theologische Rechtfertigung künstlerischer Fiktionalität.<br />

Nur das moralische Ziel rechtfertigt die fiktionale Vergegenwärtigung durch die<br />

Kunst:<br />

Non credatur inesse aliqua in iis divinitas vel virtus, propter quam sint colendae, vel<br />

quod ab eis sit aliquid petendum, vel quod fiducia in imaginibus sit figenda, veluti<br />

olim fiebat a gentibus, quae idolis spem suam collocabant: sed quoniam honos, qui<br />

eis exhibetur, refertur ad p r o t o t y p a , quae illae representant. 24<br />

22<br />

Decretum de invocatione, veneratione et reliquiis Sanctorum et sacris imaginibus, in: Denzinger, Heinrich<br />

[Hrsg.]: Enchiridion Symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum, Freiburg 24 1967, S.<br />

419-420: (›<strong>Die</strong> Bischöfe sollen darauf achten, – dass das Volk durch die Erzählungen der Geheimnisse unserer<br />

Erlösung, wie sie in Bildern oder anderen Kunstwerken dargestellt werden, erbaut und in den Glaubensartikeln<br />

bestärkt wird, die einzuprägen und regelmäßig vor Augen zu führen sind; – dass so aus allen religiösen<br />

Bildern tatsächlich großer Nutzen zu ziehen ist, nicht nur weil das Volk an die Wohltaten und Gaben Christi<br />

erinnert wird, sondern auch weil die Heiligen den Gläubigen die Wunder Gottes und nützliche Beispiele vor<br />

Augen führen. Sie werden so veranlasst, Gott Dank zu sagen, ihren Lebenswandel auf die Nachfolge (imitationem)<br />

der Heiligen auszurichten, und aufgerufen, Gott liebend zu verehren und den Glauben zu bewahren.‹)<br />

[Hervorhebungen hier und in den weiteren Zitaten von mir.]<br />

23<br />

Fumaroli, Marc: L'âge de l'éloquence: rhétorique et ›res literaria‹ de la Renaissance au seuil de l'époque<br />

classique, Paris 3 2002<br />

24<br />

Ebd., S. 420. (›Man soll nicht glauben, den Bildern komme etwas Göttliches oder eine Eigenschaft zu, weswegen<br />

sie verehrt werden müssten, oder man könne von den Bildern etwas erflehen oder sein Vertrauen auf<br />

sie richten, wie das einst von den Heiden geschah, die ihre Hoffnungen auf Götzenbilder richteten: die den<br />

Bildern gewährte Ehrerbietung bezieht sich auf das Dargestellte (prototypa), das sie nur repräsentieren.‹)<br />

208


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Das substantialistische Missverständnis der einfachen Gläubigen und des populä-<br />

ren Wunderglaubens beschäftigte die theologische Reflexion natürlich weiterhin,<br />

zumal sich aus der tridentinischen Ikonologie die paradoxe Folge ergab, dass ge-<br />

rade rhetorisch besonders gelungene Darstellungen den bloßen Repräsentations-<br />

charakter gefährdeten oder doch für die Gläubigen in den Hintergrund treten lie-<br />

ßen. Deshalb verhandelten Lok<strong>als</strong>ynoden, wie die venezianische von 1594, weiter<br />

die Bilderfrage und versuchten, gegen den von den Protestanten geschmähten<br />

Missbrauch religiöser Bilder anzugehen:<br />

Cum imagines Christi, Deiparae Virginis, et aliorum sanctorum in templis praesertim<br />

habendas et retinendas esse a catholicis patribus sit definitum, non quod in eis<br />

aliquid divinitatis, vel virtutis insit, sed ut omnis veneratio ac cultus ad p r o t o t y p a<br />

earundem referatur. Proinde parochi diligenter attendant, ne quis simplicitate ductus<br />

labatur, sed doceant m e n t e r e p e t e n d a e s s e q u a e p i c t a , v e l<br />

s c u l p t a oculus prospicit, cum hinc profecto ad veram Dei adorationem et dilectionem<br />

quis pervenire possit. 25<br />

Bilder religiösen Inhalts sollten auf keinen Fall <strong>als</strong> solche verehrt werden, auf ihrem<br />

Verweischarakter war zu bestehen. <strong>Die</strong> kirchliche Unterweisung hob darauf ab,<br />

dass die auf den Bildern nur dargestellten prototypa <strong>als</strong> Exempel für vorbildliches<br />

christliches Leben zu ›lesen‹ waren und auf keinen Fall die Bilder <strong>als</strong> solche ver-<br />

ehrt werden durften. <strong>Die</strong>se Ästhetik des Verweises 26 hat in der nachtridentinischen<br />

Kunst der katholischen Reform oberste Priorität.<br />

In der katholischen Reformbewegung wurde lebhaft darüber diskutiert, wie<br />

sich kontroverstheologische katholische Glaubensinhalte überzeugend ›ins Bild<br />

setzen‹ ließen. Johannes Molanus (De Picturis et Imaginibus Sacris, 1570), Gab-<br />

riele Paleotti (De sacris et profanis imaginibus, 1582) und vor allem Federico Bor-<br />

romeo mit seinem 1624 erschienenen einflussreichen Traktat De Pictura Sacra<br />

förderten die Entwicklung gegenreformatorischer Bildkonzepte, die auf identifikato-<br />

25 Das Dekret der venezianischen Synode von 1594 nach Seidel, Martin: Venezianische Malerei zur Zeit der<br />

Gegenreformation, Kirchliche Programmschriften und künstlerische Bildkonzepte bei Tizian, Tintoretto, Veronese<br />

und Palma il Giovane, Münster 1996, S. 311. (›Wenn die Konzilsväter bestimmt haben, dass die Bilder<br />

Christi, der jungfräulichen Gottesmutter und anderer Heiligen besonders in den Kirchen ihren Platz finden<br />

sollen und zu bewahren sind, dann nicht, weil den Bildern etwas Göttliches oder eine besondere Eigenschaft<br />

zukäme, sondern damit sich alle Verehrung und Anbetung auf das Dargestellte richtet. Deshalb sollen die<br />

Pfarrer sorgfältig darauf achten, dass niemand aus Einfalt irrt; vielmehr sollen sie lehren, dass Bilder und<br />

Skulpturen, die das Auge erblickt, erst vom Verstand aufgegriffen werden müssen, wenn sie in der Tat zur<br />

wahren Gottesverehrung und Gottesliebe führen sollen.‹)<br />

26 Es wurde zurecht darauf hingewiesen (Imorde, Joseph: Affekt-Übertragung, Berlin 2004, S. 172ff.), dass<br />

Ignatius von Loyola, Filippo Neri und Clemens VIII. eine Betrachtungskultur propagierten, die sich nicht auf das<br />

Bild, sondern auf das Bezeichnete konzentrierte und im »Akt der Beschauung« zum verborgenen Prototypus<br />

durchzudrang. Ihre stark affektisch geprägte Frömmigkeitspraxis ist zwar stark der »Empfindungskultur des<br />

späten 16. Jahrhunderts« verpflichtet, demonstriert aber gerade deshalb »die Trennung des Zeichens vom<br />

Bezeichneten« und das Überwinden der Kunst »in einem inneren Kontemplationsakt«.<br />

209


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

rische Erbauung frommer Betrachter abzielten. 27 <strong>Die</strong> ikonographische Rhetorik der<br />

kirchlichen Kunst bemächtigt sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der<br />

Emotionen und Affekte des Betrachters, um ihr moralisches Ziel zu erreichen, das<br />

Gabriele Paleotti, ein bedeutender Akteur des Konzils, in seinem Discorso intorno<br />

alle imagini sacre e profane (1582) treffend mit »persuadere le persone alla<br />

pietà« 28 umschreibt. Von ihm stammt auch eine interessante Unterscheidung der<br />

Rezipientengruppen kirchlicher Kunst 29 , die sich vielleicht ebenso auf die Auftrag-<br />

geber, Sammler und Rezipienten der Historienmalerei übertragen lässt. Unter pas-<br />

toralen Gesichtspunkten blieb es problematisch, einerseits beim Gläubigen durch<br />

die Vermittlung der picturae und similitudines die Identifikation mit den dargestell-<br />

ten prototypa anzustreben, andererseits den Unterschied zwischen Abbild und Ur-<br />

bild stets bewusst zu halten. Paradoxerweise lässt die ikonographische Rhetorik<br />

der posttridentinischen Kunst, gerade wenn sie gelingt, diesen Unterschied in den<br />

Hintergrund treten.<br />

In dieser Hinsicht an das frühneuzeitliche Historiendrama 30 anknüpfend und<br />

dessen Verfahren übernehmend, dramatisierten viele Barockkünstler ihre Altar-<br />

und Andachtsbilder und wählten in ihren ikonographischen Konzepten den theatra-<br />

lischen Moment der Peripetie, die Umkehr und Bekehrung eines Heiligen <strong>als</strong> Hö-<br />

hepunkt eines dramatischen Geschehens, in das der Betrachter einbezogen wird.<br />

<strong>Die</strong> Bekehrung des Paulus avancierte wohl deshalb zu einem beliebten Paradig-<br />

ma. 31 Andererseits werden narrative Verfahren gewählt, die es etwa in der ebenso<br />

beliebten Darstellung Maria Magdalenas <strong>als</strong> büßender Sünderin ermöglichten, zu-<br />

27 Vgl. Freedberg, David: »Kunst und Gegenreformation in den südlichen Niederlanden 1560-1660«, in: AK<br />

Von Bruegel bis Rubens, Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei, Köln / Antwerpen / Wien 1992, S.<br />

55-70.<br />

28 Vgl. Paleotti, Gabriele: Discorso intorno alle imagini sacre e profane, in: Barocchi, Paola (Hrsg.): Trattati<br />

d'arte del cinquecento tra manierismo e controriforma, 3 Bde, Bari 1960, hier Bd. 2, S. 148. Dazu Steinemann,<br />

Holger: Eine Bildtheorie zwischen Repräsentation und Wirkung. Kardinal Gabriele Paleottis ›Discorso intorno<br />

alle imagini sacre e profane‹ (1582), Hildesheim 2006.<br />

29 »E da queste quattro cose giudicheressimo noi che si venessero ad abbracciare quattro gradi o professioni<br />

di persone, che sono i pittori, i letterati, gl’idioti e gli spirituali, come appresso si dichiarerà.« (ebd., S. 497)<br />

30 Vgl. S. 193ff.<br />

31 Man denke nur an Caravaggios 1601 ausgeführte Conversione di San Paolo, die sich noch in der römischen<br />

Kirche Santa Maria del Popolo in situ befindet. Grundsätzliches zu den von der Gegenreformation bevorzugten<br />

Heiligen bei Mâle, Émile: L'art religieux après le concile de Trente, Paris 1932, S. 65ff. Joseph Imorde (Affekt-<br />

Übertragung, Berlin 2004, S. 83-138, insbesondere S. 113f.) geht in seinem Kapitel »Göttlicher Süßstoff« ausführlich<br />

auf Maria Magdalena und Petrus ein. In der Gegenreformation wurde die Bußgesinnung des gläubigen<br />

Betrachters durch die wichtigen Bildthemen der büßenden Maria Magdalena und des seine Verleugnung bereuenden<br />

Petrus unterstützt. Tränen waren das ersehnte Ziel solcher Bildbetrachtungen; besonders unter dem<br />

Pontifikat Clemens VIII. wurden Weinen und Rührseligkeit <strong>als</strong> Zeichen gelungener Affektion und Umkehr gewertet.<br />

Den Endpunkt dieser empfindsamen religiösen Kunst sieht Imorde in Carlo Dolce, dessen gefühlsselige<br />

Produktion (»dolce e leccato«) Andachtsbilder für den Devotionalienmarkt lieferte.<br />

210


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

rückgelassenen Reichtum und aufgegebenen Luxus einerseits, Askese, Leibfeind-<br />

lichkeit und Weltflucht andererseits zu kontrastieren.<br />

Während für die kirchliche Malerei und ihre Funktionen das tridentinische Dekret<br />

und die sich daraus ergebende theologische Debatte herangezogen werden kön-<br />

nen, stehen vergleichbare Hintergrundstexte für die Tugendhelden der profanen<br />

Malerei nicht zur Verfügung, sieht man vom allgemeinen neustoischen Referenz-<br />

rahmen 32 ab. Eine entsprechende kunsttheoretische Diskussion fand allerdings in<br />

der facettenreichen poetologischen Debatte zum frühneuzeitlichen Historiendrama<br />

statt. Sie kann in diesem Zusammenhang mit Gewinn herangezogen werden.<br />

<strong>Die</strong> Wirkungsstrategien und moralischen Absichten profaner Historienge-<br />

mälde unterscheiden sich keineswegs grundsätzlich von Altar- und Andachtsbil-<br />

dern, wenn sie an die Stelle der Heiligen Tugendhelden und <strong>Tugendheldin</strong>nen ver-<br />

schiedenster Provenienz treten lassen. Allerdings lässt sich aus heutiger Sicht ihr<br />

›weltlicher‹ Wirkungsraum oft nur ungenau bestimmen und damit ihre ursprüngli-<br />

che Wirkungsabsicht nur noch ungefähr rekonstruieren. Gleichwohl bestehen zwi-<br />

schen religiöser Erbauung und moralischem Diskurs die mannigfachsten Übergän-<br />

ge: Meditationsbilder wandeln vanitas-Motive und Varianten des memento mori in<br />

religiösen und profanen Kontexten ab. Eine ›neustoische Ikone‹ wie Der sterbende<br />

Seneca von Rubens 33 übernimmt ganz demonstrativ Funktionen des Heiligenbil-<br />

des. Der Einfluss der Theaterästhetik auf kirchlichen wie profanen Historiengemäl-<br />

den ist unübersehbar. Auch die letzteren rekonstruieren exemplarische Lebensläu-<br />

fe von ihrem Ende her und setzen wie beim Zuschauer im Theater auf die Identifi-<br />

kationsaffekte des Betrachters. Neben ihrer dekorativen, panegyrischen oder histo-<br />

rischen Funktion streben Historiengemälde eine kathartische Wirkung auf den Be-<br />

trachter an, die mit der eines Andachtsbilds auf den meditierenden Gläubigen<br />

durchaus übereinstimmt. Wie ein Andachtsbild verfolgt das Historienbild überdies<br />

intellektuelle und emotionale Strategien.<br />

Im Folgenden untersuche ich an Beispielen von Rubens (1577-1640), Reni (1575-<br />

1642) und Tiepolo (1696-1770) und damit über den gesamten hier in Frage ste-<br />

henden Zeitraum hinweg die Wirkungsstrategien thematisch vergleichbarer kirchli-<br />

cher und profaner Gemälde, um zu zeigen, dass posttridentinische Märtyrerbilder<br />

32 Vgl. S. 177ff.<br />

33 Vgl. S. 213ff.<br />

211


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

und frühneuzeitliche Darstellungen sterbender ›neustoischer‹ Tugendhelden bei<br />

allen Konvergenzen und Differenzen analoge Wirkungsstrategien einsetzen. Dabei<br />

sind die künstlerischen Mittel ebenso von Interesse wie die Frage, ob sich hinter<br />

der religiösen Begrifflichkeit der Andacht und Erbauung (compassio und consola-<br />

tio) und ihren profanen Entsprechungen der Erinnerung und Läuterung (κάθαρσις)<br />

eine gemeinsame frühneuzeitliche Konzeption des Heroischen abzeichnet.<br />

2 Rubens: Christliche compassio und stoische consolatio<br />

<strong>Die</strong> Kunstproduktion der katholischen südlichen Niederlande, bis 1714 spanische,<br />

danach österreichische Provinz, war für die gesamteuropäische Entwicklung des<br />

Barock von großer Bedeutung. <strong>Die</strong> von der Kirche wie vom erzherzoglichen Hof <strong>als</strong><br />

wichtigsten Auftraggeber bevorzugten große Formate wirkten aufgrund der engen<br />

Beziehungen Flanderns mit den anderen europäischen Höfen prägend und beein-<br />

flussten den Typus des barocken Altarbildes, aber auch des profanen Repräsenta-<br />

tionsbildes entscheidend. 34 Demgegenüber traten – im Unterschied zur nordnieder-<br />

ländischen Schule – bürgerliche Kunstabnehmer in den Hintergrund. 35<br />

Das Martyrium des heiligen Laurentius 36 von Peter Paul Rubens (heute in der Alten<br />

Pinakothek) [Abb. 1] entstand 1615 für die Brüsseler Kirche Notre-Dame-de-la-<br />

Chapelle 37 und kann <strong>als</strong> typisches Beispiel eines barocken Altarbilds der südlichen<br />

Niederlanden gelten. Den Vordergrund des Bildes nimmt der jugendlich weiche,<br />

nur mit einem Lendentuch bedeckte Körper des bartlosen Diakons ein, den zwei<br />

Schergen mit muskulösen Armen auf den glühenden Rost zwingen. <strong>Die</strong> Hände<br />

hinter dem Rücken mit einer Kette gefesselt, wird der Körper bereits in eine Diago-<br />

nale nach links gezwungen, während die Füße noch auf dem Boden stehen. <strong>Die</strong><br />

34 Vgl. North, Michael: Kunst und Kommerz im Goldenen Zeitalter, Zur Sozialgeschichte der niederländischen<br />

Malerei des 17. Jahrhunderts, Köln / Weimar / Wien 1992.<br />

35 In der Republik der vereinigten Niederlande, die sich 1579 nach der Utrechter Union der nördlichen Provinzen<br />

Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Overijssel, Friesland und Groningen gegen Spanien und die Habsburger<br />

herausbildete, entwickelte sich schon bald die sogenannte holländische (oder nordniederländische) Schule.<br />

Wirtschaftliche, soziologische und religiöse Unterschiede ließen die künstlerischen Entwicklungen in den<br />

nördlichen Niederlanden eine eher bürgerliche Entwicklung nehmen. Genre, Landschaft, Seestück, aber auch<br />

kleinformatige Historiengemälde fanden in der wohlhabenden und bürgerlichen Gesellschaft guten Absatz. Vgl.<br />

zu diesem Themenkomplex den knappen, aber sehr instruktiven Aufsatz von Baudouin, Frans: »Religion und<br />

Malerei nach der Teilung der Niederlande«, in <strong>August</strong> Buck (Hrsg.): Renaissance Ŕ Reformation. Gegensätze<br />

und Gemeinsamkeiten, Wiesbaden 1984, S. 7-22.<br />

36 Vgl. Katalog 357, Bestandskatalog der Alten Pinakothek München, München 1983, S. 450-451 und Corpus<br />

Rubenianum, Saints II, hrsg. von Hans Vlieghe,) Brüssel 1973, S. 107-108. <strong>Die</strong> Maße des Leinwandbildes sind<br />

244 x 174.<br />

37 Es gelangte in die Gemäldesammlung des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, der durch seinen<br />

Kunstagenten Jan Frans Douven vor allem flämische Gemälde ankaufen ließ. <strong>Die</strong> Sammlung war 1711 auf<br />

341 Werke angewachsen und erforderte ein eigenes Galeriegebäude. Glanzvolles Kernstück der Düsseldorfer<br />

Bildergalerie waren 46 Werke von Peter Paul Rubens.<br />

212


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

aufgerissenen Augen des Laurentius blicken nach oben, wo ein Putto mit Sieger-<br />

kranz und Palmzweig das Ziel des Martyriums verheißt. Vorne links schürt ein<br />

Mann mit nacktem Oberkörper das Feuer unter dem Rost, das den Märtyrer bereits<br />

mit heftigem Rauch umhüllt. Rechts versucht ein in rotes Tuch gehüllter Priester<br />

unter einer Zeusstatue den jungen Mann zur römischen Staatsreligion zurückzuru-<br />

fen. An beiden Bildrändern drängen sich an ihren Helmen erkennbare<br />

römische Soldaten und sogar ein Pferd: die turbulente<br />

Folterszene vergegenwärtigt dem Betrachter die Be-<br />

drängnis des Blutzeugen. Rubens hat sich in seinem<br />

Altarbild wohl an Gemälden Tizians orientiert; so kann<br />

er in Venedig das 1548 entstandene Martyrium des hei-<br />

ligen Laurentius in der Jesuitenkirche 38 gesehen haben.<br />

Nur wenig kleiner ist ein Historiengemälde der Al-<br />

ten Pinakothek, dessen Thematik völlig ohne Vorbild<br />

war und <strong>als</strong> Invention des flämischen Meisters zu gelten<br />

Abb. 1<br />

hat. 39 Der sterbende Seneca 40 [Abb. 2] stammt wie das Martyrium des Laurentius<br />

aus der Düsseldorfer Galerie des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz. Das<br />

Tafelbild paraphrasiert die Darstellung, die Tacitus vom erzwungenen Selbstmord<br />

des Philosophen Seneca gegeben hat, dem von seinem früheren Eleven Nero vor-<br />

geworfen wurde, an der Pisonischen Verschwörung beteiligt gewesen zu sein. 41<br />

Allerdings ist die Komposition des Bildes ganz von der moralischen Vorbildfunktion<br />

des stoischen Weisen bestimmt, der auch die historische Detailgenauigkeit dient.<br />

Nur mit einem Lendentuch bekleidet steht Seneca dem Betrachter in einem Was-<br />

serbecken frontal gegenüber. Der hagere Körper ist einer hellenistischen Marmor-<br />

statue nachgebildet, die Rubens während seines Romaufenthaltes im Besitz des<br />

Kardin<strong>als</strong> Scipione Borghese gesehen und gezeichnet hat 42 . Rubens folgte damit<br />

38 Zu Tizians Martirio di San Lorenzo aus der venezianischen Jesuitenkirche vgl. Sandro Sponzas Katalogartikel<br />

in Biadene, Susanna (Hrsg.): AK Tiziano, Venezia 1990, S. 308-313 (mit Abb.).<br />

39 Dazu ausführlich Günter Hess: »Der Tod des Seneca, Ikonographie – Biographie – Tragödientheorie« in:<br />

Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft 25 (1981), S. 196-228, bes. S. 196-199.<br />

40 Vgl. Katalog 354 und Bestandskatalog der Alten Pinakothek München, München 1983, S. 461-462 (Eichenholz,<br />

185 x 154,7). Am linken und rechten Bildrand wurden Anstückungen vorgenommen, ebenso am unteren<br />

Bildrand. Das Gemälde wird auf die Zeit um 1611 datiert. – Eine heute im Prado (Inv. Nr. 3048) befindliche<br />

Version ist wohl die erste Fassung des Themas. Ulrich Heinen erörtert in seinem Beitrag zum Madrider Seneca<br />

ausführlich die Problematik der Wiederholungen. Vgl. Büttner, Nils / Heinen, Ulrich (Hrsg.): AK Peter Paul<br />

Rubens, Barocke Leidenschaften, Braunschweig 2004, S. 234-243.<br />

41 Ann. XV, 60-65.<br />

42 <strong>Die</strong> Statue befindet sich heute, gedeutet <strong>als</strong> Afrikanischer Fischer, im Louvre. Dazu: Van der Meulen, Marjon:<br />

Rubens’ Copies after the Antique, 3 Bde, London 1994-1995 (Corpus Rubenianum 23), hier: Bd. 3, Abb.<br />

19.<br />

213


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

der Deutung der Zeitgenossen, die diese Statue <strong>als</strong> Seneca auffassten. Er ersetzte<br />

allerdings den Kopf der skulpturalen Vorlage in seinem Gemälde durch eine<br />

weit verbreitete römische Porträtbüste, von der<br />

Rubens selbst eine Replik erworben hatte, die<br />

den Eingang seines Hauses schmückte. 43 Der<br />

weißhaarige und weißbärtige Seneca blickt, der<br />

Bildrealität bereits enthoben, konzentriert nach<br />

oben; wie eine Aureole umgibt dünnes weißes<br />

Haar den asketischen Kopf. Wie segnend 44 un-<br />

terstreicht die rhetorische Geste des rechten<br />

Arms die ultima verba, die ein links vom Philo-<br />

sophen kaurnder Schreiber notiert. Rechts steht<br />

ein Arzt, der den Blutfluss aus der geöffneten<br />

Armvene überprüft. 45 Im linken Hintergrund be-<br />

trachten ein römischer Centurio und ein Soldat<br />

<strong>als</strong> Stellvertreter des abwesenden Despoten<br />

Abb. 2<br />

gleichgültig das Geschehen. Der räumlich nicht strukturierte Hintergrund ist in<br />

dunklem Braun gehalten. <strong>Die</strong> vier Assistenzfiguren sind farblich zurückhaltend ge-<br />

staltet, nur das hervorstechende Rot des Offiziersmantels lenkt den Blick kurz ab.<br />

So stellt die Lichtregie den nackten Körper Senecas in den Mittelpunkt, wäh-<br />

rend Gestik und konzentrierter Blick des Sterbenden ein profanes Äquivalent zum<br />

›himmelnden Blick‹ entwickeln. In der Bildformel 46 , die Rubens dem segnenden<br />

Christus nachbildet, hat die herausragende Bedeutung des Philosophen beredten<br />

43 Justus Lipsius hat in seiner Abhandlung über Bibliotheken, De bibliothecis syntagma (1602), das neunte<br />

Kapitel (Ornatus bibliothecarum, ebore et vitro. Armaria et foruli, et plutei et cunei) der Ausstattung einer Bibliothek<br />

mit Skulpturen, Büsten und Porträts berühmter Männer gewidmet (Lipsius, Justus: De bibliothecis syntagma,<br />

Antwerpen 1602 [ND Hildesheim / Zürich / New York 2001], Bd. 3,2, S. 1122-1140). Zur Ausstattung<br />

von Villen und Palästen mit Büsten antiker Vorbilder (neben Evers, Hans Gerhard: Peter Paul Rubens, München<br />

1942, S. 93) ausführlich Ulrich Heinen in: AK Peter Paul Rubens, Barocke Leidenschaften, a.a.O., S.<br />

236ff. – Lucas Vorstermann hat den Seneca-Kopf nach einer Zeichnung von Rubens gestochen und in eine<br />

Serie von zwölf Blättern aufgenommen, die bedeutende Männer wie Demokrit, Sokrates, Scipio, Cicero und<br />

Nero umfasste. Über die Bedeutung des Seneca-Stiches in neustoischen Kreisen ausführlich Ulrich Heinen,<br />

a.a.O., S. 237-242. – Zu Rubens <strong>als</strong> Sammler und seinem Haus <strong>als</strong> ›Kunstkammer‹ Muller, Jeffrey M.: »Rubens’s<br />

Collection in History«, in: Lohse Belkin, Kristin / Healy, Fiona (Hrsg.): AK A House of Art, Rubens as<br />

Collector Antwerpen 2004, S. 10-85.<br />

44 Der rechte Arm der antiken Skulptur eines afrikanischen Fischers hielt wohl ursprünglich eine Angel, während<br />

zur Linken wohl ein Eimer gehört haben dürfte. Rubens hat die Armbewegungen, anders aufgefasst,<br />

übernommen.<br />

45 Heinen, Ulrich: »Haut und Knochen – Fleisch und Blut. Rubens’ Affektmalerei«, in: Heinen, Ulrich / Thielemann,<br />

Andreas (Hrsg.): Rubens Passioni, Kultur der Leidenschaften im Barock, Göttingen 2001, S. 70-109<br />

(bes. S. 90-97) hat ausführlich die medizinischen Kenntnisse von Peter Paul Rubens untersucht.<br />

46 Dazu vor allem von Simson, Otto: Peter Paul Rubens (1577-1640), Humanist, Maler und Diplomat, Mainz<br />

1996, S. 151- 156. Außerdem Hess, Günter: »Der Tod des Seneca«, a.a.O.<br />

214


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Ausdruck gefunden 47 , der <strong>als</strong> Vorbild gelebter stoischer Lehre für den neusto-<br />

ischen Freundeskreis um Peter Paul Rubens eine wichtige Rolle spielte, zu dem<br />

neben seinem Bruder Philipp vor allem der Philosoph Justus Lipsius gehörten. <strong>Die</strong><br />

vielfach kopierte und in Kupferstichen verbreitete Invention kann geradezu <strong>als</strong><br />

›neustoische Ikone‹ der frühbarocken Historienmalerei und <strong>als</strong> der Prototyp eines<br />

profanen Andachtsbildes gelten.<br />

Im Martyrium des heiligen Laurentius wie im Sterbenden Seneca – beide aus der<br />

Düsseldorfer Galerie stammend – betont die Lichtregie den nackten Körper. Das<br />

Inkarnat des Heiligen ist ebenso hell wie das des Philosophen, während in beiden<br />

Gemälden die braune Hautfarbe der übrigen Personen Tätigkeit und Männlichkeit<br />

ausdrückt. <strong>Die</strong> helle Haut lässt den Betrachter schutzlose Körperlichkeit, eine fast<br />

weibliche Verletzbarkeit assoziieren. Andererseits verweist sie auch auf die Lei-<br />

chenblässe und den demnächst eintretenden Tod. Seneca stirbt stehend und zeigt<br />

damit bis zum letzten Atemzug constantia: noch in seinem Sterben verwirklicht er<br />

gleichsam ›wörtlich‹ die zentrale stoische Tugend des fortiter stare 48 , die konkret<br />

und metaphorisch zugleich ins Bild gesetzt wird. Auch Laurentius bleibt ›standhaft‹<br />

bei seinem Glauben. Er steht bei Rubens noch auf beiden Füßen, obwohl sein<br />

Körper schon auf den Rost gebunden wird. <strong>Die</strong> ›weltliche‹ Macht wird in beiden<br />

Bildern mit der Farbe Rot evoziert: Ein rot gekleideter Priester versucht, Laurentius<br />

zum Widerruf zu überreden; die Botschaft des Tyrannen wird dem Philosophen<br />

von einem Offizier in rotem Umhang übermittelt.<br />

Laurentius hat das Ziel seines Leidens visionär und unmittelbar vor Augen,<br />

während der vorbildliche Tod des stoischen Philosophen sein Weiterleben im Ge-<br />

dächtnis der Anhänger und philosophischen Freunde in Szene setzt. Doch inten-<br />

dieren beide Bilder eine vergleichbare Wirkung: bei Laurentius die christliche com-<br />

47 McGrath, Elizabeth: Rubens, Subjects from History (Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, 13), 2 Bde,<br />

London 1997. Eine kritische Würdigung dieser Bände findet sich in der Rezension von Christine Göttler: »Elizabeth<br />

McGrath, Rubens, Subjects from History«, in: Kunstchronik 9/10 (2000), S. 482-489.<br />

48 Bei Seneca finden sich mehrere Belege für die zentrale stoische Tugend der Standhaftigkeit: De vita beata<br />

XV, 5 (»illa [sc. virtus] f o r t i t e r s t a b i t et quicquid evenerit feret non patiens tantum sed etiam volens«);<br />

Ep. 71, 25 (»illud mirare, ibi extolli aliquem, ubi omnes deprimuntur, ibi s t a r e , ubi omnes iacent«); Ep. 71, 26<br />

(»s t a t r e c t u s [vir sapiens] sub quolibet pondere«). Auch in der patristischen Literatur wird häufig ein Bezug<br />

zu dieser stoischen Tugend hergestellt, etwa von Cyprian, De mort. 14 (»Contra tot impetus vastitatis et mortis<br />

inconcussi animi virtutibus congredi, quanta pectoris magnitudo est! Quanta sublimitas inter ruinas generis<br />

humani s t a r e e r e c t u m .«) oder von Johannes Chrystostomus, In ep. ad Hebr. III, hom. V, 4 (»Hoc autem<br />

fortium et philosophorum, f i r m i t e r s t a re.« [PG 63, 52])<br />

215


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

passio des Frommen, im profanen Gegenstück die stoische consolatio 49 des medi-<br />

tierenden Betrachters. Das Philosophenbild weckt im Bildaufbau und mit der seg-<br />

nenden Geste christologische Assoziationen und nähert zugleich den profanen<br />

Selbstmord dem Martyrium an. Im Heiligenbild wird das verheißene Jenseits in den<br />

Emblemen der Palme und des Siegeskranzes angedeutet; für den modernen Be-<br />

trachter scheint die Botschaft des stoischen Sterbens verschlüsselter zu sein. Für<br />

die Zeitgenossen jedoch dürfte der neustoische Hintergrund unmittelbar erfassbar<br />

gewesen sein. 50 Obwohl sich Rubens im Sterbenden Seneca eng an den Bericht<br />

des Tacitus anschließt und auch sein Martyrium des heiligen Laurentius eine vor-<br />

gefundene Bildtradition aufgreift, gehen ›christliches‹ und ›philosophisches‹ Ster-<br />

ben in ihrer vergleichbaren Vorbildlichkeit fast ineinander über.<br />

3 Reni: Sehnsuchtshalbfiguren‹ <strong>als</strong> Meditationsbilder<br />

Guido Reni hat die büßende Magdalena 51 ebenso wie den Selbstmord der Kleopat-<br />

ra mehrfach dargestellt und dabei halbfigurige und ganzfigurige Varianten erarbei-<br />

tet. 52 In seinen halbfigurigen Darstellungen treten die narrativen Elemente des<br />

Historienbildes zurück; in dieser Variante wird deshalb die ikonographische und<br />

semantische Nähe von christlicher Märtyrerin und neustoischer <strong>Tugendheldin</strong> be-<br />

sonders deutlich. Da gerade die Reduktionsformel der Halbfigurenbilder Renis,<br />

unabhängig von ihrem kirchlichen oder profanen Thema, bis zu den Attitüden des<br />

19. Jahrhunderts 53 weiterwirkte, liegt der Gedanken nahe, dass sich die Langzeit-<br />

wirkung der gemeinsamen Pathosformel (exemplum virtutis) des kirchlichen wie<br />

des profanen Motivs verdankt.<br />

<strong>Die</strong> Büßende Magdalena in der Walters Art Gallery (Baltimore) [Abb. 3] stammt aus<br />

dem letzten Schaffensjahrzehnt des Künstlers, wie die charakteristische Wahl der<br />

durchsichtigen Farben unverkennbar anzeigt. 54 Der erste Besitzer war Kardinal<br />

49<br />

So Hess, a.a.O., S. 224. Über die Ursprünge des παραμσθητικός und der consolatio grundlegend Kassel,<br />

Rudolf: Untersuchungen zur griechischen und römischen Konsolationsliteratur, München 1958. Außerdem<br />

Kern, Manfred: »Konsolationsliteratur«, in: Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 2000, Bd. 14, Sp. 1079-1082.<br />

50<br />

Zum neustoischen Hintergrund vgl. S. 177 ff.<br />

51<br />

Magdalena ist natürlich im strengen Sinn keine Märtyrerin, gleichwohl hat ihr Adreini das Epitheton martire<br />

del pianto verliehen (vgl. unten S. 218).<br />

52<br />

Vgl. Pepper, Stephen: Guido Reni, L'opera completa, Novara 1988. Pepper kennt vier ganzfigurige Ausführungen<br />

mit Putti (Nr. I/130, I/197, I/142 und I/41) und zwei Brustbilder (Nr. I/143 und I/205). Halbfigurig erscheint<br />

Magdalena auf den Gemälden I/59, I/44, I/40, I/49 und I/115. Vier Gemälde (I/135, I/109, I/43 und I/28)<br />

sind dreiviertelfigurig ausgeführt. Nur eine Kleopatra (Nr. I/101) ist ganzfigurig, eine weitere dreiviertelfigurig<br />

(Nr. I/173), während die übrigen (Nr. I/95, I/111, I/181 und I/204) halbfigurig sind.<br />

53<br />

Vgl. S. 294ff.<br />

54<br />

Vgl. Pepper, a.a.O., S. 339; Katalog 333: die Maße des von 1635 stammenden Gemäldes sind 90,5 x 74.<br />

216


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Antonio Barberini 55 , aus dessen Sammlung das Gemälde 1692 in die Kollektion<br />

der Chigi gelangte; seit diesem Zeitpunkt kann der weitere Weg des Bilds genau<br />

verfolgt werden. 56<br />

Oberkörper und Haupt der frontal und halbfigurig ge-<br />

gebenen Heiligen bilden eine Pyramide, die durch die Dre-<br />

hung des Kopfes der Büßerin nach links oben aufgelöst wird.<br />

Der sich im beigetonigen Hintergrund <strong>als</strong> Aufhellung ab-<br />

zeichnende Lichteinfall verstärkt die Diagonalbewegung von<br />

unten rechts nach oben links. Magdalena ist <strong>als</strong> junge Frau<br />

mit offenem hellbraunen Haar und sehr hellem Inkarnat dar-<br />

gestellt; das weite faltige Gewand in einem perligen Grauton<br />

Abb. 3<br />

unterstreicht die Diaphanität ihrer Erscheinung. Festigkeit erhält die Kontur durch<br />

einen roten Mantel, der den auf einem Totenschädel ruhenden linken Arm umhüllt.<br />

In der Linken hält die Heilige ein schlichtes braunes Holzkreuz. <strong>Die</strong> rechte Hand<br />

führt sie im ›Anbetungsgestus‹ 57 an die entblößte Brust und unterstreicht die De-<br />

mutsgebärde durch den ›himmelnden Blick‹, der – entsprechend der mittelalterli-<br />

chen Legende – nach Buße und Kontemplation die dritte Bewusstseinstufe der Er-<br />

leuchtung andeutet. 58 <strong>Die</strong> Pupillen sind nach oben links zum himmlischen Licht<br />

gerichtet, von den Augen sind nur noch die weißen Augäpfel zu sehen: Seit dem<br />

Erscheinen von Cesare Ripas »Iconologia«im Jahre 1593 waren »gli occhi rivolti al<br />

cielo« <strong>als</strong> »Teilhabe an göttlicher Gnade« 59 kodiert. Der Mund hat sich leicht geöff-<br />

net und deutet das demütige Empfangen der sakramentalen gratia divina an.<br />

55 Dazu Cola, Alberto / Salvagni, Anna / Scolaro, Francesca / Scolaro, Michaela / Caroselli, Susan (Hrsg.): AK<br />

Guido Reni, 1575 Ŕ 1642, Bologna 1988, S. 154.<br />

56<br />

Vgl. Pepper, a.a.O., S. 339.<br />

57<br />

Dazu schon 1938 Weise, <strong>Georg</strong> / Otto, Gertrud: <strong>Die</strong> religiösen Ausdrucksgebärden des Barock und ihre<br />

Vorbereitung durch die italienische Kunst der Renaissance, Stuttgart 1938 (Schriften und Vorträge der Württembergischen<br />

Gesellschaft der Wissenschaften, Geisteswissenschaftliche Abteilung, Heft 5). <strong>Die</strong> Autoren<br />

unterscheiden Gesten der Ergebenheit, der Inbrunst und der Beteuerung. Der Gestus der Beteuerung wird<br />

immer stärker zum Ausdruck des Schwärmerischen und der Ekstase (S. 48-63). Zuletzt dazu Ubl, Ralph: »Zu<br />

einer Interpretation von Guido Renis Andachtsbildern« in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 44, 1991, S.<br />

159-173.<br />

58<br />

<strong>Die</strong> Legenda aurea des Jacobus a Voragine erwähnt (XCVI) die Ekstase der Heiligen (»[...] qualibet autem<br />

die septem horis canonicis ab angelis in aethera elevabatur et coelestium agminum gloriosos concentus etiam<br />

corporalibus auribus audiebat, unde diebus singulis his suavissimis dapibus satiata et inde per eosdem<br />

angelos ad locum proprium revocata corporalibus alimentis nullatenus indigebat.«) und legt ihr einen weiteren<br />

Bericht in den Mund: »›Ego‹, inquit, ›sum illa, quae per triginta annorum spatium omnibus hominibus ignota<br />

permansi et sicut tibi heri cernere permissum est, singulis diebus angelicis manibus in aethera sublevata<br />

coelestium agminum dulcissimam jubilationem septenis vicibus per singulos dies corporeis auribus audire<br />

permerui.‹« (Hrsg. Graesse, Th., Dresden 1890 [ND Osnabrück 1965], S. 413-414)<br />

59<br />

Henning, Andreas: »<strong>Die</strong> Physiognomie der Vision, Inspiration und Anbetung«; in: Andreas Henning / Gregor<br />

J. M. Weber (Hrsg.): AK ›Der himmelnde Blick‹, Zur Geschichte eines Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Dresden<br />

1998., hier S. 22.<br />

217


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Der Vergleich mit Renis g a n z f i g u r i g e n Darstellungen 60 Magdalenas verdeutlicht<br />

den hohen Abstraktionsgrad dieser um 1635 entstandenen h a l b f i g u r i g e n<br />

Variante. Im ganzfigurigen Typus [Abb. 4], den Reni ebenfalls mehrfach variierte 61 ,<br />

wird die Schönheit der reumütigen Sünderin akzentuiert. Er zeigt Magdalena <strong>als</strong><br />

Büßerin in einer Höhle und in verschiedenen Sitzpositionen, wobei Totenschädel<br />

und Kreuz ebenso wenig fehlen wie einige Bücher; Wurzelgemüse veranschaulicht<br />

das asketische Leben. Schwebende Putti verweisen in den ganzfigurigen Magdalenenbildern<br />

auf die mystische Vision der Büßerin.<br />

Der unübersehbare Erfolg der Heiligen in der posttridentinischen Ikonographie<br />

hängt nicht zuletzt mit der Propagierung des von den Reformatoren abgelehnten<br />

Bußsakraments in der gegenreformatorischen Erneuerungsbewegung zusam-<br />

men. 62 Außerdem gehört ihre Ikonographie in den Umkreis der vor allem von Do-<br />

menico Fetti variierten, vanitas-Motive und Varianten des memento mori in religiö-<br />

sen und profanen Kontexten abwandelnden Meditationsbilder.<br />

Es ist bezeichnend für diesen Typus von M e d i t a t i o n s b i l d e r n , dass sich bei<br />

der bekannten Melanconia Domenico Fettis in den venezianischen Gallerie<br />

dell’Accademia [Abb. 5] nicht entscheiden lässt, ob es sich noch um ein Heiligenbild<br />

oder bereits um eine ›abstrakte‹ Melancholie handelt. Vergleichbares gilt für FettisMaddalena<br />

in Treviglio [Abb. 6]. Seine Maddalena penitente in der römischen<br />

Galleria Doria Pamphilj 63 und eine andere Version in einer florentinischen Privatsammlung<br />

64 sind nur durch den Nimbus der Heiligen vereindeutigt. – Mit Robert Bellarmins<br />

kontroverstheologischem Hauptwerk (Disputationes de controversiis Christianae<br />

fidei adversus huius temporis haereticos, 1586-93) war die fromme Büßerin<br />

zu einer zentralen Gestalt katholischer Frömmigkeit avanciert. 65 Domenico Fetti war<br />

im Übrigen mit dem Autor und Schauspieler Giovan Battista Andreini (1579-1654)<br />

befreundet, der 1617 eine ›rappresentazione sacra‹ La Maddalena in fünf Akten<br />

veröffentlichte, deren Prolog (›So le penne de’ venti‹) von Claudio Monteverdi vertont<br />

wurde. Andreini versammelte in seinem Werk alle gebräuchlichen Epitheta der<br />

Büßerin. 66<br />

Schon Giovanni Pietro Bellori 67 hat erkannt, dass Renis Varianten der Büßenden<br />

Magdalena antike Bildformeln aufgreifen. Zu nennen ist vor allem die Niobiden-<br />

60 Zu Renis großformatigen religiösen Gemälden im Rahmen der nachreformatorischen Bildertheologie vgl.<br />

Wimböck, Gabriele: Guido Reni (1575-1642), Funktion und Wirkung des religiösen Bildes, Regensburg 2002.<br />

61 Als Beispiel greife ich die in der römischen Galleria Nazionale d’Arte Antica des Palazzo Corsini gezeigte<br />

Magdalena heraus (Pepper, a.a.O., S. 275, Nr. 130).<br />

62 Vgl. Mâle, Émile: L'art religieux après le concile de Trente, Paris 1932, S. 67-72 und S. 190-191.<br />

63 Safarik, Eduard A. (Hrsg.): AK Domenico Fetti, 1588/89-1623, Mailand 1996, Nr. 22 mit Abb. Zur Melancholie<br />

neuerdings Cortenova, Giorgio (Hrsg.): AK Il settimo splendore, La modernità della malinconia, Venedig<br />

2007.<br />

64 Safarik, a.a.O., Nr. 21 mit Abb.<br />

65 Vgl. Mâle, a.a.O., S. 67-69; allgemein zur römischen ›Heiligenoper‹: Schrammek, Bernhard: »›Benedette<br />

martiri…‹ – Martyrium und Tod in römischen Heiligenopern des frühen 17. Jahrhunderts«, in: Fleischhauer,<br />

Günter / Ruf, Wolfgang / Siegmund, Bert / Zschoch, Frieder (Hrsg.): Tod und Musik im 17. und 18. Jahrhundert,<br />

Michaelstein 2001, S. 83-93.<br />

66 Z. B.: ›Penitente famosa, la Martire del Pianto, la Peccatrice Santa, l’Apostola beata, la Serafica devota,<br />

Scapigliata nel Crine, Lagrimosa ne’ lumi, Genuflessa tremante, Disornata, ed humile, Pallida e sospirante‹<br />

(vgl. Safarik, a.a.O., S. 124).<br />

67 » Io seppi da chi fu seco famigliare in Roma, che Guido studiò molto statue di Niobe e delle figliole, le quali è<br />

in dubbio se siano di mano di Scopas o di Prasitele ma di qualunque di loro eccellentissime. In queste statue<br />

oltre l'altre parti esemplari, si comprendono bellissime alzate e mosse di testa che furono a lui di molto profitto<br />

alla maniera grande, ed all'alzate d'occhi delle sue Madalene, Lucrezie e Madonne, nelle quali osservazioni<br />

218


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Gruppe, die 1583 ausgegraben wurde und der Reni besondere Aufmerksamkeit<br />

geschenkt hat: Renis<br />

›himmelnder Blick‹<br />

greift die Kopfhaltung<br />

der Niobe auf. 68<br />

<strong>Die</strong> schamhafte<br />

Handbewegung der<br />

halbfigurigen Magda-<br />

Abb. 4 Abb. 5 Abb.6<br />

lena Renis lässt das Modell der Venus pudica erkennen; die Umdeutung der ihre<br />

Nacktheit 69 verbergenden Geste in eine Bewegung dürfte durch Tizian vermittelt<br />

sein. 70 Reni legt die Hand tiefer auf die entblößte Brust und verbindet auf diese<br />

Weise Schamhaftigkeit mit Ergebung in den göttlichen Willen. Das gegenreforma-<br />

torische Heiligenbild integriert dem kulturellen Gedächtnis vertraute und geläufige<br />

Muster der Antike <strong>als</strong> Pathosformeln. In diesem Typus des Halbfigurenbilds ent-<br />

steht so die »gegenreformatorische Bildformel für religiöse Hingabe schlechthin« 71 .<br />

Nun ist es für meine Fragestellung bemerkenswert, dass beide Verfahren –<br />

Halbfigurigkeit und antikisierende Pathosformeln – nicht nur in Andachtsbildern,<br />

sondern auch in profanen Meditationsbildern Anwendung finden. Renis halbfiguri-<br />

ge Kleopatra 72 [Abb. 7], heute in der Sammlung Sir Denis Mahon (London), ließe<br />

sich durch eine einfache Retouche in eine Magdalena verwandeln, ersetzte man<br />

die Schlange in der Rechten der Königin durch ein kleines Holzkreuz. Inszenierung<br />

und Ausdruck gleichen sich in beiden Bildern; die Identität der Protagonistinnen<br />

ergibt sich ausschließlich aus ihren Attributen.<br />

Auch diese h a l b f i g u r i g e Kleopatra stammt aus der letzten Arbeitsphase<br />

Renis. 73 Vor einem dunkelbraunen Hintergrund ist die Königin an den Betrachter<br />

herangerückt. Wie bei der halbfigurigen Magdalena sind Kopf und Oberkörper in<br />

der bewährten Pyramidalkonstruktion arrangiert. Kleopatra wendet ihr Gesicht mit<br />

essendo egli eccellente, riponeva difficoltà in girar bene una testa.« (Bellori, G. P.: Le vite de' Pittori, Scultori e<br />

Architetti moderni, hrsg. von E. Borea, Turin 1976, S. 529)<br />

68<br />

Vgl. oben S. 32. Schon 1594 erschienen die ersten Stiche der Niobiden-Gruppe. AK Guido Reni und Europa,<br />

Ruhm und Nachruhm, a.a.O., Abb. 28.<br />

69<br />

Zur Nacktheit der Darstellungen Magdalenas und Sebastians im 16. Jahrhundert vgl. Seidel, Martin: Venezianische<br />

Malerei zur Zeit der Gegenreformation, Kirchliche Programmschriften und künstlerische Bildkonzepte<br />

bei Tizian, Tintoretto, Veronese und Palma il Giovane, Münster 1996, S. 74-104.<br />

70<br />

Näheres führt Sybille Ebert-Schifferer anläßlich einer frühen Magdalena Renis in den Sammlungen des<br />

Fürsten von Liechtenstein aus (AK Guido Reni und Europa, Ruhm und Nachruhm, a.a.O., S. 122-124).<br />

71<br />

Ebert-Schifferer, a.a.O., S. 124.<br />

72<br />

Abbildung in: AK Guido Reni, 1575 Ŕ 1642, Bologna, a.a.O., S. 170-171. <strong>Die</strong> Maße des in Öl auf Leinwand<br />

ausgeführten Gemäldes sind 77 x 65. Vgl. Katalog 313.<br />

73<br />

Pepper, a.a.O., S. 298 setzt die Entstehungszeit zwischen 1639 und 1640 an.<br />

219


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

leicht geöffnetem Mund nach oben links, wohin sich auch ihr ›himmelnder Blick‹<br />

richtet. <strong>Die</strong> braunen Haare der Königin werden von einem turbanartig gewundenen<br />

grünen Tuch zusammengehalten; ein weißes gefälteltes<br />

Hemd unter einem roten Mantel steht über den Brüsten<br />

weit offen. Das totenbleiche Inkarnat der entblößten<br />

Brust, das sich kaum von der Farbe des Hemdes unter-<br />

scheidet, bestimmt das Zentrum des Blickfelds. Mit gra-<br />

ziöser Geste hält Kleopatra in ihrer Rechten eine kleine<br />

braune Schlange, die ihr Werk bereits getan hat, wie<br />

zwei winzige rote Blutstropfen auf der Brust andeuten.<br />

Abb. 7<br />

In Renis g a n z f i g u r i g e n Darstellungen der Magdalena stehen narrative<br />

Elemente im Vordergrund, in die sich der Betrachter der Altargemälde oder An-<br />

dachtsbilder vertiefen kann. Typisierte Details demonstrieren die asketische und<br />

meditative Existenzform der Heiligen. <strong>Die</strong> h a l b f i g u r i g e Präsentation der Heili-<br />

gen verfolgt hingegen durch die Verengung des Bildausschnitts eine andere Wir-<br />

kungsstrategie. <strong>Die</strong> Heilige ist räumlich und emotional an den Betrachter herange-<br />

rückt. <strong>Die</strong> Attribute Totenschädel und Kreuz sind an den Rand gedrängt, die Bild-<br />

aussage konzentriert sich auf die Vision der Heiligen. <strong>Die</strong> zurückgenommene Far-<br />

bigkeit unterstützt die Konzentration; der Betrachter wird zu einfühlender Andacht<br />

geführt. Der den Bildhintergrund bestimmende amor vacui 74 lässt keine Abschwei-<br />

fung der Devotion des Betrachters zu.<br />

Das gefühlsbetonte Devotionsbild, geradezu eine Invention Renis, wurde von Otto<br />

Kurz <strong>als</strong> »raffiniert-sentimental« 75 charakterisiert: Es zielt auf unmittelbare Wirkung<br />

und fordert den Betrachtenden auf, sich emotional auf die abkürzende Pathosfor-<br />

mel des Bildes einzulassen, das auf Einzelheiten der Legende verzichtet. <strong>Die</strong> ver-<br />

kürzte Bildformel verknüpft sinnliche Attraktivität mit einer großen Bandbreite von<br />

Rezeptionsmöglichkeiten. Das posttridentinische Andachtsbild führt in die emotio-<br />

nale Nähe der Heiligen und erreicht so seine rhetorische Funktion: persuadere le<br />

persone alla pietà 76 .<br />

74<br />

Nach Hibbard, H.: »Guido Reni' s Painting of the Immaculate Conception«, in: Bulletin of the Metropolitan<br />

Museum, 28 (1969/70), S. 19-32, hier S. 29.<br />

75<br />

Kurz, Otto: »Guido Reni, in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen, Wien, N. F., 1937, S. 189-220,<br />

hier S. 211.<br />

76<br />

Vgl. Paleotti, Gabriele: Discorso intorno alle imagini sacre e profane, Bologna 1582, in: Barocchi, Paola<br />

(Hrsg.): Trattati d'arte del cinquecento tra manierismo e controriforma, 3 Bde, Bari 1960, Band 2, S. 148.<br />

220


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

<strong>Die</strong> »estenuata malinconia« 77 der halbfigurigen Kleopatra Renis konvergiert<br />

augenfällig mit der büßenden Exaltation seiner der Welt entrückten Magdalena.<br />

Beide Motive demonstrieren in ihrer Verkürzung zugleich Verzweiflung und morali-<br />

sche Selbstbehauptung. Auch hier gilt, dass die Heilige und die <strong>Tugendheldin</strong> nicht<br />

zu unterscheiden wären, dienten nicht ihre Attribute zur Identifikation. Jakob Burc-<br />

khardt hat für diesen Bildtypus Renis den Begriff »Sehnsuchtshalbfiguren« 78 ge-<br />

prägt: die Konzentration auf einen aus einem größeren Erzählzusammenhang he-<br />

rausgeschnittenen, dramatisch gestalteten Nahausschnitt hebt ganz auf die Ge-<br />

mütsbewegung und den pathetischen Ausdruck ab. Christliche und neustoische<br />

Andachtsbilder erinnern noch durch ein Attribut an den narrativen Zusammen-<br />

hang 79 , reduzieren ihn aber auf einen <strong>als</strong> ›Projektionsfläche‹ dienenden Affekt, in<br />

den sich der Betrachter ›einfühlen‹ soll. Aus einem »szenischen Historienbild« 80<br />

wird ein im Ausdruck überhistorisches »kultisches Repräsentationsbild«. Es »dek-<br />

lamiert« 81 mit visuellen Mitteln und appelliert in erheblichem Maße an die Gefühle<br />

des Betrachters: In diesem Sinne hat Reni auch seine halbfigurige Kleopatra zu<br />

einem Andachtsbild gemacht, das die Gefühlsqualität des selbstgewählten Todes<br />

betont und aus einem klassischen Thema der Historienmalerei ein profanes An-<br />

dachtsbild hervorgehen lässt.<br />

77 So Cristina Casali Pedrielli in: AK Guido Reni 1575 Ŕ 1642, Bologna, a.a.O., S. 170.<br />

78 Ich übernehme den Ausdruck von Jakob Burckhardt, der im Cicerone schreibt: »Wir wenden uns nun zu<br />

denjenigen Bildern, in welchen der Seelenausdruck vor dem erzählenden Element den Vorrang hat, um dann<br />

zur Behandlung des Überirdischen überzugehen. […] Zu einer endlosen Masse vermehren sich nunmehr jene<br />

einzelnen Halbfiguren, welche von den frühern Schulen in verschiedener Absicht, z. B. in Venedig <strong>als</strong> schöne<br />

Daseinsbilder waren gemalt worden. Jetzt liegt ihr Hauptwerth darin, dass man jenen gesteigerten Ausdruck<br />

ohne weitere Motivirung darin anbringen kann. <strong>Die</strong> S e h n s u c h t s h a l b f i g u r bildet fortan eine stehende<br />

Gattung.« (Burckhardt, Jacob: Der Cicerone [hrsg. von Roeck, Bernd / Tauber, Christine / Warnke, Martin],<br />

München 2001, [Kritische Gesamtausgabe Bd. 3] S. 250)<br />

79 Hierin liegt der entscheidende Unterschied dieses Bildtyps zu den tronies, Einfigurenbrustbildern, die von<br />

Rembrandts Orientalen bis zu isolierten Charakter- und Affektstudien reichen. Vgl. den Forschungsbericht von<br />

Hirschfelder, Dagmar / Raupp, Hans-Joachim: »Tronies in de Italiaanse, Vlaamse en Nederlandse<br />

schilderkunst van de 16de en 17de eeuw« in: Kunstchronik, 2001, S. 197-202.<br />

80 Panofsky, Erwin: »›Imago Pietatis‹. Ein Beitrag zur Typengeschichte des ›Schmerzenmannes‹ und der ›Maria<br />

Mediatrix‹«, in: FS Max Friedländer zum 60. Geburtstag, Leipzig 1927, S. 261- 308, hier S. 264.<br />

81 »<strong>Die</strong> Andachtsbilder verbinden <strong>als</strong>o das Angebot einer Vision, mit Personen zu sprechen, mit dem anderen<br />

Angebot, das Leben Christi oder der Heiligen plastisch nachzuerleben. Das subjektive Moment, über das man<br />

noch wenig nachgedacht hat, liegt nicht allein im erzählerischen Habitus begründet, sondern setzt die Offenheit<br />

des Ausdrucks oder der Situation voraus. Gerade damit kommt das Bild der Imagination des Betrachters<br />

entgegen, indem es ihr wenig Widerstand in den Weg setzt und keine Fesseln anlegt. <strong>Die</strong> Stimmung ist wichtiger<br />

<strong>als</strong> das Thema, und über dieses darf der Betrachter verfügen. <strong>Die</strong>se Offenheit ist insofern ein subjektives<br />

Moment, <strong>als</strong> auch die Metamorphosen des seelischen Zustands, wie ihn die mystische Praxis verlangt, ein<br />

solches Moment sind. <strong>Die</strong> Gemeinschaft verlangt gewöhnlich feste Verabredungen. In der Einheit des Individuums<br />

können sie entfallen.« (Belting, Hans: Bild und Kult, Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der<br />

Kunst, München 1990, S. 464)<br />

221


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

4 Tiepolo: Bene mori est libenter mori<br />

Auch in Giovanni Battista Tiepolos Werk lassen sich eine Märtyrerin und eine Tu-<br />

gendheldin in bezeichnender Weise in Beziehung setzen; noch im 18. Jahrhundert<br />

ist der neustoische Hintergrund der kirchlichen wie der profanen Bildkonzeptionen<br />

nicht ganz verblasst. <strong>Die</strong> moralistische Deutung des selbstgewählten heroischen<br />

Todes überschreitet die Grenzen der Bildgattungen.<br />

Bereits das Format des heute in<br />

Berlin befindlichen Martyriums der Hl.<br />

Agathe 82 von Giovanni Battista Tiepo-<br />

lo lässt seine ursprüngliche Bestim-<br />

mung <strong>als</strong> Altarbild [Abb. 8] erkennen.<br />

Durch eine gegensinnige Radierung<br />

[Abb. 9] seines Sohnes Giandomenico<br />

ist bekannt, dass das Bild oben um<br />

ein Viertel beschnitten wurde und urs-<br />

prünglich halbrund abschloss. 83 Das<br />

irdische Geschehen wurde in der ori-<br />

ginalen Fassung durch die Vision des<br />

flammenden Herzens Christi über-<br />

höht, das von der Dornenkrone und<br />

zwei Engelsköpfen umgeben war.<br />

Tiepolo führte das Martyrium der Hl.<br />

Agathe um 1750 für den Hochaltar<br />

Abb. 8<br />

des Benediktinerinnenklosters Santa Agata in Lendinara (bei Rovigo) aus. 84 <strong>Die</strong><br />

Heilige, die ihr Martyrium während der Christenverfolgungen unter Kaiser Decius in<br />

Catania erlitt, kniet in Tiepolos Komposition auf den Stufen eines durch eine kan-<br />

nelierte Säule angedeuteten Gebäudes. Von hinten rechts die Heilige umfassend,<br />

verdeckt eine junge <strong>Die</strong>nerin mit einem Tuch die verstümmelte Brust; ein in strah-<br />

lendes Gelb gehüllter Knabe trägt die abgeschnittenen Brüste auf einem silbernen<br />

82<br />

Vgl. Katalog 391 und S. 425 (Nr.459 B) im Katalog der ausgestellten Gemälde des 13.-18. Jahrhunderts,<br />

Gemäldegalerie Berlin 1975 (184 x 131).<br />

83<br />

Wiedergabe der in Acquaforte ausgeführten Radierung in: Christiansen, Keith (Hrsg.): AK Giambattista Tiepolo<br />

1696-1996, Milano 1996, S. 234.<br />

84<br />

Nach der Aufhebung des Klosters kam das Altarbild 1810 in den Handel und gelangte schließlich 1878 in die<br />

Berliner Gemäldegalerie. Vgl. Christiansen, Keith (Hrsg.): AK Giambattista Tiepolo, a.a.O., S. 238.<br />

222


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Tablett nach links weg. In agg-<br />

ressives Rot gekleidet, er-<br />

scheint ein muskulöser Henker<br />

hinter der zentralen Gruppe,<br />

sein blutiges Schwert noch in<br />

der Linken haltend und mit<br />

energischem Gestus des an-<br />

deren Arms nach rechts wei-<br />

send. An den Bildrändern bli-<br />

cken Männer mit orientali-<br />

schen Kopfbedeckungen auf<br />

das Geschehen. In jungfräuli-<br />

ches Weiß und Beige geklei-<br />

Abb. 9 Abb. 10<br />

det, kniet Agathe frontal zum Betrachter und scheint nur noch körperlich präsent zu<br />

sein; sie erhebt ihr bleiches Gesicht mit vergeistigten Augen und leicht geöffnetem<br />

Mund zum Himmel. <strong>Die</strong> »religiöse Ausdrucksgebärde« 85 , ausgebreitete Armen und<br />

offene Handflächen, inszeniert Ergebung und visionäre Schau der Heiligen.<br />

Im jetzt fragmentarischen Zustand des Altarblatts fehlt der Gegenstand der<br />

Vision. Aber auch das auf diesem Bild ursprünglich dargestellte Herz Jesu war be-<br />

reits eine entschiedene Reduktion einer älteren Bildkonzeption Tiepolos. Sein 1736<br />

entstandenes und sich noch in situ befindliches Altarbild [Abb. 10] in der Paduaner<br />

Basilika zeigt eine beinahe noch kindliche Agathe 86 , die auf einer Wolke Petrus<br />

und einen Engel mit Salbgefäß erblickt. <strong>Die</strong>se Fassung der Vision spielt auf eine<br />

von den Künstlern des Barock gerne illustrierte Episode der Heiligenlegende 87 an,<br />

in der nach der Amputation der Brüste Petrus im Gefängnis erscheint und die<br />

Wunden Agathes heilt; erst eine weitere Folterung mit glühenden Kohlen führt zum<br />

Märtyrertod.<br />

In der ersten Bearbeitung des Themas von 1736 greift Tiepolo verschiedene<br />

Episoden der Heiligenlegende auf und setzt damit einen narrativen Schwerpunkt.<br />

So erscheint am rechten Bildrand der Stadtpräfekt Quintian, der die Heilige nach<br />

der Ablehnung seiner Anträge dem Martyrium auslieferte. <strong>Die</strong> Folter ist gerade<br />

85<br />

Vgl. Weise, <strong>Georg</strong> / Otto, Gertrud: »<strong>Die</strong> religiösen Ausdrucksgebärden des Barock« a.a.O. [vgl. Anm. 57], S.<br />

5ff.<br />

86<br />

Vgl. Abbildung in: Christiansen, Keith (Hrsg.): AK Giambattista Tiepolo, S. 239. Nach Pallucchini, Anna / Le<br />

Foll, Joséphine: Tout l’oeuvre peint de Tiepolo, Paris 1990 [italienisch 1 1968], S. 102 sind die Maße 350 x 170.<br />

87<br />

Vgl. Squarr, Christel: »Agatha von Catania«, in: LCI, Bd. 5, S. 44-48.<br />

223


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

vollzogen worden, noch agiert der Scherge heftig mit zwei Krummschwertern; im<br />

Vordergrund liegen unten links auf einem Teller die abgeschnittenen Brüste, eine<br />

<strong>Die</strong>nerin drückt ein Tuch auf die Wunde. Aber auch das bevorstehende Wunder<br />

wird bereits in die Darstellung einbezogen: Petrus erscheint über der Folterszene<br />

in einer Wolke und sichert mit segnender Hand baldige Heilung zu.<br />

Gegenüber dieser älteren Fassung des Themas dramatisiert und reduziert<br />

die Berliner Version das Martyrium. Im Berliner Bild ist Agathe nicht <strong>als</strong> Mädchen,<br />

sondern <strong>als</strong> reife Frau gegeben. 88 Sie erblickt ein brennendes, von einer Dornen-<br />

krone umgebenes Herz, Symbol der Liebe Christi und seines stellvertretenden Lei-<br />

dens. Im 17. Jahrhundert propagierten besonders die Jesuiten die auf die hochmit-<br />

telalterliche Mystik zurückgehende Herz-Jesu-Verehrung. 89 Durch die Vision stellt<br />

der Maler einen Bezug zwischen Märtyrerin und leidendem Christus her.<br />

In der zweiten Fassung sind die gegenreformatorischen Intentionen unüber-<br />

sehbar. Während Tiepolos erste Beschäftigung mit der Märtyrerin noch narrativ<br />

ausgerichtet war und viele konventionelle Elemente der Legende integrierte, redu-<br />

zierte er zwanzig Jahre später die narrativen Strukturen auf ein Minimum und poin-<br />

tierte die Aussage des Andachtsbildes. Der grausame Wendepunkt dieser Heili-<br />

genvita, das Abschneiden der Brüste 90 , steht nunmehr im Mittelpunkt, der Akzent<br />

wird aber auf die Vision der Märtyrerin gelegt. Das Herz Jesu ruft die Erinnerung<br />

an Christi Leiden auf, der visionäre Blick Agathes verbindet ihr Martyrium mit der<br />

Passion Christi, eröffnet dem Betrachter eine »bildgestützte, bildgelenkte und bild-<br />

kontrollierte Meditation« 91 seiner eigenen Rolle und appelliert an den Gläubigen,<br />

sich in eine analoge Gemeinschaft mit Christus zu begeben.<br />

Als Tiepolo 1762 nach Spanien aufbrach, beschrieb er Funktion und Intention sei-<br />

ner Historienmalerei mit den Begriffen »sublime«, »eroico« und »perfezione«. Für<br />

die aristokratische Klientel sind Bildthemen und Bildprogramme mit historischen<br />

und mythologischen Themen der Antike bestimmt, die sich von den Fachleuten<br />

88 Der Künstler fertigte, wie Vorstudien zum Gesicht Agathes im Berliner Kupferstichkabinett zeigen, zunächst<br />

eine Skizze nach dem Modell an, die er dann idealisierte und im Ausdruck expressiver gestaltete (Abbildungen<br />

in: AK Giambattista Tiepolo, a.a.O., S. 238).<br />

89 Papst Clemens XIII. approbierte 1765 Messe und Offizium vom Herzen Jesu.<br />

90 Lang, Walther K.: Grausame Bilder, a.a.O., hat der psychoanalytisch bedenkenswerten Grausamkeit von<br />

Männern gegen eine Frau, die sich im Martyrium der Agathe niederschlägt, ein ganzes Kapitel gewidmet. (Kapitel<br />

5: ›<strong>Die</strong> verstümmelten Brüste: Mann gegen Frau‹). Dort auch noch weitere Bildbeispiele für die bildkünstlerische<br />

Behandlung des Themas (S. 171-228).<br />

91 Burschel, Peter: Sterben und Unsterblichkeit, Zur Kultur des Martyriums in der Frühen Neuzeit, München<br />

2004, S. 288<br />

224


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

(professori) <strong>als</strong> exemplarisch auch für die Gegenwart interpretieren ließen. 92 Im<br />

Zusammenhang einer seiner Großaufträge für die norditalienische Aristokratie 93<br />

gestaltete Giovanni Battista Tiepolo auch den exemplarischen Tod einer profanen<br />

<strong>Tugendheldin</strong>. Im Mittelpunkt der 1731 für den conte Casati 94 begonnenen Freskie-<br />

rung und Dekoration der großen sala im Mailänder Palazzo Dugnani 95 steht Scipio<br />

Africanus 96 , dessen magnanimitas das Fresko des zentralen Deckenplafonds ver-<br />

herrlicht.<br />

Zwei große Historienfresken veranschaulichen an den Wänden die virtus<br />

des römischen Feldherrn: <strong>Die</strong> Selbstbeherrschung des Scipio und Scipio und die<br />

Freilassung des Sklaven. <strong>Die</strong>se bekannten und häufig ins Bild gesetzten Episoden<br />

aus dem Zweiten Punischen Krieg zeigen Scipio, wie er die ihm <strong>als</strong> Sieger zuste-<br />

hende junge Frau ihrem Verlobten zurückgibt und einen Sklaven frei lässt, Szenen,<br />

die die continentia und die clementia des römischen Feldherrn illustrieren.<br />

Ganz pictor doctus nahm Tiepolo im dritten Fresko [Abb. 11] auch den<br />

Selbstmord der Sophonisbe 97 in das Programm auf, obwohl das Thema für den<br />

heutigen Betrachter auf den ersten Blick nicht in das Gesamtprogramm des Zyklus<br />

passt, zumal Scipio nicht selbst auftritt. Erst der Rekurs auf Livius oder das früh-<br />

92 »Quindi è che la mente del Pittore deve sempre tendere al Sublime, all’Eroico, alla Perfezione.« Zitiert nach<br />

Haskell, Francis: Maler und Auftraggeber, a.a.O., S. 360. Es folgt: »Aggiunse che li Pittori devono procurare di<br />

riuscire nelle opere grandi, cioè in quelle che possono piacere alli Signori Nobili, e ricchi, perchè questi fanno<br />

l a f o r t u n a d e ’ P r o f e s s o r i , e non già l’altra gente, la quale non può comprare Quadri di molto valore.«<br />

93 Neben kirchlichen Auftraggebern arbeitete Tiepolo auch für private, meist aristokratische Abnehmer. Vor<br />

allem das venezianische Patriziat versuchte seine meist noch kurze Familientradition durch ostentative Kunstförderung<br />

wettzumachen und ließ seine den neu erworbenen Reichtum demonstrativ zur Schau stellenden<br />

Landvillen und Stadtpaläste üppig ausmalen (vgl. Haskell, Francis: Maler und Auftraggeber, Kunst und Gesellschaft<br />

im italienischen Barock, Köln 1996 [englisch 1 1980], S. 361). <strong>Die</strong> Dekorationsprogramme greifen meist<br />

auf die griechisch-römische Mythologie und Geschichte zurück. Mit einem Scipio-Zyklus in der Villa Cordellina<br />

(Montecchio Maggiore), einem Kleopatra-Zyklus im Palazzo Labia (Venedig) und einem allegorischen Zyklus<br />

im Palazzo Rezzonico (Venedig) (Pallucchini, Anna / Le Foll, Joséphine, a.a.O., S. 108, 113, 127) erfüllte Tiepoloden<br />

Wunsch seiner Auftraggeber, ihre Familiengeschichte mit der Antike zu verbinden (vgl. Haskell,<br />

a.a.O., S. 350ff.).<br />

94 Gemin, Massimo / Pedrocco, Filippo: Giambattista Tiepolo, Leben und Werk, München 1995, S. 224. Giuseppe<br />

Casati, der seinen Adelstitel erst seit kurzem führte, hatte den Palast ein Jahr zuvor gekauft und Tiepolo<br />

den Auftrag zur Ausschmückung erteilt.<br />

95 Abbildungen in Pallucchini / Le Foll, a.a.O., S. 95.<br />

96 Wie nochm<strong>als</strong> 1743, <strong>als</strong> er die Villa Cordellina ausmalte.<br />

97 Katalog 390. Ausführlicher zu diesem Fresko oben, S. 95ff.– Abbildungen in: Pallucchini / Le Foll, a.a.O., S.<br />

95 (»<strong>Die</strong> continentia des Scipio« 520 x 650; »Scipio und der Sklave« 520 x 450 und »Sophonisbe nimmt aus<br />

der Hand des Massinissa den Giftbecher« 520 x 650). <strong>Die</strong> in der Literatur eingeführte Bezeichnung des dritten<br />

Freskos ist unzutreffend, da trotz der teilweisen Zerstörung des Freskos im Zweiten Weltkrieg deutlich zu erkennen<br />

ist, dass Sophonisbe in ihrer rechten Hand einen Brief hält. Es handelt sich um die Botschaft Massinissas,<br />

die ein Bote zusammen mit dem Gift überbringt. <strong>Die</strong> in der rechten Hälfte des Freskos erscheinende Figur<br />

in römischer Kleidung ist <strong>als</strong>o nicht Massinissa, sondern sein Bote. <strong>Die</strong> f<strong>als</strong>che Bezeichnung findet sich auch<br />

bei Gemin, Massimo / Pedrocco, Filippo: Giambattista Tiepolo, Leben und Werk, München 1995, S. 224.<br />

225


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

neuzeitliche Theater 98 macht das Bild lesbar:<br />

Es illustriert die Staatsräson des Feldherrn, der<br />

auf dem Anspruch Roms bestand, Sophonisbe<br />

ohne Rücksicht auf ihre überstürzte Heirat mit<br />

Massinissa auszuliefern.<br />

Altarbild und Wanddekoration, Martyrium<br />

der Heiligen Agathe und Selbstmord der Sopho-<br />

Abb. 11<br />

nisbe instrumentalisieren eine vergleichbare Blicklenkung da sotto in su, die den<br />

Betrachter des Altarbilds wie des profanen Freskos auf die Vorbildlichkeit und Er-<br />

habenheit der dargestellten Szenen aufmerksam macht. Ebenso unterstreichen die<br />

antiken Architekturzitate in beiden Gemälden die Dignität der Dargestellten. So-<br />

phonisbe ist <strong>als</strong> Königin selbstverständlich luxuriös gekleidet, Agathe zeichnet sich<br />

<strong>als</strong> bekennende Christin durch eine einfache, farblich zurückhaltende Kleidung<br />

aus.<br />

<strong>Die</strong> staatliche Gewalt wird im Martyrium der Heiligen Agathe in der Person<br />

des Henkers sinnfällig dargestellt. <strong>Die</strong> Umwelt reagiert auf die tödliche Bedrohung<br />

der Heiligen nicht, Knabe und <strong>Die</strong>nerin assistieren gleichgültig, beinahe apathisch.<br />

Der Hofstaat Sophonisbes reagiert hingegen aufgebracht; der Page links ist schon<br />

ganz in vorwegnehmender Trauer versunken. Im Hintergrund blicken zwei ältere<br />

Männer entsetzt auf die Überreichung des Gifts. Ihnen korrespondieren zwei<br />

männliche Rückenfiguren im rechten Vordergrund, deren gespannte Aufmerksam-<br />

keit auf Sophonisbe gerichtet ist. Eine starke emotionale Betroffenheit zeigt die<br />

Zofe der Königin.<br />

In beiden Werken hat Giovanni Battista Tiepolo der Haltung der Protagonistin<br />

stärkste Aussagekraft gegeben: Agathes visionärer Blick in den Himmel wird von<br />

der Demutsgeste ihrer Hände begleitet; Sophonisbe streckt die geöffnete Linke<br />

dem Giftbecher entgegen. Der Maler hat die Hand der afrikanischen Königin auf<br />

den Schnittpunkt der Diagonalen gesetzt und damit stark betont. <strong>Die</strong> Heilige be-<br />

kundet Ergebung ins Martyrium und Sterben, die Königin die von der stoischen<br />

Philosophie verlangte, das fatum bejahende Willensstärke. <strong>Die</strong> ausgestreckte<br />

Hand der Regentin, die das Unausweichliche bereitwillig akzeptiert, steht für den<br />

98 Siehe dazu oben S. 60ff. und S. 68ff.<br />

226


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

stoischen Willensakt, den Seneca mit der Formel Bene mori est libenter mori 99 zu-<br />

sammengefasst hat.<br />

Beide <strong>Tugendheldin</strong>nen repräsentieren eine heroische Haltung angesichts<br />

des Todes, die unabhängig von ihrer heilsgeschichtlichen oder philosophischen<br />

Begründung mit durchaus vergleichbaren, bereits ›automatisierten‹ Bildmitteln um-<br />

gesetzt wird. Im Bildmotiv der kirchlichen und der profanen <strong>Tugendheldin</strong> nähern<br />

sich heilsgeschichtliche und anthropologische Aussagen in bemerkenswerter Wei-<br />

se an. Der meditierende Betrachter des Altarbilds bewundert die Bereitwilligkeit der<br />

Heiligen zum Martyrium, die Unbeugsamkeit der stoischen <strong>Tugendheldin</strong> ruft<br />

schon bei den bildimmanenten Zuschauern bewunderndes Mitgefühl (das stoische<br />

συμπάθειν) hervor. Auch solche neustoisch inspirierten Historienbilder mögen im<br />

Gesprächs- und Freundeskreis Anlass zu Gesprächen über constantia angesichts<br />

des Todes geboten haben. 100<br />

5 Posttridentinische Andachtsbilder und neustoische Ikonen<br />

Émile Mâle hat auf die besondere Vorliebe des nachtridentinischen europäischen<br />

Barock hingewiesen, Märtyrer im Leiden, in der Vision und in der Ekstase darzus-<br />

tellen. 101 Für das neue Selbstverständnis der römischen Kirche, ihre Abwehr der<br />

protestantischen Kritik am Kult der Heiligen und ihre Außendarstellung waren der<br />

Märtyrerkult und seine bildliche Umsetzung von zentraler Bedeutung. Dabei wur-<br />

den altkirchliche Schlüsselbegriffe der Martyrologie, wie sie schon Ignatius von An-<br />

tiochien 102 formuliert hatte, wieder aufgegriffen: mit affektiver Identifikation (πάθος)<br />

und Nachfolge (μίμησις) ließen sich schon immer die Wirkungsstrategien des Mär-<br />

tyrerkults umschreiben. Allerdings erhielten sie in der katholischen Reform des 16.<br />

und 17. Jahrhunderts eine neue Zuspitzung. Es ging nun nicht mehr um die<br />

Selbstvergewisserung der Gemeinde in einer heidnischen Umwelt, sondern um die<br />

Entwicklung einer konfessionellen Kultur, die Begründung eines neuen Frömmig-<br />

keitsstils und seine Außenwirkung auf die Häretiker. 103<br />

99<br />

Ep. mor. 61,2 (›Gut sterben heißt bereitwillig sterben.‹).<br />

100<br />

Vgl. oben S. 177.<br />

101<br />

Vgl. Mâle, Émile: L’art religieux après le concile de Trente, Paris 1932, v. a. Kap. III und IV.<br />

102 2<br />

Campenhausen, Hans Freiherr von: <strong>Die</strong> Idee des Martyriums in der alten Kirche, Göttingen 1964, S. 74.<br />

103<br />

Vgl. Burschel, Peter: Sterben und Unsterblichkeit, Zur Kultur des Martyriums in der Frühen Neuzeit, München<br />

2004. Burschel behandelt das Martyrium <strong>als</strong> kulturanthropologisches Phänomen der Frühen Neuzeit, das<br />

in besonderer Weise die Ziele einer Gemeinschaft oder Gesellschaft erkennen lässt. Dabei richtet er sein Augenmerk<br />

in gleicher Weise auf Märtyrer der protestantischen und der katholischen »Bewegungen«. Abhebend<br />

auf anthropologische Konstanten, interessiert er sich mehr für die Entwicklungen in der Volksfrömmigkeit und<br />

deren Manifestationen (zum Beispiel in ›Bekenntnisliedern‹), deshalb wird der Neustoizismus <strong>als</strong> Leitphiloso-<br />

227


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Allerdings rekurrierten die ikonographischen Muster der kirchlichen Malerei<br />

und ihre Darstellung der Vorbildlichkeit (constantia) der Märtyrer auf anthropologi-<br />

sche Versatzstücke des Neustoizismus und damit auf verallgemeinerbare ›Tugen-<br />

den‹, die auch von der profanen Historienmalerei übernommen und variiert werden<br />

konnten. Der gleiche Sachverhalt lässt sich auch in der umgekehrten Richtung be-<br />

schreiben und bestätigt, dass die Ikonographie der Märtyrer und der Tugendhelden<br />

eine gemeinsame Anthropologie voraussetzt.<br />

<strong>Die</strong> frühneuzeitliche und vor allem barocke Vorliebe für Märtyrerdarstellun-<br />

gen hat frömmigkeitsgeschichtliche, mentalitätsgeschichtliche, psychoanalytische<br />

oder soziologische Deutungen erfahren. Der antiprotestantische Akzent liegt auf<br />

der Hand, doch schloss dies kontrafaktische protestantische Märtyrerdarstellungen<br />

durchaus nicht aus: so wurde das Märtyrerdrama zur konfessionsübergreifenden<br />

Mode. 104 Der mentalitätsgeschichtliche Ansatz, die nachtridentinischen Märtyrer-<br />

bilder und ihre Ikonographie aus der pessimistischen und todesbegeisterten<br />

Grundstimmung der Zeit und ihrer Kontingenzerfahrung abzuleiten, ist schon des-<br />

halb wenig überzeugend, weil sie das Ergebnis mit der Begründung gleichsetzt. 105<br />

Einen anderen, zweifellos interessanten Aspekt greift eine neuere, psychoanaly-<br />

tisch orientierte Studie zum Sadismus in der neapolitanischen Malerei auf, deren<br />

Ergebnisse sich aber wohl nicht verallgemeinern lassen, obwohl sie sich auf Märty-<br />

rerinnen wie auf <strong>Tugendheldin</strong>nen beziehen lassen. 106<br />

phie der frühneuzeitlichen Eliten in dieser Untersuchung nur am Rande gestreift. »Martyrium – das ist der Ort,<br />

der es erlaubt, der es vielleicht sogar besser <strong>als</strong> jeder andere Ort erlaubt, jene Grenzziehungen, Grenzüberschreitungen<br />

und nicht zuletzt auch Grenzöffnungen zu beobachten, die den Prozeß der Ent s t e h u n g u n d<br />

