Martin Sellner will in Zürich über «Remigration» reden – Polizei beantragt eine Einreisesperre für den Rechtsextremisten aus Österreich

Sellner sagt, er wolle wegen einer drohenden Einreisesperre in Deutschland auf die Schweiz ausweichen. Doch auch hier stösst er auf Widerstand.

Tobias Marti, Michael von Ledebur 3 min
Drucken
Martin Sellner will im März auch in der Schweiz über «Remigration» reden.

Martin Sellner will im März auch in der Schweiz über «Remigration» reden.

Georg Hochmuth / APA

Martin Sellner, der 35-jährige österreichische Rechtsextremist, dessen Aktionen Deutschland und Österreich in Aufruhr versetzen, will im März in die Schweiz kommen.

Auf der Plattform X hat er ein Video gepostet, in dem er seinen Auftritt ankündigt: «Deutschland will mich nicht, also komme ich einfach in die Schweiz. Ich weiche aus in den Süden, in die Alpen.» An einer Veranstaltung, die in der Region Zürich stattfinden soll, will er einen Vortrag über «Ethnische Wahl und Remigration» halten.

Eingeladen wurde Sellner offenbar von der rechten Gruppierung aus dem Raum Zürich, «Junge Tat». Diese verbreitet auf Telegram und auf X einen entsprechenden Flyer, auf dem Hinweise zur Anmeldung für den Vortrag zu finden sind.

Gegen den geplanten Vortrag regt sich Widerstand. Die Kantonspolizei Zürich bestätigt einen Bericht von «20 Minuten», wonach sie vom Bund fordert, eine Einreisesperre für Martin Sellner zu verfügen. Über die Sperre werde die Bundespolizei Fedpol entscheiden. Die Gründe, weshalb die Kantonspolizei zu dieser Massnahme gegriffen hat, kommuniziert sie auf Anfrage nicht.

Ein Fedpol-Sprecher bestätigt der NZZ, dass im Zusammenhang mit der Veranstaltung in der Region Zürich ein Austausch mit der Kantonspolizei Zürich bestehe. Grundsätzlich könne das Fedpol Einreisesperren zum Schutz der inneren oder äusseren Sicherheit verfügen. Zu einzelnen Fällen gibt das Fedpol keine Auskunft.

Im November in Potsdam aufgetreten

Hintergrund der Aufregung rund um Sellner ist die Veröffentlichung des Recherchenetzwerks Correctiv. Anfang Januar wurde bekannt, dass Sellner im November in Potsdam vor Unternehmern und Mitgliedern der AfD und der CDU über «Remigration» gesprochen hatte. Der Begriff steht für die Massenausschaffung von Ausländern mit Integrationsschwierigkeiten – ein Konzept, über das der neurechte Aktivist bereits ausführlich publiziert hat. Nach der Veröffentlichung der Recherche kam es zu bundesweiten Demonstrationen «gegen rechts».

Auch in Deutschland wird derzeit ein Einreiseverbot für Sellner erwogen, bisher ist nicht öffentlich bekannt, ob ein solches tatsächlich verfügt worden ist. Seither inszeniert der Österreicher jedoch seinen Grenzübertritt nach Deutschland richtiggehend als Spektakel. So liess er Ende Januar seine Anhänger live im Netz dabei zuschauen, wie er von der deutschen Bundespolizei kontrolliert wurde. Und am Ende einreisen durfte.

Bern verhängte in der Vergangenheit immer wieder Einreisesperren, die sich auf das Ausländer- und Integrationsgesetz stützen. Die entscheidende Richtschnur dabei ist, ob von der Person ein Sicherheitsrisiko ausgeht. Bei ausreichend handfesten Annahmen können Fernhaltemassnahmen verfügt werden, konkret eine Einreisesperre, oder bei Personen ohne Schweizer Bürgerrecht die Ausweisung. Diese Verfügungen können angefochten werden.

Daneben gibt es auch die Möglichkeit, dass das Staatssekretariat für Migration Massnahmen ergreift. In diesen Fällen ist nicht die Gefährdung der Sicherheit die Richtschnur, sondern die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Ein Beispiel für Letzteres sind Personen, von denen man annimmt, dass sie an einer Veranstaltung randalieren: Dadurch wird nicht die Sicherheit der Schweiz, aber sehr wohl die öffentliche Sicherheit gefährdet. Es ist anzunehmen, dass die Kantonspolizei auch diesen Weg prüft.

Sperren gegen islamistische Prediger

Es gab in der Vergangenheit immer wieder Fälle von Einreisesperren. Oftmals betrafen sie Personen mit einem islamistischen Hintergrund. Ende 2013 verhängte das Fedpol beispielsweise eine Einreisesperre gegen einen Imam, der Kämpfer für den islamischen Staat rekrutiert hatte. Der Mann war in Schweizer Moscheen aktiv gewesen. Im Ausland verbüsste er eine langjährige Gefängnisstrafe.

2009 sorgte der Fall Pierre Vogel für Schlagzeilen. Der Deutsche – ein islamistischer Prediger und ehemaliger Boxer – wurde an der Einreise in die Schweiz gehindert, weil er zuvor hierzulande in einer Turnhalle in der Luzerner Gemeinde Kriens über Religion referiert hatte.

Vogel wollte damals mit einem Begleittross am Autobahnzoll Weil am Rhein in die Schweiz einreisen, um auf dem Berner Bundesplatz gegen das Minarettverbot zu demonstrieren. Daraus wurde nichts. Das Grenzwachtkorps setzte das Einreiseverbot gegen den Prediger durch, und Vogel blieb nur die Umkehr.