E n t w i c k l u n g k o n f e s s i o n e l l e r K u l t u r e n ausmachten. […] Hier ließen sie [Lutheraner, Reformierte,<br />

Katholiken etc. RSG] schließlich alle erkennen, dass es nicht die Erfahrung gemeinsamen Tötens ist, die<br />

Kultur hervorbringt, sondern die Erfahrung gemeinsamen Sterbens.« (Burschel, a.a.O., S. 288)<br />

104 Vgl. dazu Valentin, Jean-Marie: Les jésuites et le théâtre (1554-1680): contribution à l’histoire culturelle du<br />

monde catholique dans le Saint-Empire romain germanique, Paris 2001; außerdem den Sammelband Chiamò,<br />

Maria (Hrsg.): I Gesuiti e i Primordi del Teatro barocco in Europa, Roma 1995. – <strong>Die</strong> Einzelstudie von Raffy,<br />

Jean-Louis: Le ›Papinianus‹ d’Andreas Gryphius (1616-1664), drame de martyr et sécularisation du théâtre en<br />

Allemagne au XVII siècle, Bern / Frankfurt / New York 1992 zeigt, dass das protestantische Barockdrama nicht<br />

<strong>als</strong> Säkularisation oder Entkonfessionalisierung des Märtyrerdramas, sondern <strong>als</strong> seine ›entkatholisierte‹ Fassung<br />

gelten muss. Das protestantische (vor allem schlesische) Barockdrama emanizipierte sich allmählich von<br />

der Hagiographie und den Jesuiten, blieb aber der religiösen Thematik weiterhin eng verbunden.<br />

105 Delumeau, Jean: Le catholicisme entre Luther et Voltaire, Paris 1971, S. 88.<br />

106 Lang, Walther K.: Grausame Bilder, Sadismus in der neapolitanischen Malerei, Berlin 2001 hat in einer<br />

interessanten, psychoanalytisch inspirierten Studie die auffällige ›Grausamkeit‹ der neapolitanischen Barockmalerei<br />

untersucht und darauf hingewiesen, dass die profane und die religiöse Kunst der Epoche vergleichbare<br />

psychologische Mechanismen voraussetzt. Sadomasochistische Phantasiebefriedigungen umgehen die<br />

Abwehrmechanismen des Ich und bleiben gleichwohl kontrollierbar. Obwohl die Konvergenzen kirchlicher und<br />

profaner Malerei meiner eigenen Argumentation entgegenkommen, scheint mir Lang allenfalls einen Teilaspekt<br />

der Problematik zu behandeln. Es fällt übrigens auf, dass im Gegensatz zu den Darstellungen von Märtyrerinnen<br />

der Tugendtod ›starker Frauen‹ nicht so unverstellt erotisiert wurde und kaum auf eine »fiktionale<br />

Befriedigung« des Betrachters zielte.<br />

228


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Einleuchtender ist der Verweis auf den sich in vielen Bereichen der Frühen<br />

Neuzeit manifestierenden Konflikt zwischen dem sich langsam konturierenden In-<br />

dividuum und dem entstehenden absoluten Staat, der dem einzelnen Bürger Unte-<br />

rordnung abverlangte. 107 Auf dieser Abstraktionsebene lässt sich die Ikonographie<br />

der posttridentinischen Märtyrer mit der Ikonographie der profanen stoischen Tu-<br />

gendhelden eng verknüpfen, auch wenn das ›schöne Sterben‹ der Märtyrer und<br />

der Tugendhelden entschieden verschiedene Akzentuierungen der moralischen<br />

Selbstbehauptung des Individuums ins Bild setzte. Der allzu missbräuchlich ver-<br />

wendete und vorschnell verallgemeinerte Begriff des exemplum virtutis 108 lässt sich<br />

hier im Sinne der moralischen Selbstbehauptung deuten. Bekunden Heilige Erge-<br />

bung ins Martyrium und Sterben, beweisen Tugendhelden Willensstärke und ak-<br />

zeptieren das fatum, wie es die stoische Philosophie verlangte.<br />

Ob freilich die Protagonisten barocker Märtyrerdramen, die Tugendhelden<br />

der Historiengemälde, die Märtyrer der kirchlichen Kunst und die fast automatisier-<br />

te rhetorische Referenz auf die Antike im politischen Diskurs der Frühen Neuzeit in<br />

gleicher Weise, abgesehen von ihrer abstrakten Funktion <strong>als</strong> exempla virtutis, hin-<br />

reichend gedeutet sind, ist eine andere Frage. Dichter, Künstler und Redner setz-<br />

ten nämlich auf den überraschenden Transfer, die teilweise Umbesetzung vertrau-<br />

ter Inhalte des kulturellen Gedächtnisses, entwickelten neue Applikationen schein-<br />

bar unveränderlicher Verhaltensnormen und deuteten kollektive Normen und Wer-<br />

te um. ›Christliches‹ und ›philosophisches‹ Sterben konnte so unter heroischen<br />

Vorzeichen ikonographisch kompatibel werden. Vergleichbares gilt für die Ikonog-<br />

raphie der vor allem von Domenico Fetti variierten Meditationsbilder, die vanitas-<br />

Motive und Varianten des memento mori in religiösen und profanen Kontexten ab-<br />

wandeln. 109<br />

Christliche und neustoische Andachts- und Meditationsbilder stellen hero-<br />

ische Tugend dar, greifen dabei auf gemeinsame anthropologische Voraussetzun-<br />

gen zurück und verwenden vergleichbare Bildformeln des Heroischen und des<br />

107 So die These von Held, Jutta: Caravaggio, Politik und Martyrium der Körper, Berlin 1996: »Das Martyrium,<br />

die Kulmination eines heiligmäßigen Lebens, muss zu allererst <strong>als</strong> eine Chiffre erkannt werden, die den kirchen-<br />

und staatspolitischen Strategien zur Anrufung der Individuen mit dem Ziel ihrer Unterwerfung diente und<br />

erst sekundär Effekte der Verunsicherung, des ›Pessimismus‹ und vor allem der Leidensbereitschaft erzeugte<br />

und erzeugen sollte.« (S. 215) Held verkennt allerdings, dass sich die Dialektik von entstehendem Individuum<br />

und entstehendem Staat in der Frühen Neuzeit gegenseitig bedingt. Nicht nur in der Ikonographie, sondern<br />

auch im Grundkonflikt des klassizistischen Dramas, aber auch in der Staatstheorie lässt sich diese Fragestellung<br />

nachvollziehen. Deshalb übersieht Jutta Held den Aspekt der Selbstbehauptung, der posttridentinische<br />

Märtyrer mit Corneilleschen Helden verbindet.<br />

108 Vgl. unten S.302.<br />

109 Vgl. S. 218.<br />

229


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

Sublimen. Der ›himmelnde Blick‹ der Heiligen findet sein profanes Äquivalent, der<br />

Standhaftigkeit des Glaubens entspricht die stoische Tugend des fortiter stare, der<br />

christlichen compassio des Frommen im profanen Gegenstück die stoische conso-<br />

latio, der Gemeinde – jedenfalls gelegentlich 110 – der neustoische Freundeskreis.<br />

Rubens gelingt es mit seinem Seneca ebenso wie Reni mit seiner Kleopatra ein<br />

klassische Themen der Historienmalerei in profane Andachts- und Meditationsbil-<br />

der umzusetzen. <strong>Die</strong>nte das kirchliche Andachtsbild der Bildung einer konfessio-<br />

nellen Frömmigkeitskultur, unterstützte sein profanes Äquivalent die moralische<br />

und politische Identität der Individuen in der sich langsam herausbildenden Welt<br />

moderner Staaten.<br />

<strong>Die</strong> Keuschheit der Lukretia, die enttäuschte Liebe der Dido oder die Selbst-<br />

behauptung Kleopatras und Sophonisbes sind in der Frühen Neuzeit deshalb at-<br />

traktive Bildmotive, weil sie die Affektdarstellung mit einem moralischen und zu-<br />

gleich politischen Hintergrundssinn verbinden konnten. Das Motiv des ›schönen<br />

Sterbens‹ gestattete eine ästhetische, auf den Affekt abhebende Betrachtung<br />

ebenso wie eine philosophische, auf den Hintergrundssinn bedachte. »Erleben mit<br />

gesammeltem Bewusstsein und konzentrierter innerer Anteilnahme« 111 bestimmte<br />

die Rezeptionsweise der kirchlichen wie der profanen Meditationsbilder, auch<br />

wenn ihre Wertsysteme durchaus verschieden waren. <strong>Die</strong> Tugendhelden der pro-<br />

fanen Historienmalerei können so <strong>als</strong> neustoische ›Meditationsbilder‹ begriffen<br />

werden, deren Rezeption sich kaum von der der Märtyrerbilder unterscheidet; sie<br />

setzen den Konflikt zwischen den Normen des Individuums und den Normen des<br />

entstehenden Staates zum ersten Mal ins Bild und artikulieren exemplarisch die<br />

Selbstbehauptung des Individuums.<br />

›Heroische Tugend‹ wird zu einem den profanen und den kirchlichen Be-<br />

reich übergreifenden Motiv der Künste. Inszenierte Gefühle und stilisiertes Pathos<br />

verbinden profane und kirchliche ›Andachtsbilder‹, zum Beispiel Renis Magdalena<br />

und Renis Kleopatra, die beide nicht an den Intellekt, sondern an die Emotionen<br />

der Betrachter appellieren. <strong>Die</strong> Bildmittel des pittore dell'anima lenken die Auf-<br />

merksamkeit auf die Affekte und Gefühle der <strong>Tugendheldin</strong>nen 112 , die sich sogar in<br />

einer auf historisch-narratives Beiwerk verzichtenden Reduktionsformel darstellen<br />

110 Vgl. S. 215 und 227.<br />

111 So definiert L. Richter den Begriff Andacht in: 3 RGG, Bd. 1. Sp. 360-362.<br />

112 Mazza, Angelo in: AK Guido Reni, 1575 Ŕ 1642, Bologna (Pinacoteca Nazionale), a.a.O., S. 90 hebt die<br />

»attenzione sulla resa degli affetti, sulla manifestazione espressiva dei sentimenti« hervor.<br />

230


VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

lassen. Auch wenn sich die imitatio pietatis 113 , zu der die Darstellung der Heiligen<br />

aufruft, nicht einfach auf die Darstellung profaner <strong>Tugendheldin</strong>nen wie Kleopatra<br />

übertragen lässt, verweisen gleichwohl die gemeinsamen Bildmittel auf ein – je-<br />

denfalls aus postmoderner Sicht – gemeinsames moralisches Substrat, das sich im<br />

frühneuzeitlichen Tugendbegriff <strong>als</strong> frühe Form moralischer Selbstbehauptung arti-<br />

kuliert. Nur so ist zu erklären, warum der Selbstmord der <strong>Tugendheldin</strong>nen mora-<br />

lisch gleichsam neutralisiert wurde.<br />

<strong>Die</strong> Nähe der ikonographischen Mittel sollte allerdings nicht darüber hinweg-<br />

täuschen, dass die profane Variante der heroischen Tugend bereits im 17. Jahr-<br />

hundert im Ansatz vorwegnahm, was später den ›tugendhaften‹ Selbstmord zur<br />

radik<strong>als</strong>ten Form moralischer Selbstbehauptung werden ließ. Aus dem von Rubens<br />

zur neustoischen Ikone gestalteten philosophischen Märtyrer, dessen Vorbildlich-<br />

keit im tugendhaften Ertragen staatlicher Willkür liegt, wurde der profane Tugend-<br />

held, dessen moralische Selbstbehauptung im Selbstmord gipfelt. 114 Allmählich<br />

verblasste die ursprüngliche Nähe zur posttridentinischen Märtyrerdarstellung. Aus<br />

dem exemplum virtutis, das gemeinsame, profane oder kirchliche Normen voraus-<br />

setzte, wurde die Darstellung der Selbstbehauptung des Individuums, die den Tod<br />

<strong>als</strong> »unverzichtbaren Seismograph für kulturhistorische Erschütterungen und Ver-<br />

änderungen« 115 nutzte.<br />

In der weiteren Entwicklung konnte einerseits die Darstellung des Affekts <strong>als</strong><br />

solche in den Mittelpunkt des Interesses treten, bis hin zum Extremfall der Attitü-<br />

denkunst. 116 Wie in der Barockoper tritt auch in der bildenden Kunst mehr und<br />

mehr die neustoische Auffassung der vertu zugunsten der Darstellung extremer<br />

Affekte zurück. 117 In der Romantik schließlich ist das Konzept der <strong>Tugendheldin</strong><br />

endgültig verblasst.<br />

113 Vgl. dazu passim Belting, Hans: Das Bild und sein Publikum im Mittelalter, Berlin 1981; Büttner, Frank:<br />

›Imitatio pietatis‹, Motive der christlichen Ikonographie <strong>als</strong> Modelle der Verähnlichung, Berlin 1983.<br />

114 Es genügt der Hinweis auf Richardsons Clarissa (1748) oder Lessings Emilia Galotti (1772), um zu verdeutlichen,<br />

dass im Zeitalter der Aufklärung die Möglichkeit des Selbstmords zu einer Bestimmung der Individualität<br />

geworden ist, während die in dieser Untersuchung im Mittelpunkt stehenden <strong>Tugendheldin</strong>nen den Selbstmord<br />

noch <strong>als</strong> Teil ihrer sozialen Rolle begriffen. Gleichwohl präfigurieren sie die spätere moralphilosophische<br />

Entwicklung.<br />

115 Schlaeger, Jürgen: »Poetik des Todes, Zur Ästhetisierung des Endes in der englischen Romantik«, in:<br />

Stierle, Karlheinz / Warning, Rainer (Hrsg.): Das Ende, Figuren einer Denkform, München 1996 (Poetik und<br />

Hermeneutik 16), S. 515-527, hier S. 515.<br />

116 Siehe unten S. 294ff.<br />

117 Siehe unten S. 272ff.<br />

231


1 Bilder im Bild<br />

VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Selbstexplikativ ist das ikonographische Motiv der <strong>Tugendheldin</strong> in den wenigen<br />

Beispielen, in denen es <strong>als</strong> Bild im Bild auftritt, womit seine schon früh emblemati-<br />

sche Funktion deutlich wird. <strong>Die</strong> beiden bereits angeführten Porträts 1 von Lorenzo<br />

Lotto (ca.1480-1556) und Jacopo Tintoretto (1519-1594) zeigen, dass diese Be-<br />

Abb. 1 Abb. 1a<br />

deutungsebene schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts verbreitet war. Nicht zufäl-<br />

lig handelt es sich um Lukretia-Referenzen in Porträts, die sich des Motivs bedie-<br />

nen, um eheliche Tugenden ins Bild zu setzen: Im Frauenporträt Lottos ist Lukretia<br />

zum Emblem weiblicher Keuschheit geworden; im Männerporträt Tintorettos dürfte<br />

sie <strong>als</strong> Hinweis auf Treue bis in den Tod aufzufassen sein.<br />

Eine emblematische Funktion hat auch der Tod der Dido [Abb. 1a], <strong>als</strong> Bild<br />

im Bild bei Jan van der Heyden (1637-1712), dessen Zimmerecke mit Raritäten<br />

[Abb. 1] 2 von 1712 die karthagische <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> Exempel der vanitas zitiert,<br />

die manifest das Thema des Gemäldes ist, wie aus dem aufgeschlagenen Eccle-<br />

1 Vgl. S. 129f.<br />

2 Budapest, Szépmüvészeti Múzeum, Inv. 201. Katalog 178.<br />

232


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

siastes hervorgeht. Van der Heyden benützte einen Stich von Giovanni Cesare<br />

Testa (1630-1655) nach einem Gemälde von Pietro Testa (1611-1650). 3<br />

2 Bildprogramme<br />

Profane <strong>Tugendheldin</strong>nen treten bereits in der Frühen Neuzeit nicht nur <strong>als</strong> verein-<br />

zelte Bildmotive, sondern auch in größeren ikonographischen Zusammenhängen<br />

auf, die sich gelegentlich noch nachweisen lassen. Sie umfassen komplexe Bild-<br />

programme der Wandmalerei, thematisch komponierte aristokratische Bildersamm-<br />

lungen (›Galerien‹), Pendants, die bereits <strong>als</strong> solche in Auftrag gegeben oder<br />

nachträglich durch gezielte Erwerbungen zusammengestellt wurden, aber auch<br />

graphische Serien, deren moralisch-politische Intentionen unübersehbar sind. In<br />

solchen Konstellationen kann die ursprüngliche Funktion und Interpretation des<br />

Bildmotivs leichter rekonstruiert werden, <strong>als</strong> dies bei den zahlreich überlieferten<br />

isolierten Beispielen möglich ist, vom Ausnahmefall des Bildes im Bild einmal ab-<br />

gesehen. Bildprogramme, die profane <strong>Tugendheldin</strong>nen integrieren, sind deshalb<br />

für diese Untersuchung von besonderer Relevanz.<br />

Im Gegensatz zu Märtyrerbildern, deren Funktion in der nachtridentinischen theologischen<br />

Kunstdebatte 4 ausführlich erörtert wurde, ist über Funktion und Interpretation<br />

des Bildmotivs der ›profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen‹, vom neustoischen Hintergrund 5<br />

einmal abgesehen, wenig bekannt. In einzelnen Fällen lässt sich allerdings nachweisen,<br />

dass Bilder mit diesem Motiv <strong>als</strong> Pendants konzipiert oder zur Pendant-Bildung<br />

erworben wurden. 6 Auch treten femmes fortes mehrfach in umsichtig zusammengestellten<br />

thematischen Galerien auf. 7 Solche Formen der Serienbildung des ikonographischen<br />

Themas in höfischen Galerien könnten auf ursprüngliche Funktionen hinweisen,<br />

zumal sich vergleichbare Serien in bürgerlichen Sammlungen nicht nachweisen<br />

lassen. Wenn in der Frühen Neuzeit Gemälde aus dem Motivbereich der<br />

›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>‹ in fürstlichen Sammlungen <strong>als</strong> Pendants gehängt<br />

oder zu ›Galerien‹ zusammengefügt wurden, kann abgesehen von formalen Erwägungen<br />

ein Programm vermutet werden, das nur im Fall der Galerie des femmes fortes<br />

explizit gemacht wurde. 8<br />

3<br />

Vgl. Mai, Ekkehard / Paarlberg, Sander / Weber Gregor J. M. (Hrsg.): AK Vom Adel der Malerei, Holland um<br />

1700, Köln 2006, S. 144, Nr. 21 (Ildikó Ember).<br />

4<br />

Vgl. S. 207ff.<br />

5<br />

Vgl. S. 177ff.<br />

6<br />

Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel ließ Kunstagenten nach Gemälden mit einschlägigen Motiven<br />

suchen und erwarb zu einer Sophonisbe von Vouet ein Gemälde Renieris mit gleichem Thema hinzu. Dazu<br />

weiter unten S. 268f. Für viele Paläste und Schlösser wurden <strong>Tugendheldin</strong>nen und Tugendhelden in unterschiedlichen<br />

Zusammenstellungen <strong>als</strong> Pendants erworben; vgl. dazu unten S. 259 mit einer Liste eindeutig<br />

identifizierbarer Pendants.<br />

7<br />

Vgl. unten S. 245ff.<br />

8<br />

Bedeutung und Funktion von Serien oder Pendants in der Frühen Neuzeit wurden bisher nicht gründlich<br />

untersucht. Ein erster Ansatz: Moiso-<strong>Die</strong>kamp, Cornelia: Das Pendant in der holländischen Malerei des 17.<br />

Jahrhunderts, Frankfurt / Bern / New York 1987. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert<br />

erhielten Serien und Zyklen unter dem Einfluss der Photographie seit Monets 15 Varianten des Getreideschobers<br />

(1891) und 20 Varianten der Kathedrale von Rouen (1895) eine ganz neue Bedeutung. Serie,<br />

Reihung und Repetition, ebenso wie serielle Wiederholung, Addition und Spiegelung wurden zu radikalen<br />

Techniken moderner Kunst. Dazu die einleitenden Aufsätze in: Schneede, Uwe / Heinrich, Christoph (Hrsg.):<br />

AK Monets Vermächtnis, Serie, Ordnung und Obsession, Hamburg 2001, S. 7-58.<br />

233


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Heutige Hängungen geben allerdings keine Hinweise auf ursprüngliche Pendants,<br />

da museale Anordnungen von Gemälden dem Zeitgeschmack unterliegen. Aus diesem<br />

Grunde können Pendant-Hängungen am zuverlässigsten in seit ihrer Einrichtung<br />

wenig veränderten Barockgalerien beurteilt werden, über deren Bestand hinreichende<br />

Informationen vorliegen, auch wenn viele <strong>als</strong> Pendants erworbene Gemälde<br />

inzwischen ohne ihr Gegenstück gezeigt werden. 9 Auch in einer ursprünglich aristokratischen<br />

oder fürstlichen Barockgalerie hat heute das Prinzip der Variation und der<br />

Wunsch, viele Meister und Objekte vorzustellen, Vorrang vor der zunächst intendierten<br />

ikonographischen Ausgewogenheit. Nur Bestandskataloge geben noch Auskunft<br />

über die Anschaffungspolitik und dokumentieren, dass <strong>als</strong> Gegenstücke vor allem<br />

Landschaften, Genrebilder und Verlobten- oder Ehepaarbilder beliebt waren. Mythologische,<br />

biblische und historische Themen wurden seltener <strong>als</strong> Pendants erworben;<br />

das Gleiche gilt für Stilleben. 10<br />

Am bekanntesten sind heute die graphischen Reihen des französischen 17. Jahr-<br />

hunderts, die in den letzten Jahren mit dem feministischen Interesse für die fem-<br />

mes fortes besondere Beachtung gefunden haben: <strong>Die</strong> Illustrationen zu La femme<br />

heroïque ou les heroïnes comparées avec les heros en toute sorte de vertus von<br />

Jacques Du Bosc (1645) und zu La gallerie des femmes fortes von Pierre Le Moy-<br />

ne (1647) fanden weite Verbreitung und haben zweifellos entscheidend zur Ver-<br />

breitung des Themas der <strong>Tugendheldin</strong> beigetragen. <strong>Die</strong>se Graphikserien stehen<br />

aber keineswegs am Beginn der Bildprogramme. Bereits um 1500 sind in Italien<br />

genau komponierte Gemäldeserien mit dem Bildmotiv der ›starken Frauen‹ nach-<br />

weisbar, in Frankreich unterstützte die im 16. Jahrhundert aufkommende architek-<br />

tonische Mode der aristokratischen ›Galerien‹ die Reihenbildung. Außerdem<br />

brachten politische Gründe in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts das Thema<br />

erneut in Mode.<br />

<strong>Die</strong> ikonographische Reihung weiblicher <strong>Tugendheldin</strong>nen wurde in der Frü-<br />

hen Neuzeit einerseits von der mittelalterlichen Konzeption der neuf preuses, an-<br />

dererseits von literarischen Katalogen berühmter Frauen beeinflusst.<br />

Jacques de Longuyon preist in den Voeux du Paon (1312/1313) panegyrisch die<br />

Kriegstaten von Hektor, Alexander, Cäsar, Josua, David, Judas Makkabäus, Artus,<br />

Karl dem Großen und Gottfried von Bouillon. Daraus entstanden die neuf preux, deren<br />

Katalog früh feststand. <strong>Die</strong> preux wurden <strong>als</strong> Exempel ritterlicher und höfischer<br />

Lebensführung in altfranzösischen, mittelenglischen, mittelhochdeutschen, mittelniederländischen,<br />

gelegentlich auch in italienischen und spanischen Texten übernommen.<br />

11 <strong>Die</strong> kanonisierte Reihe, deren Dreiergruppen die geläufige heilsgeschichtliche<br />

Konzeption (ante legem, sub lege und sub gratia) aufgriff, wurde wohl zuerst im Livre<br />

de Leësce des Jehan Le Fèvre (zwischen 1373 und 1387) durch neun weibliche<br />

preuses ergänzt. <strong>Die</strong> ebenfalls in Triaden eingeteilten preuses waren weniger festge-<br />

9 Ich wähle das Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig und das dazugehörige Verzeichnis der Gemälde<br />

vor 1800, hrsg. von Jacob, Sabine / Klessmann, Rüdiger, Braunschweig 1976.<br />

10 Vgl. Fußnote 165.<br />

11 Dazu Ott, Norbert: »Neun Gute Helden«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 6, Sp. 1103-1106.<br />

234


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

legt. 12 Zunächst umfasste der im französischen Spätmittelalter ausgebildete Katalog<br />

weiblicher preuses 13 nur kriegerische Königinnen und Amazonen der Antike (Deipyle,<br />

Sinope, Hippolyte, Menalippe, Semiramis, Lampeto, Tomyris, Teuta und Penthesilea).<br />

Erst im 15. Jahrhundert und wohl vor allem im deutschsprachigen Bereich 14<br />

setzte sich auch für die preuses eine triadische Gliederung nach heilsgeschichtlichen<br />

Epochen durch: eine antike Dreiergruppe (Lukretia, Veturia, Virginia) stand dann neben<br />

einer alttestamentlichen (Esther, Judith, Jaël) und einer christlichen (Helena,<br />

Brigitta, Elisabeth).<br />

<strong>Die</strong> neun preux wurden seit dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts in den Bildkünsten<br />

aufgegriffen; über siebzig Zeugnisse in Skulptur, Freskomalerei, Glasmalerei,<br />

Textilkunst und Druckgraphik sind nachgewiesen. In Bildprogrammen werden die<br />

Helden meist durch auf ihre Taten verweisende inscriptiones vereindeutigt, gemalte<br />

Bänder oder Scheinarchitektur stellen rahmend zusätzlich einen Zusammenhang her<br />

und bringen die Fresken in die Nähe antiker Skulpturengalerien. <strong>Die</strong> Bildprogramme<br />

spiegeln auch subtile Wandlungen des Wertekanons wider. 15 <strong>Die</strong> später hinzutretenden<br />

preuses greifen gelegentlich die üblichen weiblichen Personifikationen der drei<br />

theologischen und der vier Kardinaltugenden auf. Hans Burgkmair d. Ä. scheint <strong>als</strong><br />

einer der ersten diese Aufteilung nach »Glaubenstriaden« 16 bei den männlichen und<br />

weiblichen Helden ins Bild gesetzt zu haben.<br />

<strong>Die</strong> literarischen Kataloge berühmter Männer, die Petrarca wieder aufgegriffen hat-<br />

te, wurden seit Boccaccio durch Kataloge berühmter Frauen ergänzt. Entspre-<br />

chend finden sich zunächst Bildprogramme, in denen weibliche <strong>Tugendheldin</strong>nen<br />

zusammen mit illustren Männern auftreten; erst allmählich entstanden auch Bild-<br />

folgen, die nur weibliche Exempel zusammenstellen. Céline Richard-Jamet hat da-<br />

für die Begriffe ›gemischte‹ und ›autonome‹ Serie eingeführt. 17<br />

<strong>Die</strong> ›Galerie starker Frauen‹, auf den ersten Blick eine ›feministische‹ Akzentuierung<br />

von Mythos und Geschichte, hat, lange bevor sie in die barocken Bildkünste Eingang<br />

fand, Vorläufer in den literarischen Katalogen der Antike: Cornelius Nepos, Plinius<br />

der Jüngere und Valerius Maximus stellten in ihren Sammelwerken herausragende<br />

Männer und Frauen unter verschiedenen Aspekten zusammen. 18 Petrarca griff in der<br />

12<br />

Vgl. Sedlacek, Ingrid: <strong>Die</strong> Neuf Preuses, Heldinnen des Spätmittelalters, Marburg 1997.<br />

13<br />

Dazu Fajen, Robert: <strong>Die</strong> Lanze und die Feder, Untersuchungen zum ›Livre du Chevalier errant‹ von Thomas<br />

III., Markgraf von Saluzzo, Wiesbaden 2003.<br />

14<br />

Sedlacek, a.a.O., S. 128.<br />

15<br />

Vgl. Schroeder, Horst: Der Topos der ›Nine Worthies‹ in Literatur und bildender Kunst, Göttingen 1971. – So<br />

Hans Burgkmair d. Ä. in seiner Serie der neun Helden und neun Heldinnen (Abbildungen in: Baumgärtel, B. /<br />

Neysters, S. [Hrsg.]: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, Düsseldorf 1995, S. 160-161). Hans Burgkmairs<br />

Holzschnitt wurde auch <strong>als</strong> Vorlage für andere künstlerische Techniken und Neuinterpretationen verwendet; so<br />

ließen sich Pfalzgraf Ottheinrich, sein Bruder Philipp und sein Schwager Herzog Wilhelm IV. von Bayern auf<br />

einem kleinen, aus Solnhofer Stein gefertigten Steinrelief <strong>als</strong> Artus, Karl der Großen und Gottfried von Bouillon<br />

porträtieren, um ihre Rollen für die Reformation zu verdeutlichen. Vgl. Bäumler, S. / Brockhoff, E. / Henker, M.<br />

(Hrsg.): Von Kaisers Gnaden, 500 Jahre Pfalz-Neuburg, Regensburg 2005, S. 349f.<br />

16<br />

Vgl. AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, S. 160f.<br />

17<br />

Richard-Jamet, Céline Catherine Jeanne: Les galeries de ›femmes fortes‹ dans les arts en Europe au XVIe<br />

et au XVIIe siécles: une étude iconographique comparative; thèse Université Michel de Montaigne-Bordeaux<br />

III, 2003, passim. <strong>Die</strong> Unterscheidung von »séries mixtes« und »séries autonomes« ist nicht ganz glücklich,<br />

weil es natürlich auch ›autonome‹ Bildfolgen mit ›starken Männern‹ gibt.<br />

18<br />

So gliederte Valerius Maximus in der frühen Kaiserzeit seine Sammlung Facta et dicta memorabilia thematisch<br />

nach Tugenden und Lastern. Als Kapitelüberschriften dienen gute oder schlechte Eigenschaften wie<br />

moderatio (Maßhalten), clementia (Milde), fortitudo (Tapferkeit) oder crudelitas (Grausamkeit), avaritia (Habgier)<br />

und perfidia (Treulosigkeit). In den einzelnen Kapiteln werden Römern Personen aus der nichtrömischen<br />

Geschichte gegenübergestellt. Der patriotisch-konservativen Haltung des Valerius Maximus entsprechend<br />

überwiegen die römischen Beispiele (636 römischen Beispielen stehen 320 exempla externa gegenüber).<br />

235


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

nicht vor 1367 <strong>als</strong> Sammelband konzipierten, von Lombardo della Seta fortgesetzten<br />

Sammlung De viris illustribus ebenso wie Boccaccio in De casibus virorum illustrium<br />

(1356-1360) auf diese Kompendien zurück. Boccaccios zwischen 1361 und 1375<br />

verfasste Exempelsammlung De claris mulieribus erweiterte den Kanon auf illustre<br />

Frauen. <strong>Die</strong>se literarischen Vorlagen dienten vereinzelt schon zeitgenössisch <strong>als</strong><br />

Vorwurf für Freskenzyklen in Villen und Palästen. 19. Das in den Kompendien ausgebreitete<br />

Material bot die Möglichkeit, Bildprogramme unter dem Aspekt der Analogie<br />

oder unter dem Gesichtspunkt der Opposition zu konzipieren.<br />

<strong>Die</strong> frühneuzeitlichen Bildprogramme und Bildfolgen ›starker Frauen‹ wiederholen<br />

die Entwicklung beider literarischer Vorbilder aus Antike und Mittelalter: zunächst<br />

traten Frauen nur <strong>als</strong> unselbständige Begleitfiguren in gemischten Reihen auf, erst<br />

später entstanden autonome Reihen, in die allmählich auch das Motiv der Tugend-<br />

heldin <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> Aufnahme fand. Eine wichtige Rolle spielte dabei das<br />

ikonographische Programm höfischer Galerien, die sich diesem Thema im Gegen-<br />

satz zu bürgerlichen Sammlungen früh öffneten.<br />

Als neue Architekturmode entstanden in italienischen und französischen Schlössern<br />

und Palästen des 16. Jahrhunderts Galerien <strong>als</strong> Schau- und Festräume 20 mit neuartigen<br />

Fensterlösungen, zunächst mit freistehenden Statuen und Büsten, dann auch<br />

mit Gemälden ausgestattet, wobei die Durchfensterung auf einer Langseite wieder<br />

zurückgenommen werden musste. Solche Bildergalerien konnten ein Programm mit<br />

wandverbundenen Fresken oder mit gerahmten, aber in der Reihenfolge klar festgelegten<br />

Gemälden vorsehen. Andere Ausstattungsvarianten waren in der Konzeption<br />

flexibler; Gemälde wurden nach dem Geschmack des Besitzers und unter dekorativen<br />

Aspekten gehängt, so dass neue Akzentuierungen vorgenommen werden konnten;<br />

allmählich entwickelten sich aus den Galerien Schausammlungen. <strong>Die</strong> Hängungen<br />

in fürstlichen Galerien sind aufschlussreich, weil reflektierte Bildprogramme und<br />

Hängungen im Bereich der »Schwatz- und Spaziersäle« 21 kulturelles Selbstverständnis,<br />

Herrscherwürde und Machtansprüche der Auftraggeber zum Ausdruck<br />

brachten.<br />

3 Bildfolgen und Galerien<br />

In der Forschung wird meist davon ausgegangen, dass <strong>als</strong> erster Giotto (ca.1267-<br />

1337) in einer Freskenserie des neapolitanischen Castel Nuovo das Thema der<br />

uomini famosi aufgegriffen habe. 22<br />

Der hypothetische, bereits im 16. Jahrhundert zerstörte Freskenzyklus, den Lorenzo<br />

Ghiberti (1378-1455) wohl noch gesehen hat, Vasari aber nur noch vom Hörensagen<br />

gekannt haben kann, könnte im Auftrag Roberts von Anjou zwischen 1328<br />

Allerdings strukturiert er seine Sammlung auch noch nach weiteren Gesichtspunkten: Er stellt die Vergangenheit<br />

der Gegenwart gegenüber, Frauen werden mit Männern verglichen, bekannte Männer werden unbekannten<br />

gegenübergestellt, ähnliche Verhaltensweisen werden wertend gestuft.<br />

19 Vgl. Hansmann, Martina: Andrea del Castagnos Zyklus der 'Uomini famosi' und 'Donne famose', Geschichtsverständnis<br />

und Tugendideal im florentinischen Frühhumanismus, Münster / Hamburg 1993.<br />

20 Vgl. Prinz, Wolfram: <strong>Die</strong> Entstehung der Galerie in Frankreich und Italien, Berlin 1970.<br />

21 Vgl. »Galerie«, in: Lexikon der Kunst, Bd. 2, München 1996, S. 627. Der Begriff der »Schwatz-und Spaziersäle«<br />

wurde 1699 von Leonhard Sturm in seiner Vollständigen Anweisung zu der Civil Bau-Kunst (Braunschweig<br />

1699) geprägt.<br />

22 Christiane Joost-Gaugier: »Giotto’s Hero Cycle in Naples. A Prototype of Donne Illustri and a Possible Literary<br />

Connection«, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 43 (1980), S. 311-318.<br />

236


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

und 1333 entstanden sein. Ein Aufenthalt Giottos in Neapel ist für diese Jahre belegt,<br />

allerdings sind die Quellen im Detail widersprüchlich oder doch ungenau. In<br />

der Giotto-Biographie Vasaris findet sich keine nähere Angabe zum Sujet, auch bei<br />

Ghiberti ist nur die Rede von den huomini famosi, die Giotto in der sala del re Uberto<br />

gemalt habe. 23<br />

So wird die Thematik des Freskenzyklus meist aus neun ekphrastischen Sonetten<br />

des 14. Jahrhunderts rekonstruiert. <strong>Die</strong> anonymen Gedichte 24 scheinen unter reichlicher<br />

Verwendung dantesken Sprachmateri<strong>als</strong> die Gegenstände des Freskenzyklus<br />

zu beschreiben. Allerdings sind die neun sonetti ritornellati in keiner Handschrift<br />

zusammen überliefert. Es ist <strong>als</strong>o nicht einmal gesichert, dass Giotto im Castelnuovo<br />

wirklich neun Helden (Alexander, Solomon, Hektor, Äneas, Achilles, Paris, Herkules,<br />

Samson und Cäsar) dargestellt hat. <strong>Die</strong> Sonette sind jedenfalls zu umfänglich,<br />

um <strong>als</strong> subscriptiones gedient zu haben. Gleichwohl hält Christiane Joost-<br />

Gaugier 25 den so rekonstruierten Zyklus für eine »visual inauguration of what was<br />

to become a major ideological preoccupation of Renaissance literati, humanists,<br />

princely patrons and artists«.<br />

Auch die Bezüge zu Petrarca sind nicht so eindeutig, wie sie gelegentlich dargestellt<br />

werden. Joost-Gaugier weist darauf hin, dass Petrarcas De viris illustribus<br />

n a c h Giottos Freskierung der neapolitanischen sala grande entstanden sein müsse,<br />

kann allerdings belegen, dass Robert von Anjou und Petrarca sich bereits vor<br />

1330 kannten. Mit einiger Wahrscheinlichkeit mag deshalb davon ausgegangen<br />

werden, dass Petrarca konzeptuell an Giottos Darstellung der uomini famosi beteiligt<br />

war. Bei einem späteren Freskenzyklus, der nach 1367 in Padua für Francesco<br />

da Carrara (il Vecchio) ausgeführt wurde und der ebenfalls verloren ist, darf der<br />

Einfluss Petrarcas hingegen <strong>als</strong> sicher vorausgesetzt werden. 26 Umso gewichtiger<br />

ist es, dass dort weibliche Begleitpersonen der uomini famosi offenbar fehlten.<br />

Geradezu <strong>als</strong> sich verselbständigender kunsthistorischer Mythos hat sich die Auf-<br />

fassung durchgesetzt, die neun uomini famosi seien in Giottos neapolitanischem<br />

Zyklus von ihren ›Ehefrauen‹ begleitet worden. 27 Noch Richard-Jamet vertritt diese<br />

Auffassung in etwas abgeschwächter Form: »Certains auteurs ont établi que ces<br />

23<br />

»Molto egregiamente dipinse la sala del re Uberto de’ huomini famosi, in Napoli, dipinse nel castello dell’<br />

uovo.« (Ghiberti, Lorenzo: I commentarii, hrsg. von Bartoli, Lorenzo, Firenze 1998, S. 84).<br />

24<br />

Blasiis, Giuseppe de: »Immagini di uomini famosi in una sala di Castelnuovo«, in: Napoli nobilissima, 9<br />

[1900], S. 65-67.<br />

25<br />

Joost-Gaugier, a.a.O., S. 317<br />

26<br />

Hierzu: Mommsen, Theodor E.: »Petrarch and the Decoration of the Sala Virorum Illustrium in Padua«, in:<br />

The Art Bulletin 34 (1952), S. 95-116. Mommsen stützt sich vor allem auf den Briefwechsel Petrarcas mit Francesco<br />

da Carrara zwischen 1361 und 1374. Wie aus dem Proömium (»Illustres quosdam viros, quos excellenti<br />

gloria floruisse doctissimorum hominum ingenia memorie tradiderunt, in diversis voluminibus tanquam sparsos<br />

ac disseminatos r o g a t u t u o , plaustrifer insignis, qui modestissimo nutu inclite urbis Patavine sceptra unice<br />

geris, locum in unum colligere et quasi quodammodo stirpare arbitratus sum.«) hervorgeht, veranlasste wohl<br />

Francesco da Carrara Petrarca zunächst einzeln konzipierte Biographien in De viris illustribus zusammenzustellen.<br />

Da das Proömium nicht vor 1367 entstanden sein kann, die Fresken der sala aber nach Mommsen (S.<br />

98, Fußnote 33) bereits 1370 über Padua hinaus bekannt waren, kann Petrarcas Einfluss auf dieses Programm<br />

<strong>als</strong> sicher gelten. Am Ende des 15. Jahrhunderts oder zu Beginn des 16. Jahrhunderts hat wohl ein<br />

Brand die Halle und ihre Ausmalung zerstört, wie Untersuchungen anlässlich einer Restaurierung 1928 ergaben.<br />

1539 wurde die Halle wieder hergestellt und erneut mit viri illustres der Antike freskiert. <strong>Die</strong>se Dekoration<br />

des 16. Jahrhunderts ist der eigentliche Gegenstand der Untersuchung Mommsens. Das spätere Programm<br />

stellt die viri illustres ohne weibliche Begleitpersonen dar, so dass dies wohl auch für das ursprüngliche gelten<br />

mag.<br />

27<br />

Joost-Gaugier hat ihre Beschreibung »in the company of their women« (a.a.O., S. 317) wohl von Mommsen<br />

übernommen, der zunächst davon spricht, wahrscheinlich seien auch die Ehefrauen der Helden dargestellt<br />

worden: »Their wives were probably <strong>als</strong>o represented.« Wenig später wird dies kühn <strong>als</strong> Tatsache vorausgesetzt:<br />

»In regard to the pictures of the strange ›Nine Worthies‹ and their wives in the Castelnuovo at Naples<br />

[…]« (a.a.O., S. 113 und 116).<br />

237


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

hommes représentés avec leurs femmes officielles ou leurs maîtresses: Penthési-<br />

lée et Polyxène auraient accompagnés Achille, Dalila aurait accompagné Samson<br />

et la femme de Salomon, Salomon.« 28 Solche und ähnliche Behauptungen beru-<br />

hen auf einer ungenauen Lektüre der neun ekphrastischen Gedichte, auf die sich<br />

die Forschung beruft. Sie nennen nämlich nur dreimal weibliche Bezugspersonen,<br />

wobei es sich aber nicht nur um Ehefrauen handelt. Hektor wird von Penthesilea<br />

begleitet (magnanima reina); die schöne Königin der Amazonen stand bekanntlich<br />

den Trojanern nach dem Tode Hektors bei und wurde im Zweikampf von Achill ge-<br />

tötet, der sich in die Sterbende verliebte. Achill wird seine Gattin Polyxena beige-<br />

sellt, zu Salomon gehört »questa maledetta creatura«, womit ganz offensichtlich<br />

die Königin von Saba gemeint ist, ohne dass man daraus auf Misogynie schließen<br />

müsste. 29 Joost-Gaugier betont zu Recht, dass bei Giotto die Frauen noch nicht <strong>als</strong><br />

donne illustri und damit <strong>als</strong> selbständiges Thema, sondern nur <strong>als</strong> ›erläuternde‹<br />

Begleitung aufgefasst waren 30 .<br />

Wenn Richard-Jamet ihre Reihe ›gemischter‹ Serien männlicher und weibli-<br />

cher Helden mit italienischen Freskenzyklen des 15. Jahrhunderts beginnen lässt,<br />

hat sie damit nur teilweise Recht, da die weiblichen Figuren zunächst nur <strong>als</strong> Er-<br />

gänzung, Begleitung und Illustration männlicher Helden in diese Zyklen aufge-<br />

nommen wurden. Erst in der Frührenaissance 31 findet sich unter dem Einfluss von<br />

28 Richard-Jamet, a.a.O., S. 75.<br />

29 Hansmann schreibt a.a.O., S. 34 (Fußnote 25): »In inhaltlicher Hinsicht ignoriert die Autorin […] die in den<br />

verfügbaren, doch von ihr nicht näher beachteten Quellen greifbaren misogynen Konnotationen.«<br />

30 Damit wird allerdings eine umwegig begründete Hypothese von Joost-Gaugier zumindest zweifelhaft. Sie<br />

vermutet für die Hinzufügung der ›Ehefrauen‹ ein politisches Motiv, weil im November 1330 der einzige Sohn<br />

des Auftraggebers gestorben war und im September 1333 Roberts Enkelin Giovanna zur Thronerbin ausgerufen<br />

und mit Andrea d’Ungheria verheiratet wurde. Darin könnte eine frühe Parallele zu den weiblichen Regentschaften<br />

in Frankreich liegen, die dort in der Frühen Neuzeit zur Herausbildung der Zyklen ›starker Frauen‹<br />

führten.<br />

31 Vgl. Richard-Jamet, S. 74ff. <strong>Die</strong> Studien der Autorin zu den femmes fortes im 16. und 17. Jahrhundert, die<br />

auch in den bemerkenswerten Genfer Kleopatra-Katalog (vgl. Ritschard, Claude / Morehead, Allison [Hrsg.]:<br />

Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental, Genf 2004) eingegangen sind, verfolgen eine breitere Fragestellung<br />

<strong>als</strong> meine Untersuchung. Ihre Studien betreffen frühneuzeitliche Serien (»Galerien«) von ›starken Frauen‹<br />

und ihren Auftraggebern. Auch entwickelt Richard-Jamet Ansätze zur ikonographischen und literarischen Einordnung<br />

der Motivfolge. Ihrer Feststellung, dass sich die Serien ›starker Frauen‹ im 16. und 17. Jahrhundert<br />

über ganz Europa ausbreiteten und die verschiedensten Funktionen übernehmen konnten, ist ebenso zuzustimmen,<br />

wie ihrem Resumé: »Héritées du thème des Neuf Preuses, les séries de femmes fortes connaissent<br />

un essor important en Italie, puis en France, et se diffusent en Europe au XVI e et au XVII e siècles. Ces séries<br />

ou galeries sont constituées d'héroïnes, incarnant des vertus précises, qui s'inspirent des qualités féminines,<br />

louées par Salomon, dans La femme de caractère, tirée de ses Proverbes. Ces cycles ne s'élaborent qu'après<br />

les séries d'hommes illustres, comme pendants, puis acquièrent une autonomie propre. Ils recouvrent diverses<br />

fonctions, selon les pays, les époques: en Italie, les premières séries ont une fonction mémoriale, commémorative,<br />

puis édifiante, par le biais des cassoni, qui éduquent la jeune épouse; en France, elles permettent de<br />

légitimer l'accession au trône d'une régente et de conforter son pouvoir, procédé réutilisé par les cours hollandaise,<br />

florentine et viennoise. L'Espagne privilégie les femmes de la Bible et inonde ses églises de cycles<br />

sculptés ou peints sur miroir, destinés à édifier le fidèle; les séries belges éduquent les moniales, les séries<br />

gravées hollandaises encensent la femme au foyer, alors que l'Angleterre semble se démarquer. Reines,<br />

femmes de la Bible et amazones apparaissent de manière récurrente dans les séries, au détriment des ves-<br />

238


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Boccaccios De claris mulieribus auch in den Bildkünsten eine selbständige Kon-<br />

zeption profaner weiblicher <strong>Tugendheldin</strong>nen. Es ist im Übrigen bemerkenswert,<br />

dass das Motiv der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> zum ersten Mal in den folgen-<br />

reichen Holzschnitten 32 auftritt, die 1473 in Zainers Werkstatt zu Boccaccios De<br />

claris mulieribus entstanden und mit denen der Bildtypus der mulier fortis 33 Kontu-<br />

ren gewinnt. In den selbständigen Bildzyklen des 15. Jahrhunderts scheint die Tu-<br />

gendheldin <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> noch keine Rolle gespielt zu haben. 34<br />

Um die Jahrhundertwende datiert Richard-Jamet einen inzwischen zerstreu-<br />

ten Zyklus, der mit der Familie Piccolomini in Siena in Zusammenhang gebracht<br />

wird. 35 Es handelt sich vielleicht um die erste Bildfolge, die männliche und weibli-<br />

che Protagonisten gleichberechtigt nebeneinander stellt. <strong>Die</strong> Auftraggeber ließen,<br />

soweit sich dies rekonstruieren lässt, durch mehrere Künstler eine Folge von vier<br />

Männer und vier Frauen zusammenstellen: Scipio 36 , Judith 37 , Sulpicia 38 , Claudia<br />

Quinta [Abb. 2] 39 , Artemisia, Alexander [Abb. 3], Tiberius Gracchus und Eunostos<br />

von Tanagra 40 . <strong>Die</strong>ser ›gemischte Zyklus‹<br />

könnte eine Schlüsselrolle in der Entwick-<br />

lung in Siena gespielt haben und ist des-<br />

halb für meine Argumentation im Folgen-<br />

den von Gewicht.<br />

Am Beginn ›autonomer‹ Bildprog-<br />

ramme weiblicher <strong>Tugendheldin</strong>nen ste-<br />

Abb. 2 Abb. 3<br />

tales, des saintes. On jette l'opprobre sur les héroïnes les plus irréprochables, on justifie les actes des plus<br />

barbares ; certaines ne sont pas exemptes d'un certain érotisme, d'une sensualité avérée, faussant ainsi<br />

l'image de l'héroïne et déformant ses exploits.«<br />

32 Vgl. oben S. 78.<br />

33 Der Begriff der ›starken Frau‹ geht auf Prv 31, 10 (M u l i e r e m f o r t e m quis inveniet procul et de ultimis<br />

finibus eius confidit in ea cor viri sui et spoliis non indigebit.) zurück.<br />

34 Hinzuweisen ist besonders auf den Zyklus der uomini famosi und donne famose, den Andrea del Castagno<br />

um 1450 in der suburbanen V i l l a C a r d u c c i (die in der Literatur auch nach dem Vorort von Florenz, in<br />

dem sie sich befindet, <strong>als</strong> V i l l a L e g n a i a bezeichnet wird) freskiert hat. Es handelt sich vielleicht um den<br />

frühesten erhaltenen ›gemischten Zyklus‹ (heute in den Uffizien) mit Männern und Frauen, der auch eine Sibylle,<br />

eine Amazone und eine Esther enthält. Vgl. Hansmann, a.a.O., S. 96 und Abb. 1, 5, 6 und 7.<br />

35 Vgl. an versteckter Stelle Richard-Jamet, a.a.O., S. 528. <strong>Die</strong> Gemälde sind in Öl auf Holz ausgeführt und<br />

enden alle oben im Halbrund. Das Piedestal der Dargestellten enthält eine erläuternde lateinische Inschrift.<br />

Jede Figur hält ihr Attribut und steht, durch den Sockel erhöht, vor einer Landschaft, in der häufig eine Stadt zu<br />

sehen ist. Alle Gemälde, außer der Sulpicia, tragen das gleiche halbmondähnliche Zeichen, das auf die Familie<br />

Piccolomini verweisen könnte (dazu Richard-Jamet, S. 83).<br />

36 Von Francesco di Giorgio; heute in Florenz (Bargello).<br />

37 Von Matteo di Giovanni heute in Bloomington (Indiana University Art Museum).<br />

38 Von Giacomo Pacchiarotto; heute in Baltimore (Walters Art Gallery).<br />

39 Von Neroccio de’Landi und Le Maître de Griselda; heute in Washington (National Gallery of Art).<br />

40 Alle vom Maître de Griselda. Artemisia heute in Mailand (Museo Poldi Pezzoli); Alexander heute in Birmingham<br />

(Barber Institute of Fine Arts); Tiberius Gracchus heute in Budapest (Szepmueveszeti Muzeum); Eunostos<br />

von Tanagra heute in Washington (National Gallery of Art).<br />

239


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

hen wahrscheinlich zwei Bildfolgen in Mantua und in Siena. Zwei heute in London<br />

(National Gallery) befindliche Holztafeln mit der Vestalin Tuccia 41 [Abb. 4] und mit<br />

Sophonisbe 42 werden Mantegna (ca. 1430-1506) zugeschrieben und sind wahr-<br />

scheinlich zwischen 1495 und 1506 entstanden. <strong>Die</strong> Grisaillen 43 stammen wohl aus<br />

dem studiolo der Isabella d’Este (1474-1539) und dürften<br />

dort <strong>als</strong> Klappläden gedient haben. Sie könnten die Reste<br />

eines größeren Programms sein, wofür auch spricht, dass<br />

die Darstellung der Sophonisbe [Abb. 5] bereits emblema-<br />

tisch reduziert ist. 44 <strong>Die</strong>se Sophonisbe dürfte – nach den<br />

Holzschnitten zu Boccaccio – die älteste bekannte Auf-<br />

nahme des Bildmotivs der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tugendhel-<br />

din in einen größeren Zusammenhang sein.<br />

Abb. 4 Abb. 5<br />

<strong>Die</strong> engen Beziehungen Isabellas zu Siena 45 und seinem Herrscher Pandol-<br />

fo Petrucci (1452-1512) 46 stellen die Verbindung zu einem zweiten Ensemble her,<br />

das sich teilweise immer noch im Sieneser Palazzo C h i g i - S a r a c e n i 47 befindet<br />

und zweifellos die umfänglichste und erstaunlichste Sammlung weiblicher Tugend-<br />

heldinnen der ganzen Epoche darstellt. Das gesamte Bildprogramm des Palazzo<br />

war diesem Thema gewidmet, wie man aus sieben Serien schließen muss, die<br />

vollständig oder teilweise erhalten sind. Vielleicht hat der bereits erwähnte, zwi-<br />

schen 1495 und 1500 entstandene ›gemischte Zyklus‹, der mit der Familie Picco-<br />

lomini in Zusammenhang gebracht wird, eine Anregung für das Bildprogramm ge-<br />

geben. 48 Anlass dieser ikonographischen Fixierung waren wohl eine Reihe von<br />

Hochzeiten: 1507 heiratete Pandolfos Tochter, Sulpicia Petrucci, in die Familie<br />

Chigi, 1509 verband sich der älteste Sohn, Borghese Petrucci, mit der Familie Pic-<br />

colomini. 49<br />

41<br />

Katalog 228.<br />

42<br />

Katalog 227.<br />

43<br />

Sie wurden erstaunlicherweise von Richard-Jamet nicht berücksichtigt.<br />

44<br />

Vgl. oben, S. 80.<br />

45<br />

Ein Besuch Isabellas in Siena ist für 1514 nachgewiesen, wo ihr zu Ehren ein Fest gegeben wurde. Vgl.<br />

Agosti Giovanni / Farinella, Vicenzo: »Interni senesi all’antica«, in: Agosti, Giovanni / Bagnoli, Alessandro<br />

(Hrsg.): AK Domenico Beccafumi e il suo tempo, Milano 1990, S. 578-599.<br />

46<br />

Für Niccolò Macchiavelli ist Pandolfo Petrucci im 22. Kapitel des Principe das Vorbild eines zielstrebigen und<br />

machtbewussten Herrschers.<br />

47<br />

Verwirrenderweise wird er in der Literatur gelegentlich auch <strong>als</strong> Palazzo Petrucci bezeichnet.<br />

48<br />

Vgl. oben, S. 239.<br />

49<br />

Auch Richard-Jamet vermutet eine Heirat <strong>als</strong> Anlass (a.a.O., S. 118).<br />

240


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Zur Ausstattung des Palazzo Chigi-Saraceni in Siena gehörten zweifelsfrei sieben<br />

Bildfolgen ›starker Frauen‹:<br />

(1) Eine Judith, eine Sophonisbe (Katalog 221) und eine Kleopatra (Katalog 220) 50 ,<br />

die früher den »Maestri di Pandolfo Petrucci« 51 zugesprochen wurden, werden<br />

von Richard-Jamet dem »Maître des héroїnes de Chigi-Saracini« zugeordnet.<br />

(2) Von Domenico Beccafumi stammen vier <strong>Tugendheldin</strong>nen (Kleopatra [Katalog<br />

25], eine Sophonisbe (Katalog 26) 52 , eine Lukretia (Katalog 27) 53 und eine Judith<br />

54 .<br />

(3) Eine Sophonisbe (oder Artemisia) 55 weist Richard-Jamet dem »Maître des<br />

héroїnes de Chigi-Saracini« oder aber Girolamo Genga zu. <strong>Die</strong> Zuordnung zu einer<br />

Serie ist unklar.<br />

(4) Von Girolamo di Benvenuto 56 sind eine Kleopatra (Katalog 102), eine Porzia (Katalog<br />

101) und eine Tuccia. 57<br />

(5) Domenico Beccafumi führte 1519 den sogenannten »Zyklus Petrucci« aus, der<br />

Penelope 58 , Tanaquil 59 , Marcia 60 und Cornelia 61 umfasste.<br />

(6) Folgt man Richard-Jamet 62 , gehören eine von Bartolomeo Neroni ausgeführte<br />

Claudia Quinta und eine Tuccia in den Umkreis dieser Reihe.<br />

(7) Drei Wandpaneelen (»spalliere«) des 15. Jahrhunderts mit Hippo, Lukretia und<br />

Camilla stammen von Guidoccio Cozzarelli. 63<br />

Unabhängig davon, dass die Zuschreibungen im Einzelnen noch strittig bleiben, ist<br />

das Gesamtprogramm ›starker Frauen‹ in der Ausstattung des Sieneser Palazzo<br />

Chigi-Saraceni bemerkenswert und geradezu einmalig. Es kann davon ausgegan-<br />

gen werden, dass die verschiedenen Reihen ursprünglich thematische Schwer-<br />

punkte hatten; die ›Zyklus Petrucci‹ genannte Serie (5) beispielsweise scheint mit<br />

Penelope, Tanaquil, Marcia und Cornelia besonders die Rolle und Treue verheira-<br />

teter Frauen in den Vordergrund zu rücken. 64 In vier der wohl sieben Reihen treten<br />

50<br />

Alle drei in Öl auf Holz gemalten Tafeln heute in Siena in der Sammlung del Monte dei Paschi di Siena (Inv.<br />

844: Judith; Inv. 845: Sophonisbe; Inv. 848: Kleopatra).<br />

51<br />

Vgl. Santoro, Fiorella Sricchia zur Katalognummer 51 (»Maestri di Pandolfo Petrucci«: Giuditta, Sofonisba<br />

und Cleopatra), in: Agosti, Giovanni / Bagnoli, Alessandro (Hrsg.): AK Domenico Beccafumi e il suo tempo,<br />

Milano 1990, S. 266-269.<br />

52<br />

Sophonisbe und Kleopatra befinden sich heute in Bayonne (Musée Bonnat).<br />

53<br />

<strong>Die</strong> Lukretia befindet sich heute in Oberlin, Ohio (Oberlin College).<br />

54<br />

<strong>Die</strong> Judith befindet sich heute in London (Wallace Collection).<br />

55<br />

Öl auf Holz, heute in einer Privatsammlung; Abb. bei Richard-Jamet Abb. 78.<br />

56<br />

Beide Öl auf Leinwand; die Porzia heute in Chambéry (Musée d’Art et d’Histoire); die Kleopatra heute in<br />

Florenz (Slg. Grassi).<br />

57<br />

Befindet sich heute in der Burg von Šternberk (Tschechien).<br />

58<br />

Heute in Venedig (Seminario Patriarcale); Abb. 85 bei Richard-Jamet. Alle vier Bilder Öl auf Leinwand.<br />

59<br />

Heute in London (National Gallery); Abb. 86 bei Richard-Jamet.<br />

60<br />

Heute in London (National Gallery); Abb. 87 bei Richard-Jamet.<br />

61<br />

Heute in Rom (Galleria Doria Pamphili); Abb. 88 bei Richard-Jamet.<br />

62<br />

Richard-Jamet, S. 539.<br />

63<br />

Heute in Siena (Vicobello, Marchesa Chigi-Zondadari Monelli), Abb. 90 bei Richard-Jamet.<br />

64<br />

Deshalb kann ich Richard-Jamets Vermutung nicht zustimmen, auch Claudia Quinta und Tuccia könnten zu<br />

dieser Serie gehört haben, da Vestalinnen für Keuschheit, nicht für eheliche Treue stehen.<br />

241


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

<strong>Selbstmörderin</strong>nen <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen auf, wobei Lukretia, Sophonisbe und<br />

Kleopatra mehrfach vertreten sind.<br />

Zur wahrscheinlich nicht vollständig erhaltenen Reihe des »Maître des<br />

héroїnes de Chigi-Saracini« 65 (1) gehörte neben einer Kleopatra und einer Sopho-<br />

nisbe eine Judith. Kleopatra [Abb. 6] und<br />

Sophonisbe [Abb. 7] treten dem Betrachter<br />

in gleicher Manier frontal entgegen; eine<br />

tief liegende Landschaft, die zart und ver-<br />

schwimmend hinter den Figuren <strong>als</strong> durch-<br />

Abb. 6 Abb. 7<br />

gehende Linie zu sehen ist, betont die Zusammengehörigkeit der Serie. Kleopatra<br />

und Sophonisbe werden ebenso wie Judith <strong>als</strong> junge Frauen typisiert. All’antica<br />

gekleidet, sind sie für den Betrachter nur durch Schlange und Giftbecher zu identi-<br />

fizieren. Beide <strong>Tugendheldin</strong>nen, schöne blühende Frauen mit flatternden Gewän-<br />

dern, scheinen eher zu tanzen <strong>als</strong> in den Tod zu gehen; nur ihre Attribute rufen die<br />

vertrauten Geschichten ihres Tugendtodes auf. Der Darstellung fehlt noch jeglicher<br />

Ausdruck von Schmerz oder Verzweiflung, wie er wenig später häufig zum Charak-<br />

teristikum der Selbstmord begehenden <strong>Tugendheldin</strong>nen wurde.<br />

In ähnlicher Weise verfuhr Domenico Beccafumi (1486-1551) in seiner Bild-<br />

folge (2), von der wir Kleopatra [Abb. 8], Sophonisbe 66 [Abb. 9], Judith und, mit gro-<br />

ßer Wahrscheinlichkeit, eine Lukretia 67 kennen. Auch seine <strong>Tugendheldin</strong>nen er-<br />

scheinen wie die des »Maître des héroїnes de Chigi-Saracini« in einer lieblichen<br />

Landschaft. Beccafumi hat allerdings unterschiedli-<br />

che Varianten der ganzfigurigen Darstellung gewählt:<br />

die Heldinnen treten frontal (Lukretia, Kleopatra)<br />

oder im Profil (Sophonisbe, Judith) auf und sind wie-<br />

derum über ihre Attribute zu identifizieren. Auch in<br />

dieser Serie steht die Reihenbildung ›starker<br />

Abb. 8 Abb. 9<br />

Frauen‹, Heiligenserien vergleichbar, und nicht die Einzelfiguren im Vordergrund.<br />

65 Vgl. Katalog 220 (Kleopatra) und 221 (Sophonisbe).<br />

66 Vgl. Katalog 25 (Kleopatra) und 26 (Sophonisbe).<br />

67 Eine wohl fragmentarische Lukretia, die in die Serie gehört haben könnte, befindet sich heute in Oberlin<br />

(Ohio) (Oberlin College). Vgl. Richard-Jamet, Céline: »Cléopâtre: femme forte ou femme fatale? Une place<br />

équivoque dans les galeries de femmes fortes aux XVI e et XVII e siècles«, in: AK Cléopâtre dans le miroir de<br />

l’art occidental, a.a.O., S. 37-52.<br />

242


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

<strong>Die</strong> Girolamo Genga (1476-1551) zugeschriebene Sophonisbe 68 (3) zeigt<br />

ebenso wie die von Girolamo di Benvenuto (1470-1524) stammenden Porzia und<br />

Kleopatra (4) durchgängig die Charakteristika früher Serien ›starker Frauen‹: mo-<br />

numentalisiert ganzfigurig dargestellte <strong>Tugendheldin</strong>nen stehen vor einer lieblichen<br />

Landschaft und sind nur über ihre Attribute (Giftschale, Schlange oder Kohlen) zu<br />

identifizieren. <strong>Die</strong> Guidoccio Cozzarelli (1450-1516) zugeschriebene Bildfolge der<br />

Hippo, Lukretia und Camilla (7) inszeniert die Heldinnen in gleicher Weise. Beson-<br />

ders bemerkenswert ist hier allerdings, dass die vollständig erhaltenen aufwendi-<br />

gen Holzrahmungen der ursprünglichen Wandverkleidung mit den Bezeichnungen<br />

der Dargestellten und erläuternden subscriptiones die Funktion des Bildzyklus ein-<br />

deutig belegen. 69 Alle drei Figuren heben auf die Keuschheit der gewählten Exem-<br />

pel ab. 70<br />

Überhaupt müssen sich mythologische und historische Tugendexempla in<br />

Siena besonderer Beliebtheit erfreut haben; sie finden sich nicht nur im Palazzo<br />

Chigi-Saraceni, sondern auch in der Dekoration des Palazzo V e n t u r i , der zwi-<br />

schen 1519 und 1523 von dem schon für die Petrucci tätigen Domenico Beccafumi<br />

freskiert wurde. Der Palazzo Venturi zeigt im durch Stichkappen gegliederten<br />

Deckengewölbe [Abb. 10] der camera eine in vier Zyklen gestaffelte Dekoration mit<br />

Tugendhelden und <strong>Tugendheldin</strong>nen 71 .<br />

<strong>Die</strong> Fresken bilden ein komplexes und gestuftes Gesamtprogramm, in des-<br />

sen Mittelpunkt historische Szenen stehen, die von mythologischen Szenen ge-<br />

rahmt und durch emblematische Frauenfiguren ergänzt werden. <strong>Die</strong> beiden zentra-<br />

len Deckenbilder zeigen <strong>als</strong> fingierte Bildteppiche die Enthaltsamkeit des Scipio<br />

und Zeuxis und die Mädchen von Kroton. Sechs an die zentralen Fresken angela-<br />

gerte Oktogone bilden historische Beispiele für vorbildliches männliches Verhalten<br />

szenisch ab. Zehn <strong>als</strong> oculi gegebene Szenen verweisen auf mythologische<br />

68<br />

<strong>Die</strong> Deutung <strong>als</strong> Sophonisbe scheint mir wahrscheinlicher. Bei einer Artemisia wäre das Mausoleum im<br />

Hintergrund zu erwarten. Auch Richard-Jamet neigt ohne Begründung der Einordnung <strong>als</strong> Sophonisbe zu.<br />

69<br />

Misciatelli, Piero: »Une cassone nuziale di Matteo Giovanni«, in: Rassegna d’Arte Senese, 1910, S. 36-38,<br />

hier nach Richard-Jamet, a.a.O., S. 127.<br />

70<br />

<strong>Die</strong> subscriptiones (vielleicht nach dem Vorbild der Sieneser Piccolomini-Serie) und lauten:<br />

»LUCREZIA ROMANA CASTISSIMA« / »POI CHE DALL ADVLTERO FVI POLVTA / COSI ME DOLSE CHE<br />

ME STESA OCISE / NE VITA VOLSE A CASTITA PERDVTA«<br />

»HIPPO VIRGO GRECA« / »LAMOR CONTRA ME TVTA VIRTV PERSE / CHE PER NON ESER DA NAVTE<br />

POLLVTA / PIV TOSTO NEL MAR VIVA ME SVBMERSE.«<br />

»CAMLLA VIRGO VOLSCORUM REGINA« / »IN BATAGLIA EXCESSI EL FOEMINIL MODO / MA PVR VIN-<br />

CENDO VENVS E CVPIDO / E VIRGINE STANDO ACQVISTAI PIV LODO«<br />

71<br />

Vgl. Kliemann, Julian: »Siena, Palazzo Venturi (später Agostini, Bindi Sergardi, Casuccini)«, in: Kliemann,<br />

Julian / Rohlmann, Michael (Hrsg.): Wandmalerei in Italien, <strong>Die</strong> Zeit der Hochrenaissance und des Manierismus<br />

1510-1600, München 2004, S. 258-269. Bei Kliemann auch weiterführende Literatur zum Palazzo Venturi.<br />

243


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Exempla (den seinen Vater rettenden Äneas, Deukalion und Pyrrha usw.). Alle<br />

oculi werden von zwei in der gemalten Zwickelarchitektur sitzenden <strong>Tugendheldin</strong>-<br />

nen gerahmt, die meist 72 an ihrem Attribut zu identifizieren sind: Eva, Pero, Lukre-<br />

tia, Tuccia, Penelope, Sophonisbe, Dido, Esther, Judith, Porzia, Artemisia, Julia,<br />

Claudia Quinta, Sulpicia, Ca-<br />

milla und Hypsikratea. 73 <strong>Die</strong><br />

Verbindung männlicher und<br />

weiblicher Tugenden <strong>als</strong><br />

Gesamtthema des Bildprog-<br />

ramms, in das sich die durch<br />

die weiblichen Figuren ver-<br />

körperten Tugenden der<br />

Keuschheit, Treue und<br />

Schamhaftigkeit einfügen,<br />

verweist auf seinen vermut-<br />

baren Anlass, die Vermäh-<br />

lung von Alessandro Venturi<br />

und Bartolomea Luti (1519).<br />

Zwar nehmen die zwanzig<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen einen rela-<br />

tiv bescheidenen Platz im<br />

gesamten Bildprogramm ein;<br />

doch bleibt es bemerkens-<br />

wert, dass ihre Typisierung<br />

bereits zu Beginn des 16.<br />

Jahrhunderts so weit gedie-<br />

Abb. 10 74<br />

hen war, dass sie allein durch Attribute identifizierbar waren. 75<br />

Das Thema der ›starken Frauen‹ wird im 16. Jahrhundert immer wieder in Bild-<br />

programmen aufgegriffen. 76 Allerdings ergibt sich eine allmähliche Verlagerung in<br />

72 Zwei Frauenfiguren lassen sich nicht zu identifizieren.<br />

73 <strong>Die</strong> in das Bildprogramm aufgenommenen Frauenfiguren finden sich meist bei Valerius Maximus oder in<br />

Boccaccios De mulieribus claris (vgl. Kliemann, a.a.O., S. 261).<br />

74 Das hier wiedergegebene Aufbauschema des Freskenzyklus bei Kliemann, S. 264.<br />

75 <strong>Die</strong> Inschriften des Deckengemäldes erläutern nur die historischen Szenen. Das gänzlich humanistisch<br />

ausgerichtete Konzept des Bildprogramms nimmt übrigens nur bei den <strong>Tugendheldin</strong>nen auch biblische Figuren<br />

(Eva, Esther und Judith) auf.<br />

244


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

den öffentlichen und politisch-repräsentativen Bereich. Während die Zyklen in den<br />

beiden palazzi Sienas auf eheliche Tugenden abheben, stehen in Rom und Mün-<br />

chen ›öffentliche‹ Tugenden im Vordergrund: So malte Cristofano Gherardi (1508-<br />

Abb. 10a Abb. 10b<br />

Abb. 10c Abb. 10d Abb. 10e<br />

1556) zwischen 1538 und 1554 für die sala delle aquile im römischen K o n s e r v a-<br />

t o r e n p a l a s t eine Bildfolge mit Römerinnen, die neben Lukretia Cloelia, Hersilia,<br />

76 [Nach dem vorläufigen Abschluss der Arbeit wurde ich auf eine weitere Serie von Giovanni Pietro Rizzoli,<br />

gen. Giampietrino (um 1485-1553) aufmerksam. Es handelt sich um eine Dido [Abb. 10a] (Katalog 150a) und<br />

eine Sopohonisbe [Abb. 10b] (Katalog 150b), die sich heute in der Sammlung Borromeo befinden, sowie um<br />

eine Lukretia [Abb. 10c] (Katalog 150c) und eine Kleopatra [Abb. 10d] (Katalog 150d), die <strong>als</strong> Teile der Sammlung<br />

Kress heute in Madison (Wisconsin) und Lewisburg (Pennsylvania) sind. Cristina Geddo hat in ihrem<br />

Beitrag zu den beiden Bildern in der Sammlung Borromeo (Natale, Mauro / Di Lorenzo, Andrea (Hrsg): AK <strong>Die</strong><br />

Sammlung Borromeo, Malerei und Skulptur in der Nachfolge Leonardo da Vincis, Milano 2007, S. 170-179)<br />

den Zusammenhang dieser vier Bilder wahrscheinlich gemacht, wofür übereinstimmende Maße, identische<br />

Materialien und analoger Bildaufbau sprechen.<br />

Allerdings scheint es bei der Aufteilung der Sammlung Borromeo (vor 1676) zu einer unglücklichen Trennung<br />

gekommen zu sein: kompositorisch waren einander wohl Dido und Lukretia <strong>als</strong> Beispiele für Selbstmord aus<br />

Liebe, Kleopatra und Sophonisbe <strong>als</strong> Beispiele für Selbstmord zur Rettung der Ehre einander zugeordnet. Für<br />

die ursprüngliche Zuordnung von jeweils zwei Pendants sprechen unübersehbar stilistische Akzentuierungen:<br />

affektgeladene Emphase charakterisiert die stehenden Dido und Lukretia, während Kleopatra und Sophonisbe,<br />

sitzend dargestellt, in stoischer Gelassenheit Selbstmord begehen. Der europäischen Leserichtung entsprechend<br />

müssten <strong>als</strong>o Lukretia (links vom Betrachter) und Dido (rechts) einander zugeordnet gewesen sein; die<br />

zweite Gruppe wurde von Kleopatra (links) und Sophonisbe (rechts) gebildet. <strong>Die</strong> von Giovan Francesco Caroto<br />

(Katalog 59) hergestellte versione moralizzata [Abb. 10e], die Giampietrinos Sophonisbe kopiert, aber in<br />

Kleidung verhüllt, kann leider zur genaueren Datierung der Reihe nichts beitragen. Es handelt sich jedenfalls<br />

um eine bemerkenswert frühe Serie der <strong>Selbstmörderin</strong>nen <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen, die wohl um 1520 zu datieren<br />

ist. Über ihre ursprüngliche Lokalisierung lässt sich immerhin sagen, dass zumindest die beiden Bilder der<br />

Sammlung Borromeo zur Sammlung des Conte Bartolomeo Arese (1610-1674) gehörten. <strong>Die</strong> Serie dürfte <strong>als</strong>o<br />

einen Mailander Palazzo geschmückt haben.]<br />

245


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

die Sabinerinnen, Claudia Quinta und Tuccia umfasste. 77 <strong>Die</strong> Medaillons sind in<br />

einen dekorativen Fries eingefügt, der unter der kassettierten und ebenfalls aus-<br />

gemalten Decke verläuft, und stechen in der pompejanischen Ausmalung mit Gro-<br />

tesken, Festons und Abbildungen antiker Monumente deutlich hervor. <strong>Die</strong> Leistun-<br />

gen römischer ›starker Frauen‹ wurden bewusst unter republikanischen Ge-<br />

sichtspunkten ausgewählt, der Bedeutung der Räumlichkeiten entsprechend, in der<br />

die Insignien der Konservatoren aufbewahrt wurden.<br />

Ein bemerkenswert komplexes Programm entstand im 16. und im beginnen-<br />

den 17. Jahrhundert in der M ü n c h e n e r R e s i d e n z : Bereits 1528 gab Herzog<br />

Wilhelm IV. eine ›gemischte‹ Bilderserie 78 von jeweils acht Männern und Frauen in<br />

Auftrag, die sich heute in München (Alte Pinakothek) und Stockholm (Nationalmu-<br />

seum) befindet und zu der auch eine Lukretia gehörte. <strong>Die</strong>ses Programm wurde<br />

von Andrea Michieli, gen. Il Vicentino (1540/42-1617) zwischen 1611 und 1613 mit<br />

einer ›gemischten‹ Serie für den Kaisersaal fortgesetzt, teilweise auf die bereits<br />

vorhandene Ausstattung Bezug nehmend. Sieben <strong>Tugendheldin</strong>nen, (Lukretia,<br />

Kaiserin Helena, Cloelia, Virginia, Esther, Artemisia, die Königin von Saba und Ju-<br />

dith) sind Scipio, Cäsar, Titus Manlius Torquatus, Horatius Cocles, Marcus Curtius,<br />

Scaevola, Hannibal und Alexander an die Seite gestellt. Dabei werden die Taten<br />

der Protagonisten in der unteren Bildhälfte der monumentalen Repräsentationsbil-<br />

der illustriert. Herzog Maximilian I. gab 1604 für den Festsaal der Residenz bei<br />

Hans van der Biest mehrere Tapisserie-Serien in Auftrag, zu denen auch zwölf<br />

Teppiche mit männlichen und weiblichen Helden aus Antike und Bibel gehörten.<br />

Auf den riesigen Teppichen erläutern Distichen die Taten der Dargestellten, zu de-<br />

nen wiederum eine Lukretia gehörte. 79 Aus den beiden Bilderserien und den Ta-<br />

pisserien lässt sich ein Gesamtprogramm rekonstruieren, das antike und biblische<br />

Figuren, Frauen wie Männer, beziehungsreich miteinander kombinierte. 80<br />

In der zweiten Hälfte des 16. und im beginnenden 17. Jahrhundert war es vor al-<br />

lem die Familie der Medici, die dem politisch-repräsentativen Aspekt des Themas<br />

der <strong>Tugendheldin</strong> zu europäischer Verbreitung verhalf. Als Cosimo I. das Appar-<br />

77 Der nach den Plänen Michelangelos erst 1568 vollendete Konservatorenpalast war Sitz der Stadtregierung.<br />

<strong>Die</strong> Fresken befinden sich noch in situ. Vgl. dazu Richard-Jamet; S. 538 und Abb. 91 bis 93.<br />

78 Vgl. Richard-Jamet, S. 96ff. und Abb. 58. <strong>Die</strong> männlichen Helden sind: Moses, Lykurg, Herkules, Samson,<br />

Horatius Cocles, Judas Maccabäus, Marcus Valerius Corvinus, David. <strong>Die</strong> weiblichen exempla sind: Penthesilea,<br />

Jaël, Veturia, Judith, Esther, Lukretia, Susanna und Thomyris.<br />

79 Vgl. Abb. 59 bis 64 bei Richard-Jamet, der die Distichen allerdings nicht bekannt sind.<br />

80 Richard-Jamet versucht S. 94ff., die ursprünglichen oder doch zeitweiligen Hängungen zu rekonstruieren.<br />

246


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

tement seiner Ehefrau Eleonora von Toledo (1522-1562) im florentinischen P a-<br />

l a z z o V e c c h i o zwischen 1561 und 1562 von Giorgio Vasari und Johannes<br />

Stradanus freskieren ließ 81 , wurden für die Plafonds die Themen der Penelope,<br />

Hersilia, Esther und Gualdrada 82 gewählt. Das Programm verbindet historisch aus-<br />

gewogen griechische, römische, biblische und florentinische Exempla. Zwar taucht<br />

hier das Thema der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> noch nicht auf, doch ist es<br />

nicht ohne Belang, dass das Appartement Eleonoras, die bereits 1562 an Malaria<br />

starb, 1565 von Johanna von Österreich nach der Heirat mit Francesco I. über-<br />

nommen wurde, weil ihre Tochter Maria de’ Medici (1575-1642) <strong>als</strong> französische<br />

Königin das vertraute ikonographische Programm der ›starken Frauen‹ für ihre ei-<br />

gene politische Propaganda nutzen sollte. 83<br />

Als Maria Magdalena von Österreich 1622 nach dem Tod ihres Ehemannes<br />

Cosimo II. die florentinische Villa P o g g i o I m p e r i a l e 84 <strong>als</strong> Witwensitz umgestal-<br />

ten ließ, entwickelte sie für die sala und für die camera delle udienze eine interes-<br />

santes ikonographisches Programm, das ganz weiblich ausgerichtet war. 85 Der von<br />

der Mutter und ihrem noch<br />

minderjährigen Sohn, Ferdi-<br />

nando II., gemeinsam genutz-<br />

te Saal ist mit seiner gesamten<br />

Freskierung erhalten und zeigt<br />

Abb. 11 Abb. 12<br />

weibliche Heilige und Regentinnen. 86 Außerdem waren vier großformatige Gemäl-<br />

de weiblicher <strong>Tugendheldin</strong>nen an den Wänden angebracht: Semiramis 87 , Artemi-<br />

sia 88 , Sophonisbe [Abb. 11] 89 und Lukretia [Abb. 12] 90 . Das von der sala betretbare<br />

81<br />

<strong>Die</strong> Korrespondenz zwischen Cosimo und Vasari informiert darüber. Vgl. Frey, Herman-Walther (Hrsg.):<br />

Giorgio Vasari, Der literarische Nachlass, Bde 1-3, München 1923-1940.<br />

82<br />

Gualdrada ist eine auch im 16. Canto des Inferno erwähnte Gestalt der florentinischen Geschichte. Als Kaiser<br />

Otto IV. bei einem Fest, das ihm zu Ehren gegeben wurde, die junge Frau küssen wollte, soll sie dies mit<br />

Hinweis auf einen künftigen Gatten äußerst tugendhaft abgelehnt haben. Der Kaiser verheiratete sie darauf mit<br />

einem seiner Barone, Guido, und schenkte dem Paar große Ländereien. Aus dieser Verbindung leitete sich die<br />

Familie der Guidi ab.<br />

83<br />

Vgl. S. 249.<br />

84<br />

<strong>Die</strong> Villa trug ursprünglich den Namen der Familie Baroncelli und wurde nach den Umbauten durch ein Edikt<br />

der Auftraggeberin in Villa Poggio Imperiale umbenannt. Vgl. Zangheri Luigi: Ville della provincia di Firenze. La<br />

città, Mailand 1989.<br />

85<br />

Hoppe, Ilaria: »Räume von und für Frauen? <strong>Die</strong> Gemächer der Maria Magdalena von Österreich in der Villa<br />

Poggio Imperiale bei Florenz«, in: Bonnet, Anne-Marie / Schellewald, Barbara (Hrsg.): Frauen in der Frühen<br />

Neuzeit, Lebensentwürfe in Kunst und Literatur, Köln / Weimar / Wien 2004, S. 213-234. <strong>Die</strong> Verf. bereitet eine<br />

Dissertation zum Thema vor.<br />

86<br />

<strong>Die</strong> Fresken werden von fingierten Bilderrahmen eingefasst und durch italienische Bildunterschriften erläutert.<br />

87<br />

Von Matteo Rosselli.<br />

88<br />

Von Francesco Curradi, heute Florenz (Villa Petraia).<br />

247


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

und camera delle udienze genannte Vorzimmer, das zum Schlafgemach Marias<br />

führte, war mit alttestamentlichen Fresken (Sephora, Esther, Jaël und Judith), das<br />

Schlafzimmer der Erzherzogin selbst, gewissermaßen <strong>als</strong> Steigerung, ausschließ-<br />

lich mit Märtyrerinnen geschmückt. Bis zur Volljährigkeit Ferdinandos im Jahre<br />

1628 fanden viele Empfänge und repräsentative Veranstaltungen in sala und ca-<br />

mera delle udienze der Villa Poggio Imperiale und nicht im nahe gelegenen Palaz-<br />

zo Pitti statt. Dabei führte die ›weibliche‹ Dekoration der sala und der sich an-<br />

schließenden Räume 91 dem Hof und seinen Gästen Stellung und Selbstbewuss-<br />

tsein der Regentin vor Augen. 92 Zum ersten Mal ergab sich eine Konstellation, die<br />

sich in Frankreich mehrfach wiederholen sollte: Eine Regentin nutzte das ikono-<br />

graphische Programm ›starker Frauen‹ zur Illustration ihrer dynastischen und poli-<br />

tischen Ansprüche. 93<br />

Es ist sicher kein Zufall, dass die französischen Regentinnen aus der Familie Me-<br />

dici, Caterina und Maria, sich an das Modell der Villa Poggio Imperiale erinnerten<br />

und ihre Herrschaftsansprüche gleichfalls ikonographisch durch Darstellungen<br />

›starker Frauen‹ zu legitimieren suchten. <strong>Die</strong> weiblichen Mitglieder der Familie Me-<br />

dici nahmen seit dem 16. Jahrhundert <strong>als</strong> Folge einer gezielten Heiratspolitik an<br />

vielen europäischen Höfen Schlüsselstellungen ein; sie sind für einen politisch wie<br />

kunsthistorisch bemerkenswerten Kulturtransfer aus Italien verantwortlich und ent-<br />

wickelten lange nachwirkende Legitimationsstrategien für Herrschaftsansprüche im<br />

entstehenden absoluten Staat. 94 Der Zufall wollte es, dass in drei aufeinander fol-<br />

89 Von Rutilio Manetti (Katalog 226), heute Florenz (Uffizien).<br />

90 Von Francesco Rustici (Katalog 360), heute Florenz (Uffizien).<br />

91 <strong>Die</strong> Räume Ferdinandos waren im Gegensatz zu denen seiner Mutter mit ›männlichen‹, die dynastischen<br />

Bezüge illustrierenden Fresken ausgestattet.<br />

92 Maria Maddalena d’Austria hatte zusammen mit ihrer Schwiegermutter, Christina von Lothringen, die Vor-<br />

mundschaft inne.<br />

93 »Vergegenwärtigt man sich den Besuch des französischen Gesandten, so empfing der junge Großherzog<br />

inmitten der weiblichen Exempla, wahrscheinlich genau vor Mathilde, Galla Placidia und Semiramis. Das Zeremoniell<br />

ließ ihm formal den Vortritt, womit seine Position <strong>als</strong> Herrscher Bestätigung fand. Durch die Fresken<br />

und Bilder war jedoch ein ›Bildraum‹ entstanden, der auf die positiven Auswirkungen weiblicher Herrschaft<br />

verwies und die politische Situation der Regentschaft legitimierte. In diesem Moment überlagerten sich geschlechtsspezifische<br />

Raumzuweisung mit einem durch das Zeremoniell abgesteckten Handlungsraum. <strong>Die</strong><br />

Regentinnen warteten, <strong>als</strong> dem Großherzog untergeordnete Frauen, in der Camera. Geht man von geradlinigen<br />

Handlungsabläufen aus, so könnten diese durchaus unter Jaël und Judith gesessen haben, die Kraft ihres<br />

Glaubens den Mut hatten, die Feinde ihres Volkes zu töten. <strong>Die</strong>s taten sie jedoch für das Allgemeinwohl und<br />

zur Stabilisierung der herrschenden Ordnung und nicht um selbst Macht zu erlangen. Architektur, Ausstattung<br />

und Zeremoniell konnten in ein Wechselverhältnis treten, das die normativen Grenzen des Geschlechterdiskurses<br />

zugleich überschritt und bestätigte. Durch die Ausnutzung des relativen Freiraums einer Villa hatte<br />

Maria Magdalena v. Österreich sich jedoch einen Handlungsraum geschaffen, der gänzlich ihrer Repräsentation<br />

diente.« (Hoppe, a.a.O., S. 233f.)<br />

94 Ein Kongress (»Le donne Medici nel sistema Europeo delle corti«) hat sich im Oktober 2005 in Florenz mit<br />

diesem Thema ausführlich beschäftigt und verspricht wichtige Erkenntnisse: »La scommessa storiografica è<br />

stata quella di fare del caso toscano un punto di osservazione più generale per valutare l'incidenza delle donne<br />

248


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

genden Generationen Frauen die Regentschaft Frankreichs übernehmen mussten,<br />

obwohl dies eigentlich dem salischen Recht widersprach und deshalb auf Wider-<br />

stände stieß. Bereits Caterina de’ Medici (1519-1589) versuchte deshalb während<br />

der Regentschaft für den erst zehnjährigen Sohn Karl IX. (1550-1574), ihre durch-<br />

aus umstrittenen politischen Ansprüche in einem groß angelegten Bildprogramm<br />

zu propagieren. Als ›zweite Artemisia‹ inszenierte sie ihre Rolle <strong>als</strong> Witwe und Re-<br />

gentin nach dem Vorbild der karischen Königswitwe. 95 Antoine Caron (um 1515-<br />

1593) schuf eine Serie von Zeichnungen, die wohl <strong>als</strong> Vorlagen für eine Serie von<br />

Tapisserien gedacht waren.<br />

<strong>Die</strong> Intention der nie ausgeführten Tapisserien 96 wurde von Caterinas<br />

Schwiegertochter, Maria von Medici, nach der Ermordung Heinrichs IV. (1610)<br />

aufgegriffen und <strong>als</strong> großformatige Bilderserie verwirklicht, zu der beispielsweise<br />

die Artemisia 97 Vouets [Abb. 13] gehört. Für ihren Witwensitz im P a l a i s d u L u-<br />

x e m b o u r g 98 beauftragte Maria de’ Medici Rubens mit zwei Bildzyklen, die die<br />

Politik Heinrichs IV. und ihre eigenen dynastischen Ansprüche illustrieren sollten.<br />

Bekanntlich wurde der Zyklus mit Heinrich IV. nicht realisiert, während Maria in<br />

dem ihr gewidmeten Zyklus 99 ihre Regentschaft von Minerva, Providentia und Pru-<br />

dentia <strong>als</strong> göttliche Vorsehung und politische Notwendigkeit deuten ließ. 100<br />

nel modo di organizzare l'identità, le strategie, e gli stessi indirizzi politici e culturali delle dinastie.« (Prospekt<br />

des Kongresses nach: http://www.archiviodistato.firenze.it/memoriadonne/materiali_donne/donnemedici.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 06.04.2007).<br />

95<br />

Vgl. Gaehtgens, Barbara: »Macht-Wechsel oder die Übergabe der Regentschaft«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der<br />

Starken Frauen, a.a.O., S. 64-78.<br />

96<br />

Vgl. Gaehtgens, a.a.O., S. 69; dort auch die Nachweise der erhaltenen Zeichnungen.<br />

97<br />

Simon Vouet: Artemisia beim Bau des Mausoleums mit den Maßen 161 x 139 (Öl auf Leinwand); heute in<br />

Stockholm (Nationalmuseum, Inv. NM 5179). Katalog 432.<br />

98<br />

Über die Architektur, die in besonderer Weise Ansprüche einer Regentin zu repräsentieren versuchte, zuletzt<br />

Tönnesmann, Andreas: »Pariser Witwensitze«, in: Bonnet, Anne-Marie / Schellewald, Barbara (Hrsg.):<br />

Frauen in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2004, S. 189-211.<br />

99<br />

Aus der umfangreichen Literatur seien nur genannt: Thuillier, Jacques: »La ›Galerie de Médicis‹ de Rubens<br />

et sa genèse«, in: Revue de l'Art 4 (1969), S. 52-62; Saward, Susan: The Golden Age of Marie de’ Medici, Ann<br />

Arbor (Michigan) 1982; Millen, Ronald Forsyth / Wolf, Robert Erich: Heroic Deeds and Mystic Figures, A new<br />

Reading of Rubens' Life of Maria de'Medici, Princeton 1989; Graziani, Françoise / Solinas, Francesco (Hrsg.):<br />

Le ›siècle‹ de Marie de Médicis, Actes du Séminaire de la Chaire Rhétorique et Société en Europe (XVI e -XVII e<br />

siècles) du Collège de France sous la direction de Marc Fumaroli (Franco-Italia; Sonderheft 21/22), Turin<br />

2003; Bassani Pacht, Paola / Crépin-Leblond, Thierry / Sainte Fare Garnot, Nicolas / Solinas, Francesco<br />

(Hrsg.): AK Marie de Médicis, un gouvernement par les arts, Paris 2004.<br />

100<br />

Für den Palais du Luxembourg ließ die Regentin von Nicolas Claude Fabri de Peiresc (1580-1637) ein<br />

geschlossenes Ausstattungskonzept entwerfen, das eine Statuen-Galerie von Guillaume Berthelot (1576/1580-<br />

1648) mit acht illustren Müttern und Frauen von Königen umfasste. Aus dem Briefwechsel zwischen Rubens<br />

und Peiresc geht hervor, dass die Verweisfunktion auf Maria de’ Medici eine sorgfältige Auswahl der weiblichen<br />

Exempel nötig machte. Rubens hatte u.a. Kleopatra vorgeschlagen, was Peiresc wegen ihrer allzu großen<br />

Lasterhaftigkeit ablehnte (vgl. Richard-Jamet, a.a.O:, S. 268f.). Zur piktoralen Gesamtausstattung des<br />

Luxembourg gehörten weibliche Tugendenallegorien, Göttinnen und Sibyllen. Vgl. Boudouin-Matuszek, Marie-<br />

Noëlle: Marie de Médicis et le Palais du Luxembourg, Paris 1991; Baumgärtel, Bettina: »<strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong><br />

Symbol kirchlicher und staatlicher Macht«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, S. 140-204, bes. S. 151.<br />

249


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Zur Zeit der Regentschaft von Anne d’Autriche (1643 bis 1661) wird in Frankreich<br />

Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15<br />

die Ikonographie ›starker Frauen‹ erneut unter politischen Gesichtspunkten auf-<br />

gegriffen und geradezu strategisch eingesetzt. Anders <strong>als</strong> in den bisher angeführ-<br />

ten Beispielen (von Mantegna einmal abgesehen) findet sich nun aber auch das<br />

Thema der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong>. Als Louis de L a V r i l l i è r e zwi-<br />

schen 1631 und 1660 für die Bildergalerie seines von Mansart erbauten Pariser<br />

Hôtels (heute der Sitz der Banque de France) bei berühmten Künstlern eine ›ge-<br />

mischte Serie‹ römischer Tugendhelden 101 in Auftrag gab, wurde neben dem ster-<br />

benden Cato auch eine Kleopatra [Abb. 14] von Turchi (1578-1649) 102 in das Prog-<br />

ramm einbezogen. Es ist auch kein Zufall, dass Pierre Le Moyne 1647 seine Gale-<br />

rie des femmes fortes Anne d’Autriche widmete. 103 Als sie 1643 für ihren noch un-<br />

mündigen Sohn, Ludwig XIV., die Regentschaft übernahm, führte sie die ikonogra-<br />

phische Kampagne ihrer Schwiegermutter fort und nahm bewusst auf die öffentli-<br />

che Kontroverse über die Regentschaft von Frauen Bezug. Eine ganze Reihe von<br />

Serien ›starker Frauen‹ wurde von ihr in Auftrag gegeben. 104 So beauftragte sie<br />

1645 Simon Vouet mit einer Bildfolge berühmter Frauen für ihre Räume im Palais<br />

Royal (dam<strong>als</strong> noch Palais Cardinal); sie lässt sich allerdings nicht genau rekon-<br />

struieren, da das Appartement der Königin 1752 zerstört wurde. Offensichtlich war<br />

sie <strong>als</strong> Pendant zu einer Galerie des Hommes Illustres im gleichen Palast gedacht,<br />

die auf Simon Vouet und Philippe de Champaigne zurückging. 105 Zwei wohl die-<br />

101<br />

Es handelt sich um zehn großformatige Ölbilder: Camillus und der Schulmeister von Falerii (Poussin), Coriolan<br />

bittet seine Mutter, Hersilia trennt die kämpfenden Römer und Sabiner, Tod des Cato (alle von Guercino),<br />

Romulus und Remus werden von Faustulus gefunden, Marc Anton weist seine Frau zurück, um Kleopatra<br />

zu heiraten, <strong>Die</strong> Sibylle von Tibur kündigt das Kommen unseres Herrn an (alle von Cortona), Raub der Helena<br />

(Reni), <strong>August</strong>us schließt die Tore des Janustempels (Maratta) und Tod der Kleopatra (Turchi). Vgl. Richard-<br />

Jamet, S. 170ff. und S. 526. Zum Hôtel de la Vrillière vgl. Dubois, Isabelle / Gady, Alexandre / Ziegler, Hendrik:<br />

La Place des Victoires, Paris 2003 (Editions de la Maison des Sciences de l'Homme).<br />

102<br />

Das Bild wird oben, S. 161, besprochen. Katalog 404.<br />

103<br />

Siehe unten S. 257.<br />

104<br />

Vgl. Baumgärtel, a.a.O., S. 140-157.<br />

105<br />

Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 270. Zu Richelieus Galerie des Hommes Illustres: Sylvain Laveissière: »Der<br />

Rat und der Mut, <strong>Die</strong> Galerie des Hommes Illustres im Palais Cardinal – ein Selbstporträt Richelieus«, in Goldfarb,<br />

Hilliard Todd (Hrsg.): AK Richelieu (1585 Ŕ 1642), Kunst, Macht und Politik, Ghent 2002, S. 64-71. Unter<br />

250


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

sem Zusammenhang zuzuordnende Gemälde Vouets lassen vermuten, dass die<br />

Serie aus Allegorien bestanden haben könnte. 106 Zu einer weiteren Serie Vouets<br />

für Anne d’Autriche mögen eine Artemisia 107 in Stockholm und eine Dido 108 [Abb.<br />

15] in Dôle gehören, zumal ein architektonisches Detail die Bilder verbindet. Beide<br />

Bilder dürften mit dem Projekt eines Pavillons und Triumphbogens zu Ehren Lud-<br />

wigs XIII. zusammenhängen 109 , in deren Konzeption die inzwischen herausgebilde-<br />

te Tradition aufgegriffen wurde, weibliche Regentschaften durch historische Ver-<br />

weise auf exemplarische Herrscherinnen zu legitimieren.<br />

Schon die beachtliche Anzahl der Aufträge der Regentin belegt den bewuss-<br />

ten Einsatz der Ikonographie ›starker Frauen‹. 110 Auch die Ausstattung des Appar-<br />

tements der Regentin im Schloss Richelieu gehört in den gleichen ikonographi-<br />

schen Zusammenhang. Nicolas Prévost (1604-1670) wurde mit zehn Ölbildern<br />

Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19<br />

weiblicher <strong>Tugendheldin</strong>nen für das nach der Revolution großenteils abgetragene<br />

Schloss beauftragt. Seine Darstellungen von Kleopatra [Abb. 16], Dido, Sophonisbe<br />

[Abb. 17] 111 , Judith, Artemisia, der Frau des Hasdrubal [Abb. 18] und Thomyris zeig-<br />

ten Exempla politisch handelnder Frauen. 112 <strong>Die</strong> erhaltenen Bilder zielen deutlich<br />

auf dekorative Fernwirkung und verbinden ungewöhnlich starke Farbgebung mit<br />

den 24 ausgeführten Bildnissen finden sich auch drei Frauen: Jeanne d'Arc, Maria de' Medici und Anne<br />

d’Autriche.<br />

106<br />

<strong>Die</strong> beiden Allegorien Vouets (Thuillier, Jacques [Hrsg.]: AK Vouet, Paris 1990, Nr.62 und 62 bis) gehörten<br />

wohl zur Ausstattung der Räume der Regentin im ehemaligen Palais Cardinal und sind vielleicht ein Indiz für<br />

die Wahl allegorischer Motive. Der von Richard-Jamet, a.a.O., S. 270 zitierte Vertrag mit dem Künstler belegt<br />

jedenfalls für die Allegorie der Prudentia in Montpellier diesen Zusammenhang.<br />

107<br />

Thuillier, Jacques (Hrsg.): AK Vouet, Paris 1990, Nr. 58 nimmt einen Zusammenhang mit Anne d’ Autriche<br />

und vielleicht mit dem Pavillon und Triumphbogen für Ludwig XIII. an.<br />

108<br />

Katalog 426.<br />

109<br />

»Ces deux héroïnes, qui incarnent la fidélité conjugale, conviennent parfaitement au statut de veuve de la<br />

régente.« (Richard-Jamet, a.a.O., S. 271)<br />

110<br />

In diesen Zusammenhang gehört es auch, dass Anne d’Autriche 1656 von Philippe de Champaigne ihre<br />

Räume im Kloster V a l - de- G r â c e mit einer Serie von »heiliger Königinnen und Regentinnen« ausmalen ließ.<br />

Vgl. dazu Baumgärtel, Bettina: »<strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> Symbol kirchlicher und staatlicher Macht, Über die Galerie<br />

der Starken Frauen in Ausstattungsprogrammen und Buchillustrationen«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken<br />

Frauen, a.a.O., S. 140-223 und besonders Maclean, Ian: Woman Trimphant, Feminism in French Literature<br />

1610-1652, Oxford 1977, S. 209-232.<br />

111<br />

Vgl. Katalog 289 (Kleopatra), 290 (Dido), 291 (Frau des Hasdrubal) und 292 (Sophonisbe).<br />

112<br />

Aus einer anonymen Beschreibung des 18. Jahrhunderts ist bekannt, dass noch eine Judith, eine Esther<br />

und eine Artemisia in diese Reihe gehörten (vgl. Richard-Jamet, S. 272).<br />

251


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

relativ schematischer Gestaltung der ganzfigurigen Heldinnen. Schon deshalb<br />

waren auch in dieser Serie die <strong>Tugendheldin</strong>nen nur durch ihre Attribute zu unter-<br />

scheiden.<br />

<strong>Die</strong> Zusammenhänge sind allerdings vorläufig im Einzelnen noch nicht ge-<br />

klärt. Im Schloss Richelieu gab es neben der Serie ›starker Frauen‹, die Nicolas<br />

Prévost im Auftrag Richelieus für die Räumlichkeiten der Regentin anfertigte, wohl<br />

einen größeren ikonographischen Zusammenhang, zu dem auch eine aus dem<br />

›Zimmer der Porzia‹ stammende Porzia 113 [Abb. 19] gehörte. Aus dem ›Zimmer der<br />

Lukretia‹ stammt eine erhaltene Polyxena, 114 ebenfalls von Nicolas Prévost; in die-<br />

sem Raum befand sich vielleicht auch eine nicht erhaltene Lukretia. 115 Es ist <strong>als</strong>o<br />

mehr <strong>als</strong> wahrscheinlich und bemerkenswert, dass die ursprüngliche Gesamtkon-<br />

zeption der Ausstattung des Schlosses Richelieu politisch und künstlerisch ganz<br />

auf das Thema der ›starken Frauen‹ ausgerichtet war. 116<br />

Eine wichtige Rolle spielten die ›starken Frauen‹ auch in der Ausstattung<br />

des Hôtel de l’Arsenal. Allerdings sind die Zusammenhänge und Abhängigkei-<br />

ten der ikonographischen Programme im Palais Cardinal, im Schloss Richelieu und<br />

im Arsenal im Einzelnen sehr komplex und verwickelt, zumal unklar bleibt, ob die<br />

auf Zeichnungen von Vignon zurückgehenden Graphikserien Le Moyne <strong>als</strong> Vorla-<br />

ge dienten oder vielmehr umgekehrt die bereits realisierten Programme der ›fem-<br />

mes fortes‹ unter der Regentschaft der Anne d’Autriche durch diese Graphikserie<br />

verbreitet und popularisiert wurden. Eine ursprünglich für das cabinet der Duches-<br />

se de La Meilleraye bestimmte Reihe von vierzehn ›starken Frauen‹ ist erhalten.<br />

Allerdings lässt sich das Programm des cabinet nicht mehr mit Sicherheit rekons-<br />

truieren, da die Räumlichkeiten mehrfach verändert wurden und die Ausstattung<br />

nur teilweise erhalten blieb. Mit einiger Gewissheit lassen sich im Arsenal drei ver-<br />

schiedene Arbeitsphasen 117 unterscheiden; erst in der letzten um 1646/1647 nahm<br />

ein in die Wandpaneele eingelassener, umlaufender Attika-Fries unterhalb der De-<br />

113 Vgl. oben, S. 173.<br />

114 Porzia und Polyxena befinden sich heute in Orléans.<br />

115 Eine in Vorbereitung befindliche Ausstellung der Museen von Tours und Orléans wird sich mit der künstlerischen<br />

Ausstattung des Schlosses befassen und könnte weitere Informationen bringen. Erste Informationen<br />

finden sich im Katalog einer Ausstellung in Meaux (Sylvain Kerspern [Hrsg.]: AK Bossuet, Miroir du Grand<br />

Siècle, Paris 2004). In zwei weiteren Beiträgen in der Tribune de l’Art ist Sylvain Kerspern noch einmal auf<br />

Prévosts Tätigkeit für das Schloss Richelieu und auf die problematischen Zuschreibungen eingegangen: »Retour<br />

sur l'exposition Bossuet, et sur quelques unes de ses attributions« und »Retour sur l'exposition Bossuet,<br />

suite: du nouveau pour Prévost et Licherie« (http://www.latribunedelart.com/Etudes_2004/Suite_Bossuet.htm<br />

und http://www.latribunedelart.com/Etudes_2004/Suite_Bossuet_2_123.htm) (zuletzt aufgerufen: 06.04.2007).<br />

116 Vgl. Ballon, Hillary: »Richelieus Architektur« in: AK Richelieu [1585-1642], Kunst, Macht und Politik, a.a.O.,<br />

S. 246-259.<br />

117 Vgl. Richard-Jamet, S. 194.<br />

252


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

cke die Serie der ›femmes fortes‹ auf, die wahrscheinlich von Charles Poerson<br />

(1609-1667) stammt. 118 Allerdings könnte er auch Mitarbeiter benutzt haben; der<br />

schlechte Erhaltungszustand und die wiederholten Übermalungen lassen ein ein-<br />

deutiges Urteil nicht zu. Irrtümer in den französischen subscriptiones zeigen an,<br />

dass die Reihe nicht vollständig erhalten ist. Der Zusammenhang mit Anne<br />

d’Autriche ist durch ein Deckengemälde gesichert, das eine Allegorie der französi-<br />

schen Monarchie mit den Zügen der Regentin darstellt. <strong>Die</strong> erhaltenen Holztafeln<br />

des Frieses zeigen – den Illustrationen bei Le Moyne entsprechend – ›fortes jui-<br />

ves‹ (Jaël, Judith, Deborah, Esther), ›fortes barbares‹ (Semiramis, Antiope, Pen-<br />

thesilea, Berenike), ›fortes romaines‹ (Porzia, Lukretia, Paulina) und ›fortes chré-<br />

tiennes de l’époque contemporaine‹ (Maria Stuart, die französische Judith, Jeanne<br />

d’Arc). Alle für das Programm ausgewählten Römerinnen sind durch ihren Selbst-<br />

mord zu <strong>Tugendheldin</strong>nen geworden. Im Unterschied zur Graphikserie nach Vig-<br />

non wählte Poerson dreiviertelfigurige Darstellungen.<br />

In den gleichen Jahren wurde die Ikonographie ›starker Frauen‹ unter anderen Gesichtspunkten<br />

auch in Rom und Florenz eingesetzt. Giacinto Gimignani (1606-1681)<br />

freskierte um 1648 einen privaten Raum des römischen Palazzo Pamphili 119 für<br />

Olympia Pamphili mit alttestamentlichen donne illustri (Judith, Thermutis, Esther und<br />

Abigaïl), die in verschiedener Weise für die Familienehre eintraten und weibliche Tugenden<br />

exemplifizieren. Männliche Herrschertugenden standen hingegen im Vordergrund,<br />

<strong>als</strong> Ferdinando II. de’ Medici (1610-1670) 1641/1642 den Saal der Venus<br />

im Palazzo Pitti von Pietro Cortona (1596-1669) freskieren ließ. In den Lünetten<br />

werden <strong>als</strong> Beispiele hochherzigen Liebesverzichts auch Sophonisbe und Kleopatra<br />

in einer eigenartigen Deutung dargestellt. 120 Ein spätes Beispiel ist ein durch Bellori<br />

beschriebener ›autonomer‹ Zyklus von ursprünglich sechs ›starken Frauen‹, den<br />

1694 Carlo Maratta (1625-1713) für den römischen Bankier Francesco Montioni<br />

gemalt hat. 121 Von einer Ausnahme abgesehen ist er nur noch durch Kupferstiche<br />

bekannt. 122 Für unseren Zusammenhang ist die Aufnahme des Selbstmords der Lukretia<br />

bemerkenswert. Spuren einer weiteren ›autonomen‹ Serie ›starker Frauen‹ von<br />

Jean-Baptiste Nattier (1678-1726), darunter eine Lukretia, eine Artemisia, eine Kleopatra<br />

und eine Porzia, bezeugen die andauernde Beliebtheit des Motivs. Wie andere<br />

Werke des Malers könnten auch diese Gemälde bereits <strong>als</strong> Rollenbilder konzipiert<br />

gewesen sein. 123<br />

118 Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 197ff. und Abb. 148-155.<br />

119 Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 162ff. und Abb. 110-112.<br />

120 Das Deckengemälde zeigt Athene, die die Jugend den Armen der Venus entreißt, ein Motiv, das in den<br />

Lünetten an acht Beispielen (Cyrus und Panthea, Alexander und die Frau des Darius, Antiochus und Stratonice,<br />

Antiochus III. und die Priesterin der Diana, Enthaltsamkeit des Scipio Africanus, Massinissa und der Tod<br />

Sophonisbes, Fausta und Crispus, Kleopatra und <strong>August</strong>us) demonstriert wird. <strong>Die</strong> »Heroicae Virtutis Imagines«<br />

des Palazzo Pitti wurden in einer Graphikserie verbreitet (AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, Nr.59).<br />

Richard-Jamet (S. 142f.) vermutet zu Recht, die Fresken von Pietro Cortona im Palazzo Pitti könnten Anne d’<br />

Autriche und ihr Konzept der ›starken Frauen‹ beeinflusst haben, zumal Mazarin vergeblich den Künstler nach<br />

Paris zu ziehen versuchte. In diesen Zusammenhang gehört auch, dass Pietro da Cortona das Deckblatt der<br />

Galerie des femmes fortes des Pierre Le Moyne entwarf.<br />

121 Bellori nennt Kleopatra (heute im Palazzo Venezia), Lukretia, Proba Falconia und Tuccia. Vgl. Bellori, Giovanni<br />

Pietro: Le Vite de’ Pittori, Scultori e architetti moderni, hrsg. von Evelina Borea, Turin 1976, S. 651.<br />

122 Vgl. AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, Nr.141.1 und 141.2. und Richard-Jamet, a.a.O., S. 134f.<br />

123 Richard-Jamet, a. a.O., S. 415 und Abb. 318. <strong>Die</strong> Bilder tauchten 1977 und 1994 auf Auktionen auf.<br />

253


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Zum Verständnis der höfischen Bedeutung des Motivs der ›starken Frauen‹ ist auch<br />

ein Blick auf die Gebrauchskunst hilfreich. Spielkarten griffen bereits früh das Motiv<br />

der preux und der preuses auf; besonders ein von Jean Desmarets de Saint-Sorlin<br />

konzipiertes und von Stefano della Bella (1644) gestochenes, aus 52 Karten bestehendes<br />

Kartenspiel ist interessant, das ein vollständiges Repertorium berühmter<br />

Herrscherinnen darstellt (Jeu de Cartes des Reines renommées de la Géographie et<br />

de l’Histoire). Es war für den jungen Ludwig XIV. bestimmt und stellte auch Dido und<br />

Kleopatra dar. 124<br />

Das Thema der ›femmes illustres‹ findet sich schon seit dem Spätmittelalter in Tapisserie-Programmen.<br />

125 <strong>Die</strong> Beliebtheit der ›starken Frauen‹ unter der Regentschaft<br />

der Anne d’Autriche belegt auch eine Teppichserie (heute in Châteaudun) mit berühmten<br />

Frauen des Altertums, die wohl vom schon genannten Charles Poerson<br />

entworfen wurde. Sie könnte in den Fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts entstanden<br />

sein und integriert Dido, Lukretia, Porzia und Kleopatra. 126 Hervorzuheben ist<br />

des Weiteren eine Teppichserie nach Kartons von Jacob Jordaens mit dem gleichen<br />

Thema; sie findet sich auch in Nachlassinventaren Mazarins und hat Kleopatra<br />

ebenso wie Dido aufgenommen. 127<br />

4 ›La gallerie des femmes fortes‹<br />

Seit Caterina de’ Medici hielten in Frankreich die Kontroversen über weibliche Re-<br />

gentschaften an und verbanden sich rasch mit der die Frühe Neuzeit begleitenden<br />

querelle des femmes, in der über die moralische und gesellschaftliche Stellung der<br />

Frau gestritten wurde. 128 Schon das auslösende Pamphlet Alphabet de<br />

l’imperfection et malice des femmes (1617) stand offensichtlich mit beiden Aspek-<br />

ten der politischen und zugleich anthropologisch-moralischen ›Frauendebatte‹ im<br />

Zusammenhang. <strong>Die</strong> wohl von dem Franziskaner Alexis Trousset stammende<br />

Schrift 129 nahm bereits im Frontispiz eindeutig Stellung: »Virum de mille unum re-<br />

peri: mulierem ex omnibus non inveni« (Ecl 7,29) 130 und löste mit ihrer misogynen<br />

Tendenz eine Kaskade von Streitschriften aus. <strong>Die</strong> zugleich publizistisch und iko-<br />

nographisch ausgetragene Debatte über die Herrscherrolle von Frauen erreichte<br />

nach dem Beginn der Regentschaft von Anne d’Autriche (1643) einen neuen Hö-<br />

hepunkt, ohne den der Erfolg der Femme heroïque von Du Bosc (1645) und der<br />

124<br />

Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 175 und 278ff., Abb. 210-213 und AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen,<br />

a.a.O., S. 160-161 und Staatliche Kunsthalle Karlsruhe AK Stefano della Bella, Karlsruhe 2005, S. 78. Della<br />

Bella hat im Auftrag Mazarins insgesamt vier Kartenspiele für den Dauphin entworfen.<br />

125<br />

Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 175ff.<br />

126<br />

Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 182ff. und S. 531ff.<br />

127<br />

Vgl. Richard-Jamet, a.a.O., S. 185f. und S. 529.<br />

128<br />

<strong>Die</strong> gesamteuropäischen Zusammenhänge erörtert Ferrari Schiefer, Valeria: La Belle Question, <strong>Die</strong> Frage<br />

nach der Gleichheit der Geschlechter bei François Poullain de la Barre (1647-1723) auf dem Hintergrund der<br />

(früh-)neuzeitlichen Querelle des Femmes, Luzern 1998 (Theologie in Geschichte und Gesellschaft 8). Vgl.<br />

Maclean, a.a.O., S. 25ff.<br />

129<br />

Alle weiteren Auflagen erschienen aber unter dem Verfassernamen Jacques Olivier; es handelt sich um die<br />

Amplifikation einer Schrift des Florentiner Bischofs Antoninus (Antonio Pierozzi de' Forciglioni 1389-1459).<br />

130<br />

›Unter tausend Männern habe ich einen gefunden, aber unter allen Weibern fand ich nicht eine einzige.‹<br />

Unter dem Eingangszitat spielt die Abbildung einer vornehmen, zeitgenössisch gekleideten Dame, die deutlich<br />

Porträtzüge von Maria de’ Medici zeigt, erkennbar auf die Gemeinte an (nach Baumgärtel, a.a.O., S. 148).<br />

254


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Gallerie des femmes fortes von Le Moyne (1647) nicht zu erklären wäre. Gleichzei-<br />

tig erschienen übrigens weitere Galerien 131 : François de Grenaille publizierte 1643<br />

La Galerie des dames illustres, Jean Puget de la Serre (1600-1665) widmete 1645<br />

und 1648 Anne d’Autriche seinen Temple de la gloire contenant les éloges histori-<br />

ques de treize Annes royales et princesses de France und eine entsprechende<br />

Zusammenstellung von Frauen des Hauses Habsburg. 132 <strong>Die</strong> folgenreichen Gra-<br />

phikserien bei Du Bosc und Le Moyne sind vor dem Hintergrund der Debatte der<br />

1640er Jahre zu sehen, in der sich unmittelbare politische Interessen der Regentin<br />

mit einer eigenartig paratheoretischen Diskussion der gesellschaftlichen Rolle der<br />

Frauen vermischten, die zwischen 1630 und 1650 in apologetischen, fiktiven und<br />

moralistischen Texten geführt wurde. 133 In diesen Graphikserien fand das Motiv<br />

der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> endgültig Aufnahme in die Ikonographie<br />

›starker Frauen‹, wie dies auch in anderen Bildprogrammen unter Anne d’Autriche<br />

der Fall ist. 134<br />

Francois Chauveau illustrierte La femme heroïque ou les heroïnes compa-<br />

rées avec les heros en toute sorte de vertus des Franziskaners Jacques Du Bosc<br />

(1645). Bereits das Titelblatt mit dem Plutarch-Zitat: »La Vertu de l'Homme et de la<br />

Femme, n'est qu'vne mesme Vertu« 135 propagiert die Gleichberechtigung der<br />

Frauen: es stellt eine Lorbeerkränze an Männer und Frauen verteilende Siegesgöt-<br />

tin dar. [Abb. 20] Im Text und in sechzehn Kupferstichen werden <strong>als</strong> prominente<br />

historische Beispiele acht illustren Helden ebenso viele ›starke‹ Frauen gegen-<br />

131<br />

Vgl. Garrard, Mary D.: Artemisia Gentileschi, the image of the female Hero in Italian Baroque Art, Princeton<br />

1989, S. 524-525.<br />

132<br />

L’isthoire [!] et les portraits des imperatrices, des reynes et des illustres princesses de l’auguste maison<br />

d’Austriche [!], qui ont porté le nom d’ Anne.<br />

133<br />

Unter anderen sind zu nennen: Jacques Du Bosc: Honneste femme (1632), derselbe: Nouveau recueil de<br />

lettres des dames de ce temps (1635), derselbe: La femme heroïque, ou les heroïnes comparées avec les<br />

heros en toute sorte de vertu (1645), Louis Machon: Discours ou sermon apologetique, en faveur des femmes<br />

(1641), Francois de Grenaille: La galerie des dames illustres (1643), derselbe: L'honneste fille (1639-40), derselbe:<br />

L'honneste marriage (1640), derselbe: L'honneste veuve (1640), Francois Dinet: Le theatre françois, des<br />

seigneurs et dames illustres (1642), <strong>Georg</strong>es de Scudéry: Les femmes illustres, ou les harangues heroïques,<br />

avec les veritables portraits de ces heroïnes, tirez des medailles antiques (1642), Suzanne de Nervèze: Apologie<br />

en faveur des femmes (1642), dieselbe: Genereux mouvements d'une dame heroïque et pieuse (1644),<br />

Francois Du Soucy Gerzan: Le triomphe des Dames (1646), derselbe: La vraie philosophie des dames (1653),<br />

Gabriel Gilbert: Panegyrique des dames (1650). Eine Übersicht über die Schriften, die sich in dieser Zeit mit<br />

der ›Frauenfrage‹ auseinandersetzten, findet sich im bibliographischen Anhang von Maclean, Ian: Woman<br />

triumphant, Feminism in French Literature 1610-1652, Oxford 1977, S. 271-295. – Weitere Informationen sowie<br />

»dictionnaires et listes de femmes célèbres« nach Jahrhunderten geordnet stellt der Link<br />

(http://www.siefar.org/RessourcesListeDico.html; zuletzt aufgerufen: 01.02.2007) der Société Internationale<br />

pour l’Étude des Femmes de l’Ancien Régime zur Verfügung.<br />

134<br />

Siehe oben, S. 250.<br />

135 Baumgärtel, a.a.O., S. 174f.<br />

255


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22<br />

übergestellt: Josua und Debora, Cyrus und Tomyris, Abraham und Salomone, Bru-<br />

tus und Porzia 136 [Abb. 21], David und Judith, Tarquinius und Tanaquil, Joseph und<br />

Susannna, Cato und Lukretia 137 [Abb. 22]. <strong>Die</strong> bühnenartige Szenerie, in der die<br />

Illustrationen männliche wie weibliche Tugendhelden zeigen, betont die affektgela-<br />

dene Gestik der Protagonisten und Assistenzfiguren. Lukretias Selbstmord wird <strong>als</strong><br />

moralischer Appell inszeniert, der dem Selbstmord Catos an Dignität nicht nach-<br />

steht: »Il ne sera pas dit, qu'aucune Femme prenne suiet de pecher sur l'exemple<br />

de Lucrece«. Porzias Tod ist <strong>als</strong> Akt ehelicher Solidarität dem Opfertod des Brutus<br />

durchaus gleichwertig: »Son Mary meurt pour la Patrie, et elle pour Son Mary.« 138 .<br />

Als 1647 der Jesuit Pierre Le Moyne La gallerie des femmes fortes gegen<br />

die antifeministische Streitschrift des Franziskaners Alexis Troussets veröffentlich-<br />

te, wurde sie mit Kupferstichen von Abraham Bosse und Gilles Rousselet nach<br />

Zeichnungen von Claude Vignon illustriert. <strong>Die</strong> Stecher griffen auf die bereits seit<br />

dem 16. Jahrhundert übliche Typisierung und Monumentalisierung illustrer Frauen<br />

zurück.<br />

Schon die ersten frühneuzeitlichen graphischen Zyklen illustrer Frauen führten die<br />

bereits beim Maître des héroїnes de Chigi-Saracini 139 begonnene Typisierung weiter.<br />

So präsentieren bei Hans Burgkmair d. Ä. Lukretia den Dolch, Jaël den Hammer und<br />

Helena das Kreuz 140 . <strong>Die</strong> Identifizierung der <strong>Tugendheldin</strong> erfolgt immer stärker<br />

durch Attribute, während die ›Tugendlegenden‹ allenfalls noch <strong>als</strong> Miniatur im Hintergrund<br />

dargestellt werden. Allmählich erfahren die <strong>Tugendheldin</strong>nen in graphischen<br />

Serien eine Monumentalisierung zu Skulpturen und werden mehr und mehr zu<br />

Personifikationen der von ihnen exemplarisch verwirklichten Tugenden. 141<br />

Zwanzig Kupferstiche gruppieren die <strong>Tugendheldin</strong>nen nach dem schon mittelalter-<br />

lichen Schema in fortes Juives, fortes Barbares, fortes Romaines und fortes Chres-<br />

136<br />

Vgl. Katalog 63.<br />

137<br />

Vgl. Katalog 64.<br />

138<br />

Valerius Maximus: Facta et dicta memorabilia IV,6,5 und III,2,15.<br />

139<br />

S. oben, S. 242.<br />

140<br />

S. oben, Fußnote 15.<br />

141<br />

So bei einem unbekannten Stecher, der nach Maarten van Heemskerck Frauen des AT <strong>als</strong> Inbegriff von<br />

Standhaftigkeit, Gerechtigkeit und Klugheit darstellt (Abbildungen in: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen,<br />

a.a.O., S. 146-147).<br />

256


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

tiennes. 142 <strong>Die</strong> Widmung an Anne d’Autriche 143 [Abb. 23] bezieht die Regentin<br />

selbst, gemeinsam mit anderen ›katholischen <strong>Tugendheldin</strong>nen‹, Jeanne d'Arc und<br />

Maria Stuart, in die etablierte Reihe der femmes fortes ein; im Frontispiz wird eine<br />

Statue mit ihren Gesichtszügen verehrt. Zwei <strong>Selbstmörderin</strong>nen, Lukretia [Abb. 24]<br />

und Porzia [Abb. 25] 144 , werden <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen aufgenommen, wozu mit Ein-<br />

schränkungen noch Paulina [Abb. 26] 145 gerechnet werden kann. <strong>Die</strong> ›starken<br />

Frauen‹, deren exemplarische Handlungen im Hintergrund dargestellt sind und die<br />

neben ihren Attributen auch durch eine subscriptio identifiziert werden, sind stark<br />

Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26<br />

monumentalisiert. Der sich wiederholende ›himmelnde Blick‹ und die sprechende<br />

Gestik der Hände und des Körpers unterstreichen den Seriencharakter. 146 <strong>Die</strong> ›Ga-<br />

lerie‹ des Pierre Le Moyne hat im Übrigen großen Einfluss auf die Bildkünste und<br />

das Kunsthandwerk des 17. Jahrhunderts ausgeübt; die Kupfer von Rousselet und<br />

Bosse nach Vignon dienten <strong>als</strong> Vorlage oder doch Anregung für das ikonographi-<br />

sche Programm mehrerer Schlösser. Bereits der Sammler und Kenner Pierre-Jean<br />

Mariette (1694-1774) wies auf diese Zusammenhänge hin: »Cette série avait grand<br />

succès alors, et on la trouverait peinte dans plus d’un château.« Er erwähnt insbe-<br />

sondere das oratoire der Mme de Meilleraye im Arsenal. 147<br />

Der neustoische Hintergrund 148 der Gallerie des femmes fortes von Le Moy-<br />

ne ist offensichtlich:<br />

142 Es handelt sich, neben den hier relevanten <strong>Tugendheldin</strong>nen (Lukretia und Porzia) um Arria, Artemisia,<br />

Camma, Cloelia, Debora, Isabella von Kastilien, Jaёl, Jeanne d'Arc, Judith, die ›französische Judith‹, Maria<br />

Stuart, Mariamne, Monime (Frau des Mithridates), Panthea, Paulina, Salomone, Zenobia und eine zyprische<br />

Heldin im Kampf gegen die Türken.<br />

143 Vgl. Katalog 41.<br />

144 Vgl. Katalog 42 (Lukretia) und 43 (Porzia).<br />

145 Vgl. Katalog 44.<br />

146 Vgl. Maclean, a.a.O., S. 221 und Maber, Richard G.: The Poetry of Pierre Le Moyne (1602Ŕ1671), Bern /<br />

Frankfurt/Main 1982, besonders. S. 42, 141 und 160. Bis 1672 wurden 17 Auflagen der Gallerie des Femmes<br />

Fortes verzeichnet; sie wurde außerdem ins Deutsche, Italienische, Spanische und Englische übersetzt.<br />

147 Mariette, Pierre-Jean: Abecedario et autres notes inédites de cet amateur sur les arts et les artistes, hrsg.<br />

von Ph. Chennevières, / A. de Montaiglon, Paris 1853-1862, Bd. 5, S. 57 (zu Rousselet). S. oben S. 252.<br />

148 »It is clear from a later passage in his Gallerie that Le Moyne conceives of ›force‹ as an amalgam of stoic<br />

apathy and fortitudo.« (Maclean, a.a.O., S. 82) Zum Begriff der fortitudo schreibt Maclean an gleicher Stelle in<br />

257


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

La Philosophie Morale nous a esté donnée pour gouuerner nos Passions; pour distinguer<br />

nos deuoirs et nos offices; pour nous apprendre les exercices de la Vertu; pour nous conduire<br />

comme par la main à la Beatitude. 149<br />

Der komplexere Wertediskurs frühneuzeitlicher Eliten manifestiert sich in einem<br />

Tugendkatalog, in dem nicht mehr nur kriegerisch-männliche Qualitäten gefordert<br />

waren:<br />

Cette Force armée et robuste n’est que la subalterne d’vne Force generale, qui assiste<br />

toutes les Vertus; qui est de toutes les grandes actions; qui soustient toutes les bonnes<br />

oeuures, qui est la directrice de tous les Heros de paix, et tous les Heros de guerre. C’est à<br />

cette force que Sainct Ambroise et Sainct Gregoire, attribuent aprez Platon, les victoires de<br />

l’esprit sur la chair, celles de la Vertu sur la Fortune, celles de l’honneste sur l’agreable et<br />

sur l’vtile. C’est de cette Force que parle le Sage [Prv 31,10] dans cette peinture, où la<br />

Femme Forte est tirée auec de si belles couleurs, et couronnée d’vn si magnifique eloge. 150<br />

Da der Beweggrund aller grandes actions sich auch an weiblichen Exempeln dar-<br />

stellen lässt, konnte in einer Galerie ›starker‹ Frauen ein vollständiger Tugendkata-<br />

log geboten werden, wobei das exemplarisch tugendhafte Handeln Lukretias oder<br />

Porzias den Skandal des Selbstmords in den Hintergrund treten ließ. Für die früh-<br />

neuzeitlichen Eliten konnten solche Galerien die Funktion eines mittelalterlichen<br />

Fürstenspiegels 151 übernehmen, der nicht nur den Regenten, sondern auch die ihn<br />

umgebende Aristokratie in paränetischer und oft utopisch-didaktischer Form mit<br />

den gruppenspezifischen Normen vertraut machte. <strong>Die</strong> ›Galerien starker Frauen‹<br />

exemplifizierten Tugenden, die in der entstehenden höfisch-absolutistischen Ge-<br />

sellschaft <strong>als</strong> Schlüsselqualitäten galten. 152 Dabei trat der aktuelle Ausgangspunkt,<br />

die Diskussion über die politische Ebenbürtigkeit von Frauen, rasch gegenüber der<br />

allgemeinen, neustoisch gefärbten Wertediskussion in den Hintergrund. Literarisch<br />

der Fußnote: »The four functions of ›force‹ are said to be justice, stoic apathy, control of the passions, and<br />

preparation for death.«<br />

149 Le Moyne, Pierre: La gallerie des femmes fortes, Paris 1647, S. 254 (Maclean S. 67) (›<strong>Die</strong> Moralphilosophie<br />

wurde uns gegeben, um unsere Affekte zu beherrschen, unsere Pflichten und unsere Aufgaben zu erkennen,<br />

um uns den Gebrauch der Tugend zu lehren und um uns gleichsam an der Hand zur Glückseligkeit zu führen.‹)<br />

150 Le Moyne a.a.O., S. aa4r (nach Maclean S. 82) (›Körperliche und kriegerische Fähigkeiten sind einer weiterreichenden<br />

(heroischen) Seelenstärke untergeordnet, die alle Tugenden unterstützt, an allen großen Taten<br />

beteiligt ist, alle guten Werke unterstützt, alle Heroen des Friedens und des Krieges lenkt. <strong>Die</strong>ser Seelenstärke<br />

schreiben der Heilige Ambrosius und der Heilige Gregor, hierin Platon folgend, die Siege des Geistes über das<br />

Fleisch, der Tugend über das Schicksal, des Ehrenhaften über das Angenehme und Nützliche zu. Von dieser<br />

Seelenstärke spricht Salomon (Prv 31,10) in der Beschreibung, die der Starken Frau so schöne Farben verleiht<br />

und sie mit so großartigem Lob krönt.‹)<br />

151 Vgl. Anton, Hans: »Fürstenspiegel« , in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, Sp. 1040-1058.<br />

152 Auf die sich in der Frühen Neuzeit in völlig neuer Weise ausbildenden funktionalen Zusammenhänge zwischen<br />

Ikonographie, Propaganda und Legitimation hat jüngst Gérard Sabatier hingewiesen (»Ikonographische<br />

Programme und Legitimation der königlichen Autorität in Frankreich im 17. Jahrhundert«, in: Asch, Ronald /<br />

Feist, Dagmar [Hrsg.]: Staatsbildung <strong>als</strong> kultureller Prozess: Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in<br />

der Frühen Neuzeit, Köln 2005, S. 255-265). Sabatier greift dabei auf ein Forschungsprogramm des französischen<br />

CNRS zurück, das sich seit 1985 mit der Entstehung des modernen Staates befasst. <strong>Die</strong> Sektion 7<br />

untersucht Veränderungen und Funktionen der politischen Ikonographie. Dazu u.a. Ellenius, Allan (Hrsg.):<br />

Iconography, Propaganda and Legitimation, Oxford 1998 und Sabatier, Gérard: »Les rois de représentation,<br />

Image et pouvoir (XVI e -XVII e siècles)«, in: Revue de synthèse 112 (1991), S. 387-422.<br />

258


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

und bildkünstlerisch immer neu diskutierte und präsentierte Exempel standen im<br />

Mittelpunkt der politisch-gesellschaftlichen Erziehung frühneuzeitlicher Eliten und<br />

griffen häufig Leitsätze neustoischer Philosophie auf. 153 Stets wiederholte exempla<br />

virtutum dienten der illustrierenden Anschaulichkeit und der Memorierung: non no-<br />

va, non ardua. 154 Gerade das Exemplarische ließ sich offenkundig auch oder be-<br />

sonders an Frauenfiguren zeigen. Das Bildmotiv der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> Selbstmör-<br />

derin konnte in diesem Zusammenhang Karriere machen, weil nicht der Selbst-<br />

mord, sondern die mit ihm demonstrierte Tugend thematisch war.<br />

Rückt man Le Moyne in diese weitere Perspektive, zeigt sich, dass Produkte<br />

wie die Gallerie des femmes fortes einen neu formulierten, von den männlich-<br />

kriegerischen Idealen abgerückten profanen Tugendbegriff etablierten, der Wil-<br />

lensstärke an die Stelle der physischen rückte und deshalb besonders im Bild der<br />

›starken‹ Frau dargestellt werden konnte, deren körperliche Unterlegenheit ihre<br />

Tugend umso bewundernswerter machte.<br />

5 Pendants<br />

Ce n’est pas la hauteur de la taille, ny la force du corps qui fait les Heros: c’est la grandeur<br />

et l’élevation de l’ame; c’est la vigueur et la fermeté de l’Esprit: et il peut y auoir des Ames<br />

fort èleuees et de premiere grandeur en de petits Corps; il peut y auoir vn Esprit extremement<br />

ferme et d’vne extréme vigueur, dans vne chair fort infirme. 155<br />

Als kleinste Form der Serienbildung sind auch Pendants, abgesehen von ihrer de-<br />

korativen Wirkung, eine verbreitete Form deutender Zusammenstellung ikonogra-<br />

phisch verwandter Motive. Da Erbfolgen und Besitzveränderungen meist die ur-<br />

sprünglichen Zusammenhänge verwischt haben, beginnt die Kunstgeschichte erst<br />

jetzt, der Pendant-Bildung die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. 156 Auch<br />

153 Lipsius erörtert mehrfach den pädagogischen Nutzen von exempla für die moralische Bildung: »Sicut herbas<br />

qui sevit, opportune eas irrigat atque alit, ut adolescant: sic tu sentiarum istos velut frutices fove et attolle,<br />

vel sole vel pluvia, ut sic dicam, exemplorum. Utrumvis [sententiae et decreta] enim praestant, illustrant, dum in<br />

rem velut praesentem ducunt et facta ostendunt, quae facienda suadentur; fovent etiam, dum animum erigunt,<br />

et re docent non nova, non ardua proponi.« (Monita et exempla politica, I,1, in: Opera omnia, IV,1, Wesel 1675<br />

(ND 2001 Hildesheim/Zürich/New York) S. 127 bis 128) (›Wer junge Saat ausgebracht hat, wässert und hegt<br />

sie auch, damit sie wächst: nimm dich in gleicher Weise philosophischer Lehrmeinungen wie junger Triebe an<br />

und lass sie durch Beispiele wie durch Sonnenschein und Regen wachsen, um mich im Bild auszudrücken.<br />

Beispiele nämlich demonstrieren und erläutern Thesen und Lehrsätze, vergegenwärtigen sie und zeigen nachahmenswerte<br />

Taten. Sie erbauen und leiten durch Vorbilder dazu an, Neuerungen und Schwierigkeiten zu<br />

vermeiden.‹)<br />

154 Vgl. oben S. 290.<br />

155 Le Moyne in La Gallerie, Zitat nach Maclean, a.a.O., S. 86.<br />

156 So sind zum Beispiel für das Schloss Stuttgart-Ludwigsburg (Petermann, Erwin: Katalog der Staatsgalerie<br />

Stuttgart, Stuttgart 1962) folgende Pendants nachzuweisen: Heilige (5), Paare (4), Landschaften (7), biblische<br />

Themen (3), Stadtansichten (2), Genre (5), Stilleben (3), historisches Thema (1); in Den Haag (The Royal<br />

Cabinet of Paintings, Illustrated General Catalogue, [ohne Hrsg.] The Hague 1977) sind folgende Pendants<br />

nachweisbar: Paare (16), Landschaften (6), Jahreszeiten (1), biblische Themen (2), Stadtansichten (1), Stilleben<br />

(4), Genre (4), Historie (1). – Bisher hat sich nur Moiso-<strong>Die</strong>kamp, Cornelia: Das Pendant in der holländi-<br />

259


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

die Quellen und die Kunstliteratur gehen nur selten auf vom Künstler, vom Auftrag-<br />

geber oder vom Sammler konzipierte Pendants ein.<br />

Sieht man von zwei Bildbeschreibungen Carel van Manders in seinem Schilder-<br />

Boeck (1604) ab, die sich mit Gegenstücken von Cornelis Ketel und von Hans Holbein<br />

d. J. befassen, finden Pendant-Hängungen leider in schriftlichen Zeugnissen<br />

des 17. Jahrhunderts keine Erwähnung. 157 Um so bemerkenswerter ist es, dass Gerard<br />

de Lairesse in seinem Groot Schilderboek (1707) auf Konzeption und Hängung<br />

von Pendants nur im Zusammenhang mit der Landschaftsmalerei zu sprechen<br />

kommt, obwohl die Historienmalerei im Mittelpunkt seiner Erörterungen steht. 158 Seine<br />

Überlegungen bleiben allerdings formal: So erörtert der klassizistische Theoretiker<br />

die Lichtverhältnisse in Landschaftsbildern und ihr wünschenswertes Verhältnis<br />

zur Architektur und zu den realen Lichtverhältnissen im für sie bestimmten Raum (de<br />

waare zon). 159 Erst in diesem Zusammenhang kommt Lairesse – immer in Bezug auf<br />

die Landschaftsmalerei – auf Pendants (wedergaas) zu sprechen. Dabei legt er weniger<br />

Wert auf Übereinstimmung von Thema (begrip) und Bildaufbau (schikking) <strong>als</strong><br />

auf Variationen bei gleicher Rahmung und Perspektive. 160 Gerade formale und in-<br />

schen Malerei des 17. Jahrhunderts, Frankfurt / Bern / New York 1987, für einen eingegrenzten Bereich mit<br />

dem Thema näher beschäftigt. – Minges, Klaus: Das Sammlungswesen in der Frühen Neuzeit, Kriterien der<br />

Ordnung und Spezialisierung, Münster 1998, trägt zur ursprünglichen Hängung in einzelnen Sammlungen und<br />

Galerien leider nichts Erhellendes bei. Er unterscheidet »hierarchische« und »dekorative« Prinzipien beim<br />

Aufbau von Gemäldesammlungen. Das »hierarchische« Prinzip bei der Hängung der Gemälde folgte »akademischen«<br />

Kriterien und unterschied nach Schulen und Gattungen, trug <strong>als</strong>o eher dem Connaisseur Rechnung;<br />

das »dekorative« Prinzip hob auf die in der »Bildertapete« gipfelnde, monumentale Gesamtwirkung einer<br />

Sammlung ab. Der Sensualismus des 17. und besonders des 18. Jahrhunderts förderte die Tendenz zum<br />

ästhetischen Gesamteindruck, der allerdings im Detail sehr wohl auf fortlaufende Kontraste (und damit auch<br />

den dauernden Vergleich) abhob. Minges geht auf Pendants nicht ein.<br />

157 Vgl. Mander, Carel van: Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (von 1400 bis ca. 1615),<br />

hrsg. von Hanns Floerke, München / Leipzig 1906 (ND Worms 1991), S. 304-322 und S. 105-117. Als Gegenstücke<br />

bei Cornelis Ketel werden Demokrit und Heraklit genannt, von denen es wohl mehrere Versionen gab.<br />

(Zur Problematik der Textüberlieferung und seiner unterschiedlichen Deutung Moiso-<strong>Die</strong>kamp, a.a.O., S. 356f.)<br />

Bei Hans Holbein werden Gegenstücke mit dem Triumph der Armut und des Reichtums beschrieben.<br />

158 Als Lairesse 1690 seine Karriere <strong>als</strong> Maler und Stecher wegen Erblindung beenden musste, fasste er in<br />

öffentlichen Vorträgen, die später von seinem Sohn Abraham in den Kompendien Grondlegginge der Teekenkunst<br />

(1701) und Het groot Schilderboek (1707) veröffentlicht wurden, seine klassizistische Ästhetik zusammen.<br />

159 »Een goed Konstenaar moet zich voorzichtig gedraagen in het schikken en verkiezen van zyn werk,<br />

zorgvuldiglyk acht geevende op de eigenschap der plaats, op dat zyne konst de bouwkunde niet ontbinde,<br />

maar veel eêr versterke; maakende de Landschappen, die men natuurlyk will verbeelden, hoe zy verder van<br />

het waare licht, dat in de kamer valt, zyn, zo veel helderder <strong>als</strong> die naby het zelve zyn: want anders doende,<br />

zou het maar een schildery vertoonen.« (Lairesse, Gerard de: Groot schilderboek, Haarlem 2 1740 [ND Davaco<br />

Publishers, Dornspyck 1969], S. 363) (»Ein guter Künstler muß sich bey Einrichtung und Erwählung seines<br />

Werckes vorsichtig aufführen / daß er sorgfältig auf die Beschaffenheit des Ortes Achtung gebe, damit seine<br />

Kunst die Architectur nicht schwäche, sondern viel eher befestige, und die Landschafften, wenn man sie natürlich<br />

vorstellen will, je weiter sie von dem in dem Zimmer einfallenden wahren Licht entfernet, um so viel heller<br />

mache, <strong>als</strong> die demselben nahe seynd. Verfährt man anderst, so wird es nur eine Mahlerey vorstellen.«) (Des<br />

Herrn Gerhard de Lairesse, Welt=belobten Kunst=Mahlers / Grossen Mahler=Buchs, Aus dem Holländischen<br />

in das Hoch=Teutsche übersetzt. Nürnberg, Im Verlage Joh. Christoph Weigel, Kunst Händlers, seel. Wittib,<br />

gedruckt bey Lorenz Bieling, 1729, Ersten Theils II Continuation, S. 122ff.)<br />

160 »Myn gevoelen is, dat dit voorige meest uit eigenzinnigheid van den Konstenaar voortkomt; en dat er niets<br />

meer in een Wedergaa word vereischt, <strong>als</strong> een evengeleyk oogpunt en gelykvormigheid der beelden, wanneer<br />

ze op een gelyke hoogte hangen moeten: maar die het overige daar by will gevoegd hebben, zoekt het vyfde<br />

rad aan een wagen. Want waarom zoude ik myn vermaak niet mogen hebben, na myne lust in het<br />

beschouwen van een naare wildernis te hebben geboet, zulks ook te doen in het zien van een aangenaame<br />

vlakte, of in het verschil van een Landschap met bosch in tegenstelling van een zoete rivierkant en een<br />

vermaakelyke doorzicht?«( (a.a.O., S. 363f.) (»Meine Meinung ist / daß erstgemeldetes meistens von dem<br />

Eigensinne der Künstler herkömmet, und daß bey einem Compagnon weiter nichts erfodert wird, <strong>als</strong> ein eben<br />

solcher Aug=Punct und eine Gleichförmigkeit der Bilder, so ferne sie in einer gleichen Höhe hängen müssen;<br />

wer aber das üperige will hinzugethan haben, der suchet das fünffte Rad an einem Wagen. Denn warum würde<br />

ich meine Ergötzung nicht haben mögen / nachdem ich meine Lust in Beschauung einer furchtsamen Wildniß<br />

gebüsset, wenn ich solches auch in Besehung einer angenehmen Ebene, oder an dem Unterscheid einer<br />

260


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

haltliche Differenzen bilden den Reiz der Pendantbildung (»hoe verschillender, hoe<br />

beter en aangenaamer«).<br />

<strong>Die</strong> überraschende Beschränkung der Pendants auf Landschaftsbilder und der implizite<br />

Ausschluss der Historienmalerei bei Lairesse wird in einem gewissen Umfang<br />

von den empirischen Untersuchungen von Moiso-<strong>Die</strong>kamp zu den Pendants 161 der<br />

holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts bestätigt. Immerhin lässt der Sonderfall<br />

der Seitenstücke die Möglichkeit zu, Pendants auf beiden Seiten eines größeren und<br />

thematisch unabhängigen Mittelstücks <strong>als</strong> ›Begleiter‹ zu hängen. Im niederländischbürgerlichen<br />

Bereich wurden Pendants offensichtlich <strong>als</strong> thematische Gegensätze<br />

(Arm-Reich, Morgen-Abend, Tugend-Laster, Land-See) oder <strong>als</strong> thematische Ergänzungen<br />

(Verkündigung und Anbetung, Christus und Maria, verschiedene Musikanten)<br />

aufgefasst, aber auch zur Eskortierung eines Historiengemäldes eingesetzt,<br />

das, zwischen zwei kleinere Pendants gehängt, durch seine größeren Maße die<br />

Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zog. Unabhängig davon, ob Pendants im<br />

bürgerlichen Haushalt <strong>als</strong> Zweiergruppe oder <strong>als</strong> ›Begleiter‹ eines thematisch heterogenen<br />

Mittelstücks eingesetzt wurden, lag ihr ästhetischer Reiz in der Gleichzeitigkeit<br />

von ›Differenz‹ und ›Korrespondenz‹.<br />

Felix Thürlemann hat neuerdings auf die semiotische Funktion von Pendant-<br />

Hängungen hingewiesen und sie <strong>als</strong> »metatextliches Konstrukt« bezeichnet, das<br />

<strong>als</strong> übergreifender semantischer Zusammenhang (»hypersign«) den Blick des Be-<br />

trachters lenke. 162 Nicht immer sind die semantischen Beziehungen freilich so evi-<br />

dent wie bei der bekannten Gegenüberstellung von Demokrit und Heraklit <strong>als</strong> wei-<br />

nendem und lachendem Philosophen. 163 <strong>Die</strong> Zusammenstellung einer Lukretia und<br />

einer Judith lässt gegenüber dem Vergleich zweier philosophischer Grundeinstel-<br />

lungen zweifellos größere Deutungsspielräume zu. 164<br />

Auch in fürstlich-repräsentativen Galerien wurden wie in niederländischen Bürgerhäusern<br />

Genre, Landschaften, Jahreszeiten und Paare <strong>als</strong> Themen für Pendants<br />

bevorzugt. 165 Allerdings unterscheiden sich fürstliche Galerien durch eine weitere<br />

Gruppe, die sich in bürgerlichen Sammlungen nicht finden: auch Historienbilder wur-<br />

Landschafft mit Wäldern, und gegen über angebrachten hübschen Ufers eines Flusses, und eines annehmlichen<br />

Prospects suche?«)<br />

161 <strong>Die</strong> Begriffe paire, Gegenstücke, Nebenbilder, Seitenstücke, tegenhangers, wedergaas, companion pictures,<br />

counterparts, quadri di riscontro, quadri compagni, paio, compañeros, parejas werden mit gleicher Bedeutung<br />

verwendet und spiegeln die gegenseitige Bezogenheit in Format und Thema. (Moiso-<strong>Die</strong>kamp, a.a.O., S.<br />

16-22)<br />

162 Thürlemann, Felix: »Vom Sinn der Ordnung, <strong>Die</strong> Bildersammlung des Frankfurter Konditormeisters Johann<br />

Valentin Prehn (1749-1821)«, in: Assmann A./ Gomille, M./ Rippl, G. (Hrsg.): Sammler Ŕ Bibliophile Ŕ Exzentriker,<br />

Tübingen 1998, S. 315-324; hier S. 319: »Zum anderen ist jede Zusammenstellung bedeutungstragender<br />

Objekte zu einem syntaktisch geordneten neuen Gebilde mehr <strong>als</strong> die Addition der Teile. <strong>Die</strong> Zusammenstellung<br />

etwa zweier Bilder aktualisiert in einem Spiel von Analogien und Differenzen semantische Kategorien, die<br />

die Lektüre der betroffenen Werke in ganz bestimmte Richtungen lenkt.«<br />

163 Vgl. Weisbach, Werner: »Der sog. Geograph von Velasquez und die Darstellungen des Demokrit und des<br />

Heraklit«, in: Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen 49 (1928), S. 141ff.<br />

164 So schreibt Gerlinde Volland skeptisch zu zwei Blättern von Nicolas-Gabriel Dupuis (1695-1771), die eine<br />

Lukretia und eine Judith Renis wiedergeben: »<strong>Die</strong> Verbindung zwischen Lukretia und Judith besteht u.a. darin,<br />

dass beide eine Bluttat begehen, um höherer, transzendentaler Werte willen. Ob der Gegensatz in der Darstellung<br />

der leidenschaftlichen heidnischen Heldin und der in sich ruhenden christlichen auch inhaltliche Wertungen<br />

impliziert, muß dahin gestellt bleiben.« (in: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, a.a.O., S. 310)<br />

165 Im Herzog Anton Ulrich-Museum sind 95 Pendants in verschiedenen Bildgattungen nachzuweisen: biblische<br />

Themen (11), Heilige (2), Mythos und antike Geschichte (13), Genre (22), Landschaften (20), Stilleben<br />

(6), Porträts (Mann/Frau) (19), Porträts (Mann/Mann) (2).<br />

261


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

den <strong>als</strong> Pendants gehängt. 166 Schon die Bildformate weisen darauf hin, dass die<br />

Gemälde für repräsentative Räumen bestimmt waren; oft lässt sich die ursprüngliche<br />

Hängung in der Galerie noch ermitteln. In diesem Zusammenhang finden sich auch<br />

Beispiele aus dem Themenbereich des ›schönen Sterbens‹.<br />

Während in bürgerlichen Sammlungen das Motiv der ›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tugend-<br />

heldin‹ wohl vorwiegend <strong>als</strong> Einzelstück 167 das Zentrum einer Wanddekoration bil-<br />

den mochte, konnte es in aristokratischen und höfischen Galerien zusammen mit<br />

einem Pendant eine Sinneinheit bilden oder ein Historiengemälde mit anderer<br />

Thematik ›eskortieren‹. Wohl nur im höfischen Zusammenhang sind sterbende Tu-<br />

gendheldinnen in drei deutlich gegeneinander abgrenzbaren Arrangements nach-<br />

zuweisen: <strong>als</strong> Einzelstücke, <strong>als</strong> Gruppen im Sinne von zwei sich thematisch aufein-<br />

ander beziehenden Pendants oder <strong>als</strong> Gegenstücke, die links und rechts von ei-<br />

nem größeren, thematisch unterschiedlichen Historiengemälde gehängt wurden.<br />

Gemälde aus dem Motivkreis des Tugendtodes wurden von einem bürgerlichen<br />

Publikum offensichtlich anders <strong>als</strong> von einem aristokratischen Publikum betrachtet<br />

und bewertet.<br />

Pendantbildungen mit <strong>Selbstmörderin</strong>nen <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen sind im Üb-<br />

rigen selten nachweisbar. 168 Wie aus der folgenden Zusammenstellung hervorgeht,<br />

scheinen sich immerhin auf den ersten Blick drei Grundtypen unterscheiden zu<br />

lassen: Pendants mit zwei verschiedenen <strong>Tugendheldin</strong>nen, Zusammenstellungen<br />

verschiedener Bildmotive derselben <strong>Tugendheldin</strong> und Verdoppelungen des glei-<br />

chen Bildmotivs. Daneben tritt die vergleichende Pendantbildung von männlichen<br />

und weiblichen Tugendhelden auf. 169<br />

Albrecht Dürer<br />

(1471-1528)<br />

Peter Candid<br />

(ca. 1548-1628)<br />

Tod der Lukretia 170<br />

Tod des Cato Uticensis 171<br />

beide 168 x 74,8<br />

(ganzfigurig)<br />

München: Alte Pinakothek<br />

verloren 172<br />

166 Vgl. unten, S. 262.<br />

167 So das Gemälde Vouets (Sophonisbe erhält den Giftbecher), das ursprünglich in die Sammlung des<br />

Amsterdamer Bürgermeisters Willem Six gehörte und 1734 versteigert wurde. Auch das thematisch entsprechende<br />

Gemälde Renieris stammt aus einer bürgerlichen Sammlung (vgl. unten, Anm. 205).<br />

168 Vorarbeiten fehlen, da Sammlungskataloge auf Pendant-Hängungen in der Regel nicht eingehen. <strong>Die</strong> oben<br />

erwähnte Untersuchung von Cornelia Moiso-<strong>Die</strong>kamp (vgl. Fußnote 8) ist für profane <strong>Tugendheldin</strong>nen nicht<br />

einschlägig, weil es sich um ein Bildmotiv handelt, das vorwiegend in aristokratischen Kreisen beliebt war.<br />

169 Natürlich finden sich auch Zusammenstellungen zweier männlicher Tugendhelden. So setzt Sebastiano<br />

Conca mit dem Tod des Seneca und dem Tod des Cato (Braunschweig: Herzog Anton Ulrich-Museum, beide<br />

61,5 x 75,5) zwei Ikonen stoischer Philosophie ins Bild und vergleicht die modi moriendi.<br />

170 Katalog 110. Es handelt sich hier nur sehr indirekt um eine Pendant-Bildung: Der eigenartige Zusammenhang<br />

beider Bilder entstand, weil die anstößige Nacktheit der Dürerschen Lukretia vom Kurfürsten dadurch<br />

kaschiert wurde, dass zunächst eine Cato-Darstellung Candids, dann das (aus demselben Grund retouchierte)<br />

Bild Cranachs mit dem gleichen Sujet ›vorgehängt‹ wurde. »Im frühen 17. Jahrhundert diente Cranachs Lucretia,<br />

deren Körper mit einem roten Kleid züchtig übermalt war, <strong>als</strong> Verschlusstür für Dürers Gemälde. Ein weitere<br />

moralische Komponente war ins Spiel gekommen: Nacktheit hatte im prüden Klima des Münchner Hofs ihre<br />

humanistische Unschuld verloren.« (Schawe, Martin: Alte Pinakothek, München 2006, S. 120) Siehe oben S.<br />

128.<br />

262


Paolo Veronese<br />

(1528-1588) 173<br />

Pietro Ricchi<br />

(1605-1675) 174<br />

Guido Reni<br />

(1575-1642) 175<br />

Guido Reni Judith<br />

VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Tod der Lukretia<br />

Judith mit dem Haupt des Holofernes<br />

Tod der Lukretia<br />

Joseph und Potiphars Weib<br />

Tod der Lukretia<br />

Tod der Sophonisbe (Artemisia?)<br />

Tod der Lukretia<br />

Guido Reni Tod der Lukretia<br />

Tod der Kleopatra<br />

Guido Reni Tod der Lukretia<br />

Massimo Stanzione<br />

(1585-1656)<br />

Francesco Guarino<br />

(1611-1654) 178<br />

Simon Vouet<br />

(1590-1649) 179<br />

Artemisia Gentileschi<br />

(1593-1653) 180<br />

Mattia Preti<br />

(1613-1699) 181<br />

Ludovico Mazzanti<br />

(1686-1775)<br />

Johann Carl Loth<br />

(1632-1698) 183<br />

Tod der Kleopatra<br />

Tod der Lukretia<br />

Tod der Kleopatra<br />

Tod der Lukretia<br />

Tod der Sophonisbe<br />

David und Bathseba<br />

Lukretia<br />

Tod der Dido<br />

Judith mit dem Haupt des Holofernes<br />

Tod der Lukretia<br />

Joseph und die Frau des Potiphar<br />

Tod der Lukretia<br />

Tod der Kleopatra<br />

109 x 90,5 (oben beschnitten)<br />

111 x 100,5<br />

(dreiviertelfigurig)<br />

127 x 98<br />

(dreiviertelfigurig)<br />

oval 96 x 71<br />

(beide halbfigurig)<br />

202 x 143<br />

215 x 151<br />

(beide ganzfigurig)<br />

91 x 73<br />

(beide halbfigurig)<br />

125,5 x 93,5<br />

122 x 96<br />

(beide dreiviertelfigurig)<br />

122 x 100<br />

(beide dreiviertelfigurig)<br />

120 x 171<br />

121 x 170 (angestückt)<br />

(beide dreiviertelfigurig)<br />

Wien: KHM<br />

Braunschweig: Herzog<br />

Anton Ulrich-Museum<br />

Genua: Privatsammlung<br />

Genf: Slg. Sedlmayer<br />

Potsdam: Neues Palais<br />

176<br />

Rom: Kapitolinische<br />

Museen<br />

Campione d'Italia: Slg.<br />

Lodi<br />

Florenz: Palazzo Pitti 177<br />

Genua: Palazzo Durazzo<br />

Palaviccini<br />

Potsdam: Gemäldegalerie<br />

Ohne Maße Potsdam: Neues Palais<br />

247 x 209<br />

239 x 209<br />

(beide ganzfigurig)<br />

keine Maßangaben<br />

(beide ganzfigurig)<br />

136,5 x 116,5<br />

135 x 111,5<br />

Chambery: Musée des<br />

Beaux-Arts<br />

New York: Kunstmarkt<br />

Rom: Privatsammlung 182<br />

Meersburg: Neues<br />

Schloss<br />

171 Nicht erhalten. Vgl. Katalog 110.<br />

172 Zu Dürers Selbstmord der Lucretia Gisela Goldberg, in: Steingräber, Erich (Hrsg.): Kat. Alte Pinakothek<br />

München, München 1983, S. 174.<br />

173 Katalog 420.<br />

174 Früher Lionardo Corona zugeschrieben. Katalog 338 (Lukretia) und 339 (Joseph).<br />

175 Vgl. Pepper, a.a.O., S.293.<br />

176 Renis Judith wurde offensichtlich mehrfach kopiert; ausführliche Nachweise bei Pepper, a.a.O., S. 258, der<br />

auch auf die Möglichkeit eingeht, dass die Judith und die Lukretia <strong>als</strong> Pendants kombiniert worden sein könnten.<br />

177 Vgl. Pepper, a.a.O., S. 340 und 294.<br />

178 Katalog 384 (Lukretia) und 162 (Kleopatra).<br />

179 Katalog 429 (Lukretia) und 430 (Sophonisbe).<br />

180 Katalog 145 (Lukretia) und 146 (David).<br />

181 Katalog 284.<br />

182 Vgl. Spinosa, Nicola: Pittura napoletana del Settecento dal Rococò al Classicismo, Napoli 1987, S. 145.<br />

183 Katalog 215 (Lukretia) und 216 (Kleopatra).<br />

263


Francesco Pittoni<br />

(aktiv 1687-1712).<br />

Franz Caucig<br />

(1755-1828)<br />

VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Tod des Seneca<br />

Tod der Kleopatra 184<br />

Porzia, glühende Kohlen verschluckend<br />

185<br />

Orpheus am Grab der Eurydike<br />

keine Maßangaben unbekannt<br />

113 x 84 (dreiviertelfigurig)<br />

Graz: Joanneum 186<br />

Es überrascht nicht, dass unter den nachweisbaren Pendants Lukretia die am häu-<br />

figsten gewählte <strong>Tugendheldin</strong> zu sein scheint, da ihr Selbstmord in der Frühen<br />

Neuzeit ohnehin das beliebteste ikonographische Thema unter den römischen Tu-<br />

gendheldinnen war. 187 Bemerkenswerter ist, dass Lukretia in den <strong>als</strong> Pendants<br />

konzipierten (oder doch gehängten) Darstellungen immer <strong>als</strong> Einzelfigur gegeben<br />

wird. Damit tritt die Keuschheit der jungen Frau thematisch in den Vordergrund; ihr<br />

Selbstmord wird ausschließlich <strong>als</strong> moralische Rehabilitation gedeutet. Deshalb<br />

stellen die Pendants mit Lukretia nie ›politische‹ Szenen, etwa mit den Rache<br />

schwörenden Verwandten, dar; ebenso wenig wird die Lukretia-Episode <strong>als</strong> Beginn<br />

eines politischen Umsturzes interpretiert. <strong>Die</strong> Künstler konzentrieren sich auf den<br />

moralistischen Aspekt und verzichten auf eine mögliche politische Deutung der<br />

Heldin.<br />

Männliche und weiblicher Tugendhelden treten bei Dürer und Candid (Lukre-<br />

tia und Cato) sowie bei Pittoni (Kleopatra und Seneca) auf; nicht zufällig stellen<br />

Ludovico Mazzanti und Pietro Ricchi männliche und weibliche Keuschheit gegenü-<br />

ber, wenn sie Lukretia mit Joseph und der Frau des Potiphar kombinieren. Auch<br />

Artemisia Gentileschi hat in ihren heute in Potsdam gezeigten Pendants 188 die nai-<br />

ve Bathseba [Abb. 27] mit der vergewaltigten Lukretia [Abb. 28] kombiniert und je-<br />

weils sehr höfisch in Szene gesetzt. Daraus lässt sich wohl auch die beliebte Zu-<br />

sammenstellung von Lukretia und Kleopatra ableiten; erneut dürfte die moralische<br />

Rehabilitation der <strong>Tugendheldin</strong>nen durch den selbst gewählten Tod verglichen<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Kombinationen einer Lukretia mit einer Sophonisbe bei Reni, einer Luk-<br />

retia mit einer Judith bei Veronese [Abb. 29 und 30] oder einer Dido mit einer Judith<br />

bei Preti gehen mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Kataloge der femmes fortes<br />

184 In Slowenien scheint sich im Rahmen einer Serie von wohl 23 Bildern des Francesco Pittoni (ca. 1654 bis<br />

nach 1724) auch ein Pendant mit dem Tod des Seneca (1714 signiert) und dem Tod der Kleopatra erhalten zu<br />

haben. Vgl Šerbelj, Ferdinand (Hrsg.): AK La Pittura barocca nel Goriziano, Ljubljana 2002, S. 24f. und 196.<br />

Abbildungen waren leider nicht zu ermitteln.<br />

185 Siehe unten, S. 266.<br />

186 Katalog 131. Mehrfache Anfragen wurden leider nicht beantwortet.<br />

187 Siehe oben, S. 123.<br />

188 Falls die Zuschreibungen berechtigt sein sollten.<br />

264


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

zurück. In seriellen Zusammenstellungen der femmes fortes, die zunächst vorwie-<br />

gend für die Ausschmückung größerer Räume <strong>als</strong> Fresken oder wandfeste Ge-<br />

mälde (oder popularisierend in der Graphik) verwendet wurden, finden sich meist<br />

Abb. 27 Abb. 28<br />

drei starke Frauen des Alten Testaments mit drei exemplarischen Frauen der Anti-<br />

ke und mit drei weiteren aus der Neuzeit kombiniert. 189 Allerdings waren auch an-<br />

dere Zusammenstellungen möglich, so dass Verbindungen von Dido mit Judith<br />

Abb. 29 Abb. 30<br />

oder von Lukretia mit Judith wohl <strong>als</strong> extrem reduzierte Verknüpfungen von Tu-<br />

gendheldinnen aus verschiedenen Sinnbezirken gelten können. Ähnlich ist die Zu-<br />

189 Zu Herkunft, Verwendung und Kombinationsmöglichkeiten vgl. Baumgärtel, Bettina: »<strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong><br />

Symbol kirchlicher und staatlicher Macht«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, a.a.O., S. 140-204.<br />

265


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

sammenstellung von Francesco Guarinos (1611-1654) Kleopatra [Abb. 31] und<br />

Massimo Stanziones (1585-1656) Lukretia [Abb. 32] zu interpretieren, die heute<br />

noch der ursprünglichen Konzeption entsprechend im Genueser Palazzo Durazzo<br />

Palaviccini so zu sehen sind.<br />

Noch in der Romantik konnte die moralisierende und entpolitisierte Deutung<br />

der <strong>Tugendheldin</strong>nen aufgegriffen werden, wie die von Franz Caucig <strong>als</strong> Pendants<br />

konzipierten Bilder Porzias Tod [Abb. 33] und Orpheus am Grab der Eurydike 190<br />

Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33<br />

zeigen. Porzias Selbstmord wird nicht <strong>als</strong> letzte republikanische Auflehnung gegen<br />

Cäsar, sondern <strong>als</strong> romantisches Selbstopfer einer Liebenden und <strong>als</strong> herausra-<br />

gender Beweis der Gattenliebe gedeutet. Entsprechend ist Orpheus in dieser Zu-<br />

sammenstellung <strong>als</strong> vorbildlicher Ehemann zu bewerten.<br />

<strong>Die</strong> meisten Pendants sind nicht <strong>als</strong> große Historiengemälde konzipiert, sondern<br />

rücken sterbende <strong>Tugendheldin</strong>nen <strong>als</strong> Halbfiguren- oder Dreiviertelfiguren in den<br />

Mittelpunkt. Auch wenn die etwas größeren Bildmaße wohl für höfisch-<br />

aristokratische Auftraggeber sprechen, werden die Sujets nicht <strong>als</strong> große Historien<br />

mit Hofstaat und prächtigem Ambiente, sondern <strong>als</strong> gefühlsbetonte und intime In-<br />

szenierung ausgeführt. <strong>Die</strong> Pendants lenken den Betrachter auf die Affekte der<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen und können <strong>als</strong> indirekter moralischer Diskurs gedeutet werden.<br />

Nicht die politische Rolle der <strong>Tugendheldin</strong>nen, sondern ihre geradezu emblema-<br />

tisch auf einen Affekt verkürzte Darstellung erinnert an vergleichbare Wirkungsstra-<br />

tegien des Barocktheaters, das ebenso über Affektmodellierungen moralische Wir-<br />

kungen zu erzielen sucht.<br />

190 <strong>Die</strong> Museumsdirektion in Graz konnte leider keine Abbildung beschaffen.<br />

266


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Anders verhält es sich bei <strong>als</strong> ›narrativ‹ 191 zu bezeichnenden Bildpaaren der<br />

Historienmalerei, auch wenn das Thema der sterbenden <strong>Tugendheldin</strong> selten in<br />

Pendants behandelt wird.<br />

Ottmar Elliger der<br />

Jüngere<br />

(1666-1735) 192<br />

Gerard de Lairesse<br />

(1640-1711) 193<br />

Jacob Jordaens<br />

(1593-1678) 194<br />

Simon Vouet<br />

(1590-1649)<br />

Nicolas Régnier<br />

(1591-1667) 195<br />

Gastmahl der Kleopatra<br />

Tod der Kleopatra<br />

Gastmahl der Kleopatra<br />

Tod der Kleopatra<br />

Kleopatra löst die kostbare Perle<br />

auf<br />

Der Tod der Kleopatra<br />

Tod der Sophonisbe<br />

Tod der Sophonisbe<br />

55,4 x 69 Hamburg: Kunsthalle<br />

74 x 95,5<br />

74,9 x 95,6<br />

156,4 x 149,3<br />

171 x 172<br />

128 x 156<br />

128,3 x 153<br />

Amsterdam: Rijksmuseum<br />

Toronto: Art Gallery<br />

St. Petersburg: Eremitage<br />

Kassel:<br />

Staatliche Gemäldegalerie<br />

Kassel: Staatliche Gemäldegalerie<br />

Wahrscheinlich für bürgerliche Abnehmer haben sowohl Gerard de Lairesse und<br />

<strong>als</strong> auch Ottmar Elliger der Jüngere die Bankettszene der Kleopatra und des Anto-<br />

nius mit der Todesszene der <strong>Tugendheldin</strong> zusammengestellt. Es ist bekannt, dass<br />

Lairesse die Pendants für einen Amsterdamer Kaufmann gemalt hat. 196<br />

In einem prächtigen Palast ruht Kleopatra rechts im Bild und greift eben zum<br />

Perlenohrring, um den am anderen Ende des Tisches sitzenden Antonius im<br />

Wettstreit um das teuerste Gastmahl zu überbieten. [Abb. 32] Der mit Baldachinen,<br />

Säu- len und zahlreichem Gefolge reich ausgestattete Bankettszene wird die Ent-<br />

deckung der toten Königin durch den von rechts herbeistürzenden Octavian ge-<br />

genübergestellt. [Abb. 33] <strong>Die</strong> Königin ruht, scheinbar schlafend, auf einer Kline; im<br />

rechten Hintergrund erinnert ein Kindersarkophag an ihren von Soldaten des Octa-<br />

vian getöteten Sohn Kaesarion.<br />

191 Moiso-<strong>Die</strong>kamp nennt derartige Pendants ›antithetisch‹ (vgl. Moiso-<strong>Die</strong>kamp, a.a.O., passim), weil verschiedene<br />

Handlungen des gleichen Protagonisten kontrastiv vor Augen geführt werden.<br />

192 Katalog 118 (Gastmahl) und 120 (Tod).<br />

193 Vgl. Roy, Alain: Gérard de Lairesse, 1640-1711, Paris 1992, S. 270 und 272. Katalog 201 (Gastmahl) und<br />

202 (Tod).<br />

194 Katalog 185 (Bankett) und 184 (Tod). Dazu Roger-Adolf d'Hulst: Jacob Jordaens, Stuttgart 1982, S. 241<br />

und 245.<br />

195 Katalog 427 (Vouet) und 302 (Régnier).<br />

196 Gerard de Lairesses Bankett der Kleopatra (Katalog 273, heute Amsterdam, Rijksmuseum) und Tod der<br />

Kleopatra (Katalog 274, heute Toronto, Art Gallery) haben identische Maße (74 x 95,5); die Gemälde hingen<br />

ursprünglich im an der Keizergracht liegenden Hause des Amsterdamer Kaufmanns David Hompton. Weitere<br />

Informationen über die Provenienz bei Alain Roy, a.a.O., S. 270-273, der allerdings auf die Problematik der<br />

Pendants nur am Rande eingeht.<br />

267


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Ottmar Elliger d. J. 197 hat für seine Version der Wette ganz offensichtlich eine<br />

Radierung des Gemäldes von Lairesse <strong>als</strong> Vorlage benutzt 198 , während für die To-<br />

desszene keine Vorlage nachgewiesen ist. Obwohl Elliger (wie Lairesse) Octavian<br />

Abb. 32 Abb. 33<br />

auftreten lässt, ist bei ihm die Dramatik dadurch abgeschwächt, dass Rührung und<br />

Trauer durch die <strong>Die</strong>nerinnen Kleopatras ausgedrückt werden. 199 Jacob Jordaens<br />

verknüpft durch signifikante Anspielungen die Wettszene [Abb. 34] und den Tod<br />

Abb. 34 Abb. 35<br />

Kleopatras miteinander. Beide Gemälde wiederholen Bildelemente wie den<br />

Schoßhund der Königin, den Mohrenpagen und den Jagdhund. 200 Solch wieder-<br />

kehrende Details lassen den Betrachter vermuten, dass nur wenig Zeit zwischen<br />

den beiden dargestellten Szenen vergangen ist. Dramatische Exposition und tragi-<br />

197 Ottmar Elliger d. J.: Tod der Kleopatra und Gastmahl der Kleopatra (Katalog 118 und 120) in der Kunsthalle<br />

Hamburg in: Katalog der Alten Meister der Hamburger Kunsthalle, Hamburg 5 1966, S. 58f. <strong>Die</strong> Gemälde gehörten<br />

ursprünglich in die bürgerliche Sammlung Eimbcke, wie der Katalog von 1761 belegt. Der Katalog der<br />

Hamburger Kunsthalle deutet den römischen Feldherrn fälschlicherweise <strong>als</strong> Antonius, nicht <strong>als</strong> Octavian. Alle<br />

literarischen Quellen lassen Antonius vor Kleopatra sterben.<br />

198 Vgl. Roy, a.a.O., S. 271f. Aufgrund der Seitenverkehrung sitzt bei Elliger Kleopatra in der Bankettszene<br />

ganz links, während sich die Todesszene in der Leserichtung rechts anschließt.<br />

199 Charles-Joseph Natoires große Ölgemälde, die Kleopatras Bankett (Katalog 254) und Ankunft in Tarsos<br />

(Katalog 255) zeigen, übergehe ich, da sie ursprünglich in eine Marc-Antonius-Serie gehörten, die <strong>als</strong> Gobelins<br />

ausgeführt wurde. Vgl. AK Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental, a.a.O., S. 208-211.<br />

200 Kleopatra löst die kostbare Perle auf (Katalog 185; heute in St. Petersburg, Eremitage) und Der Tod der<br />

Kleopatra (Katalog 184, heute in Kassel, Staatliche Gemäldegalerie). <strong>Die</strong> Maße (171 x 172) zeigen, dass das<br />

Pendant für einen fürstlich-aristokratischen Abnehmerkreis konzipiert war. Vgl. Roger-Adolf d'Hulst: Jacob<br />

Jordaens, Stuttgart 1982, S. 241 und 245. Über den Verweischarakter der Bildelemente vgl. S. 162.<br />

268


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

sche Katastrophe werden in korrespondierenden Bildern komprimiert, [Abb. 35] und<br />

veranschaulichen auf diese Weise die tragische ›Fallhöhe‹ 201 .<br />

Über das Zustandekommen eines weiteren ›narrativen‹ Pendants sind wir<br />

genauer unterrichtet: Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel ließ 1734 in Ams-<br />

terdam Vouets Sophonisbe empfängt durch einen Boten den Giftbecher 202 [Abb. 36]<br />

erwerben. Das heute Vouet zugeschriebene Gemälde 203 gehörte ursprünglich in<br />

die Sammlung des Amsterdamer Bürgermeisters Willem Six und wurde am 12. Mai<br />

1734 <strong>als</strong> ein Werk Renis versteigert. 204 Ebenfalls in Amsterdam konnte Wilhelm<br />

VIII. einige Zeit später durch Vermittlung von Anthonie Rutgers Régniers Tod der<br />

Sophonisbe [Abb. 37] <strong>als</strong> Pendant erwerben. Am 22. März 1738 berichtet Rutgers,<br />

er habe im Hause einer vornehmen Witwe das gesuchte Gegenstück gefunden. 205<br />

Es liegt hier das selten dokumentierte Beispiel vor, dass auf besonderen<br />

201<br />

Der von Charles Batteux geprägte Begriff der ›Fallhöhe‹ hängt in der Dramaturgie mit der Ständeklausel<br />

zusammen, die bedeutende Konflikte im klassischen Theater (im Gegensatz zum bürgerlichen Trauerspiel) nur<br />

Personen höheren Standes erleben lässt. Eine höhere, meist fürstliche oder königliche Stellung des Protagonisten<br />

ist die unabdingbare Voraussetzung des dramatischen Konflikts.<br />

202<br />

Simon Vouets Tod der Sophonisbe (Katalog 427) und Nicolas Régniers Tod der Sophonisbe (Katalog 302)<br />

befinden sich immer noch im Schloss Wilhelmshöhe Kassel. Vgl. Lehmann, Jürgen M.: Italienische, französische<br />

und spanische Gemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel, Fridingen<br />

1980, S. 288f. (Vouet) und S. 214f. (Renieri).<br />

203<br />

Herzog, Erich: <strong>Die</strong> Gemäldesammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel, Geschichte der Galerie,<br />

Hanau 1969, S. 18<br />

204<br />

Der »Catalogus van Schildereyen van Mr. Willem Six, Burgermeester der Stadt Amsteldam, Verkogt den 12<br />

Mey 1734 in Amsterdam« wurde von Gerard Hoet veröffentlicht. Als Nr. 23 findet sich das hier besprochene<br />

Gemälde: »De Historie van Sophonisba, door Guarcin del Cento, kragtig en heerlyk in de manier van Guido<br />

geschildert.« Vgl. Hoet, Gerard: Catalogus of Naamlyst van Schildereyen met derzelver Pryzen, 2 Bände, 's<br />

Gravenhage 1752, hier Bd. 1, S. 410-422.<br />

205<br />

»[...] Presentement je trouve de mon devoir d'informer Votre Altesse d'une affaire assée casuelle, c'est:<br />

qu'etant avant hier, avec Monsieur le Drossart VAN HOVEN, dans la maison d'une Dame Veuve de distinction,<br />

pour voir des Battailles de FRANX, dont ce Monsieur aura écrit hier à Votre Altesse, je decouvris dans la<br />

meme salle, au dessus de la Porte, un Tableau du GUIDE, qui me parut très magnifique, et qui seroit un parfait<br />

Compagnon pour le Massanissa & Sophonisbe de Votre Altesse. Icy, c'est Sophonisba assise, et commencente<br />

à agoniser, àprès avoir bu la Coupe mortelle: elle tient la Lettre de Massinissa dans la main, et deux<br />

de ses Dames d'honneuer sont auprès d'elle. je n'en fis rien paroitre d'abord; mais etants sortis, je dis la Chose<br />

á Monsieur VAN HOVEN; et nous sommes convenus de la traiter avec toute la secretesse possible; en esperance<br />

de pouvoir effectuer une Aquisition agréable à Votre Altesse: et à ce moment Monsieur VAN HOVEN<br />

vient m'aporter la juste mesure du Tableau, cy jointe; qu'il a su procurer en secret, et de meme l'information<br />

que Madame n'auroit point de repugnance à s'en defaire, comme d'un sujet trop triste et melancolique pour<br />

elle.« (22. März 1738) (von Drach, Allard: »Briefe des Kunstsammlers Antonie Rutgers an den Landgrafen<br />

Wilhelm VIII. von Hessen«, in: Oud Holland VIII (1890), S. 196-197) – Am 29. April 1738 ergänzt Antonie Rutgers:<br />

» [...] A l'éguard du Sophonisbe, du GUIDE, je l'ai deja chés moi, suivant le conseil que Monsieur VAN<br />

HOVEN m'a donné, et sera envoiée en meme tems: aussi je ne doute point ou Votre Altesse aura reçu depuis<br />

une Lettre à cet éguard. Cependant Monseigneur, j'ai l'honneur de Vous assurer que ce Tableau est de la<br />

derniere magnifisance, et de très grande Valeur: mais c'est la une chose que je croi bien faire de tenir secrette;<br />

et cela pour des raisons que Votre Altesse comprendra très bien, après avoir reçu la Lettre de Monsieur VAN<br />

HOVEN: meme je serois d'avis de ne rien faire paroitre de cela à Mr. VAN HOVEN meme; le lui dirai seulement,<br />

en termes generales, que c'est un bon Tableau, que je ne doute ou sera agréable à Votre Altesse,<br />

comme en ayant le Compagnon – car Monseigneur, la Dame de qui il vient, est du parentage de Monsieur<br />

VAN HOVEN: comme elle l'est aussi de moi, étant ma Cousine du coté de son Mary deffunt; mais non obstant<br />

cela, Votre Altesse peut ètre très sure que je traitrai la chose comme sudit, & avec toute la circumspection<br />

possible.«<br />

269


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Abb. 36 Abb. 37<br />

Wunsch des Besitzers ein Pendant mit gleichem Sujet gesucht wurde. Beide Ge-<br />

mälde, die heute in Kassel leider nicht mehr <strong>als</strong> Gegenstücke gehängt sind, stellen<br />

<strong>als</strong> ›narrative‹ Pendants insofern eine bemerkenswerte Ausnahme dar, <strong>als</strong> die<br />

identische Szene mit verschiedener Akzentuierung dargestellt wird.<br />

Bei Vouet empfängt Sophonisbe mit stoischer Gelassenheit den Giftbecher.<br />

Nur der erregte Blick der <strong>Die</strong>nerin im linken Hintergrund kontrastiert mit der Affekt-<br />

beherrschung der Protagonistin. Régnier hat hingegen Emotionen und Affekte zum<br />

zentralen Thema seines Gemäldes gemacht: <strong>Die</strong> ältere <strong>Die</strong>nerin im linken Hinter-<br />

grund schaut traurig, aber gefasst und nimmt Blickkontakt mit dem Betrachter auf.<br />

<strong>Die</strong> jüngere, rechts stehende Zofe weint; ihren verzweifelten Zustand unterstreicht<br />

ein übergroßes ›Tränentuch‹. Ein noch größeres emotives Spektrum zeigt Sopho-<br />

nisbe: die Giftschale entgleitet aus verzweifelter Schwäche der Linken, in der<br />

Rechten hält sie den die Ausweglosigkeit der Situation übermittelnden Brief Massi-<br />

nissas, der himmelnde Blick der <strong>Tugendheldin</strong> geht beinahe schon entrückt nach<br />

oben.<br />

Dem Betrachter wird die gleiche Szene in durchaus verschiedenen Deutun-<br />

gen vorgestellt, die <strong>Tugendheldin</strong> einmal in stoischer ἀταραξία, einmal in verzwei-<br />

feltem πάθος gezeigt. Gerade dieser Kontrast mag den Reiz der Gegenstücke für<br />

den Sammler gebildet haben. Wenn die Gemälde nebeneinander – wofür die durch<br />

Anstückungen angeglichenen Maße sprechen – oder zumindest in einem Raum<br />

gezeigt wurden, boten sie dem Betrachter zwei außergewöhnlich zugespitzte In-<br />

szenierungen des ›schönen Sterbens‹ einer profanen <strong>Tugendheldin</strong>. Er findet eine<br />

Version, in der der stoische Hintergrund des exemplum virtutis noch im Vorder-<br />

grund steht, und eine andere, die den Akzent nicht mehr auf die Mäßigung, son-<br />

dern auf den Ausdruck der Affekte legt.<br />

270


VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

<strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> war ein Motiv, das sich zunächst an die<br />

aristokratischen Eliten des entstehenden frühneuzeitlichen Absolutismus richtete.<br />

Für die ikonographischen Wirkungsstrategien war es dabei durchaus von Belang,<br />

ob die <strong>Tugendheldin</strong>nen <strong>als</strong> Teil einer ›Galerie starker Frauen‹ oder <strong>als</strong> Pendants<br />

konzipiert wurden. In den Galerien überwog der neustoisch gefärbte moralische<br />

Diskurs, während in den Pendants mehr und mehr die Affekte in den Vordergrund<br />

traten.<br />

Insofern rücken die Bildprogramme von Galerien und Serien in erstaunliche<br />

Nähe zum frühneuzeitlichen Theater, dessen Leitthemen gloire und vertu ebenso<br />

auf den Ausgleich individueller und öffentlicher Interessen und damit auf Affekt-<br />

kontrolle ausgerichtet waren. Beide zunächst aristokratischen ›Inszenierungsfor-<br />

men‹, Theater und Bildprogramme, verbanden Unterhaltung mit höfischer Erzie-<br />

hung, solange der neustoische Hintergrund bewusst blieb. 206 Mit seinem Verblas-<br />

sen zugunsten der Affektdarstellung bis hin zur bloßen ›Attitüde‹, einem Vorgang,<br />

der sich am deutlichsten in der Bühnengeschichte nachvollziehen lässt, tritt das<br />

Motiv der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> in seine abschließende Phase ein.<br />

206 Es ist kein Zufall, wenn Justus Lipsius in seinen Monita et exempla politica (1605) einen Katalog zusammenstellt<br />

(religio, conscientia, probitas, constantia, prudentia, tranquilitas, concordia, iustitia, clementia, fides,<br />

modestia, cultus, castitas, patientia, magnitudo animi), der gleichsam ein frühneuzeitliches Repertoire politischer<br />

Tugenden ist, zu dessen Illustration die Bildkünste und das Theater entscheidend beigetragen haben<br />

(Opera omnia, Bd. IV,1, Wesel 1675 [ND Hildesheim/Zürich/New York 2001]).<br />

271


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Oper und Kantate, Monodrama und Attitüde<br />

1 Affektmodellierung und moralischer Diskurs<br />

Stand in der frühneuzeitlichen Ikonographie der profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen der<br />

sich an die Eliten des entstehenden Absolutismus richtende politisch-moralische<br />

Sinn im Vordergrund, konzentriert sich in der weiteren Entwicklung das Interesse<br />

auf die Affektmodellierung, während der moralische Diskurs allmählich in den Hin-<br />

tergrund tritt. Renis Bildformel des himmelnden Seelenblicks stellte bei seinen<br />

halbfigurigen Sophonisben 1 ebenso wie bei seinem einfigurigen Typus der Lukre-<br />

tia 2 oder seinen Kleopatra-Darstellungen 3 eingängige und affektiv ansprechende<br />

Bildprägungen zur Verfügung, die auch dann noch nachwirkten, <strong>als</strong> die ›Sehn-<br />

suchtshalbfiguren‹ bereits ihren religiösen und neustoischen Hintergrund verloren<br />

hatten. 4 Noch 1791 griff Angelika Kauffmann in ihrem Porträt der Fürstin Maria<br />

Santacroce auf den Typus einer zum Selbstmord entschlossenen Lukretia zurück,<br />

um ein dramatisch gefärbtes Rollenporträt zu inszenieren. Auch Dido und Kleopat-<br />

ra boten im 19. Jahrhundert weiterhin Vorlagen für Affektdarstellung und elegische<br />

Stimmung, wie andere Gemälde von Kauffmann (Dido), Böcklin (Kleopatra) oder<br />

Arthur (Kleopatra) verdeutlichen können. Selbst der in der Ikonographie eher sel-<br />

ten ins Bild gesetzten Porzia nehmen sich romantische Maler wie Auvray und Cau-<br />

cig noch einmal an und betonen besonders aufopferungsvolle Gattenliebe. 5<br />

<strong>Die</strong>se ikonographische Entwicklung von der vertu zum Affekt findet sich<br />

nicht nur in der bildenden Kunst, sondern lässt sich auch in Oper und Kantate, Mo-<br />

nodrama und Attitüde der späteren Neuzeit nachvollziehen. <strong>Die</strong> ikonographische<br />

Affektmodellierung, zunächst zur rhetorischen Hervorhebung des moralischen<br />

(oder religiösen) Diskurses entwickelt, weckt in der Attitüde nurmehr psychologi-<br />

sches Interesse. Damit verbunden tritt nicht nur ein Funktionswechsel der antikisie-<br />

renden Referenz ein; der historische Hintergrund selbst verblasst wie in den von<br />

1 Vgl. S. 86f.<br />

2 Vgl. S. 131.<br />

3 Vgl. S. 157f.<br />

4 Vgl. S. 216f.<br />

5 Vgl. oben S. 175.<br />

272


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Couperus 6 beschriebenen, illuminierten lebenden Bildern: Kleopatra repräsentiert<br />

jetzt den im Orientalismus des 19. Jahrhunderts gängigen Bildtypus einer femme<br />

fatale. Vergleichbares gilt für die Oper, die zunächst ebenfalls den Konflikt von<br />

Normen und Affekten aus der frühneuzeitlichen Tragödie übernommen hatte. Auch<br />

in ihrer Inszenierung der ›starken Frauen‹ verschwindet langsam der neustoische<br />

Hintergrund zugunsten der Affektkonturierung. Besonders evident ist dies in den<br />

Kammerkantaten.<br />

Das Monodrama führt zu einer weiteren Affektüberzeichnung, manchmal ge-<br />

radezu zu einer Affektkonfusion. In der Attitüdenkunst dienen historische Reminis-<br />

zenzen zur sukzessiven Darstellung von Gefühlskontrasten; manche dieser Insze-<br />

nierungen von Sophonisbe, Kleopatra und Dido stehen schon an der Schwelle zum<br />

Varieté.<br />

<strong>Die</strong> Anfänge der Oper<br />

<strong>Die</strong> im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts in Italien ausgebildete Oper 7 blieb<br />

dem Sprechdrama und seinen Themen eng verbunden, auch wenn sich die Handlungsstruktur<br />

im Musiktheater tiefgreifend veränderte. <strong>Die</strong> neustoischen Tugendhelden<br />

und ihre Konflikte, die im Theaterrepertoire des 16. Jahrhunderts eine herausragende<br />

Rolle spielten, wurden in der neuen musikdramatischen Gattung allerdings<br />

nicht sogleich übernommen; die erste Librettisten und Komponisten griffen<br />

fast ausschließlich mythologische Themen auf. Als Vorwürfe erfreuten sich<br />

Orpheus und Eurydike sowie die Befreiung der Ariadne besonderer Beliebtheit. 8<br />

Rezitative übernahmen die Aufgabe, die Dramenhandlung voranzutreiben, während<br />

Arien den Protagonisten Gelegenheit boten, ihre inneren Konflikte ausführlich zum<br />

musikalischen Ausdruck zu bringen. Bereits der späte Claudio Monteverdi 9 erweiterte<br />

aber das Repertoire und brachte 1642 mit seiner Incoronazione di Poppea einen<br />

historischen Stoff auf die Opernbühne. Damit erhob er das Musiktheater zu einer<br />

dem Drama ebenbürtigen Gattung, die nicht nur der gehobenen Unterhaltung<br />

diente, sondern sich auch am moralischen Diskurs beteiligte, den die neustoisch<br />

geprägte Bühne entwickelt hatte. Gleichwohl blieb für jede Opernhandlung der lieto<br />

fine 10 noch lange Zeit verbindlich und stellte die Librettisten vor die schwierige Aufgabe,<br />

historischen Vorwürfen ein glückliches Ende aufzwingen zu müssen. Auch<br />

waren italienische Opernhäuser – das erste wurde 1637 in Venedig eröffnet – von<br />

6<br />

Vgl. oben, S. 12ff.<br />

7 1<br />

Abert, Anna Amalie: Oper, in: MGG 10, München 1989, 1ff.<br />

8<br />

Zu den Themen der frühen Opern vgl. Koch, Klaus-<strong>Die</strong>trich: <strong>Die</strong> Aeneis <strong>als</strong> Opernsujet, Dramaturgische<br />

Wandlungen vom Frühbarock bis zu Berlioz, Konstanz 1990, S. 86-89.<br />

9<br />

Gier, Albert: Das Libretto, Theorie und Geschichte einer musikoliterarischen Gattung, Darmstadt 1998, besonders<br />

S. 41-55.<br />

10<br />

Der Begriff wurde wahrscheinlich vom Librettisten Giacinto Cicognini in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts<br />

geprägt (vgl. Seeger, Horst: Opernlexikon, Berlin 4 1988, S. 384). Der Konvention des lieto fine folgend<br />

ließ noch 1805 Ferdinando Paer seine Sofonisba durch einen zweifelhaften Kunstgriff glücklich enden: Sophonisbe<br />

trinkt statt des Giftes eine ungefährliche Substanz und wird von Scipio begnadigt, den ihr Mut beeindruckt.<br />

Das zeitgenössische Publikum empfand diesen Ausgang der Handlung allerdings bereits <strong>als</strong> künstlich<br />

(vgl. Brzoska, Matthias: »Paer: Sofonisba«, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, München 1991, Bd. 4,<br />

S. 626-627).<br />

273


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Anfang an <strong>als</strong> sich selbst tragende Einrichtungen organisiert und mussten in hohem<br />

Maß dem Publikumsgeschmack folgen. 11<br />

<strong>Die</strong> italienische Oper 12 erweiterte früh ihre Themenpalette und verzichtete allmählich<br />

auch auf das happy end. Sollte die Norm der Wahrscheinlichkeit beachtet werden,<br />

ließ sich den historischen Stoffen nicht immer eine glückliche Wendung geben,<br />

zumal einem Teil des Publikums der ›richtige‹ Ausgang vertraut war. Auch wenn<br />

die neuere Opernforschung vor allem die unterschiedlichen Wirkungsstrategien von<br />

Theater und Oper 13 hervorhebt, gilt doch für das Musiktheater der Frühen Neuzeit<br />

ebenso wie für das Sprechtheater, dass der »Konflikt zwischen Liebe und Politik<br />

(oder Ehre)« 14 der handlungsmotivierende Antagonismus bleibt: nicht die äußere<br />

Handlung, sondern der innere Konflikt fesselte Zuschauer und Zuhörer. Pietro Metastasio<br />

bezeichnete den »contrasto di questi due universali principii delle operazioni<br />

umane, passione e raziocinio« <strong>als</strong> Fundament jeder Oper. 15 In den theoretischen<br />

Diskursen wurden die dramaturgischen Verfahren bereits im 17. Jahrhundert<br />

unabhängig davon erörtert, ob vom Musik- oder vom Sprechtheater die Rede ist.<br />

2 <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Oper<br />

Neben den üblichen griechischen und römischen Heroen eroberten auch Dido,<br />

Sophonisbe, Kleopatra und Lukretia rasch die opera seria und wurden zum Vor-<br />

wurf vieler Libretti. 16 Obwohl einschlägige Untersuchungen fehlen und ein gesi-<br />

cherter Überblick deshalb derzeit noch nicht zu erreichen ist, zeigen dies die be-<br />

reits verfügbaren Aufführungsstatistiken. 17 Didos Liebesgeschichte war 1641 das<br />

Thema der ersten, vom Publikum offensichtlich begeistert gefeierten veneziani-<br />

schen Oper; über hundert Opern griffen den Stoff in der Folge auf. 18 Den zweiten<br />

Rang in der Beliebtheitsskala erreichte Kleopatra mit mehr <strong>als</strong> vierzig Opernbear-<br />

beitungen. Aber auch Sophonisbe übte auf Librettisten und Komponisten noch<br />

großen Reiz aus und erscheint in mindestens zwanzig musikalischen Versionen.<br />

Demgegenüber konnte das Thema der bedrohten Keuschheit das auf ›Liebe und<br />

Politik‹ programmierte Opernpublikum zunächst nicht faszinieren und reichte für<br />

11<br />

Im Gegensatz zu den italienischen Opernbühnen entwickelte sich die französische tragédie lyrique vorwiegend<br />

unter dem Einfluss des Hofes. Das höfisch-aristokratische Publikum in Versailles bevorzugte lange Zeit<br />

mythologische Themen und die Pastorale. Ebenso trugen die in Frankreich fast obligatorischen Balletteinlagen<br />

dem Hofgeschmack Rechnung.<br />

12<br />

Hierzu Gerhard, Anselm: »Rollenhierarchie und dramaturgische Hierarchien in der italienischen Oper des<br />

18. Jahrhunderts«, in: Hortschansky, Klaus (Hrsg.): Opernheld und Opernheldin im 18. Jahrhundert, Aspekte<br />

der Librettoforschung, Ein Tagungsbericht, Hamburg 1991, S. 35-55.<br />

13<br />

Dahlhaus, Carl: »Dramaturgie der italienischen Oper«, in: Geschichte der italienschen Oper, Bd. 6, Regensburg<br />

1992, S. 75-178 (Italienische Ausgabe hrsg. von Lorenzo Bianconi / Giorgio Pestelli, Torino 1988).<br />

14<br />

Dahlhaus, a.a.O., S. 87.<br />

15<br />

Brief vom 10. Juni 1747 an Giuseppe Bettinelli (Metastasio, Pietro: Tutte le Opere, hrsg. von Bruno Brunelli,<br />

Milano 1951, Bd. 3, S. 307).<br />

16<br />

Ein früher Beleg einer mehrstimmige Vertonung der Didonis novissima verba findet sich bereits in den 1538<br />

mit einem Vorwort Martin Luthers gedruckten Sinfoniae iucundae atque adeo breves. Vgl. Herder, Johann<br />

Gottfried: Briefe zu Beförderung der Humanität, hrsg. von Irmscher, Hans <strong>Die</strong>trich, Frankfurt am Main 1991<br />

(Bibliothek deutscher Klassiker), S. 184 und Anm.<br />

17<br />

Vgl. Stieger, Franz: Opernlexikon, Titelkatalog, 3 Bde, Tutzing 1975.<br />

18<br />

Später gibt es auch Ballett-Bearbeitungen des Stoffes. Stieger, a.a.O., S. 324 und 326 hat für das 18. Jahrhundert<br />

in Mannheim, Turin und Petersburg, für das 19. Jahrhundert in Mailand Ballettinszenierungen nachgewiesen.<br />

274


IX Von der vertu zum Affekt<br />

eine ergreifende und über mehrere Stunden tragende Bühnenhandlung wohl nicht<br />

aus. So lassen sich bisher weder Virginia noch Lukretia oder Camma auf den frü-<br />

hen Spielplänen nachweisen.<br />

Nach der venezianischen Dido von 1641 setzte 1653 die Reihe der Kleopat-<br />

ra-Bearbeitungen ein. Lukretia und Sophonisbe traten erst zu Beginn des 18. Jahr-<br />

hunderts in den Gesichtskreis der Librettisten. 19 Andere ›starke Frauen‹ der römi-<br />

schen Geschichte wie Virginia 20 und Camma 21 kamen erst <strong>als</strong> eigenartige ›Spät-<br />

produkte‹ des ausgehenden 18. Jahrhunderts auf die Opernbühne, <strong>als</strong> das Publi-<br />

kum bereits einen gewissen Überdruss an den bekannten Stoffen zeigte und neue,<br />

entlegenere Themen begierig aufnahm, zumal wenn sie das sich entwickelnde Be-<br />

dürfnis nach empfindsamen Inhalten befriedigten. Es fällt auf, dass der Kleopatra-<br />

Stoff zwar seit der Mitte des 17. Jahrhunderts gelegentlich bearbeitet wurde, es<br />

aber erst im 19. Jahrhundert zu größerer Beliebtheit brachte, weil er das dem Zeit-<br />

geschmack entsprechende orientalische Kolorit bot. Aber auch Dido wurde im 18.<br />

Jahrhundert noch einmal zum Opern-Bestseller. 22 Eine ähnlich steile Karriere<br />

machte etwa gleichzeitig der Sophonisbe-Stoff 23 .<br />

Einige Rückschlüsse lässt auch der noch unvollständige erste Überblick zu:<br />

Dido, Kleopatra und Sophonisbe waren Themen mit vergleichbarem Erfolg auf der<br />

Sprech- wie auf der Musikbühne, die mit ihrer Arientechnik eine noch pointiertere<br />

Zuspitzung der Handlung verlangte. Der von der Tragödie ohnehin geforderte hohe<br />

Stand der Protagonistin erhöhte ihre Attraktivität für das Opernpublikum, das luxu-<br />

riöse Ausstattung und umfängliche Statisterie bevorzugte. Anders <strong>als</strong> das Thema<br />

der bedrohten Keuschheit bei Figuren wie Lukretia, Virginia und Camma brachte<br />

19<br />

Lukretia 1706 in Naumburg, Sophonisbe 1708 in Venedig.<br />

20<br />

Virginia wird 1785 in Florenz das erste Mal auf die Bühne gebracht. Der Virginia-Stoff wird in mindestens<br />

siebzehn Opernfassungen aufgegriffen.<br />

21<br />

Camma tötet den Tetrachen Synorix und sich selbst, <strong>als</strong> dieser sie nach der Ermordung ihres Ehemanns<br />

bedrängt. Insgesamt sind nur drei Bühnenbearbeitungen des Stoffs (ein Ballett, eine Oper und ein Drama) zu<br />

Beginn des 19. Jahrhunderts nachgewiesen.<br />

22<br />

Von folgenden Komponisten (in zeitlicher Reihenfolge) sind D i d o -Opern belegt: Francesco Cavalli (1641),<br />

Henry Purcell (1689), Henry Desmarest (1693), Christoph Graupner (1707), Domenico Sarro (1724), Tommaso<br />

Albinoni (1725), Thomas <strong>August</strong>ine Arne (1734), Egidio Romualdo Duni (1739), Baldassare Galoppi (1740),<br />

Johann Adolf Hasse (1742), Antonio Aurisicchio (1745), Andrea Adolfati (1747), Niccolò Jommelli (1747), Ferdinando<br />

Bretoni (1748), Pietro Chiarini (1748), Andrea Bernasconi (1751), Ignazio Fiorillo (1751), Vincenzo<br />

Legrenzio Ciampi (1754), Giovanni Andrea Fioroni (1755), Tommaso Traetta (1757), Pietro A. Auletta (1759),<br />

Antonio Ferradini (1760), Antonio Boroni (1768), Ignazio Celoniati (1769), Giacomo Insanguine ([gen.Monopoli]<br />

1770), Giuseppe Colla (1773), Pasquale Anfossi (1774), Joseph Haydn (1776), Gennaro Astarita (1780), Nicola<br />

Piccinni (1783), Gaetano Andreozzi (1784), Giuseppe Gazzaniga (1787), Leopold Koželuh (1795), Franz<br />

Danzi (1811), Bernhard Klein (1823), Davorin Jenko (1892). Zur ersten Bearbeitung des Dido-Stoffes durch<br />

Francesco Cavalli (1602-1676), der den Text von Giovanni Francesco Busenello zugrunde legte, vgl. Koch,<br />

Klaus-<strong>Die</strong>trich: <strong>Die</strong> Aeneis <strong>als</strong> Opernsujet, Dramaturgische Wandlungen vom Frühbarock bis zu Berlioz, Konstanz<br />

1990, S. 27-33.<br />

23<br />

Vgl. oben S. 76f.<br />

275


IX Von der vertu zum Affekt<br />

die Kombination von ›Privatem‹ und ›Politischem‹ bei Dido, Kleopatra und Sopho-<br />

nisbe den Antagonismus hervor, der ein ganzes Drama oder eine Oper hindurch<br />

trug. Entsprechende Beachtung fanden diese <strong>Tugendheldin</strong>nen gleichzeitig auch in<br />

der Historienmalerei, in der allerdings, anders <strong>als</strong> auf der Bühne, auch Lukretia<br />

häufig dargestellt wurde. <strong>Die</strong> Darstellung der sich selbst behauptenden Tugend<br />

war wohl, verbunden mit den Reizen einer entblößten jungen Frau, im Bild attrakti-<br />

ver <strong>als</strong> auf der Bühne.<br />

3 Didone abbandonata<br />

Offensichtlich bot unter den in dieser Untersuchung thematischen ›Selbstmörde-<br />

rinnen <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen‹ Dido eine Verknüpfung von Liebe und Politik, die Lib-<br />

rettisten und Komponisten ebenso wie bildende Künstler und ihre Auftraggeber<br />

lange interessierte. Deshalb ist es auch unter kunsthistorischen Fragestellungen<br />

von Interesse, die Entwicklung Didos <strong>als</strong> Opernfigur an zwei Beispielen darzustel-<br />

len. Ich wähle dafür die erste überlieferte Oper dieses Themas von F r a n c e s c o<br />

C a v a l l i (1602-1676) und die spätere Fassungen von D o m e n i c o N a t a l e<br />

S a r r o (1679-1744) und L e o n a r d o V i n c i (um 1690-1730), die ein Libretto Me-<br />

tastasios vertonten. Zwischen den Aufführungsdaten 1641 und 1724/1726 ver-<br />

schob sich das Interesse des Publikums vom historischen Stoff, den Busenello für<br />

Cavalli umständlich aufbereitete, zur Affektdarstellung, in der Metastasio brillierte;<br />

nicht zufällig gilt sein Libretto <strong>als</strong> das erfolgreichste in der Operngeschichte über-<br />

haupt. 24 Auch in der Oper verschob sich das Interesse vom moralischen Diskurs<br />

zur Affektmodellierung.<br />

La Didone 25 von Francesco Cavalli wurde zum ersten Mal im Karneval 1641<br />

im Teatro di S. Cassiano aufgeführt. Für die erste Opernbearbeitung des Stoffes<br />

lieferte Giovanni Francesco Busenello 26 die Textvorlage.<br />

Ein P r o l o g Fortunas (oder der Götterbotin Iride 27 ) führt den Fall Trojas auf das<br />

Eingreifen der gekränkten Giunone zurück. Der e r s t e A k t spielt in Troja. Als Pirro<br />

versucht, Cassandra aus dem Tempel zu schleppen; tötet er im Zweikampf Corebo<br />

und wird selbst verletzt. Auf Befehl der Venere flieht Enea mit Vater und Sohn<br />

aus der brennenden Stadt, seine Gattin Creusa wird tödlich verletzt. Ecuba und<br />

24 Zu Metastasio vgl. Kimbell, David: Italian Opera, Cambridge 1991, S. 192-205.<br />

25 Das Libretto verfasste Giovanni Francesco Busenello; vgl. Osthoff, Wolfgang: »Francesco Cavalli«, in: Pipers<br />

Enzyklopädie des Musiktheaters, Bd. 1, München / Zürich 1986, S. 514f.<br />

26 Zu Giovanni Francesco Busenello (1598-1659), einem der Wegbereiter der venezianischen Oper, vgl. Janke,<br />

Pia: Dramaturgie der Leidenschaften, Libretti aus vier Jahrhunderten, Wien 2000, S. 13-22. Der venezianische<br />

Humanist verfasste <strong>als</strong> Mitglied verschiedener Akademien neben drei Libretti für Francesco Cavalli und<br />

einem für Monteverdi (L’ incoronazione di Poppea) Oden, Sonette, Romanzen, aber auch lateinische laudationes<br />

und Gedichte im venezianischen Dialekt.<br />

27 <strong>Die</strong> Textüberlieferung ist nicht eindeutig.<br />

276


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Cassandra beweinen den Untergang Trojas; der Grieche Sinon verspottet die Trojaner.<br />

Der Schatten der Creusa verspricht Ascanio die Herrschaft über Italien. Venere<br />

bittet Fortuna, Enea in das verheißene Land zu führen. Der z w e i t e A k t<br />

spielt bereits in Karthago, wo Giunone und der Sturmgott Eolo das Schiff des Enea<br />

stranden lassen. Didone, noch immer ihrem Mann Sicheo nachtrauernd, verweigert<br />

die Heirat mit Iarba und berichtet ihrer Schwester Anna einen Unheil verkündenden<br />

Traum. In der Gestalt des Ascanio trifft Amore mit seinem Pfeil Didone; sie empfindet<br />

sogleich tiefe Liebe zu Enea, dem Venere in Gestalt einer Nymphe Hilfe verspricht.<br />

Drei Hofdamen kommentieren die Verliebtheit der Königin; der eifersüchtige<br />

Mitbewerber Iarba fällt in Wahnsinn. Im d r i t t e n A k t rät Anna der Schwester, eine<br />

Jagd <strong>als</strong> Anlass zu nehmen, ihren Gefühlen für Enea nachzugeben. <strong>Die</strong> Hofdamen<br />

treiben mit dem wahnsinnigen Iarba ihren Spott; ein Jägerchor beschreibt die Jagd,<br />

das hereinbrechende Gewitter und die Liebesszene in einer Höhle. Mercurio befiehlt<br />

den Aufbruch nach Italien; vergebens versucht die vor Schmerz in Ohnmacht<br />

fallende Didone Enea zurückzuhalten. Der Schatten des verstorbenen Ehemannes<br />

wirft ihr ihre Untreue vor. <strong>Die</strong> Hofdamen kommentieren den Aufbruch der Trojaner<br />

und die Verzweiflung der Königin, während Mercurio den Mitbewerber gesunden<br />

lässt. Das Ende ist freilich überraschend: Iarba verhindert Didones Selbstmord und<br />

heiratet die von Enea Verlassene.<br />

Cavalli und sein Librettist B u s e n e l l o übernehmen die Vorlage Vergils in bemer-<br />

kenswerter Stoff-Fülle. Das Libretto stellt, hierin an die mythologischen Themen<br />

der ersten Opern des beginnenden Seicento erinnernd, ausführlich das Eingreifen<br />

der Götter dar, <strong>als</strong> deren bloßer Spielball alle handelnden Personen erscheinen.<br />

Erst im letzten Akt tritt die Affäre zwischen Enea und Didone in den Mittelpunkt.<br />

Allerdings werden Didone und Enea nicht <strong>als</strong> Liebespaar gezeigt; die Liebesszene<br />

selbst wird nur indirekt vom Chor geschildert. Im Mittelpunkt stehen so nicht die<br />

Affekte der Liebenden, sondern das Eingreifen der Götter in die menschlichen Be-<br />

lange und die Verheißung Italiens (»imperio d’ Italia, anzi del mondo«). Dramatisch<br />

verkündet Mercurio den Ratschluss des Göttervaters, auf den Enea gelassen und<br />

gehorsam reagiert; gegen die Verzweiflung Didones setzt er seine welthistorische<br />

Rolle. <strong>Die</strong> Opernhandlung verbindet Heroisches mit Komischem: Zwei Lamento-<br />

Szenen (für Cassandra und Ecuba) und zwei Ombra-Szenen (für Creusa und Si-<br />

cheo) kontrastieren mit komischen, an das elisabethanische Theater erinnernden<br />

und auf die opera buffa 28 vorausweisenden Szenen. So unterbrechen sowohl der<br />

in Troja zurückgebliebene Grieche Sinon <strong>als</strong> auch die mehrfach auftretenden Hof-<br />

damen in Possenszenen den Spannungsbogen. 29 Hervorzuheben ist, dass Buse-<br />

nello das dramatische Ende der Vergilischen Dido-Episode nicht zu übernehmen<br />

28<br />

<strong>Die</strong>se heitere Opernvariante gibt es erst im 18. Jahrhundert; vgl. Schmierer, Elisabeth: Kleine Geschichte<br />

der Oper, Stuttgart 2001, S. 27.<br />

29<br />

Zur musikalischen Zeichnung der Protagonisten und zu ihrem Tonumfang vgl. Schulze, Hendrik: Odysseus<br />

in Venedig, Sujetwahl und Rollenkonzeption in der venezianischen Oper des 17. Jahrhunderts, Frankfurt/Main<br />

2004, S. 221-236.<br />

277


IX Von der vertu zum Affekt<br />

wagte, sondern einen lieto fine konstruierte, der den Selbstmord Didos durch eine<br />

Heirat ersetzte. 30<br />

Erst Pietro M e t a s t a s i o (1698-1782) scheint, wohl unter dem Einfluss des<br />

klassizistischen französischen Theaters, auch auf der Opernbühne das tragische<br />

Ende zugelassen zu haben. Das Dido-Libretto war sein erfolgreichstes Bühnen-<br />

werk; von Domenico Sarro 31 1724 vertont, wurde das Libretto sogleich von Leo-<br />

nardo Vinci (1726), danach von weit über sechzig Komponisten aufgegriffen, die<br />

bis ins 19. Jahrhundert im Text Metastasios eine Erfolg versprechende Vorlage<br />

fanden. 32 In seiner Didone abbandonata wagte es Metastasio nicht nur <strong>als</strong> erster,<br />

in der ultima scena der Oper das tragische Ende der Dido beizubehalten, sondern<br />

ließ die Königin sogar – ein weiterer Tabubruch – auf der Bühne sterben.<br />

Auch in den späteren Libretti 33 Metastasios, Catone in Utica (1727) und Attilio Regolo<br />

(1750), sterben die Titelhelden am Ende. Dass ein tragischer Schlussakt für<br />

die Seh- und Hörgewohnheiten der zeitgenössischen Zuschauer ungewohnt und<br />

anstößig war, zeigen mehrere Umarbeitungen der letzten Szenen dieser drei Libretti:<br />

Für eine Aufführung der Didone abbandonata in Madrid fügte Metastasio 1751<br />

dem Libretto von 1724 eine licenza an, die mit dem Auftreten Neptuns 34 den<br />

Selbstmord Didos entschärft und in einen mythologischen Zusammenhang einordnet.<br />

Der letzte Eindruck des Opernbesuchers ist nun nicht mehr der Flammentod<br />

30 <strong>Die</strong> Oper wurde 1998 mit Thomas Hengelbrock <strong>als</strong> Dirigenten, dem Balthasar-Neumann-Ensemble und<br />

Yvonne Kenny in der Titelrolle wieder aufgeführt (Deutsche Harmonia Mundi 05472 77354 2). Allerdings hat<br />

der lieto fine Thomas Hengelbrock so sehr gestört, dass er ihn dem Publikum seiner Neuinszenierung der<br />

Barockoper nicht zumuten wollte: »Für eine Auslassung allerdings müssen wir des geneigten Hörers Nachsicht<br />

erbitten: Selten hat uns ein ›lieto fine‹ in einer Barockoper gestört, weil wir stets in ihr die Welt im Spiel aufgehoben<br />

sahen. Wenn aber in dieser bestürzenden Tragödie, deren Wirren Aeneas die Menschlichkeit, Jarbas<br />

den Verstand und Didone fast das Leben gekostet haben, schlussendlich – und wirklich wie aus heiterem (?!)<br />

Himmel – eine Hochzeit zwischen Jarbas und Didone anberaumt wird, wollen wir zu selbiger diesmal nicht<br />

aufspielen.« (Booklet, S. 18) Galt Busenello und Cavalli das tragische Ende Didos <strong>als</strong> anstößig, provoziert<br />

nunmehr der lieto fine den modernen Regisseur.<br />

31 Domenico Natale Sarro (1679-1744) wird in der Literatur auch häufig <strong>als</strong> »Sarri« geführt. Seine Dido-Oper<br />

wurde am 5. Februar 1724 im Teatro San Bartolomeo in Neapel uraufgeführt.<br />

32 Domenico Sarro (1724), Domenico Scarlatti (1724), Tomaso Albinoni (1725), Leonardo Vinci (1726), Geminiano<br />

Giacomelli (1728), Gaetano Maria Schiassi (1735), <strong>Georg</strong> Friedrich Händel (1736), Giuseppe Ferdinando<br />

Brivio (1739), Giovan Battista Lampugnani (1739), Andrea Bernasconi (1739), Egidio Romualdo Duni<br />

(1740), Baldassare Galuppi (1741), Rinaldo da Capua (1741), Nicola Porpora (1741), Johann Adolf Hasse<br />

(1742), Antonio Caputi (1745), Nicola Jomelli (1747), Andrea Aldofati (1747), Paolo Scalabrini (1747), Ferdinando<br />

Bertoni (1748), Domenico Terradellas (1750), Gennaro Manna (1751), Ignazio Fiorillo (1751), Davide<br />

Perez (1751), Antonio Mazzoni (1752), Giuseppe Bonno (1752), Giuseppe Scolari (1752), Vincenzo Legrenzio<br />

Ciampi (1754), Giovanni Andrea Fioroni (1755), Pietro Chiarini (1756), Andrea Bernasconi (1756), Tomaso<br />

Traetta (1757), Francesco Araia (1758), Antonio Ferradini (1760), Giuseppe Sarti (1762), Johann Gottfried<br />

Schwanberg (1765), Francesco Zanetti (1766), Gianfrancesco De Maio (1769), Antonio Sacchini (1769), Ignazio<br />

Coloniat (1769), Nicola Piccinni (1770), Giacomo Insanguine (1770), Michele Mortellari (1771), Giuseppe<br />

Colla (1773), Domenico Mombelli (1775), Pasquale Anfossi (1775), Giuseppe Schuster (1776), Bernardino<br />

Ottani (1780), Francesco Piticchio (1780), Alessio Prati (1783), Gaetano Andreozzi (1784), Giuseppe Antonio<br />

Capuzzi (1786), Pietro Alessandro Guglielmi (1786), Giuseppe Gazzaniga (1787), Luigi Cherubini (1787),<br />

Vincenzo Federici (1794), Giovanni Paisiello (1794), Leopold Koželuh (1795), Settimio Marino (1799), Valentino<br />

Fioravanti (1810), Ferdinando Paer (1811), Karl Reissiger (1823), Bernhard Klein (1823), Saverio Mercadante<br />

(1823).<br />

33 Vgl. Gerhard, Anselm: »Rollenhierarchie und dramaturgische Hierarchien in der italienischen Oper« in<br />

Opernheld und Opernheldin im 18. Jahrhundert, hrsg. von Klaus Hortschansky, Hamburg / Eisenach 1991, S.<br />

35-55 (hier S. 40).<br />

34 Vgl. Koch, Klaus-<strong>Die</strong>trich: <strong>Die</strong> Aeneis <strong>als</strong> Opernsujet, Dramaturgische Wandlungen vom Frühbarock bis zu<br />

Berlioz, Konstanz 1990, S. 42-43.<br />

278


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Didos; vielmehr löscht das Meer die brennenden Ruinen Karthagos, während der<br />

Meeresgott die entfesselten Elemente beruhigt. Fand in der ersten Fassung des<br />

Catone in Utica der Selbstmord des Protagonisten 35 noch auf der Bühne statt, verlegt<br />

bereits die Überarbeitung die Szene hinter die Bühne und lässt sie von Emilia,<br />

der Witwe des Pompejus, berichten. 36 Cato schleppt sich sterbend auf die Bühne,<br />

während die Schlussarie in resignativer Melancholie ausgerechnet von seinem Todfeind<br />

Cäsar gesungen wird. Im Spätwerk Attilio Regolo verzichtet Attilio in der ultima<br />

scena zum Wohl der Republik auf seine Freiheit und erwartet in karthagischer<br />

Gefangenschaft den Tod. <strong>Die</strong> Bühnenhandlung beendet aber der von Metastasio<br />

selbst <strong>als</strong> »parte necessarissima della catastrofe« 37 bezeichnete Chor. Ein neues<br />

Modell des Opernschlusses bildet sich heraus, das den Chor die affetti der handelnden<br />

Personen kommentieren und <strong>als</strong> allgemein gültiges exemplum in größere<br />

Zusammenhänge einordnen lässt. <strong>Die</strong> Handlungslogik tritt demgegenüber zurück.<br />

<strong>Die</strong> von Metastasio entwickelte opera seria 38 beseitigt den lieto fine, reduziert die<br />

handelnden Personen radikal und konzentriert die Handlung auf einen zentralen<br />

Konflikt. <strong>Die</strong> Didone abbandonata 39 kommt, im Gegensatz zur Stoff- und Personen-<br />

fülle bei Busenello und Cavalli, mit sechs statt vierundzwanzig handelnden Perso-<br />

nen aus und entwickelt ein neues Intrigenschema. Neben Didone und Enea treten<br />

Osmida <strong>als</strong> Vertrauter der Didone und Araspe <strong>als</strong> Vertrauter des Iarba auf; beide<br />

wechseln im Verlauf der Handlung die Seite. <strong>Die</strong> Schwester Didones, die bei Vergil<br />

keine selbständige Rolle spielt, erhält unter dem Namen Selene (statt Anna) eine<br />

völlig neue Rolle <strong>als</strong> zweite Liebhaberin. Das Intrigenschema bietet beiden Prota-<br />

gonisten affektive Alternativen: Didone wird von Enea und Iarba, Enea von Didone<br />

und Selene geliebt.<br />

Enea kann sich im e r s t e n A k t nicht dazu entschließen, Didone von seinem bevorstehenden<br />

Aufbruch zu unterrichten. In der Gestalt seines eigenen Gesandten<br />

wirbt Iarba um die ihn abweisende Didone. Osmida, der Vertraute Didones, macht<br />

sich selbst Hoffnungen auf den Thron und unterstützt deshalb Iarbas Rachepläne<br />

gegen Enea, obwohl Araspe, der Vertraute Iarbas, Einwände erhebt. Nach einem<br />

Streit im Palasthof will Iarba Enea im Tempel des Neptun ermorden; der Anschlag<br />

wird von Araspe verhindert. Erst jetzt kündigt Enea Didone seinen bevorstehenden<br />

35<br />

Siehe Metastasio, Pietro: Tutte le Opere, Bd. 1, a.a.O., S. 1404: »in atto di uccidersi«.<br />

36<br />

Durch die Literatur (so z. B. bei Gerhard, Anselm in: »Rollenhierarchie und dramaturgische Hierarchien in<br />

der italienischen Oper«, a.a.O., S. 41) schleppt sich die irrtümliche Behauptung, die Tochter Marzia berichte<br />

den Selbstmord. Ein Blick in den Text Metastasios (III, 11) hätte eines anderen belehren können: »Emilia (ad<br />

Arbace): Principe, aita! / Arbace: Che fu? / Emilia: Muore Catone. / Fulvio: E chi l'uccide? / Emilia: Si feri di sua<br />

mano.« (Metastasio: Tutte le Opere, Bd. 1, a.a.O., S. 185)<br />

37<br />

Brief an Johann Adolf Hasse vom 20. Oktober 1749 (Metastasio, Pietro: Tutte le Opere, hrsg. von Bruno<br />

Brunelli, Milano 1951, Bd. 3, S. 435).<br />

38<br />

Im Gegensatz zu der im 17. Jahrhundert allmählich zum bunten Spektakel verwilderten italienischen Oper<br />

orientiert sich Metastasios opera seria an den Regeln der klassizistischen französischen Tragödie, reduziert<br />

das Personal auf (meist) sechs Sänger, begrenzt die Handlung auf drei Akte (mit höchstens 15 Szenen) und<br />

gliedert klar in Rezitative und Arien (vgl. Schmierer, a.a.O., S. 37ff.). <strong>Die</strong> Arientexte sind bei Metastasio meist<br />

Stanzen, die sich in zwei Teile von je vier Versen mit abgeschlossener syntaktischer Struktur gliedern, deren<br />

erster in der musikalischen Fassung wiederholt werden kann. <strong>Die</strong> Rezitativtexte sind metrisch variabler; oft von<br />

beträchtlicher Länge, wechseln sie Versarten und Rhythmen. Bei den meisten Komponisten werden sie seit<br />

1650 <strong>als</strong> recitativi secchi nur vom Cembalo und eventuell einem anderen Generalbassinstrument (Cello, Fagott<br />

oder Bassgambe) begleitet. (Vgl. dazu Koch, Klaus-<strong>Die</strong>trich: <strong>Die</strong> Aeneis <strong>als</strong> Opernsujet, Dramaturgische<br />

Wandlungen vom Frühbarock bis zu Berlioz, Konstanz 1990, S. 94-96.)<br />

39<br />

Metastasio, Pietro: Tutte le Opere, hrsg. von Bruno Brunelli, Milano 1953, Bd. 1, S. 1-66<br />

279


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Aufbruch an. Trotz seiner Skrupel gibt er den Bitten Didones nicht nach. – Im<br />

z w e i t e n A k t wirbt Araspe vergeblich um Didones Schwester Selene, die ihrerseits<br />

Enea liebt. Didone verurteilt Iarba zum Tode, lässt sich aber von Enea umstimmen.<br />

Der unglückliche Bewerber erfährt von seinem Konkurrenten, dass er ihm<br />

sein Leben verdankt. An seiner Stelle fordert Araspe Enea zum Duell; Selene verhindert<br />

den Kampf, gesteht dabei aber Enea unabsichtlich ihre Liebe. Um die Eifersucht<br />

des Enea zu provozieren, kündigt Didone nun an, Iarba doch heiraten zu wollen.<br />

Als Enea bestürzt davoneilt, nimmt sie ihr Heiratsversprechen allerdings sofort<br />

zurück und kränkt damit erneut Iarba. – Im dr i t t e n A k t wird der sich gerade einschiffende<br />

Enea von Iarba und seinen Leuten überfallen. Enea entscheidet den<br />

Kampf für sich und schenkt Iarba zum zweiten Mal das Leben. Um sich an Didone<br />

zu rächen, will Iarba nun Osmida umbringen, was Enea vereitelt. Auch Enea und<br />

Selene treffen noch einmal zusammen; ein offenes Liebesgeständnis beschleunigt<br />

nur den Aufbruch des Helden. Inzwischen hat Iarba Karthago in Brand stecken lassen.<br />

Osmida, Selene und Araspe können die Königin nicht zur Flucht bewegen,<br />

obwohl Iarba ihr erneut die Ehe anbietet. Didone muss erkennen, dass Osmida sie<br />

hintergeht und dass auch ihre Schwester Enea liebt. Während sich die Königin in<br />

die Flammen stürzt, fliehen alle aus dem brennenden Karthago.<br />

Bereits in ihrer ersten Arie (I,5) formuliert die Protagonistin mit »son regina e sono<br />

amante« ihr Dilemma, auch wenn sie noch glaubt, die Rolle der Herrscherin und<br />

die Rolle der Liebenden miteinander vereinbaren zu können. Entsprechend formu-<br />

liert Enea den ihn umtreibenden Konflikt: » Fra il dovere e l'affetto / ancor dubbioso<br />

in petto / ondeggia il core.« (II,7) Dass das fatum Enea nötigen wird, Didone zu<br />

verlassen, steht schon in der ersten Szene fest. In der Anlage des Librettos ist eine<br />

Symmetrie zu erkennen: <strong>Die</strong> prima donna Didone ist zunächst selbstsicher und am<br />

Ende verzweifelt, der primo uomo Enea hingegen tritt zu Beginn der Oper unsicher<br />

und zögerlich, bei der Abfahrt entschlossen und selbstbewusst auf. 40 <strong>Die</strong>se chiasti-<br />

sche Struktur, die Didone anfangs optimistisch und im Hochgefühl ihrer Liebe,<br />

Enea zweifelnd und in Angst vor der bevorstehenden Entscheidung zeigt, reicht bis<br />

in die Wortwahl des Libretto. So kommt die emotionale Zerrissenheit des Enea<br />

beim seinem ersten Auftreten in Halbsätzen, Anakoluthen und Aposiopesen zum<br />

Ausdruck:<br />

Dovrei ... ma no ...<br />

L'amore ... Oh Diò! La fé ...<br />

Ah! Che parlar non so:<br />

Spiegalo tu per me. (I,2)<br />

In vergleichbar verstümmelter Syntax stammelt Didone am Ende der Opernhand-<br />

lung ihre Verzweiflung, bevor sie sich in den Tod stürzt.<br />

40 Gerhard, Anselm: »Rollenhierarchie und dramaturgische Hierarchien in der italienischen Oper«, a.a.O., S.<br />

50ff.<br />

280


IX Von der vertu zum Affekt<br />

<strong>Die</strong>se Umkehrung der Affekte wurde auch von den Komponisten aufgegrif-<br />

fen. 41 So hat Leonardo Vinci in seiner Vertonung Enea nur einen verkleinerten<br />

Tonartenbereich zwischen B-Dur und G-Dur zugewiesen, der seiner Rolle in der<br />

Oper gerecht wird, aber auch die reduzierten Affekte des Trojaners musikalisch<br />

umsetzt. Didone hingegen erhält bei Vinci einen erweiterten Tonartenbereich von<br />

Es-Dur bis zu c-moll, dessen musikalische Fülle ihre führende Stellung in der Rol-<br />

lenhierarchie unterstreicht und die Bandbreite der von ihr ausgedrückten Affekte<br />

widerspiegelt.<br />

Obwohl das Libretto Metastasios von der Dramaturgie des klassizistischen<br />

französischen Theaters geprägt ist, darf es nicht <strong>als</strong> Dramentext 42 missverstanden<br />

werden, der mit Musik zu ›unterlegen‹ ist: »<strong>Die</strong> Oper ist kein defizienter Modus des<br />

Schauspiels«. 43 Während die aufeinander folgenden Szenen des Dramas, aber<br />

auch des Libretto handlungslogisch miteinander verknüpft sind, wird in der musika-<br />

lischen Umsetzung jede einzelne Szene zur »reine[n] Gegenwart« 44 , die sich aus-<br />

schließlich auf die bewusst zuspitzten Affekte der auftretenden Person kon-<br />

zentriert. <strong>Die</strong>se vom Libretto durchaus vorgegebene und intendierte Isolierung der<br />

Arien hält den Affekt in der Bühnengegenwart fest und hebt vorübergehend die<br />

Handlungslogik des Dramas auf. Im Gegensatz zum klassizistischen Theater (und<br />

damit auch zur Handlungslogik des Libretto) ist die Wirkungsstrategie der opera<br />

seria nicht auf Affektkontrolle, sondern vielmehr auf möglichst ausdrucksvolle und<br />

komplexe Präsentation von Affekten ausgerichtet. 45<br />

Es geht in der Oper nicht wie im klassizistischen Theater um Charaktere und<br />

ihre Entwicklungsmöglichkeiten in einem unauflösbaren Konflikt 46 , sondern um<br />

41<br />

Zu musikalischen Verfahren sei besonders hingewiesen auf Strohm, Reinhard: <strong>Die</strong> italienische Oper im 18.<br />

Jahrhundert, Wilhelmshaven 1979, S. 171-187.<br />

42<br />

Zwar ist von den Libretti Metastasios bekannt, dass sie auch <strong>als</strong> Lesedramen gedruckt und verbreitet waren<br />

(vgl. Dahlhaus, Carl: » Dramaturgie der italienischen Oper«, in: Geschichte der italienischen Oper, Theorien<br />

und Techniken, Bilder und Mythen, Bd. 6, Regensburg 1992, S. 75-178, hier: S. 99), doch sind ihre Wirkungsstrategien<br />

ganz auf die musikalische Umsetzung ausgerichtet.<br />

43<br />

Dahlhaus, Carl: »Dramaturgie der italienischen Oper«, in: Geschichte der italienischen Oper, Theorien und<br />

Techniken, Bilder und Mythen, a.a.O., S. 104.<br />

44<br />

Dahlhaus, Carl: »Dramaturgie der italienischen Oper«, a.a.O., S. 78.<br />

45<br />

Deshalb ist Albert Gier zu widersprechen, wenn er behauptet, der »Zweck der Arie« bei Metastasio sei<br />

»nicht Affektdarstellung, sondern Affektkontrolle«. In der, vom Libretto durchaus vorbereiteten, musikalischen<br />

Umsetzung geht es, der zeitgenössischen Historienmalerei entsprechend, gerade nicht um Affektkontrolle,<br />

sondern vielmehr um die breite Darstellung von Affekten (Gier, Albert: Das Libretto, Theorie und Geschichte<br />

einer musikoliterarischen Gattung, Darmstadt 1998, hier S. 70). Gier überträgt die Wirkungsstrategie des klassizistischen<br />

französischen Theaters (A f f e k t k o n t r o l l e ) auf die ganz auf A f f e k t d a r s t e l l u n g abhebende<br />

italienische Oper des beginnenden 18. Jahrhunderts.<br />

46<br />

Da Gier nach den Normen des französischen klassischen Theater urteilt, unterliegt er hier einem Irrtum und<br />

kommt zu einer f<strong>als</strong>chen Bewertung der Oper.<br />

281


IX Von der vertu zum Affekt<br />

»stazioni sentimentali« 47 , die Darstellung von extremen Affekten. Hierin berührt<br />

sich die Ästhetik der opera seria durchaus mit der Affektkonturierung in der gleich-<br />

zeitigen Historienmalerei, wie sie Le Brun in seinem Traktat Expression des passi-<br />

ons de l'âme formuliert hat. 48 Zur Operntechnik, möglichst abwechslungsreiche und<br />

kontrastive Affektinszenierungen zu zeigen, gehört die sich immer stärker durch-<br />

setzende Abgangsarie, bei der die Sänger nach der ausdrucksvollen Schilderung<br />

ihrer Affekte abtreten und so beim Zuschauer den Eindruck eines absoluten Affekts<br />

hinterlassen.<br />

<strong>Die</strong> musikalische Affektkonturierung findet so in der ultima scena ihren Hö-<br />

hepunkt, in der Metastasio das Sterben Didos eindrucksvoll inszeniert, ein<br />

Schlussbild, auf das hin die ganze Opernhandlung angelegt ist. <strong>Die</strong> abschließende<br />

Szene der Didone abbandonata präsentiert nicht nur ein eindrucksvolles Finale, zu<br />

dem übrigens Zuschauer 49 unentgeltlich eingelassen wurden, um sie zu künftigen<br />

Opernbesuchen zu animieren, sondern erinnert nicht zufällig auch an die Affekt-<br />

darstellung der Historienmalerei des 18. Jahrhunderts, die vor allem in den einfigu-<br />

rigen Varianten ebenfalls isolierte Affekte darstellte, mit Folgen bis zur Attitüden-<br />

kunst des beginnenden 19. Jahrhunderts. 50<br />

Metastasio schildert in der Tiefenstruktur seines Libretto den psychologi-<br />

schen Prozess einer gänzlichen Vereinsamung, in der alle Verletzungen gleichwer-<br />

tig werden. Der Aufbau des Libretto beruht auf dem immer wieder verzögerten<br />

Aufbruch des Enea und der sich stets steigernden Vereinsamung der Didone bis<br />

zum Schlussbild, das die Königin in völliger Isolation zeigt: sola, tradita, abbando-<br />

nata (III,17). Sie verliert alle Vertrauten: Enea mi lascia, trovo Selene infida, Iarba<br />

m' insulta, e mi tradisce Osmida (III,20). Ohne Dialogpartner ist die Schlussarie<br />

nurmehr ein stammelndes Selbstgespräch, das Verzweiflung (furore) <strong>als</strong> letzten<br />

und absoluten Affekt zum Ausdruck bringt:<br />

Ah che dissi, infelice! A qual eccesso<br />

mi trasse il mio furore?<br />

Oh dio, cresce l'orrore! Ovunque io miro,<br />

mi vien la morte e lo spavento in faccia:<br />

trema la reggia e di cader minaccia.<br />

Selene, Osmida! Ah! tutti,<br />

47 2<br />

Ferroni, Giulio in: Storia della letteratura italiana, 4 Bde, Milano 1992, Bd. 2, S. 380.<br />

48<br />

Vgl. oben S. 90.<br />

49<br />

<strong>Die</strong> ultima scena fasste die Handlungs-und Affektstruktur der Oper zusammen und warb damit beim potentiellen<br />

Publikum: Gottdang, Andrea: Venedigs antike Helden, <strong>Die</strong> Darstellung der antiken Geschichte in der<br />

venezianischen Malerei von 1680 bis 1760, München 1999, S. 160.<br />

50<br />

Vgl. oben S. 219.<br />

282


IX Von der vertu zum Affekt<br />

tutti cedeste alla mia sorte infida:<br />

non v'è chi mi soccorra, o chi m'uccida.<br />

Das ungewöhnlicherweise die Oper abschließende Rezitativ zeigt durch Suchen<br />

nach Worten und durch Abbrechen begonnener Satzstrukturen die verstummende<br />

Heldin, deren Sprachverlust ihr Sterben vorwegnimmt:<br />

Vado ... Ma dove? Oh Dio!<br />

Resto ... Ma poi ... Che fo?<br />

Dunque morir dovrò<br />

senza trovar pietà?<br />

E v'è tanta viltà nel petto mio?<br />

No no, si mora; e l'infedele Enea<br />

abbia nel mio destino<br />

un augurio funesto al suo cammino.<br />

Precipiti Cartago,<br />

arda la reggia; e sia<br />

il cenere di lei la tomba mia.<br />

Vinci hat die letzte Arie zurückhaltend instrumentiert und einen deutlichen Kontrast<br />

zum abschließenden Rezitativ gesetzt, in dem Didone, sich selbst bereits entfrem-<br />

det, in der dritten Person spricht. Didone verstummt, während die letzten Worte im<br />

forte der Instrumente untergehen. Der Sturz der Königin in die brennenden Ruinen<br />

Karthagos verbildlicht in der Oper nurmehr die Selbstaufgabe der Vereinsamten. 51<br />

Wie in einem großen Historiengemälde zeigt das Schlussbild die Königin verlassen<br />

und verzweifelt in großer Geste den Selbstmord suchend.<br />

Von Busenello zu Metastasio hat sich die Struktur der Didone-Libretti vom<br />

breiten historischen Gemälde zum psychologischen Drama verschoben, eine Ent-<br />

wicklung, die sich durchaus mit der Entwicklung des Motivs in der Historienmalerei<br />

vergleichen lässt. Auch in der bildenden Kunst wird zugunsten der Darstellung des<br />

Affekts allmählich, jedenfalls teilweise, auf die historische Staffage verzichtet. In<br />

der Oper wie in der Historienmalerei schwindet langsam der neustoische Hinter-<br />

grund, der das Thema in der Frühen Neuzeit geprägt hatte. 52 Didos Selbstmord gilt<br />

51<br />

So auch Schreiber, Ulrich: Opernführer für Fortgeschrittene, Eine Geschichte des Musiktheaters, Kassel<br />

1988, S. 275.<br />

52<br />

<strong>Die</strong> Dido abbandonata scheint im Übrigen eine interessante Wirkungsgeschichte gehabt zu haben. Am Endes<br />

des 18. Jahrhunderts war sie so populär geworden, dass sie zur Marktunterhaltung im venezianischen<br />

Karneval dienen konnte, wie der weimarische Sänger David Heinrich Grave 1789 berichtet, der mit Unterstützung<br />

der Herzoginmutter zu Studienzwecken nach Venedig gereist war und sich später der Bildungsreise<br />

Anna Amalias anschloss: »Je mehr sich die Fasten näherten, desto glänzender und lustiger wurde die Stadt,<br />

viele tausend Menschen in Maschera erfüllten den Markusplatz, das Meeresufer und die Hauptstraßen.<br />

Nächstdem, dass sieben Theater offen und täglich zum Erdrücken voll waren, sah man noch eine menge Casotti<br />

oder kleine Theater auf dem Markusplatz, darin Seiltänzer, extemporierte Komödien. In Wachs bossierte<br />

anatomische Körper, das tragische Ende der Dido abbandonata mit allen ihren Kammerweibern, Schattenspiele,<br />

künstliche Pferde, Affen und mechanische Kunstwerke.« (<strong>Die</strong> Erinnerungen der Karoline Jagemann, hrsg.<br />

von Eduard von Bamberg, Dresden 1926, S. 176)<br />

283


IX Von der vertu zum Affekt<br />

nicht mehr <strong>als</strong> moralische Entscheidung in einem Normenkonflikt, sondern wird in<br />

der Didone abbandonata <strong>als</strong> »Ausweg aus der Ausweglosigkeit« 53 gedeutet.<br />

Erst im Gefolge der Französischen Revolution entstand erneut eine Reihe<br />

von Opern, die schon im Titel (»la morte di ...«) das tragische Ende ankündigen<br />

und Protagonisten auf die Bühne bringen, die im Konflikt von Freiheit und Tyrannei<br />

scheitern oder zum Selbstmord gezwungen sind. 54 Stand in den frühen Opern der<br />

Konflikt zwischen Politik und Liebe, dovere und affetto, im Mittelpunkt, der erst all-<br />

mählich gegenüber der Affektkonturierung zurücktrat, findet sich nun eine neue<br />

›Politisierung‹ des Selbstmords auf der Bühne wie im Historiengemälde. Dabei<br />

scheint von den ›starken Frauen‹ in der Oper Kleopatra, im Historiengemälde Luk-<br />

retia einen späten Erfolg zu verzeichnen.<br />

Exkurs: <strong>Die</strong> Kammerkantate<br />

<strong>Die</strong> Weiterentwicklung vom neustoischen Konzept der <strong>Tugendheldin</strong> zum Interesse<br />

an der Affektdarstellung findet sich nicht nur in der bildenden Kunst und der Oper.<br />

Das Motiv der ›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>‹ wurde auch von einer weiteren<br />

musikalischen Invention des Barock, der Kammerkantate, häufig aufgegriffen. 55 Be-<br />

53 Hortschansky, Klaus: »Der tragische Held in der italienischen Oper am Ende des 18.Jahrhunderts«, in: ders.<br />

(Hrsg.): Opernheld und Opernheldin im 18. Jahrhundert, Hamburg / Eisenach 1991, S. 233-252, hier S. 240.<br />

54 Im Umkreis der Französischen Revolution wurden die italienischen Opernbühnen mit vierzig Vertonungen<br />

und Inszenierungen von La morte di Cesare (erstm<strong>als</strong> 1789), La morte di Semiramide (erstm<strong>als</strong> 1790), La<br />

morte di Cleopatra (erstm<strong>als</strong> 1791) und La morte di Mitridate (erstm<strong>als</strong> 1797) überschwemmt (Hortschansky<br />

a.a.O.).<br />

55 Bisher hat nur Eugen Schmitz (Geschichte der Kantate und des geistlichen Konzerts, Leipzig 1914) die Gattung<br />

ausführlich untersucht; eine neuere Untersuchung, die vor allem inzwischen neu erschlossene Quellen<br />

berücksichtigt, steht noch aus. <strong>Die</strong> wissenschaftliche Literatur beschränkt sich bisher auf einzelne Komponisten.<br />

Wie die Bezeichnungen »Cantata« oder »Singstück« erkennen lassen, handelt es sich bei der barocken<br />

Kammerkantate um Sologesang mit instrumenteller Begleitung (Engel, Hans / Hucke, Helmut: Kantate, in:<br />

1 MGG, Bd. 7, München 1989, Sp. 554-575). Im Übergang von der Polyphonie zur Monodie löste sie das Madrigal<br />

ab (Jakoby, Richard: <strong>Die</strong> Kantate, Das Musikwerk, Eine Beispielsammlung zur Musikgeschichte, Köln<br />

1968). Es ist bemerkenswert, dass sich die Kammerkantate, zunächst in Florenz und Rom, etwas später auch<br />

in Venedig, Bologna und Neapel gleichzeitig mit der Oper entwickelte. Während Opernlibretti professionell<br />

erstellt wurden, griff man für die Kammerkantaten zunächst meist auf Texte von Petrarca, Tasso oder Marini<br />

zurück. Schon bald fühlten sich allerdings auch Dilettanten berufen, lyrische Vorlagen für Kantaten zu schreiben.<br />

Während Opern in kurzer Zeit öffentliche Spektakel wurden, blieben Kammerkantaten (cantate da camera)<br />

eine exklusive Unterhaltung aristokratischer oder akademischer Kreise. (Zu Begriff und ›Sitz im Leben‹ der<br />

Kammermusik vgl. Krones, Hartmut: »Zu Begriff und Theorie der »Kammermusik« im 18. Jahrhundert«, in:<br />

Vokale Kammermusik im 18. Jahrhundert, Blankenburg 1997 (Michaelsteiner Konferenzberichte 51), S. 10-24<br />

und Schmitz, a.a.O., S. 4 und 15.) Der Sologesang wurde meist vom basso continuo und von bis zu zwei obligaten<br />

Instrumenten begleitet. Für kleinere Räume und wenige Zuhörern wurden <strong>als</strong> Begleitung etwas leisere<br />

Instrumente wie Laute, Harfe, Cembalo, Gitarre oder Theorbe vorgezogen. Johann Adolph Scheibe fasste (in:<br />

Critischer Musikus, Leipzig 1745, S. 379) den Charakter von Kammermusik so zusammen. »Der Endzweck<br />

des Kammerstyls ist aber vornehmlich, die Zuhörer zu ergetzen und aufzumuntern. Er wird <strong>als</strong>o zur Pracht, zur<br />

Lust und zum Lachen gebraucht. Eigentlich aber nennet man das Kammermusik, was man in den Zimmern,<br />

auf Sälen und bey der tafel musiciret. Man brauchet sie auch zu öffentlichen Abendmusiken, zu dramatischen<br />

Stücken, bey Assembleen, bey Jagden, und bey allerhand außer der Kirche und Schaubühne verfallenden<br />

Begebenheiten, und <strong>als</strong>o bey allen übrigen Ergetzlichkeiten.« Eine Barockoper dauerte drei bis vier Stunden,<br />

während auch in komplexem Wechsel von Arien und Rezitativen aufgebaute Kammerkantaten nur einen kleinen<br />

Teil eines Gesellschaftsabends beanspruchten. <strong>Die</strong>s verbindet die Kammerkantate mit dem später Mode<br />

werdenden ›lebenden Bild‹ (vgl. unten S. 294). <strong>Die</strong> vielfältigen und meist einmaligen Verwendungsmöglichkeiten<br />

(Huldigung für einen Gast, Vortrag von Texten eines Dilettanten, Bravourstücke für professionelle Sängerinnen,<br />

Zusammenwirken aristokratischer Dilettanten und professioneller Musiker) sind ein Grund dafür, dass<br />

viele Kammerkantaten verloren gingen und die nur handschriftlich erhaltenen meist noch nicht untersucht sind.<br />

284


IX Von der vertu zum Affekt<br />

reits bei einer extensiven Recherche im Werk des bekanntesten Kantatenkomponisten,<br />

Alessandro Scarlatti (1660-1725), dem über achthundert Kantaten-<br />

Arrangements 56 zugeschrieben werden, finden sich Soprankantaten mit Titeln wie<br />

La Sofonisba, Didone abbandonata, Lucretia oder Cleopatra. 57 Auch bei Benedetto<br />

Marcello (1686-1739) erscheinen neustoische Themen häufig: unter den über fünfzig<br />

überlieferten Kantaten gibt es einen Catone, eine Lucrezia und eine Didone abbandonata.<br />

58<br />

<strong>Die</strong> in ganz Europa reüssierenden Kammerkantaten (cantata da camera, scena da<br />

camera) 59 galten <strong>als</strong> geistvolle Kreation (musica riservata) 60 für vornehme und gebildete<br />

Rezipienten. 61 Sie wurden wohl <strong>als</strong> ›kleine Oper‹ verstanden; so hatten die<br />

Kantaten besonders nach dem 1703 im päpstlichen Rom verhängten Opernverbot<br />

großen Erfolg. Meist wurden sie von bekannten Opernkomponisten arrangiert; in<br />

Italien umfasste die Komponistenliste von Stradella über Scarlatti und Pergolesi alles,<br />

was Rang und Namen in der Musikwelt hatte. Vergleichbares gilt für Frankreich,<br />

England, Spanien und Deutschland. <strong>Die</strong> Kantatenthemen reichten vom Lamento<br />

unglücklicher Liebender über mythologische und idyllische Szenen bis zu Affektdarstellungen.<br />

Letztere, aber auch die thematische Nähe zur Oper und der gebildete<br />

Adressatenkreis können erklären, warum das Motiv des ›schönen Sterbens‹<br />

ein wichtiges Thema für Kammerkantaten wurde. Als signifikantes Beispiel mag in<br />

unserem Zusammenhang Händels Lukrezia (HWV 145), seine wohl erfolgreichste,<br />

noch heute häufig aufgeführte Kammerkantate, näher betrachtet werden. 62<br />

Händels Lukrezia<br />

<strong>Die</strong> in Händels italienischen Jahren entstandene Lukrezia-Kantate greift gleichsam<br />

die ultima scena einer Oper auf und komprimiert die Affektdarstellung in einer der<br />

theatralischen Attitüde 63 durchaus vergleichbaren Weise. 64<br />

<strong>Die</strong> Kantate stellt die Klage der sterbenden Lukrezia dar und gliedert sich in zwei<br />

große Abschnitte: Im ersten mit zwei Rezitativen und zwei Arien ruft Lukrezia die<br />

Götter dazu auf, die Untat des Tarquinius zu bestrafen. Eine rückwärts gewandte<br />

<strong>Die</strong> im 17 und 18. Jahrhundert publizierten Kammerkantaten lassen keine verlässlichen Schlüsse über den<br />

Themenbereich der neuen Gattung zu.<br />

56 Hanley, Edwin: »Alessandro Scarlatti«, in: 1 MGG, Bd. 11, München 1989, S. 1482-1506 und Jakoby, Ri-<br />

chard: a.a.O., S. 11.<br />

57 Hanley, a.a.O., S. 1490, 1491 und 1494.<br />

58 Dazu Schmitz, a.a.O., S. 151 und 153.<br />

59 <strong>Die</strong>se Bezeichnungen wurden neben cantata a voce sola gebraucht (Brandenburg, Gottfried Daniel: Zur<br />

Geschichte der weltlichen Solokantate in Neapel im frühen Settecento, <strong>Die</strong> Solokantaten von Domenico Sarro<br />

(1679-1744), Frankfurt/Bern/New York/Paris 1991, S. 27f.).<br />

60 Engel, Hans: Kantate, in: 1 MGG, Bd. 7, München 1989, S. 554.<br />

61 Ein im Aufbau befindlicher nützlicher kommerzieller Link: http://www.baroquecantata.com (zuletzt aufgeru-<br />

fen: 12.04.2007)<br />

62 H ä n d e l hat die häufig nach den Anfangsworten O numi eterni zitierte Kantate wohl nach 1706 in Florenz<br />

für Lucrezia d'André, die Primadonna des toskanischen Hofes, geschrieben (Händel-Handbuch [hrsg. von<br />

Eisen, Walter / Eisen, Margret], Bd. 2, Leipzig 1984, S. 566.). Als Textautor gilt Benedetto Pamphili (so z. B. im<br />

Programmheft eines Konzerts des Giardino Armonico mit Eva Mei am 31.10.1999 in Hannover). Der Kardinal<br />

war einer der bekannten italienischen Förderer Händels und hat auch das Textbuch zum Oratorium Il Trionfo<br />

del Tempo e della Verità verfasst. Dass Benedetto M a r c e l l o seiner Lukrezia-Kantate die gleichen Verse<br />

zugrunde legte, entspricht einer verbreiteten Praxis (vgl. Engel, Hans: Kantate, 1 MGG, Bd. 7, S. 561). Zu den<br />

beiden, oft nicht zu trennenden Brüdern Alessandro Marcello (1684-1750) und Benedetto Marcello (1686-<br />

1739) Giegling, Franz: »Marcello«, in: 1 MGG, Bd. 8, S. 1616-1619. Ein Vergleich mit Kantaten Scarlattis bei<br />

Mayo, John S. M.: »Zum Vergleich des Wort-Ton-Verhältnisses in den Kantaten von <strong>Georg</strong> Friedrich Händel<br />

und Alessandro Scarlatti«, in: G. F. Händel und seine italienischen Zeitgenossen, hrsg. von Walther-Siegmund<br />

Schultze, Halle 1979, S. 31-44).<br />

63 Vgl. unten S. 294.<br />

64 <strong>Die</strong> Kantate besteht aus vier Rezitativen, drei Arien und einem abschließenden, in einem Furioso endenden<br />

Arioso. (Vgl. Schmitz, Eugen: Geschichte der Kantate und des geistlichen Konzerts, Hildesheim / Wiesbaden<br />

1966 [ND der Ausgabe Leipzig 1914], S. 253.) Ungewöhnlicherweise übernimmt in der dritten Arie das begleitende<br />

Cembalo oder der Basso continuo die Hauptmelodie selbständig. An die gesanglichen Leistungen der<br />

Sopranistin stellt das Stück ohnehin höchste Ansprüche.<br />

285


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Erinnerung an das Geschehene bestimmt die Grundstimmung. Mit dem dritten Rezitativ<br />

verändert sich allerdings die Sprechhaltung der <strong>Tugendheldin</strong>: Lukrezia sucht<br />

nunmehr moralischen Trost in sich selbst und findet ihn im Selbstmord, der ihre moralische<br />

Integrität vor dem Ehemann und Vater, vor Rom und der Welt wiederherstellt.<br />

Das im Gegensatz zu den Arien nicht da capo gesungene Arioso inszeniert<br />

die Wirkung des Dolchstoßes und die einsetzende Agonie. 65<br />

O Numi eterni! O stelle!<br />

Che fulminate empii tiranni,<br />

impugnate a miei voti orridi strali,<br />

voi con fochi tonanti<br />

incennerite il reo Tarquinio e Roma;<br />

dalla superba chioma,<br />

omai trabocchi il vacillante alloro;<br />

s'apra il suolo in voragini,<br />

si celi, con memorando essempio,<br />

nelle viscere<br />

sue l'indegno e l'empio.<br />

Aria<br />

Già superbo del mio affanno,<br />

traditor dell'onor mio,<br />

parte l'empio, lo sleal.<br />

Tu punisci il fiero inganno<br />

Del fellon, del mostro rio,<br />

Giusto ciel, parca fatal.<br />

Recitativo<br />

Ma voi forse nel Cielo,<br />

per castigo maggior del mio delitto,<br />

state oziosi, o provocati Numi;<br />

se son sorde le stelle,<br />

se non mi odon le sfere,<br />

a voi tremende Deità del abisso<br />

mi volgo, a voi, a voi s'aspetta<br />

del tradito onor mio far la vendetta.<br />

Aria<br />

Il suol che preme,<br />

l'aura che spira<br />

l'empio Romano,<br />

s'apra, s'infetti.<br />

Se il passo move,<br />

se il guardo gira,<br />

incontri larve,<br />

ruine aspetti.<br />

Recitativo<br />

Ah! Che ancor nell'abisso dormon le furie,<br />

i sdegni e le vendette.<br />

Giove dunque per me non ha saette,<br />

è pietoso l'inferno?<br />

Ah! Ch'io già sono in odio al Cielo, ah!<br />

Dite: e se la pena non piomba<br />

sul mio capo a' miei rimorsi<br />

è rimorso il poter di castigarmi.<br />

Questi la disperata anima mia puniscan,<br />

sì, ma il ferro<br />

che già intrepida stringo,<br />

Aria<br />

alla salma infedel porga la pena.<br />

Recitativo<br />

A voi, padre, consorte, a Roma,<br />

al mondo presento il mio morir;<br />

mi si perdoni il delitto essecrando<br />

ond' io macchiai involontaria il nostro onor,<br />

un' altra più detestabil colpa<br />

di non m'aver uccisa<br />

pria del misfatto<br />

mi si perdoni.<br />

Arioso<br />

Già nel seno cominicia<br />

a compir questo ferro i duri uffizii;<br />

sento ch'il cor si scuote più dal dolor<br />

di questa caduta invendicata,<br />

che dal furor della vicina morte.<br />

Ma se qui non m'è dato<br />

castigar il tiranno, opprimer l'empio<br />

con più barbaro essempio,<br />

per ch'ei sen cada estinto stringerò<br />

a danni suoi mortal saetta,<br />

e furibonda e cruda<br />

nell'inferno farò la mia vendetta.<br />

<strong>Die</strong> Kammerkantate spielt mit dem Doppelsinn des zweimal an signifikanter Stelle<br />

gesungenen Schlüsselworts vendetta: Lukrezia hofft zunächst noch auf das Eingreifen<br />

der Götter oder der Familie und die Bestrafung des Vergewaltigers, sorgt<br />

dann aber selbst durch den Entschluss zum Selbstmord für die Wiederherstellung<br />

ihrer moralischen Identität. Für den gebildeten Zuhörer folgt aus diesem barbaro<br />

essempio, das die <strong>Tugendheldin</strong> inszeniert, der Umsturz (»castigar il tiranno«) und<br />

die Errichtung der römischen Republik (»opprimer l'empio«). Pamphili und Händel<br />

gelingt es, in komprimierter Form Affektdarstellung und politisches exemplum zu<br />

verbinden.<br />

Da Kammerkantaten keine Regieanweisung kennen, blieb es der Sängerin überlassen,<br />

den Entschluss zum Selbstmord in Szene zu setzen und den Dolch zu er-<br />

65 <strong>Die</strong> Kammerkantate ist in der kritischen Halleschen Händelausgabe (HHA) noch nicht erschienen. Ich zitiere<br />

den Text im Folgenden nach dem Booklet zu Händels Agrippina, Armida, Lucrezia, gesungen von Eva Mei,<br />

begleitet von Il Giardino Armonico unter der Leitung von Giovanni Antonini (Teldec 3984-24571-2).<br />

286


IX Von der vertu zum Affekt<br />

greifen: »si, ma il ferro / che già intrepida stringo.« <strong>Die</strong> dritte, nur den Halbsatz »alla<br />

salma infedel porga la pena« umfassende Arie antizipiert das Ende mit der doppelten<br />

Bedeutung von »salma« <strong>als</strong> ›Körper‹ und <strong>als</strong> ›Leichnam‹. Das letzte Rezitativ<br />

und das Arioso trägt eine gleichsam bereits Tote vor. Das Libretto des Kardin<strong>als</strong><br />

hebt auf identitätsstiftende Affektdarstellung ab, verbindet sie aber mit der politischen<br />

Deutung des Opfergangs der Lukrezia (»presento il mio morir«). <strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

inszeniert ihren Tod <strong>als</strong> Sühne für ein von ihr gar nicht provoziertes<br />

Vergehen, dessen unfreiwilliges Opfer sie wurde. Erinnert man sich daran, dass<br />

Lukrezias ›politischer Selbstmord‹ in der zeitgenössischen Moraltheologie kontrovers<br />

diskutiert wurde und in der Legitimationsdebatte weltlicher Herrschaft eine gewisse<br />

Rolle spielte, ist es weniger verwunderlich, dass das Libretto des Kirchenfürsten<br />

ausgerechnet das Thema des Selbstmords einer profanen <strong>Tugendheldin</strong> aufgriff.<br />

66<br />

So integriert die Kantate in die Affektdarstellung Anspielungen auf einen philosophischen<br />

und politischen Kontext, der noch einmal an den neustoischen Hintergrund<br />

des frühneuzeitlichen Themas der profanen <strong>Tugendheldin</strong> in der Literatur<br />

und bildenden Kunst erinnert. <strong>Die</strong> Affektkonturierung der Kammerkantate verbindet<br />

in intrikater Weise die Darstellung der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> exemplum ›schönen Sterbens‹<br />

mit einem politischen Diskurs. Gleichwohl gehört die Lukrezia der Kammerkantate<br />

67 ebenso wie die antikisierenden Pathosformeln der Halbfigurenbilder Renis<br />

zu einer Entwicklung, an deren Ende die <strong>Tugendheldin</strong>nen zu enthistorisierten<br />

exempla werden. <strong>Die</strong> Attitüden und ›lebenden Bilder‹ des 19. Jahrhunderts sind<br />

nicht mehr allzu fern.<br />

Femme fatale<br />

Noch in den späten Kantaten des 19.Jahrhunderts haben die profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen<br />

offenbar eine gewisse Attraktion ausgeübt. Hector Berlioz reichte 1829 für<br />

den Prix de Rome des Pariser Konservatoriums eine Kantate Cléopâtre ein, die allerdings<br />

abgelehnt wurde. Das Bravourstück führt mit seiner Inszenierung Kleopatras<br />

<strong>als</strong> femme fatale (»Je n'ai pu captiver son farouche regard«) ein Stück weiter in<br />

die Dekadenz des 19. Jahrhunderts und erinnert mit dem Interesse für den orientalischen<br />

Dekor und den sexuellen Konnotationen (»comparable à Vénus«) an das im<br />

Eingang dieser Untersuchung evozierte Gemälde Makarts. 68 Gleichwohl behalten<br />

Berlioz und Vieillard immer noch die historische Reminiszenz und die Funktion des<br />

Selbstmords der <strong>Tugendheldin</strong> zur Wiederherstellung ihrer moralischen Integrität<br />

bei: »Cléopâtre en ... quittant ... la vie, / Redevient digne de ... César!« Noch bleiben<br />

moralischer Diskurs und Affektdarstellung verbunden. 69<br />

66 Dazu Emich, Birgit: »Bologneser libertà, Ferrareser decadenza: Politische Kultur und päpstliche Herrschaft<br />

im Kirchenstaat der Frühen Neuzeit«, in: Asch, Ronald / Feist, Dagmar (Hrsg.): Staatsbildung <strong>als</strong> kultureller<br />

Prozess, Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2005, S.<br />

117-134.<br />

67 Domenico Zipoli (1688-1726), ein Jesuit, hat in seiner Kammerkantate Dell'offese a vendicarmi das gleiche<br />

Thema behandelt (Text in: Händels Italianità, Programme, Texte und Werkeinführungen, [Göttinger Händel-<br />

Gesellschaft] Göttingen 1997, S. 122-123). Eine weitere Kleopatra-Kantate (Cleopatra moribonda) hat Giovanni<br />

Paolo Colonna (1637-1695) komponiert. Dido-Kantaten stammen beispielsweise von Sigismondo d’ India<br />

(1582-1629), Giovanni Paolo Colonna (1637-1695), André Campra (1660-1774), Michel Pignolet de Montéclair<br />

(1667-1737) und François Collin Delamont (1690-1760).<br />

68 Vgl. oben S. 13ff.<br />

69 Der Text der Kantate wurde von der Jury für den Prix de Rome ausgewählt und stammt von Pierre-Ange<br />

Vieillard (Klavierauszug zu der Vertonung von Berlioz: Gilbert, David (Hrsg.): Hector Berlioz, Cléopâtre, o. J.,<br />

Bärenreiter 5787).<br />

287


La mort de Cléopâtre, scène lyrique<br />

C'en est donc fait! ma honte est assurée.<br />

Veuve d'Antoine et veuve de César,<br />

Au pouvoir d'Octave livrée,<br />

Je n'ai pu captiver son farouche regard.<br />

J'étais vaincue, et suis déshonorée.<br />

IX Von der vertu zum Affekt<br />

En vain, pour ranimer l'éclat de mes attraits,<br />

J'ai profané le deuil d'un funeste veuvage;<br />

En vain, en vain, de l'art épuisant les secrets,<br />

J'ai caché sous des fleurs les fers de l'esclavage;<br />

Rien n'a pu du vainqueur désarmer les décrets.<br />

A ses pieds j'ai traîné mes grandeurs opprimées.<br />

Mes pleurs même ont coulé sur ses mains répandus<br />

Et la fille des Ptolémées<br />

A subi l'affront des refus!<br />

Ah! qu'ils sont loin ces jours, tourment de ma mémoire,<br />

Où sur le sein des mers, comparable à Vénus,<br />

D'Antoine et de César réfléchissant la gloire,<br />

J'apparus triomphante aux rives du Cydnus!<br />

Méditation<br />

How if when I am laid into the tomb ...<br />

(Shakespeare)]<br />

Grands Pharaons, nobles Lagides,<br />

Verrez-vous entrer sans courroux,<br />

Pour dormir dans vos pyramides,<br />

Une reine indigne de vous?<br />

Non! ... non, de vos demeures funèbres<br />

Je profanerais la splendeur!<br />

Rois, encor au sein des ténèbres,<br />

Vous me fuiriez avec horreur.<br />

Du destin qui m'accable est-ce à moi de me plaindre?<br />

Ai-je pour l'accuser le droit de la vertu?<br />

Par moi nos dieux ont fui d'Alexandrie,<br />

Et d'lsis le culte est détruit.<br />

Grands Pharaons, nobles Lagides,<br />

Vous me fuiriez avec horreur!<br />

Du destin qui m'accable est-ce à moi de me plaindre?<br />

4 <strong>Die</strong> <strong>Tugendheldin</strong> im Monodrama<br />

Actium m'a livrée au vainqueur qui me brave;<br />

Mon sceptre, mes trésors ont passé dans ses mains;<br />

Ma beauté me restait, et les mépris d'Octave<br />

Pour me vaincre ont fait plus que le fer des Romains.<br />

Ah! qu'ils sont loin ces jours, etc.<br />

Mes pleurs même ont coulé sur ses mains répandus,<br />

J’ai subi l’affront des refus.<br />

Moi! ... qui du sein des mers, comparable à Vénus,<br />

M'élançai triomphante aux rives du Cydnus!<br />

Au comble des revers, qu'aurais-je encore à craindre?<br />

Reine coupable, que dis-tu?<br />

Du destin qui m'accable est-ce à moi de me plaindre?<br />

Ai-je pour l’accuser les droits de la vertu?<br />

J'ai d'un époux déshonoré la vie.<br />

C'est par moi qu'aux Romains l'Égypte est asservie,<br />

Et que d'lsis l'ancien culte est détruit.<br />

Quel asile chercher? Sans parents! sans patrie!<br />

Il n'en est plus pour moi que l'éternelle nuit!<br />

Ai-je pour l'accuser le droit de la vertu?<br />

Grands Pharaons, nobles Lagides,<br />

Verrez-vous entrer sans courroux,<br />

Pour dormir dans vos pyramides,<br />

Une reine indigne de vous?<br />

Non, j'ai d'un époux déshonoré la vie.<br />

Sa cendre est sous mes yeux, son ombre me poursuit.<br />

C'est par moi qu'aux Romains l'Égypte est asservie.<br />

Par moi nos dieux ont fui les murs d'Alexandrie,<br />

Et d'Isis le culte est détruit.<br />

Osiris proscrit ma couronne.<br />

A Typhon je livre mes jours!<br />

Contre l'horreur qui m'environne<br />

Un vil reptile est mon recours.<br />

<strong>Die</strong>ux du Nil ... vous m'avez ... trahie!<br />

Octave ... m'attend ... a son char.<br />

Cléopâtre en ... quittant ... la vie,<br />

Redevient digne de ... César!<br />

In signifikanter Weise wurde das Thema der profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen auch in<br />

der neuen theatralischen Form des Monodramas 70 aufgegriffen. <strong>Die</strong>s mag auch<br />

deshalb nahegelegen haben, weil Monodramen eine Domäne weiblicher Schau-<br />

spielkunst waren. Sophonisbe, Kleopatra und Dido avancierten so zu Protagonis-<br />

ten von Monodramen. 71<br />

70 Vgl. Vöhler, Martin: »Monodrama«, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, hrsg. von Harald<br />

Fricker, Bd.2, Berlin / New York 2000, S. 627-629. Außerdem Schimpf, Wolfgang: Das Melodrama des 18.<br />

Jahrhunderts, Göttingen 1988 und Küster, Ulrike: Das Melodrama, Zum ästhetikgeschichtlichen Zusammenhang<br />

von Dichtung und Musik im 18. Jahrhundert, Frankfurt / Berlin / Bern 1993.<br />

71 Am Anfang steht vielleicht <strong>August</strong> Gottlieb Meißners Sophonisbe von 1776. Nachgewiesen sind weiterhin<br />

ein Duodrama Antonius und Cleopatra von Bernhard Christoph d’Arien, das 1779 zum ersten Mal in Berlin zur<br />

Aufführung kam. (Zu weiteren Aufführungen vgl. Schimpf, a.a.O., S. 203). Das Duodrama Cleopatra von Johann<br />

Leopold Neumann wurde zuerst 1780 im Mannheimer Hoftheater aufgeführt (zu weiteren Aufführungen<br />

vgl. Schimpf, a.a.O., S. 210). Aufführungsorte und -daten des Melodramas Dido von <strong>Georg</strong> Reinbeck konnten<br />

nicht ermittelt werden (vgl. Schimpf, a.a.O., S. 211).<br />

288


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Der die Gattung begründende Pygmalion 72 Jean Jacques Rousseaus wurde 1770<br />

in Lyon und 1772 in Paris aufgeführt. <strong>Die</strong> musikalisch begleitete »scène lyrique«<br />

galt in Frankreich und darüber hinaus in allen europäischen Ländern <strong>als</strong> Sensation.<br />

73 Dass Rousseau mit dem Pygmalion-Mythos künstlerisches Selbstverständnis<br />

und Kreativität zum Thema machte, sicherte den Erfolg der neuen Gattung beim<br />

Publikum, aber auch bei den Künstlern. 74 <strong>Die</strong> Gattung des Monodramas verlangt,<br />

dass der <strong>als</strong> vorausgegangen gedachte und <strong>als</strong> bekannt vorausgesetzte Gang der<br />

Handlung schon weit fortgeschritten ist. <strong>Die</strong> Sprechhandlung setzt erst dort ein, wo<br />

sich die dramatis persona in einer ›bedeutenden‹ Situation, einer Krise, befindet,<br />

die durch den Zwang zur Entscheidung kennzeichnet ist. Extreme Gefühlsschwankungen<br />

und bedingungslose Affekte führen den Zuschauern das Dilemma der<br />

Hauptfigur vor. Sie sollen an den Emotionen der Protagonistin teilhaben und sich in<br />

suggestiver Einfühlung auf den Entscheidungsprozess einlassen. <strong>Die</strong> Stoffe wurden<br />

vorwiegend aus hinlänglich bekannten Mythen und aus der antiken Geschichte gewählt:<br />

Elektra, Polyxena, Ariadne auf Naxos, Medea, Sappho, Dido, Niobe, Kleopatra,<br />

Hero, Iphigenie, Sophonisbe 75 . Nicht zufällig beschränkte sich das Repertoire<br />

weitgehend auf Frauenfiguren. <strong>Die</strong> in der Epoche der Empfindsamkeit und des<br />

Sturm und Drang entstandene neue Gattung verfestigte die Geschlechterdifferenzen<br />

76 und überlud die weiblichen Protagonisten mit Gefühlen und Affekten. <strong>Tugendheldin</strong>nen<br />

waren deshalb <strong>als</strong> Vorwurf besonders geeignet. <strong>Die</strong> modische Gattung<br />

reüssierte am Ende des 18. Jahrhunderts rasch. Da beim Publikum die Vorgeschichte<br />

<strong>als</strong> bekannt vorausgesetzt werden konnte, konzentrierten sich die Monologe<br />

auf die inneren Konflikte. <strong>Die</strong> kritische Entscheidungssituation gestattete es, die<br />

ganze Bandbreite der Affekte von hoffnungsloser Verzweiflung bis zu grenzenloser<br />

Freude in eine einzige Szenenfolge zu drängen, die der Schauspielerin Gelegenheit<br />

bot, in der Reflexion des Konflikts kurz hintereinander gegensätzlichste Affekte dar-<br />

72 Rousseau, Jean-Jacques: Oeuvres complètes, hrsg. von Bernard Gagnebin / Marcel Raymond, Paris 1964<br />

(Bibliothèque de la Pléiade), Bd. 2, Text des »Pygmalion« S. 1224-1231; Text zur Zwischenmusik S. 1929-<br />

1930.<br />

73 Vgl. das entsprechende Kapitel in der Monographie von Demmer, Sybille: Untersuchungen zu Form und<br />

Geschichte des Monodramas, Köln 1982, S. 21-29.<br />

74 Im Monodrama tritt nur ein sprechender Akteur auf, dem allerdings stumme Personen wie Boten oder Bedienstete<br />

assistieren können. Monologe <strong>als</strong> zentrales Gestaltungsmittel bringen innere Konflikte mit ihren psychischen<br />

Auswirkungen auf die Bühne. Pathosreiche Gestik und Mimik boten einer Schauspielerin – männliche<br />

Rollen waren im Monodrama eher die Ausnahme – die Möglichkeit, zu brillieren, ohne Aufmerksamkeit und<br />

Applaus mit Mitspielern teilen zu müssen. Hierin ist das Monodrama der Kammerkantate vergleichbar. <strong>Die</strong>se<br />

Nähe zeigt sich auch darin, dass für zahlreiche Monodramen musikalische Begleitungen oder Interludien komponiert<br />

wurden. so dass sich die Frage aufdrängt, ob die Affinitäten zur im Jahrhundert vorher entwickelten<br />

Kammerkantate nicht größer waren <strong>als</strong> in der Forschung bisher angenommen (so auch Schmitz, Eugen: Geschichte<br />

der Kantate, a.a.O., S. 286 und 302). Bereits Rousseau war die Verbindung von Monolog und Musik,<br />

die in seinem Monodrama <strong>als</strong> Zwischenspiele Stimmung und Affekte der nachfolgenden Szenen vorbereitete,<br />

so wichtig, dass er im Commentaire des intermédes musicaux de Pygmalion die harmonische Wechselbeeinflussung<br />

der beiden Künste und den daraus entstehenden Gesamteindruck grundsätzlich bedachte. Eine literaturwissenschaftliche<br />

und musikologische Fragestellungen aufgreifende Untersuchung des Monodramas,<br />

welche die Interferenzen zwischen Kantate und Monodrama klärt, steht noch aus.<br />

75 Eine auf den deutschsprachigen Bereich beschränkte Liste findet sich im Anhang zu Demmers Monographie,<br />

a.a.O., S. 265-270; sie zeigt, dass für Monodramen fast ausschließlich weibliche Protagonisten gewählt<br />

wurden. Schimpf beschränkt sich (a.a.O., S. 254-267) in seiner Aufführungschronologie ebenfalls auf den<br />

deutschsprachigen Raum. Für diesen eingegrenzten Aufführungsraum wird deutlich, dass zwischen 1775 und<br />

1800 Monodramen <strong>als</strong> attraktive Neuerscheinungen galten und Zuschauerscharen anlockten.<br />

76 <strong>Die</strong> These von Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt/Main 1 1990 (Gender Trouble:<br />

Feminism and the Subversion of Identity, Routledge 1990), aufgreifend, könnte man sagen, dass die weiblichen<br />

Protagonisten der Monodramen in ihrer ›Performance‹, der künstlerischen Realisierung und Inszenierung<br />

von Geschlecht und von Erwartungen an die Geschlechteridentität, ein höchstes Maß an ›Performativität‹<br />

zeigen. Sie wiederholen in ihrem Spiel am eigenen Körper soziokulturelle Zuschreibungen und machen damit<br />

kulturell bedingte Geschlechtsrollen sichtbar. Mit dieser John L. Austin entlehnten Terminologie verdeutlicht die<br />

Genderforschung einen wichtigen Aspekt der empfindsamen Umdeutung und Neuinterpretation der überlieferten<br />

Stoffe.<br />

289


IX Von der vertu zum Affekt<br />

zustellen: diese und nicht die »Begebenheit« 77 stehen im Mittelpunkt. Allenfalls in<br />

elegischer Rückerinnerung taucht vergangenes Geschehen auf und wird von der<br />

Hauptperson überdacht. Narrative Elemente treten zurück; das Konfliktpotential<br />

wird durch die monologische Situation häufig vom Dramatischen ins Lyrische verschoben<br />

und in ein ›Seelengemälde‹ umgesetzt. 78<br />

<strong>August</strong> Gottlieb Meißner (1753-1807) trug in seinem Monodrama Sophonisbe 79 ,<br />

das <strong>als</strong> »ein musikalisches Drama, mit historischem Prolog und Chören« bereits<br />

1776 gedruckt wurde, den wesentlich später von Goethe formulierten Ansprüchen 80<br />

an ein Monodrama vollständig Rechnung.<br />

In acht unmittelbar aufeinander folgenden Situationen wechseln die Affekte der Protagonistin<br />

ständig. Zunächst bereitet Sophonisbe feierlich bewegt ihre zweite Vermählung<br />

vor. Palastdekoration und Festkleidung der Königin unterstreichen den<br />

›hohen Stil‹. Im Rückblick erinnert sich die Königin an ihren im Kampf gegen die<br />

Römer gefallenen ersten Mann Syphax. Sie wird den Jugendgeliebten Massinissa<br />

heiraten, um ihn für die karthagische Sache zurückzugewinnen. In die freudige<br />

Stimmung bricht Atarspe mit der Nachricht ein, die Stadt sei von den Römern eingenommen.<br />

Sophonisbes Stimmung wandelt sich in Verzweiflung und Hilflosigkeit.<br />

Wenig später führt Atarspe den Boten Massinissas herein. <strong>Die</strong> Königin liest, nach-<br />

77 Heinrich Christoph Koch (Musikalisches Lexikon, Frankfurt/Main 1802, S. 945-947) gibt in seinem Artikel<br />

»Melodrama« eine Definition, die ganz dem Monodrama entspricht. Es folgt ein Zitat von D. Schmieder (aus<br />

dem Theaterjournal, Bd.1, 1799): »Das Melodrama muß <strong>als</strong> ein lyrisches Kunstwerk, ein Gefühl im Objecte<br />

darstellen. Der Dichter hat hier die Obliegenheit, dies Gefühl gleichsam nur anzudeuten, weil die möglichst<br />

vollkommenste Darstellung durch die Dichtkunst (wenn es nemlich nicht der Fall ist, daß durch die Töne selbst<br />

dies Gefühl einer weit höhern Verstärkung fähig ist,) schon ein an sich bestehendes Kunstwerk ausmachen<br />

würde, und die Mitwirkung der Musik nicht ausdrücklich erforderte, da diese in diesem Falle doch weiter nichts<br />

thun könne, <strong>als</strong> das geschilderte Gefühl zu begleiten, aber nicht zu erheben. Das Melodrama schildert nicht<br />

Begebenheiten, sondern die Begebenheit ist nur das Mittel, welches dem Dichter dazu behülflich ist, die Affekten<br />

[!] selbst darzustellen. Nicht Ariadnens trauriges Schicksal, sondern die Verzweiflung einer Liebenden ist<br />

der Hauptgegenstand in diesem Melodrama. <strong>Die</strong> Begebenheit selbst und ihre Darstellung ist <strong>als</strong>o hier nur<br />

gleichsam eine Begleitung, um den Hauptpunkt desto stärker hervor zu heben. <strong>Die</strong> Obliegenheit des Komponisten<br />

ist <strong>als</strong>o hier, die Affekten der handelnden Personen selbst, durch das Mittel, was er in Händen hat, hervorzubringen.«<br />

78 Der im Monodrama erwarteten A f f e k t ü b e r z e i c h n u n g dienen alle Inszenierungsaspekte. Goethe hat<br />

sie 1815 anlässlich der Wiederaufführung seiner »Proserpina« zusammengefasst: »1) Dekoration, 2) Rezitation<br />

und Deklamation, 3) körperliche Bewegung, 4) Mitwirkung der Kleidung, 5) Musik, und zwar a) indem sie<br />

die Rede begleitet, b) indem sie zu malerischen Bewegungen auffordert, c) indem sie den Chor melodisch<br />

eintreten lässt. Alles dieses wird 6) durch ein Tableau geschlossen, und vollendet.« (MA 11/2, S. 191-198, hier<br />

S. 192).<br />

79 Meißner, <strong>August</strong> Gottlieb: Sophonisbe, ein musikalisch [!] Drama mit historischem Prolog und Chören, Leipzig<br />

1776. Dazu Schwarz, Monika: »Christian Gottlob Neefe: Sophonisbe, Drama mit musikalischer Begleitung«,<br />

in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, Bd. 4, hrsg. von Carl Dahlhaus, München 1991, S. 401f.<br />

80 Goethe, 1779 selbst mit seiner Proserpina (MA, Bd. 2.1, S. 161-164) Verfasser eines Monodramas, das<br />

1815 mit neu komponierter Musik wieder aufgeführt wurde, fasst im gleichzeitig entstandenen Lustspiel Der<br />

Triumph der Empfindsamkeit in scharfsichtiger, wenn auch überzeichnender Weise Merkmale des Monodramas<br />

zusammen und formuliert damit zugleich seine Kritik. <strong>Die</strong> Charakterisierung der neuen Theatergattung<br />

legt er Andrason, dem »humoristischen König« der Posse, in den Mund. Der Possenkönig erzählt, seine Frau<br />

verhalte sich »wunderbar«, ziehe sich in die Natur zurück und spiele manchmal mit Vergnügen Monodramen.<br />

Auf Fragen seines Mitspielers Sora erklärt Andrason die Gattungsbezeichnung korrekt aus dem Griechischen<br />

und antwortet ironisch auf den Einwurf, dass das Spiel für sich und mit sich allein doch wohl langweilig sei:<br />

»Für den Zuschauer wohl. Denn eigentlich ist die Person nicht allein, sie spielt aber doch allein; denn es können<br />

noch mehr Personen dabei sein, Liebhaber, Kammerjungfern, Najaden, Oreaden, Hamadryaden, Ehemänner,<br />

Hofmeister; aber eigentlich spielt sie für sich, es bleibt ein Monodrama. Es ist eben eine von den<br />

neusten Erfindungen; es lässt sich nichts darüber sagen. Solche Dinge finden großen Beifall. Sora: Und das<br />

spielt sie ganz allein für sich? Andrason: O ja! Oder, wenn etwa Dolch oder Gift zu bringen ist – denn es geht<br />

meistens etwas bunt her – wenn eine schreckliche Stimme aus dem Felsen oder durchs Schlüsselloch zu<br />

rufen hat, solche wichtige Rollen nimmt der Prinz über sich, wenn er da ist, oder in seiner Abwesenheit ihr<br />

Kammerdiener, ein sehr alberner Bursche; aber das ist eins.« (MA, Bd. 2.1, S. 171)<br />

290


IX Von der vertu zum Affekt<br />

dem sich <strong>Die</strong>nerin und Bote entfernt haben, Massinissas Brief und ist sofort entschlossen,<br />

das Gift zu trinken; doch will sie zuvor noch den Göttern ein Opfer bringen.<br />

Sophonisbe betritt den Tempel; ein Chor von Priestern leitet die Opferhandlungen<br />

ein. In der letzten Szene trinkt Sophonisbe, allein auf der Bühne, das Gift,<br />

verflucht die Römer und dankt ihrem ›Retter‹ Massinissa, weil er das Gift <strong>als</strong> »Becher<br />

der Freyheit« gesandt hat. Das Abschlusstableau zeigt die Sterbende am Altar<br />

hingesunken.<br />

Der zunächst <strong>als</strong> Grund der erneuten Heirat Sophonisbes beschworene karthagi-<br />

sche Patriotismus tritt rasch in den Hintergrund. <strong>Die</strong> Hälfte der Szenen sind großen<br />

Deklamationen der Königin gewidmet, die ständig radikale Gefühlsumschwünge<br />

erlebt: in kürzester Zeit müssen Hochzeitsfreude, Verzweiflung, Reflexionen über<br />

den Selbstmord und der Selbstmord selbst glaubhaft in Szene gesetzt werden. <strong>Die</strong><br />

wie in allen Monodramen extrem rhetorische Sprache der Protagonistin häuft Para-<br />

taxen, Anadiplosen, Anakoluthe, Aposiopesen und Interjektionen, um das ge-<br />

wünschte Pathos zu erreichen. Es bedurfte gewiss nachhaltigen schauspieleri-<br />

schen Talents, um die Szenenfolge nicht ins Triviale absinken und in expressiver<br />

Gestik und Mimik ertrinken zu lassen. 81 Christian Gottlob Neefe lässt die musikali-<br />

sche Begleitung mit häufigen und differenzierten Wechsel der Tempo- und Affekt-<br />

vorschriften die rasch wechselnden Stimmungen unterstützen. 82 Auch das von<br />

<strong>Georg</strong> Benda, dem erfolgreichsten Vertoner von Monodramen, etablierte rhythmi-<br />

sche Sprechen zur Musik (παρακαταλογή) findet sich bereits bei Meißner, bis hin<br />

zu einer ›Sprecharie‹ in da-capo-Form. 83<br />

Leopold Neumann hat sein recht dürftiges Duodrama Cleopatra 84 in zehn<br />

Auftritte gegliedert, wobei Monologszenen mit dialogischen alternieren.<br />

Kleopatra befindet sich bereits im Gefängnis, das sie <strong>als</strong> locus terribilis schildert. 85<br />

Octavian sucht die ägyptische Königin auf und malt ihr den bevorstehenden römi-<br />

81 <strong>Die</strong> schwülstige Rhetorik (vgl. Schimpf, a.a.O., S. 165-171) und die Monotonie der stets tödlich endenden<br />

Monodramen lösten offensichtlich beim Publikum große Begeisterung aus, provozierten aber auch kritische<br />

Einwände. So urteilte zum Beispiel Johann Carl Wetzel scharf über ein Ariadne-Monodrama: »Ariadne kam mir<br />

[...] wie ein Epigramm vor, worinne ihr Sturz in das Meer von Pflaumenfedern [sic!] die Pointe ist: je tiefer ich in<br />

den Monolog hineingerieth, je mehr fühlte ich die Unbehaglichkeit, die mich sehr stark übernehmen würde,<br />

wenn mir jemand ein Epigramm von zwo Oktavseiten vorläse, und ein dritter so viele Erläuterungen und Ausbildungen<br />

den einzelnen Ideen dazwischen schwatzte, daß ich die Spitze erst in einer halben Stunde erführe<br />

... Immer dachte ich – aber, beym Himmel! So schweig doch, Orchester! Daß sie endlich einmal sterben<br />

kann!« (Wetzel, Johann Carl: Zelmor und Ermide, Ein musikalisches Schauspiel, in: Wetzel, Johann Carl:<br />

Lustspiele, Bd. 2, Leipzig 1779, S. 2f.)<br />

82 Küster (a.a.O., S. 243-245) zählt in den etwas weniger <strong>als</strong> 900 Takten 78 Tempiwechsel.<br />

83 Zu Benda vgl. Schimpf, a.a.O., S. 268. Genaueres zu den Takten 506-551 bei Küster, a.a.O., S. 246f.<br />

84 Neumann, Leopold: Cleopatra, ein Duodrama, Mannheim 1780 (Beiträge zur Pfälzischen Schaubühne); die<br />

Musik komponierte Franz Danzi. Das Stück wurde 1780 mehrfach am Mannheimer Hoftheater gegeben; weitere<br />

Aufführungen für Hamburg und Regensburg sind nachgewiesen (vgl. Schimpf, a.a.O., S. 210). – <strong>Die</strong> genauen<br />

Lebensdaten Neumanns konnte ich nicht ermitteln.<br />

85 Neumann, a.a.O., S. 4: »Sey mir willkommen grauenvolle Einsamkeit! – Vorhof des Todes! – Schreckenvolle<br />

Höhle der nagenden Reue, wo sonst Verbrecher, von mir verurtheilt, dem Tode entgegen schauderten […] Du<br />

bist schrecklich, Ort meiner Sicherheit […].«<br />

291


IX Von der vertu zum Affekt<br />

schen Triumphzug aus, in dem sie <strong>als</strong> Beute mitgeführt werden soll. Durch Vertraute<br />

wird ihr ein Früchtekorb mit einer darin verborgenen Schlange gebracht. Ängste<br />

vor dem bevorstehenden Tod beschleichen sie:<br />

[…] in dieser Schale das Ziel meiner Größe, meines Glücks, meiner Hofnung<br />

[!], in dir mein Tod? Furchtsame! Warum schaudert dir? Warum bebst du? –<br />

Antonius nicht mehr? Hinter dir ewige Ketten! Und du zitterst? – – […] 86<br />

Als das Gift sie bereits in Agonie versetzt hat, wird der tödlich verwundete Antonius<br />

87 hereingetragen und stirbt zu ihren Füßen:<br />

Du lebst noch! Wohl mir, dass ich dich noch einmal umarmen kann. – O komm!<br />

– Du hörst nicht! Fliehst meine Pein! – (Indem sie sich aufrichtet, sieht sie,<br />

dass er schon stirbt.) Ah er stirbt zu meinen Füßen! – Warum ruftest du mich<br />

zurück! – Verzeuch noch einen Augenblick, so geh ich mit dir, schon schwingt<br />

mein Geist die Flügel. – (Indem sie wieder zurück sinkt und Antonius ganz verscheidet.)<br />

88<br />

Während ihrer letzten Atemzüge tritt Octavian ins Gefängnis, um Kleopatra auf sein<br />

Schiff zu bringen. Im Sterben erbittet Kleopatra ein gemeinsames Grab mit Antonius.<br />

Ein Doppelchor kommentiert das triumphierende Schlusswort des Octavian 89<br />

und wertet überraschenderweise Kleopatras Tod in einem Kehrreim moralisch:<br />

Das ist das Ziel der größten Macht,<br />

Wenn Tugend nicht am Throne wacht! 90<br />

Entschlusskraft und Liebe, vor allem aber moralische Verwerflichkeit charakterisie-<br />

ren Kleopatra <strong>als</strong> femme fatale. Der vom Chor vorgetragene ›moralische‹ Kom-<br />

mentar ist nur verständlich, wenn beim Publikum die Kenntnis der gesamten Epi-<br />

sode vorausgesetzt wird. 91<br />

<strong>August</strong> Siegfried von Goué (1742-1789) lässt in seinem Duodrama Dido 92<br />

die afrikanische Königin mit ihrer Schwester Anna auftreten.<br />

Anna bewundert Didos Großmut. 93 Als die Königin sich, effektvoll genug, auf der<br />

Bühne ersticht, zerfließt die herbeigeeilte Schwester in Mitgefühl und spricht die<br />

abschließenden Worte des Schlusstableaus, ihre tote Schwester, einer Pietà vergleichbar,<br />

im Arm haltend:<br />

Sie ist todt!<br />

Bewundern und beklagen muß man sie.<br />

Ihr Herz verdiente wohl ein beß’res Loos,<br />

86<br />

Neumann, a.a.O., S. 15.<br />

87<br />

Schimpf weist (a.a.O., S. 79) darauf hin, dass die letzten Worte des sterbenden Antonius von der Musik und<br />

von der Deklamation <strong>als</strong> pathetischer Höhepunkt inszeniert werden: »Bei dieser unter der Musik gesprochenen<br />

Rede, müsste die Musik nicht zu kurz seyn, damit der Schauspieler, der gebrochen reden muß, frei declamiren<br />

könne.« <strong>Die</strong>ser Effekt, der bereits von Benda versucht worden war, hat beim zeitgenössischen Publikum große<br />

Wirkung gehabt (vgl. Schimpf, a.a.O., S. 80).<br />

88<br />

Neumann, a.a.O., S. 17.<br />

89<br />

»Triumph! Mein Sieg ist nun vollkommen!« (S. 18)<br />

90<br />

Neumann, a.a.O., S. 19f.<br />

91<br />

Nach Schimpf (a.a.O., S. 40-46) wurden Monodramen an Höfen, in Städten, in adligen Gesellschaften und<br />

akademischen Liebhabertheatern gezeigt, häufig aber auch in Universitätsstädten, wo eine Spielerlaubnis für<br />

Theatertruppen schwer zu erhalten war und Monodramen <strong>als</strong> ›Konzerte‹ kaschiert zur Aufführung kamen.<br />

92<br />

Goué, <strong>August</strong> Siegfried von: Dido, ein Duodrama, Wetzlar 1771.<br />

93<br />

Goué, a.a.O., S. 18. »Ja, Dido, ich / Sprach ihn: allein umsonst. Er hörte mich / nicht aus. Er sagte, Jupiters<br />

Befehl / Sey widerholt an ihn, dass er die Stadt / Verlasse, schon ergangen. Doch du weißt / Es alles. Ich bewundre<br />

dich, dass du / So grosmuthsvoll dein Schicksal trägst. Denn ich / Getrau’te mir im Anfang dir es nicht /<br />

zu sagen.«<br />

292


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Als Untreu, Gram, und blut’gen Tod. 94<br />

Im Gegensatz zu Meißners Sophonisbe arbeitet das Duodrama nicht mit der »inne-<br />

ren Fallhöhe« 95 der Protagonistin. Dido ist bereits im ersten Auftritt zu Verzicht und<br />

Selbstmord entschlossen und zeigt noch so viel Besonnenheit, ihrer Schwester<br />

und ihrer Umgebung den bevorstehenden Selbstmord zu verheimlichen. Das recht<br />

inhaltsleere Duodrama hat wohl eine bissige Satire Heinrich von Gemmingens pro-<br />

voziert, die auf ihre Weise die nurmehr melodramatischen Absichten dieser späten<br />

Auftritte der <strong>Tugendheldin</strong> hervorhebt. 96<br />

M o n o d r a m en reduzieren den tragischen Konflikt subjektiver und objektiver<br />

Normen im Antagonismus von Politik und Liebe, der das Interesse der Frühen<br />

Neuzeit an den <strong>Tugendheldin</strong>nen geweckt hatte, noch weitergehender auf den<br />

Ausdruck subjektiver Affekte, <strong>als</strong> dies bereits in den stazioni sentimentali 97 der<br />

O p e r und den Halbfigurenbildern der H i s t o r i e n m a l e r e i der Fall war. <strong>Die</strong> Häu-<br />

fung wechselnder extremer Affekte in einer einzigen Szenenfolge wirkt heute eini-<br />

germaßen angestrengt, auch wenn sie auf moderne Psychodramen vorausweisen<br />

mag. Der zugrunde liegende Konflikt findet kein eigenes Interesse mehr; dieses<br />

wendet sich vielmehr ganz dem gestischen und mimischen Potential der Schau-<br />

spielerinnen zu, das den phrasenhaften und konventionalisierten Text erst zum<br />

Sprechen bringen konnte. Gerade darin dürfte der Reiz der modischen Monodra-<br />

men, Melodramen und Duodramen am Ende des 18. Jahrhunderts bestanden ha-<br />

ben. Gleichwohl sollte das Monodrama nicht <strong>als</strong> lyrischer Torso eines Trauer-<br />

spiels 98 abgewertet werden. An die Stelle eines klaren Wertedilemmas und weni-<br />

ger, aber starker Affekte, wie sie das frühneuzeitliche Theater verbindlich waren,<br />

ist im Monodrama eine Affektkonfusion getreten, die zusammen mit den (oft nicht<br />

94 Goué, a.a.O., S. 30.<br />

95 Schimpf, a.a.O., S. 110.<br />

96 <strong>Die</strong> Satire Dido erschien anonym in der Litteratur- und Theaterzeitung, 32 (1780), S. 497-510. Im ersten Teil<br />

werden die Verhandlungen zwischen dem Dichter und einem Grafen auf die Bühne gebracht, der »eine Komödie,<br />

wo man weint«, in Auftrag gibt. Da das Stück nicht viel kosten soll, schlägt der Dichter ein »Monodram«<br />

vor. Seine Frau wird die Hauptrolle übernehmen, der Schulmeister kann den musikalischen Part übernehmen<br />

(»Ja wohl. Wie ich mit dem gnädigen Herrn in der Stadt war, wo ich immer den Kammerdiener vorstelle, da<br />

hab ich’ s wohl gesehen. Alle zwey oder drey Worte wird dazu gegeigt.« [S. 503]) Ein Chor aus vier Sängern<br />

genügt. Zu Didos erstem Auftritt heißt die Anmerkung für den Musiker: »Anmerkung für den Tonkünstler. <strong>Die</strong><br />

Musik muß in dem Ton geschrieben seyn, wie es der Dichter im Prolog verlangte; und bey jedem Gedankenstrich<br />

muß die Musik einfallen.« (S. 505) Dido hat drei affektgeladene Auftritte und legt besonderen Wert auf<br />

Stottern und Stammeln. (»Wirst begreifen, lieber Leser, daß die Rolle der Dido zum Schreyen eingerichtet ist.<br />

Ein Hauptverdienst im Melodram.«) Der Chor versucht am Ende, Dido vor dem Selbstmord zu bewahren. Allerdings<br />

ersticht sie »in Wuth« ihre Helfer und dann sich selbst, um mit einem Sprung ins Feuer zu enden. »Ein<br />

großes Ballet beginnt, in welchem die vier todtgestochenen aufstehn, und gar niedlich mittanzen.« (S. 510) <strong>Die</strong><br />

satirischen Überzeichnungen charakterisieren die melodramatischen Verfahren.<br />

97 Vgl. S. 282.<br />

98 So bei Schimpf, a.a.O., S. 64-67.<br />

293


IX Von der vertu zum Affekt<br />

überlieferten) musikalischen Begleitungen oder Untermalungen 99 die Schauspiele-<br />

rin selbst in den Mittelpunkt des Interesses eines ebenso aristokratischen wie bür-<br />

gerlichen Publikums treten ließ. Damit wurde am Ende des 18. Jahrhunderts ein<br />

ständeübergreifendes Publikum erreicht, im Unterschied zur Kantate, die eher für<br />

den privaten Gebrauch intimer und elitärer Zirkel bestimmt war. <strong>Die</strong>s gilt auch für<br />

die etwa gleichzeitig in Mode kommenden Attitüden, die durch noch weitergehende<br />

Reduktionen auf die Gestik <strong>als</strong> aristokratische Variante des Monodramas aufge-<br />

fasst werden können.<br />

5 Attitüden: Das Motiv des ›schönen Sterbens‹ in den neuen Ausdruckskünsten<br />

Verwundert und konsterniert berichtet Marianne Krauss, die Kammerfrau der Male-<br />

rin Angelika Kauffmann, von einer Frühstückseinladung der Gräfin<br />

Solms in Neapel, bei der Lady Hamilton [Abb. 1] einige ihrer be-<br />

kannten Attitüden aufführte. Neben ihrer Herrin hatten sich auch der<br />

Maler Friedrich Rehberg (1758-1835) und der Antiquar Johann<br />

Friedrich Reifenstein (1719-1793) eingefunden.<br />

Abb. 1<br />

[...] ich schämte mich meiner starken Nerven, wie ich so Alles, Damens und Herren,<br />

weinen sah. wenns ichs so vorgesehen hätte, ich würde mir S<strong>als</strong> mitgenommen<br />

haben. da sizte <strong>als</strong>o die holzige Kraus neben einer Angelika, die so laut schlukte,<br />

das sich steine hätten bewegen können. Der arme Reheberg sah aus wie ein Knabe<br />

der düchtige schläge vom H. Schulmeister bekömt, H. Reifenstein weinde doch<br />

noch ziehrlich, man konnte die langsam herabrollenden andikischen Tränen zehlen.<br />

Miss Schinkens stand das weinen nicht sehr übel, es war der todten blassen gesichtsfarben<br />

sehr angemessen. Gräfin Solms weinde sich fast die Nase wider in<br />

jhre alte formen. der hofmeister von den prinzen Schwarzenberg weinde auch bitterlich.<br />

100<br />

<strong>Die</strong> neue Kunstform der Attitüden, die zur Verblüffung der Kammerzofe in der<br />

Frühstücksgesellschaft von Erschütterung und Tränen begleitete sentimentale Af-<br />

fektausbrüche auslöste, wurde am Ende des 18. Jahrhunderts zur modischen Un-<br />

terhaltung der europäischen Oberschichten. Wie Kammerkantate und Monodrama<br />

verlangte die neue theatralische Form, einer Performance vergleichbar, Konzentra-<br />

tion und Beschränkung auf einen emotionsgeladenen tragischen Moment, wozu<br />

sich Entscheidungs- und Abschiedssituationen anboten. <strong>Die</strong> frühneuzeitliche In-<br />

vention des ›schönen Sterbens‹ eignete sich auch für diese neue μετάβασις εἰς<br />

99 Zur musikalischen Begleitung von Monodramen vgl. Jiránek, Jaroslav: »Zur Geschichte des Melodramas«,<br />

in: http://publib.upol.cz/~obd/fulltext/Musicologica%206/musicol6-8.pdf (letzter Aufruf: 16.08.2006)<br />

100 Krauss, Marianne: Sammlung von Allerlei für mich gemerkt auf meiner Reise nach Italien zu Anfang des<br />

Jahres 1791, hrsg. von Fritz Muthmann, in: Neue Heidelberger Jahrbücher, 1931, S. 95-177, hier S. 138.<br />

294


IX Von der vertu zum Affekt<br />

ἀλλὸ γένος und wurde zu einem bevorzugten, wenn auch umgedeuteten Vorwurf<br />

der Attitüden.<br />

<strong>Die</strong> wortlose Kunstform der Attitüden gehört ebenso wie die Monodramen in die<br />

Epoche der Empfindsamkeit. Im Gegensatz zu Monodramen waren Attitüden aller-<br />

dings für ein kleines, ausgesuchtes und intimes Publikum bestimmt. Goethes be-<br />

richtet in seiner Italienischen Reise früh über solche Attitüdeninszenierungen:<br />

Wenn man in Rom gern studieren mag, so will man hier [Neapel] nur leben; man<br />

vergißt sich und die Welt und für mich ist es eine wunderliche Empfindung nur mit<br />

genießenden Menschen umzugehen. Der Ritter Hamilton, der noch immer <strong>als</strong> englischer<br />

Gesandter hier lebt, hat nun, nach so langer Kunstliebhaberei, nach so langem<br />

Naturstudium, den Gipfel aller Natur- und Kunstfreude in einem schönen Mädchen<br />

gefunden. Er hat sie bei sich, eine Engländerin von etwa zwanzig Jahren. Sie<br />

ist sehr schön und wohl gebaut. Er hat ihr ein griechisch Gewand machen lassen,<br />

das sie trefflich kleidet, dazu löst sie ihre Haare auf, nimmt ein paar Shawls und<br />

macht eine Abwechslung von Stellungen, Gebärden, Mienen etc., daß man zuletzt<br />

wirklich meint man träume. Man schaut, was so viele tausend Künstler gerne geleistet<br />

hätten, hier ganz fertig, in Bewegung und überraschender Abwechslung.<br />

Stehend, knieend, sitzend, liegend, ernst, traurig, neckisch, ausschweifend, bußfertig,<br />

lockend, drohend, ängstlich etc. eins folgt aufs andere und aus dem andern. Sie<br />

weiß zu jedem Ausdruck die Falten des Schleiers zu wählen, zu wechseln, und<br />

macht sich hundert Arten von Kopfputz mit denselben Tüchern. Der alte Ritter hält<br />

das Licht dazu und hat mit ganzer Seele sich diesem Gegenstand ergeben. Er findet<br />

in ihr alle Antiken, alle schöne Profile der Sicilianischen Münzen, ja den Belvederschen<br />

Apoll selbst. Soviel ist gewiß, der Spaß ist einzig! Wir haben ihn schon<br />

zwei Abende genossen. 101<br />

Als Emma Hart zwei Monate später erneut »ihre musikalischen und melischen Ta-<br />

lente« präsentierte, entdeckte Goethe den klassizistischen Hintergrund der Inven-<br />

tion und zugleich den Bildcharakter der Attitüden, die »antike Gemälde« und<br />

»selbst neuere Meisterwerke« ›aufführten‹ und deshalb im Grunde eines Rahmens<br />

bedurften. 102<br />

Exkurs: Illuminationen, ›lebende Bilder‹ und Attitüden<br />

<strong>Die</strong> Attitüden waren keine Invention der Lady Hamilton. <strong>Die</strong> seit 1782 für die Erziehung<br />

der königlichen Kinder verantwortliche aristokratische Schriftstellerin Stéphanie-Félicité<br />

de Genlis (1746-1830) hat wohl <strong>als</strong> erste ›lebende Bilder‹ und Attitüden<br />

einstudiert, wobei sie sich gelegentlich der Hilfe des Malers Jacques-Louis David<br />

(1748-1825) versicherte. Das neue Inszenierungsmuster unterhielt den Hofadel in<br />

101 Italienische Reise, 16. März 1787; MA, Bd. 15, S. 257-258.<br />

102 »Auffallend war mir ein aufrechtstehender, an der Vorderseite offener, inwendig schwarzangestrichener<br />

Kasten, von dem prächtigsten goldenen Rahmen eingefaßt. Der Raum groß genug um eine stehende menschliche<br />

Figur aufzunehmen, und dem gemäß erfuhren wir auch die Absicht. Der Kunst- und Mädchenfreund,<br />

nicht zufrieden das schöne Gebild <strong>als</strong> bewegliche Statue zu sehen, wollte sich auch an ihr <strong>als</strong> an einem bunten,<br />

unnachahmbaren Gemälde ergötzen und so hatte sie manchmal innerhalb dieses goldenen Rahmens, auf<br />

schwarzem Grund vielfarbig gekleidet, die antiken Gemälde von Pompeji und selbst neuere Meisterwerke<br />

nachgeahmt. <strong>Die</strong>se Epoche schien vorüber zu sein, auch war der Apparat schwer zu transportieren und ins<br />

rechte Licht zu setzen; uns konnte <strong>als</strong>o ein solches Schauspiel nicht zu Teil werden.« (Italienische Reise, 27.<br />

Mai 1787; ebd., S. 403)<br />

295


IX Von der vertu zum Affekt<br />

den Sommermonaten auf dem Lande und bot jungen Damen die Gelegenheit, spielerisch<br />

anmutiges Verhalten und graziöse Posen zu erlernen. 103<br />

Gerade in Frankreich unterschieden sich Attitüden nicht immer scharf von der Inszenierung<br />

›lebender Bilder‹, für die sich verschiedene Vorläuferformen nachweisen<br />

lassen. 104 Doch finden sich Unterscheidungsmerkmale schon in den Frühformen:<br />

Tableaux vivants sind an eine Bühne gebunden, auf der meist mehrere Personen<br />

ein wirklich vorhandenes oder auch nur gedachtes Gemälde nachstellen. <strong>Die</strong><br />

meist mythologischen oder historischen Themen verdanken sich der Historienmalerei;<br />

später finden sich auch Motive aus dem Genre. <strong>Die</strong> Mitspielenden, die eigentlich<br />

Mitstellende genannt werden müssten, arrangierten sich hinter einem Vorhang.<br />

Wurde dieser geöffnet, war absolute Bewegungslosigkeit oberstes Gebot, da dem<br />

Publikum für ein oder zwei Minuten die Illusion eines Gemäldes geboten werden<br />

sollte. 105<br />

Attitüden teilen mit dem ›lebenden Bild‹ die Bewegungslosigkeit. Ohne Bühne und<br />

Vorhang wurden sie vor den Augen aller aus der Bewegung heraus entwickelt,<br />

wenn eine Künstlerin die Hauptperson eines realen oder fiktiven Gemäldes oder eine<br />

antike Statue nachstellte. Sorgfalt wurde auf Beleuchtung und einen meist dunklen<br />

Hintergrund gelegt. <strong>Die</strong> eingenommene Pose hielt <strong>als</strong> zum Zitat verdichtete Abbreviation<br />

den dramatischen Moment einer Entscheidungssituation fest: Handlung<br />

und Katharsis gehen in einem sprachlosen, Transitorisches festhaltenden Moment<br />

ineinander über. 106<br />

<strong>Die</strong>se eigenartige Form der Antikenrezeption setzte einen Bildungsfundus voraus,<br />

über den nur die europäische Oberschicht des ausgehenden 18. Jahrhunderts verfügte,<br />

die im Grand Tour 107 die Originale, aber auch museale Inszenierungen kennengelernt<br />

hatte, die dem sich auf Bildungsreise befindenden Publikum durch Illuminationen<br />

und andere Inszenierungsformen einen neuen Zugang zu den antiken<br />

Werken verschaffen wollten. 108 Das imaginierende Betrachten antiker Skulpturen<br />

setzte auf die Einbildungskraft des Betrachters und ließ die antiken Statuen ›belebt‹,<br />

›atmend‹ oder ›lebendig‹ erfahren; der Betrachter meditierte sich sozusagen<br />

in die Rolle des Pygmalion hinein. I l l u m i n a t i o n e n , von denen auch Goethe in<br />

der Italienischen Reise berichtet, ›verlebendigten‹ Skulpturen. Der nächtliche Besuch<br />

eines Antikensa<strong>als</strong> bei Fackelbeleuchtung konnte durch Licht- und Schattenspiel<br />

reale Körperlichkeit vortäuschen. 109<br />

103 Vgl. dazu vor allem Birgit Jooss, a.a.O., S. 93-97.<br />

104 Zwei neuere Untersuchungen arbeiten auch die ältere Forschungsliteratur auf: Ittershagen, Ulrike: Lady<br />

Hamiltons Attitüden, Mainz 1999 und Jooss, Birgit: Lebende Bilder, Körperliche Nachahmung von Kunstwerken<br />

in der Goethezeit, Berlin 1999; vgl. außerdem Egger, Irmgard: »Eikones: zur Inszenierung der Bilder in<br />

Goethes Romanen« in: Goethe-Jahrbuch 2001, Weimar 2002, S. 260-273.<br />

105 Vgl. Jooss, a.a.O., S. 94 und den sehr materialreichen Aufsatz von Langen, <strong>August</strong>: »Attitüde und Tableau<br />

in der Goethezeit«, in: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 12 (1968), S. 194-258.<br />

106 »Mme. De Genlis aimait à offrir le spectacle de Paméla dans une attitude théâtrale à tout moment, dans un<br />

salon, une promenade ou en visite. Elle disait ainsi: ›Paméla, faites Héloïse!‹ Paméla enlevait alors son<br />

peigne. Ses longs cheveux tombaient en lourdes boucles sur ses reins. Elle se précipitait un genou en terre, le<br />

dos courbé, un bras levé, les yeux portés au ciel, figée dans une extase passionnée. On comprend que tous<br />

ceux qui assistèrent à ce tableau vivant improvisé en reçurent une impression profonde!« Zitiert nach Jooss,<br />

a.a.O., S. 95.<br />

107 Vgl. Wilton, Andrew / Bignamini, Ilaria (Hrsg.): AK Grand Tour, The Lure of Italy in the Eighteenth Century,<br />

London 1996; Allen, Brian: »<strong>Die</strong> Grand Tour der Briten, Künstler und Reisende in Rom in der Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts«, in Baumgärtel, Bettina (Hrsg.): AK Angelika Kauffmann, Ostfildern-Ruit 1998, S. 47-51.<br />

108 Vgl. <strong>Die</strong>rs, Michael: »(Nach-)Lebende Bilder. Praxisformen klassizistischer Kunsttheorie«, in: Burdorf, <strong>Die</strong>ter<br />

/ Schweickard, Wolfgang (Hrsg.): <strong>Die</strong> schöne Verwirrung der Phantasie, Tübingen 1998, S. 175-205.<br />

109 Ein interessantes Beispiel dokumentiert Karl <strong>August</strong> Böttigers 1808 veröffentlichter Aufsatz »<strong>Die</strong> Dresdner<br />

Antikengalerie bei Fackelbeleuchtung gesehen« (Angaben bei Langen, a.a.O., S. 208). Auch Louise Seidler<br />

berichtet aus der Zeit ihres Romaufenthalts (1818-1823) von einer für die romantische Freundes- und Künstlergruppe<br />

veranstalteten Illumination und ihrem nachhaltigen Eindruck: »Unbeschreiblich war der Eindruck, <strong>als</strong><br />

einst Herr von Quandt nächtlicher Weile die unübersehbare Galerie der plastischen Bildwerke [im Vatikan]<br />

durch Fackeln beleuchten ließ. <strong>Die</strong> Statuen schienen Leben zu athmen, so frappant wirkte die düsterrothe<br />

296


IX Von der vertu zum Affekt<br />

<strong>Die</strong> Verfahren der ›lebenden Bilder‹ und ›Illuminationen‹ wurden von den A t t i t üden<br />

gesteigert; sie ermöglichten eine noch intensivere Vergegenwärtigung der Antike,<br />

weil sie stets <strong>als</strong> Serien einstudiert wurden. Eine isolierte Attitüde genügte<br />

nicht; immer wurde eine Reihe unterschiedlicher Posen hintereinander eingenommen,<br />

so dass Horace Walpole, <strong>als</strong> er 1791 maliziös die nicht standesgemäße Verehelichung<br />

des britischen Diplomaten mit Emma Hart kommentierte, dieses Reihungsprinzip<br />

hervorhob: »Sir William Hamilton has actually married his gallery of<br />

statues.« 110 Aufzeichnungen verschiedener Teilnehmer an derartigen Veranstaltungen<br />

belegen, dass Attitüden meist auf Gefühlskontraste abzielten: <strong>Die</strong> Verzweiflung<br />

der Niobe ging in den Rausch einer Bacchantin über, die sich in eine ruhende<br />

Sphinx verwandelte, um wenige Minuten später in eine sterbende Kleopatra umgeformt<br />

zu werden.<br />

In das Stammbuch der Attitüdenkünstlerin Hendel-Schütz (1772-1849) hat der<br />

Dichter Zacharias Werner ein langes Huldigungspoem 111 eingetragen, das detailliert<br />

über die Verfahren der Künstlerin unterrichtet. Sie stellte zunächst Isis, eine Sphinx<br />

und Galathea dar, um danach Maria bei der Verkündigung, unter dem Kreuz, <strong>als</strong><br />

Pietà und bei der Himmelfahrt zu inszenieren. Den Abschluss dieser Serie bildeten<br />

die antiken Frauenfiguren Pythia, Kleopatra, Virginia, Arria und Kassandra. Gegensätzliche<br />

Seelenzustände in kurzer Zeit überzeugend vorzustellen und damit beim<br />

Publikum Tränen hervorzurufen, galt <strong>als</strong> höchstes Ziel der künstlerischen Performance.<br />

Krise oder Kairos einer mythologischen oder historischen Figur zu veranschaulichen,<br />

blieb zentrale Aufgabe der hybriden Kunstform. 112<br />

Friedrich Rehbergs (1758-1835) Zeichnungen geben einen, wenn auch unvollstän-<br />

digen, Eindruck davon, über welches Attitüdenrepertoire Lady Hamilton verfügte;<br />

sie wurden schon 1794 von Tommaso Piroli (um 1752-1824) <strong>als</strong> Umrisse in Flax-<br />

mans Art gestochen: eine Sybille, Maria Magdalena [Abb. 2], eine verliebte einsame<br />

Träumerin, Sophonisbe, Amymone, eine Muse des Tanzes, Iphigenie, eine Nym-<br />

phe, eine Priesterin, Kleopatra [Abb. 3], die Heilige Rosa und Niobe [Abb. 4]. 113 In<br />

ganz Europa sorgte die graphische Dokumentation der Attitüden der Lady Hamil-<br />

Gluth, der hin- und herschwankende Schatten. All das Große, das Erhabene trat doppelt siegreich und majestätisch<br />

in die Erscheinung, und manches früher Uebersehene entzückte jetzt; so die Gruppe eines Ehepaares,<br />

das sich die Hände reicht. Etwas Innigeres kann man kaum sehen; Rauch hat denn auch später diese Idee<br />

zum Grabmale des Niebuhrschen Ehepaares benutzt.« (Kaufmann, Sylke [Hrsg.]: Goethes Malerin, <strong>Die</strong> Erinnerungen<br />

der Louise Seidler, Berlin 2003, S. 244)<br />

110 Das Zitat stammt aus einem am 11.9.1791 verfassten Brief Walpoles an Marry Berry. (vgl. Ittershagen,<br />

a.a.O., S. 41). Lady Hamilton weckte in der europäischen Gesellschaft auch später noch eine gewisse Sensationslust.<br />

Karoline Jagemann berichtet von einer Einladung bei der Familie von Arnstein während ihrer Wiener<br />

Ausbildungszeit <strong>als</strong> Sängerin: »In ihrer hübschen Behausung sah man täglich Fremde aus allen Ländern, auch<br />

Lord Nelson mit der durch ihre Attitüden bekannten Lady Hamilton wurde erwartet. Nach vielen Stunden der<br />

Ungewissheit, ob die Herrschaften der Einladung Folge leisten würden, erschienen sie endlich; Nelson, ein<br />

kleiner, magerer Mann mit einem Auge und einem Arm, dem man den Helden nicht ansah, Lady Hamilton eine<br />

hohe, stattliche Gestalt mit dem Kopfe einer Pallas, hinter ihm drein, seinen Hut unter dem Arme tragend. Sie<br />

blieben den ganzen Abend und ließen ihre Wirte in der größten Satisfaktion über die ihnen gewordene Ehre<br />

zurück.« In: <strong>Die</strong> Erinnerungen der Karoline Jagemann, hrsg. von Eduard von Bamberg, Dresden 1926, S. 151-<br />

152.<br />

111 Schütz, Karl-Friedrich Julius: Blumenlese aus dem Stammbuche der deutschen mimischen Künstlerin Frau<br />

Henriette Hendel-Schütz, gebornen Schüler, Leipzig / Altenburg 1815, S. 27-35.<br />

112 Renis Halbfigurenbilder, die sich auf einen Affekt konzentrierten und durchaus <strong>als</strong> Serien verstanden werden<br />

können, erproben bereits Verfahren der Reduktion, wie sie später in den Attitüden üblich wurden.<br />

113 <strong>Die</strong> Serie erschien 1794 in Rom unter dem Titel: Friedrich Rehberg & Tommaso Piroli: Drawings Faithfully<br />

copied from Nature at Naples and with permission dedicated to the Right Honourable Sir William Hamilton.<br />

Katalog 303 und 304.<br />

297


IX Von der vertu zum Affekt<br />

ton für die Verbreitung der neuen Inszenierungskunst; sie wurde <strong>als</strong> Vorlage von<br />

Attitüden-Künstlerinnen, aber auch Malern benützt. Deshalb folgten viele Neuauf-<br />

Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4<br />

Lagen und Neuzusammenstellungen, die auch durch Stiche pompejanischer<br />

Wandmalerei 114 ergänzt wurden, um dem antikisierenden Zeitgeschmack entspre-<br />

chend die Attitüden in einen Zusammenhang mit Tanzdarstellungen des Altertums<br />

zu bringen.<br />

Das Motiv der sterbenden Sophonisbe findet sich <strong>als</strong> Blatt IV im Stichwerk<br />

von Piroli. [Abb. 5] <strong>Die</strong> Königin, in der Frühen Neuzeit vornehmlich durch Stärke<br />

und Standhaftigkeit charakterisiert und entsprechend ins Bild gesetzt, wurde von<br />

Lady Hamilton äußerst emotionalisiert inszeniert. Das aufgelöste Haar, das auf-<br />

wärts gewandte Gesicht, der geöffnete Mund steigern den Gesamteindruck ins<br />

Schmerzvolle. 115 <strong>Die</strong> Künstlerin ahmt die Gestik einer Verzweifelten nach, wobei<br />

die Anleihen bei Reni überdeutlich sind. In breiter ausladender Bewegung beider<br />

Arme wird zwischen der Trinkschale in Sophonisbes rechter<br />

Hand und dem kleinen Giftgefäß auf einer Säule ein Bogen<br />

gespannt. Mit dem angewinkelten linken Arm stützt sich die<br />

Protagonistin auf die Säule und nimmt so eine konventionell<br />

<strong>als</strong> Trauer und Kontemplation verstandene Haltung ein. 116<br />

Den stärksten Ausdruck erzielt die Künstlerin durch das<br />

›Haareraufen‹, mit dem seit der Antike Frauen ihre Trauer<br />

Abb. 5<br />

114 Ausführlich dazu Köhn, Silke (Hrsg.): AK Lady Hamilton und Tischbein, Der Künstler und sein Modell, Oldenburg<br />

1999, S. 15-16. Außerdem Ittershagen, a.a.O., S. 72-110.<br />

115 Alois Hirt charakterisiert die Inszenierung folgendermaßen: »Vierte Figur. Sie hat die Stellung einer Sofonisbe,<br />

stehend, in der Rechten die Giftschale ausgestreckt haltend, ihr Körper seitwärts gelehnt, und das<br />

Haupt – die Augen gen Himmel – auf die linke Hand gegen die Säule stützend. Alles drückt das Ringen mit<br />

dem Entschluß des Todes aus.« (VI. Kunstanzeige [zu Lady Hamiltons Attitüden], in: Der neue Teutsche Merkur,<br />

2 (1794), S. 415)<br />

116 Vgl. Ittershagen, a.a.O., S. 91.<br />

298


IX Von der vertu zum Affekt<br />

öffentlich machten. Das nur mäßig gefältelte griechische Gewand lässt auch in<br />

dieser angespannten und verzweifelten Haltung noch einen ausgewogenen Kont-<br />

rapost erkennen.<br />

<strong>Die</strong> Sophonisbe-Attitüde der Lady Hamilton verdeutlicht, dass sich die Bild-<br />

dramaturgie der ›<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>‹ seit der Frühen Neuzeit völlig<br />

verändert hat. Stand im neustoischen Bildprogramm Sophonisbes Tod <strong>als</strong> Beispiel<br />

für die Selbstbehauptung einer ›starken Frau‹, tritt nunmehr die Affektdarstellung<br />

völlig in den Vordergrund. In einer Attitüdenperformance mythologischer oder<br />

historischer Figuren wurden offensichtlich extreme Affekte dargestellt und insze-<br />

niert. <strong>Die</strong> romantischen Betrachter der Sophonisbe-Attitüde interessierten sich<br />

nicht mehr für neustoische constantia und den Konflikt von Liebe und Politik, son-<br />

dern für den verzweifelten Seelenzustand einer zum Selbstmord entschlossenen<br />

Frau. 117 <strong>Die</strong> immer noch vorausgesetzte historische Reminiszenz dient nur noch<br />

<strong>als</strong> Ausgangspunkt einer Performance, für die der weibliche Körper zur ›Einschrei-<br />

befläche‹ für Wandlungen der Seele wird. 118 <strong>Die</strong> Modifikationen des Körperaus-<br />

drucks, auf die die Attitüdenkunst setzt, bringen die psychischen Folgen eines ab-<br />

soluten Affekts zum Ausdruck, versteht man sie <strong>als</strong> »natürliche Folgen der inneren<br />

Beschaffenheit der Seele« 119 , wie es Johann Jakob Engel in seinen Ideen zu einer<br />

Mimik formulierte. Das allmähliche Verblassen des neustoischen Tugendbegriffs,<br />

der den Affekt nur <strong>als</strong> Gegenpol benötigte, zeigt sich darin, dass die romantische<br />

Attitüde nur noch auf die Affektdarstellung abhebt. 120<br />

117 Bezeichnenderweise wählte Lady Hamilton für ihre Inszenierung der Kleopatra aus den zahlreichen denkbaren<br />

Episoden den Kniefall vor Octavian. Der Epochengeschmack forderte eine ägyptische Königin, die sich<br />

demütigt, und nicht eine selbstbewusste Frau, die ihren Selbstmord wählt, um einer (politischen) Erniedrigung<br />

zu entgehen.<br />

118 Es gab übrigens bezeichnenderweise nur einen einzigen männlichen Attitüdenkünstler, Gustav Anton Freiherrn<br />

von Seckendorff (1775-1823), der unter dem Künstlernamen Patrik Peale auftrat und dem nicht zufällig<br />

homosexuelle Neigungen nachgesagt wurden. Er wird in einem Brief der Friederike Brun an Caroline von<br />

Humboldt vom 13. April 1811 erwähnt: »[...] Wir haben hier [in Kopenhagen] den berühmten Pantomimen –<br />

Deklamateur – Bildsäulen – u. Gemählde-Darsteller Patrick Peale (Sein wahrer Nahmen ist Seckendorff und<br />

Er war einst Cammerpräsident in Hildburghausen, welchen Posten Er aufgab weil der Fürst immer mehr Geld<br />

für Seine Maitreßen brauchte <strong>als</strong> der Präsident schaffen konnte. Nun lebt Er nebst der Frau u 3 Kindern von<br />

Seinem Talent – ach jämmerlich gering! Er ist voll Geist u. Seine Pantomimie u Deklamation ist vortrefflich.<br />

Allein Er will zu viel lästern – u hat hier Ärgerniß gegeben durch mahlerische Darstellung der Leiden Christi im<br />

Oelberg – u der Himmelfarth. <strong>Die</strong>s sind auch für mich ärgerliche Spielereien. Aber Wilhem Tell – Lord Lester –<br />

Macbeth – sollten Sie ihn deklamiren hören – u Erlkönig! U alte Gemählde darstellen! Hier sind wir für all' das<br />

noch nicht gebohren; u wenn Er die Progreßion der Kunst von der Mumie, zum ersten aiguptischen Bildhauerwerk<br />

– bis zum Apoll v. Belvedere darstellt sollten Sie die Urtheile des Auditoriums hören! Allein vor allem<br />

sollte er nach Rom gehen! [...]« (zitiert nach Foerst-Crato, Ilse: Frauen zur Goethezeit, Ein Briefwechsel, Caroline<br />

von Humboldt Ŕ Friederike Brun, Düsseldorf [Eigenverlag] 1975, S. 31).<br />

119 Engel, Johann Jakob: Ideen zu einer Mimik, Berlin 1785, 2 Bde, hier Bd. 1, S. 8.<br />

120 Ein weiteres Indiz für diese Entwicklung findet sich in einer anderen Kunstgattung. Auch R o l l e n p o r tr<br />

ä t s von Damen der Gesellschaft scheinen in der Romantik zum ersten Mal das Thema der profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen<br />

aufzugreifen. So ließen sich die Fürstin Maria Santacroce von Angelika Kauffmann <strong>als</strong> Lukretia<br />

(Katalog 220) und Kitty Fisher von Joshua Reynolds <strong>als</strong> Kleopatra (Katalog 221) malen, obwohl die Identifika-<br />

299


IX Von der vertu zum Affekt<br />

Attitüden-Soireen und ›lebende Bilder‹ konnten geradezu <strong>als</strong> »künstlerische<br />

Abendandachten« 121 gestaltet werden, wie sie Joseph von Eichendorff in seinem<br />

1815 veröffentlichten Roman Ahnung und Gegenwart schildert. Dass die Versen-<br />

kung in eine solche Performance sehr weit gehen und pseudoreligiöse Züge an-<br />

nehmen konnte, demonstriert auch E.T.A. Hoffmanns Erzählung Nachricht von den<br />

neuesten Schicksalen des Hundes Berganza 122 . In einer kleinstädtischen Gesell-<br />

schaft wird die ›Heilige Cäcilie‹ nach dem heute in Dresden befindlichen Gemälde<br />

Carlo Dolces nachgestellt. <strong>Die</strong> Begeisterung vieler Zuschauer ist so groß, dass sie<br />

bei dem Ausruf »Sancta Caecilia, ora pro nobis« wie vor einem Altarbild in die Knie<br />

sinken. 123<br />

6 Das Ende eines Motivs<br />

›Lebende Bilder‹ und Attitüden lösen sich um 1800 weitgehend vom historischen<br />

Vorwurf des jeweils nachgestellten Historiengemäldes oder der zu Geste reduzier-<br />

ten Figur, den das Publikum allenfalls im Allgemeinen kennen musste. Das histori-<br />

sche Repertoire wird nur noch aufgerufen, um dem aristokratischen oder bürgerli-<br />

chen Salonpublikum psychologische Extremsituationen <strong>als</strong> anthropologische Kons-<br />

tanten anzubieten. <strong>Die</strong> Identifikation der Betrachter und die starke, gefühlsmäßige<br />

Reaktion des versammelten intimen Zirkels ›privatisiert‹ gleichsam das immer noch<br />

vorausgesetzte Historiengemälde. In diesem Sinn knüpft die Attitüde an das von<br />

Reni entwickelte einfigurige Historienbild an und radikalisiert die Individualisierung<br />

tion mit <strong>Selbstmörderin</strong>nen gewisse Schwierigkeiten bereitete. <strong>Die</strong> ästhetische Instrumentalisierung antiker<br />

Mythologie und Geschichte nobilitierte die porträtierten jungen Frauen (vgl. hierzu und zum Folgenden Tasch,<br />

Stephanie Goda: Studien zum weiblichen Rollenporträt in England von Anthonis van Dyck bis Joshua Reynolds,<br />

Weimar 1999) und erklärt die schon lange beliebten Rollenporträts <strong>als</strong> Schäferin, Diana oder Hebe. Im<br />

18. Jahrhundert kamen Porträts <strong>als</strong> Priesterinnen der Vesta, der Minerva, des Hymen, der Diana oder der<br />

Hygeia hinzu, die um 1800 von weiblichen Freundschaftsbildnissen abgelöst wurden. Als um die Jahrhundertwende<br />

der Empfindsamkeitskult den Melancholiegestus im Rollenporträt bevorzugen ließ, der weibliche Versonnenheit<br />

und Empfindsamkeit zum Ausdruck bringen sollte, konnten Rollenporträts auch für diesen Zweck<br />

eigentlich problematische Figuren wie Lukretia und Kleopatra aufgreifen. Es ist kein Zufall, dass <strong>Georg</strong>e Romney<br />

Lady Hamilton selbst 1786 <strong>als</strong> Empfindsamkeit porträtierte (Abb. bei Tasch, a.a.O., S. 388). <strong>Die</strong> Entwicklung<br />

des Rollenporträts zeigt, dass die Bildreferenz sich nicht mehr auf eine mythologische oder historische<br />

Rolle, sondern nur noch auf den von dieser transportierten Gemütszustand (sensibility) bezog. Gerade Angelika<br />

Kauffmann popularisierte das neue, sentimentalische Weiblichkeitsideal. Deshalb ist die von Bettina Baumgärtel<br />

vertretene, allerdings von keinen bildimmanenten Hinweisen gestützte Auffassung unnötig, das Rollenbildnis<br />

der Maria Santacroce von 1791 deute die Rolle der Lukretia so um, dass eine Vision sie im letzten<br />

Moment vom Selbstmord abhalte (AK Angelika Kauffmann, a.a.O., S. 302). <strong>Die</strong> Referenz auf die ›starken<br />

Frauen‹ ist nur noch punktuell und belegt, dass die neustoische Deutung endgültig in Vergessenheit geraten<br />

war.<br />

121 Eichendorff, Joseph von: Werke, hrsg. von Wolfdietrich Rasch, München 1972, S. 660.<br />

122 Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus: Fantasie- und Nachtstücke, hrsg. von Walter Müller-Seidel, Darmstadt<br />

1978, S. 79-140<br />

123 E.T.A. Hoffmann, a.a.O., S. 118.<br />

300


IX Von der vertu zum Affekt<br />

des Affekts. 124 War Sophonisbe <strong>als</strong> erste ›starke Frau‹ in den künstlerischen Ka-<br />

non der profanen <strong>Tugendheldin</strong>nen der Frühen Neuzeit geraten, repräsentiert sie<br />

in der Attitüde der Romantik geradezu im Gegenteil die Mitleid erweckende weibli-<br />

che Schwäche.<br />

<strong>Die</strong> fortschreitende Banalisierung des Motivs 125 zeigt sich auch in anderen<br />

Zusammenhängen, die bereits an das moderne Variété gemahnen. In einer Auf-<br />

führung des Kärntnertortheaters wurde 1819 der Tod der Sophonisbe <strong>als</strong> ›leben-<br />

des Bild‹ nach einem nicht mehr ermittelbaren Gemälde von Bartolomeo Pinelli<br />

(1781-1835) gegeben. 126 Das bunte Programm umfasste neben Ouvertüren Beet-<br />

hovens Gesangstücke Rossinis, Gedichtrezitationen und ein Opernduett, um<br />

schließlich mit einem ›lebendes Bild‹ nach Poussins Pariser Eliezer und Rebecca<br />

zu schließen. <strong>Die</strong> Programmfolge zeigt, dass hier die romantischen Performance-<br />

künste der ›lebenden Bilder‹ und der Attitüden den Zusammenhang mit aristokrati-<br />

scher und bürgerlicher Geselligkeit bereits verloren hatten. 127 <strong>Die</strong> beiden ›lebenden<br />

Bilder‹ wurden wahrscheinlich nur wegen ihrer erotischen Konnotationen in das<br />

Programm aufgenommen. Der mangelnden Information des Publikums konnte ab-<br />

geholfen werden: Von Karl-Friedrich Julius Schütz, dem Ehemann der Attitüden-<br />

künstlerin Hendel-Schütz, ist bekannt, dass er dem Publikum in den Aufführungs-<br />

pausen Gedichte zum Thema vortrug oder den dargestellten Mythos erläuterte.<br />

Das Motiv der ›starken Frauen‹ sank so im Laufe des 19. Jahrhunderts in die Ba-<br />

nalität und diente nur noch <strong>als</strong> dekadenter Zeitvertreib einer spätbürgerlichen Ge-<br />

sellschaft, wie es Louis Couperus in seinem Haager Roman Eline Vere anschau-<br />

lich schildert.<br />

124 Überlegungen zum einfigurigen Historienbild bei Werner Busch in: Baumgärtel, Bettina (Hrsg.): AK Angelika<br />

Kauffmann, Düsseldorf 1998: »Das Einfigurenbild und der Sensibilitätskult des 18. Jahrhunderts« (S. 40-46).<br />

125 Zur europäischen Verbreitung der Performancekünste hatte die zum Wiener Kongress versammelte Gesellschaft<br />

beigetragen, für die während der ballfreien Advents- und Fastenzeit ›lebende Bilder‹ gestellt wurden<br />

(vgl. Jooss, a.a.O., S. 128ff. und S. 259ff.).<br />

126 Ich folge den zeitgenössischen Presseberichten bei Jooss, a.a.O., S. 382.<br />

127 Ein öffentliches Programm verlangte, anders <strong>als</strong> die privaten ›Aufführungen‹, in denen die Pausen zu Gesprächen<br />

der Kenner über die ikonographischen und mythologischen Referenzen des Gebotenen genutzt<br />

wurden, schematisierte Überleitungen und (bald gedruckte) Programme, die Gedichte oder Deutungen des<br />

erwarteten Tableaus umfassten. Der ökonomische Erfolg setzte trivialisierte Abwechslung und schnellen oberflächlichen<br />

Reiz durch die Verbindung von Wort, Musik und Pantomime voraus. Wenn Böttiger über einen<br />

Dresdner Auftritt der Hendel-Schütz im Jahre 1814 berichtet, zu den Marieninszenierungen sei hinter der Bühne<br />

das Harmonichord, ein neues Instrument, zur Intensivierung des Eindrucks gespielt worden (Langen,<br />

a.a.O., S. 219), zeigt dies, dass auch Verfahren des Monodramas in das entstehende Varieté Aufnahme fanden.<br />

301


X Exempla virtutis<br />

Respondit omnis populus, qui erat in porta, et majores<br />

natu: Nos testes sumus: faciat Dominus hanc mulierem,<br />

quæ ingreditur domum tuam, sicut Rachel et Liam, quæ<br />

ædificaverunt domum Israël: ut sit e x e m p l u m v i r t ut<br />

i s in Ephratha, et habeat celebre nomen in Bethlehem.<br />

Rt 4:11 1<br />

Et iste quidem hoc modo vita decessit, non solum juvenibus,<br />

sed et universæ genti memoriam mortis suæ<br />

ad e x e m p l u m v i r t u t i s e t f o r t i t u d i n i s derelinquens.<br />

2Mcc 6:31<br />

Incitamur enim exemplo et quodam quasi stimulo ad<br />

virtutem impellimur, cum aliorum benefacta legimus vel<br />

audimus.<br />

Coluccio Salutati, ep.II,18<br />

Das frühneuzeitliche Bildmotiv der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> war ein er-<br />

staunlicher Erfolg; seine Rezeptionsgeschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert. Als<br />

neustoisch beeinflusstes exemplum virtutis wurde es durchaus in Konkurrenz mit<br />

den nach- und gegenreformatorischen Bildwelten konzipiert. Allmählich verschob<br />

sich das Interesse am Bildmotiv von der Tugend zum Affekt; am Ende stand eine<br />

schon fast enthistorisierte Inszenierung. <strong>Die</strong>se allgemeine Entwicklungslinie teilt<br />

das Bildmotiv mit der entsprechenden Thematik auf der Theater- und Opernbühne,<br />

deren Umbesetzungen die Historienmalerei oft nur nachvollzieht. Allerdings sagt<br />

dies alles nur wenig über die von Künstlern oder Auftraggebern intendierte Sinn-<br />

konfiguration eines Einzelbilds aus. <strong>Die</strong> in kunstgeschichtlichen Abhandlungen und<br />

in der Präsentation von Ausstellungen üblich gewordene Deutung <strong>als</strong> exempla vir-<br />

tutis erfasst allenfalls die rhetorische Strategie, nicht aber den konkreten Bezug<br />

des Bildmotivs.<br />

So richtig die These sein mag, dass das sich aus antiken und alttestamentli-<br />

chen Quellen ableitende Bildmotiv der mulier fortis, zumal in der Variante der<br />

<strong>Selbstmörderin</strong>, dann seine provokative Faszination verliert, wenn der letzte Bezug<br />

1 Gemeint sind Ruth und, im folgenden Zitat, Eleazarus.<br />

302


X Exempla virtutis<br />

zur frühneuzeitlich-stoischen Tugendlehre zugunsten der bloßen Affektkonfigurati-<br />

on verloren geht, so oberflächlich und vorläufig bleibt die Charakterisierung <strong>als</strong> Tu-<br />

gendexempel im Einzelfall. Es scheint deshalb sinnvoll, den Gedankengang dieser<br />

Untersuchung mit einigen Überlegungen zum Begriff des Tugendexempels in der<br />

neuzeitlichen Historienmalerei zu beschließen und dabei auch über die Beschrän-<br />

kung auf <strong>Tugendheldin</strong>nen hinauszugehen.<br />

Nicht nur in der kunstgeschichtlichen Erörterung des Historiengemäldes hat<br />

das Konzept des exemplum virtutis, das auf alttestamentliche wie auf stoische Be-<br />

griffe zurückgeht, eine bemerkenswerte Konjunktur. Literatur- und Kunstwissen-<br />

schaftler rekurrieren gern auf diese wenig präzise Beschreibung, um Funktion und<br />

Bedeutung literarischer, künstlerischer oder rhetorischer Referenzen auf histori-<br />

sche oder pseudohistorische Vorbilder darzustellen. Das Tugendexempel ist gera-<br />

dezu zum Inbegriff einer verbreiteten kunstgeschichtlichen Trivialhermeneutik ge-<br />

worden, mit der sich viele Bildvorwürfe mit leichter Hand einordnen lassen.<br />

So kann es nicht überraschen, wenn auch im Katalog einer einschlägigen<br />

Ausstellung vom exemplum virtutis bei ganz verschiedenen Bildtypen topisch Ge-<br />

brauch gemacht wird. Zu einem Gemälde von Sebastiano Conca mit dem verbrei-<br />

teten Barockthema der Großmut des Scipio bemerkt Attilia Scarlini: »Sein<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

[Scipios] Handeln liefert ein Beispiel für ehrenhaftes Benehmen und römische Tu-<br />

gendhaftigkeit.« 2 Wenig später notiert Wolfgang Prohaska zu Solimenas Judith<br />

zeigt das Haupt des Holofernes [Abb. 1]: »Unter den alttestamentarischen Heroinen<br />

ist Judith diejenige, die <strong>als</strong> Exemplum Virtutis der Keuschheit und Vaterlandsliebe<br />

in der bildenden Kunst seit dem 15. Jahrhundert besonders häufig dargestellt wor-<br />

2 Mai, Ekkehard / Repp-Eckert, Anke (Hrsg.): AK Triumph und Tod des Helden, Europäische Historienmalerei<br />

von Rubens bis Manet, Köln 1987, hier S. 294.<br />

303


X Exempla virtutis<br />

den ist.« 3 Kurz darauf wird das gleiche Interpretationsmuster erneut eingesetzt, um<br />

Giambattista Tiepolos Mucius Scaevola vor Porsenna [Abb. 2] in einem etwas an-<br />

deren Sinn <strong>als</strong> exemplum zu verstehen: Attilia Scarlini sieht in ihm einen Stellver-<br />

treter für das ganze römische Volk, das sich gegen die Etrusker zur Wehr setzte:<br />

»Hiermit wird <strong>als</strong> Exemplum Virtutis ein ideales und mutiges Volk gefeiert, das sich<br />

auch in schweren Zeiten seiner eigenen Würde bewußt blieb.« 4 Werden freilich die<br />

Protagonistin eines barocken Märtyrerdramas, die Zentralfigur eines Historienge-<br />

mäldes oder der rhetorische Bezug auf ein Vorbild der Antike im politischen Dis-<br />

kurs der Frühen Neuzeit unterschiedslos <strong>als</strong> exempla virtutis bezeichnet, kann dies<br />

für Leser, Betrachter und Hörer nur <strong>als</strong> Mitteilung eines rhetorischen Verfahrens,<br />

nicht aber <strong>als</strong> differenzierender Interpretationsansatz dafür gelten, was die Ver-<br />

wendung der geläufigen Bildmotive im Einzelfall oder doch in einer Bildgruppe ver-<br />

anlasste. Das Explikationspotential dieser Begrifflichkeit bedarf <strong>als</strong>o zumindest<br />

weiterer Präzisierung.<br />

Im persuasiven Kontext der R h e t o r i k erscheint das exemplum 5 seit Aristo-<br />

teles <strong>als</strong> ›einfache Form‹ 6 , die in politischer Rede, Historiographie, Philosophie und<br />

Dichtung eingesetzt wurde, um größere Anschaulichkeit zu erreichen. Kompilatio-<br />

nen wie die besonders erfolgreichen Facta et dicta memorabilia des Valerius Ma-<br />

ximus stellten Beispiele anthropologischer Standardverhaltensformen (wie iustitia,<br />

moderatio, crudelitas oder luxuria) zusammen und wurden <strong>als</strong> Tugend- und Las-<br />

terkataloge gelesen. In rhetorischen, literarischen und wohl auch bildkünstlerischen<br />

Zusammenhängen 7 konnte auf diese bereits in der Antike weitgehend in die mé-<br />

moire collective 8 eingegangenen ›historischen Versatzstücke‹ in der verschieden-<br />

sten Weise, positiv oder negativ, Bezug genommen werden. <strong>Die</strong> geläufigen Ver-<br />

fahren der antiken Rhetorik wurden in lateinischen Texten von den Kirchenvätern<br />

bis zu den Humanisten, aber auch in volkssprachlichen Predigten, Novellen und<br />

Fürstenspiegeln übernommen. Zahlreiche mittelalterliche Exempelsammlungen,<br />

auch in den verschiedenen Volkssprachen, belegen die Verbreitung und Beliebt-<br />

3 AK Triumph und Tod des Helden, a.a.O., S. 305.<br />

4 AK Triumph und Tod des Helden, a.a.O., S. 308.<br />

5 Vgl. <strong>Georg</strong>es, Karl Ernst: Ausführliches Lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Hannover 1976 (ND der Ausgabe<br />

Gotha 14 1913), s. v. exemplum. Exemplum wird abgeleitet von eximere, was ›herausnehmen, auswählen‹<br />

bedeutet. So hat das vom Partizip Perfekt Passiv abgeleitete Nomen die Bedeutung: ›ein aus der Menge gleichartiger<br />

Dinge Ausgewähltes‹, ›Muster‹, ›Vorbild‹, ›Beispiel‹, ›Modell‹.<br />

6 Jolles, André: Einfache Formen, Tübingen 7 1999 ( 1 1930).<br />

7 Darauf verweisen immerhin einige Bildbeschreibungen bei Plinius und römische Wandgemälde.<br />

8 Halbwachs, Maurice: La mémoire collective, Paris 1950 u.ö.<br />

304


X Exempla virtutis<br />

heit der Textsorte. 9 Historische und mythologische Figuren fanden, ebenso wie<br />

Gestalten des Alten Testamentes oder Heilige natürlich auch in den Bildkünsten<br />

<strong>als</strong> exempla Verwendung.<br />

Das exemplum übernahm dabei durchaus verschiedene Funktionen, wobei<br />

vor allem der implizite oder explizite V e r g l e i c h und die V e r a n s c h a u l i c h u n g<br />

oder Konkretion abstrakter Sachverhalte in Frage kommen. Werden exempla in<br />

neue Zusammenhänge ›einmontiert‹, stehen sie in einem Analogie-, Vorbild- oder<br />

Kontrast-Verhältnis zur Figur, mit der sie verglichen werden. 10 In den Bildkünsten<br />

handelt es sich dabei allerdings meist um einen impliziten Vergleich, den erst der<br />

Betrachter dechiffrieren kann, wenn keine weiteren Hinweise (etwa durch subscrip-<br />

tiones in Kupferstichen) gegeben werden. Andererseits kann ein exemplum m o-<br />

r a l i s c h e S ä t z e , politische Thesen oder Standesnormen veranschaulichen und<br />

mit einer historischen oder pseudohistorischen Figur konkretisieren. 11 <strong>Die</strong> halballe-<br />

gorische Veranschaulichung abstrakter Tugenden (Tapferkeit, Patriotismus,<br />

Keuschheit, Gerechtigkeit, Gattenliebe) gehört in diesen Zusammenhang.<br />

Das Spektrum der Wirkungsstrategien, die mit dieser Form abgekürzter Ver-<br />

gleiche verfolgt werden, ist ebenso umfassend wie die variierenden Funktionen<br />

des exemplum, das belehrend, beweisend, illustrierend, überzeugend, argumentie-<br />

rend, moralisierend oder unterhaltend sein kann. 12 Schon der Florentiner Humanist<br />

Coluccio Salutati (1331-1406) hat aber darauf hingewiesen, dass die Überzeu-<br />

gungskraft des Exempels auf der affektischen Identifikation (oder auch Abstoßung)<br />

beruht, die es beim Leser, Zuschauer oder Betrachter auslöst. 13 Der Hauptvertreter<br />

der neustoischen Philosophie, Justus Lipsius (1547-1606), hat mit der Spiegelme-<br />

tapher die Wirkungsstrategie des Exempels in einer über die literarischen Formen<br />

hinaus auch für die Bildkünste gültigen Weise beschrieben: Exempla zwingen den<br />

Leser und Betrachter zu affektiver Identifikation und moralischer Anwendung. 14<br />

9<br />

Vgl. Chesnutt, Michael: s.v. »Exempelsammlungen« in: Enzyklopädie des Märchens, begr. von Ranke, Kurt,<br />

hrsg. von Brednich, Rolf Wilhelm, Bd. 4, Berlin / New York 1987.<br />

10<br />

Klein, J.: »exemplum«, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Tübingen 1996, Bd. 3, S. 60-70.<br />

11<br />

Dazu Stierle, Karlheinz in: »Geschichte <strong>als</strong> Exemplum – Exemplum <strong>als</strong> Geschichte« in: Koselleck, Reinhart /<br />

Stempel, Wolf-<strong>Die</strong>ter (Hrsg.): Geschichte Ŕ Ereignis und Erzählung, München 1973 (Poetik und Hermeneutik<br />

5), S. 347-375, besonders S. 356.<br />

12<br />

Daxelmüller, Christoph in: Haug, Walter / Wachinger, Burghart (Hrsg.): Exempel und Exempelsammlungen ,<br />

Tübingen 1991, S. 80.<br />

13<br />

Das Zitat (ep.II,18) oben S.302 nach Landfester, Rüdiger: Historia Magistra Vitae, Untersuchungen zur humanistischen<br />

Geschichtstheorie des 14. bis 16. Jahrhunderts, Genf 1972, S. 58. (›Wir lassen uns durch ein<br />

Beispiel motivieren und zur Tugend antreiben und verleiten, wenn wir die guten Taten anderer lesen oder<br />

hören.‹).<br />

14<br />

»Vidistine etiam, qui ad speculum se comunt, faciem et cultum recte disponere? Prorsus hic idem: aliena<br />

vita et facta speculum sunt, et imago, in qua te videas et ad eam decore componas. Quod magis fit, vbi varia<br />

305


X Exempla virtutis<br />

Der Rekurs auf exempla virtutis in Rhetorik, Literatur und Kunst setzt nicht nur Ci-<br />

ceros Diktum vom moralischen Nutzen der Historie (»historia magistra vitae«) vor-<br />

aus, das bis zum Historismus Gültigkeit behielt. 15 Er geht auch von der relativen<br />

Konstanz anthropologischer Entscheidungssituationen und Handlungsmöglichkei-<br />

ten aus und leitet aus vergangenen Ereignissen Normen und Regeln für künftige<br />

ab. Vergangenes Verhalten in einer Konfliktsituation wird im exemplum zur griffi-<br />

gen Moral oder Handlungsanweisung verdichtet und steht damit dem kulturellen<br />

Gedächtnis für nicht voraussehbare Kontexte und A p p l i k a t i o n e n zur Verfü-<br />

gung. Historische oder pseudohistorische Figuren und Handlungsmuster werden<br />

herausgehoben und zu Modellen gestaltet, deren Prägnanz im kollektiven Gedäch-<br />

tnis eines Kulturraumes eine wichtige Rolle übernimmt. Herausgehobene Perso-<br />

nen und Verhaltensweisen in Konfliktsituationen 16 werden für die kollektive Erinne-<br />

rung semiotisch besetzt, stehen <strong>als</strong> exempla rhetorisch, literarisch und künstlerisch<br />

der interpretierenden Repetition zur Verfügung und tragen zur Identität und zum<br />

kulturellen Gedächtnis einer Gesellschaft, einer Gruppe oder eines Standes bei,<br />

die sich immer in der Auseinandersetzung mit der historischen oder mythischen<br />

Vergangenheit konstituieren. 17 Exempel sind deshalb immer kulturraum- und grup-<br />

penspezifisch: <strong>Die</strong> exempla virtutis der Frühen Neuzeit reflektieren eine zeitlich<br />

und räumlich begrenzte kulturelle Semiotik und sind auch <strong>als</strong> solche untersu-<br />

chenswert. Gleichwohl dispensiert dies nicht von der Frage nach der konkreten<br />

Funktion eines Textes oder eines Kunstwerks. Was im kulturellen Gedächtnis einer<br />

Epoche <strong>als</strong> exemplarisch gilt und damit kollektive Normen, Werte und Deutungen<br />

speichert, unterliegt ständigem Applikations- und Veränderungsdruck; jede literari-<br />

sche oder künstlerische Konkretisierung verändert, jedenfalls potentiell, das Mu-<br />

ster.<br />

et multiplex lectio Exempla varia et multa suppeditat: vt eligere sit, et ad rem talem aut talem appositum aliquid<br />

semper applicare.« (›Hast du gesehen, wie Leute sich vor dem Spiegel Antlitz und Aussehen zurechtmachen?<br />

Noch mehr kann ein anderer Lebenslauf und können Handlungsweisen anderer <strong>als</strong> Spiegel dienen und <strong>als</strong><br />

Bild, in dem du dich selbst erblickst und nach dem du dich richten kannst. Was noch besser gelingt, wenn viele<br />

und vielseitige Lektüren zahlreiche Exempel bereitstellen, so dass dir für jeden Sachverhalt eine Anwendungsmöglichkeit<br />

zur Wahl steht.‹) Aus: Monita et Exempla Politica (1605) in: Lipsius, Justus: Opera omnia,<br />

Bd. IV,1, S. 128 (ND Hildesheim/Zürich/New York 2001; zugrundegelegt ist die Ausgabe Wesel 1675).<br />

15 Cicero, De oratore II, 9,36. Vgl. Koselleck, Reinhart: Vergangene Zukunft, Zur Semantik geschichtlicher<br />

Zeiten, Frankfurt am Main 1979.<br />

16 In den Bildkünsten lassen sich in der Regel nur facta, nicht dicta verwenden, um in der Terminologie des<br />

Valerius Maximus zu bleiben.<br />

17 Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen,<br />

München 2 1997, besonders S. 77-89.<br />

306


X Exempla virtutis<br />

Ebenso ambivalent und komplex wie der Begriff des Exempels ist der T u-<br />

gend b e g r i f f (und komplementär der Lasterbegriff). Durch exempla normativ<br />

vermittelte Handlungsmuster und Standardverhaltensformen sind gesellschafts-<br />

und gruppen- oder standesspezifische Leitbilder, die scheinbar unverändert Konti-<br />

nuität der gültigen Werte unterstellen. Dabei ist der Begriff der ›Tugend‹ in der<br />

Frühen Neuzeit noch nicht auf individuell-moralisches Verhalten reduziert, sondern<br />

gilt <strong>als</strong> komprimierte soziale Norm, die einen Anspruch transportiert, der in der Pra-<br />

xis nicht immer eingelöst werden kann – moralphilosophisch gesprochen ein »sittli-<br />

ches Seinsollen« 18 : ›Tugenden‹ spiegeln in vormodernen Gesellschaften die Leit-<br />

semantiken kulturell führender Gruppen.<br />

Obwohl sich seit der Frühen Neuzeit Veränderungen immer mehr beschleu-<br />

nigten, entstand paradoxerweise zunächst ein größerer Bedarf an exempla virtutis,<br />

vielleicht eine der Voraussetzungen für den Erfolg der Bildgattung des Historien-<br />

gemäldes. <strong>Die</strong>s schließt jedoch nicht aus, dass ständige U m b e s e t z u n g e n 19 der<br />

gruppen- und gesellschaftsspezifischen Semantiken der für Historiker interessan-<br />

teste Aspekt sind. Entsprechend ist die ständige Neudeutung des zur Verfügung<br />

stehenden ikonographischen Materi<strong>als</strong> entscheidende kunsthistorische Ge-<br />

sichtspunkt, der erst eine differenzierte Betrachtung des einzelnen exemplum er-<br />

laubt. Traditionelle ›Tugenden‹ wie Tapferkeit (fortitudo) verlieren allmählich ihre<br />

gruppen- und geschlechterspezifische Bindung – eine der Voraussetzungen der<br />

neuzeitlichen Umbesetzung des alttestamentlichen Begriffs mulier fortis –, andere<br />

werden individualisiert. Im allmählich entstehenden Konflikt zwischen öffentlichen<br />

und privaten Normen werden im Historiengemälde traditionelle exempla virtutis<br />

neu interpretiert; dies gilt für den gesamten Bereich der Affektdarstellung. 20<br />

Exemplarische Tugenden sind nicht mehr statisch, sondern werden in wechseln-<br />

den Kontexten verändert und uminterpretiert. Dabei geht die gesellschaftliche Se-<br />

mantik manchmal dem Wandel der Trägergruppe voraus, vollzieht jedoch meist<br />

einen bereits vollzogenen Wandel nach. Vergleichbares gilt für die literarische oder<br />

künstlerische Neuinterpretation der Exempel. Tugendkonzepte haben stets zwei<br />

18<br />

Fellsches, Josef: »Tugend/Laster« in Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, hrsg.<br />

von Hans Jörg Sandkühler, Hamburg 1990, Bd. 4, S. 620.<br />

19<br />

Ich benütze hier die Terminologie des Philosophen Hans Blumenberg (z. B.: <strong>Die</strong> Legitimität der Neuzeit,<br />

Frankfurt am Main 3 1997).<br />

20<br />

Fumaroli, Marc: L'âge de l'éloquence: rhétorique et ›res literaria‹ de la Renaissance au seuil de l'époque<br />

classique, Paris 3 2002.<br />

307


X Exempla virtutis<br />

Bezugspunkte: die »Konzeptbildung« 21 der Literaten und Künstlern kann in Konflikt<br />

mit den Intentionen der Auftraggeber treten.<br />

Nur wenn sie in den historischen Kontext eingeordnet wird, geht die Bezeichnung<br />

eines Bildvorwurfs <strong>als</strong> exemplum virtutis über die bloße Benennung eines rhetori-<br />

schen Verfahrens hinaus. <strong>Die</strong> Vorbildlichkeit einer Figur oder einer Szene be-<br />

stimmt sich in der Übereinstimmung oder Abweichung vom Normen- und Werte-<br />

system der mémoire collective: <strong>Die</strong> magnanimitas etwa, die <strong>als</strong> exemplarische Tu-<br />

gend dem verbreiteten Bildmotiv des ›Großmuts des Scipio‹ zugrunde liegt, erfuhr<br />

in der Neuzeit eine ausdifferenzierte Deutung, die sich sowohl am politischen Kal-<br />

kül des Fürsten wie an seiner moralischen Identität orientieren konnte. Im frühneu-<br />

zeitlichen absolutistischen Staat konnte das exemplum virtutis wie bereits in der<br />

Antike moralische wie politische Funktionen übernehmen.<br />

So kann vorbildliches Handeln seit der Frühen Neuzeit zunehmend konkur-<br />

rierend privaten oder öffentlichen Charakter haben. <strong>Die</strong> Bühne der Neuzeit, etwa in<br />

ihrer französischen Ausprägung bei Corneille, liefert hinreichend Beispiele für<br />

Konflikte des Tugendhelden in der Spannung und im Widerspruch zwischen öffent-<br />

lichen Standesnormen und neuen, fast schon privaten Normen der Individualität.<br />

Bildmotive aus dem Bereich der <strong>Tugendheldin</strong> <strong>als</strong> <strong>Selbstmörderin</strong> spiegeln die<br />

gleiche Entwicklung im Historiengemälde, wenn zum Beispiel Kleopatra <strong>als</strong> Fürstin<br />

oder <strong>als</strong> Liebende (oder im Konflikt zwischen beiden Rollen) dargestellt wird.<br />

Besonders bedenklich ist der hermeneutisch unreflektierte Einsatz des<br />

Begriffs exemplum virtutis in historischen Übergangszeiten. Seine Verwendung in<br />

der Kunstgeschichte des Historienbildes verlangt in jedem Einzelfall synchrone und<br />

diachrone Perspektivierungen des Motivs, soll nicht unter einem gefälligen Topos<br />

das jeweils Spezifische des künstlerischen Vorwurfs verschüttet und verdeckt wer-<br />

den. Synchron ist das exemplum in die Wertvorstellungen einer Gruppe oder einer<br />

Gesellschaft einzuordnen; diachron die Entwicklung und Veränderung eines Tu-<br />

gendkonzepts, einer Handlungsnorm nachzuzeichnen. Es ist bemerkenswert, dass<br />

das exemplum virtutis in den Bildkünsten vor allem in der Übergangszeit eingesetzt<br />

wurde, in der sich allmählich aus den noch ständisch geprägten Gesellschaften<br />

neuzeitliche Staatskonzeptionen und die ersten Normen der Individualität entwi-<br />

ckelten.<br />

21 Ich übernehme den Begriff von Lachmann, Renate (Hrsg.): Memoria, München 1993 (Poetik und Hermeneu-<br />

tik 15), S. XXV.<br />

308


X Exempla virtutis<br />

Umbesetzungen von Bildmotiven mit politisch-propagandistischer Intention<br />

sind gerade im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht selten. Das von Jacques-Louis<br />

David (1748-1825) für Ludwig XVI. erstellte überdimensionierte Historiengemälde<br />

<strong>Die</strong> Liktoren übergeben Brutus die Körper seiner Söhne 22 [Abb. 3] wurde wenig<br />

später von der nachrevolutionären Öffentlichkeit geradezu zum revolutionären<br />

exemplum virtutis umgedeutet. Vergleichbares widerfuhr einem anderen, ebenso<br />

prominenten Historienbild des gleichen Künstlers an der nächsten Zeitenwende.<br />

Das Bildmotiv, das er im 1814 entstandenen Gemälde Leonidas auf den<br />

Abb. 3 Abb. 4<br />

Thermopylen [Abb. 4] aufgriff, hatte im revolutionären Klassizismus bereits Kon-<br />

junktur, wurde aber unmittelbar nach der Entstehung des Ölgemäldes umgedeu-<br />

tet. 23 In der allgemeinen Unruhe vor der Entscheidungsschlacht und der sich in<br />

viele Einzelhandlungen auflösenden Kampfesvorbereitung meditiert der spartani-<br />

sche König Leonidas die Unausweichlichkeit des Todes im Kampf gegen den<br />

übermächtigen persischen Großkönig. Mit dem Repertoire des Klassizismus wird<br />

der Moment unmittelbar vor dem Aufbruch zum Kampf inszeniert. Sparta galt den<br />

Anhängern der Revolution längst <strong>als</strong> exemplum für revolutionäre Bürgertugenden.<br />

In seiner berühmten Rede vom 7. Mai 1794 hatte Robespierre Leonidas und seine<br />

Mitkämpfer <strong>als</strong> heroisches Vorbild genannt: »Léonidas aux Thermopyles, soupant<br />

avec ses compagnons d'armes, au moment d'exécuter le dessin le plus héroïque<br />

que la vertu humaine ait jamais conçu, les invite pour lendemain à un autre ban-<br />

quet dans une vie nouvelle.« 24 David greift mit seinem Kolossalgemälde 25 ein<br />

Bildmotiv auf, das für die Zeitgenossen eindeutig zu dechiffrieren war und in der<br />

22<br />

Schnapper, A. / Sérullaz, A. (Hrsg.): AK Jacques-Louis David, 1748-1825, Paris 1989, S. 194ff. Das Gemälde<br />

(323 x 422) befindet sich heute im Louvre.<br />

23<br />

Abbildung und Rezeptionsgeschichte im AK Jacques-Louis David, a.a.O., S. 486-512.<br />

24<br />

Zitiert nach AK Jacques-Louis David, a.a.O., S. 487.<br />

25<br />

Das Ölgemälde (395 x 531) befindet sich heute im Louvre in Paris.<br />

309


X Exempla virtutis<br />

Revolutionsepoche in für den Salon bestimmten Gemälden, in lyrischen Szenen<br />

und Opern eingesetzt wurde. Gleichwohl wurde dem zunächst vor der Folie repub-<br />

likanischer Werte entstandene Gemälde ein aktueller Sinn unterlegt, <strong>als</strong> 1814 Na-<br />

poleon von Elba zurückkehrte und gegen die alliierten europäischen Truppen<br />

kämpfte. Eine kleine Schrift der bonapartistisch eingestellten Comtesse Lenoir-<br />

Laroche 26 findet in der Betrachtung des Gemäldes »sentiments religieux, senti-<br />

ments de la patrie, sentiments de la famille et de l'amitié« und deutet das spartani-<br />

sche exemplum virtutis für die aktuelle politische Situation um, die bekannterma-<br />

ßen mit dem Desaster von Waterloo und der Verbannung Napoleons endete: »les<br />

guerriers devant ce tableau viendront apprendre à mourir pour la patrie et la loi!«<br />

<strong>Die</strong> unmittelbaren Umdeutungen geläufiger Bildmotive 1789 und 1814 zeigen, dass<br />

die Einordnung <strong>als</strong> Tugendexempel nur der erste Schritt zur Interpretation sein<br />

kann.<br />

Konnten die beiden Historienbilder Davids synchrone Umdeutungen von ins<br />

Bild gesetzten Tugendexempeln demonstrieren, lassen sich diachrone Umbeset-<br />

zungen allenthalben nachweisen, da sie geradezu die Voraussetzung für das<br />

Historienbild sind. Wenn etwa in der Aufklärungsepoche Giambattista Pittoni<br />

(1687-1767) die Selbstbeherrschung des<br />

Scipio 27 in einem Historiengemälde <strong>als</strong> Tu-<br />

gendbeispiel [Abb. 5] inszeniert, stehen deutlich<br />

moralisierende und paränetische Funktionen im<br />

Vordergrund: das großzügige Verhalten des<br />

Feldherrn der römischen Republik dient dem<br />

Abb. 5<br />

Künstler oder seinem Auftraggeber nunmehr <strong>als</strong> idealtypisches Modell eines abso-<br />

luten Fürsten.<br />

<strong>Die</strong> Episode aus den Punischen Kriegen stellt bekanntlich den großzügigen<br />

Verzicht des siegreichen Feldherrn auf eine attraktive junge Frau dar, die ihm <strong>als</strong><br />

Kriegsbeute selbstverständlich zugestanden hätte. Im neuzeitlichen Historienge-<br />

mälde dient die Rückgabe an den Bräutigam <strong>als</strong> Folie verallgemeinerbarer Hand-<br />

lungsnormen, die für Auftraggeber, Künstler und Betrachter durchaus einen aktuel-<br />

len Sinn hatten. Eine mehrfache Umbesetzung der historischen Reminiszenz liegt<br />

26 Vgl. AK Jacques-Louis David, a.a.O., S. 488.<br />

27 Heute im Louvre, Inv. 565: ›La Continence de Scipion‹; Brejon de Lavergnée, Arnauld / Thiébaut, Dominique<br />

(Hrsg.): Catalogue sommaire illustré des peintures du musée du Louvre, II: Italie, Espagne, Allemagne,<br />

Grande-Bretagne et divers, Paris 1981, S. 219.<br />

310


X Exempla virtutis<br />

vor: Bei Livius wurde die großzügige Geste noch unverhohlen <strong>als</strong> politische Er-<br />

pressung dargestellt, mit der der keltiberische Verlobte der jungen Frau politisch<br />

auf die Seite Roms gezwungen wurde. Schon Valerius Maximus hatte die Szene in<br />

die Rubrik De abstinentia et continentia (4,3) seiner Sammlung eingeordnet und<br />

sie nicht mehr politisch, sondern moralisch pointiert: Für ihn handelt es sich um<br />

eine freiwillige Geste des Eroberers, mit der angesichts seiner Jugend nicht zu<br />

rechnen war. Das politische Kalkül wird zum erstaunlichen, aber durchaus indivi-<br />

duellen exemplum virtutis. 28 Dem Betrachter des Historienbildes Pittonis hingegen<br />

galt Scipio <strong>als</strong> exemplum für die Handlungsnorm der continentia, die dem absolu-<br />

tistischen Fürsten <strong>als</strong> Verzicht auf egoistische Interessen abzuverlangen war; er<br />

wusste die Szene im synchronen höfischen Kontext anzuwenden und einzuordnen.<br />

Der überraschende Transfer, die teilweise Umbesetzung der Inhalte des<br />

exemplum, gelang, weil es für den zeitgenössischen Betrachter des Historienge-<br />

mäldes ganz selbstverständlich war, erinnerte Geschichte <strong>als</strong> relevant für das ei-<br />

gene kulturelle Gedächtnis vorauszusetzen. Künstler und Betrachter repetierten im<br />

Barock nicht einfach einen selbstexplikativen topischen Bildvorwurf, sondern inter-<br />

pretierten ihn neu, besetzten ihn um und entwickelten eine neue Applikation<br />

scheinbar unveränderlicher Verhaltensnormen. Der neue soziopolitische Bezugs-<br />

rahmen erlaubte zwar das Aufgreifen des Musters, besetzte es aber mit den Er-<br />

wartungen und Zielen des frühneuzeitlichen Absolutismus.<br />

28 Valerius Maximus spitzt die Episode aus dem Zweiten Punischen Krieg (218-201) in seinen Facta et dicta<br />

memorabilia (4,3,1) auf die continentia und die munificentia des Scipio zu: »Quartum et uicesimum annum<br />

agens Scipio, cum in Hispania […] multos […] obsides, quos in ea urbe Poeni clausos habuerant, in suam<br />

potestatem redegisset, eximiae inter eos formae uirginem aetatis adultae, et iuuenis et caelebs et uictor,<br />

postquam comperit inlustri loco inter Celtiberos natam, nobilissimoque gentis eius Indibili desponsam,<br />

arcessitis parentibus et sponso inuiolatam tradidit. Aurum quoque, quod pro redemptione puellae adlatum erat,<br />

summae dotis adiecit. Qua continentia ac munificentia Indibilis obligatus Celtiberorum animos Romanis<br />

adplicando meritis eius debitam gratiam rettulit.« (›Als der 24-jährige Scipio in Spanien […] viele Geiseln, die<br />

die Punier in Cartagena gefangen gehalten hielten, in seine Gewalt gebracht hatte, war unter ihnen auch eine<br />

junge Frau von herausragender Schönheit. Nachdem der junge und unverheiratete Sieger Scipio erfahren<br />

hatte, dass sie zu den Keltiberern von bedeutender Abstammung gehörte und mit Indibilis, einem adligen<br />

jungen Mann dieses Volkes, verlobt war, gab er sie den herbeigerufenen Eltern und dem Verlobten unberührt<br />

zurück. Auch das ihm für die Rückerstattung der jungen Frau gebrachte Gold fügte er der Mitgift hinzu. Durch<br />

diese Zurückhaltung und Großzügigkeit verpflichtet, verbündete Indibilis die Keltiberer mit den Römern und<br />

stattete so den geschuldeten Dank für die Wohltat ab.‹) Demgegenüber hatte Livius (Ab urbe condita 26,8,50)<br />

noch unverhohlen auf die politische und strategische Bedeutung seiner continentia hingewiesen und mit der<br />

Geste nach der Eroberung von Carthago Nova (im Jahre 209) eine politische Erpressung des hochgestellten<br />

keltiberischen Verlobten verbunden: »Hanc mercedem unam pro eo munere paciscor: amicus populo Romano<br />

sis et, si me virum bonum credis esse quales patrem patruumque meum iam ante hae gentes norant, scias<br />

multos nostri similes in civitate Romana esse, nec ullum in terris hodie populum dici posse quem minus tibi<br />

hostem tuisque esse velis aut amicum malis.« (›Nur eine einzige Gegenleistung will ich mit diesem Geschenk<br />

verbinden: Du sollst ein Bündnis mit dem römischen Volk schließen! Wenn du mich wie meinen Vater und<br />

meinen Onkel für einen verlässlichen Mann hältst, sollst du wissen, dass es im römischen Staat viele gibt, die<br />

uns gleichen. Auch sollte es heute kein Volk geben, das du weniger zum Feind für dich und die Deinen,<br />

sondern vielmehr zum Freund haben möchtest.‹)<br />

311


X Exempla virtutis<br />

So können exempla virtutis in der Frühen Neuzeit, unabhängig davon, ob sie rheto-<br />

risch, literarisch oder künstlerisch eingesetzt wurden, <strong>als</strong> Erinnerungsfigur aufge-<br />

fasst werden, deren akkumulierter »kultureller Sinn« 29 stets reaktiviert, an neue<br />

Gegebenheiten angepasst und semiotisiert werden kann. Solche Erinnerungsfigu-<br />

ren können allerdings nicht in jeder Phase eingesetzt werden, sondern bleiben zu-<br />

weilen ›in Reserve‹, um später neu belebt zu werden, wenn sich neue Aktualisie-<br />

rungsmöglichkeiten ergeben. 30 In den exempla virtutis manifestiert sich ein literari-<br />

sches und künstlerisches Verfahren, dessen Herkunft aus der Rhetorik unverkenn-<br />

bar ist und das seinen Wert <strong>als</strong> abgekürzte Erinnerung an vergangene und gegen-<br />

wärtige Normkonzepte lange Zeit beibehielt. 31<br />

Auch <strong>als</strong> in der historischen Reflexion der Aufklärung Geschichte <strong>als</strong> ›Fort-<br />

schrittsgeschichte‹ verstanden wurde und den handelnden Subjekten eine neue<br />

Rolle zugewiesen wurde, verloren die exempla virtutis überraschenderweise nicht<br />

sofort ihren rhetorischen, literarischen und künstlerischen Wert. Helden der römi-<br />

schen Republik wie Brutus und Cato fanden im Historienbild des ausgehenden 18.<br />

Jahrhunderts häufig Berücksichtigung und wurden in der Umbruchphase der fran-<br />

zösischen Revolution geradezu Leitmotive künstlerischer und rhetorischer Propa-<br />

ganda. Für den noch nie erlebten und gar nicht zu übersehenden gesellschaftli-<br />

chen Wandel konnte das unerschöpfliche Reservoir der antiken exempla virtutis<br />

noch einmal aktiviert und umbesetzt werden, weil diese Erinnerungsfiguren einge-<br />

übt und der mémoire collective vertraut waren. Freilich bewährte sich auch hier die<br />

immanente Dialektik der Erinnerungsfigur: Das Neue wurde mit Vertrautem inter-<br />

pretiert oder vielmehr den vertrauten exempla neuer Sinn unterlegt, im alten Ge-<br />

wand vertrauter Leitfiguren neue Normen entwickelt. Insofern macht Robert Ro-<br />

senblum 32 zu Recht darauf aufmerksam, dass das exemplum virtutis ein wichtiger<br />

Aspekt für das Verständnis vor allem des französischen Klassizismus ist. Aller-<br />

dings übersieht er im Einzelnen die Umbesetzung überlieferter Tugenden, die Um-<br />

bewertung der Handlungsmuster, kurzum die Aktualisierung alter Normen und<br />

Ideale.<br />

29 Ich verwende die Terminologie von Renate Lachmann aus dem Vorwort zu: Haverkamp, Anselm / Lachmann,<br />

Renate (Hrsg.): Memoria, München 1993 (Poetik und Hermeneutik 15), v. a. S. XVII-XXV.<br />

30 Vgl. Renate Lachmann, a.a.O., S. XVIII.<br />

31 Schon E. R. Curtius (Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern / München 8 1973, S. 112) beschrieb<br />

das Funktionieren eines Topos ganz ähnlich und verwies unter Bezugnahme auf C. G. Jung auf die<br />

Tiefenstruktur solch repetitiver Verfahren, mit deren Hilfe das kulturelle Gedächtnis immer neu umgestaltet<br />

werden kann.<br />

32 Rosenblum, Robert: Transformations in Late Eighteenth Century, Princeton 3 1974.<br />

312


X Exempla virtutis<br />

<strong>Die</strong> umstandslose Einordnung eines Historienbildes oder einer Dramenhandlung<br />

<strong>als</strong> exemplum virtutis vernachlässigt es, in synchronen und diachronen Analyse-<br />

schritten den konkreten Bezug und damit den ›Sinn‹ der Bildwahl oder des Dra-<br />

menvorwurfs zu erörtern. Dadurch werden scheinbar statische Interpretationsmög-<br />

lichkeiten vorausgesetzt, obwohl die Bilder erst dann zu ›sprechen‹ beginnen,<br />

wenn nach ihrer ursprünglichen Funktion gefragt wird, wie sich auch an Beispielen<br />

aus dem hier behandelten Bildkorpus zeigen lässt.<br />

<strong>Die</strong>s gilt auch für das Bildmotiv der ›starken Frauen‹, von dem es immerhin<br />

bereits bei Giovanni Battista Armenini (1530-1609) eine erzieherische Applikation<br />

gibt, wenn er es vor allem für die Wohnräume junger Frauen für besonders geei-<br />

gnet hält: »Ma nelle camere poi dove si riposano le matrone e le donne maritate, vi<br />

si fingono poi esempi di storie di donne illustri cosi greche come latine, ed il mede-<br />

simo si dee fare in quelle dove abitano le fanciulle, col fingervi le piu famose per<br />

castità, per grandezza di animo e per fede.« 33<br />

<strong>Die</strong> Darstellung des Selbstmords der L u k r e t i a nach ihrer Vergewaltigung<br />

mag heutigen, vordergründigen Betrachtern <strong>als</strong> Modell einer überholten Sittlichkeit<br />

erscheinen. 34 Im ancien régime konnte das<br />

Thema aber auch <strong>als</strong> aktuelle Kritik am<br />

Machtmissbrauch verstanden werden, zumal<br />

der Sturz des letzten römischen Königs durch<br />

den Racheschwur der Verwandten Lukretias<br />

ausgelöst wurde. Eine solche Kritik mag etwa<br />

im Historiengemälde [Abb. 6] von Charles-<br />

Alphonse Dufresnoy (1611-1668) beabsichtigt<br />

sein. 35 Wenn niederländische Maler des 17.<br />

Abb. 6<br />

Jahrhunderts das beliebte Thema aufgreifen, liegt der Verdacht eines versteckten<br />

Hinweises auf die Bedrohung der Niederlande durch das habsburgische Spanien<br />

nahe. Ganz in diesem Sinn interpretiert der niederländische Poet Jan Vos 36 in ei-<br />

nem Gedicht über Lukretia ihr Selbstopfer: »Gy doet de vryheidt met dez’ rooden<br />

33<br />

Armenini, Giovanni Battista: De’ veri precetti della pittura, Ravenna 1587 (ND Hildesheim/New York 1971),<br />

S. 187f.<br />

34<br />

Vgl. oben, S. 123ff.<br />

35<br />

Katalog 108.<br />

36<br />

Vos, Jan: Alle gedichten van den Poèet Jan Vos, Amsterdam 1662, S. 550: Lukretia deursteekt zich, door G.<br />

F. geschildert (›Lukretia bringt sich um, gemalt von Govert Flinck‹)<br />

313


X Exempla virtutis<br />

int beschrijven.« 37 Anlass des Gedichts war eine auch im Titel genannte Lukretia<br />

von Govert Flinck 38 , die sich dam<strong>als</strong> in der Sammlung von Joan Huydecoper be-<br />

fand. 39 Eine vergleichbare Intention könnte, wie Gary Schwartz gezeigt hat, auch<br />

bei der Lukretia [Abb. 6] Rembrandts in Washington vorliegen. 40 In anderen Dar-<br />

stellungen desselben exemplum virtutis konnte das Motiv der ›starken Frau‹ oder<br />

die Darstellung des Affekts im Vordergrund stehen. <strong>Die</strong>s gilt beispielsweise für das<br />

Bildmotiv der S o p h o n i s b e . Andrea Mantegna [Abb. 7] griff das von Boccaccio 41<br />

reaktualisierte Sujet für das Programm ›starker Frauen‹ im studiolo der Isabella d’<br />

Este auf. Ähnliche Intentionen dürfte der Maître<br />

des héroines de Chigi-Saraceni (Ende<br />

15./Anfang 16.Jh.) [Abb. 8] verfolgt haben.<br />

Demgegenüber stellt Simon Vouet (1590-1649)<br />

in seiner Kasseler Sophonisbe [Abb. 9] im Ge-<br />

gensatz der Königin zu ihrer <strong>Die</strong>nerin das neu-<br />

Abb. 6 Abb. 7<br />

stoische Thema der Affektbeherrschung dar. Kann die Bearbeitung des Themas<br />

Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10<br />

durch Vouet noch insofern <strong>als</strong> exemplum virtutis gedeutet werden, <strong>als</strong> Affektbe-<br />

herrschung zu den Regentenqualitäten des neuzeitlichen Fürsten zählt, hat die<br />

Darstellung des Affekts im 19. Jahrhundert jeden philosophischen oder morali-<br />

schen Hintergrund aufgegeben, wie sich an der späten Attitüde [Abb. 10] der Lady<br />

Hamilton zeigen lässt, die Friedrich Rehberg (1758-1835) gestochen hat.<br />

37 ›Mit dieser roten Tinte wird die Freiheit beschrieben.‹ (V. 11)<br />

38 Bredius, Abraham: Künstler-Inventare: Urkunden zur Geschichte der holländischen Kunst des XVI ten und<br />

XVII ten Jahrhunderts, Den Haag 1915-1922, Bd. 5, S. 1965.<br />

39 <strong>Die</strong> politische Konnotation des Gedichtes ist deutlich, endet es doch (V. 14): »Wie dat het volk bevrijt verkrijgt<br />

de grootste zeege.« (›Wer das Volk befreit, erhält den größten Segen.‹)<br />

40 Schwartz, Gary: Sämtliche Gemälde Rembrandts in Farbe, Darmstadt 1987, S. 330. Katalog 305.<br />

41 Katalog 227. De claris mulieribus, 70 (De Sophonisba regina Numidie); vgl. oben, S. 80.<br />

314


X Exempla virtutis<br />

Damit hat die Bezeichnung exemplum virtutis endgültig ihren Sinn verloren.<br />

Eine durchaus vergleichbare Entwicklung konnte auch bei der Darstellung der<br />

K l e o p a t r a aufgezeigt werden. 42 Wenn Nicolas Prévost (1604-1670) die ägypti-<br />

sche Königin [Abb. 11] für die Gemächer der Regentin im Schloss Richelieu <strong>als</strong> Teil<br />

eines zehn ›starke Frauen‹ umfassenden Programms weiblicher Exempla darstell-<br />

te, verfolgte Richelieu das politische Ziel, weibliche Regentschaften zu verteidi-<br />

gen. 43 Demgegenüber stellen Guido Reni (1575-1642) und Guido Cagnacci (1601-<br />

1663) in verschiedener Akzentuierung Affekte dar. Reni greift in seinem Potsdamer<br />

Bild [Abb. 12] auf das antike Modell der Niobe zurück und sucht mit dem ›himmeln-<br />

den Blick‹ 44 eine der Darstellung heiliger Märtyrerinnen angenäherte Interpretation.<br />

Demgegenüber findet Cagnacci in<br />

seiner Wiener Fassung [Abb. 13]<br />

eine andere Lösung: In seinem<br />

mehrfigurigen Historiengemälde<br />

bildet der Gegensatz zwischen<br />

der stoisch gelassenen Königin<br />

und ihrem verzweifelt reagieren-<br />

Abb. 11 Abb. 12<br />

den weiblichen Hofstaat die Grundspannung. Noch bemühen sich die <strong>Die</strong>nerinnen<br />

um die bereits ohnmächtige Regentin, Händeringen und Tränentücher verweisen<br />

zugleich auf die Vergeb-<br />

lichkeit dieses Handelns.<br />

Beide Versionen der<br />

<strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tu-<br />

gendheldin 45 demons-<br />

trieren Affektbeherrsch-<br />

Abb. 13 Abb. 14<br />

schung ohne politischen Bezug. Hans Makart (1840-1884) gibt in seinem großen<br />

Gemälde in Kassel [Abb. 14] die Tradition des exemplum virtutis gänzlich zugun-<br />

sten der Interpretation Kleopatras <strong>als</strong> femme fatale auf 46 , wofür sich bei Jean And-<br />

ré Rixens (1846–1924) 47 und Arnold Böcklin (1827-1901) 48 andere Beispiele fan-<br />

42 S. oben, S. 145ff.<br />

43 Katalog 289.<br />

44 Katalog 310. Zum Motiv des ›himmelnden Blicks‹ s. Henning, Andreas / Weber, Gregor (Hrsg.): AK ›Der<br />

himmelnde Blick‹, Zur Geschichte eines Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Dresden 1998.<br />

45 Katalog 53.<br />

46 Katalog 223.<br />

47 Katalog 348.<br />

48 Katalog 38.<br />

315


X Exempla virtutis<br />

den. 49 Folgte das exemplum virtutis zunächst propagandistischen Absichten oder<br />

formulierte es politische Kritik, konnte es auch zur Affektmodulierung dienen und<br />

auf die moralische Wirkung beim Betrachter abheben. In den späten Versionen<br />

des 19. Jahrhunderts liegt das Hauptgewicht auf der absolut gesetzten Darstellung<br />

des Affekts.<br />

Exempla virtutis sind ein aus der Rhetorik stammendes Verweisverfahren, das in<br />

der Frühen Neuzeit unter zunächst neustoischen Vorzeichen auch in den Bild-<br />

künsten eine bedeutende Rolle gespielt hat. Allerdings erläutert der Verweis auf<br />

das Verfahren noch nicht den vom Künstler, seinem Auftraggeber oder den Be-<br />

trachtern beabsichtigten Sinn; das nur scheinbar transhistorische Tugendexempel<br />

muss immer in seiner konkreten künstlerischen Umsetzung und seiner historischen<br />

Funktion erfasst werden. Aus dem in dieser Untersuchung behandelten Bildkorpus<br />

lässt sich eine allgemeine Entwicklung ableiten, die auch zugleich das Ende wenn<br />

nicht des Historiengemäldes, so doch des Tugendexempels im Laufe des 19.<br />

Jahrhunderts erklären mag. Standen zu Beginn der neuzeitlichen Entwicklung<br />

Historienbilder <strong>als</strong> impliziter Vergleich im Vordergrund, die politische Normen und<br />

Ansprüche legitimieren und kritisieren konnten, traten schon früh andere Aktuali-<br />

sierungen der Tugendexempel auf, die neustoisch beeinflusst, Normen der Subjek-<br />

tivität und der Affektbeherrschung ins Bild setzten. Erst die Reduktion auf anthro-<br />

pologische Grundaffekte, wie sie sich in den ›Attitüden‹ der Spätaufklärung finden,<br />

vereinfachte den Tugendbegriff radikal zum Affekt, wie er sich in den ästhetischen<br />

Inszenierungen der späten Historiengemälde des 19. Jahrhunderts Ausdruck ver-<br />

schafft. Von der Tugend über den Affekt zur Attitüde verbrauchte sich das rhetori-<br />

sche Verfahren des exemplum virtutis ebenso wie das des Bildmotivs der Tugend-<br />

heldin. 50<br />

49 Vgl. oben, S. 165.<br />

50<br />

316


[Augsburg / Cleveland]<br />

[Amsterdam]<br />

[Antwerpen]<br />

[Antwerpen]<br />

[Antwerpen]<br />

[Ariccia]<br />

AK Johann Liss, Augsburg 1975<br />

Ausstellungskataloge<br />

Bull, Duncan (Hrsg.): Rembrandt Ŕ Caravaggio, Stuttgart 2006<br />

Belkin Lohse, Kristin / Healy, Fiona (Hrsg.): A House of Art, Rubens as Col-<br />

lector, Antwerpen 2004<br />

d’Hulst, R.-A. / de Poorter, N. / Vandenven, M. (Hrsg.): Jacob Jordaens<br />

(1593 Ŕ 1678), Anvers 1993<br />

Koninkliik Museum voor Schone Kunsten Antwerpen: P.P.Rubens, Gemälde -<br />

Ölskizzen Ŕ Zeichnungen, Antwerpen 1977<br />

Papi, Gianni: La ›schola‹ del Caravaggio, Dipinti dalla collezione Koelliker,<br />

Milano 2006<br />

[Augsburg / Cleveland]<br />

[Basel]<br />

[Basel]<br />

Johann Liss, Augsburg 1975<br />

Lindemann, Bernd Wolfgang (Hrsg.): Arnold Böcklin Ŕ eine Retrospektive,<br />

Basel 2001<br />

Ten-Doesschate Chu, Petra (Hrsg.): Im Lichte Hollands, Holländische Malerei<br />

des 17. Jahrhunderts aus den Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein<br />

und aus Schweizer Besitz, Zürich 1987<br />

[Berlin / Roma]<br />

[Berlin]<br />

Danesi Squarzina, Silvia (Hrsg.): Caravaggio in Preussen, <strong>Die</strong> Sammlung<br />

Giustiniani und die Berliner Gemäldegalerie in Preußen, Milano 2001<br />

Contini, Roberto: Pracht und Pathos, Meisterwerke der Barockmalerei aus<br />

dem Palazzo Bianco in Genua, Milano 2003<br />

317


[Berlin]<br />

[Berlin]<br />

[Blois]<br />

Ausstellungskataloge<br />

Sievernich, G. / Budde, H. (Hrsg.): Europa und der Orient, 800 Ŕ 1900, Ber-<br />

lin 1989<br />

Zimmer, F. (Hrsg.): <strong>Die</strong> griechische Klassik, Idee oder Wirklichkeit, Berlin<br />

2002<br />

Bassani Pacht, Paola / Crépin-Leblond, Thierry / Sainte Fare Garnot, Nico-<br />

las / Solinas, Francesco (Hrsg.): Marie de Médicis, un gouvernement par les<br />

arts, Paris 2003<br />

[Bologna ]<br />

[Bologna]<br />

[Bologna]<br />

Cola, Alberto / Salvagni, Anna / Scolaro, Francesca / Scolaro, Michaela /<br />

Caroselli, Susan (Hrsg.): Guido Reni, 1575 Ŕ 1642, Bologna 1988<br />

Mahon, Denis (Hrsg.): Giovanni Francesco Barbieri, Il Guercino 1591-1666,<br />

Bologna 1991<br />

Mahon, Denis (Hrsg.): Guercino, Bologna 2 1991 (Nachdruck des Katalogs<br />

von 1968)<br />

[Boston / Toledo]<br />

Sutton, Peter C.: The Age of Rubens, Boston 1993<br />

[Braunschweig]<br />

Büttner, Nils / Heinen, Ulrich (Hrsg.): Peter Paul Rubens, Barocke Leiden-<br />

schaften, Braunschweig 2004<br />

[Braunschweig]<br />

[Bruxelles]<br />

Herzog Anton Ulrich-Museum: Europäische Malerei des Barock aus dem Na-<br />

tionalmuseum Warschau, Braunschweig 1989<br />

Le siècle de Rubens, Bruxelles 1965<br />

[Darmstadt]<br />

Ebert-Schifferer, Sybille (Hrsg.): Il gusto bolognese, Barockmalerei aus der<br />

Emilia-Romagna, Bologna 1994<br />

318


[Delft]<br />

[Dresden]<br />

Ausstellungskataloge<br />

Brink Goldsmith, Jane ten (Hrsg.): Leonaert Bramer, 1595-1674: Ingenious<br />

Painter and Draughtsman in Rome and Delft, Zwolle 1994<br />

Henning, A. / Weber, G. (Hrsg.): ›Der himmelnde Blick‹, Zur Geschichte ei-<br />

nes Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Dresden 1998<br />

[Düsseldorf / München/ Chur]<br />

[Düsseldorf]<br />

[Düsseldorf]<br />

Baumgärtel, Bettina (Hrsg.): Angelika Kauffmann, Ostfildern-Ruit 1998<br />

Baumgärtel, Bettina / Neysters, Silvia (Hrsg.): <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frau-<br />

en, Düsseldorf 1995<br />

Schuster, Eva: Das Bild vom Tod, Graphiksammlung der Heinrich-Heine-<br />

Universität Düsseldorf, Recklinghausen 1992<br />

[Ferrara / New York]<br />

Humfrey, Peter / Lucco, Mauro (Hrsg.): Dosso Dossi, Court Painter in Ren-<br />

aissance Ferrara, New York 1998<br />

[Frankfurt am Main]<br />

Ebert-Schifferer, Sybille / Emiliani, Andrea / Schleier, Erich (Hrsg.) Guido<br />

Reni und Europa, Ruhm und Nachruhm, Frankfurt 1988<br />

[Frankfurt am Main]<br />

[Genève]<br />

[Genova]<br />

[Hamburg]]<br />

Schulze, Sabine (Hrsg.): Leselust, Niederländische Malerei von Rembrandt<br />

bis Vermeer, Frankfurt 1993<br />

Ritschard, Claude / Morehead, Allison (Hrsg.): Cléopâtre dans le miroir de<br />

l’art occidental, Genève 2004<br />

Gavazza, Ezio / Sciré, Giovanna Nepi / Terminiello, Giovanna Rotondi<br />

(Hrsg.): Bernardo Strozzi, Genova 1581/82-Venezia 1644, Milano 1995<br />

Schneede, Uwe / Heinrich, Christoph (Hrsg.): Monets Vermächtnis, Serie,<br />

Ordnung und Obsession, Ostfildern-Ruit 2001<br />

[Karlsruhe]<br />

Stefano della Bella, Karlsruhe 2005<br />

319


[Kassel]<br />

Literaturverzeichnis<br />

Neumann, Wolfgang (Hrsg.): Tanz der Toten Ŕ Todestanz: der monumenta-<br />

le Totentanz im deutschsprachigen Raum, Dettelbach 1998<br />

[Köln / Antwerpen / Wien]<br />

Mai, Ekkehard (Hrsg.): Von Bruegel bis Rubens, Das goldene Jahrhundert<br />

der flämischen Malerei, Köln / Antwerpen / Wien 1992, S. 55-70<br />

[Köln / Dordrecht / Kassel]<br />

Mai, Ekkehard / Paarlberg, Sander / Weber, Gregor J. M. (Hrsg.): Vom Adel<br />

der Malerei, Holland um 1700, Köln 2006<br />

[Köln / Montréal]<br />

[Köln]<br />

[Köln]<br />

[Köln]<br />

[Kronach]<br />

[Ljubljana]<br />

Goldfarb, Hilliard Todd (Hrsg.): Richelieu (1585-1642), Kunst, Macht und Poli-<br />

tik, Ghent 2002<br />

Mai, Ekkehard (Hrsg.): Glanzlichter des Barock, Meisterwerke aus dem Mu-<br />

sée des Beaux-Arts in Caen, Köln 1993<br />

Mai, Ekkehard / Repp-Eckert, Anke (Hrsg.): Triumph und Tod des Helden,<br />

Europäische Historienmalerei von Rubens bis Manet, Köln 1987<br />

Mai, Ekkehard / Stukenbrock, Christiane (Hrsg.): Niederländische Malerei des<br />

17. Jahrhunderts aus Budapest, Köln 1987<br />

Grimm, Claus (Hrsg.): Lucas Cranach, Ein Maler-Unternehmer aus Franken,<br />

Regensburg 1994<br />

Serbelj, Ferdinand (Hrsg.): La Pittura barocca nel Goriziano, Ljubljana 2002<br />

[London / New York]<br />

Martineau, Jane (Hrsg.): Andrea Mantegna, London 1992]<br />

[London / Roma]<br />

Wilton, Andrew / Bignamini, Ilaria (Hrsg.): Grand Tour, The Lure of Italy in<br />

the Eighteenth Century, London 1996<br />

[London / Washington]<br />

Martineau, Jane / Robinson, Andrew (Hrsg.): The Glory of Venice, Art in the<br />

Eighteenth century, London 1994<br />

320


[London]<br />

Ausstellungskataloge<br />

Walker, Susan / Higgs, Peter (Hrsg.): Cleopatra of Egypt, London 2001<br />

[Lugano / Roma]<br />

[Mantova]<br />

[Marseille]<br />

[Meaux]<br />

[Milano]<br />

[Milano]<br />

[Milano]<br />

Kahn-Rossi, Manuela (Hrsg.): Pier Francesco Mola 1612-1666, Milano 1989<br />

Safarik, Eduard A. (Hrsg.): Domenico Fetti, 1588/89-1623, Milano 1996<br />

Viatte, Francoise (Hrsg.): Escales du Baroque, Paris 1988<br />

Kerspern, Sylvain: Bossuet, Miroir du Grand Siècle, Paris 2004<br />

Bossaglia, Rossana / Terraroli, Valerio: Settecento lombardo, Milano 1991<br />

Spezzaferro, Luigi / Calzavara, Benedetta (Hrsg.): Caravaggio e l’Europa, Da<br />

Caravaggio a Mattia Preti, Milano 2005<br />

Mahon, Denis / Pulini, Massimo / Sgarbi, Vittorio (Hrsg.): Guercino, Poesia e<br />

sentimento nella pittura del ’600, Novara 2003<br />

[Montpellier / Strasbourg]<br />

Thuillier, Jacques: [zugleich: AK] Sébastien Bourdon 1616-1671, Catalogue<br />

critique et chronologique de l’œuvre complet, Paris 2000<br />

[Montréal / Rennes / Montpellier]<br />

[Montréal]<br />

[München]<br />

[Nancy]<br />

Mégevand, M.-Ch. / Julhiet, C. (Hrsg.): Grand Siècle, Peintures françaises<br />

du XVII e siècle dans les collections publiques françaises, Paris 1993<br />

Grand Siècle, Peintures françaises du XVII e siècle dans les collections pu-<br />

bliques françaises, Paris 1993<br />

Steingräber, Erich: Venedig, Malerei des 18. Jahrhunderts, München 1987<br />

La peinture vénitienne 1600-1800, 65 peintures des collections des musées<br />

de la Ville de Padoue, Nancy 1991<br />

[Napoli / Wien / Los Angeles]<br />

Cassani, Silvia / Sapio, Mario (Hrsg.): Luca Giordano 1634-1705, Napoli 2001<br />

321


[Neuburg an der Donau]<br />

[Nürnberg]<br />

Literaturverzeichnis<br />

Bäumler, S. / Brockhoff, E. / Henker, M. (Hrsg.): Von Kaisers Gnaden, 500<br />

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Bott, Gerhard (Hrsg.): <strong>Die</strong> Grafen von Schönborn. Kirchenfürsten, Sammler,<br />

Mäzene, Nürnberg 1989<br />

[Oldenburg]<br />

Köhn, Silke (Hrsg.): Lady Hamilton und Tischbein, Der Künstler und sein<br />

Modell, Oldenburg 1999<br />

[Paris / London]<br />

Penny, Nicholas (Hrsg.): Reynolds, Paris 1985<br />

[Paris / Philadelphia / Fort Worth]<br />

Bailey, C. / Hamilton, C. A. (Hrsg.): Les Amours des <strong>Die</strong>ux, La peinture my-<br />

thologique de Watteau a David, Paris 1991<br />

[Paris / Versailles]<br />

[Paris]<br />

Schnapper, A. / Sérullaz, A. (Hrsg.): Jacques-Louis David, 1748-1825, Paris<br />

1989<br />

[Passariano]<br />

[Roma]<br />

[Roma]<br />

Thuillier, Jacques (Hrsg.): Vouet, Paris 1990<br />

Rizzi, Aldo: Sebastiano Ricci, Milano 1989<br />

Bonfait, O. (Hrsg.): Roma 1630, Il trionfo del pennello, Milano 1994<br />

Lo Bianco, Anna (Hrsg.): Pietro da Cortona 1597-1669, Milano 1997<br />

[Roma / New York / Saint Louis]<br />

[Siena]<br />

Christiansen, Keith / Mann, Judith: Orazio e Artemisia Gentileschi, Milano<br />

2001<br />

[Stuttgart]<br />

[Tours]<br />

Barocchi, Paola [u.a.]: Domenico Beccafumi e il suo tempo, Milano 1990<br />

Höper, Corinna (Hrsg.): Raffael und die Folgen, Stuttgart 2001<br />

Fohr, Robert (Hrsg.): Tableaux français et italiens du XVII e siècle, Paris 1982<br />

322


[Vaduz]<br />

Ausstellungskataloge<br />

Wieczorek, Uwe: Fünf Jahrhunderte italienische Kunst aus den Sammlungen<br />

des Fürsten von Liechtenstein, Bern 1994<br />

[Venezia / New York]<br />

Christiansen, Keith (Hrsg.): Giambattista Tiepolo 1696-1996, Milano 1996<br />

[Venezia / Washington]<br />

[Venezia]<br />

[Venezia]<br />

[Verona]<br />

[Verona]<br />

[Wien]<br />

[Wien]<br />

[Wien]<br />

[Wien]<br />

Biadene, Susanna (Hrsg.): Tiziano, Venezia 1990<br />

Bettagno, Alessandro (Hrsg.): Antonio Pellegrini, Il maestro veneto del Ro-<br />

cocò alle corti d’ Europa, Venezia 1998<br />

Romanelli, Giandomenico / Strinati, Claudio (Hrsg.): Paolo Veronese, Miti, ri-<br />

tratti, allegorie, Venezia 2005<br />

Cortenova, Giorgio (Hrsg.): Il settimo splendore, La modernità della malin-<br />

conia, Venezia 2007<br />

Scaglietti Kelescian, Daniela (Hrsg.): Alessandro Turchi detto l'Orbetto, 1578<br />

Ŕ 1649, Milano 1999<br />

Kunstverein Wien: Franz Anton Maulbertsch, Wien 1974<br />

Mayr-Oehring, Erika / Doppler, Elke (Hrsg.): Orientalische Reise, Malerei<br />

und Exotik im späten 19. Jahrhundert, Wien 2003<br />

Schröder, Klaus Albrecht / Sternath, Maria Luise (Hrsg.): Albrecht Dürer, Ost-<br />

fildern-Ruit 2003<br />

Trnek, Renate: Traum vom Süden, <strong>Die</strong> Niederländer malen Italien, Ostfildern<br />

2007<br />

[Wien / Mailand]<br />

Natale, Mauro / Di Lorenzo, Andrea (Hrsg.): <strong>Die</strong> Sammlung Borromeo, Male-<br />

rei und Skulptur in der Nachfolge Leonardo da Vincis, Milano 2007<br />

323


[Wien / Napoli]<br />

Literaturverzeichnis<br />

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le ali dell’aquila imperiale 1707-1734, Napoli 1994<br />

[Wien / Stendal]<br />

Hagen, Bettina (Hrsg.): Antike in Wien, <strong>Die</strong> Akademie und der Klassizismus<br />

um 1800, Mainz 2002<br />

[Wien / Venedig]<br />

Ferino-Pagden, Sylvia (Hrsg.): Der späte Tizian und die Sinnlichkeit der Male-<br />

rei, Wien 2007<br />

324


[Berlin]<br />

[Biberach]<br />

Bestandskataloge<br />

Bestandskataloge<br />

Katalog der ausgestellten Gemälde des 13.-18. Jahrhunderts, Gemäldegale-<br />

rie Berlin 1975<br />

Hoffmann, Herbert (Hrsg.): Katalog der Gemälde und Skulpturen bis 1900,<br />

Band III a , Biberach an der Riß 1975<br />

[Bordeaux]<br />

Habert, Jean (Hrsg.): Bordeaux, Musée des Beaux-Arts, Peinture italienne<br />

XV e -XIX e siècles, Paris 1987<br />

[Braunschweig]<br />

Herzog Anton Ulrich-Museum: AK Erwerbungen aus zwei Jahrzehnten,<br />

Kunstwerke vor 1900, Braunschweig 1989<br />

[Braunschweig]<br />

Jacob, Susanne / König-Lein, Susanne: [Herzog Anton Ulrich-Museum<br />

Braunschweig] <strong>Die</strong> italienischen Gemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts, Mün-<br />

chen 2004<br />

[Braunschweig]<br />

Jacoby, Joachim / Michels, Anette (Hrsg.): [Herzog Anton Ulrich-Museum<br />

Braunschweig] <strong>Die</strong> deutschen Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts sowie<br />

die englischen und skandinavischen Werke, Braunschweig 1989<br />

[Braunschweig]<br />

[Bruxelles]<br />

Klessmann, Rüdiger: [Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig] <strong>Die</strong> hol-<br />

ländischen Gemälde, Braunschweig 1983<br />

[Den Haag]<br />

[Dijon]<br />

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[Mauritshuis:] The Royal Cabinet of Paintings, Illustrated General Catalogue,<br />

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325


[Firenze]<br />

[Firenze]<br />

[Hamburg]<br />

Literaturverzeichnis<br />

Chiarini, Marco: Palazzo Pitti, Firenze 1988<br />

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[Hannover]<br />

Grohn, Hans Werner: [Landesmuseum Hannover] <strong>Die</strong> italienischen Gemälde,<br />

Hannover 1995<br />

[Karlsruhe]<br />

[Kassel]<br />

[Kassel]<br />

[Kassel]<br />

[Kassel]<br />

[Kassel]<br />

[Köln]<br />

[Leipzig]<br />

Lauts, Jan (Hrsg.): Katalog Alte Meister bis 1800, 2 Bde, Karlsruhe 1966<br />

Heinz, Marianne (Hrsg.): Bestandskatalog der Gemälde des 19. Jahrhun-<br />

derts, Kassel 1991<br />

Herzog, Erich: <strong>Die</strong> Gemäldesammlung der Staatlichen Kunstsammlungen<br />

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gen 1980<br />

Schnackenburg, Bernhard: Flämische Meister in der Kasseler Gemäldegale-<br />

rie, Kassel 1985<br />

Schnackenburg, Bernhard: Gesamtkatalog Gemäldegalerie Alte Meister Kas-<br />

sel, Mainz 1996<br />

Heße, Christian / Schlagenhaufer, Martina (Hrsg.): Wallraf-Richartz-Museum<br />

Köln, Vollständiges Verzeichnis der Gemäldesammlung, Köln/Mailand 1986<br />

Sander, <strong>Die</strong>tulf (Hrsg.): Museum der bildenden Künste Leipzig, Katalog der<br />

Gemälde, Leipzig 1995<br />

326


[London]<br />

[London]<br />

[Madrid]<br />

[München]<br />

[München]<br />

[München]<br />

[Paris]<br />

[Paris]<br />

[Paris]<br />

[Paris]<br />

[Paris]<br />

Bestandskataloge<br />

Baker, Christopher / Henry, Tom (Hrsg.): The National Gallery, Complete Il-<br />

lustrated Catalogue, London 1995<br />

Braham, Allan (Hrsg.): The National Gallery, Illustrated General Catalogue,<br />

London 2 1986<br />

Pita Andrade, José Manuel / del Mar Borobia Guerrero, María (Hrsg.): Old<br />

Masters Thyssen-Bornemisza Museum, Barcelona 1992<br />

Alte Pinakothek, Ausgewählte Werke, München 2005<br />

Schawe, Martin: Alte Pinakothek, Altdeutsche und altniederländische Malerei,<br />

München 2006<br />

Steingräber, Erich (Hrsg.): Kat. Alte Pinakothek München, München 1983<br />

Brejon de Lavergnée, Arnauld / Foucart, Jacques / Reynaud, Nicole [Hrsg.]:<br />

Catalogue sommaire illustré des peintures du musée du Louvre, Bd. 1,<br />

Écoles flamande et hollandaise, Paris 1979<br />

Brejon de Lavergnée, Arnauld / Thiébaut, Dominique [Hrsg.]: Catalogue<br />

sommaire illustré des peintures du musée du Louvre, Bd. 2 Italie, Espagne,<br />

Allemagne, Grande-Bretagne et divers, Paris 1981<br />

Brejon de Lavergnée, Arnauld: Dijon, Musée Magnin, Catalogue des tableaux<br />

et dessins italiens (XV e -XIX e siècles), Paris 1980<br />

Compin, Isabelle / Roquebert, Anne (Hrsg.): Catalogue sommaire illustré des<br />

peintures du musée du Louvre et du musée d:Orsay, École française, 3 Bde,<br />

Paris 1986<br />

Laclotte, Michel / Mognetti, Élisabeth (Hrsg.): Avignon, Musée du Petit Palais,<br />

Peinture italienne, Paris 1987<br />

327


[Praha]<br />

[Roma]<br />

[Roma]<br />

[Roma]<br />

Literaturverzeichnis<br />

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Alloisi, Sivigliano: Guida alla Galleria Corsini, Roma 2002<br />

Safarik, Eduard: Catalogo sommario della Galleria Colonna in Roma, Roma<br />

1981<br />

[Stuttgart]<br />

[Stuttgart]<br />

[Venezia]<br />

[Wien]<br />

[Wien]<br />

[Wien]<br />

[Wien]<br />

Vicini, Maria Lucrezia: Guida alla Galleria Spada, Rom 1998<br />

Petermann, Erwin: Katalog der Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart 1962<br />

Rettich, Edeltraud / Klapproth, Rüdiger / Ewald, Gerhard (Hrsg.): Alte Meister,<br />

Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart 1992<br />

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chetti, Milano 2002<br />

Balis, Arnout (Hrsg.): Flämische Malerei im Kunsthistorischen Museum Wien,<br />

Zürich 1989<br />

Ferino-Pagden, Sylvia / Prohaska, Wolfgang / Schütz, Karl (Hrsg.): <strong>Die</strong> Ge-<br />

mäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien, Verzeichnis der Ge-<br />

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Leithe-Jasper, Manfred / Distelberger, Rudolf: Kunsthistorisches Museum<br />

Wien, Schatzkammer und Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, Mün-<br />

chen 1982<br />

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werbe, Wien 1935, (Führer durch die Kunsthistorischen Sammlungen in<br />

Wien)<br />

328


[Wien]<br />

[Wien]<br />

Bestandskataloge<br />

Trnek, Renate: Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste in<br />

Wien, Illustriertes Bestandsverzeichnis, Wien 1989<br />

Kräftner, Johann / Seipel, Wilfried / Trnek, Renate (Hrsg.): Rubens in Wien,<br />

Wien 2004<br />

[Würzburg]<br />

Hoffmann, Volker / Koppe, Konrad: Martin von Wagner Museum der Universi-<br />

tät Würzburg, Gemäldekatalog, Würzburg 1986<br />

329


Literaturverzeichnis<br />

Quellentexte<br />

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Appian von Alexandria: Römische Geschichte, Erster Teil: <strong>Die</strong> römische Reichsbil-<br />

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Appianus Alexandrinus: Ρωμαϊκῶν Ἐμφυλίων, hrsg. von Paul Viereck, Leipzig<br />

1986<br />

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1977<br />

Armenini, Giovanni Battista: De’ veri precetti della pittura, Ravenna 1587 (ND Hil-<br />

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Bandello, Matteo: Le Novelle, hrsg. von Gioachino Brognoligo, Bari 1928<br />

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Berlioz, Hector: La mort de Cléopâtre, Scène lyrique pour soprano et orchestre<br />

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http://www.hberlioz.com/BerliozLibretti/Rome.htm)<br />

Boccaccio, Giovanni: De claris mulieribus, <strong>Die</strong> großen Frauen, hrsg. u. übers. von<br />

I. Erfen / P. Schmitt, Stuttgart 1995<br />

Boccaccio, Giovanni: Tutte le opere, hrsg. von Vittore Branca, Milano 2 1970<br />

330


Quellentexte<br />

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druck München 1924)<br />

Bouscal, Guerin du: La mort de Brute et de Porcie ou la vengance de la mort de<br />

César 1637 (http://gallica.bnf.fr/ (zuletzt aufgerufen: 15.12.2006] und<br />

http://www.publifarum.farum.it/ [zuletzt aufgerufen: 15.12.2006])<br />

Boyer, Claude: La Porcie Romaine, hrsg. von Marie Roux, Paris<br />

(http://www.crht.org/?Biblioth%E8que+dramatique/La+Porcie+Romaine [zu-<br />

letzt aufgerufen: 15.12.2006])<br />

Calvin, Johannes: Institutio religionis christianae, Braunschweig 1864 (Corpus Re-<br />

formatorum XXX, 2)<br />

[Castiglione, Baldassare]: Carmina quinque illustrium poetarum; Quorum nomina in<br />

seguenti pagina continentur. Additis nonnullis M. Antonij Flaminij libellis nun-<br />

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(1552-1615)<br />

2 Abel, Josef<br />

(1764-1818)<br />

3 Aldegrever, Heinrich<br />

(1502-1555/61)<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

4 Alizard, J.B Tod des Sokra-<br />

5 Altdorfer, Albrecht<br />

(um 1480 - 1538)<br />

6 Ammann, Jost<br />

(1539-1591)<br />

Bildkatalog 1<br />

1600 Wien<br />

KHM<br />

Cato von Utica 1817 Wien<br />

Akademie<br />

–<br />

274x201<br />

Lwd.<br />

Sophonisbe 1553 – 115x74<br />

tes<br />

1762 Paris<br />

Ecole des Beaux Arts<br />

Kupferstich<br />

Dido – – 65x38<br />

http://www.scholarsresource/images<br />

/thumnails/191/m//mgf0504.jpg (zu-<br />

letzt aufgerufen: 15.01.2007)<br />

Trnek 1989, S. 16,<br />

Hagen, S. 98<br />

Tümpel, Tafel XLII, 95<br />

Lwd. Oberreuter-Kronabel, 1986,<br />

Kupferstich<br />

Sophonisbe 1572 – 108x150<br />

1 <strong>Die</strong> Literaturverweise des Bildkatalogs beziehen sich auf das Verzeichnis der Forschungsliteratur, S. 346ff.<br />

2 Livius-Illustration.<br />

Holzschnitt 2<br />

Abb.11<br />

Bartsch 14,42(56)<br />

Bartsch 20,1(3.86[367])<br />

370


7 Ammann, Jost<br />

(1539-1591)<br />

Sophonisbe<br />

kniet vor Massi-<br />

nissa<br />

Bildkatalog<br />

1572 – 110x150<br />

Holzschnitt 1<br />

8 [entfällt] – – – – –<br />

9 Anonym Lukretia – Florenz<br />

10 Anonym Lukretia – Paris<br />

11 Anonym Tod der Sopho-<br />

12 Anonym<br />

römische Kopie eines<br />

griechischem Origin<strong>als</strong><br />

nisbe<br />

Schlafende<br />

Ariadne<br />

Castello Vincigliata<br />

Musée Jacquemart-André<br />

Bartsch 20,1(3.85[367])<br />

1,35x0,56 Schubring, Tafel III, Nr. 21<br />

1,05x0,32 Schubring, Tafel CXXXVIII,<br />

Nr. 644<br />

1473 – Holzschnitt 2 Bartsch 80,1473/355<br />

2. Jh. vor<br />

Chr.<br />

Rom<br />

Vatikan<br />

161,5x195<br />

Marmor<br />

Ritschard, S. 82;<br />

Walker / Higgs, S. 304<br />

13 Anonym Lukretia 3 1571 – – Richard-Jamet 2003, S. 533<br />

14 Anonym Porzia 1517 Paris<br />

1 Livius-Illustration.<br />

2 Illustration zu Boccaccios De mulieribus clarisZainer (Ulm)<br />

3 Für den Einzug von Charles IX und Elisabeth d'Autriche in Paris.<br />

B.N.<br />

Skizze 4 Richard-Jamet 2003, S. 533<br />

371


Bildkatalog<br />

15 Anonym, florentinisch Lukretia um 1505 Paris<br />

16 Anonym, mailändisch Lukretia – Mailand<br />

17 Anonym, umbrisch Tod der Lukretia um 1480 Wien<br />

18 Apollonio di Giovanni Ankunft des<br />

Äneas bei Dido<br />

19 Apollonio di Giovanni Gastmahl und<br />

20 Arthur, Reginald<br />

(1875-1922)<br />

Jagd der Dido<br />

Slg. Artaud de Montor<br />

Castello Sforzesco<br />

Slg. Albert Figdor<br />

um 1450 Hannover<br />

um 1450 Hannover<br />

Tod Kleopatras 1892 London<br />

21 Aspertini, Amico Kleopatra 1496 /<br />

4 Illustration zu Pierre Gringoire (1475-1539).<br />

1503<br />

Nieders. Landesmuseum<br />

Nieders. Landesmuseum<br />

Roy Miles Gallery<br />

London<br />

British Museum<br />

0,40x0,70 Schubring, Tafel LVIII, Nr. 262<br />

1,91x0,56 Schubring, Tafel CLIV, Nr.<br />

727<br />

0,41x0,37,5 Schubring, Tafel CXXI, Nr.<br />

42,5x164<br />

Holz<br />

42,5x164<br />

Holz<br />

–<br />

Skizze<br />

Feder, schw.<br />

Tinte<br />

539<br />

Grohn, S. 18<br />

Grohn, S. 19<br />

www.abaxjp.com/cleopatra/cleopatr<br />

a.html<br />

(zuletzt aufgerufen: 04.01.2007)<br />

Winner, S. 6<br />

372


22 Assereto, Gioacchino<br />

(1600-1649)<br />

23 Auvray, Felix<br />

(1800-1833)<br />

Selbstmord Ca-<br />

tos<br />

Porzia, sich<br />

selbst verlet-<br />

zend<br />

23a Bachiacca siehe 406<br />

24 Barry, James<br />

(1741-1806)<br />

24a Bassetti, Marcantonio<br />

(1586-1630)<br />

25 Beccafumi, Domenico<br />

(1486-1551)<br />

26 Beccafumi, Domenico<br />

(1486-1551)<br />

27 Beccafumi, Domenico<br />

(1486-1551)<br />

28 Beham, Bartel<br />

(1502-1540)<br />

Tod des Gene-<br />

ral Wolfe<br />

Bildkatalog<br />

– Genua<br />

Anf. 19.<br />

Jh.<br />

Palazzo Bianco<br />

Valenciennes<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

1775/76 New Brunswick<br />

New Brunswick Museum<br />

203x279<br />

Lwd.<br />

46x38,3<br />

Lwd.<br />

148,6x236,2<br />

Lwd.<br />

Kleopatra – Slg. Koelliker, Mailand 111x87,5<br />

Kleopatra 1508-<br />

1510<br />

Sophonisbe 1508-<br />

1510<br />

Lukretia 1513 /<br />

1518<br />

Bayonne<br />

Musée Bonnat<br />

Bayonne<br />

Musée Bonnat<br />

Oberlin (Ohio)<br />

Oberlin College<br />

Lwd.<br />

75,5x47<br />

Holz<br />

75,5x47<br />

Holz<br />

Kleopatra – – 58x 40<br />

Contini, S. 103<br />

http://www.culture.gouv.fr/document<br />

ation/joconde/fr/pres.htm<br />

(zuletzt aufgerufen:04.01.2007)<br />

Mai 1987, Nr. 96<br />

Papi, S. 183<br />

Ritschard, S. 39<br />

Ritschard, S. 39<br />

Lwd. Richard-Jamet 2003, S. 539<br />

Kupferstich<br />

Bartsch 15,12<br />

373


29 Beham, Hans Sebald<br />

(1500-1550)<br />

30 Beham, Hans Sebald<br />

(1500-1550)<br />

31 Beham, Hans Sebald<br />

(1500-1550)<br />

32 Bellange, Jacques<br />

(1602-1616 in Nancy<br />

tätig)<br />

33 Berchem, Nicolaes<br />

(1620-1683)<br />

34 Biagio di Antonio Tucci<br />

(1446-1516)<br />

35 Biagio di Antonio Tucci<br />

(1446-1516)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra – – 112x72<br />

Kupferstich<br />

Dido 1520 – 117x90<br />

Kupferstich<br />

Kleopatra – – 83x47<br />

Porzia um 1613 Düsseldorf<br />

Kunstmuseum<br />

Tod der Dido 1678 Wien / Vaduz<br />

Lukretia 1 – Venedig<br />

Sammlungen des Fürsten<br />

von und zu Liechtenstein<br />

Ca d'Oro<br />

Lukretia 2 – Venedig<br />

Ca d'Oro<br />

Kupferstich<br />

24,2x18,1<br />

Radierung<br />

169x124<br />

Lwd.<br />

Front einer<br />

Hochzeits-<br />

truhe<br />

Front einer<br />

Hochzeits-<br />

truhe<br />

Bartsch 15,77<br />

Bartsch 15,80 II(148)<br />

Bartsch 15,76<br />

Baumgärtel 1995, S. 315<br />

Chu, S. 80<br />

Trnek 2007, S. 152-155<br />

<strong>August</strong>i, S. 104<br />

<strong>August</strong>i, S. 104<br />

374


36 Blanchard, Jacques<br />

(1600-1638)<br />

37 Blanchet, Thomas<br />

(1614-1689)<br />

38 Böcklin, Arnold<br />

(1827-1901)<br />

39 Bol, Ferdinand<br />

(1616-1680)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Tod der Dido 1655 /<br />

Sterbende<br />

Kleopatra<br />

Bildkatalog<br />

um 1630 Reims<br />

1660<br />

Tod der Dido nach<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Dijon<br />

1872 Basel<br />

1660<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Kunstmuseum<br />

Stuttgart<br />

Auktion Nagel<br />

(21.-22.03.2007)<br />

40 Bologneser Schule Lukretia um 1650 Würzburg<br />

41 Bosse / Rousselet / Vig-<br />

non<br />

Statue der Anna<br />

von Österreich,<br />

umgeben von<br />

allegorischen<br />

Figuren<br />

Martin von Wagner Mu-<br />

seum<br />

1647 Paris<br />

B.N.<br />

110x146<br />

Lwd.<br />

152x185<br />

Lwd.<br />

76x61,5<br />

Lwd.<br />

169x167<br />

Lwd.<br />

110x88<br />

Lwd.<br />

ca. 34x21,5<br />

Kupferstich<br />

Baumgärtel 1995, Kat.135<br />

Mégevand, Kat.30<br />

Baumgärtel 1995, Kat. 92<br />

Lindemann, S. 227<br />

http://www.nagel-<br />

liveaucti-<br />

ons.de/scripts/auctions_object.php<br />

(zuletzt aufgerufen: 18.03.2007)<br />

Hoffmann / Koppe, Nr.32<br />

Baumgärtel 1995, S. 170<br />

375


42 Bosse / Rousselet / Vig-<br />

non<br />

43 Bosse / Rousselet / Vig-<br />

non<br />

44 Bosse / Rousselet / Vig-<br />

non<br />

45 Botticelli, Sandro<br />

(1444-1510)<br />

46 Bouchet, Louis André<br />

Gabriel<br />

(1759-1842)<br />

47 Bouillon, Pierre<br />

(1776-1831)<br />

48 Bourdon, Sébastien<br />

(1616-1671)<br />

49 Bourdon, Sébastien<br />

(1616-1671)<br />

5 Ölskizze der Fassung von St. Petersburg.<br />

Bildkatalog<br />

Lukretia 1647 Paris<br />

B.N.<br />

Porzia 1647 Paris<br />

B.N.<br />

Paulina 1647 Paris<br />

B.N.<br />

Tod der Lukretia um 1460 Boston<br />

Tod des Cato 1797 Paris<br />

Tod des Cato 1797 Paris<br />

Tod der Dido – Béziers<br />

Mrs. Gardener Museum<br />

École des Beaux-Arts<br />

École des Beaux-Arts<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Tod der Dido – Sankt Petersburg<br />

Eremitage<br />

ca. 43x21,5<br />

Kupferstich<br />

ca. 43x21,5<br />

Kupferstich<br />

ca. 43x21,5<br />

Kupferstich<br />

70x33 1/3<br />

inch.<br />

Baumgärtel 1995, S. 172<br />

Baumgärtel 1995, S. 172<br />

Baumgärtel 1995, S. 172<br />

Schubring, Tafel LXXII, Nr.<br />

304<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

Abb.62<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

49x43<br />

Lwd. 5<br />

158,5x136,5<br />

Lwd.<br />

Abb.61<br />

Thuillier 2000, S. 223<br />

Thuillier 2000, S. 224<br />

376


50 Bourdon, Sébastien<br />

(1616-1671)<br />

51 Bramer, Leonaert<br />

(1596-1674)<br />

52 Breu, Jörg D. Ä.<br />

(1475-1537)<br />

53 Cagnacci, Guido<br />

(1601-1663)<br />

54 Cagnacci, Guido<br />

(1601-1663)<br />

55 Cagnacci, Guido<br />

(1601-1663)<br />

56 Cagnacci, Guido<br />

(1601-1663)<br />

57 Cagnacci, Guido<br />

(1601-1663)<br />

Bildkatalog<br />

Tod der Dido – Bilbao<br />

Opferung der<br />

Iphigenie<br />

Museo de Bellas Artes<br />

– Amsterdam<br />

(Christie’s)<br />

Lukretia 1528 München<br />

Selbstmord der<br />

Kleopatra<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

vor 1662 Wien<br />

Alte Pinakothek<br />

KHM<br />

1655-60 Kassel<br />

Kleopatra 1659 Mailand<br />

Staatliche Museen<br />

Brera<br />

Lukretia – Bologna<br />

Lukretia – Wien<br />

Pinacoteca Nazionale<br />

Dorotheum<br />

(Auktion 24.04.2007)<br />

– Thuillier 2000, S. 101f.<br />

28x38<br />

Kupfer<br />

103,5x148,5<br />

Nadelholz<br />

153x168,5<br />

Lwd.<br />

89,7x77,5<br />

Lwd.<br />

158x120<br />

Lwd.<br />

Lwd. –<br />

Lwd.<br />

114,5x112<br />

Brink Goldsmith, Abb.2<br />

Schawe, S.88<br />

Baumgärtel 1995, Kat. 134<br />

Lehmann, S. 61<br />

Ritschard, S. 123<br />

http://www.dorotheum.com/deu/aukti<br />

onstermine.html<br />

(zuletzt aufgerufen: 03.04.2007)<br />

377


58 Carneo, Antonio<br />

(1637-1692)<br />

59 Caroto, Giovanni Fran-<br />

cesco<br />

(1488-1562)<br />

60 Cestaro, Jacopo<br />

(1718-1778)<br />

61 Cestaro, Jacopo<br />

(1718-1778)<br />

62 Cestaro, Jacopo<br />

(1718-1778)<br />

63 Chauveau, François<br />

(1613-1676)<br />

64 Chauveau, François<br />

(1613-1676)<br />

Sterbende Luk-<br />

retia<br />

6 Nach Giampietrino (Katalog 150b).<br />

7 Illustration zu Jacques du Bosc: La Femme Héroïque.<br />

8 Illustration zu Jacques du Bosc: La Femme Héroïque.<br />

Bildkatalog<br />

– Warschau<br />

Muzeum Narodowe w<br />

Warzawie<br />

Sophonisbe 6 – Verona<br />

Lukretia – Neapel<br />

Kleopatra um 1750 Rom<br />

Museo di Castelvecchio<br />

Slg. Solima<br />

Slg. Sestieri<br />

Kleopatra – Neapel<br />

Porzia 1645 Paris<br />

Museo di Capodimonte<br />

B.N.<br />

Lukretia 1645 Paris<br />

B.N.<br />

99x82,5<br />

Lwd.<br />

Holz<br />

96x73,5<br />

Lwd.<br />

Herzog Anton Ulrich-Museum<br />

1989, Kat.28<br />

http://images.google/imgres?imgurl=<br />

http://www.weblettres.net/languesan<br />

c/tite-live/sophonisbe_caroto.jpg<br />

(zuletzt aufgerufen: 04.01.2007)<br />

Spinosa 1987, Tav. 4<br />

Lwd. Spinosa 1987, Abb. 27<br />

101x75<br />

Lwd.<br />

Spinosa 1987, Abb. 28<br />

Kupferstich 7 Baumgärtel 1995, S. 177<br />

Kupferstich 8 Baumgärtel 1995, S. 178<br />

378


65 Chauveau, François<br />

(1613-1676)<br />

66 Cifrondi, Antonio<br />

(1656-1730)<br />

67 Cignaroli, Gianbettino<br />

(1706-1770)<br />

68 Conca, Sebastiano<br />

(1680-1764)<br />

69 Conca, Sebastiano<br />

(1680-1764)<br />

70 Corneille, Jean-Baptiste<br />

(1649-1695)<br />

71 Cortona, Pietro da<br />

(1596-1669)<br />

Bildkatalog<br />

Porzia 1645 Paris<br />

Lukretia 1698-<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

1700<br />

B.N.<br />

– Budapest<br />

Privatsammlung 86x69<br />

Szépmüvészeti Múzeum<br />

Tod des Seneca – Braunschweig<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

Tod des Cato – Braunschweig<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

Tod des Cato 1686 Dijon<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

– Rom<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Pinacoteca Capitolina<br />

Kupferstich Baumgärtel 1995, S. 177<br />

Lwd.<br />

Bossaglia / Terraroli, S. 66)<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986, 16<br />

Lwd. Oberreuter-Kronabel 1986, 52<br />

Lwd. Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

131x163<br />

Lwd.<br />

277x423<br />

Lwd.<br />

Abb.57<br />

Mégevand, Kat. 120<br />

Lo Bianco, Abb.139<br />

379


72 Cozza, Francesco<br />

(1605-1682)<br />

73 Cozzarelli, Guido<br />

(um 1470 erwähnt)<br />

74 Cranach d. Ä., Lucas<br />

(1472-1553)<br />

75 Cranach d. Ä., Lucas<br />

(1472-1553)<br />

76 Crespi, Giuseppe Maria<br />

(1665-1747)<br />

77 Crosato, Giovanni Batti-<br />

sta<br />

(1686-1758)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra 1675 Nizza<br />

Lukretia um 1400 Siena<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Jules Chéret<br />

Slg. Marchese Chigi-<br />

Zondadori<br />

Lukretia 1533 Berlin<br />

Lukretia 1524 München<br />

Lukretia und<br />

Tarquinius<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

Staatliche Museen<br />

Alte Pinakothek<br />

um 1695 Washington<br />

1740-<br />

1750<br />

National Gallery<br />

Dijon<br />

Musée Magnin<br />

126x98<br />

Lwd.<br />

Baumgärtel 1995, Kat.133<br />

– Schubring, Tafel CXI, Nr. 468<br />

37,3x23,9<br />

Holz<br />

194x75<br />

Lindenholz<br />

195x171,5<br />

Lwd.<br />

67x84,5<br />

Lwd.<br />

Friedländer / Rosenberg, S.<br />

118 und Abb.Nr.239<br />

Schawe, S. 121<br />

http://images.google.de/imgres?img<br />

url=http://www.charlise.com/lucretias<br />

/crespiwa..jpg<br />

(zuletzt aufgerufen:05.01.2007)<br />

Brejon de Lavergnée 1980, S.<br />

64<br />

380


78 Crosato, Giovanni Bat-<br />

tista<br />

(1686-1758)<br />

79 Da Brescia, Giovanni<br />

Antonio<br />

(um 1460- 1531)<br />

80 Da Cortona, Pietro<br />

(1596-1669)<br />

81 Da Cortona, Pietro<br />

(1596-1669)<br />

82 Da Modena, Nicoletto<br />

(1480-1538)<br />

83 Da Padova, Gian Maria,<br />

detto il Mosca<br />

(1493/95- nach 1574)<br />

84 Da Verona, Liberale<br />

(um 1445-1527/9)<br />

Bildkatalog<br />

Sophonisbe um 1750 Venedig<br />

Aeneis-<br />

llustrationen<br />

Sophonisbe 1641-<br />

Ca Rezzonico<br />

218x128<br />

Lwd.<br />

1515 – 243x178<br />

1642<br />

Kleopatra 1641-<br />

1642<br />

Florenz<br />

Palazzo Pitti<br />

Florenz<br />

Palazzo Pitti<br />

Kupferstich<br />

Kleopatra – – 60x90<br />

Porzia – Venedig<br />

Selbstmord Di-<br />

dos<br />

frühes 16.<br />

Jh.<br />

Ca d'Oro<br />

London<br />

National Gallery<br />

http://www.artericerca.com/ven_set/<br />

crosato/4.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 17.01.2007)<br />

Bartsch 25,2511(025)<br />

Fresko Richard-Jamet 2003, S. 527<br />

Fresko Richard-Jamet 2003, S. 527<br />

Kupferstich<br />

Weißgrauer<br />

Marmor<br />

42,5x123,2<br />

Holz<br />

Bartsch 25,2508(075)<br />

<strong>August</strong>i, S. 42<br />

Baker, S. 378<br />

381


85 Da Verona, Michele<br />

(um 1470-1536 oder<br />

1544)<br />

86 Dal Sole, Giovan Giosef-<br />

fo<br />

(1654-1719)<br />

87 Dal Sole, Giovan Giosef-<br />

fo<br />

(1654-1719)<br />

88 dal Sole, Giovan Giosef-<br />

fo<br />

(1654-1719)<br />

89 David, Jacques-Louis<br />

(1748-1825)<br />

90 David, Jacques-Louis<br />

(1748-1825)<br />

91 David, Jacques-Louis<br />

(1748-1825)<br />

Bildkatalog<br />

Porzia – Krakau<br />

Pyrrhos und<br />

Polyxena<br />

Artemisia<br />

(Sophonisbe?)<br />

Czartoryski Museum<br />

um 1690 Marano di Castenaso<br />

um 1700-<br />

1715<br />

Slg. Molinari Pradelli<br />

Cesena<br />

Lukretia – Rom<br />

Tod des Marat 1793 Brüssel<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Cassa di Risparmio<br />

Galleria Corsini<br />

1787 New York<br />

Tod des Seneca 1773 Paris<br />

Musées des Beaux-Arts<br />

Metropolitan Museum<br />

Musée du Petit Palais<br />

Hochzeits-<br />

truhe<br />

1,48x1,18<br />

158x137<br />

Lwd.<br />

103x85<br />

Lwd.<br />

103x80<br />

Lwd.<br />

165x128<br />

Lwd.<br />

Schubring, Tafel CXLVI, Nr.<br />

681<br />

Ebert-Schifferer 1994, Kat. 40<br />

Ebert-Schifferer 1994, Kat. 42<br />

Alloisi, S. 115<br />

Mai 1987, Nr. 21a<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986, 27<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

Abb.47<br />

382


92 de Peters, Johann Anton<br />

(1725-1795)<br />

93 Del Cairo, Francesco<br />

(1607-1665)<br />

94 del Conte, Jacobino<br />

(zugeschrieben)<br />

(1510-1598)<br />

95 del Conte, Jacobino<br />

(zugeschrieben)<br />

(1510-1598)<br />

96 Del Nassaro. Matteo<br />

(gestorben 1548)<br />

97 Del Nassaro. Matteo<br />

(gestorben 1548)<br />

98 Delacroix, Eugène<br />

(1798 - 1863)<br />

Bildkatalog<br />

Tod des Seneca – Köln<br />

Lukretia um 1635-<br />

1640<br />

Kleopatra – Rom<br />

Lukretia – Rom<br />

Porzia 1518 Paris<br />

Wallraf-Richartz-Museum<br />

Wien / Vaduz<br />

Sammlungen des Fürsten<br />

von und zu Liechtenstein<br />

Villa Borghese<br />

Villa Borghese<br />

B. N.<br />

Lukretia 1518 Paris<br />

B. N.<br />

Kleopatra – Chapel Hill<br />

University of North Caro-<br />

lina<br />

97,5x86,5<br />

Lwd.<br />

63,7x50,5<br />

Lwd.<br />

81x56<br />

Lwd.<br />

55x43<br />

Lwd.<br />

Mai 1987, Nr. 87<br />

Wieczorek, S. 75<br />

–<br />

–<br />

Zeichnung Richard-Jamet 2003, S. 533<br />

Zeichnung Richard-Jamet 2003, S. 533<br />

Lwd. Walker / Higgs, S. 307<br />

383


99 della Bella, Stefano<br />

(1610-1664)<br />

100 della Bella, Stefano<br />

(1610-1664)<br />

101 Di Benvenuto, Girolamo<br />

(1470-1524)<br />

102 Di Benvenuto, Girolamo<br />

1470-1524)<br />

103 Di Luca Ferrari, Cerchia<br />

(1605-1654)<br />

104 Di Sandro, Amico<br />

(Botticelli-Werkstatt)<br />

Dido aus dem<br />

Kartenspiel für<br />

Anne d'Autriche<br />

Kleopatra aus<br />

dem Kartenspiel<br />

für Anne d'Aut-<br />

riche<br />

Bildkatalog<br />

1644 Graphik http://musis.bsz.de/pan/kunsthalle-<br />

karlsru-<br />

he/kupferstichkabinett/DellaBella/virt<br />

uelle_ausstellung.htm<br />

(zuletzt aufgerufen.05.01.2007)<br />

1644 Graphik http://musis.bsz.de/pan/kunsthalle-<br />

Porzia um 1500 Chambéry<br />

Kleopatra um 1500 Florenz<br />

Musées d'Art et d’Histoire<br />

Slg. Grassi<br />

Lukretia – Genua<br />

Palazzo Durazzo Pallavi-<br />

cini<br />

Tod der Lukretia um 1460 Florenz<br />

Palazzo Pitti<br />

karlsru-<br />

he/kupferstichkabinett/DellaBella/virt<br />

uelle_ausstellung.htm<br />

(zuletzt aufgerufen.05.01.2007)<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 538<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 538<br />

108x133<br />

(angestückt<br />

auf 133x153)<br />

Lwd.<br />

Cattaneo Adorno, S. 309<br />

1,25x0,41 Schubring, Tafel VIII, Nr. 321<br />

384


105 Dossi, Dosso<br />

(1486-1542)<br />

106 Dubois, Ambroise<br />

(1543-1614)<br />

107 Dufresnoy, Charles-<br />

Alphonse<br />

(1611-1668)<br />

108 Dufresnoy, Charles-<br />

Alphonse<br />

(1611-1668)<br />

109 Dughet, Gaspard<br />

(1615-1675) (mit Carlo<br />

Maratta ? [1625-1713])<br />

110 Dürer,Albrecht<br />

(1471-1528)<br />

111 Dürer, Albrecht<br />

(1471-1528)<br />

Bildkatalog<br />

Dido um 1518 Rom<br />

Kleopatra oder<br />

Lukretia<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Selbstmord der<br />

Lucretia<br />

Landschaft mit<br />

Dido und Ae-<br />

neas<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

Galleria Doria Pamphilj<br />

95,5x75<br />

Lwd.<br />

Humfrey, S. 137<br />

1600 – ? Richard-Jamet 2003, S. 532<br />

– Florenz<br />

Uffizien<br />

1645 Kassel<br />

um 1664 London<br />

Staatliche Museen<br />

National Gallery<br />

1518 München<br />

Lukretia 1508 Wien<br />

9 Pinsel in schwarz und grau, grau laviert, mit Deckweiß gehöht auf Papier.<br />

Alte Pinakothek<br />

Albertina<br />

Lwd. Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

116,3x137,5<br />

Lwd.<br />

152,4x224,2<br />

Lwd.<br />

168x74,8<br />

Lindenholz<br />

Abb.45<br />

http://www.univ-<br />

montp3.fr/~pictuta/GenerateurNotice<br />

.ph.?numnotice=A4457<br />

(zuletzt aufgerufen: 15.01.2007)<br />

Baker, S. 201<br />

Steingräber 1983, S. 705<br />

42,3x22,6 9 Schröder, S. 375<br />

385


112 Dyck, van Antoine(1599-<br />

1641)<br />

113 Earlom, Richard<br />

(1728-1822)<br />

114 Eeckhout, Gerbrandt<br />

van den<br />

(1621-1674)<br />

115 Elliger d. Ä., Ottmar<br />

(1633-1679)<br />

116 Elliger d. J., Ottmar<br />

(1666-1735)<br />

117 Elliger d. J., Ottmar<br />

(1666-1735)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

<strong>August</strong>us und<br />

Kleopatra<br />

Sophonisbe<br />

empfängt den<br />

Giftbecher<br />

Bildkatalog<br />

– Sibiu (Rumänien)<br />

Museul Naţional Bruken-<br />

thal<br />

1784 London<br />

British Museum<br />

1664 Braunschweig<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

120x198<br />

Lwd.<br />

Musées royaux, S. 61<br />

63x45,8 Walker / Higgs, S. 346<br />

248x197<br />

Lwd.<br />

Klessmann, S. 60, Abb.260<br />

Tod der Dido – – – http://www.ac-nancy-<br />

Tod der Dido – Augsburg<br />

Dido auf dem<br />

Scheiterhaufen<br />

nach<br />

1686<br />

Städtische Kunstsamm-<br />

lungen<br />

Braunschweig<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

59x72<br />

Lwd.<br />

163x166<br />

Lwd.<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Mai 1987, Nr. 80<br />

Jacoby / Michels, Kat.1038<br />

386


118 Elliger d. J., Ottmar<br />

(1666-1735)<br />

119 Elliger d. J., Ottmar<br />

(1666-1735)<br />

120 Elliger d. J., Ottmar<br />

(1666-1735)<br />

121 Elliger d. J., Ottmar<br />

(1666-1735)<br />

122 Errard, Charles<br />

(1607-1689)<br />

123 Esperlin, Joseph<br />

(1707-nach 1770)<br />

124 Ferrari, Luca<br />

(1605-1654)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Tod der Sopho-<br />

nisbe<br />

Gastmahl der<br />

Kleopatra<br />

Bildkatalog<br />

– Hamburg<br />

Kunsthalle<br />

– Hamburg<br />

– Wien<br />

Kunsthalle<br />

Tod der Dido – Moskau<br />

Dorotheum 2005<br />

Puschkin-Museum<br />

55,4x69<br />

Lwd.<br />

67,5x52,7<br />

Lwd.<br />

55x67<br />

Lwd.<br />

–<br />

Hamburg Kunsthalle, Nr. 359<br />

Hamburg Kunsthalle, Nr. 684<br />

http://www.dorotheum.internationala<br />

uctio-<br />

neers.com/catalogues/LotDetail.asp<br />

?lang=deu&LotID=414&AucID=6694<br />

(zuletzt aufgerufen: 08.01.2007)<br />

http://www.ac-nancy-<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Porzia – unbekannt – http://www.latribunedelart.com/Etud<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

1759 Biberach<br />

Sophonisbe um 1640 Moskau<br />

Städtische Sammlungen<br />

Puschkin-Museum<br />

72x135<br />

Lwd.<br />

126 x 106<br />

Lwd.<br />

es_2005/Errard_Porcia_16.JPG<br />

(zuletzt aufgerufen: 08.01.2007)<br />

Hoffmann 1975, S. 53<br />

[nicht mehr im Netz]<br />

387


125 Fetti, Domenico<br />

(1588/89-1623)<br />

Selbstmord der<br />

Kleopatra<br />

126 Fiammengo, Giusto ? Tod des Sokra-<br />

127 Fidani, Orazio<br />

(1606-1656)<br />

128 Fontana, Lavinia<br />

(1552-1614)<br />

129 Forabosco, Girolamo<br />

(1605-1679)<br />

130 Fragonard, Jean-Honoré<br />

(1732-1806)<br />

131 Franz Caucig<br />

(1755-1828)<br />

tes<br />

Bildkatalog<br />

vor 1614 Rom<br />

– Berlin<br />

Tod der Dido 1640 Mailand<br />

Kleopatra um 1580 Rom<br />

Slg. Fabrizio Lemme<br />

Staatliche Museen<br />

(seit 1945 verschollen)<br />

Privatsammlung<br />

Galleria Spada<br />

Sophonisbe – Cesena<br />

Koresus opfert<br />

sich für Kallir-<br />

hoe<br />

Museum<br />

– Paris<br />

Louvre<br />

Porzia 1794 Graz<br />

Joanneum<br />

95,2x69,8<br />

Lwd.<br />

Safarik 1996, Kat.13<br />

Lwd. Danesi Squarzina 2001, S.<br />

206x294<br />

Lwd.<br />

119<br />

Mahon 1991, S. 291<br />

Lwd. Vicini, S:49<br />

98x111<br />

Lwd.<br />

309x400<br />

Lwd.<br />

113x84<br />

Lwd.<br />

http://www.comune.cesena.fc.it/pina<br />

coteca/imm/Artemisia_beve_P.jpg<br />

(zuletzt aufgerufen: 08.01.2007)<br />

Compin, Bd. 3, S. 257<br />

Hagen, S. 90 (Abb. S. 47)<br />

388


132 Franz Caucig<br />

(1755-1828)<br />

133 Französisch<br />

17.Jh.<br />

134 Füger, Friedrich Heinrich<br />

(1751-1818)<br />

135 Füger, Friedrich Heinrich<br />

(1751-1818)<br />

Porzia sich ver-<br />

letzend<br />

Bildkatalog<br />

– Wien<br />

Akademie der bildenden<br />

Künste<br />

Tod der Porzia – Leipzig<br />

Tod des Ge-<br />

rmanicus<br />

136 Füger, Heinrich Friedrich Sterbender Ge-<br />

137 Fungai, Bernardino<br />

(um 1460 - 1516)<br />

Museum der bildenden<br />

Künste<br />

1795 Wien<br />

Akademie der bildenden<br />

Künste<br />

Tod der Virginia – Wien<br />

rmanicus<br />

Akademie der bildenden<br />

Künste<br />

1789 Wien<br />

Österreichische Galerie<br />

im Belvedere<br />

Sophonisbe – St. Petersburg<br />

Eremitage<br />

58x44<br />

Bister, Feder,<br />

Pinsel<br />

41,2x31,3<br />

Lwd.<br />

155x235,5<br />

Lwd.<br />

89,5x103<br />

Lwd.<br />

71,5x110<br />

Lwd.<br />

Hochzeits-<br />

truhe<br />

Hagen, S. 50<br />

Sander, S. 59, Nr. 357<br />

Trnek 1989, S. 82<br />

Trnek 1989, S. 83<br />

Mai 1987, Nr. 81<br />

Schubring, Tafel CXV, Nr. 485<br />

und 486<br />

389


138 Füßli, Heinrich<br />

(1741-1825)<br />

139 Gamelin, Jacques<br />

(1738-1803)<br />

140 Gamelin, Jacques<br />

(1738-1803)<br />

141 Gandolfi, Gaetano<br />

(1734-1802)<br />

142 Gandolfi, Gaetano<br />

(1734-1802)<br />

143 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653)<br />

144 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653)<br />

145 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653)<br />

Dido auf dem<br />

Scheiterhaufen<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Bildkatalog<br />

1781 New York<br />

– Bordeaux<br />

Slg. L. und C. Feigen<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

– Carcassone<br />

Musée<br />

1790 Bologna<br />

Privatsammlung<br />

1782 Bologna<br />

Slg. Trenta<br />

Lukretia um 1623 Mailand<br />

Kleopatra 1610-<br />

1612<br />

Slg. Gerolamo Etro<br />

Mailand<br />

Lukretia – Potsdam<br />

Slg. Amedeo Morandotti<br />

Neues Palais<br />

183x243<br />

Lwd.<br />

http://www.ac-nancy-<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

Abb.13<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

87x73<br />

Lwd.<br />

Abb.14<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. D<br />

19<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986, 17<br />

100x77<br />

Lwd.<br />

118x181<br />

Lwd.<br />

Christiansen / Mann, S. 363<br />

Christiansen / Mann, S. 99<br />

– Christiansen / Mann, S. 258<br />

390


146 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653)<br />

147 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653)<br />

148 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653) oder<br />

Stanzione, Massimo<br />

(1590-1656)<br />

149 Gentileschi, Artemisia<br />

(1593-1653)<br />

150 Giampetrino, Giovanni<br />

Pietro Rizzoli<br />

(um 1485-1553)<br />

150a Giampetrino, Giovanni<br />

Pietro Rizzoli<br />

(um 1485-1553)<br />

David und Bath-<br />

seba<br />

Bildkatalog<br />

– Potsdam<br />

Kleopatra 1633 Rom<br />

Neues Palais<br />

Lukretia 1642-43 Neapel<br />

Kleopatra – Ferrara,<br />

Selbstmord der<br />

Kleopatra<br />

Privatsammlung<br />

Museo di Capodimonte<br />

Fondazione Cavallini<br />

Sgarbi<br />

– Paris<br />

Louvre<br />

Dido um 1520 Mailand / Isola Bella<br />

Slg. Borromeo<br />

– Christiansen / Mann, S. 258<br />

117x175,5<br />

Lwd.<br />

Christiansen / Mann, S. 403<br />

Lwd. Garrard, Farbabb. 22<br />

97x71,5<br />

Lwd.<br />

73x57<br />

Holz<br />

94,5x71<br />

Spezzaferro / Calzavara, S.<br />

217<br />

Compin, Bd. 2, S. 179<br />

Natale / Di Lorenzo, S. 170f.<br />

391


150b Giampetrino, Giovanni<br />

Pietro Rizzoli<br />

(um 1485-1553)<br />

150c Giampetrino, Giovanni<br />

Pietro Rizzoli<br />

(um 1485-1553)<br />

150d Giampetrino, Giovanni<br />

Pietro Rizzoli<br />

(um 1485-1553)<br />

151 Giolfino, Niccolò<br />

(1476-1555)<br />

152 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

153 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

154 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

Sophonisbe um<br />

1521/22<br />

Bildkatalog<br />

Mailand / Isola Bella<br />

Slg. Borromeo<br />

Lukretia 1525 Madison (Wisconsin)<br />

Slg. Kress<br />

Chazen Museum of Art<br />

Kleopatra 1525 Lewisburg (Pennsylvania)<br />

Slg. Kress<br />

Lukretia um 1430 Berlin<br />

Selbstmord des<br />

Cato<br />

Bucknell University<br />

Bode-Museum<br />

1650-55 Le Havre<br />

Tod des Seneca – Ponce<br />

Tod des Seneca – Paris<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Museo dell’Arte<br />

Louvre<br />

94,5x71 Natale / Di Lorenzo, S. 170-<br />

179<br />

95,9x72,4 Natale / Di Lorenzo, S. 174<br />

94,3x70,1 Natale / Di Lorenzo, S. 175<br />

0,98x0,77 Schubring, Tafel CLII, Nr. 695<br />

127x100<br />

Lwd.<br />

Viatte, S. 188, Nr. 55<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

155x188<br />

Lwd.<br />

Abb. 54<br />

Compin, Bd. 2, S. 180<br />

392


155 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

156 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

157 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

158 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

159 Giordano, Luca<br />

(1634-1705)<br />

Selbstmord der<br />

Porzia<br />

Schwur des<br />

Brutus<br />

Tod der Kleopa-<br />

tra<br />

Lukretia und<br />

Tarquinius<br />

Bildkatalog<br />

um 1660 London<br />

um 1685 Florenz<br />

Trafalgar Galleries<br />

Casa Martelli<br />

um 1700 Neapel<br />

1663 Neapel<br />

Privatsammlung<br />

Tod Kleopatras – Cosenza<br />

Museo di Capodimonte<br />

Galleria Nazionale<br />

122x96,5<br />

Lwd.<br />

190x187<br />

Lwd.<br />

127x100<br />

Lwd.<br />

138x187<br />

Lwd.<br />

162x215<br />

160 [entfällt] – – – – –<br />

161 Girodet-Trioson, Anne-<br />

Louis<br />

(1767-1824)<br />

161a Gramatica, Antiveduto<br />

(1569-1626)<br />

Horatius tötet<br />

seine Schwester<br />

Camilla<br />

1785 Montargis<br />

Musée Girodet<br />

Kleopatra – Mailand<br />

Slg. Koelliker<br />

Lwd.<br />

111x148<br />

Lwd.<br />

88x70<br />

Lwd.<br />

Cassani / Sapio, Nr.51<br />

(S. 182/183)<br />

Cassani / Sapio, S. 288f.,<br />

Nr.90<br />

Cassani / Sapio, S. 352f.,<br />

Nr.125<br />

Cassani / Sapio, S. 140<br />

http://www.sapere.it/tca/minisite/arte<br />

/nonsolomostre/2003gall_cosenza/i<br />

mages/gall_cosenza11.jpg<br />

(zuletzt aufgerufen: 09.01.2007)<br />

Mai 1987, Nr. 31<br />

Papi, S. 135<br />

393


162 Guarino, Francesco<br />

(1611-1654)<br />

163 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

164 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

165 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

166 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

Kleopatra nach<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

1640<br />

um 1648<br />

erworben<br />

Bildkatalog<br />

Genua<br />

Palazzo Durazzo Palavic-<br />

cini<br />

Genua<br />

Civica Galleria di Palazzo<br />

Rosso<br />

Kleopatra – Ferrara<br />

Museo Civico<br />

Kleopatra – Pasadena (California)<br />

Kleopatra 1637-39 Ferrara<br />

Norton Simon Foundation<br />

Privatsammlung<br />

122x100<br />

Lwd.<br />

173x238<br />

Lwd.<br />

Cattaneo Adorno, S. 197<br />

Baumgärtel 1995, Kat.136<br />

– Ebert-Schifferer 1988, S. 499,<br />

Abb. 92<br />

– Ebert-Schifferer 1988. S. 505,<br />

116,5x94,5<br />

Lwd.<br />

Abb. 94<br />

Mahon 1991, Kat. 83<br />

394


167 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

168 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

169 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

170 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

Selbstmord des<br />

Cato<br />

Bildkatalog<br />

1641 Genua<br />

Gallerie d’Arte del Com-<br />

mune<br />

Lukretia um 1644 Bologna<br />

Kleopatra 1621 London<br />

Tod der Dido 1631 Rom<br />

Credito Romagnolo<br />

Thomas Agnew and Sons<br />

Galleria Spada<br />

96x71<br />

Lwd.<br />

56x51<br />

Lwd.<br />

116x92,5<br />

Lwd.<br />

Mahon 1991, Kat. 87<br />

Mahon 1991, Kat. 93<br />

Mahon 1991, Kat.48<br />

Lwd. Mahon 1991, S. 74<br />

395


171 Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

171a Guercino,<br />

Barbieri, Giovanni Fran-<br />

cesco, gen.<br />

(1591-1666)<br />

172 Guérin, Pierre Narcisse<br />

(1774-1833)<br />

173 Günther, Matthias<br />

(1705-1788)<br />

174 Hackert, Jacob Philipp<br />

(1737-1807)<br />

175 Hallé, Noel<br />

(1711-1781)<br />

Kleopatra späte<br />

Abschied des<br />

Cato von Utica<br />

von seinen<br />

Söhnen<br />

1630er<br />

Jahre<br />

Bildkatalog<br />

London<br />

British Museum<br />

1637 Marseille<br />

Tod des Cato 1797 Paris<br />

Dido 1756 Augsburg<br />

Aeneas und<br />

Dido in der<br />

Grotte<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

École des Beaux-Arts<br />

Städtische Kunstsamm-<br />

lungen<br />

1804 Hannover<br />

Tod des Seneca 1750 Boston<br />

Nieders. Landesmuseum<br />

Museum of Fine Arts<br />

29,2 x 21,5<br />

Rötel<br />

263x267<br />

Lwd.<br />

Walker / Higgs, S. 347<br />

Goldfarb, S. 333f.<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

–<br />

65x88,5<br />

Lwd.<br />

154x122<br />

Lwd.<br />

Abb.60<br />

http://www.ac-nancy-<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Schreiner, S. 178<br />

Mai 1987, Nr. 36<br />

396


176 Hamilton, Gavin<br />

(1723-1797)<br />

177 Heiss, Johann<br />

178<br />

(1640-1704)<br />

Heyden, Jan van der<br />

(1637-1712)<br />

179 Hirschvogel, <strong>August</strong>in<br />

(1503 - 1553)<br />

180 Hoecke, Jan van den<br />

(1611-1651)<br />

181 Hoet, Gerard<br />

(1648-1733)<br />

182 Hollanda, Francisco de<br />

(um 1518-1584)<br />

Kleopatra 1767-<br />

1769<br />

Bildkatalog<br />

Detroit<br />

Detroit Institute of Arts<br />

Tod der Dido 1702? Braunschweig<br />

Zimmerecke mit<br />

Raritäten<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Hero beweint<br />

den toten Lean-<br />

der<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Kleopatra /<br />

Ariadne<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

1712 Budapest<br />

Szépmüvészeti Múzeum<br />

134x98,1<br />

Lwd.<br />

116x120<br />

Lwd.<br />

75x63,5<br />

Lwd.<br />

– – 106x150<br />

1635/37 Wien<br />

KHM<br />

– London<br />

1538/39 Madrid<br />

(im Handel: Christie's)<br />

Escorial<br />

Radierung<br />

155x215<br />

Lwd.<br />

162x215<br />

Lwd.<br />

Feder,<br />

schwarze<br />

Tinte<br />

Ritschard, S. 207<br />

Jacoby, Kat. 1140<br />

Mai / Paarlberg / Weber, S.<br />

145<br />

Bartsch 18,5<br />

Balis, S. 244<br />

[nicht mehr im Netz]<br />

Brummer, S. 157, Abb. 136<br />

397


183 Italienische Schule<br />

17. Jahrhundert<br />

184 Jordaens, Jacob<br />

(1593-1678)<br />

185 Jordaens, Jacob<br />

(1593-1678)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Bankett der<br />

Kleopatra<br />

Bildkatalog<br />

– Tours<br />

1653 Kassel<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Staatliche Museen<br />

1653 St. Petersburg<br />

Eremitage<br />

119x145<br />

Lwd.<br />

171x172<br />

Lwd.<br />

156,4x149,3<br />

186 [entfällt] – – – – –<br />

187 Kauffmann, Angelika<br />

(1741-1807)<br />

188 Kauffmann, Angelika<br />

(1741-1807)<br />

189 Kauffmann, Angelika<br />

(1741-1807)<br />

Tod der Alkeste 1790 Bregenz<br />

Maria Santacro-<br />

ce <strong>als</strong> Lukretia<br />

Kleopatra<br />

schmückt das<br />

Grab des Mar-<br />

cus Antonius<br />

Vorarlberger Landesmu-<br />

seum<br />

1791 Warschau<br />

Muzeum Narodowe w<br />

Warzawie<br />

1769/70 Burghley<br />

The Burghley House Col-<br />

lection<br />

Lwd.<br />

114x154<br />

Lwd.<br />

Fohr / Gilet, S. 243<br />

Schnackenburg 1985, Tafel<br />

28; Schnackenburg 1996, S.<br />

162<br />

http://www.stylusart.com/noticias/fla<br />

mencaerm/obra3.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Baumgärtel 1998, S. 398<br />

Lwd. Baumgärtel 1992, S. 39<br />

125,5x105<br />

Lwd.<br />

Walker / Higgs, S. 342<br />

398


190 Kauffmann, Angelika<br />

(1741-1807)<br />

191 Kauffmann, Angelika<br />

(1741-1807)<br />

192 Knüpfer, Nikolaus<br />

(1603-1655)<br />

193 Knüpfer, Nikolaus<br />

(1603-1655)<br />

194 Koninck, Salomon de<br />

(1609-1656)<br />

195 Lagrenée, Louis-Jean<br />

Francois<br />

(1724-1805)<br />

<strong>August</strong>us und<br />

Kleopatra<br />

Bildkatalog<br />

1883 Lawrence<br />

University of Kansas,<br />

Spencer Museum of Art<br />

334 mm<br />

Tondo<br />

Kupfer<br />

Baumgärtel 1998, S. 351<br />

Dido – – Lwd. http://www.ac-nancy-<br />

Tod der Lukretia – Leipzig<br />

Museum der bildenden<br />

Künste<br />

Sophonisbe – Leipzig<br />

Museum der bildenden<br />

Künste<br />

27,7x21,5<br />

Holz<br />

53x81,5<br />

Holz<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Sander, 956 (S. 101)<br />

Sander, 1202 (S. 101)<br />

Sophonisbe – – Lwd. Forma et subtilitas, Abb. 100<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

nach<br />

1774<br />

Pau<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

106x139<br />

Lwd.<br />

Mai 1987, Nr. 40<br />

399


196 Lairesse, de Gérard ?<br />

(1641-1711)<br />

197 Lairesse, de Gérard<br />

(1641-1711)<br />

198 Lairesse, Gérard de<br />

(1640-1711)<br />

199 Lairesse, Gérard de<br />

(1640-1711) (?)<br />

200 Lairesse, Gérard de<br />

(1640-1711)<br />

201 Lairesse, Gérard de<br />

(1640-1711)<br />

Bildkatalog<br />

Tod des Pyrrhus – Brüssel<br />

Horatius Cocles<br />

verteidigt den<br />

Pons Sublicius 10<br />

Tod des Ge-<br />

rmanicus<br />

Musées Royaux des<br />

Beaux-Arts<br />

1688 Den Haag<br />

um<br />

1675/80<br />

Binnenhof<br />

Kassel<br />

Tod der Dido – Lübeck<br />

Staatliche Museen<br />

Museum für Kunst- und<br />

Kulturgeschichte<br />

Tod des Cato – München<br />

Bankett der<br />

Kleopatra<br />

10 Stich nach Gemälde im »Lairessezaal« des Binnenhofs<br />

Bayerische Staatsgemäl-<br />

desammlungen<br />

1675/80 Amsterdam<br />

Rijksmuseum<br />

138x152<br />

Lwd.<br />

74x88,5<br />

Lwd.<br />

88x112<br />

Lwd.<br />

216x158<br />

Lwd.<br />

74x95,5<br />

Lwd.<br />

Belgien, Musées, S. 170<br />

(und Roy: Lairesse, S. 495)<br />

Lairesse, S. 349<br />

Roy, P 95, Schnackenburg<br />

1996, S. 166<br />

Roy, P.R. 28 (Zuschreibung<br />

abgelehnt)<br />

Roy, P.R. 33 (Zuschreibung<br />

abgelehnt)<br />

Roy, S. 270<br />

400


202 Lairesse, Gérard de<br />

(1640-1711)<br />

203 Langetti, Giovanni Bat-<br />

tista (nach)<br />

(1625-1676)<br />

204 Lastman, Pieter<br />

(1583-1633)<br />

205 Laudin, Jacques II (zu-<br />

geschrieben)<br />

(um 1663-1729)<br />

206 Lazzarini, Gregorio<br />

(1655-1730)<br />

207 Le Brun, Charles<br />

(1619-1690)<br />

208 Le Clerc<br />

(Wirkerfamilie Brüssel)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

um<br />

1675/80<br />

Bildkatalog<br />

Toronto<br />

Tod des Cato – Paris<br />

Art Gallery of Ontario<br />

Louvre<br />

Sophonisbe 11 – Bremen<br />

Porzia 17. Jh. Dijon<br />

Kunsthalle<br />

Dido – Macerata<br />

Tod des Cato 1646 Arras<br />

Kleopatra und<br />

Antonius<br />

11 Zeichnung nach verlorenem Gemälde von François Venant<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Palazzo Buonaccorsi<br />

Musée d’Arras<br />

74,9x95,6<br />

Lwd.<br />

96x80<br />

Lwd.<br />

Emaille<br />

–<br />

99x132<br />

Lwd.<br />

Roy, S. 272<br />

Compin, Bd. 2, S. 190<br />

Tümpel 1986, Abb.99<br />

http://www.culture.gouv.fr/public/mist<br />

ral_joconde_fr<br />

(zuletzt aufgerufen: 11.01.2007)<br />

http://www.ac-nancy-<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Mai 1987, Nr. 7<br />

– – Teppich Walker / Higgs, S. 292<br />

401


209 Le Sueur, Eustache<br />

(1616-1655)<br />

210 Le Sueur, Eustache<br />

(1616-1655)<br />

211 Lethière, Guillaume Guil-<br />

lon<br />

(1760-1832)<br />

212 Lippi, Filippino<br />

(um 1457-1504)<br />

Camma und<br />

Synorix im Dia-<br />

na-Tempel<br />

Marcus Curtius<br />

stürzt sich in die<br />

Felsspalte<br />

213 Liss, Johann Tod der Kleo-<br />

214 Lorrain, Claude<br />

(um 1600-1682)<br />

215 Loth, Johann Carl<br />

(1632-1698)<br />

Bildkatalog<br />

– Boston<br />

1636 England<br />

Museum of Fine Arts<br />

Slg. John Harris<br />

Tod des Cato 1795 St. Petersburg<br />

Eremitage<br />

Lucrezia um 1482 Florenz<br />

patra<br />

Aeneas und<br />

Dido in Kartha-<br />

go<br />

Palazzo Pitti<br />

– München<br />

Bayerische Staatsgemäl-<br />

desammlungen<br />

1675/76 Hamburg<br />

Kunsthalle<br />

Lukretia – Karlsruhe<br />

Kunsthalle<br />

170x125<br />

Lwd.<br />

110x89<br />

Lwd.<br />

Mérot 1987, Abb. Pl. VI.<br />

Mérot 1987, Abb.1<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

42x126<br />

Holz<br />

97,5x85,5<br />

Lwd.<br />

120x149,2<br />

Lwd.<br />

136,5x116,5<br />

Lwd.<br />

Abb.59<br />

Chiarini, S. 53<br />

Augsburg / Cleveland, A 18,<br />

Abb.18<br />

Hamburg Kunsthalle 1966, S.<br />

94<br />

Staatliche Kunsthalle Karlsru-<br />

he 2005, Lg. 666<br />

402


216 Loth, Johann Carl<br />

(1632-1698)<br />

217 Lotto, Lorenzo<br />

(1480-nach 1556)<br />

218 Maître de Lecceto<br />

(Anf. und Mitte 15. Jh.)<br />

219 Maître de Lecceto<br />

(Anf. und Mitte 15. Jh.)<br />

220 Maître des héroines de<br />

Chigi-Saracini<br />

221 Maître des héroines de<br />

Chigi-Saracini<br />

222 Maître des héroines de<br />

Chigi-Saracini<br />

223 Makart, Hans<br />

(1840-1884)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra – Karlsruhe<br />

Damenporträt<br />

mit Zeichnung<br />

der Lukretia<br />

Lukretia und<br />

Collatinus<br />

1530-<br />

1533<br />

Kunsthalle<br />

London<br />

National Gallery<br />

– Avignon<br />

Petit Palais<br />

Tod der Dido – Avignon<br />

Petit Palais<br />

Kleopatra um 1500 Siena<br />

Sophonisbe um 1500 Siena<br />

Sophonisbe<br />

(Artemisia?)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Slg. Chigi-Saraceni<br />

Slg. Chigi-Saraceni<br />

135x111,5<br />

Lwd.<br />

95,9x110,5<br />

Lwd.<br />

31x44<br />

Holz<br />

21x20<br />

Holz<br />

77x44<br />

Holz<br />

77,1x43,5<br />

Holz<br />

Staatliche Kunsthalle Karlsru-<br />

he 2005, Lg. 667<br />

Baker / Henry, S. 395<br />

Laclotte / Mognetti, 137 bis<br />

Laclotte / Mognetti, 137 ter<br />

Ritschard, S. 38<br />

Ritschard, S. 38<br />

um 1500 Privatsammlung – Richard-Jamet 2003, S. 538<br />

1875 Kassel<br />

Staatliche Museen<br />

191x255<br />

Lwd.<br />

Frodl,S. 350, Nr. 253<br />

403


224 Makart, Hans<br />

(1840-1884)<br />

225 Makart, Hans<br />

(1840-1884)<br />

226 Manetti, Rutilio<br />

(1571-1639)<br />

227 Mantegna, Andrea<br />

(um 1430-1506)<br />

228 Mantegna, Andrea<br />

(um 1430-1506)<br />

229 Mantegna, Andrea<br />

(um 1430-1506)<br />

230 Maratta, Carlo<br />

(1625-1713)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Nilfahrt der<br />

Kleopatra<br />

Massinissa und<br />

Sophonisbe<br />

Bildkatalog<br />

1875 München-Gräfeling<br />

Slg. Rauscher<br />

1874/75 Stuttgart<br />

um 1623-<br />

1625<br />

Sophonisbe um 1495-<br />

1506<br />

Tuccia um 1495-<br />

1506<br />

Staatsgalerie<br />

Florenz<br />

Uffizien<br />

London<br />

National Gallery<br />

London<br />

National Gallery<br />

122,x83<br />

Holz<br />

189,5x506<br />

Lwd.<br />

168x265<br />

Lwd.<br />

71,2x19,8<br />

Tempera auf<br />

Pappelholz<br />

72,5x23<br />

Tempera auf<br />

Pappelholz<br />

Frodl, S. 350, Nr. 252<br />

Frodl, S. 349, Nr. 251<br />

Gregori, Nr. 519<br />

Baker, S. 407<br />

Baker, S. 407<br />

Dido – – – http://www.ac-nancy-<br />

Kleopatra 1694 Rom<br />

(ursprünglich für Frances-<br />

co Montioni)<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 538<br />

404


231 Maratta, Carlo<br />

(1625-1713)<br />

231a Maron, Anton von<br />

(1733-1797)<br />

232 Martini, Biagio<br />

(1761-1840)<br />

233 Matteis, Paolo de<br />

(1662-1728)<br />

234 Maulbertsch, Franz An-<br />

ton<br />

(1724-1796)<br />

235 Mazzanti, Ludovico<br />

(1686-1775)<br />

236 Mazzoni, Sebastiano<br />

(1611-1678)<br />

Bildkatalog<br />

Lukretia 1694 Rom<br />

Tod der Dido 1783 Rom<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

(ursprünglich für Frances-<br />

co Montioni)<br />

1791 Parma<br />

Villa Borghese<br />

Galleria Nazionale<br />

Tod des Cato – München<br />

Tod der Dido – Wien<br />

Tod der Lukretia Ende der<br />

30er Jah-<br />

re<br />

Bayerische Staatsgemäl-<br />

desammlungen<br />

Österreichische Galerie<br />

Barockmuseum<br />

New York<br />

(im Handel)<br />

Kleopatra – Rovigo,<br />

Accademia dei Concordi<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 538<br />

– –<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

260x130,5<br />

Lwd.<br />

70,5x54<br />

Holz<br />

Abb.15<br />

Spinosa 1986, Nr. 138, Abb.<br />

155<br />

Kunstverein Wien 1974, Kat.<br />

100<br />

Lwd. Spinosa 1987, Abb. 321<br />

– Ottaviani Botteri, S. 132<br />

405


237 Meister der Halbfiguren<br />

(Anf. 16. Jahrhundert)<br />

238 Meister des Heiligen<br />

Blutes<br />

Lukretia 1. H. 16.<br />

Jh.<br />

Lukretia 1520-<br />

1525<br />

239 Meister HTA Kleopatra 2. H.<br />

16.Jh.<br />

Bildkatalog<br />

Rom<br />

Galleria Colonna<br />

Prag<br />

Národní Galerie v Praze<br />

43,9x28,8<br />

Holz<br />

56,5x42,5<br />

Eichenholz<br />

– 111x167<br />

Kupferstich<br />

240 Meister von 1515 Kleopatra – – 101x148<br />

Kupferstich<br />

Safarik 1981, Nr.108<br />

Kotalivik, S. 111<br />

Bartsch 14,199D,<br />

Ritschard, S. 83<br />

Bartsch 25,2522(012)<br />

241 Meister von 1515 Kleopatra – – Kupferstich Bartsch 25,2522 (013)<br />

242 Mengs, Anton Raphael<br />

(1728-1779)<br />

243 Micheli, Andrea, gen.<br />

Vicentino<br />

(um 1542-1617)<br />

244 Mignard, Pierre<br />

(1612-1695)<br />

<strong>August</strong>us und<br />

Kleopatra<br />

Lukretia 1611-<br />

um 1759 Augsburg<br />

1613<br />

Städtische Kunstsamm-<br />

lungen<br />

München<br />

Residenz<br />

Porzia – Rennes<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

59,5x45<br />

Lwd.<br />

Baumgärtel 1998, S. 347<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 524<br />

101x80<br />

Lwd.<br />

Baumgärtel 1995, Kat.165<br />

406


245 Mignard, Pierre<br />

(1612-1695)<br />

(zugeschrieben)<br />

246 Mirys, Silvestre David<br />

(1742-1810)<br />

247 Mola, Pier Francesco<br />

(1612-1666)<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Bildkatalog<br />

– England<br />

Privatsammlung<br />

Lukretia um 1810 München<br />

Tod des Archi-<br />

medes<br />

1655? Rom<br />

Residenz (Inv.-Nr. 14d)<br />

Slg. Manca di Villahermo-<br />

sa Busiri Vici<br />

99x133<br />

Lwd.<br />

Porzellan-<br />

Teller<br />

128x97<br />

248 Monogrammist I. F. Kleopatra – – 283x177<br />

249 Moreau, Gustave<br />

(1826-1898)<br />

250 Muller, Jan<br />

(1571-1628)<br />

Kleopatra 1887 Paris<br />

Louvre<br />

Lwd.<br />

Kupferstich<br />

40x25<br />

Aquarell, Tin-<br />

te, Gouache<br />

Kleopatra – – 166x225<br />

Kupferstich<br />

Mérot 1994, S. 120<br />

http://www1.ku-<br />

eich-<br />

staett.de/SLF/Klassphil/grau/eichst.h<br />

tm<br />

(zuletzt aufgerufen:10.01.2007)<br />

Kahn-Rossi, Kat. I.34<br />

Bartsch 1,5<br />

Ritschard, S. 257<br />

Bartsch 4,9<br />

407


251 Muller, Jan<br />

(1571-1628)<br />

252 Muratori, Domenico Ma-<br />

ria<br />

(um 1661 -1744)<br />

253 Muratori, Domenico Ma-<br />

ria<br />

(um 1661 -1744)<br />

254 Natoire, Charles-Joseph<br />

(1700-1777)<br />

255 Natoire, Charles-Joseph<br />

(1700-1777)<br />

256 Nattier, Jean-Baptiste<br />

(1678-1726)<br />

257 Nattier, Jean-Baptiste<br />

(1678-1726)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra – – 367x250<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Tod des Marc<br />

Anton<br />

Kleopatra und<br />

Antonius<br />

Ankunft Kleopa-<br />

tras in Tarsos<br />

– Rom<br />

– Rom<br />

1754 Nîmes<br />

1756 Nîmes<br />

Galleria Spada<br />

Galleria Spada<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Kupferstich<br />

Lwd.<br />

Lwd.<br />

335x480<br />

Lwd.<br />

335x480<br />

Lwd.<br />

Bartsch 4,80<br />

http://fototeca.iccd.beniculturali.it/O<br />

GGFO-<br />

TOINT/SDW?W%3DMTRLEG%3D1<br />

7499<br />

(zuletzt aufgerufen:10.01.2007)<br />

http://fototeca.iccd.beniculturali.it/O<br />

GGFO-<br />

TOINT/SDW?W%3DMTRLEG%3D1<br />

7499<br />

(zuletzt aufgerufen:10.01.2007)<br />

Ritschard, S. 211<br />

Ritschard, S. 211<br />

Lukretia 1712 – – Richard-Jamet 2003, S. 535<br />

Porzia 1712 – – Richard-Jamet 2003, S. 535<br />

408


258 Nattier, Jean-Baptiste<br />

(1678-1726)<br />

259 Neapolitanischer Meister<br />

des 17.Jh.<br />

260 Neapolitanischer Meister<br />

des 17.Jh.<br />

261 Neroni, Bartolomeo<br />

(um 1500-1571)<br />

262 Orley, Barend van<br />

(um 1488-1541)<br />

263 Palma il Giovane<br />

(1548-1628)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra 1712 – – Richard-Jamet 2003, S. 535<br />

Selbstmord des<br />

Cato<br />

– Wien<br />

Akademie der bildenden<br />

Künste<br />

Lukretia – Wien<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

12 Feder, braune Tinte, Blaustift, schwarze Kreide.<br />

Porzia Anf. 16.<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Akademie der bildenden<br />

Künste<br />

– London<br />

Jh.<br />

Ende 16.<br />

Jh.<br />

British Museum<br />

Paris<br />

Louvre<br />

Kassel<br />

Staatliche Museen<br />

134x176<br />

Lwd.<br />

72x912<br />

Lwd.<br />

Trnek 1989, S. 166<br />

Trnek 1989, S. 166<br />

40,5x26,9 12 Walker / Higgs, S. 348<br />

0,3x0,428<br />

Feder, Pinsel<br />

119,5x183,5<br />

Lwd.<br />

http://www.culture.gouv.fr/public/mist<br />

ral_joconde_fr<br />

(zuletzt aufgerufen: 10.01.2007)<br />

Schnackenburg 1996, Tafel<br />

305<br />

409


264 Palma il Vecchio, Jaco-<br />

bo<br />

(1480-1528)<br />

265 Parker, John<br />

(tätig um 1762)<br />

266 Pellegrini, Giannantonio<br />

(1675-1741)<br />

267 Pencz, <strong>Georg</strong><br />

(um 1500-1550)<br />

268 Pencz, <strong>Georg</strong><br />

(um 1500-1550)<br />

269 Perrin, Jean Charles<br />

Nicaise<br />

(1754-1831)<br />

270 Peters, Johann Anton de<br />

(1725-1795)<br />

Bildkatalog<br />

Lukretia – Rom<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Sophonisbe nach<br />

Villa Borghese<br />

1748/49 London<br />

1731(?)<br />

British Museum<br />

Genua<br />

Palazzo Durazzo Palavic-<br />

cini<br />

71x59<br />

Lwd.<br />

21,6x28,3<br />

Öl auf Papier<br />

154x149<br />

Lwd.<br />

Sophonisbe um 1535 – 189x124<br />

Kupferstich<br />

Dido – – 94x65<br />

Tod des Seneca 1789 Dijon<br />

Tod des Seneca – Köln<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Wallraf-Richartz-Museum<br />

Kupferstich<br />

–<br />

Walker / Higgs, S. 364<br />

Cattaneo Adorno, S. 159<br />

Schlink / Sperlich, Tafel XLII<br />

Bartsch 16,85(344)<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

97,5x86,5<br />

Lwd.<br />

Abb.50<br />

Heße, S. 252<br />

410


271 Peyron, Jean François<br />

Pierre (1744-1814)<br />

272 Pittoni, Giambattista<br />

(1687-1767)<br />

273 Pittoni, Giovanni Battista<br />

(1687-1767)<br />

274 Pittoni, Giovanni Battista<br />

(1687-1767)<br />

275 Pittoni, Giovanni Battista<br />

(1687-1767)<br />

276 Pittoni, Giovanni Battista<br />

(1687-1767)<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

Tod der Sopho-<br />

nisbe<br />

Bildkatalog<br />

1787 Kopenhagen<br />

40er Jah-<br />

re des<br />

18.Jh.<br />

frühe<br />

1730er<br />

Jahre<br />

Statens Museum for<br />

Kunst<br />

Stuttgart<br />

Staatsgalerie<br />

Malibu<br />

1735-37 München<br />

1730-40 Madrid<br />

J.Paul Getty Museum<br />

Alte Pinakothek<br />

Museo Thyssen Borne-<br />

misza<br />

– Moskau<br />

Puschkin-Museum<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

71,2x49,9<br />

Lwd.<br />

128,3x95,3<br />

Lwd.<br />

134x160<br />

Lwd.<br />

72x58<br />

Lwd.<br />

Lwd.<br />

Abb.26<br />

Petermann, S. 299<br />

Martineau / Robinson, Abb.57<br />

Steingräber 1987, Kat.14<br />

Pita Andrade / del Mar Boro-<br />

bia Guerrero, S. 373<br />

http://upload.wikimedia.org./wikipedi<br />

a/en/5/53/Deathofsofonisba.JPG<br />

(zuletzt aufgerufen:10.01.2007)<br />

411


277 Pittoni, Giovanni Battista<br />

(1687-1767)<br />

278 Poerson, Charles<br />

(1609-1667)<br />

279 Poerson, Charles<br />

(1609-1667)<br />

280 Poerson, Charles<br />

(1609-1667)<br />

281 Poerson, Charles<br />

(1609-1667)<br />

282 Poussin, Nicolas<br />

(1594-1665)<br />

Todestrunk der<br />

Sophonisbe<br />

Camma und<br />

Synorix trinken<br />

den Giftbecher<br />

im Diana- Tem-<br />

pel<br />

Bildkatalog<br />

– Im Handel<br />

(Chateau La Borzeux<br />

Stavelot September<br />

2004)<br />

1645 Metz<br />

Paulina 1647 Paris<br />

Porzia 1647 Paris<br />

Lukretia 1647 Paris<br />

Tod des Ge-<br />

rmanicus<br />

La Cour d’Or<br />

Musées de Metz<br />

Hôtel de l'Arsenal<br />

Hôtel de l'Arsenal<br />

Hôtel de l'Arsenal<br />

1627 Minneapolis<br />

The Minneapolis Institute<br />

of Art<br />

92x82<br />

Lwd.<br />

128x121<br />

Lwd.<br />

Digitales Foto der Galerie<br />

Baumgärtel 1995, Kat.88<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 534<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 534<br />

– Richard-Jamet 2003, S. 534<br />

148x198<br />

Lwd.<br />

Mai 1987, Nr. 8<br />

412


283 Preti, Mattia<br />

(1613-1699)<br />

284 Preti, Mattia<br />

(1613-1699)<br />

285 Preti, Mattia<br />

(1613-1699)<br />

286 Preti, Mattia<br />

(1613-1699)<br />

287 Preti, Mattia<br />

(1613-1699)<br />

288 Prévost, Nicolas<br />

(1604-1670)<br />

289 Prévost, Nicolas<br />

(1604-1670)<br />

290 Prévost, Nicolas<br />

(1604-1670)<br />

Sophonisbe mit<br />

dem Giftbecher<br />

um 1660-<br />

1670<br />

Tod der Dido um 1660-<br />

1661<br />

Bildkatalog<br />

Lyon<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Chambery<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Tod der Dido 1656-60 Braunschweig<br />

Herzog-Anton-Ulrich-<br />

Museum<br />

Sophonisbe – Melbourne<br />

National Gallery of Victo-<br />

ria<br />

Sophonisbe – Lyon<br />

Porzia 1633-36 Orléans<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Kleopatra 1642 Montreuil-Belley<br />

Privatsammlung<br />

Dido 1642 Montreuil-Belley<br />

Privatsammlung<br />

198x174<br />

Lwd.<br />

247x209<br />

Lwd.<br />

204x176,5<br />

Lwd.<br />

81,5x110<br />

Lwd.<br />

Mai 1987, Nr. 73<br />

Corace, Abb.42 (S. 97)<br />

Herzog Anton Ulrich-Museum,<br />

Erwerbungen, Kat.13<br />

Corace, Abb.83 (S. 119)<br />

Lwd. Spinosa 1984, Abb. 558 147<br />

218x174<br />

Lwd.<br />

Goldfarb, S. 314f.<br />

Lwd. Ritschard, S. 42<br />

Lwd. Ritschard, S. 42<br />

413


291 Prévost, Nicolas<br />

(1604-1670)<br />

292 Prévost, Nicolas<br />

(1604-1670)<br />

293 Puligo, Domenico<br />

(1492-1527)<br />

294 Raimondi, Marcantonio<br />

(um 1480 / um<br />

1527/1534)<br />

295 Raimondi, Marcantonio<br />

(um 1480 / um<br />

1527/1534)<br />

296 Raimondi, Marcantonio<br />

(um 1480 / um<br />

1527/1534)<br />

Frau des Has-<br />

drubal<br />

Bildkatalog<br />

1642 Montreuil-Belley<br />

Privatsammlung<br />

Sophonisbe 1642 Montreuil-Belley<br />

Tod Kleopatras – Paris<br />

Privatsammlung<br />

Musee de l'Assistance<br />

publique<br />

Lwd. Ritschard, S. 43<br />

Lwd. Ritschard, S. 43<br />

59x43<br />

Holz<br />

Dido – – 159x126<br />

Kupferstich<br />

Lukretia – – 212x130<br />

Neptun besänf-<br />

tigt den Sturm<br />

Kupferstich<br />

http://www.viile-<br />

ge.ch/musinfo/mahg/musee/presse/<br />

cleopatre/cleopatre3.htm<br />

(zuletzt aufgerufen:10.01.2007)<br />

Bartsch 26(187)<br />

Bartsch 26(192)<br />

1515/16 – Kupferstich Bartsch 14,352<br />

Höper, S. 205<br />

414


297 Raimondi, Marcantonio<br />

(um 1480 / um<br />

1527/1534)<br />

298 Raimondi, Marcantonio<br />

(um 1480 / um<br />

1527/1534)<br />

299 Raimondi, Marcantonio<br />

(um 1480 / um<br />

1527/1534)<br />

300 Recco, Gaetano<br />

(17. Jh.)<br />

301 Regnault, Jean-Baptiste<br />

(1754-1829)<br />

302 Régnier, Nicolas (Renie-<br />

ri, Nicolò)<br />

(1591-1667)<br />

302a Régnier, Nicolas (Renie-<br />

ri, Nicolò)<br />

(1591-1667)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra – – 221x135<br />

Kupferstich<br />

Kleopatra – – 85x131<br />

Kupferstich<br />

Kleopatra – – 114x168<br />

Tod des Seneca 1682 Neapel<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Sophonisbe 1655-<br />

1797/99 Düsseldorf<br />

1665<br />

Museo di Capodimonte<br />

Kunstmuseum<br />

Kassel<br />

Sophonisbe – Padua<br />

Staatliche Museen<br />

Musei Civici<br />

Kupferstich<br />

Bartsch 26,193<br />

Bartsch 26,198<br />

Bartsch 26,199 D<br />

Lwd. Spinosa 1984, Abb. 594<br />

64x80<br />

Lwd.<br />

128,3x153<br />

Lwd.<br />

101x82<br />

Lwd.<br />

Mai 1987, Nr. 49<br />

Baumgärtel 1995, Kat.170<br />

Banzato, Kat.18, S. 25<br />

415


303 Rehberg, Friedrich<br />

(1758-1835)<br />

304 Rehberg, Friedrich<br />

(1758-1835)<br />

305 Rembrandt van Rijn<br />

(1606-1669)<br />

306 Rembrandt van Rijn<br />

(1606-1669)<br />

307 Rembrandt van Rijn<br />

(1606-1669)<br />

308 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

309 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

310 Reni, Guido<br />

1575-1642)<br />

13 In Rom gestochen von Thomas Piroli.<br />

14 In Rom gestochen von Thomas Piroli.<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra 1794 – Graphik 13 Ittershagen, S. 102<br />

Sophonisbe 1794 – Graphik 14 Ittershagen, S. 90<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

1664 Washington<br />

National Gallery of Art<br />

1666 Minneapolis<br />

Sophonisbe 1634 Madrid<br />

Institute of Arts<br />

Prado<br />

Lukretia 1622/23 Reggio Emilia<br />

Privatsammlung<br />

Lukretia um 1625 Potsdam<br />

Neues Palais<br />

Kleopatra um 1626 Potsdam<br />

Sanssouci<br />

120x101<br />

Lwd.<br />

105,1x92,3<br />

Lwd.<br />

223x468<br />

Lwd.<br />

86x76<br />

Lwd.<br />

215x151<br />

Lwd.<br />

124x94<br />

Lwd.<br />

Schwartz, Abb.382<br />

Schwartz, Abb.383<br />

Bruyn 1986, S. 504 (A 94)<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. A<br />

9<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. A<br />

15<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. A<br />

16<br />

416


311 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

312 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

313 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

314 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

315 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

316 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

317 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

318 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

Bildkatalog<br />

Lukretia 1626/27 England<br />

Privatsammlung<br />

Lukretia um 1632 Bologna<br />

Slg. Lauro<br />

Kleopatra 1639/40 London<br />

Lukretia um 1639 Campione<br />

Selbstmord der<br />

Kleopatra<br />

Kleopatra 1640-42 Rom<br />

Slg. Sir Denis Mahon<br />

Slg. Silvano Lodi<br />

128x99<br />

Lwd.<br />

69x56 (oval)<br />

Lwd.<br />

77x65<br />

Lwd.<br />

125,5x93,5<br />

Lwd.<br />

1620? Privatsammlung 175x102<br />

Lukretia 1625-26 London<br />

Galleria Capitolina<br />

Kunstmarkt<br />

Porzia 1625-26 Genua<br />

Slg. Durazzo Pallavicini<br />

Lwd.<br />

91,5x72,5<br />

Lwd.<br />

128x99<br />

Lwd.<br />

120x88<br />

Lwd.<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. A<br />

17<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. 26<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. A<br />

36; Cola / Salvagni / Scolaro /<br />

Scolaro / Caroselli, Kat. 72<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. 37<br />

Cola / Salvagni / Scolaro /<br />

Scolaro / Caroselli, Kat.46<br />

Pepper, Abb. 190, Kat. 204<br />

Pepper, Abb. IX, Kat.92<br />

Pepper, Abb.88, Kat. 96<br />

417


319 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

320 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

321 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

322 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

323 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

324 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

325 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

326 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

327 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra 1628 Hampton Court<br />

Lukretia 1632 New York<br />

Lukretia 1638-39 Genua<br />

Artemisia<br />

(Sophonisbe?)<br />

1638-39 Genua<br />

Kleopatra 1638-39 Florenz<br />

Artemisia<br />

(Sophonisbe?)<br />

Königliche Sammlungen<br />

Privatsammlung<br />

Privatsammlung<br />

Privatsammlung<br />

Palazzo Pitti<br />

1638-39 Birmingham<br />

Lukretia 1640-42 Rom<br />

City Art Gallery<br />

Lukretia 1622-23 Modena<br />

Lukretia 1632-33 Madrid<br />

Pinacoteca Capitolina<br />

Privatsammlung<br />

Prado<br />

114x95<br />

Lwd.<br />

98x74<br />

Lwd.<br />

96x71 (oval)<br />

Lwd.<br />

96x71 (oval)<br />

Lwd.<br />

122x96<br />

Lwd.<br />

74x61<br />

Lwd.<br />

91x73<br />

Lwd.<br />

85x76<br />

Lwd.<br />

70x57<br />

Lwd.<br />

Pepper, Abb.102, Kat. 111<br />

Pepper, Abb.125, Kat. 134<br />

Pepper, Abb.159, Kat. 170<br />

Pepper, Abb. 159B, Kat. 170<br />

Pepper, Abb. 161, Kat. 173<br />

Pepper, Abb.162, Kat. 174<br />

Pepper, Abb. 188, Kat. 202<br />

Pepper, Abb.16 (Appendix),<br />

Kat. N. 22<br />

Pepper, Abb. 23 (Appendix),<br />

Kat.N.33<br />

418


328 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

329 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

330 Reni, Guido<br />

(1575-1642))<br />

331 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

332 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

333 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

334 Reni, Guido<br />

(1575-1642)<br />

Bildkatalog<br />

Lukretia um 1635 Bologna<br />

Slg. Lauro<br />

Lukretia 1635 Campione d’Italia<br />

Kleopatra 1635-<br />

1641<br />

Slg. Lodi<br />

Madrid<br />

Prado<br />

Porzia 1625 Genua<br />

Sophonisbe<br />

(Artemisia?)<br />

Palazzo Durazzo Pallavi-<br />

cini<br />

1640-42 Minneapolis<br />

Institute of Arts<br />

Magdalena 1635 Baltimore<br />

Tod Kleopatras – Rom<br />

Walters Art Gallery<br />

Palazzo Barberini<br />

69x56 (oval)<br />

Lwd.<br />

125,5x93,5<br />

Lwd.<br />

110x94<br />

Lwd.<br />

102x87<br />

Lwd.<br />

57x46<br />

Lwd.<br />

90,5x74<br />

335 siehe 302a – – – – –<br />

Lwd.<br />

–<br />

Pepper, Abb. 28 (Appendix),<br />

Kat. N 39<br />

Pepper, Abb.29 (Appendix),<br />

Kat. N 41<br />

Rogelio Buendia, S. 196<br />

Cattaneo Adorno, S. 111<br />

Pepper S. 302, Abb. 186<br />

Pepper, Tafel XII<br />

http://www.italica.rai.it/index.php?cat<br />

egoria=arte&scheda=mito_donna<br />

(zuletzt aufgerufen:10.01.2007)<br />

419


336 Reynolds, Joshua<br />

(1723-1792)<br />

337 Reynolds, Joshua<br />

(1723-1792)<br />

338 Ricchi, Pietro<br />

(1606-1675)<br />

339 Ricchi, Pietro<br />

(1606-1675)<br />

340 Ricchi, Pietro<br />

(1606-1675)<br />

341 Ricchi, Pietro<br />

(1606-1675)<br />

342 Ricci, Sebastiano<br />

(1659-1734)<br />

Bildkatalog<br />

Tod der Dido 15 1781 – Lwd. Penny, Abb. 123<br />

Miss Kitty Fisher<br />

<strong>als</strong> Kleopatra<br />

– Hampstead Heath (Lon-<br />

don)<br />

Kenwood House<br />

Tod der Lukretia – Braunschweig<br />

Josef und Poti-<br />

phars Weib<br />

Lukretia und<br />

Tarquinius<br />

15 Nur <strong>als</strong> Reproduktionsgraphik von Joseph Grozer erhalten.<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

– Braunschweig<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

Lukretia – Forlì<br />

76,2x63,5<br />

Lwd.<br />

127x98<br />

Lwd.<br />

127x98<br />

Lwd.<br />

Penny, S. 99<br />

Jacob, S. 120f.<br />

Jacob, S. 120f<br />

– unbekannt – Ottaviani Botteri, S. 132<br />

Istituto Prati<br />

Lukretia 1680-84 Parma<br />

Ospedali Riuniti<br />

130x150 Ottaviani Botteri, S. 344<br />

134x127<br />

Lwd.<br />

–<br />

420


343 Ricci, Sebastiano<br />

(1659-1734)<br />

344 Ricci, Sebastiano<br />

(1659-1734)<br />

345 Ricci, Sebastiano<br />

(1659-1734)<br />

346 Rieger, Johann (?)<br />

oder Spillenberger, Jo-<br />

hann<br />

(1628-1679)<br />

347 Rivalz, Antoine<br />

(1667-1735)<br />

348 Rixens, Jean André<br />

(1846–1924)<br />

349 Roberti, Ercole<br />

(1456-1496)<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

1700-<br />

1710<br />

Bildkatalog<br />

London<br />

Lukretia – Dijon<br />

Königliche Sammlungen<br />

Musée Magnin<br />

Sophonisbe – London<br />

Sophonisbe um 1700 Berlin<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

(Sotheby Januar 2005)<br />

(im Handel bei Ploetz-<br />

Peters 2006)<br />

– Toulouse<br />

– Toulouse<br />

Tod der Lukretia um 1490 Modena<br />

Musée des <strong>August</strong>ins<br />

Musée des <strong>August</strong>ins<br />

Galleria Estense<br />

76,8x65,7<br />

Lwd.<br />

148x200<br />

Lwd.<br />

66x85,7<br />

Lwd.<br />

64,8x81,6<br />

Lwd.<br />

123x101<br />

Lwd.<br />

Rizzi, Kat.48<br />

Brejon de Lavergnée 1980, S.<br />

94<br />

[nicht mehr im Netz]<br />

[nicht mehr im Netz]<br />

Ritschard, S. 202<br />

Lwd. Walker / Higgs, S. 308<br />

0,46x0,33 Schubring, Tafel CXXIII, Nr.<br />

563<br />

421


Bildkatalog<br />

350 Roman d'Enèas Äneas und Dido 14.Jh. Paris<br />

351 Rottmayr, Johann Mi-<br />

chael<br />

(1654-1730)<br />

352 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

353 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

354 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

355 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

356 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

B. N.<br />

Tod Senecas vor 1695 Prag<br />

Hero und Lean-<br />

der<br />

Tod des Decius<br />

Mus<br />

Sterbender Se-<br />

neca<br />

1604-05 Yale<br />

Tod der Dido 2. Viertel<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Národní Galerie v Praze<br />

University Art Gallery<br />

1617 Vaduz / Wien<br />

1611 München<br />

17. Jh.<br />

Sammlungen des Fürsten<br />

von und zu Liechtenstein<br />

Alte Pinakothek<br />

Paris<br />

Louvre<br />

um 1615 Potsdam<br />

Neues Palais<br />

–<br />

127x181<br />

Lwd.<br />

95,9x127<br />

Lwd.<br />

288x519<br />

Lwd.<br />

185x154,7<br />

Eichenholz<br />

183x117<br />

Lwd.<br />

– –<br />

http://www.ac-nancy-<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Kotalivik, S. 215<br />

Antwerpen 1977, Antwerpen,<br />

S. 29<br />

Kräftner / Seipel / Trnek, S.<br />

164f.<br />

Steingräber 1983, 305<br />

Brejon de Lavergnée / Foucart<br />

/ Reynaud, S. 120<br />

422


357 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

358 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

359 Rubens, Peter Paul<br />

(1577-1640)<br />

360 Rustici, Francesco<br />

(1592-1626)<br />

361 Sacchi, Andrea<br />

(1599-1661)<br />

362 Saint-Quentin, Joseph<br />

(1738-nach 1785)<br />

363 Salamanca, Antonio<br />

(1500-1562)<br />

Bildkatalog<br />

Laurentius 1615 München<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Minerva und<br />

Prudentia über-<br />

geben Maria de<br />

Medici die Herr-<br />

schaft<br />

Selbstmord der<br />

Lucretia<br />

Alte Pinakothek<br />

1610/11 Potsdam<br />

1. Viertel<br />

17. Jh.<br />

um 1623-<br />

25<br />

Schloss<br />

(heute: St. Petersburg<br />

Eremitage)<br />

Paris<br />

Louvre<br />

Florenz<br />

Uffizien<br />

Tod der Dido 1635-36 Caen<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

1762 Paris<br />

Sophonisbe – Düsseldorf<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

École des Beaux-Arts<br />

Kunstmuseum<br />

244x174<br />

Lwd.<br />

187x214,5<br />

Lwd.<br />

394x727<br />

175x259,5<br />

Lwd.<br />

139,5x148<br />

Lwd.<br />

Steingräber 1983, S. 450f.<br />

http://www.spsg.de/media/de/Ruben<br />

s_Verlust_150<br />

(zuletzt aufgerufen:11.01.2007)<br />

http://www.culture.gouv.fr/public/mist<br />

ral_joconde_fr<br />

(zuletzt aufgerufen: 11.01.2007)<br />

Gregori, Nr. 517<br />

Mai 1993, Kat.34<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

17x13<br />

Graphik<br />

Abb. 10<br />

Baumgärtel 1995, S. 159<br />

423


364 Salamanca, Antonio<br />

(1500-1562)<br />

365 Sandrart, Joachim von<br />

(1606-1688)<br />

366 Sandrart, Joachim von<br />

(1606-1688)<br />

Bildkatalog<br />

Porzia – Düsseldorf<br />

Tod des Seneca 1635 Berlin<br />

Tod des Cato 1631 Padua<br />

Kunstmuseum<br />

(seit 1945 verschollen)<br />

Museo Civico<br />

17x13<br />

Graphik<br />

171x215<br />

Lwd.<br />

140,4x186,5<br />

Lwd.<br />

Richard-Jamet 2003, S. 538<br />

Danesi Squarzina 2001, S.<br />

118<br />

Klemm, S. 60<br />

367 Schön, Erhard Porzia 1531 – Graphik 16 Baumgärtel 1995, S. 162<br />

368 Schön, Erhard Lukretia 1531 – Graphik 17 Baumgärtel 1995, S. 162<br />

369 Scorel, Jan van<br />

(1495-1562)<br />

370 Sellaio, Jacopo<br />

(1441-1493)<br />

371 Sellaio, Jacopo<br />

(1441-1493)<br />

Kleopatra 1520-25 Amsterdam<br />

Porzia letztes<br />

Drittel 15.<br />

Jh.<br />

Rijksmuseum<br />

Tod des Brutus – Florenz<br />

36x61<br />

Holz<br />

http://token.rijksmuseum.nl/screens/<br />

S-SK-A2843-00.jpg<br />

(zuletzt aufgerufen: 11.01.2007)<br />

Hochzeitstruhe – Schubring, Nr. 365<br />

Kunsthandel<br />

16 Illustration zu: Hans Sachs: Der Ehrenspiegel der neun getrevsten heydnischen Fraven mit yhren vunder getreyen thaten.<br />

17 Illustration zu: Hans Sachs: Der Ehrenspiegel der neun getrevsten heydnischen Fraven mit yhren vunder getreyen thaten.<br />

– Schubring, Nr. 931<br />

424


372 Sirani, Elisabetta<br />

(1638-1665)<br />

373 Sirani, Elisabetta<br />

(1638-1665)<br />

374 Sodoma, Giovanni An-<br />

tonio Bazzi, gen.<br />

(1477-1549)<br />

375 Sodoma, Giovanni An-<br />

tonio Bazzi, gen.<br />

(1477-1549)<br />

376 Solimena, Francesco<br />

(1657-1747)<br />

377 Solimena, Francesco<br />

(1657-1747)<br />

378 Solimena, Francesco<br />

(1657-1747)<br />

Porzia, sich<br />

selbst verlet-<br />

zend<br />

Bildkatalog<br />

1664 Rom<br />

Galleria Borghese<br />

Lwd.<br />

Dido – – 64x87,5<br />

Lukretia – Hannover<br />

Lukretia, Colla-<br />

tinus und Lucre-<br />

tius<br />

Opferung der<br />

Iphigenie<br />

Tod der Messa-<br />

lina<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Landesmuseum<br />

1513 Budapest<br />

– New York<br />

– Malibu<br />

vor 1744 Florenz<br />

Szépmüvészeti Múzeum<br />

Antiquariatsmarkt<br />

The Paul Getty Museum<br />

Fondazione Longhi<br />

Lwd.<br />

www.mystudios.com/women/pqrst/si<br />

rani_tigh.html<br />

(zuletzt aufgerufen:12.01.2007)<br />

http://www.ac-nancy-<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

0,83x047 Schubring, Tafel CLVII, Nr.<br />

–<br />

102,5x128<br />

Lwd.<br />

735<br />

www.oceansbridge.com/paintings/ar<br />

tists/s/Sodoma_Il/thumb_oil/Sodoma<br />

_The_Death_of_Lucretia.jpg<br />

(zuletzt aufgerufen:12.01.2007)<br />

Spinosa 1986, Nr. 71, Taf.16<br />

Lwd. Spinosa 1986, Nr. 26, Abb.<br />

75x63<br />

Lwd.<br />

31, S. 31<br />

Spinosa 1986, Nr. 69, Abb.<br />

77, S. 22<br />

425


379 Solimena, Francesco<br />

(1657-1747)<br />

380 Solimena, Francesco<br />

(1657-1747)<br />

381 Solimena, Francesco<br />

(1657-1747)<br />

382 Spillenberger, Johann<br />

(1628-1679), (zuge-<br />

schrieben)<br />

382a Spillenberger, Johann<br />

(1628-1679)<br />

383 Stanzione, Massimo<br />

(1590-1656)<br />

384 Stanzione, Massimo<br />

(1585–1656)<br />

Bildkatalog<br />

Tod der Lukretia vor 1744 Florenz<br />

Sophonisbe 1705-09 Neapel<br />

Dido empfängt<br />

Äneas und As-<br />

canius<br />

Opferung der<br />

Polyxena<br />

siehe 346<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

Lukretia nach<br />

1720 London<br />

Fondazione Longhi<br />

Privatsammlung<br />

National Gallery<br />

– Braunschweig<br />

Herzog Anton Ulrich-<br />

Museum<br />

1635 Rom<br />

1640<br />

Privatsammlung<br />

Genua<br />

Palazzo Durazzo Palavic-<br />

cini<br />

75x63<br />

Lwd.<br />

44x55<br />

Lwd.<br />

207,2x310,2<br />

Lwd.<br />

99x85<br />

Lwd.<br />

170x180<br />

Lwd.<br />

122 x 100<br />

Lwd.<br />

Spinosa 1986, Nr. 69, Abb.<br />

78, S. 222<br />

Settecento Napoletano, Nr.<br />

41, S. 214f.<br />

Baker, S. 636<br />

Jacoby, Kat.1097<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. D<br />

45<br />

Cattaneo Adorno, S. 196<br />

426


385 Stanzione, Massimo<br />

(1585–1656)<br />

386 Stimmer, Tobias<br />

(1539-1584)<br />

387 Stimmer, Tobias<br />

388<br />

(1539-1584)<br />

Teniers, David der J.<br />

(1610-1690)<br />

389 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

390 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

391 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

18 Illustration einer Livius-Ausgabe.<br />

19 Illustration einer Livius-Ausgabe.<br />

20 Teilweise 1943 durch Bomben zerstört.<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Sophonisbe vor<br />

Massinissa<br />

Syphax wird zu<br />

Scipio gebracht<br />

Tod des Lean-<br />

der<br />

Tod der Sopho-<br />

nisbe<br />

Sophonisbe nach<br />

Bildkatalog<br />

um 1630 St. Petersburg<br />

Eremitage<br />

169x99,5<br />

Lwd.<br />

1568 – 72x105<br />

Holzschnitt 18<br />

1568 – 104x146<br />

1658 Althorp<br />

1755-60 Madrid<br />

1731<br />

Slg. Earl Spencer<br />

Museo Thyssen-<br />

Bornemsza<br />

Mailand<br />

Hl. Agathe 1755 Berlin<br />

Palazzo Dugnani<br />

Staatliche Museen<br />

Holzschnitt 19<br />

22,5x52<br />

Kupfer<br />

48,5x438<br />

Lwd.<br />

520x650<br />

Fresko 20<br />

184x131<br />

Lwd.<br />

www.oceansbridge.com/paintings/ar<br />

tists/s/Stanzione_Massimo/thumb_oi<br />

l/cleopatra_1630s_XX_hermitag<br />

(zuletzt aufgerufen:12.01.2007)<br />

Bartsch 19,2(64.79 [348])<br />

Bartsch 19,2(64.80[348])<br />

Musées royaux des Beaux-<br />

Arts de Belgique 1965, S. 259<br />

Pita Andrade / del Mar Boro-<br />

bia Guerrero, S. 379<br />

Levey, S. 95<br />

Christiansen 1996, S. 235<br />

427


392 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

393 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

394 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

395 Tiepolo, Giambattista<br />

(1696-1770)<br />

396 Tintoretto, Jacopo<br />

(1518-1594)<br />

397 Tischbein, Johann Hein-<br />

rich<br />

(1722-1789)<br />

Bankett der<br />

Kleopatra<br />

Bankett der<br />

Kleopatra<br />

Antonius und<br />

Kleopatra<br />

Ankunft und<br />

Bankett<br />

Porträt eines<br />

jungen Mannes<br />

mit Skulptur der<br />

Lukretia<br />

Sterbender An-<br />

tonius vor Kleo-<br />

patra<br />

Bildkatalog<br />

um 1740 London<br />

National Gallery<br />

1744 Melbourne<br />

National Gallery of Victo-<br />

ria<br />

– Edinburgh<br />

1747-<br />

1750<br />

National Gallery of Scot-<br />

land<br />

Venedig<br />

Palazzo Labia<br />

1555 München<br />

1767 oder<br />

1769<br />

Alte Pinakothek<br />

Kassel<br />

Staatliche Museen<br />

46,3x66,7<br />

Lwd.<br />

249x346<br />

Lwd.<br />

Walker / Higgs, S. 351<br />

Pallucchini 1990, Tafel XXX<br />

68x38 Pallucchini 1990, Tafel XL<br />

650x300<br />

Fresken<br />

113,5x89,4<br />

Lwd.<br />

34,7x44,5<br />

Lwd.<br />

Pallucchini 1990, S. 114<br />

Steingräber 1983, 10447<br />

Ritschard, S. 224<br />

428


398 Tischbein, Johann Hein-<br />

rich<br />

(1722-1789)<br />

399 Tischbein, Johann Hein-<br />

rich<br />

(1722-1789)<br />

400 Tiziano, Vecellio<br />

(1477-1576)<br />

401 Tiziano, Vecellio<br />

(1477-1576)<br />

402 Tiziano, Vecellio<br />

(1477-1576)<br />

402a Tiziano, Vecellio<br />

(1477-1576<br />

<strong>August</strong>us und<br />

sterbende Kleo-<br />

patra<br />

Bildkatalog<br />

1769 Kassel<br />

Dido 1775 Gotha<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Lukretia und ihr<br />

Gemahl<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Staatliche Museen<br />

Schlossmuseum Fried-<br />

richstein<br />

1575-77 Wien<br />

Akademie der bildenden<br />

Künste<br />

um 1515 Wien<br />

KHM<br />

– Cambridge UK<br />

Fitzwilliam Museum<br />

34,7x44,5<br />

Lwd.<br />

Ritschard, S. 224<br />

Lwd. http://www.ac-nancy-<br />

114x100<br />

Lwd.<br />

82,5x68,5<br />

Holz<br />

188,9x145<br />

Lwd.<br />

Bordeaux 190x143<br />

Lwd.<br />

metz.fr/enseign/lettres/LanguesAnci<br />

ennes/Textes/Virgile/Didon.htm<br />

(zuletzt aufgerufen: 20.01.2007)<br />

Valcanover, S. 363<br />

Ferino-Pagden, S. 264-66<br />

Ferino-Pagden, Sylvia / Pro-<br />

haska, Wolfgang / Schütz,<br />

Tafel 41, S. 123<br />

Ferino-Pagden, S. 256-60<br />

Ferino-Pagden, S. 261-263<br />

429


403 Trevisani, Francesco<br />

(1656-1746)<br />

404 Turchi, Alessandro<br />

(1578-1649)<br />

405 Turner, Joseph Mallord<br />

William<br />

(1775-1851)<br />

406 Ubertini, Francesco, ge-<br />

nannt: il Bachiacca<br />

(1494–1557)<br />

Fest des Marc<br />

Anton und der<br />

Kleopatra<br />

Tod der Kleo-<br />

patra<br />

Dido baut Kar-<br />

thago<br />

407 Unbekannt Tod der Kleo-<br />

Bildkatalog<br />

vor 1702 Rom<br />

1635 Paris<br />

Galleria Spada<br />

Louvre<br />

1815 London<br />

Tod der Lukretia – Genua<br />

patra<br />

National Gallery<br />

Palazzo Durazzo Palavic-<br />

cini<br />

um 1405 London<br />

British Library Royal<br />

Lwd. Vicini, S. 61<br />

255x267<br />

Lwd.<br />

155,6x231,8<br />

Lwd.<br />

68x48<br />

Lwd.<br />

390x270 mm<br />

Pergament<br />

Brejon de Lavergnée / Thié-<br />

baut, S. 249<br />

Baker S. 678<br />

Cattaneo Adorno, S. 288<br />

Walker / Higgs, S. 344<br />

430


408 Unbekannt Sterben des<br />

Antonius und<br />

der Kleopatra<br />

409 Unbekannt Bankett und Tod<br />

der Kleopatra<br />

410 Unbekannt Haupt der Kleo-<br />

patra<br />

411 Unbekannt Sophonisbe er-<br />

hält den Mantel<br />

des Syphax<br />

Bildkatalog<br />

um 1480 London<br />

British Library Royal<br />

480x345 mm<br />

Pergament<br />

Walker / Higgs, S. 345<br />

1473 Holzschnitt 21 285x193 mm Walker / Higgs, S. 346<br />

1533 oder<br />

später<br />

London<br />

British Museum<br />

um 1650 Manufaktur Heinrich Rey-<br />

dacus, Brüssel<br />

24,6x17<br />

Schwarze<br />

Kreide<br />

Walker / Higgs, S. 355<br />

Teppich Göbel, Nr. 285<br />

412 Unbekannt Porzia 1473 Holzschnitt 22 – Bartsch 80,1473/363<br />

413 Unbekannt Sophonisbe 23 1557 – Holzschnitt Schlink / Sperlich, Tafel XLII,<br />

414 Unbekannt Dido 1473 – Holzschnitt 24 Bartsch 80,1473/334<br />

21 Illustration zu Boccaccios De mulieribus claris (Zainer, Ulm)<br />

22 Illustration zu Boccaccios De mulieribus claris (Zainer, Ulm).<br />

23 Illustration zu Livius-Ausgabe Mainz 1557.<br />

24 Holzschnitt Illustration zu Boccaccios De mulieribus claris (Zainer, Ulm)<br />

96<br />

431


415 Unbekannt<br />

(nach Marcantonio Rai-<br />

mondi)<br />

416 Valesio, Giovanni Luigi<br />

(um 1583-1650)<br />

417 Van den Eeckhout,<br />

Gerbrand<br />

(1621-1674)<br />

418 Vecchia, Pietro della<br />

(1603-1678)<br />

419 Veneziano, Agostino<br />

(um 1490-1540) 25<br />

420 Veronese, Paolo<br />

(1528-1588)<br />

421 Vignon, Claude<br />

(1593-1670)<br />

25 1524 übergangen von Enea Vico.<br />

Bildkatalog<br />

Kleopatra – – 11,4x18<br />

Kupferstich<br />

Kleopatra – – 113x63<br />

Sophonisbe 1664 Braunschweig<br />

Tod des Archi-<br />

medes<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Herzog-Anton-Ulrich-<br />

Museum<br />

– Bordeaux<br />

Lukretia um 1583 Wien<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Kupferstich<br />

248x197<br />

Lwd.<br />

oval, 32x45<br />

Holz<br />

Höper, S. 199<br />

Bartsch 40,34<br />

Mai 1987, Nr. 58<br />

Habert, 104<br />

1523 – Stich Höper, S. 57<br />

KHM<br />

Tod der Lukretia um 1640 Blois<br />

Château et Musées<br />

109x90,2<br />

Lwd.<br />

138x148<br />

Lwd.<br />

Romanelli / Strinati, S. 150f.<br />

Baumgärtel 1995, Nr. 144<br />

432


422 Vignon, Claude<br />

(1593-1670)<br />

423 Vignon, Claude<br />

(1593-1670)<br />

Bildkatalog<br />

Tod des Seneca 1633 Paris<br />

Louvre<br />

Kleopatra – Rennes,<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

146x126<br />

424 siehe 231a – – – – –<br />

425 Voorhout, Johannes<br />

(1647-1723)<br />

426 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

427 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

428 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

429 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

430 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

Dido auf dem<br />

Scheiterhaufen<br />

1684 Budapest<br />

Tod der Dido 1642 Dôle<br />

Sophonisbe um<br />

Selbstmord der<br />

Lukretia<br />

1622/24<br />

um<br />

Tod der Lukretia um<br />

Tod der Sopho-<br />

nisbe<br />

1625/26<br />

1624/25<br />

Szépmüvészeti Múzeum<br />

Musée municipal<br />

Kassel<br />

Staatliche Museen<br />

Prag<br />

Národní Galerie v Praze<br />

Potsdam<br />

Sanssouci<br />

– Potsdam<br />

Sanssouci<br />

Lwd.<br />

Viatte, S. 134<br />

– Ottaviani Botteri 1996, S.40<br />

109x87<br />

Lwd.<br />

215x170<br />

Lwd.<br />

128x156<br />

Lwd.<br />

197x148<br />

Lwd.<br />

Mai 1987, Abb.44<br />

Baumgärtel 1995, Kat. 91<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. D<br />

66<br />

– –<br />

Ebert-Schifferer 1988, Kat. D<br />

67, und Christiansen / Mann<br />

2001, S. 364<br />

–<br />

433


431 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

432 Vouet, Simon<br />

(1590-1649)<br />

433 Watteau, François Jo-<br />

seph<br />

(1758-1823)<br />

434 Weber, Thoman<br />

(um 1535 tätig)<br />

435 Zick, Januarius<br />

(1730-1797)<br />

Lukretia 1625-<br />

Artemisia lässt<br />

das Mausoleum<br />

bauen<br />

Tod des Sokra-<br />

tes<br />

Tarquinius und<br />

Lukretia<br />

Abschied des<br />

Sokrates von<br />

seiner Familie<br />

1626<br />

Bildkatalog<br />

Prag<br />

um 1640 Stockholm<br />

1780 Lille<br />

um 1535 Basel<br />

Národní Galerie v Praze<br />

Nationalmuseum<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

Kunstmuseum<br />

1794 Düsseldorf<br />

Kunstmuseum<br />

197x148<br />

Lwd.<br />

161x139<br />

Lwd.<br />

Kotalivik, S. 229<br />

Baumgärtel 1995, S. 209<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

102x69<br />

Lwd.<br />

Abb.12<br />

http://www.repro-<br />

tab-<br />

leaux.com/kunst/thoman_weber/tarq<br />

uinius_bedroht_lukretia_lo.jpg<br />

(zuletzt aufgerufen: 12.01.2007)<br />

– Oberreuter-Kronabel 1986,<br />

Abb. 21<br />

434


Künstlerverzeichnis<br />

Aachen, Hans von 133<br />

Albrechtsmeister 37<br />

Alciat 170<br />

Aldegrever, Heinrich 82, 133<br />

Altdorfer, Albrecht 110, 125<br />

Ammann, Jost 82<br />

Arthur, Reginald 157, 165, 272<br />

Aspertini, Amico 148, 149<br />

Auvray, Felix 175, 176, 272<br />

Balestra, Antonio 98<br />

Beaufort, Jacques Antoine 136<br />

Künstler<br />

Beccafumi, Domenico 81, 85, 163, 240, 241, 242, 243<br />

Beham, Bartel 146<br />

Beham, Hans Sebald 127, 146, 165<br />

Bellange, Jacques 172<br />

Benvenuto, Girolamo di 241, 243<br />

Berthelot, Guillaume 249<br />

Blanchard, Jacques 155<br />

Böcklin, Arnold 160, 165, 272, 315<br />

Bol, Ferdinand 112<br />

Bosse, Abraham 163, 174, 256, 257<br />

Botticelli, Sandro 124<br />

Bourdon, Sébastien 113<br />

Brescia, Giovanni Antonio da 109<br />

Breu, Jörg der Ältere 125, 126<br />

Bruegel 210<br />

Burgkmair, Hans der Ältere 235, 256<br />

Cagnacci, Guido 131, 132, 155, 159, 161, 162, 315<br />

Cambiaso, Luca 161<br />

Candid, Peter 128, 262, 264<br />

Caravaggio 92, 158, 202, 203, 210, 229<br />

Carenna, Jacomo-Antonio 162<br />

Carneo, Antoneo 135<br />

Caron, Antoine 249<br />

Caroto, Giovanni Francesco 81<br />

Castello 161<br />

Caucig, Franz 175, 176, 264, 266, 272<br />

435


Cestaro, Jacopo 155<br />

Champaigne, Philippe de 250, 251<br />

Chauveau, Francois 163, 173, 255<br />

Cifrondi, Antonio 135<br />

Conca, Sebastiano 52, 53, 262, 303<br />

Corona, Lionardo 263<br />

Cort, Cornelis 133<br />

Cortona, Pietro da 162, 250, 253<br />

Cozza,Francesco 27, 155, 159<br />

Cozzarelli, Guidoccio 124, 241, 243<br />

Cranach, Lucas 126, 127, 128, 129,129, 262<br />

Crespi, Giuseppe Maria 134<br />

Crosato, Giovanni Battista 71, 85, 99<br />

Curradi, Francesco 247<br />

dal Sole,Giovan Gioseffo 87<br />

David, Jacques-Louis 21, 22, 49, 295, 309, 310<br />

Delacroix, <strong>August</strong>e 16, 160<br />

della Bella, Stefano 144, 254<br />

Dolce, Carlo 45, 86107, 210, 300<br />

Dossi, Dosso 115<br />

Dufresnoy, Charles-Alphonse 136, 313<br />

Dupuis, Nicolas-Gabriel 261<br />

Dürer, Albrecht 126, 128, 262, 263, 264<br />

Dyck, Anthony van 155, 300<br />

Eeckhout, Gerbrand van den 93, 94<br />

Elliger der Ältere, Ottmar 114<br />

Elliger, Ottmar der Jüngere 114, 155, 267, 268<br />

Errard, Charles 174, 175<br />

Esperlin, Joseph 155<br />

Ferrari, Luca 87<br />

Ferroni, Giulio 282<br />

Feselen, Melchior 125<br />

Fetti, Domenico 218, 229<br />

Feuerbach, Anselm 18<br />

Fiammengo, Giusto 203<br />

Fidani, Orazio 53, 113<br />

Flinck, Govert 313, 314<br />

Forabosco, Girolamo 89<br />

Füger, Heinrich Frieder 52, 175<br />

Fungai, Bernardino 79<br />

Füßli, Heinrich 116<br />

Index<br />

436


Gandolfi, Gaetano 132, 135<br />

Genga, Girolamo 241, 243<br />

Künstler<br />

Gentileschi, Artemisia 23, 44, 125, 128, 132, 155, 156, 158, 255, 263, 264<br />

Gherardi, Cristofano 245<br />

Giampietrino, Giovanni Pietro Rizzoli, gen. 245<br />

Gilfino, Niccolò 124<br />

Gimignani, Giacinto 253<br />

Giordano, Luca 134, 155, 159, 162, 174, 175<br />

Giorgio, Francesco di 239<br />

Giotto 24, 236, 237, 238<br />

Giovanni, Apollonio di 109<br />

Gramatica, Antiveduto 158<br />

Gravelot, Hubert 21<br />

Guarino<br />

Guarino, Francesco 161, 263, 266<br />

Guercino, Giovan Francesco Barbieri, gen. 111, 135, 147, 154, 155, 156, 162, 165, 250<br />

Günther, Matthäus 114<br />

Hackert, Jacob Philipp 111<br />

Hamilton, Gavin 137<br />

Heemskerck, Maarten van 256<br />

Heiss, Johann 113<br />

Heyden, Jan van der 232, 233<br />

Hirschvogel, <strong>August</strong>in 147<br />

Holbein, Hans, der Jüngere 34, 260<br />

Hollanda, Francisco da 147, 149<br />

Hopfer, Daniel 127<br />

Jordaens, Jacob 146, 162, 254, 267, 268<br />

Kauffmann, Angelika 116, 131, 133, 164, 272, 294, 296, 299, 300, 301<br />

Kels, Hans der Ältere 83, 84<br />

Ketel, Cornelis 260<br />

Knüpfer, Nikolaus 91<br />

Koninck, Salomon 89, 90, 93<br />

Lairesse, Gerard de 26, 50, 99, 114, 146, 156, 260, 261, 267, 268<br />

Landi, Neroccio de' 239<br />

Langrenée, Louis 156<br />

Lastman, Pieter 89, 90<br />

Lazzarini, Gregorio 113<br />

Le Brun, Charles 51, 88, 90, 282<br />

Lippi, Filippino 124, 125<br />

Liss, Johann 159<br />

Lorrain, Claude 116<br />

437


Loth, Johann Carl 263<br />

Lotto, Lorenzo 129, 130, 232<br />

Lucas, Richard Cockle 164<br />

Maestri di Pandolfo Petrucci 163, 241<br />

Maître de Griselda 239<br />

Index<br />

Maître des héroїnes de Chigi-Saracini 80, 85,163, 241, 242, 256, 314<br />

Makart, Hans 13, 14, 15, 16, 17, 18, 53, 141, 144, 165, 287, 315<br />

Manet, Édouard 18, 19, 303<br />

Manetti, Rutilio 85, 97, 194, 248<br />

Mansion, Colard 43<br />

Mantegna, Andrea 80, 110, 240, 250, 314<br />

Maratta, Carlo 162, 250, 253<br />

Massard, Johann Baptist Raphael Urbain 22<br />

Matteo di Giovanni 239<br />

Maulbertsch, Franz Anton 194<br />

Mazzanti, Ludovico 263, 264<br />

Mazzoni, Sebastiano 158<br />

Meister HTA 147<br />

Meister von 1515 147<br />

Meister von Lecceto 109<br />

Meister H. G 42<br />

Mengozzi, Gerolamo 161<br />

Mengs, Anton Raphael 164<br />

Michelangelo 38, 151<br />

Mignard, Pierre 155, 156, 172<br />

Millais, John Everett 15<br />

Mosca, Padova, Gian Maria da, gen. il 171<br />

Muller, Jan 146<br />

Natoire, Charles-Joseph 146, 268<br />

Nattier, Jean-Baptiste 253<br />

Neroni, Bartolomeo 241<br />

Orley, Barend van 170<br />

Pacchiarotto, Giacomo 239<br />

Pace, Valentino 33, 39, 41<br />

Pacheco, Francisco 206<br />

Padova, Gian Maria da, gen. il Mosca 171<br />

Peiresc, Nicolas Claude Fabri de 249<br />

Pellegrini, Antonio 98<br />

Pellegrini, Gianantonio 96, 98<br />

Pencz, <strong>Georg</strong> 82, 83, 84, 127<br />

Perrier, Francois 203<br />

438


Perugino, Pietro 81<br />

Pinelli, Bartolomeo 301<br />

Pinturicchio, Bernardino di Betto gen. 81<br />

Piroli, Tommaso 297, 298<br />

Pittoni, Francesco 264<br />

Pittoni, Giovanni Battista 97, 310, 311<br />

Poerson, Charles 253, 254<br />

Pollaiuolo, Antonio 42<br />

Poussin, Nicolas 136, 203, 250, 301<br />

Preti, Mattia 94, 112, 158, 263, 264<br />

Künstler<br />

Prévost, Nicolas 85, 144, 163, 173, 251, 252, 315<br />

Puligo, Domenico 157<br />

Raffael 48, 57, 86, 110, 126, 147, 217, 315<br />

Raimondi, Marcantonio 110, 126, 127, 147<br />

Régnier, Nicolas 57, 86, 101, 102, 267, 269, 270<br />

Rehberg, Friedrich 294, 297, 314<br />

Rembrandt 89, 91, 92, 93, 132, 221, 314<br />

Reni, Guido 26, 55, 86, 87, 88, 126, 128, 130, 131, 132, 135, 147, 157, 158, 165, 172, 202, 204,<br />

211, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 230, 250, 261, 263, 264, 269, 272, 287, 297, 298, 300, 315<br />

Renieri, Niccolò 233, 262<br />

Reynolds, Joshua 114, 165, 299, 300<br />

Ricchi, Pietro 132, 134, 263, 264<br />

Ricci, Sebastiano 96, 134<br />

Rieger, Johann 99<br />

Rivalz, Antoine 159<br />

Rixens, Jean Andre 157, 165, 315<br />

Romney, <strong>Georg</strong>e 300<br />

Rosselli, Matteo 247<br />

Rousselet, Gilles 174, 256, 257<br />

Rubens, Peter Paul 19, 22, 23, 24, 93, 113, 115, 133, 180, 183, 203, 210, 211, 212, 213, 214, 215,<br />

216, 230, 231, 249, 303<br />

Rustici, Francesco 135, 248<br />

Sacchi, Andrea 115<br />

Sandrart, Joachim von 52, 91, 202<br />

Scorel, Jan van 155, 156<br />

Seidler, Louise 296, 297<br />

Sirani, Elisabetta 115, 175<br />

Sodoma, Giovanni 135<br />

Solimena, Francesco 95, 303<br />

Spillenberger, Johann 99<br />

Stanzione, Massimo 25, 128, 263, 266<br />

439


Stimmer, Tobias 84<br />

Stradanus, Johannes 247<br />

Strozzi, Bernardo 50<br />

Stuck, Franz von 165<br />

Testa, Pietro 233<br />

Index<br />

Tiepolo, Giambattista 95, 98, 99, 161, 211, 222, 223, 224, 225, 226, 304<br />

Tiepolo, Giandomenico 222<br />

Tintoretto, Jacopo 130, 209, 219, 232<br />

Tischbein, Johann Heinrich, der Ältere 116<br />

Tizian 53, 130, 132, 133, 135, 209, 213, 219<br />

Trevisani Francesco, 164<br />

Tucci, Biagio di Antonio 124<br />

Tuccia 80, 241, 244, 246, 253<br />

Tuck, Richard 185<br />

Tümpel, Christian 84, 85, 90<br />

Turchi, Alessandro 161, 162, 250<br />

Turner, William 117<br />

Valesio, Giovanni Luigi 146<br />

van Cleve, Joos 129<br />

van Obstal,Gérard 90<br />

Vasari, Giorgio 45, 126, 236, 247<br />

Velasquez, Viego Rodríguez de Silva y 261<br />

Venant, Francois 89<br />

Verona, Liberale da 109, 170<br />

Veronese 209, 219, 263, 264<br />

Vignon, Claude 25, 136, 159, 173, 252, 253, 256, 257<br />

Villegas, Francisco de 107<br />

Vicentino, Michieli, Andrea, gen. il 246<br />

Vorstermann, Lucas 214<br />

Vouet, Simon 23, 24, 91, 93, 111, 113, 128, 233, 249, 250, 251, 262, 263, 267, 269, 270, 314<br />

Weber, Thoman 133<br />

Zainer, Johannes 43, 78, 79, 109, 239<br />

440


Personen<br />

Abigaïl 253<br />

Abraham 256<br />

Achilles 49, 237, 238<br />

Adolfati, Andrea 275<br />

Aelian 166<br />

Aemilia 279<br />

Personen<br />

Aeneas 50, 64, 103, 104, 106, 107, 108, 109, 111, 114, 115, 116, 117, 142, 237, 244, 276, 277,<br />

278, 279, 282<br />

Aeolos 277<br />

Agathe (Hl.) 94, 161, 222, 223, 224, 226<br />

Agnesi-Pinottini, Maria Teresa 76<br />

Aischylos 70<br />

Alberti, Leon Battista 29, 45, 82<br />

Albinoni, Tomaso 275, 278<br />

Albrecht von Eyb 122<br />

Aldofati, Andrea 278<br />

Aldrovandi, Ulisse 149<br />

Alexander 234, 246, 253<br />

Alfieri, Vittorio 73, 143<br />

Alkuin 33<br />

Ambrosius 195, 199, 258<br />

Amor 277<br />

Amymone 297<br />

Andrea d’Ungheria 238<br />

Andreini, Giovan Battista 218<br />

Andreozzi, Gaetano 275<br />

Andromache 169<br />

Anfossi, Pasquale 275<br />

Anna Amalia von Sachsen-Weimar 283<br />

Anne d’Autriche 23, 25, 173, 250, 251, 252, 253, 254, 257<br />

Anselm von Canterbury 37<br />

Antiochus III. 253<br />

Antiope 253<br />

Antonini, Giovanni 286<br />

Antonio Pierozzi de' Forciglioni 254<br />

Antonius 76, 139, 140, 141, 142, 143, 145, 149, 154, 161, 164, 168, 194, 197, 267, 268, 288, 292<br />

Appian 62, 63, 97, 166<br />

441


Appius 52, 53<br />

Aragón, Alvaro Cubillo de 108<br />

Araia, Francesco 278<br />

Archimedes 20<br />

Ariadne 65, 147, 148, 154, 156, 273, 289, 291<br />

Aristoteles 71, 304<br />

Armenini, Giovanni Battista 313<br />

Arne, Thomas <strong>August</strong>ine 275<br />

Arria 257, 297<br />

Index<br />

Artemisia 23, 25, 53, 85, 86, 88, 91, 202, 239, 241, 243, 244, 246, 247, 249, 251, 253, 257, 263<br />

Artus 234<br />

Ascanius 277<br />

Astarita, Gennaro 275<br />

Attila 194<br />

Attilius Regulus 278<br />

<strong>August</strong>inus 27, 46, 119, 120, 179<br />

<strong>August</strong>us 26, 65, 149, 154, 162, 164, 250, 253<br />

Auletta, Pietro A. 275<br />

Aurelius Victor 141<br />

Aurisicchio, Antonio 275<br />

Bach, Johann Christoph Friedrich 169<br />

Bach, Johann Sebastian 30<br />

Bandello, Matteo 68, 122<br />

Barberini, Antonio 217<br />

Barberini, Francesco 202<br />

Bathseba 25, 263, 264<br />

Batteux, Charles 269<br />

Beethoven, Ludwig van 301<br />

Bellarmin, Robert 218<br />

Bellori, Giovanni Pietro 218, 253<br />

Berenike 253<br />

Berlioz, Hector 142, 287<br />

Bernasconi, Andrea 275, 278<br />

Bernhard von Clairvaux 39<br />

Bertoni, Ferdinando 278<br />

Biest, Hans van der 246<br />

Boccaccio 24, 42, 43, 44, 62, 66, 67, 78, 79, 82, 83, 84, 100, 104, 105, 106, 107, 109, 110, 116,<br />

121, 122, 125, 140, 145, 167, 169, 170, 181, 235, 236, 239, 240, 244, 314<br />

Bodin, Jean 181<br />

Boétie, Etienne de la 181<br />

Bonno, Giuseppe 278<br />

442


Borghese, Scipione 213<br />

Boroni, Antonio 76, 275<br />

Borromeo, Federico 209<br />

Böttiger, Karl <strong>August</strong> 296, 301<br />

Bouscal, Guerin du 168<br />

Boyer, Claude 168, 171<br />

Bracciolini, Poggio 181<br />

Bretoni, Ferdinando 275<br />

Brigitta (Hl.) 235<br />

Britten, Benjamin 123<br />

Brivio, Giuseppe Ferdinando 278<br />

Brun, Friederike 299<br />

Personen<br />

Brutus 52, 118, 121, 123, 125, 136, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 174, 175, 176, 192, 256, 312<br />

Busenello, Giovanni Francesco 275, 276, 277, 278, 279, 283<br />

Caesar 65, 79, 139, 145, 151, 161, 166, 168, 170, 171, 192, 234, 237, 246<br />

Caldara, Antonio 76<br />

Calvin, Jean 178<br />

Camilla 241, 243, 244<br />

Camillus 250<br />

Camma 257, 275<br />

Campra, André 287<br />

Capodiferro, Evangelista Maddaleni Fausto di 150, 151<br />

Capua, Rinaldo da 278<br />

Caputi, Antonio 278<br />

Carenna, Jacomo-Antonio 162<br />

Carretto, Galeotto del 69, 71<br />

Casati, Conte 95<br />

Cassandra 276, 277<br />

Cassius 170<br />

Cassius Dio 141<br />

Castiglione, Baldassare 147, 150, 151, 152, 153, 154<br />

Castro, Guillén de 107<br />

Cato 20, 21, 22, 24, 50, 51, 128, 162, 166, 171, 174, 175, 192, 195, 199, 204, 207, 250, 256, 262,<br />

264, 278, 279, 285, 312<br />

Cats, Jacob 75, 331<br />

Cavalieri, Giovanni Battista de 148<br />

Cavalli, Francesco 275, 276, 277, 278, 279<br />

Caylus, Comte de 91<br />

Celoniati, Ignazio 275<br />

Celtis, Conrad 181<br />

Charrière, Madame de 169<br />

443


Chateaubriand, François-René de 16<br />

Chiarini, Pietro 275, 278<br />

Chigi-Saraceni 85, 240, 241, 243<br />

Christine de Pizan 106, 107, 116, 167<br />

Ciampi, Vincenzo Legrenzio 275, 278<br />

Cicero 20, 28, 179, 180, 182, 202, 203, 214, 306<br />

Cicognini, Giacinto 273<br />

Cinzio, Giovan Battista Giraldi 70, 107, 142<br />

Claudia Quinta 239, 241, 244, 246<br />

Clemens VII. (Papst) 152<br />

Clemens VIII. (Papst) 209, 210<br />

Cloelia 25, 125, 166, 245, 246, 257<br />

Cocci, Gioacchino 76<br />

Colla, Giuseppe 275<br />

Collatinus 118, 120, 125, 135, 136<br />

Colonna, Giovanni Paolo 150, 287<br />

Coluccio Salutati 119, 121, 305<br />

Coriolan 250<br />

Index<br />

Corneille, Pierre 74, 143, 168, 169, 179, 196, 308, 379<br />

Cornelia 83, 166, 241<br />

Cornelia, Frau des Pompejus 144<br />

Cornelius Nepos 235<br />

Cosimo I. 246<br />

Couperus, Louis 12, 13, 14, 15, 28, 273, 301<br />

Creusa 276<br />

Crispus 253<br />

Cyprian 215<br />

Cyrus 253, 256<br />

d’ India, Sigismondo 287<br />

d’Arien, Bernhard Christoph 288<br />

Dante Alighieri 120, 140<br />

Danzi, Franz 275, 291<br />

Daphne 43, 46, 47<br />

David 234, 246, 256, 263<br />

de’ Medici, Carlo 202<br />

de’ Medici, Caterina 23, 73, 249, 254<br />

de’ Cesari, Cesare 142<br />

de’ Medici, Giovanni 126, 150, 151<br />

de' Medici, Maria 23, 247, 249, 251, 254<br />

Debora 24, 253, 256, 257<br />

Deipyle 235<br />

444


Delamont, Francois Collin 287<br />

Delfino, Giovanni 123<br />

della Mirandola, Pico 148<br />

Demokrit 214, 260, 261<br />

Descartes, René 90<br />

Desmarest, Henry 275<br />

Deukalion 244<br />

Diaghilew, Sergei 144<br />

Diana 300<br />

Diderot, Denis 21, 45, 93<br />

Dinet, Francois 255<br />

Dionysios von Halikarnassos 118<br />

Dolce, Ludovico 45, 107<br />

Douven, Jan Frans 212<br />

Dryden, John 143<br />

Personen<br />

Du Bosc, Jacques 24, 25, 137, 163, 173, 234, 254, 255<br />

Du Ryer, Pierre 123<br />

Du Soucy Gerzan, Francois 255<br />

Du Vair, Guillaume 185<br />

Duni, Egidio Romualdo 275, 278<br />

Eichendorff, Joseph von 300<br />

Elektra 289<br />

Eleonora von Toledo 247<br />

Eliezer 301<br />

Elisabeth (Hl.) 235<br />

Engel, Johann Jakob 299<br />

Epiktet 190<br />

Erasmus 180<br />

Esther 25, 235, 239, 244, 246, 247, 248, 251, 253<br />

Eunostos von Tanagra 239<br />

Eurydike 32, 97, 264, 266, 273<br />

Farnese, Rinuccio 68<br />

Fauchet, Claude 181<br />

Fausta 253<br />

Félibien, André 45<br />

Feo, Francesco Antonio 76<br />

Ferdinando II. de’ Medici 53, 247, 253<br />

Ferradini, Antonio 275, 278<br />

Filleuil, Nicolas 123<br />

Fiorillo, Ignazio 76, 275, 278<br />

Fioroni, Giovanni Andrea 275, 278<br />

445


Fischietti, Domenico 76<br />

Fisher, Kitty 165, 299<br />

Flaubert, Gustave 16<br />

Florus 118<br />

Fokin, Michail Michailowitsch 144<br />

Fortuna 276<br />

Francesco Barbaro 122<br />

Francesco da Carrara 237<br />

Franciscus von Assisi 39<br />

Galathea 297<br />

Galba 120<br />

Galla Placidia 248<br />

Galuppi, Baldassare 275, 278<br />

Garnier, Robert 142, 168<br />

Gataker, Thomas 185<br />

Gautier, Théophile 144<br />

Gazzaniga, Giuseppe 275<br />

Gebel, <strong>Georg</strong> 76<br />

Geibel, Emmanuel 73<br />

Gemmingen, Heinrich von 293<br />

Genlis, Stéphanie-Félicité de 296<br />

Ghiberti, Lorenzo 237<br />

Giacomelli, Geminiano 278<br />

Gilbert, David 287<br />

Gilbert, Gabriel 255<br />

Giraldi, Lilius Gregorius 154<br />

Giustiniani, Benedetto 202<br />

Giustiniani, Vincenzo 52, 202, 203<br />

Index<br />

Goethe, Johann Wolfgang 30, 31, 70, 74, 205, 290, 295, 296, 297<br />

Gottfried von Bouillon 234<br />

Goué, <strong>August</strong> Siegfried von 292<br />

Goué, Siegfried von 108<br />

Granvelle, Antoine Perrenot de 182<br />

Graupner, Christoph 275<br />

Grave, David Heinrich 283<br />

Grenaille, Francois de 255<br />

Grotius, Hugo 185<br />

Gualdrada 247<br />

Guglielmi, Pietro Allessandro 76<br />

Hamilton, William 295, 297<br />

Hamilton, Lady (Emma Hart) 78, 100, 164, 294, 295, 297, 298, 299, 300, 314<br />

446


Händel, <strong>Georg</strong> Friedrich 143, 278, 285, 286<br />

Hannibal 50, 60, 76, 246<br />

Hardy, Alexandre 107<br />

Hasdrubal 25, 59, 61, 62, 66, 67, 86<br />

Hasse, Johann Adolf 275, 278, 279<br />

Haydn, Joseph 275<br />

Hebe 300<br />

Hegel, <strong>Georg</strong> Wilhelm Friedrich 45, 46, 47<br />

Heinrich IV. 249<br />

Heinrich von Veldeke 105<br />

Hektor 169, 234, 237, 238<br />

Hekuba 276, 277<br />

Helena 125, 140, 235, 246, 250, 256<br />

Helvidius 182<br />

Hendel-Schütz, Henriette 297, 301<br />

Hengelbrock, Thomas 278<br />

Herakles 26, 112, 183<br />

Heraklit 260, 261<br />

Herder, Johann Gottfried 169, 274<br />

Herkules 237, 246<br />

Hermann der Lahme 37<br />

Hermes 32<br />

Hero 289<br />

Hersilia 162, 245, 247, 250<br />

Heywood, Thomas 123<br />

Hieronymus 119, 167, 180<br />

Hippo 241, 243<br />

Hippolyte 235<br />

Hirt, Alois 298<br />

Hobbes, Thomas 185<br />

Hoepfl, Simon 43, 79<br />

Hoet, Gerard 269<br />

Hoffmann, E.T.A. 78, 300<br />

Holofernes 112, 303<br />

Hompton, David 267<br />

Horatius Cocles 26, 50, 246<br />

Horaz 139, 141<br />

Hoven, Monsieur van 269<br />

Humboldt, Caroline von 299<br />

Huydecoper, Joan 314<br />

Hygeia 300<br />

Personen<br />

447


Hymen 300<br />

Hypnos 31<br />

Hypsikratea 244<br />

Iarbas 277<br />

Ignatius von Antiochien 227<br />

Insanguine, Giacomo 275<br />

Iphigenie 289, 297<br />

Iris 111, 113, 114, 116, 276<br />

Isabella d' Este 80, 240, 314<br />

Isabella di Mantua 69<br />

Isabella von Kastilien 257<br />

Jacobaea von Baden 125<br />

Jacobus de Voragine 41<br />

Jacques de Longuyon 234<br />

Jaël 25, 235, 246, 248, 253, 256<br />

Jagemann, Karoline 297<br />

Jeanne d’Arc 253, 257<br />

Jehan Le Fèvre 234<br />

Jenko, Davorin 275<br />

Jodelle, Etienne 107, 142<br />

Johann Wilhelm von der Pfalz 212, 213<br />

Johanna von Österreich 247<br />

Johannes 39<br />

Johannes Chrystostomus 215<br />

Jomelli, Nicola 278<br />

Jommelli, Niccolò 76, 275<br />

Joseph (Hl.) 193, 256, 263, 264<br />

Josua 24, 234, 256<br />

Judas Makkabäus 234, 246<br />

Index<br />

Judith 25, 80, 81, 85, 112, 156, 163, 204, 235, 239, 241, 242, 244, 246, 248, 251, 253, 256, 257,<br />

261, 263, 264, 303<br />

Julia 244<br />

Julitta (Hl.) 41<br />

Julius II. (Papst) 38, 147, 148, 150, 151, 153, 154<br />

Julius III. (Papst) 149<br />

Junius, Samuel 123<br />

Juno 72, 277<br />

Justinus 103, 105, 106, 108, 110, 115, 116<br />

Kaisarion 139, 268<br />

Kant, Immanuel 185<br />

Karl der Große 234<br />

448


Karl VI. 26<br />

Kassandra 297<br />

Katharina (Hl.) 42, 199<br />

Keiser, Reinhard 123<br />

Klein, Bernhard 275<br />

Klopstock, Friedrich Gottlieb 169<br />

Konstantin 26<br />

Koželuh, Leopold 275<br />

Krauss, Marianne 294<br />

La Grange, Guillaume de 107<br />

Laelius 61, 67, 77, 79<br />

Lamartine, Alphonse de 16<br />

Lampeto 235<br />

Lampugnani, Giovan Battista 278<br />

Landi, Giulio 142<br />

Laokoon 32, 49, 88, 90, 92, 148, 149<br />

Laurentius (Hl.) 42, 212, 215<br />

Le Métel de Boisrobert, François 107<br />

Personen<br />

Le Moyne, Pierre 24, 25, 137, 163, 234, 250, 252, 253, 255, 256, 257, 258, 259<br />

Lee, Nathaniel 75<br />

Lenoir-Laroche, Comtesse 310<br />

Leo X. (Papst) 70, 126, 150, 151, 154, 181<br />

Leonidas 309<br />

Leopold Wilhelm, Erzherzog 119<br />

Leopoldo di Toscana 202<br />

Lessing, Gotthold Ephraim 30, 92, 231<br />

Lipsius, Justus 179, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 196, 199, 200,<br />

201, 202, 214, 215, 259, 271, 305, 306<br />

Livia 65<br />

Livius 26, 50, 52, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 76, 82, 83, 84, 85, 90, 97, 118, 122, 129, 137,<br />

138, 225, 311<br />

Llamosas, Lorenzo de las 108<br />

Lohenstein, Daniel Caspar von 3, 7, 75, 91,142, 179, 194,196, 197, 333, 361<br />

Lomazzo, Giovanni Paolo 43<br />

Lombardo della Seta 236<br />

Lovato Lovati 180<br />

Loyola, Ignatius von 204, 209<br />

Lucretius 136<br />

Ludwig X. 78<br />

Ludwig XIII. 251<br />

Ludwig XIV. 23, 250, 254<br />

449


Luise von Hessen-Darmstadt 78<br />

Lukan 140<br />

Luti, Bartolomea 244<br />

Lykurg 246<br />

Macchiavelli, Niccolò 240<br />

Machon, Louis 255<br />

Index<br />

Magdalena (Hl.) 210, 216, 218, 219, 220, 221, 230, 297<br />

Mairet, Jean 74, 143<br />

Mander, Carel van 260<br />

Manlius Torquatus 50, 246<br />

Manna, Gennaro 278<br />

Mansart, Francois 250<br />

Manzoni, Alessandro 70<br />

Marc Aurel 182<br />

Marcello, Benedetto 285<br />

Marcia 241<br />

Marcus Antonius 250<br />

Marcus Curtius 50, 246<br />

Marcus Valerius Corvinus 246<br />

Maria Magdalena von Österreich, Großherzogin der Toskana 135, 247, 248<br />

Maria Stuart 253, 257<br />

Mariamne 257<br />

Mariette, Pierre-Jean 257<br />

Marino, Giovanni Battista 25, 278<br />

Marlowe, Christopher 107<br />

Mars 65, 118, 140<br />

Marschner, Heinrich 123<br />

Marston, John 75<br />

Martial 166<br />

Massé, Victor 142<br />

Massenet, Jules-Emile-Frédéric 142<br />

Massinissa 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 71, 72, 76, 77, 78, 79, 83, 84, 85, 89, 90, 92,<br />

95, 96, 97, 98, 99, 101, 225, 226, 253, 269, 270, 290, 291<br />

Maupoint 142<br />

Maximilian I. 26, 246<br />

Maximilian II. 182<br />

May, Thomas 143<br />

Mazarin, Jules, Cardinal de 87, 202, 254<br />

Mazzoni, Antonio 278<br />

Medea 289<br />

Mei, Eva 285<br />

450


Meilleraye, Duchesse de La 252, 257<br />

Meißner, <strong>August</strong> Gottlieb 76, 78, 290, 291, 293<br />

Menalippe 235<br />

Merkur 183, 277<br />

Mermet, Claude 73<br />

Personen<br />

Metastasio, Pietro 76, 108, 274, 276, 278, 279, 281, 282, 283<br />

Minerva 23, 140, 183, 249, 300<br />

Mirandola, Giovanni Francesco Pico della 154<br />

Mirys, Silvestre David 99, 137<br />

Mithridates 284<br />

Molanus, Johannes 209<br />

Monime 257<br />

Montaigne, Michel de 181, 185<br />

Montchrestien, Antoine de 73<br />

Montéclair, Michel Pignolet de 287<br />

Monteverdi, Claudio 218, 273, 276<br />

Montfleury, Jacob 107<br />

Montioni, Francesco 253<br />

Montreux, Nicolas de 73, 142, 334<br />

Morales, Cristóbal de 108<br />

Moreto y Cabaña, Agustin 108<br />

Moses 98, 246<br />

Mucius Scaevola 51, 304<br />

Muret, Marc Antoine 181<br />

Musonius 182<br />

Mussato, Albertino, 180<br />

Naevius 103<br />

Napoleon I. 16, 310<br />

Narcissus 43, 46<br />

Neefe, Christian Gottlob 76, 78, 291<br />

Neptun 278<br />

Neri, Filippo 64, 65, 120, 209<br />

Nero 52, 53, 120, 182, 194, 213, 214<br />

Nerval 16<br />

Nervèze, Suzanne de 255<br />

Neumann, Johann Leopold 288, 291<br />

Niobe 88, 131, 153, 219, 289, 297<br />

Niobiden 32, 153, 175, 218, 219<br />

Octavia 139<br />

Octavian 139, 142, 145, 164, 168, 171, 267, 268, 291, 292, 299<br />

Oktavian 17, 141<br />

451


Ophelia 15<br />

Orpheus 32, 97, 264, 266, 273<br />

Osmida 279, 282<br />

Ottheinrich, Pfalzgraf 235<br />

Ovid 42, 46, 103, 119, 153<br />

Pacheco, Francisco 206<br />

Paer, Ferdinando 77, 273<br />

Paleotti, Gabriele 209, 220<br />

Pamphili, Benedetto 285, 286<br />

Pamphili, Olympia 253<br />

Panthea 253, 257<br />

Paris 237<br />

Pastor, Juan 108<br />

Paul III. (Papst) 149<br />

Paul V. (Papst) 149<br />

Paulina 25, 52, 253, 257<br />

Paulus 180, 210<br />

Pazzi de' Medici 107<br />

Pelagia (Hl.) 192<br />

Pels, Andries 114<br />

Penelope 106, 116, 241, 244, 247<br />

Penthesilea 235, 238, 246, 253<br />

Perez, Davide 278<br />

Pergolesi, Giovanni Battista 285<br />

Pero 244<br />

Petrali, Luigi 76<br />

Index<br />

Petrarca 24, 58, 63, 64, 65, 66, 68, 82, 83, 84, 100, 120, 121, 180, 235, 237, 284<br />

Petrucci, Borghese 240<br />

Petrucci, Pandolfo 240<br />

Petrucci, Sulpicia 240<br />

Petrus 37, 210, 223<br />

Piccinni, Nicola 275<br />

Piccolomini 240<br />

Pietrangeli, C. 147, 149<br />

Pistorelli, Celso 142<br />

Platon 22, 258<br />

Plinius d. Ä. 140, 304<br />

Plinius der Jüngere 20, 235<br />

Plutarch 73, 139, 142, 166, 167, 169, 255<br />

Pluto 65<br />

Poe, Edgar Allan 14<br />

452


Pollarol, Antonio 123<br />

Polyxena 238, 252, 289<br />

Pompeius 50, 53, 83, 279<br />

Ponsard, Francois 123<br />

Poppaea 144<br />

Porpora, Nicola 76, 278<br />

Porsenna 304<br />

Proba Falconia 253<br />

Properz 139, 141<br />

Proserpina 65, 72, 290<br />

Providentia 249<br />

Prudentia 23, 183, 249, 251<br />

Ptolemaios XIII. 139<br />

Ptolemaios XIV. 139<br />

Pückler-Muskau, Hermann von 16<br />

Purcell, Henry 76, 108, 275<br />

Pygmalion 289, 296<br />

Pyramus 83<br />

Pyrrha 244<br />

Pythia 297<br />

Quevedo, Francisco de 185<br />

Quintilian 28<br />

Quiricus (Hl.) 41<br />

Rebecca 301<br />

Reifenstein, Johann Friedrich 294<br />

Rhenanus, Beatus 181<br />

Riccoboni, Luigi 76<br />

Richard Löwenherz 37<br />

Richardson, Samuel 231<br />

Personen<br />

Richelieu, Armand-Jean I. du Plessis, Cardinal de 173, 252<br />

Robert von Anjou 236, 237<br />

Robespierre 309<br />

Robortello, Francesco 71<br />

Rojas Zorrilla, Francisco de 108<br />

Rollin, Charles 21<br />

Romulus und Remus 250<br />

Rosenberg, Jakob 127<br />

Rossetti, Domenico 77<br />

Rossini, Giachino 301<br />

Rousseau, Jean Jacques 289<br />

Rovere, Francesco Maria I. della 151<br />

453


Rovere, Giuliano della 151<br />

Ruffo, Tommaso 131<br />

Rutgers, Anthonie 269<br />

Saba, Königin von 144, 238, 246<br />

Sacchetti, Giulio Kardinal 202<br />

Sachs, Hans 122, 123, 142<br />

Salomon 238, 258<br />

Salomone 256, 257<br />

Salutati, Collucio 180, 302<br />

Samson 237, 246<br />

Santa Croce, Giorgio 68<br />

Santacroce, Maria 133, 272, 299<br />

Sappho 289<br />

Sarpedon 31<br />

Sarro, Domenico Natale 275, 276, 278, 285<br />

Sarti, Giuseppe 278<br />

Scaevola 246<br />

Scalabrini, Paolo 278<br />

Scamozzi, Vincenzo 70<br />

Scarlatti, Alessandro 285<br />

Scarlatti, Domenico 285<br />

Scheibe, Johann Adolph 284<br />

Schiassi, Gaetano Maria 278<br />

Schönborn, Graf Lothar Franz von 98<br />

Schoppe, Kaspar 185<br />

Schütz, Karl-Friedrich Julius 297, 301<br />

Schwanberg, Johann Gottfried 278<br />

Schweitzelsperger, K.K. 123<br />

Index<br />

Scipio 50, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 69, 71, 72, 76, 77, 79, 90, 92, 95, 197, 214, 225, 239,<br />

243, 246, 253, 273, 303, 308, 310, 311<br />

Scolari, Giuseppe 278<br />

Scudéry, <strong>Georg</strong>es de 107, 168, 255<br />

Scudéry, Madeleine de 76, 123<br />

Sebastian (Hl.) 43, 199, 219<br />

Seckendorff, Gustav Anton von 299<br />

Segni, Bernardo 71<br />

Selene 279<br />

Semiramis 25, 140, 235, 247, 248, 253, 284<br />

Seneca 20, 21, 22, 50, 52, 53, 70, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 189, 190, 192,<br />

194, 200, 201, 202, 211, 213, 214, 215, 216, 227, 230, 262, 264<br />

Sephora 248<br />

454


Serre, Jean Puget de la 255<br />

Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper Earl of 45<br />

Shakespeare, William 122, 142, 168<br />

Shaw, G.B. 141<br />

Silvani, Fr. 76<br />

Sinope 235<br />

Six, Willem 262, 269<br />

Personen<br />

Sokrates 20, 21, 22, 50, 51, 58, 169, 178, 189, 190, 194, 199, 202, 203, 214<br />

Solms, Gräfin 294<br />

Solomon 237<br />

Sophokles 70<br />

Sophronia 192<br />

Soucy, Francois de 75, 255<br />

Sphinx 297<br />

Steffani, Agostino 108<br />

Stein, Charlotte von 108<br />

Steinhöwel, Heinrich 78<br />

Stepney, Lady 165<br />

Stradella, Alessandro 285<br />

Stratonike 253<br />

Sulpicia 239, 244<br />

Susanna 125, 246, 256<br />

Sychaeus 104, 115<br />

Synorix 275<br />

Syphax 59, 60, 61, 62, 63, 64, 66, 67, 69, 71, 72, 76, 77, 79, 84, 97, 290<br />

Syre, Cornelia 130<br />

Tacitus 52, 180, 181, 182, 183, 185, 194, 195, 213, 216<br />

Tanaquil 241, 256<br />

Tarquinius 26, 79, 118, 120, 121, 122, 124, 125, 133, 134, 136, 256, 285<br />

Terradellas, Domenico 278<br />

Tertullian 104, 119, 141, 180, 207<br />

Teuta 235<br />

Thanatos 31<br />

Thermutis 253<br />

Theseus 65<br />

Thisbe 43, 83<br />

Thomson, James 75<br />

Thomyris 85, 246, 251<br />

Thrasea Paetus 182<br />

Tiberius Gracchus 239<br />

Timokleia 98<br />

455


Tollens, Hendrik 123<br />

Tomasi, Giovanni Battista 123<br />

Tomasi, Guiseppe Maria 76<br />

Tomyris 25, 235, 256<br />

Traetta, Tommaso 76, 77, 78, 275, 278<br />

Trajan 26, 148<br />

Trissino, Gian Giorgio 70, 71, 72, 77, 98, 101<br />

Trousset, Alexis 254, 256<br />

Tuccia 80, 241, 244, 246, 253<br />

Turnus 64<br />

Index<br />

Valerius Maximus 24, 26, 65, 84, 119, 121, 166, 235, 244, 256, 304, 306, 311<br />

Valier, Lucrezia 129<br />

Van den Vondel, Joost 194<br />

Van Mander, Karel 45<br />

Vega, Gabriel Lobo Lassso de la 108<br />

Velleius Paterculus 139<br />

Venturi, Alessandro 244<br />

Venturi, Palazzo 243<br />

Venus 65, 98, 126, 127, 128, 130, 134, 140, 148, 149, 219, 253, 276<br />

Vergil 64, 65, 103, 104, 105, 107, 116, 117, 140, 141, 148, 179, 277, 279<br />

Vesta 300<br />

Veturia 235, 246<br />

Vieillard, Pierre-Ange 287<br />

Villegas, Francisco de 107<br />

Vinci, Leonardo 276, 278, 281, 283<br />

Virginia 52, 53, 125, 235, 246, 275, 297<br />

Virués, Cristóbal de 108<br />

Voltaire 74, 75, 168, 228, 344<br />

Vos, Jan 313<br />

Vrillière,Louis Phélypeaux de la 162. 250<br />

Vulkan 98<br />

Walpole, Horace 297<br />

Weise, Christian 204<br />

Wetzel, Johann Carl 291<br />

Wilhelm IV.,Herzog von Bayern 125, 235, 246<br />

Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel 233, 269<br />

Winckelmann, Johann Joachim 44, 45, 148, 175<br />

Wolter, Charlotte 16<br />

Woverius, Johannes 182<br />

Zanetti, Antonio Maria 76<br />

Zenobia 257<br />

456


Zesen, Philipp von 75, 336<br />

Zeuxis 243<br />

Zipoli, Domenico 287<br />

Personen<br />

457


Forschung<br />

Abel, Günter 179, 181<br />

Abert, Anna Amalie 273<br />

Agosti, B. 202<br />

Agosti, Giovanni 240<br />

Alewyn, Richard 195<br />

Alexander, Peter 122<br />

Allen, Brian 296<br />

Alt, Peter-André 75<br />

Ameling, Walter 207<br />

Andrae, <strong>August</strong> 69<br />

Andreae, B. 147<br />

Anton, Hans 258<br />

Antonini, Giovanni 286<br />

Appuhn, Horst 205, 206<br />

Ariani, Marco 70, 71<br />

Ariès, Philippe 36, 37, 194<br />

Asch, Ronald 258, 287<br />

Assmann, Aleida 261<br />

Assmann, Jan 49, 306<br />

Aurenhammer, Hans 205<br />

Austin, John L. 289<br />

Axelrad, Albert-José 73, 338<br />

Bailey, C. 49<br />

Baker, Christopher 80, 109<br />

Baldriga, Irene 202, 203<br />

Ballon, Hillary 252<br />

Bamberg, Eduard von 283, 297<br />

Barner, Wilfried 75, 179<br />

Barocchi, Paola 210, 220<br />

Barone, G. 41<br />

Bartoli, Lorenzo 237<br />

Bartsch, Adam 79, 127<br />

Baskins, Cristelle 109<br />

Bassani Pacht, Paola 249<br />

Bastet, Frédéric 13<br />

Baudouin, Frans 212<br />

Index<br />

458


Forschung<br />

Baumgärtel, Bettina 23, 24, 25, 57, 116, 164, 235, 249, 250, 251, 254, 255, 265, 296, 300, 301<br />

Bäumler, S. 235<br />

Beer, Manuela 206<br />

Belkin Lohse, Kristin 180, 203<br />

Bellange, Jacques 172<br />

Belting, Hans 206, 221, 231<br />

Bénichou, Paul 179<br />

Berhout, Marieke 58<br />

Berliner, Rudolf 205<br />

Bernier, Marc André 93<br />

Bertling, Claudia 206<br />

Beuth, Karl 184<br />

Beyer, Andreas 71<br />

Biadene, Susanna 213<br />

Bialostocki, Jan 84<br />

Bianchi, E. 64, 65<br />

Bianconi, Lorenzo 274, 281<br />

Bignamini, Ilaria 296<br />

Bizoni, B. 202<br />

Blank-Sangmeister, Ursula 26, 166<br />

Blasiis, Giuseppe de 237<br />

Bloch, Ernst 30, 44<br />

Blumenberg, Hans 49, 307<br />

Bode, Wilhelm von 123<br />

Bohde, Daniela 53<br />

Bonnefoy, Yves 142<br />

Bonnet, Anne-Marie 247, 249<br />

Borea, Evelina 219, 253<br />

Borst, Arno 33, 36, 37<br />

Bott, Gerhard 98<br />

Bott, Katharina 98<br />

Boudouin-Matuszek, Marie-Noëlle 249<br />

Braham, Allan 80<br />

Brambach, Joachim 141<br />

Branca, Vittore 66, 105, 121, 167<br />

Brandenburg, Gottfried Daniel 285<br />

Brassat, Wolfgang 93<br />

Bredius, Abraham 314<br />

Breitenberg, Mark 122<br />

Brejon de Lavergnée, Arnauld 310<br />

Briesemeister, <strong>Die</strong>trich 33<br />

459


Brockhoff, E. 235<br />

Brodersen, Kai 62<br />

Brognoligo, Gioachino 68<br />

Bronfen, Elisabeth 14<br />

Broska, Matthias 78<br />

Index<br />

Brummer, Hans Henrik 147, 148, 149, 150, 151, 154<br />

Brunelli, Bruno 274, 279<br />

Brunhölzl, Franz 82<br />

Bruyn, J. 91<br />

Brzoska, Matthias 77, 273<br />

Buck, <strong>August</strong> 212<br />

Budde, H. 16<br />

Bull, Duncan 92<br />

Burck, Erich 60, 342<br />

Burckhardt, Jacob 47, 204, 221<br />

Burdach, Konrad 180<br />

Burdorf, <strong>Die</strong>ter 296<br />

Burschel, Peter 177, 207, 224, 227<br />

Busch, Werner 301<br />

Butler, Judith 289<br />

Büttner, Frank O. 206, 231<br />

Büttner, Nils 213<br />

Calzavara, Barbara 158<br />

Campenhausen, Hans Freiherr von 227<br />

Caroselli, Susan 217<br />

Caroto, Giovanni Francesco 81<br />

Casali Pedrielli, Cristina 221<br />

Cavazzini, Patrizia 156<br />

Chennevières, Ph. 257<br />

Chesnutt, Michael 305<br />

Chiamò, Maria 228<br />

Christiansen, Keith 80, 156, 222, 223<br />

Ciampolini, Ermanno 70<br />

Clauss, Manfred 139, 141<br />

Clemens VII. 152<br />

Cola, Alberto 217<br />

Cortenova, Giorgio 218<br />

Courcelles, Pierre 179<br />

Crépin-Leblond,Thierry 249<br />

Curtius, Ernst Robert 312<br />

Dahlhaus, Carl 77, 78, 274, 281, 290<br />

460


Daxelmüller, Christoph 28, 305<br />

de Poorter, N. 162<br />

Dédéyan, Charles 74<br />

Dehio, <strong>Georg</strong> 205<br />

Delumeau, Jean 228<br />

Demmer, Sybille 289<br />

Denzinger, Heinrich 208<br />

Deswarte-Rosa, Sylvie 149<br />

DeVoto, James 166<br />

D’Hulst, Roger-Adolf 162, 267, 268<br />

Dibbits, Taco 92<br />

<strong>Die</strong>rs, Michael 296<br />

Dinzelbacher, P. 34<br />

Distelberger, Rudolf 83<br />

Donaldson, Ian 119<br />

Doppler, Elke 16, 141<br />

Dorsch, T. S. 168<br />

Drach, Allard von 269<br />

Dubois, Isabelle 250<br />

Düchting, Reinhard 82<br />

Ebert-Schifferer, S. 25, 86, 87, 88, 219<br />

Egger, Irmgard 296<br />

Eisen, Margret 285<br />

Eisen, Walter 285<br />

Eisenhut, W. 104<br />

Elias, Norbert 185<br />

Ellenius, Allan 258<br />

Ember, Ildikó 233<br />

Emich, Birgit 287<br />

Emiliani, A. 25<br />

Engel, Hans 284, 285<br />

Erfen, I. 106<br />

Erichsen, Johannes 128<br />

Etter, Else-Lilly 180, 187<br />

Evans, Robert C. 179<br />

Evers, Hans Gerhard 214<br />

Fajen, Robert 235<br />

Farinella, Vicenzo 240<br />

Fehrle, Rudolf 166<br />

Feichtinger, Barbara 107<br />

Feist, Dagmar 258, 287<br />

Forschung<br />

461


Feldmann, Dorothee 98<br />

Fellsches, Josef 307<br />

Ferrari Schiefer, Valeria 254<br />

Ferroni, Giulio 282<br />

Festa, Nicola 64, 120<br />

Feulner, A. 40<br />

Fink, Hanns-Peter 200<br />

Fleckner, Uwe 29, 43, 207<br />

Fleischhauer, Günter 218<br />

Flemming, J. 48<br />

Floerke, Hanns 68, 260<br />

Foerst-Crato, Ilse 299<br />

Fögen, Marie Theres 52, 137<br />

Index<br />

Follak, Jan 119, 120, 121, 122, 124, 126, 127, 130<br />

Frappier, Jean 105<br />

Freedberg, David 210<br />

Frenzel, Elisabeth 58, 107<br />

Frey, Hermann-Walther 247<br />

Fricker, Harald 288, 361<br />

Friedländer, Max 127, 205<br />

Frodl, Gerbert 15, 16<br />

Fuhrmann, Manfred 26<br />

Fumaroli, Marc 208, 249, 307<br />

Gaehtgens, Barbara 23, 29, 43, 249<br />

Gaehtgens, Thomas W. 207<br />

Gagnebin, Bernard 289<br />

Galinsky, Hans 119, 120<br />

Garrard, Mary D. 23, 44, 125, 127, 255<br />

Gathercole, Patricia 109<br />

Gavazza, E. 50<br />

Geddo, Cristina 245<br />

Gemin, Massimo 225<br />

<strong>Georg</strong>es, Karl Ernst 304<br />

Gerhard, Anselm 274, 278, 279, 280<br />

Giegling, Franz 285<br />

Gier, Albert 273, 281<br />

Goetz, Oswald 126<br />

Golahny, Amy 91<br />

Goldberg, Gisela 128, 263<br />

Goldfarb, Hilliard 250<br />

Gombrich, Ernst 148, 154<br />

462


Gomille, M. 261<br />

Göpfert, Herbert 30, 93<br />

Gottdang, Andrea 282<br />

Götte, Johannes von 104<br />

Göttler, Christine 215<br />

Graesse, Th. 217<br />

Graevenitz, G. von 33<br />

Graziani, Françoise 249<br />

Gregoli-Russo, Mauda 69, 70<br />

Gregoli-Russo. Mauda<br />

Gregory, Brad Stephen 207<br />

Grimm, Claus 128<br />

Grimm, Reinhold R. 105<br />

Grunchec, Philippe 22<br />

Guillaume, Jean 147<br />

Gundel, H. 53<br />

Günther, Erika 17<br />

Günther, Heinz 86<br />

Guthmüller, Bodo 122<br />

Hagen, Bettina 175<br />

Halbwachs, Maurice 304<br />

Hamilton, C. A. 49<br />

Hankamer, Paul 194<br />

Hanley, Edwin 285<br />

Hansmann, Martina 236, 238, 239<br />

Harms, Wolfgang 93<br />

Harris, Dale 144<br />

Hartmann, Horst 122<br />

Haskell, Francis 225<br />

Haug, Walter 75, 305<br />

Haverkamp, Anselm 312<br />

Healy, Fiona 180, 203, 214<br />

Heinen, Ulrich 93, 213, 214<br />

Heinrich, Christoph 233<br />

Heinz, Dora 161<br />

Heinz, Günther 119<br />

Heinz, Marianne 13<br />

Held, Jutta 229<br />

Hellwig, Karin 206<br />

Henker, M. 235<br />

Henning, A. 48, 57, 86, 217, 315<br />

Forschung<br />

463


Henry, Tom 80, 109<br />

Herzog, Erich 269<br />

Herzog, Reinhart 47<br />

Hess, Günter 213, 214, 216<br />

Heublein, Brigitte 193<br />

Heyse, E. 33<br />

Hibbard, H. 220<br />

Higgs, Peter 142, 144, 165<br />

Hirschfelder, Dagmar 221<br />

Hofmann, Werner 18, 98<br />

Holenstein-Weidmann, Pia 123<br />

Höper, Corinna 110, 126, 147, 150<br />

Hoppe, Ilaria 247, 248<br />

Hortschansky, Klaus 77, 274, 278, 284<br />

Hucke, Helmut 284<br />

Hughes, Graham 124<br />

Hughes-Hallett, Lucy 141<br />

Imorde, Joseph 209, 210<br />

Ittershagen, Ulrike 164, 296, 297, 298<br />

Jacoby, Joachim 114<br />

Jaffé, Michael 130<br />

Jakoby, Richard 284, 285<br />

Janitschek, Hubert 29, 150, 151<br />

Janke, Pia 276<br />

Jiránek, Jaroslav 294<br />

Jolles, André 304<br />

Jooss, Birgit 296, 301<br />

Joost-Gaugier, Christiane 236, 237, 238<br />

Jouin, Henry 90<br />

Julhiet, C. 51<br />

Jung, C. G. 312<br />

Kaemmerling, E. 84<br />

Kailuweit, Thomas 107<br />

Kassel, Rudolf 216<br />

Kaster, Gabriela 193<br />

Kaufmann, Sylke 297<br />

Kecks, Ronald 206<br />

Kern, Manfred 216<br />

Kerspern, Sylvain 174, 252<br />

Kimbell, David 276<br />

Kindler, Simone 15<br />

Index<br />

464


Kirchner, Thomas 90<br />

Klein, Dorothee 205<br />

Klein, J. 305<br />

Klessmann, Rüdiger 234<br />

Kliemann, Julian 243, 244<br />

Knox, <strong>Georg</strong>e 98<br />

Knüpfer, Nikolaus 91<br />

Koch, Heinrich Christoph 290<br />

Koch, Klaus-<strong>Die</strong>trich 273, 275, 278, 279<br />

Kohl, Karl-Heinz 16<br />

Kolsky, Stephen 106<br />

Kord, Susanne 108<br />

Koschatzky, Walter 78<br />

Koselleck, R. 26, 28, 305, 306<br />

Kris, E. 83<br />

Krones, Hartmut 284<br />

Kunze, Max 148<br />

Kurz, Otto 220<br />

Küster, Ulrike 288<br />

Lachmann, Renate 308, 312<br />

Laggner, Brigitte 61<br />

Landfester, Rüdiger 305<br />

Lang, Walther 94, 161, 204, 224, 228<br />

Langen, <strong>August</strong> 296, 301<br />

Lattuada, Riccardo 156<br />

Laveissière, Sylvain 250<br />

Le Foll, Joséphine 223, 225<br />

Lebègue, R. 168<br />

Lefèvre, Eckard 82<br />

Lehmann, Jürgen 58, 269<br />

Leithe-Jasper, Manfred 83<br />

Lemaire, Gerard-<strong>Georg</strong>e 16<br />

Lentzen, M. 122<br />

Leube, Eberhard 107<br />

Levey, Michael 95<br />

Lindinger, Michaela 141<br />

Loraux, Nicole 137<br />

Louvat, Bénédicte 74, 143<br />

Luna, Juan J. 113<br />

Maber, Richard G. 257<br />

Maclean, Ian 251, 254, 255, 257, 258, 259<br />

Forschung<br />

465


Mai, Ekkehard 19, 50, 233, 269, 303<br />

Mâle, Emile 210, 218, 227<br />

Mann, Judith 156<br />

Marquard, Odo 48<br />

Martellotti, G. 64, 65<br />

Martineau, Jane 80<br />

Mathes, Melissa 137<br />

Matsche, Franz 26<br />

Maurens, Jacques 179<br />

Maurer, Karl 70, 74, 75<br />

Mayo, John S. M. 285<br />

Mayr-Oehring, Erika 16, 141<br />

Mazza, Angelo 230<br />

McGrath, Elizabeth 215<br />

Mégevand, M.-Ch. 51<br />

Meid, Volker 75<br />

Mérot, Alain 51<br />

Mikuda-Hüttel, Barbara 193, 194<br />

Millen, Ronald Forsyth 249<br />

Miltner, Franz 166<br />

Minges, Klaus 98, 260<br />

Misciatell, Pieroi 243<br />

Index<br />

Moiso-<strong>Die</strong>kamp, Cornelia 233, 259, 260, 261, 262, 267<br />

Mojana, Marina 53<br />

Mommsen, Theodor E. 237<br />

Montagu, Jennifer 90<br />

Montaiglon, A. 257<br />

Moos, Peter von 26<br />

Morehead, Allison 81, 143, 145, 238<br />

Morford, Mark 183<br />

Müller Hofstede, J. 130<br />

Muller, Jeffrey M. 180, 203, 214<br />

Müller, Th. 40<br />

Muthmann, Fritz 294<br />

Neri, F. 64, 65, 120<br />

Neumann, Wolfgang 33<br />

Neysters, Silvia 23, 57, 235<br />

North, Michael 212<br />

Oberreuter-Kronabel, Gabriele 20, 21, 22, 50, 51, 52<br />

Oestreich, Gerhard 179, 181, 182, 183, 185<br />

Olshausen, Eckart 82<br />

466


Ost, Hans 130<br />

Osthoff, Wolfgang 276<br />

Ott, Norbert 234<br />

Otto, Gertrud 217, 223<br />

Paarlberg, Sander 233<br />

Pacaud, Michel 169<br />

Pace, Valentino 33, 39, 41<br />

Pallucchini, Anna 95, 223, 225<br />

Pallucchini, Rodolfo 98<br />

Panofsky, Erwin 37, 38, 205<br />

Patschovsky, Alexander 33<br />

Paulsen, Friedrich 200<br />

Pedrocco, Filippo 225<br />

Pelling, Christopher 142<br />

Forschung<br />

Pepper, Stephen 55, 86, 87, 88, 202, 216, 217, 218, 219, 263<br />

Pestelli, Giorgio 274, 281<br />

Petermann, Erwin 259<br />

Petzold, Martin 30<br />

Philipe, Julien 90<br />

Pieri, Marzio 25<br />

Pigler, Andor 52, 58, 83, 91, 109, 136, 160, 161, 170, 171<br />

Piovene, Guido 95<br />

Planiscig, L. 83<br />

Plume, Cornelia 179<br />

Prinz, Wolfram 236<br />

Prohaska, Wolfgang 25, 303<br />

Raffy, Jean-Louis 228<br />

Ranke, Kurt 305<br />

Rasch, Wolfdietrich 300<br />

Raupp, Hans-Joachim 221<br />

Rave, <strong>August</strong> 98<br />

Raymond, Marcel 289<br />

Regenbogen, Otto 180<br />

Repp-Eckert, Anke 19, 50, 303<br />

Restle, M. 36<br />

Richard-Jamet, Céline 81, 85, 145, 162, 163, 235, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 246, 249,<br />

250, 251, 252, 253, 254<br />

Richter, Karl 31<br />

Richter, L. 230<br />

Riedlbauer, Jörg 77<br />

Riegl, Alois 88<br />

467


Rieks, Rudolf 82<br />

Riffaud, Alain 74, 143<br />

Ringbom, Sixten 205<br />

Rippl, G. 261<br />

Ritschard, Claude 81, 143, 145, 238<br />

Roeck, Bernd 221<br />

Rohlmann, Michael 243<br />

Romanelli, Giandomenico 161<br />

Ronconi, A. 20, 178, 195<br />

Rosa, Alberto Asor 68, 69<br />

Roscoe, William 126<br />

Rosenberg, Jakob 127<br />

Rosenblum, Robert 312<br />

Rosenfeld, Hellmut 33, 34<br />

Rossi, Luciano 65<br />

Roux, Marie 168, 169<br />

Roy, Alain 26, 50, 114, 267, 268<br />

Ruf, Wolfgang 218<br />

Sabatier, Gérard 258<br />

Safarik, Eduard A. 218<br />

Sainte Fare Garnot, Nicolas 249<br />

Salvagni, Anna 217<br />

Sandkühler, Hans Jörg 307<br />

Santoro, Fiorella Sricchia 241<br />

Sapegno, N. 64, 65<br />

Saward, Susan 249<br />

Scaglietti Kelescian, Daniela 161, 323<br />

Scarlini, Attilia 303, 304<br />

Schade, Karl 205<br />

Schauer, Hans 169<br />

Schawe, Martin 126, 127, 128, 262<br />

Schellewald, Barbara 247, 249<br />

Scherbaum, Anna 128<br />

Schimpf, Wolfgang 288, 289, 292, 293<br />

Schings, Hans-Jürgen 179<br />

Schlaeger, Jürgen 231<br />

Schleier, E. 26<br />

Schlink, Wilhelm 84<br />

Schloder, M. John E. 85<br />

Schlumbohm, Christa 24<br />

Schmidt, G. 53<br />

Index<br />

468


Schmidt, Peter Lebrecht 53<br />

Schmidt, Paul Gerhard 107<br />

Schmidt-Linsenhoff, Viktoria 131, 158<br />

Schmieder, D. 290<br />

Schmierer, Elisabeth 277, 279<br />

Schmitt, Charles B. 148<br />

Schmitt, P. 106<br />

Schmitz, Eugen 284, 285, 289<br />

Schnackenburg, Bernhard 162<br />

Schnapper, A. 309<br />

Schneede, Uwe 233<br />

Schneemann, Peter Johannes 28<br />

Schnell, Rüdiger 105<br />

Schöler-Beinhauer, Monica 105<br />

Schöne, Albrecht 84, 205<br />

Schrammek, Bernhard 218<br />

Schreiber, Ulrich 283<br />

Schreiner, Klaus 36<br />

Schröder, Klaus Albrecht 128<br />

Schroeder, Horst 235<br />

Schubring, Paul 83, 123, 124, 170<br />

Schultze, Walther-Siegmund 285<br />

Schulz, H.-J. 36<br />

Schulze, Hendrik 277<br />

Schumacher, Fritz 15<br />

Schuster, Eva 35<br />

Schwartz, G. 127, 314<br />

Schwarz, Monika 78, 290<br />

Schweickard, Wolfgang 296<br />

Sciré, G. 50<br />

Scolaro, Francesca 217<br />

Scolaro, Michaela 217<br />

Sedlacek, Ingrid 235<br />

Seeger, Horst 273<br />

Seidel, Martin 209, 219<br />

Serbelj, Ferdinand 264<br />

Settis, Salvatore 49<br />

Siegmund, Bert 218<br />

Sievernich, G. 16<br />

Simson, Otto von 214<br />

Skemp, Mary 107, 167<br />

Forschung<br />

469


Slenczka, Ruth 206<br />

Smith, Lacey Baldwin 207<br />

Solinas, Francesco 249<br />

Sperlich, Martin 84<br />

Spezzaferro, Luigi 158<br />

Spies, Werner 130<br />

Spinosa, Nicola 263<br />

Sponza, Sandro 213<br />

Squarr, Christel 223<br />

Squarzina, Danesi Silvia 52, 202, 203<br />

Stackelberg, Jürgen von 181<br />

Stähelin 139<br />

Stechow, Wolfgang 126<br />

Steinemann, Holger 210<br />

Steingräber, Erich 263<br />

Stempel, W. 26, 305<br />

Sternath, Marie Luise 128<br />

Stieger, Franz 143, 274<br />

Stierle, K. 33, 47, 48, 231, 305<br />

Stillers, Rainer 71<br />

Stone jr, Donald 73, 142<br />

Strohm, Reinhard 281<br />

Suida, Wilhelm 131<br />

Sulzer, Johann <strong>Georg</strong> 45, 164<br />

Sumowski, Werner 113<br />

Suphan, Bernhard 169<br />

Syndram, Karl Ulrich 16<br />

Syre, Cornelia 130<br />

Szarota, Elida Maria 194<br />

Tasch, Stephanie Goda 300<br />

Tauber, Christine 221<br />

Terminello, G. 50<br />

Thiébaut, Dominique 310<br />

Thielemann, Andreas 93, 214<br />

Thieme, U. / Becker, F. 15<br />

Thuillier, Jacques 113, 249, 251<br />

Thürlemann, Felix 261<br />

Tischendorf, Konstantin von 36<br />

Tönnesmann, Andreas 249<br />

Trenaux, Jean-Claude 168<br />

Trillhaas, Wolfgang 204<br />

Index<br />

470


Trnek, Renate 52<br />

Tuck, Richard 185<br />

Tümpel, Christian 84, 85, 90<br />

Ubl, Ralph 217<br />

Unverfehrt, Gerd 55<br />

Uppenkamp, Bettina 124<br />

Valentin, Jean-Marie 228<br />

Van der Meulen, Marjon 213<br />

Vandelli, Giuseppe 120<br />

Vandenven, M. 162<br />

Veh, Otto 62<br />

Verspohl, Franz-Joachim 151<br />

Viereck, Paul 166<br />

Vlieghe, Hans 212<br />

Vöhler, Martin 288<br />

Volkmann, Hans 58, 59, 139<br />

Vollmer, Hans 15, 18<br />

Vuillermoz, Marc 74, 143<br />

Wachinger, Burghart 305<br />

Walker, Susan 142, 144, 165<br />

Walthaus, Rina 107<br />

Warning, Rainer 47, 48, 75, 231<br />

Warnke, Martin 221<br />

Weber, G. 48, 57, 86<br />

Weber, Gregor 217, 233, 315<br />

Weisbach, Werner 261<br />

Weise, <strong>Georg</strong> 217, 223<br />

Willems, Gottfried 79, 84<br />

Wilton, Andrew 296<br />

Wimböck, Gabriele 218<br />

Winner, M. 147, 149<br />

Wolf, Robert Erich 249<br />

Wölfel, Kurt 93<br />

Wolfzettel, Friedrich 16<br />

Worstbrock, Franz 82<br />

Zangheri, Luigi 247<br />

Ziegler, Hendrik 250<br />

Zimmer, F. 49<br />

Zimmermann, Margarete 107, 167<br />

Zschoch, Frieder 218<br />

Forschung<br />

471

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